Folge 1 - Das Eine
Auf dem Marktplatz von Harrogath stand Bones, der zynische Necromancer. Er sah ziemlich niedergeschlagen aus. Zum Glück hatte er einen wahren Freund, der ihn wieder aufmuntert: Grizzly, der linke Dauerstudent und Druide.
Grizzly - "Hey, warum bist du denn so down?"
Bones - "Rate mal."
Grizzly - "Hast du den Schädel deiner Oma vercubet und nur einen Fluchskiller bekommen?"
Bones - "Nein, es geht um das Eine!"
Grizzly - "Items?"
Bones - "Nein."
Grizzly - "Erfahrung?"
Bones - "Auch nicht."
Grizzly - "Was könnte wichtiger sein als Items und Erfahrung?"
Bones - "Sex."
Grizzly - "Das war jetzt aber sehr intolerant von dir, so gegenüber den ganzen WoW-Spielern."
Bones - "Egal, ich werde eh vor denen 99."
Grizzly - "Du solltest meine Hilfe annehmen. Ich könnte dich wieder so ein bisschen in den Flow bringen, weisst du? Ich bin total kompetent in Beziehungssachen und so."
Bones - "Du? Du stinkst fürchterlich nach verfaultem Gemüse, seitdem du dich nur noch vegan ernährst!"
Grizzly - "Ja, aber dafür ist mein Stoffwechsel mittlerweile erste Sahne."
Bones - "Cremig. Aber was finden die Frauen denn dann an dir?"
Grizzly - "Hat mit Mundpropaganda zu tun."
Bones - "Dass du schlecht riechst, hat sich also rumgesprochen?"
Grizzly - "Nein, aber dass ich im Bett ein echtes Tier bin."
Bones - "Themawechsel, bitte."
Grizzly - "Nein, jetzt mal ernsthaft. Das zieht dich total runter, solo zu sein. Gibt schlechte Vibrations."
Bones - "Machen wir jetzt einen Stuhlkreis oder was wird das hier? Beratungsrunde?"
Grizzly - "Wieso nicht, ich hab auch mal Pädagogik studiert."
Bones - "Dann leg mal los, Supernanny."
Grizzly - "Genau das meine ich. Deine Sozialadaption leidet total, echt. Diese ganze Lebende-Tote-Sache hat dich zu einem richtigen Einzelgänger gemacht."
Bones - "Geister versuchen wenigstens nicht, mir Tipps für ein besseres Leben zu geben."
Grizzly - "Ich will dir nur helfen, ok? Wenn du weiterhin im Zwangszölibat leben willst, bitte."
Bones - "In Ordnung, vielleicht hast du Recht."
Grizzly - "Dann fangen wir mal mit deinem Äußeren an. Erst mal ist da dieses gesamte Totenkopfzeug, was überall an dir herunterbaumelt. Ich meine, das beeindruckt die Monster sicher fürchterlich, aber so privat? Du könntest doch ein Zweitoutfit haben, so wie … äh…"
Bones - "… Ein Ku-Klux-Klaner?"
Grizzly - "Eigentlich dachte ich eher an Superman. Weißt du, irgendwas freundliches, das signalisiert: Ich trete zwar tagsüber jedem Monster in den ungewaschenen Hintern, aber abends bin ich ein ganz grooviger Typ."
Bones - "Ich hasse poppige Klamotten."
Grizzly - "Frauen stehen unheimlich auf diese Softie-Schiene, weisst du."
Bones - "Ich hab nur Angst, dass ich nach der Softie-Schiene nicht mehr auf Frauen stehe."
Grizzly - "Okay, in Kleidungsdingen bist du wohl nicht zu überzeugen."
Bones - "Hat eh schon lang genug gedauert, die perfekte Viper zu bekommen."
Grizzly - "Aber du könntest auch einfach etwas freundlicher gegenüber Frauen sein. Du musst dich in sie hineinversetzen können. Psychologie. Einfühlungsvermögen."
Bones - "Nur zur Erinnerung: Ihre Persönlichkeit ist es nicht, in die ich eindringen will."
Grizzly - "Manchmal habe ich das Gefühl, für einen Witz gehst du über Leichen."
Bones - "Ich gehe für alles über Leichen, die sind einfach praktisch."
Im selben Moment bog Verona, die Amazone, um die Ecke. Auf ihrem Kopf stapelte sich etwas, das man im ersten Moment für einen skalpierten Pekinesen halten könnte, das aber doch eine Art Frisur darstellen soll. Sie baute sich vor den beiden wehrlosen Herren der Schöpfung auf und erwartete offensichtlich einen Kommentar zu ihren haarigen Eskapaden.
Grizzly - (flüstert Bones zu) "Sag was nettes, Mann! Irgendwas! Lüge, wenn es sein muss!"
Verona - "Hi-i, Jungs! Schaut mal, ich war beim Frisöää!"
Bones - "Und, haben sie dich nicht reingelassen?"
Zwei blaue Augen später…
Grizzly - "Wir sollten doch noch einmal über diese Kleidungsgeschichte sprechen, glaube ich. Ich hätte hier noch einen wenig getragenen Norwegerpulli…"