Raise Cain
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Anleitung: Wie schreibe ich einen Guide bzw. eine Kurzskizze?
1.Einleitung
2.Aufbau, Einteilung, Gestaltung
3.Vorarbeit, Herangehensweise
4.Dreischritt – wie im Deutschunterricht
5.Medien / Quellen
6.Korrektur, Hinweise, Tipps
7.Schlusswort
1. Einleitung
Sollte man von mir nun etwas Ironisches erwarten oder etwas Amuesantes, dann muss ich denjenigen leider enttaeuschen – auch wenn der Titel provokant den Eindruck erwecken mag. Ich moechte mich nun ernsthaft damit auseinandersetzen, was einen akzeptablen Guide ausmacht und wie man letztendlich das angesammelte Wissen und die persoenlichen Erfahrungen an neue und/oder interessierte Spieler vermitteln kann. Meiner Einschaetzung nach hat es gerade in letzter Zeit sehr viel Engagement gegeben in dem Bereich, allerdings wurden die Themen letztendlich nur halbherzig behandelt und es hat einiges gefehlt, teilweise wurden sogar komplett unfertige Guides veroeffentlicht – und das ist nun wirklich nicht der Sinn der Sache. Ich moechte trotz allem jeden Autor loben und generell erfahrene Spieler dazu ermutigen sich selbst einmal an einem Guide zu versuchen.
Das Wichtigste darf nie außer Acht gelassen werden, deswegen nenne ich es direkt zu Anfang: Man muss Kritik als festen Bestandteil des Fertigungsprozesses des Guides betrachten. Nur mit Kritik bringt man den Guide der Objektivitaet naeher, denn wenn nur eine Person, der Autor, den Guide erstellt, ist dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit gespickt mit Subjektivitaet. Außerdem sehen mehrere Augen mehr als zwei, jeder macht Fehler, gerade der Autor.
Das Zweitwichtigste ist die Authentizitaet; auf die komme ich noch oefter zurueck in diesem Guide: Vielen Neulingen traue ich durchaus ein gewisses Maß an Reflexionsvermoegen zu, allerdings werden diese bei Unsicherheiten doch lieber dem Autor des Guides vertrauen. Dadurch ist es umso wichtiger dem Guide Authentizitaet zu verschaffen. Diese bekommt man beispielsweise mit durchgehender Richtigkeit/Nachpruefbarkeit/Professionalitaet des finalen Guides, durch einen hohen Bekanntheitsgrad des Autors oder durch Kritik anderer, die sowohl positiv oder negativ ausfallen kann, Hauptsache man zieht daraus Konsequenzen. Die letzteren beiden Punkte haben mehr Schein als Sein, deshalb reicht es vollkommen aus, wenn man einen brauchbaren Guide verfasst, der einigermaßen lesbar und nachvollziehbar ist, und mit dem man sein angestrebtes Ziel erreichen kann.
2. Aufbau, Einteilung, Gestaltung
Fuer die Uebersichtlichkeit ist ein klarer Aufbau entscheidend. Der Leser muss auf einen Blick erkennen koennen, wo und wie man die Informationen beziehen kann und vor allen Dingen muss deutlich herausgestellt werden worum es ueberhaupt geht. Eine eindeutige Ueberschrift / Threadbeschreibung sollte dazu schon ausreichen. Spaetestens nach der Einleitung sollte dem Leser bewusst sein, was ihn ungefaer erwartet.
Ein Inhaltsverzeichnis ist mittlerweile ein Obligatorium und sollte in keinem Guide fehlen. Es erhoeht die Anschaulichkeit und Zugaenglichkeit um ein vielfaches und hilft die vorangegangenen Anforderungen zu erfuellen. Hilfreich sind auch andere Schriftfarben und -groeßen, Positionen der Ueberschriften, sinnvolle Absaetze, Bilder usw.
Es kann zwischen einem Guide und einer Kurzskizze unterschieden werden. Man muss sich anfangs noch keine Gedanken um die Einordnung des Guides machen, je nach dem wie viel Lust man hat, kann man eine Kurzskizze noch zu einem Guide aufwerten. Ein Guide ist allumfassend: Er beinhaltet nachweisbare Fakten, anschauliche Beschreibungen, Illustrationen, Theorie, Vergleiche und jede Menge Erfahrungsberichte (in Form von Strategien). Eine Kurzskizze muss hingegen nur sehr kompakt alles noetige an Informationen darbieten, sie sollte innerhalb weniger Sekunden verinnerlicht werden koennen, Verstehen spielt eine geringere Rolle. Die dargelegten Fakten muessen dagegen allgemeingueltig sein, es sollte so wenig wie moeglich Alternativen geben, der Autor darf sich ruhig auf ein Build, eine Methode, eine Taktik oder generell: auf eine Behauptung festlegen und muss sie nur vor den Kritikern verantworten, nicht aber in der Kurzskizze selbst. Das ist quasi das Gegenteil eines normalen, ausfuehrlichen Guides.
3. Vorarbeit, Herangehensweise
Zur Vorarbeit gehoert einiges. Zum einen muss man fundiertes theoretisches Wissen haben, was in Diablo 2 nicht allzu schwer sein sollte. Empfehlenswert ist auch allgemein ein wenig ueber Diablo 2 Bescheid wissen, ueber die anderen Klassen beispielsweise, ueber andere Builds, ueber Items, ueber Spielmechaniken usw. Das allein genuegt nicht! Lediglich mit theoretischen Wissen sollte man keinen Guide schreiben, dieser ist zum scheitern verurteilt, da man nichts aufrichtig verteidigen kann. Dem Guide fehlt es dann schlicht an Authentizitaet. Man braucht Erfahrungen, lange Erfahrung am besten generell im PvP, in Diablo 2, man sollte vieles erlebt haben, und alles, was man behauptet auch aus Erfahrung einigermaßen statistisch verteidigen koennen. Taktiken sollten immer vom besten Spieler, den man getroffen hat bzw. den man sich vorstellen kann, ausgehen - Bewertungen (wie schwer das Match ist z.B.) hingegen vom Durchschnitt, das ist allerdings Geschmackssache.
Danach muss man sich Gedanken machen wieso man einen Guide schreiben moechte. Gibt es schon Guides mit dem gleichen/selben Thema? Wenn ja, wird mein Guide besser als die alten? Aktueller? Dazu muss man sich halt einfach in den Foren umschauen, vielleicht auch mal Google benutzen oder sich bei anderen Spielern erkundigen, Fragen kostet ja nichts.
Erst im naechsten Schritt kann man sich ueber Quellen und Materialien den Kopf zerbrechen. Eine handfeste Sammlung von Links etc. kann beim Schreiben eine große Hilfe sein, darauf sollte man nicht verzichten.
Ein Zitat dazu:
[...]Hinweis auf die Charforen und deren Guideübersicht (so kann man schnell ähnliche Guides finden, bevor man alles neu erfindet), die üblichen Verdächtigen unter den Wissendateien (librarian, d2wissen, phrozen keep, sogar unsere Diablowiki kann besucht werden...)
In einem typischen Diablo 2 PvP Guide ist es empfehlenswert zunaechst das Prinzip vorzustellen und in den Guide einzuleiten (Einleitung), dabei beschreibt man wenn moeglich mit so wenigen Fachbegriffen wie moeglich kurz die Praxis und geht danach in die Theorie ueber. Geht es speziell um einen Charakterguide, so sollten Abschnitte wie "Items", "Skillung/Stattung" und notwendige Tabellen (z.B. fuer fhr/fcr/fbr) erstellt werden. Ganz dringend ist der Dreischritt dort zu beachten (Siehe Punkt 4). Bei einem Guide sollte auf moeglichst viele Alternativen geachtet werden: Gibt es ein aehnliches Item auch als Lowcost? Gibt es andere Skillungen? Sollte Maxblock angestrebt werden? Welche Vor- und Nachteile bringt ein spezielles Item?
Zusaetzlich zu diesen Abschnitten wird ein weiterer hinzugefuegt: Die Builds. Das sind Gesamtkonzepte aus den vorangegangenen Teilen, allesamt begruendet und belegt. Je "mathematischer" man dies macht, desto besser. Der rationale Mensch vergleicht Builds gerne an Hand von Zahlen, da diese einen sehr genauen Eindruck von der Effektivitaet eines Builds vermitteln koennen.
Im folgenden Teil steht dann das Herzstueck eines Guides: Die Strategien. Diese koennen allgemein sein oder speziell oder am besten beides, hauptsache man bringt seine Erfahrung so anschaulich wie moeglich in den Guide mit ein. Das geht am besten im Taktikteil. Bei einer Kurzskizze sollte man diesen allerdings vermeiden, da dieser zu sehr ins Detail geht und quasi nur die Zeit des Lesers verschwendet. Wichtig ist es in einem Guide so viele Informationen wie moeglich anzugeben: Wie soll der Charakter antreten? Welche Items soll er tragen? Was genau muss man tun? Wie kann man das am besten tun, gibt es Alternativen? Wie stehen die Chancen auf einen Sieg? Wie sieht es im 1v1 aus, wie im TvT? Wenn man schon einen Taktikteil mit reinbringt, dann doch bitteschoen richtig!
Allerdings sollte man darauf achten, dass man es nicht zu genau vorschreibt, wie man in welcher Situation vorzugehen hat und dem Spieler noch Freiheiten zur Selbstentfaltung laesst. Ein Zitat von Martin (ein bekannter Guideautor) zu einem merklich (ueber-)detaillierten Bowie Taktikteil:
Nebenbei finde ich es nicht ganz so grandios, wenn man jeden Schritt in den Taktiken haargenau erklären muss. Der Lern-Effekt ist größer, wenn die Spieler es selbst rausfinden. Speziell Ama vs. Ama ist so ein Match, bei dem 1000 Wege zum Sieg führen. Dex-Amas werden aus Prinzip gerusht ... andere Vita-Amas eher über die Dauer und geschickte Sniperlines zerlegt. Solche Einsichten kommen nach wenigen Tagen von ganz alleine. Solltest dir evtl. überlegen, ob du das ganze wirklich so detailiert beschreiben willst.
4. Dreischritt – wie im Deutschunterricht
Meine Deutschlehrerin hat immer gesagt: Behaupten, Beweisen, Deuten. Das ist nicht nur logisch, sondern auch praktisch... auch wenn es zu Anfang schwer fallen mag. Ziel ist es in einem Guide nichts unbegruendet stehen zu lassen, keine heiklen Begruendungen unbewiesen. Ein Beispiel, um es anschaulicher zu machen:
In einem Guide koennte stehen: "Ein 30frw 3 sox Circ ist auf einer Bowie besser als ein 100 Life 3 Sox Circ". Als Beweis wuerde man die Rechnung anfuehren: "5frw entsprechen auf Nonladder maximal 20 life, sprich 30 frw sind virtuell 120 Life". Die Deutung waere dann folgende: "Daran sieht man, dass selbst auf Nonladder ein 30 frw Circ einem perfekten Lifecirc ueberlegen ist. Preislich sollte auch kein großartiger Unterschied existieren".
5. Medien / Quellen
Ein Guide ohne Medien ist sehr trist und wenig anschaulich. Gerade bei Diablo2 Guides kann man zu 95% auf die implementierte Screenshotfunktion zurueckgreifen ("Druck"-Taste) und diese dann im Forum mit [.img] [/.img] (ohne Punkt vorm img jeweils) verlinken. Eine empfehlenswerte Seite zum hochladen solcher Screenshots ist http://imageshack.us/ oder bei PlanetDiablo die "Bilder & Alben" – Funktion links oben im "Kontrollzentrum". Damit macht man einen Guide erheblich interessanter, zweckmaeßiger und anschaulicher.
Bei www.youtube.com kann man zusaetzlich Videos hochladen, die man zuvor mit Programmen die Hypercam etc. aufgenommen hat. Darauf werde ich nicht weiter eingehen und empfehle dazu die vielen Anleitungen, die man spaetestens bei dem Suchbegriff "Hypercam diablo2" finden sollte. Ein Video ist nicht erforderlich und eher eine Ergaenzung zu einem fertiggestellten Guide, das Sahnehaeubchen. Vorher sollte man nicht daran denken und sich auf den Guide konzentrieren.
Quellenangaben sind extrem wichtig, ein Großteil des Vertrauens basiert auf Quellenangaben. Wer viele Quellen angibt, vermittelt seinem Guide Authentizitaet und gewinnt damit das Vertrauen des Lesers. Falls die Quellen Arbeiten anderer Autoren sind, werden diese dem Guideautor bei richtiger Anwendung ihres geistigen Eigentums auch mehr Respekt und Vertrauen entgegenbringen. Eine Quellenangabe lohnt sich also in jedem Fall. Der faule (und somit schlaue!) Autor entzieht sich damit sogar bei heiklen Themen der Verantwortung, denn er hat es ja nicht selbst verfasst.
6. Korrektur, Hinweise, Tipps
Am Ende des Prozesses steht eine Korrektur der Rechtschreibung, der Orthographie, der Grammatik und der Interpunktion an. Dabei kann dem Autor schon 90% der Arbeit durch ein Schreibprogramm wie der Openoffice Writer oder Microsoft Word abgenommen werden. Eigentlich ist dieser Teil nicht so unglaublich wichtig. Die Hauptsache ist, dass der Guide fluessig lesbar und verstaendlich ist. Alles andere ist nebensaechlich.
Hinweis: Wenn moeglich sollte man alles Ironische, Witzige und Seltsame aus einem Guide heraushalten. Man sollte auch tunlichst keine Smileys/Emoticons benutzen, das macht den Guide(autor) eventuell sympathischer, aber nicht wirklich authentischer. Sinnvoll kann dies eigentlich nur in der Einleitung und im Schlussteil sein; bei den Grueßen etc.
7. Schlusswort
Ich moechte vor allen Dingen die MLD Posse grueßen ohne die ich wirklich nicht mehr spielen wuerde. Zudem moechte ich mich mit dem Guide auch mehr oder weniger aus dem aktiven Geschehen verabschieden, das ist mein letzter Guide; von nun an werde ich meine "mueßiggaengerische" Zeit ausschließlich meinem ET Studium widmen, welches ich naechste Woche beginnen werde.
Mitgewirkt an dieser Anleitung haben indirekt die gesamte ehemalige Community, die fuer die heutzutage extrem hohen Standards der Guides verantwortlich sind. Die meisten deutschsprachigen Guides (hier) sind von Spielern geschrieben worden, die sich nun zur Diablogamer-Community zaehlen.
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