Masterplaine
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Ich war jung, ich war töricht.
Ich bitte Euch, mir zu vergeben.
Wenn der Morgen beginnt, am Horizont zu verwischen, Grau zu hellem Sonnenlicht erwacht, so werde ich weiter, gen Westen, gezogen sein um meine Aufgabe zu erfüllen.
Bitte sagt ihr, dass sie das Wichtigste auf der Welt für mich ist, aber meine Herkunft verbietet mir, meinen Aufgaben länger Aufschub zu gewähren.
Soll sie auserwählt werden, den roten Sog dreimal zu erreichen, soll sie auserwählt werden, mich am Ende wieder zu treffen…wenn ihre Zeit gekommen ist.
So mag sie kommen. Wenn sie darauf vorbereitet ist wird sie verstehen lernen. Sie wird an ihren Aufgaben wachsen.
Lehrt sie, was Ihr mir einst lehrtet. Stählt sie, wie Ihr mich einst stähltet.
Vielleicht wird sie vollenden, woran ich einst scheiterte.
Lebet nun wohl. Möge Euch die Sonne auf Eurem Weg stets scheinen und ein Begleiter in der Dunkelheit sein.
Ich bitte Euch, mir zu vergeben.
Wenn der Morgen beginnt, am Horizont zu verwischen, Grau zu hellem Sonnenlicht erwacht, so werde ich weiter, gen Westen, gezogen sein um meine Aufgabe zu erfüllen.
Bitte sagt ihr, dass sie das Wichtigste auf der Welt für mich ist, aber meine Herkunft verbietet mir, meinen Aufgaben länger Aufschub zu gewähren.
Soll sie auserwählt werden, den roten Sog dreimal zu erreichen, soll sie auserwählt werden, mich am Ende wieder zu treffen…wenn ihre Zeit gekommen ist.
So mag sie kommen. Wenn sie darauf vorbereitet ist wird sie verstehen lernen. Sie wird an ihren Aufgaben wachsen.
Lehrt sie, was Ihr mir einst lehrtet. Stählt sie, wie Ihr mich einst stähltet.
Vielleicht wird sie vollenden, woran ich einst scheiterte.
Lebet nun wohl. Möge Euch die Sonne auf Eurem Weg stets scheinen und ein Begleiter in der Dunkelheit sein.
EINLEITUNG
Das Pergament war alt, rissig und feucht. Sie kauerte zitternd unter einem Karren und starrte es an. Starrte es an und begriff doch den Sinn der geschriebenen Worte nicht. Gewiss wurde ihr von Akara, ihrer Mentorin, Lehrerin und Freundin, einst das Lesen gelehrt. Doch in diesen Momenten, da sie dieses alte Stück beschriebenen Pergamentes in ihren Händen hielt und es betrachtete, verschloss sich die Welt um sie herum und nichts und niemand drang zu ihr durch. Nicht Gheeds, der versuchte sie unter seinem Karren hervorzulocken um sie mit irgendeiner Geschichte aus seinen früheren Abenteuern zu erheitern, noch der Regen, der schon seit Wochen unerlässlich auf den bereits morastigen Boden im Lager fiel.
Die anderen Lagerbewohner ließen sie in solchen Momenten in Ruhe. Überhaupt hatte sie mit all den anderen Jägerinnen bisher noch nie viel zu tun gehabt. Kaschya war sehr distanziert zu ihr, und sie war die Anführerin der Jägerinnen. Daher fand sie es auch nie weiter verwunderlich, dass die Kampfmaiden stets Abstand zu ihr hielten.
Auch war sie noch nie ein leichtes Kind gewesen. War häufig ausgerissen, hatte nie gehört und nur nach seinem eigenen Kopf gelebt.
Das hätte sie von ihren Eltern, meinte dann Akara immer, und lächelte ihr aufmunternd zu.
Von jungen Jahren an wurde sie unterrichtet. Von Akara, von Charsi, von Kaschya zusammen mit den anderen Jägerinnen. Akara nahm sie oft mit zu sich und erzählte stundenlang aus ihrem reichen Fundus an Erfahrungen als ehemalige Hohepriesterin, ihrem Kampf gegen die Übel der Hölle. Gebannt saß sie dann vor ihr und lauschte gespannt. Später lehrte Akara sie dann, ohne Wissen der Anderen, im Umgang mit leichter Magie. Bald schon konnte sie mit ihren bloßen Händen die Lagerfeuer im Lager und der Kapelle entzünden, konnte Charsi in der Schmiede behilflich sein und brachte sich selbst bei, den Effekt des Feuers umzukehren. Bei ihren heimlichen Ausflügen aus dem Lager, bei denen sie stets an ihren neu erworbenen Künsten übte, fügte sie sich nicht selten Brandblasen oder Frostbeulen am ganzen Körper zu. Bald konnte sie bereits winzige Feuerbälle oder Eisblitze aus ihren Händen entstehen lassen.
Doch es kam der Tag, da das Übel der Hölle sie vollends aus dem Kloster vertrieb und sie sich alle in ihr kleines Zufluchtslager im Hinterland zurückziehen mussten.
Sie war dabei gewesen als es passierte.
Sie und ein junger Lehrling halfen gerade Charsi dabei, eine Waffenlieferung für die bald hindurch ziehende Karawane anzufertigen, als sie angegriffen wurden.
Sie mussten alle fliehen. Alles stehen und liegen lassen. Trotzdem erlagen in dieser Nacht viele Jägerinnenschwestern dem Tod. Auch ihr einziger Freund in diesem Lager, der Lehrling, starb.
Starb vor ihren Augen. Sie versuchte ihn zu retten, wollte ihre Magie gegen die anstürmenden Feinde anwenden…aber sie versagte. Versagte als es wirklich wichtig gewesen wäre.
Später gab sie sich alleine die Schuld dafür, dass sie ihn, Neeraj, nicht retten konnte. Sie verlor die Kontrolle über ihre Magie und am Ende verlor sie in ihrer Trauer den Zugang dazu.
Von diesem Tag an wandte sie nie wieder Magie an, schwor sich, dies nie wieder zu tun. Riss nicht mehr aus dem Lager aus und fügte sich den Anweisungen ihrer Lehrer ohne Murren. Sie übte fleißig das Rechnen, Lesen und Schreiben. Unterzog sich ein paar Lektionen im Schwertkampf und im Tragen leichter Rüstungen. Aber bald schon brach sie das Schwerttraining ab.
Denn jedes Mal, wenn sie eine Klinge in die Hand nahm, erfuhr sie eine merkwürdige Veränderung.
Es war, als entströmte dem Griff der Schwerter ein unerbittlicher, abgrundtiefer Hass der sie rasend machte, blind vor Wut und dem Verlangen nach Rache.
Sie verletzte andere Bewohner, zum Teil sogar schwer.
So zog sie sich aus der Kampfausbildung zurück und widmete sich den weisen Lehren der überlieferten Schriftrollen.
Jahre über Jahre zogen ins Land. Noch immer besetzten die Schergen der Hölle das Kloster und es wurde überlegt, sich eine kleine Kirche in das Jägerinnenlager zu bauen, um den Gottesdienst wieder abhalten zu können.
Ein schwerer Fehler, wie sich herausstellte. Die beste Kämpferin der Jägerinnen, Rabe, wurde beauftragt, sich eine Gruppe zusammenzustellen und in dem nahegelegenen Steinbruch Steine zu schürfen und ins Lager zu transportieren. Rabe wurde so genannt, weil sie sich im Kampf auf das Blenden der Gegner spezialisiert hatte und dann fliegenden Umhanges in den Nahkampf überging, nachdem ihre Pfeile die Augen der Opfer durchbohrt hatten, sofern sie dann noch lebten.
Doch Rabe und ihre ausgesuchten Truppen kehrten nur einmal erfolgreich mit Steinen wieder zurück.
Danach bleiben sie verschollen. Niemand sah sie jemals wieder.
Sie rollte das Pergament zusammen, steckte es vorsichtig in ihre Tasche und kugelte sich ganz klein zusammen auf den feuchten Boden.
Sie erinnerte sich kaum an ihre Eltern. Dieser Brief war alles, was ihr von ihnen geblieben war.
Akara hatte ihn ihr einst geschenkt. Sie hatte Akara immer wieder versucht, über ihre Eltern auszufragen, wollte wissen, was mit ihnen geschehen war. Aber alles, was sie jemals erfuhr war, dass sie er erfahren werde, wenn sie sich als reif genug herausstellte.
Nun wurde sie bald 20 Jahre und ihr Geburtstag stand an.
Am Abend davor, nahm sie Akara zu sich. Sie war ganz ernst.
Sie erklärte ihr etwas, an das sie sich fortan immer erinnern würde. Doch erst viel später sollte sie verstehen lernen.
Akara drückte ihr eine Pergamentrolle und einen Schlüssel in die Hand und umarmte sie.
„Ich werde dich vermissen, Kleines. Aber es ist deine Bestimmung. Ziehe nun los und kehre zurück, sobald du die Aufgabe erfüllt hast.“ Sie deutete auf die Pergamentrolle, dann drehte sie sich um und verließ das Zelt.
Zurück blieben eine verwirrte junge Frau und das laute Prasseln des Regens auf der Außenplane.
Sie fröstelte, als sie die Schriftrolle entfaltete und sie las, was ihr aufgetragen wurde.
Sie sollte auf die Suche gehen. Auf die Suchen.
Mehr stand dort nicht.
Sie gab sich einen Ruck, und beschloss, sich noch vor dem Morgengrauen aus dem Lager zu schleichen.
Sie huschte in ihr eigenes kleines Zelt und zog sich trockene Sachen an, hängte die Alten zum Trocknen über eine Leine und suchte ihre Habseligkeiten zusammen. Eigentlich gab es nichts, was sie mit sich nehmen wollte. Nur den Brief. Sie nahm ihn aus der Tasche und betrachtete ihn. Strich zärtlich mit dem Finger darüber und verstaute ihn in ihrer Reisetasche.
Da war noch der Schlüssel von Akara, der sie verwirrte. War es etwa der Schlüssel für die große Gemeinschaftstruhe neben dem großen Zentrallagerfeuer? In ihr wurden die Schätze der einst durchziehenden Karawanen gelagert, und nur Akara hatte darauf Zugriff.
Ihr Herz begann zu Klopfen.
Sie schob vorsichtig und leise ihre Zeltplane auf und steckte ihren Kopf in den Regen.
Die Dunkelheit war heraufgezogen und das Lager hatte sich in die Zelte zurückgezogen, nur die Wachen kauerten fröstelnd vor den Lagerfeuern. Warriv lief unruhige Kreise um das Zentralfeuer.
Wenn sie also probieren wollte, ob der Schlüssel zur Gemeinschaftstruhe passte, musste sich ihm entweder erklären, oder versuchten, unbemerkt dazu zu kommen.
Sie klappte sich die Kapuze ihres dicken Mantels hoch und schlich nach draußen.
Als ihr Warriv den Rücken zudrehte, stahl sie sich im Schutze der Dunkelheit durch den prasselnden Regen zur Truhe. Mit laut klopfendem Herzen schob sie den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn ganz langsam und vorsichtig.
Und tatsächlich. Er passte. Sie war erstaunt. Aber sie hatte nicht viel Zeit, eh Warriv wieder an ihr vorbeikam. Hastig hob sie den Deckel an und sah, was darin lag. Ein Stab, ein Beutel, der allem Anschein nach Gold enthielt, zwei seltsame Steine mit Formen darin und drei Pergamentrollen. War das etwa für sie? Warum sonst hatte ihr Akara den Schlüssel gegeben?
„Guten Abend. Na wen haben wir denn da? „ Erschrocken drehte sie sich um. Warriv stand vor ihr.
Aber er lächelte.
„Das Gold ist von mir. Und jetzt mach, dass du weg kommst.“, sagte er lächelnd und umarmte sie.
Sie bedankte sich, nahm die Sachen aus der Truhe und war schon bald darauf mit der Dunkelheit verschmolzen.
Er hatte es in ihren Augen gesehen. Die gleiche Entschlossenheit wie in den Augen ihrer Mutter.
Auch sie hatten, als sie fortging, so gestrahlt.
Bis jetzt war sie nicht zurückgekehrt.
„Noch vor kurzem warst du so klein, dass du in meine Hand gepasst hast…kleine Exquisit.“
Als er sich wieder dem Lagerfeuer zuwandte, vermischten sich der Regen auf seinem Gesicht mit seinen Tränen.
Er betete inständig dafür, dass er wenigstens sie eines Tages wiedersehen würde.
Die anderen Lagerbewohner ließen sie in solchen Momenten in Ruhe. Überhaupt hatte sie mit all den anderen Jägerinnen bisher noch nie viel zu tun gehabt. Kaschya war sehr distanziert zu ihr, und sie war die Anführerin der Jägerinnen. Daher fand sie es auch nie weiter verwunderlich, dass die Kampfmaiden stets Abstand zu ihr hielten.
Auch war sie noch nie ein leichtes Kind gewesen. War häufig ausgerissen, hatte nie gehört und nur nach seinem eigenen Kopf gelebt.
Das hätte sie von ihren Eltern, meinte dann Akara immer, und lächelte ihr aufmunternd zu.
Von jungen Jahren an wurde sie unterrichtet. Von Akara, von Charsi, von Kaschya zusammen mit den anderen Jägerinnen. Akara nahm sie oft mit zu sich und erzählte stundenlang aus ihrem reichen Fundus an Erfahrungen als ehemalige Hohepriesterin, ihrem Kampf gegen die Übel der Hölle. Gebannt saß sie dann vor ihr und lauschte gespannt. Später lehrte Akara sie dann, ohne Wissen der Anderen, im Umgang mit leichter Magie. Bald schon konnte sie mit ihren bloßen Händen die Lagerfeuer im Lager und der Kapelle entzünden, konnte Charsi in der Schmiede behilflich sein und brachte sich selbst bei, den Effekt des Feuers umzukehren. Bei ihren heimlichen Ausflügen aus dem Lager, bei denen sie stets an ihren neu erworbenen Künsten übte, fügte sie sich nicht selten Brandblasen oder Frostbeulen am ganzen Körper zu. Bald konnte sie bereits winzige Feuerbälle oder Eisblitze aus ihren Händen entstehen lassen.
Doch es kam der Tag, da das Übel der Hölle sie vollends aus dem Kloster vertrieb und sie sich alle in ihr kleines Zufluchtslager im Hinterland zurückziehen mussten.
Sie war dabei gewesen als es passierte.
Sie und ein junger Lehrling halfen gerade Charsi dabei, eine Waffenlieferung für die bald hindurch ziehende Karawane anzufertigen, als sie angegriffen wurden.
Sie mussten alle fliehen. Alles stehen und liegen lassen. Trotzdem erlagen in dieser Nacht viele Jägerinnenschwestern dem Tod. Auch ihr einziger Freund in diesem Lager, der Lehrling, starb.
Starb vor ihren Augen. Sie versuchte ihn zu retten, wollte ihre Magie gegen die anstürmenden Feinde anwenden…aber sie versagte. Versagte als es wirklich wichtig gewesen wäre.
Später gab sie sich alleine die Schuld dafür, dass sie ihn, Neeraj, nicht retten konnte. Sie verlor die Kontrolle über ihre Magie und am Ende verlor sie in ihrer Trauer den Zugang dazu.
Von diesem Tag an wandte sie nie wieder Magie an, schwor sich, dies nie wieder zu tun. Riss nicht mehr aus dem Lager aus und fügte sich den Anweisungen ihrer Lehrer ohne Murren. Sie übte fleißig das Rechnen, Lesen und Schreiben. Unterzog sich ein paar Lektionen im Schwertkampf und im Tragen leichter Rüstungen. Aber bald schon brach sie das Schwerttraining ab.
Denn jedes Mal, wenn sie eine Klinge in die Hand nahm, erfuhr sie eine merkwürdige Veränderung.
Es war, als entströmte dem Griff der Schwerter ein unerbittlicher, abgrundtiefer Hass der sie rasend machte, blind vor Wut und dem Verlangen nach Rache.
Sie verletzte andere Bewohner, zum Teil sogar schwer.
So zog sie sich aus der Kampfausbildung zurück und widmete sich den weisen Lehren der überlieferten Schriftrollen.
Jahre über Jahre zogen ins Land. Noch immer besetzten die Schergen der Hölle das Kloster und es wurde überlegt, sich eine kleine Kirche in das Jägerinnenlager zu bauen, um den Gottesdienst wieder abhalten zu können.
Ein schwerer Fehler, wie sich herausstellte. Die beste Kämpferin der Jägerinnen, Rabe, wurde beauftragt, sich eine Gruppe zusammenzustellen und in dem nahegelegenen Steinbruch Steine zu schürfen und ins Lager zu transportieren. Rabe wurde so genannt, weil sie sich im Kampf auf das Blenden der Gegner spezialisiert hatte und dann fliegenden Umhanges in den Nahkampf überging, nachdem ihre Pfeile die Augen der Opfer durchbohrt hatten, sofern sie dann noch lebten.
Doch Rabe und ihre ausgesuchten Truppen kehrten nur einmal erfolgreich mit Steinen wieder zurück.
Danach bleiben sie verschollen. Niemand sah sie jemals wieder.
Sie rollte das Pergament zusammen, steckte es vorsichtig in ihre Tasche und kugelte sich ganz klein zusammen auf den feuchten Boden.
Sie erinnerte sich kaum an ihre Eltern. Dieser Brief war alles, was ihr von ihnen geblieben war.
Akara hatte ihn ihr einst geschenkt. Sie hatte Akara immer wieder versucht, über ihre Eltern auszufragen, wollte wissen, was mit ihnen geschehen war. Aber alles, was sie jemals erfuhr war, dass sie er erfahren werde, wenn sie sich als reif genug herausstellte.
Nun wurde sie bald 20 Jahre und ihr Geburtstag stand an.
Am Abend davor, nahm sie Akara zu sich. Sie war ganz ernst.
Sie erklärte ihr etwas, an das sie sich fortan immer erinnern würde. Doch erst viel später sollte sie verstehen lernen.
Akara drückte ihr eine Pergamentrolle und einen Schlüssel in die Hand und umarmte sie.
„Ich werde dich vermissen, Kleines. Aber es ist deine Bestimmung. Ziehe nun los und kehre zurück, sobald du die Aufgabe erfüllt hast.“ Sie deutete auf die Pergamentrolle, dann drehte sie sich um und verließ das Zelt.
Zurück blieben eine verwirrte junge Frau und das laute Prasseln des Regens auf der Außenplane.
Sie fröstelte, als sie die Schriftrolle entfaltete und sie las, was ihr aufgetragen wurde.
Sie sollte auf die Suche gehen. Auf die Suchen.
Mehr stand dort nicht.
Sie gab sich einen Ruck, und beschloss, sich noch vor dem Morgengrauen aus dem Lager zu schleichen.
Sie huschte in ihr eigenes kleines Zelt und zog sich trockene Sachen an, hängte die Alten zum Trocknen über eine Leine und suchte ihre Habseligkeiten zusammen. Eigentlich gab es nichts, was sie mit sich nehmen wollte. Nur den Brief. Sie nahm ihn aus der Tasche und betrachtete ihn. Strich zärtlich mit dem Finger darüber und verstaute ihn in ihrer Reisetasche.
Da war noch der Schlüssel von Akara, der sie verwirrte. War es etwa der Schlüssel für die große Gemeinschaftstruhe neben dem großen Zentrallagerfeuer? In ihr wurden die Schätze der einst durchziehenden Karawanen gelagert, und nur Akara hatte darauf Zugriff.
Ihr Herz begann zu Klopfen.
Sie schob vorsichtig und leise ihre Zeltplane auf und steckte ihren Kopf in den Regen.
Die Dunkelheit war heraufgezogen und das Lager hatte sich in die Zelte zurückgezogen, nur die Wachen kauerten fröstelnd vor den Lagerfeuern. Warriv lief unruhige Kreise um das Zentralfeuer.
Wenn sie also probieren wollte, ob der Schlüssel zur Gemeinschaftstruhe passte, musste sich ihm entweder erklären, oder versuchten, unbemerkt dazu zu kommen.
Sie klappte sich die Kapuze ihres dicken Mantels hoch und schlich nach draußen.
Als ihr Warriv den Rücken zudrehte, stahl sie sich im Schutze der Dunkelheit durch den prasselnden Regen zur Truhe. Mit laut klopfendem Herzen schob sie den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn ganz langsam und vorsichtig.
Und tatsächlich. Er passte. Sie war erstaunt. Aber sie hatte nicht viel Zeit, eh Warriv wieder an ihr vorbeikam. Hastig hob sie den Deckel an und sah, was darin lag. Ein Stab, ein Beutel, der allem Anschein nach Gold enthielt, zwei seltsame Steine mit Formen darin und drei Pergamentrollen. War das etwa für sie? Warum sonst hatte ihr Akara den Schlüssel gegeben?
„Guten Abend. Na wen haben wir denn da? „ Erschrocken drehte sie sich um. Warriv stand vor ihr.
Aber er lächelte.
„Das Gold ist von mir. Und jetzt mach, dass du weg kommst.“, sagte er lächelnd und umarmte sie.
Sie bedankte sich, nahm die Sachen aus der Truhe und war schon bald darauf mit der Dunkelheit verschmolzen.
Er hatte es in ihren Augen gesehen. Die gleiche Entschlossenheit wie in den Augen ihrer Mutter.
Auch sie hatten, als sie fortging, so gestrahlt.
Bis jetzt war sie nicht zurückgekehrt.
„Noch vor kurzem warst du so klein, dass du in meine Hand gepasst hast…kleine Exquisit.“
Als er sich wieder dem Lagerfeuer zuwandte, vermischten sich der Regen auf seinem Gesicht mit seinen Tränen.
Er betete inständig dafür, dass er wenigstens sie eines Tages wiedersehen würde.
KAPITEL 1
So zog sie los um zu Suchen.
Sie wandelte durch die Dunkelheit, durch den Regen, den Mantel fest zusammen geschnürt, folgte dem Weg der sie immer weiter vom Lager fortführte. Sie hätte wenigstens eine Fackel mitnehmen sollen. Die Dunkelheit war so undurchdringlich, dass sie immer nur einen oder zwei Schritte weit sehen konnte. Alles hinter dieser Entfernung wurde vom Regen verschluckt.
Aber nun war es zu spät zum Umkehren. Also biss sie die Zähne zusammen und stapfte durch den Matsch. Dachte dabei nach, hielt ihren Blick nach unten gerichtet.
Die blitzenden Augen, die Bewegungen außerhalb ihres Sichtfeldes nahm sie nicht wahr. Unbehelligt schritt sie vorwärts.
Unvermittelt hörte es auf zu Regnen. Das Geräusch blieb trotzdem. Verwirrt hob sie den Kopf und blickte sich um.
Sie stand unter einem kleinen Vordach. Der Regen trommelte darauf, plätschernd lief das Wasser ein Schild hinab. Ein Schild, das den Holzschuppen zu dem das Vordach gehörte als Eingang zu einem Steinbruch auswies.
Hoffnungsvoll schlüpfte sie durch die schmale Schuppentür und wurde von Wärme empfangen.
An den Wänden standen Fackeln die blau brannten und trotzdem Wärme zu spenden schienen.
Sie zog sich den Mantel aus und breitet ihn auf dem Boden zum Trocknen aus, packte dann ein wenig Proviant aus ihrer Tasche und aß auf dem Boden sitzend. Dabei ließ sie ihren Blick durch den Schuppen schweifen. So entging ihr natürlich nicht, dass der Schuppen in die Felswand überging. Anstelle einer Rückwand war dort nur massiver Felsen und eine Öffnung.
Das musste wohl der Eingang zum Steinbruch sein der hier laut des Schildes irgendwo sei sollte.
Sie aß zu ende, rappelte sich auf, verstaute ihren Mantel in ihrer Tasche und schritt auf die Öffnung zu.
Ein Schacht führte steil und tief nach unten. Ihr kam es wie eine Ewigkeit vor ehe sie ihn wieder verlassen konnte.
Also sie aus dem Schacht trat empfing sie der Schein einer blauen Fackel, die in ihrem Umkreis alles hell erleuchtete. Außerhalb dieses Radius herrschte diffuse Dunkelheit.
Sie beschloss, hier zu ruhen und ihre Kräfte für die Erforschung der Mine aufzufrischen.
So lehnte sie ihre Tasche gegen die Felswand und setze sich davor, legte den Kopf zur Seite und war auch schon kurz darauf eingenickt.
Ein Geräusch weckte sie. Sie öffnete die Augen und erblickte ein kleines Wesen. Vielleicht halb so groß wie sie. Erstaunt setze sie sich auf.
Das Wesen fuhr zu ihr herum und starrte sie an. Sie starrte zurück. Wusste nicht, was sie tun sollte? War es ein Kind, das sich hier unten verirrt hatte? Brauchte es vielleicht Hilfe? Sie begab sich in die Hocke und redete mit sanfter Stimme auf das kleine Wesen ein, es solle keine Angst mehr haben und ruhig zu ihr kommen, sie habe etwas zu essen.
Das Wesen trat aus der diffusen Dunkelheit in den Schein der Fackel.
Sie schrie und sprang auf. Das rote Wesen, das Monster, kam auf sie zu gerannt und gab beängstigende Laute von sich. Sie schaffte er gerade noch, zur Seite zu hechten, da krachte das Monster auch schon gegen die Felswand, an der sie gerade eben noch gehockt hatte. Ihre Tasche fiel um und etwas rollte davon weg.
Ihr Blick folgte dem rollenden Gegenstand, ehe sie realisierte, dass es der Stab war, den ihr Akara mit auf den Weg gegeben hatte. Natürlich sah ihn das Monster genau wie sie wegrollen. Sie wogen beide ab, nahmen Augenmaß, und dann stürzten sie sich beide zeitgleich darauf. Sie bekam den Stab zuerst zu fassen, doch musste sie ihre Hand wieder zurückziehen, als auf einmal eine scharfe Klinge auf sie zu sauste.
Sie rollte zur Seite, sprang auf, und lief ein kleines Stück zurück, stieß an Felswand. Mit dem Rücken an den Felsen ging sie langsam nach links, auf den Stab zu. Das Monster ließ sie keine Sekunde aus den Augen.
Da erstarrte sie. Neben ihr tauchte noch eines dieser kleinen Kreaturen auf. Und dahinter noch eine, und dahinter ertönten angsteinflößende Geräusche weiterer Kreaturen die dort auf sie lauerten.
Sie brauchte diesen Stab! Koste es was es wolle, sie musste ihn erreichen.
Sie tat einen schnellen Ausfallschritt nach vorne, täuschte einen Linksschritt an, tänzelte um das kleine Wesen herum und dann war sie auch schon bei ihrem Stab, griff hastig und mit schwitzenden Händen nach ihm und nahm ihn an sich.
Keine Sekunde zu früh, denn nun stürmten drei dieser kleinen Monster auf sie zu.
Sie bekam Panik, wich zurück, fühlte den kalten Felsen im Rücken, umfasste den Stab fester.
Plötzlich spürte sie, wie ihre Hände eine seltsame Wärme durchströmte. Die Monster waren fast bei ihr angelangt, sie hob den Stab schützend vor Ihr Gesicht, als Feuer aus ihm hervorbrach.
Kein kleines Feuerbällchen wie sie dereinst aus ihren Händen entstehen lassen konnte, sondern eine mächtige Flammenkugel mit funkenstiebendem Schweif die auf die Monster zuraste.
Eines der Monster ging in Flammen auf, schrie und stöhnte, es spritze Blut, als seine Körpersäfte begannen zu kochen. Schließlich lag es nur noch winselnd am Boden und in den letzten Zügen.
Die kleine Hand löste sich von der viel zu großen Waffe und krachend fiel sie zu Boden, rollte davon.
Sie war geschockt. Alles war viel zu schnell gegangen. Sie…sie hatte Magie gebraucht. Hatte sie verwendet wo sie sich geschworen hatte, dies nie wieder zu tun. Wut erfüllte sie.
Sie packte den Stab am untersten Ende und schwang ihn wie einen schrecklichen Schlachtenhammer auf den Schädel des nächsten Monsters. Blut spritze ihr ins Gesicht.
Sie stieß die Spitze ihres Stabes in den Magen des dritten Wesens, schleuderte es auf den Boden und hieb wie von Sinnen auf seinen Kopf ein. Blut und Hirnmasse besudelte ihre Kleidung, sprenkelte die Felswand und den Boden um sie herum.
Als sie wieder zu Sinnen kam, lag sie auf dem Boden in einer Blutlache. Ihr Gesicht klebte und in ihrem Innersten pochte und rumorte es. Sie hob den Kopf.
Sie lachte grausam, als sie die Gestalt vollkommen zerschmettert neben sich auf der Erde liegen sah. Sie hatte es geschlachtet. Hatte es zerfetzt. Es waren Schlachtopfer. Sie war die Schlächterin.
Sie ließ ihren Stab los. Sie würde ihn nie wieder benutzen. Wie konnte Akara ihr nur so etwas antun, wo sie genau gewusst hat, dass sie einst schwor, nie wieder Magie anzuwenden.
Sie sah sich nach der Waffe um, die einer der Schlachtopfer fallen gelassen hatte.
Sie war groß und stumpf, keine Klinge, eher eine Keule. Sie schimmerte blass und irgendwie durchsichtig.
Sie packte den Griff fest mit ihrer Hand.
Wut. Hass. Rache.
Ihre Emotionen übernahmen die Kontrolle über sie. Steuerten ihre Schritte aus dem Feuerschein der Fackel in die Dunkelheit hinein. Hinein zu den anderen Schlachtopfern, diesen kümmerlichen, kleinen Wesen. Nur zu gerne wollte sie sie aus ihrem jämmerlichen Dasein erlösen.
In ihrem Rausch erschlug sie noch viele solcher kleinen Kreaturen. Tränkte den felsigen Boden mit ihrem Blute. Erschlug Gestalten, die ihren einstigen Spielkameradinnen im Lager ähnelten, nur dass sie seit langem tot und doch lebendig waren. In ihrem Rausch zerstückelte sie alles, was ihr in den Weg kam.
Ihre Sachen tropften vor Blut, ihre Schuhe hatte sie schon längst verloren. Ihre Mütze, die ihr einst Akara selbst strickte, lag irgendwo unter zerschlagenen Leichenteilen besiegter Monster.
Am Ende traf sie auf ihre einst beste Freundin. Sie wandelte als Untote durch die Dunkelheit und ging auf sie los, sobald sie ihrer gewahr wurde. Der Hass steuerte ihre Hand, die Wut ließ sie ihr Ziel härter treffen, ihre Rachegelüste erfreute es, wenn Blut spritze und Schmerzenslaute ertönten. Sie ergötze sich an der Gewalt. Steigerte sich hinein.
Am Ende lag ihre einstmals beste Freundin tot und verstreut vor ihr auf dem Untergrund.
Als ihr toter Körper auf dem Boden aufschlug, ertönte ein Rumpeln. Ein tiefes Grollen, das aus dem Innersten des Stollens zu kommen schien. Felsbrocken donnerten neben sie auf den Boden, es krachte und rumpelte.
Und plötzlich…
Drangen ihr Lichtstrahlen ins Gesicht.
Sie erwachte. Der Rausch verließ sie, die Waffe rutschte aus ihren Händen.
Sie sank auf die Knie und begann zu weinen.
Nachdem sie sich beruhigt hatte, nahm sie ihre Waffe wieder auf, wohl bedacht, den Griff nicht mit bloßen Händen zu berühren, steckte sie in das Halfter in dem vorher ihr Stab steckte und erhob sich.
Einen Teil der Wahrheit schien sie bereits gefunden zu haben.
Sie drehte sich um, und lies all die toten oder sterbenden Körper der Schlachtopfer, die Opfer ihrer ersten inneren Schlacht, zurück.
Beim Ausgang der Mine lehnte sie sich erneut gegen die Felswand und war innerhalb von Sekunden erschöpft eingeschlafen
Sie wusste nicht, dass der Steinbruch nur der Anfang ihrer großartigen Abenteuer, ihrer Suche nach der Wahrheit, der Suche nach ihrer Wahrheit, ihrer Bestimmung, war.
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