Kapitel 1
Ausbildung
Sie zitterte am ganzen Körper, aber ihr war nicht kalt.
Nein eigentlich hatte sie Angst, auch wenn ihr dieses Gefühl eigentlich hätte fremd sein sollen, aber sie war nicht so wie die anderen.
Und das war auch der Grund ihrer Angst.
Heute war ein sehr wichtiger Tag, denn heute würde entschieden werden, welchen Weg sie und die anderen in Zukunft gehen würden.
Über die Zeremonie selber, war ihr nichts bekannt, nur dass auf irgendeine Weise entschieden würde in welcher Richtung sie weiter ausgebildet werden würden.
Sie hoffte inständig, das sie nicht ihr Können in den verschieden Richtungen würden vorführen müssen.
Plötzlich wurde es um sie herum dunkel, dabei war es eigentlich eine sonniger Nachmittag.
Aus der Dunkelheit vor ihnen traten drei komplett in schwarz gekleidete Gestalten.
Sie selber trug, wie die anderen auch, weiße Kleidung. Nach dem heutigen Tag würden sie dunkelgrau tragen dürfen, schwarz war ihnen erst gestattet wenn sie ihre Ausbildung abgeschlossen hätten.
Sie wusste nicht genau wer die drei schwarz gekleideten Gestalten waren, sie wusste nur, dass sie heute diejenigen waren, die über ihre Zukunft entscheiden würden.
Und genau das war der Ursprung ihrer Angst, sie hatte sich in allen Richtungen als nicht talentiert erwiesen. Und nun hatte sie Angst, dass sie vielleicht verstoßen werden könnte, oder schlimmeres, immerhin war sie hier in einem geheimen Trainingslager der Assasinen.
Die drei Gestalten schritten nun die Reihe ab und teilten sie unter sich auf.
Sie kam zu der einzigen Frau, die zugleich auch die einzige der drei war, die sie namentlich kannte.
Es war Natalya und sie trug ihre schwarze Kampfausrüstung. Wer sie nicht kannte hätte sich vor dem Anblick den sie bot wohl gefürchtet.
Aber sie wertete es als gutes Zeichen, dass sie Natalya zugeordnet war, denn sie lehrte die wenigen Dinge, die sie je gemeistert hatte.
Außer ihr kamen nur vier andere weiß gekleidete Schüler zu Natalya.
Natalya führte sie alle zu einer kleinen Lichtung im Dschungel, denn dort war das Trainingslager, auf dieser Lichtung waren mehrere Puppen aus Holz und Stoff errichtet worden. Vor ihnen auf dem Boden lag eine Reihe Assasinen typischer und untypischer Waffen. Dort lagen einfache Katare und Klauen, aber auch „normale“ Waffen, wie Dolche, Äxte, Schwerter, Speere und sogar eine Sense.
Natalya befahl ihnen sich jeweils zwei Katare oder Klauen zu nehmen, sie nahm zwei Katare und spürte das nur allzu bekannte Unbehagen, das sie immer verspürte, wenn sie eine dieser Waffen nutzen sollte.
Und dann ging die Prüfung los, es kam genau so wie sie es sich in ihren Alpträumen ausgemalt hatte.
Sie mussten nacheinander ihre Künste demonstrieren.
Als erstes sollten sie mit den beiden Kataren eine der Stoffpuppen in Brand setzen.
Den ersten beiden gelang dies ohne Probleme, sie benutzten die Feuerfäuste, ein Angriff den sie nie gemeistert hatte, ihre Puppe war am Ende aufgeschlitzt und zerstört, aber sie brannte nicht.
Als nächstes sollten sie Fallen stellen und diese dazu bringen eine Reihe von fünf Zielen zu treffen.
Ihre Fallen brachen bereits vor dem ersten Schuss auseinander.
Als drittes sollten sie mehrere Holzpuppen durch Einsatz von Tritten zum umfallen bringen.
Sie schaffte immerhin die Hälfte.
Jetzt kam die finale Prüfung, Natalya schnitt sie alle in den Arm, und sie sollten sich heilen, hatten dazu aber nur eine Waffe ihrer Wahl und einen extra dafür gefangenen Schinder aus dem Dschungel zur Verfügung.
Alle bis auf sie und einen anderen behielten ihre Katare oder Klauen als Waffen, der andere schnappte sich ein Schwert, sie griff einfach blind in den Haufen.
Schlimmer als die beiden Katare kann es nicht werden!
Ihre Hand schloss sich um einen Holzstiel und sie sah, dass sie die Sense gegriffen hatte.
Sie ging zu den anderen und ließ sich bereitwillig von Natalya schneiden, denn die Kunst der Selbstheilung durch den Einsatz von Waffen war etwas, dass sie wie kein zweiter im Lager beherrschte, zumindest wie kein zweiter unter den farblosen Schülern.
Sie hob die Sense und merkte, das sie sich viel besser in ihren Händen anfühlte als die Katare oder Klauen. Sie ließ die Sense probeweise durch die Luft wirbeln und beschleunigte sie immer weiter, bis sie selbst das Sensenblatt nicht mehr richtig ausmachen konnte.
Sie konzentrierte sich auf die Heilung und ließ die Sense nieder sausen.
Sie schlug so heftig ein, dass sie dein Schinder glatt in der Mitte spaltete und grub sich dann noch in den Boden und brach dann durch, so viel Wucht steckte in dem Schlag.
Alle anderen sahen sie mit großen Augen an.
Anscheinend war so etwas noch keinem hier gelungen und anscheinend war sie auch die erste die jemals die Sense als Waffe gewählt hatte.
Nur wenige Stunden später, als auch die anderen Gruppen mit ihren Prüfungen fertig waren, wurden ihr die Ergebnisse mitgeteilt. Natalya kam persönlich zu ihr.
„Nun ich weiß ehrlich gesagt nicht, was wir mit dir machen sollen, in allen Kampfkünsten
außer der Heilung hast du versagt und doch gelang es dir einen mächtigen Angriff auszuführen, weit mächtiger als alles was ich bisher bei der Prüfung der weißen Schüler erlebt habe!“ sagt Natalya.
„Ich weiß gar nicht, was daran so besonders war. Ich habe nur mit der Sense Schwung geholt und zugeschlagen! Wobei ich ehrlich sagen muss, dass ich überrascht war, als sie sich in den Boden grub.“
„Genau das war ich auch, denn ich weiß nicht ob du es bemerkt hast, aber der Boden an der entsprechenden Stelle war massiver Fels! Daher habe ich beschlossen, die hier eine Chance zugeben. Du wirst alleine und mit mir Trainieren müssen, ich werde dabei versuchen, die Art deines Angriffes zu erforschen!“
*
Dies war nun einige Jahre her und doch erinnerte sich Kira, denn dies war nun ihr Name, dieses Tages als ob es Gestern gewesen wäre, Heute dachte sie gern an ihn zurück, denn es war das erste wirklich positive Erlebnis ihres Lebens.
Zuvor hatte sie nur Fehlschläge erlebt, da es ihr nie gelingen wollte so gut zu werden wie die anderen.
Und doch hatte sie es geschafft, sie hatte ihre Ausbildung beendet und durfte schwarz tragen und sie hatte auch einen Namen erhalten: Kira.
Sie wusste genau, dass ihr ganzer Orden sie genau beobachtete, denn alle wollten ihren, bisher einzigartigen, Angriff lernen, aber niemandem gelang es.