@Bloodcyclon:
Ja was denn nun?
In deinem ersten Post musste ich lesen "Immerhin benutzen wir nur rund 25 % unseres Hirns". Daraus habe ich geschlossen, dass du von 25% genutzen Hirnvolumen oder von 25% der Gesamtneuronen ausgehst. Das dies nicht korrekt ist, hast du selbst nachvollzogen.
Dein neuer Standpunkt ist ein gänzlich anderer. Ich interpretiere die Aussage, dass ein menschliches Gehirn 25% der "theoretisch neurologischen Maximalleistung" nicht nutzt. Das ist definitiv ein Unterschied zu 75% vorher.
Nachzulesen in entsprechender Fachlektuere.
Quellenangabe wäre nett, wenn schon explizit darauf hingewiesen wird.
Deine Beispiele zum Bewegungsapparat sind besonders im Bereich des Fußballspielers unglücklich gewählt. Das manche Menschen sich besser bewegen können als andere ist in hohem Maße von der Anatomie (Muskeln, Knochenbau) abhängig, weniger von den sensorischen Wahrnehmung und Steuerung. Soweit es mir bekannt ist, werden viele Reflexe, z.B. um ein Umknicken des Beines zu verhindern nicht im Gehirn verarbeitet, sondern bereits durch Binnenzellen im Rückenmark oder anderen Teilen des zentralen Nervensystems. Dieser sagt somit nichts über dessen Leistungsfähigkeit im Gehirn aus. Ein Fußballer wird auch nicht ausdauernder, schneller oder kräftiger weil sich seine neuronale Leistung steigert, sondern indem sich seine Muskulatur verbessert. Neuronale Verbesserung sind aber möglich im Bereich der Hand-Fuß-Koordination (Schußtechik, Ballkontrolle) oder auch spieltaktisches Vorgehen (Wahrnehmung der Mitspieler, Deutung deren Laufbahn).
Der Klavierspieler ist schon passender. Aber was passiert überhaupt beim Training. Meines Wissens bilden die Neuronen zusätzliche Dendriten und Synapsen untereinander durch die eine komplexere Gesamtverschaltung. Zusätzlich ändert sich die Aktivierungsschwelle des Neurons. Dadurch entsteht eine differenzierte Signalverarbeitung. (Anm. ich bin kein Neurobiologe, sondern kenne diese Vorgänge nur als Modell für artificial neuronal networks, somit können dort durchaus Fehler oder Ungenauigkeiten vorliegen).
Beim fleißigen Klavierspieler werden sich damit vermutlich die Gehirnareale für Gehör und die motorische Steuerung der Finger verbessern. Auch umliegende Neuronen die vorher nicht von diesen Aufgaben betroffen waren, werden in das Netzwerk hinzugefügt. Die entscheidende Frage ist, ob dies durch Ausnutzung freier Kapazität geschieht oder nicht und ist abhängig von der Definition von Kapazität. Die Gesamtanzahl von Neuronen ändert sich z.B. durch Klavierspielen (meines Wissens nach) kaum. Hier wird also keine Kapazität hinzugewonnen. Die Steigerung der synnaptischen Verschaltung wäre eine andere Möglichkeit der Kapazitätsmetrik. Aber wo liegt hierbei die Obergrenze maximaler Verschaltung, also wie kommt jemand auf 25%? Die Zahl erscheint mir ziemlich willkürlich.
Zudem findet auch irgendwo ein Ausgleich statt. Nicht genutzte Fähigkeiten verkümmern auch wieder, ein Grundstamm verbleibt. Von einer Fremdsprache, die jemand zehn Jahre nicht gesprochen hat, bleibt nicht mehr viel übrig. Man kann also argumentieren, dass Gehirn hat Kapazitäten freigemacht um diese anderweitig zu nutzen.
Langsam sollte ich zu einem Schluss kommen.
1. Meine Aussage von 75% ungenutzten Gehirn als "Mythos" bleibt bestehen.
2. Die 25%-Verfügbarkeitstheorie zweifel ich in der Vereinfachung auf eine Zahl an, dem dahinterliegenden Modell kann ich allerdings in Teilen zustimmen. Begründung siehe oben.
3. Evolutiontheorie als "Freischaltvorgang" für Gehirnaktivität ist enorm dünnes Eis.
Wer strikt Darwin folgt, kann auch zu dem Schluss kommen, dass ungenutzte Gehirnkapazität abgebaut wird. Dieses überflüssige Hirn wäre eine gigantische sinnlose Energieverschwendung und somit ein Hinderniss im Fortbestehen. Für ein kleineres, gleichleistungsfähiges Gehirn wird weniger Nahrung benötigt und somit wäre dieser Mensch evolutionsbiologisch im Vorteil. Der Selektionsdruck lässt im Laufe mehrer Generationen die Besitzer von Hirnen mit Überschuss verschwinden. Ok, die moderne Menschheit unterliegt den darwinistischen Prinzip weniger als Lebewesen in freier Wildbahn, vor 10.000 Jahren war dies aber noch anders.