Naja, dass ist jetzt eigentlich eine meiner Kurzenstorys gewesen! Mein Hauptwerk umfasst z.Z. 114 Seiten (A4, Arial 12). Naja, dass kann ich hier ja auch mal veröffentlichen, aber jetzt erstmal wieder zu DBvH! Hoffentlich diesmal lang genug
so long
Nechris
PS: Sorry, werden nur noch 3 Updates
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Die Belagerung von Harrogath
--- Teil 4 ---
„Pfeile los!“
Zarias Befehle waren kurz und knapp. Das Surren der Bogensehnen übertönte für einen Moment die Luft. Jede Amazone hatte mindestens zwei Pfeile aufgelegt, und so surrten mehr als tausend Pfeile über die Köpfe der Paladine, Barbaren und Söldner hinweg. Für einen kurzen Moment verdunkelten sie die Sicht, wie eine schwarze Wolke, dann bohrten sich die Pfeile in die vordersten Reihen der Blutfürsten. Unter Höllenqualen sackte die erste Front zusammen, doch wurde sie sofort durch die nachstürmende ersetzt. Die Amazonen griffen in die Köcher und ließen erneut die Luft vibrieren. Wieder fielen viele, doch einige der Fürsten benutzten ihre überdimensionalgroßen Äxte als Schilde und so waren die Verluste auf Seiten der Angreifer diesmal weitaus geringer.
Die ersten Fürsten hatten die Reihe aus Söldnern und Paladinen erreicht. Wie fanatisch stürzten sie sich in den Speerwall der Wüstensöldner, als ob sie die Peitsche des Dunklen Herrn selbst im Rücken hätten, was nicht unbedingt verkehrt war. Bevor sie sich in den Wall stürzten, schmissen sie ihre Äxte noch wahllos in die Menge und viele Barbaren fielen, denn mit solch einem Angriff hatten sie noch nicht gerechnet. Binnen kurzem war das Gebirge übersät mit dem Blut der Barbaren und dem gelben Dämonenblut der Blutfürsten.
Auf jedem Speer waren bereits ein bis drei Fürsten aufgespießt und viele waren unter der immensen Belastung zerbrochen. Die meisten der Söldner kämpften bereits mit ihren kurzen Säbeln, doch waren sie damit nicht nur annährend so gut, wie im Kampf mit dem Speer. Dakard hieb fanatisch seine Klinge durch die Fürsten. Gerade hatte er einen mit drei Schlägen niedergestreckt, als sich einer mit einer etwas goldenen Rüstung, vor ihm aufbaute. Es musste einer der Anführer sein. Ein hämisches Grinsen stand in seinem Gesicht geschrieben. Seine Äxte waren bereits blutig. Wütend drosch er mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit auf Dakard ein. Mit Mühe und Not wehrte Dakard seinen ersten Hieb mit dem Schwert ab. Die zweite Axt blieb in seinem Schild stecken. Der Fürst versuchte, sie wieder aus ihm herauszuzehren. Die riesige Kraft des Dämonen riss Dakard von den Füßen. Er landete mit dem Gesicht zuerst auf dem Boden, welcher bereits mit Blut durchtränkt war. Er lag direkt zu Füßen des Blutfürsten. Die Luft surrte gefährlich, als dieser seine Axt wieder auf den Paladin niederfahren lies. Im letzten Moment drehte sich Dakard zur Seite, aber der Dämon holte bereits mit seiner zweiten Axt aus. Schnell riss Dakard sein Schild an sich und hielt es schützend zwischen sich und die Axt. Mit einem lauten Dumpfen schlug die Axt in das Schild ein, doch der Segen der Götter verhinderte, das es barst. Dakard hörte, wie einige seiner Rippen unter dem Druck des Schildes brachen. Wütend riss der Fürst wieder an seiner Axt. Mit seiner ungeheuren Kraft stellte er Dakard wieder auf die Beine. Unter Höllenschmerzen schlug Dakard zu. Funken sprühten, als seine Klinge auf den eisernen Schaft der Axt traf. Ein weiteres Mal schlug Dakard zu, wieder gelang es dem Dämon seine Axt zwischen die tödliche Klinge und sich selbst zu bringen. Dakard nahm all seine Kraft zusammen und versetzte dem Dämon einen Schildstoß. Benommen taumelte dieser zurück. Dakard stürmte auf ich zu und versetzte ihm zwei Schläge in die ungeschützte linke Seite. Blut sprudelte aus der Wunde und vereinte sich mit dem Blut auf dem Boden, doch noch war der Fürst nicht geschlagen. Hämisch grinsend erhob er seine eine Axt und warf sie nach dem Paladin. Geschwind brachte Dakard sein Schild zwischen sich und die Axt, doch die Wucht des Aufpralls warf ihn meterweit zurück. Wieder hörte er Rippen brechen, allmählich schmerzte es ihn gewaltig. Er sah wie der Dämon wieder aufstand. Ein Paladin stellte sich ihm in den Weg, doch der Fürst köpfte ihn ohne Probleme. Der Paladin lief noch zwei Schritte, bevor er schließlich zusammensackte. Einem weiteren Wüstensöldner erging es ähnlich. Dakard rappelte sich gerade wieder auf, als der Dämon mit erhobener Axt vor ihm stand. Er sprach ein letztes Stoßgebet zum Himmel. Bevor der Fürst zuhieb, sah Dakard, wie eine silberne, wenn auch mit blutverschmierte Speerspitze aus der linken Brust des Dämonen hervortrat. Gelbes Dämonenblut spritzte ihm ins Gesicht. Mit schmerzverzerrtem Blick sackte der Goldene Fürst vor ihm zusammen. Kraftlos ließen seine Arme die Axt los und sie fiel scheppernd zu Boden. Hinter dem Dämon stand Griez und grinste ihn an!
„Wie damals!“
Er gab Dakard die Hand und richtete ihn auf.
„Geht’s?“
„Ja, Danke!“
Von Ferne hörten sie Kaschya schreien.
„Pfeilhagel!“
Sie drehten sich um. Hinter dem Wall erhoben sich einige Pfeile in die Luft. Hoch über den Köpfen der Barbaren erreichten sie ihren Zenit und flogen mit tödlicher Zielgenauigkeit auf die verbliebenen Fürsten zu. Diese zuckten noch einmal auf, bevor sie sich von der Erde für immer verabschiedeten. Dakard und Griez atmeten kurz auf. Die nächste gegnerische Division war noch ungefähr eine Minute entfernt. Sie hörten bereits wieder das Surren der Amazonenbögen. Sie schauten sich kurz um. Der erste Angriff hatte viele Opfer gefordert. Besonders die Zahl der Wüstensöldner war stark dezimiert. Die Restlichen formierten sich bereits wieder zu einem Speerwall. Griez wollte gerade etwas zu Dakard sagen, als ein Lautes Donnern ihn unterbrach. Nicht weit von ihnen entfernt schlugen drei Geschosse der Katapulte ein und begruben ca. zwanzig Barbaren und einen Nekromaten unter sich. Sofort teleportierten einige Zauberinnen die Verletzten weg. Vilitia schrie zum Wall hinauf.
„Tel’lion! Zerstör die Katapulte! Wir können nicht alle Geschosse abfangen!“
Dann verstummte sie. Wieder erbebte der Boden und ein großer Felsbrocken lag an der Stelle, wo eben noch die zierliche Zauberin gewesen war. Ihre Zauberinnen waren für einen Moment wie gelähmt und deswegen schlugen drei weitere Felsblöcke ein.
„Zauberinnen aufwachen!“, Nazg’uls Stimme schrie wütend durch das Tal, „oder wir gehen alle drauf!“
Sofort fingen sie sich wieder, jedoch rollte fast jeder von ihnen einige Tränen über die Wangen.
Derweil war Tel’lion mit einem fünfzig Raben großen Luftgeschwader gestartet. Jeder hatte sich zwei Explosionselixiere gekrallt. Unter ihnen traf die zweite Welle bereits auf die Söldner, Barbaren und Paladine. Es war die Wiederbelebte Horde und in ihren Mitten mindestens fünfzig Drescher besetzt mit Bogenschützen und Magiern. Sie stiegen höher und ein Wolke aus Amazonenpfeilen flog unter ihnen hindurch auf die Horde zu. Schon sahen sie die Katapulte. Es waren ungefähr fünfundzwanzig.
„Teilt euch in Fünferstaffeln! Nehmt euch in Acht vor den Koboldmagiern!“, krächzte Tel’lion.
Das Geschwader teilte sich und er drehte mit seinem ab, auf das rechte Katapult zu. Am Horizont konnte er Baal sehen. Wut kam in ihm hoch, doch besann er sich auf sein Ziel. Seine Ohren vernahmen das wütenden Fauchen eines Feuerballs und mit einer Linkskurve wich er ihm aus.
„Sturzflug!“
Eine weitere Linkskurve und sie stürzte als Geschwader auf das Katapult zu. Die Todeszänker, welche es bedienten, schrieen erschreckt auf. Er ließ seine Elixiere fallen und begann wieder zu steigen. Der Rest seines Geschwaders tat es ihm gleich. Er hörte zehn Explosionen. Mit einem kurzen Blick nach unten versicherte er sich, sein Ziel erwischt zu haben. Plötzlich vernahm er Listers schreckliche Stimme.
„Koboldmagier! Feuerwelle!“
Noch einmal blickte er zurück. Plötzlich erschienen unter ihm fünfzig Koboldmagier aus dem Nichts. Sie sprachen ihre magischen Worte und eine riesige Welle aus purem Feuer bewegte sich mit rasender Geschwindigkeit auf sie zu.
„Schneller!“
Tel’lion und seine Begleiter schlugen noch schneller mit ihren Flügeln, doch die Wellen holte stets auf. Schon spürte er die tödlich Hitze im Nacken.
„Linkskurve!“
Sie machten einen scharfen Schwenk nach links, doch es war bereit zu spät. Der letzte der fünf fing Feuer. Noch ein, zweimal schlug er mit seinen Flügeln, bevor das Feuer sie verzerrt hatte. Mit einem ängstlichen Schrei stürzte er dem Boden entgegen. Derweil hatten die Kobolde eine weiter Welle abgefeuert. Eine Kurve nach rechts half nicht. Der nächste Rabe fing Feuer. Er geriet ins Trudeln und stieß gegen seinen Nachbarn. Unbarmherzig ging das Feuer auch auf ihn über. Schreiend stürzten sie beide zu Boden. Tel’lion war verzweifelt. Er schnitt noch eine scharfe Rechtskurve. Er hatte es geschafft. Er und einer seiner vier Gefährten. Sie waren außerhalb der Schussweite der Dämonen. Nun trafen auch die restlichen Raben wieder mit ihm zusammen. Zu seiner Trauer musste er feststellen, dass gerade mal die Hälfte seines Geschwaders zurückgekehrt ist. Sie flogen zurück auf den Wall zu. Er versuchte es zu unterdrücken, doch einige Tränen verließen seine Auge und tropften zu Boden.
Hoku schnitt sich gerade durch die Untoten. Obwohl seine beiden Schwerter nicht unbedingt dafür geeignet waren, schien er doch relativ gut gegen sie anzukommen. Er war nur noch einige Meter von einem der Drescher entfernt und setzte gerade zum Sprung an, als in etwas auf seiner glatzköpfigen Stirn traf. Etwas Wasser rollte seine Wangen runter. Noch einmal wurde er getroffen. Er blickte nach oben. Über ihm flog Tel’lions Staffel zurück. Bestürzt sah er, wie stark sie geschrumpft war. Plötzlich spürte er einen leichten Schmerz im linken Bein.
Verdammt!, er fluchte über sich selbst,
Da ist man einen Moment unachtsam und schon hat man so einen Untoten am Bein
Trotzig ergriff er sein linkes Schwert und zerhackte dem Untoten die Wirbelsäule. Vorsichtshalber trat er ihm noch mal in seinen hässlich grinsenden Schädel, sodass dieser am Boden zerbarst.
Man weiß ja nie
Er nahm kurz Anlauf und sprang dann auf den Drescher hinauf. Die fünf Skelettbogenschützen, die auf der Schussplattform standen, blickten ihn überrascht an (falls Skelette dies können). Rasch drehten sie sich um und richteten ihre Bögen auf den jungen Barbar. Er stieß einen markerschütternden Schrei aus und bewegungslos verhaarten die Bogenschützen in ihrer Position. Einer schaffte es noch, seinen Pfeil abzufeuern, bevor auch er erstarrte. Mit einem hölzernen Splittern zerbrach dieser an der dicken Rüstung Hokus. Dieser setzte nun an und mit einer schnellen hundertachtzig Grad Drehung rammte er jedem Skelett eine der Breitseiten seiner beiden Schwerter in die Brust. Mit einem lauten Knacken brachen die Rippen dieser und drei stürzten vom Rücken des Dreschers. Dem vierten zerbrach er die Wirbelsäule und seine beiden Hälften lagen in einer Menge aus Knochensplittern bewegungslos am Boden. Der letzte Skelettbogenschütze überlebte diese erste Attacke. Er war gerade dabei, einen weiteren Pfeil zu spannen, als Hoku ihm den Kopf mit einem gezielten Fußtritt abriss. Sein Pfeil schellte dabei von der Sehne und traf den Barbaren an seinem ungeschützten linken Oberarm. Blut spritzte aus der Wunde hervor und tropfte auf die hölzerne Plattform, die auf dem Rücken des Dreschers montiert war. Ein weiterer Pfeil zischte auf Hoku zu, doch er konnte noch ausweichen. Er streifte nur noch die rechte Wange, doch die Schnittwunde verhärtet sofort wieder. Der Skelettbogenschütze auf dem Drescher hinter ihm feuerte wieder, doch diesmal duckte der Barbar sich rechtzeitig. Noch immer steckte der Pfeil in seinem Arm und die Schmerzen wurden allmählich unerträglich. Er legte sein Schwert zur Seite und versuchte mit der rechten Hand, den Pfeil zu entfernen. Doch nun bemerkte auch der Drescher, was auf seinem Rücken passierte (Drescher waren immer etwas langsamer als andere Monster!) und begann wie wild auszuschlagen. Es holte Hoku von den Füßen und bei seinem Sturz riss er sich den Pfeil aus. Er schrie so laut, das selbst weit entfernte Männer und Monster für eine Sekunde kurz innehielten und verwundert aufhorchten. Der Wiederhaken hatte ein faustgroßes Stück Fleisch aus seinem Arm gerissen. Krampfhaft hielt sich Hoku die Wunde zu, doch das Blut floss in Strömen durch seine Hand. Laut knackte das Holz neben seinem linken Ohr. Der Bogenschütze hatte wieder angefangen zu feuern und ihn nur aufgrund des wilden Ausschlagens des Dreschers verfehlt. Knurrend riss er ein Stück seines Hemdes ab und band damit rasch seine Wunde ab. Binnen Sekunden färbte sich das Tuch rot, doch es musste reichen. Knack! Ein weiterer Pfeil war knapp neben ihm eingeschlagen. Plötzlich stand ein kleiner Koboldmagier vor ihm. Er hatte den Feuerball bereits fertig in der Hand und feuerte ihn ab. Hoku hielt schützend seine linke Hand vor sich.
[]I Die ist eh schon kaputt![/I], grummelte er.
Das Feuer fraß sich durch das Fleisch und die Haut färbte sich Schwarz. Seine Hand hing lahm an ihm herunter und der Dämon beschwor bereits den nächsten Feuerball herbei. Sein eines Schwert war von der Plattform herunter gefallen und das andere lag für ihn unerreichbar hinter dem Dämonenmagier. Die Hände des Magiers begannen bereits wieder rot zu glühen, als Hoku ihn schließlich kurz entschlossen mit seiner gesunden Hand packte und ihm die Lungen zudrückte. Röchelnd schnappte der Dämon nach Luft. Unter dem eisernen Griffe Hokus hörte man, wie die Halsschlagadern langsam aufplatzten und schließlich die Wirbelsäule brach. Ein letztes Mal leuchteten seine Augen auf, bevor er wenig später starb. Seine Körperflüssigkeiten liefen aus ihm aus und tropften auf den Boden. Hoku hielt nur noch seine leere Hülle und das Skelett in den Händen, als er hinter sich wieder das tödliche Pfeifen eines Pfeils vernahm. Instinktiv drehte er sich um und hielt den Dämonenkörper zwischen sich und den Pfeil. Keine Sekunde zu früh! Mit einem dumpfen, matschigen Geräusch blieb der Pfeil in dem kleinen Dämonenkörper stecken. Der Skelettbogenschütze fluchte. Seinen vierten Pfeil den er schon verschossen hatte. Er griff zu seinem Köcher, doch dieser war leer.
Niedliche Dinger, diese Dämonen! Ich muss Nazg’ul recht geben, die sind doch nicht so unpraktisch!, dachte sich Hoku, während dessen er den Leichnam seines Gegners über die Brüstung warf. Der Drescher wütete noch immer. Mittlerweile hatten sie den Wall der Paladine und Wüstensöldner erreicht, aber diese flüchteten panisch vor dem wütend umherstampfenden Ungetüm. Hoku hörte die Knochen derjenigen Brechen, welche sich nicht schnell genug in Sicherheit bringen konnten. Gerade brach die Wirbelsäule eines Paladins unter ungeheurem Knacken, als Hoku mit seinen restlichen Kräften zum Sprung ansetzte. Der Barbar sprang über die Brüstung und rammte dem Drescher sein letztes Schwert in sein grünliches Auge, bevor er vor ihm auf dem Boden aufsetzte. Kreischend trat das Monster um sich. Blind vor Panik zerstampfte er einige Skelette der Wiederbelebten Horde. Tränenflüssigkeit tropfte aus seinem Auge und er schrie vor Schmerzen. Dieser Todesschrei vereinte sich mit denen der andern und hallte an den Felswänden wieder. Mittlerweile taumelte der Drescher nur noch, Hokus Schwert immer noch in seinem Auge habend, auf eine kleine Gruppe von Barbaren und Paladinen zu. Wie eine alte Eiche ging er zu Boden und begrub unter sich mindestens fünf Menschen. Ein letztes Knacken ihrer Knochen war noch zu vernehmen, bevor sie von der Welt schieden.
Hoku stand mittlerweile unbewaffnet und schwer verletzt innerhalb einer ungefähr einem Dutzend großen Gruppe von Skeletten. Der erste hatte ihn bereits erreicht. Sein rostiges Schwert zerbrach, als es auf Hokus Panzer traf, doch einige Splitter trafen sein Bein und trieben sich tief hinein. Blut trat aus den Wunden hervor und Hoku humpelte. Das Skelett setzte zum nächsten Schlag an, doch mit letzter Kraft schlug der ihm seine Faust in die Rippen. Die Knochen zerbrachen zu tausend kleinen Splitter und die Wirbelsäule knickte nach hinten ab. Das Skelett stürzte hintenüber und stieß das folgende auch noch mit um. Hoku war am Ende. Grimmig bewegten sich die restlichen zehn auf ihn zu, als Hoku links von ihm eine kleine Barbarengruppe registrierte, es war Qua-Kehk mit einigen seiner Männer.
„Vater!“, Hoku brüllte aus vollem Leib, doch Qua-Kehk vernahm ihn nicht. Er schrie noch einmal. Erst jetzt bemerkte der alte Barbar ihn und drehte mit seiner Gruppe auf ihn zu. Mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit zerteilte Qua-Kehk mit seiner Axt zwei der Skelette, bevor er mit einer gekonnten Linksdrehung das Dritte köpfte. Einer seiner Partner hatte nun ein weiteres erreicht und stieß es mit seiner Waffe um. Wehrlos lag es am Boden, als der Barbar ihm grimmig den Schädel zertrat und die Knochenreste unter seinem Kriegsstiefel zermalte. Wie ein Wirbelwind wütete Qua-Kehk unter den letzten und Sekunden später war nur noch Staub auf dem Boden zu sehen. Schnell ging er zu Hoku.
„Mein Sohn, geht es dir gut?“, eigentlich war diese Frage überflüssig, denn schon im Hinlaufen hatte er seine Fleischwunde am Oberarm bemerkt. Noch immer tropfte Blut durch den Verband.
„Zauberin, wir brauchen eine Zauberin!“, schrie er, während er seinem Sohn versuchte auf die Beine zu helfen, „komm mein Junge, wir schaffen das!“
„Vater! Es tut so weh!“, wimmerte Hoku.
„Ich weiß, komm steh auf!“, er streckte ihm seine rechte Hand entgegen. Die anderen Barbaren sorgten im Moment dafür, das sich ihnen keiner näherte. Hoku rappelte sich auf. Er reichte Qua-Kehk die gesunde Hand und packte zu. Auch der alte Barbar wollte zu packen, doch plötzlich stutzte er. Erschrocken sah ihn Hoku an. Er blickte an ihm herunter und sah den Pfeil, der sich in Höhe des Bauchbereichs durch die Rüstung seines Vaters gekommen war. Blut spritzte ihm ins Gesicht. Mit großen offenen Augen sah erschrocken Qua-Kehk auf Hoku. Seine Hand wurde kraftlos und er begann zu taumeln. Einen weiteren Ruck durchfuhr ihn. Hoku sah das tödliche Glitzern einer weiteren Pfeilspitze. Er hörte nur noch das Stöhnen seines Vaters, alles andere war für ihn verstummt. Die Sekunden wurden zu Stunden und mit einem Mal riss es seine Hand aus der Qua-Kehks. Ein Pfeil trieb sich nun auch noch in sein Oberarmfleisch. Entsetzt blickte Hoku ihn an. Qua-Kehk verlor sein Gleichgewicht.
„Hoku!“, röchelte er noch ganz leise, bevor er in sich zusammensank und neben Hoku stürzte. Blut lief ihm durch den Mund und mischte sich mit dem Blut der anderen Gefallenen. Sein erschrockenes Gesicht erstarrte und mit seinen weisen, blauen, aber leeren Augen blickte er Hoku an.
„Nein!!! Nein!“ schrie Hoku. Eine Wut packte ihn. Er wollte nur noch eins, Rache! Alle Schmerzen vergessend stand er auf und stürmte ziellos auf das nächste Monster zu, als in eine Hand von hinten packte. Er drehte sich um. Eine junge Zauberin hatte ihn gepackt und hielt ihn fest.
„Nein!“, wimmerte er, doch ohne zu zögern teleportierte diese ihn direkt ins Lazarett. Er sah noch wie Malah erschrocken auf ihn zulief, doch dann brach er zusammen.
Währenddessen herrschte in der Stadt die Hölle. Die Todesschlitzer hatten sich einen Tunnel in die Stadt gegraben und attackierten nun die Jägerinnen. Kaschya warf ihren Bogen weg und begann mit ihrem Dolch die Schlitzer zu attackieren.
„Rückzug!“, rief sie und die Jägerinnen stürmten panisch in die nächstgelegenen Häuser und verschanzten sich in ihnen.
Zaria sah was unten hinter dem Wall geschah. Schnell griff sie nach zehn Pfeilen und feuerte sie rasendschnell und punktgenau auf die Angreifer. Röchelnd brachen die am nächsten bei Kaschya stehenden Monster zusammen, als die Pfeile ihre Lungen und Schädel durchschlugen. Zaria griff nach dem nächsten Dutzend Pfeile.
„Lucifa! Rettet die Jägerinnen!“, sie ließ die Sehne los und wieder brachen gut zehn Schlitzer zusammen, doch dreimal so viele erschienen zur selben Zeit aus der Erde. Lucifa scharrte unterdessen ihre Truppe um sich.
„Zehn Assassinen bleiben hier und verteidigen die Amazonen, setzt Fallen an den Aufgängen! Der Rest mit mir!“
Sie lief den Wall entlang Richtung Kaschya. Unter sich sah sie, wie die Schlitzer bereits die Häuser der geflohenen Jägerinnen attackierten. Kaschya stand noch auf dem Platz und wiedersetzte sich noch gegen die Monsterhorden, doch diese hatten sie eingekreist.
„Natalya, du den kleinen grünen, ich den gelben! Springt!“
Die beiden Assassinen sprangen über die Brüstung und die anderen folgten ihnen. Lucifa landete direkt auf dem Rücken des Gelben und stach mit ihren beiden Kataren bis zum Ellenbogen in den Kopf hinein. Sie zerspalteten die Schädelplatte und zerstörten die Nervenbannen. Blitzschnell zog sie ihre Waffen wieder heraus. Und sprang schreiend auf den nächsten. Auch Natalya hatte mittlerweile den ersten Schlitzer erledigt. Lucifa blickte kurz zu ihr herüber.
„Zerstöre die Tunnel, nimm die anderen mit! Ich rette die Jägerinnen!“
Sie nickte stumm. Wütend stieß sie einem der Dämonen ihre Klauen in den Bauch und zog sie wieder hinaus, um damit gleich den Schlag des nächsten Schlitzers abzublocken. Mit ihren überkreuzten Klingen schnitt sie zu und den Arm des Angreifers ab und trieb ihm die linke Klinge gleich tief in den offenstehenden Mund. Der Schmerzensschrei erstarb in einem Gurgeln und gelbes Dämonenblut tropfte an ihrer Klinge hinunter, als sie sie wieder hinaus zog. Schnell beschwor sie einen Schatten und sie schlug sich mit ihren Schwestern zu den Tunnelausgängen durch.
„Fallen stellen!“, rief sie und die Assassinen gehorchten ihrem Befehl. Keine Sekunde später durchzuckten Hunderte von Blitzen die Tunnels und den Torplatz. Dutzende von Schmerzensschreien verklangen dumpf in den Tunnels.
„Ausgänge besetzt halten!“
Ihr Befehl wurde jäh unterbrochen, als ein starker Schmerz sie aufschreien ließ. Überall aus dem Boden um sie herum stachen Stacheln empor und verletzten rücksichtslos Freund und Feind. Sie fluchte. Ein roter Stachel hatte sich durch ihren Fuß gebohrt und die Erde wurde durchtränkt von Blut.
„Schatten!“, keuchte sie, „und dann zu den Treppen! Sie haben Stachelangriffe!“
Die Assassinen verdoppelten sich, doch für sechs kam der Befehl zu spät. Geschwind rannten sie zurück zum Wall und hinterließen ihre Schatten an den Höhlenausgängen.
Lucifa hatte mittlerweile Kaschya erreicht. Die Jägerin hatte bereits einige Treffer hinnehmen müssen, denn ihre schwache Lederrüstung schützte sie nicht genug vor den mit Dornen besetzten Klauen der Schlitzer. Der rechte Ärmel ihrer Panzerung war bereits vollständig zerstört und genau dort versuchten die Dämonen sie zu attackieren. Ohne den Schutz eines Schildes wich sie immer weiter zurück, ihr Dolch richtet dabei kaum Schaden an. Mit einem fürchterlichen Kreischen stürzte sich Lucifa zwischen die Amazone und einen Schlitzer. Mit einer schnellen Bewegung trieb sie ihrem Opfer den Katar in die Brust, nicht ohne dabei mindestens drei Rippen zu zerstören. Man vernahm nur das Brechen von Knochen und das tödliche Röcheln des Schlitzers, als Lucifa den Katar wieder herauszog, doch zu ihrem Unglück blieb er in den Überresten der Knochen stecken. Lucifa und Kaschya standen nun beide nur noch mit einer Waffe den Dämonen gegenüber. Mit dem Augenwinkel registrierte die Assassine, dass Natalya von ihrem Posten zurückweichen musste. Ein Schlitzer attackierte die Assassine und aus einem Reflex heraus verschränkte sie ihre beiden Arme. Die Klaue des Monsters schmerzten ungemein, als sie den unbewaffneten Arm traf. Die Handschuhe waren aufgerissen und allerlei Schürf- und Kratzwunden waren zu erkennen. Unter Schmerzen zog sie ihren Arm zurück und hielt sich mit der anderen Hand die Wunden. Der Dämon setzte bereits wieder an. Sie vernahm ein Pfeifen und etwas zischte an ihrem linken Ohr vorbei. Ein kurzes dumpfes Geräusch ertönte, als Metall auf Knochen prallte. Kaschya hatte ihren Dolch nachdem Schlitzer geworfen und ihn direkt zwischen den beiden Augen getroffen. Quiekend ging er zu Boden. Lucifa hielt sich noch immer die Wunde zu, doch allmählich sickerte das Blut auch durch ihre Finger.
„Flieh Kaschya! Flieh!“
„Niemals lasse ich dich hier zurück, wir beide oder keine!“
Sie sprang vor die Amazone und trat dem nächstbesten Schlitzer ins Gesicht. Benohmen taumelte er nach hinten. Sie hatten einen Moment Luft. Kaschya schob Lucifa an die nächstbeste Hauswand und stellte sich mit beiden Fäusten schützend vor sie. Grimmig grinsten die Dämonen, als sie sich ihr langsam näherten.
Zaria bemerkte, was im Torplatz geschah. Schnell erkannte sie die hoffnungslose Situation der beiden. Sie waren von den restlichen Assassinen durch die Stacheln getrennt. Kurz blickte sie nach vorne. Der Ansturm der zweiten Welle schien noch nicht vorbei zu sein, aber eine leichte Entspannung war eingetreten.
Wenn der Wall fällt sind wir alle verloren!, schoss es ihr durch den Kopf.
Sie fällte ihre Entscheidung schnell.
„Amazonen! Gruppen Alia und Betion! Feuert auf die Schlitzer! Jetzt!“
Sie holte erneut ein Dutzend Pfeile aus dem Köcher und sie legte an. Das Schnalzen der Bogensehnen ließ die Dämonen einen Moment verhaaren, zu lange. Die Pfeile trafen sie in den Rücken oder in den Hinterschädel und durchbrachen die Knochen. Zaria hatte ihr Pfeile mit einem uralten Amazonenzauber belegt und sie explodierten bei Eintritt in die Dämonenhaut. Löcher, so groß wie der Kopf eines Kindes, wurden in sie gerissen und binnen Sekunden roch es nach modrigem, verbrannten Fleisch. Kaschya und Lucifa waren gerettet, doch schon begannen die nächsten Schlitzer aus den Tunneln hervorzukommen, denn die Fallen waren zerstört und die Schatten der Amazonen verblasst.
„Feuer!“
Eine weiterer Pfeilhagel wurde auf den Torplatz gefeuert und wieder fielen Dutzende von Schlitzern, doch wollten sie kein Ende nehmen. Ein großer Rabe landete auf Zarias Schulter.
„Tel’lion, wir brauchen deine Hilfe!“
Der Rabe krächzte etwas unverständliches und einige Sekunden später tauchten er und seine zwei Begleiter sich in ein blaugrünes Licht. Einige Sekunden später war die Verwandlung abgeschlossen.
„Zauberin!“, Tel’lion zog wahllos eine zu sich heran, die auf dem Wall stand, „Hol mir einen Wetterdruiden, schnell!“
Binnen Sekunden teleportierte sie sich weg. Tel’lion stürzte mit seinen Beiden Gefährten auf den Dorfplatz. Während des Laufens tauchten sie sich diesmal in ein orangerotes Licht und als sie an den Tunnelausgängen ankamen, hatten sie sich seine beiden Begleiter in blutrünstige Wölfe und er in einen riesigen Bären verwandelt. Er hatte bereits den ersten Tunnel erreicht. Mit seiner linken Tatze zerkratzte er einem Schlitzer das Gesicht. Mit einem platschenden Geräusch zerplatzten seine beiden Augen und nur noch die Seenerven hingen abgerissen an ihm herunter. Wahnsinnig und blind vor Schmerzen schlug der Schlitzer wie wild um sich und erwischte dabei zwei seiner Kollegen. Tel’lion hatte sich gerade einen weiteren Dämonen gepackt und zerriss ihn in der Mitte, als die Zauberin neben ihm wieder auftauchte, samt Druiden. Sie entlud einen elektrischen Ring, der die Schlitzer um sie herum auf Höhe des Bauches durchtrennte. Für einen Moment waren sie sicher, doch hatte dieser Angriff sehr an den Kräften der Zauberin gezerrt. Tel’lion hatte bereits wieder menschliche Form angenommen. Er blickte den Druiden an.
„Ausräuchern!“
Der Druide nickte kurz mit dem Kopf und murmelte dann einige magische alte Worte. Die Erde am Ausgang der drei Tunnels begann sich zu entflammen und ein kräftiger Wind wehte der Zauberin von hinten in die Haare. Er schürte das Feuer und trieb die Rauchschwaden bis tief in die Höhlengänge hinein. Man hörte ein lautes Husten, unterdrückt durch den dicke Steinplatz, und einige Schlitzer kamen aus den Tunneln gerannt. Während sie hinaustraten atmeten sie tief ein. Das Feuer entzündete sie von innen heraus. Es dauerte nur Sekunden, aber der Anblick war schrecklich. Zuerst wanden sie sich unter Höllenqualen und dann Begann sich ihre Haut schwarz zu färben. Zuerst trat das Feuer an ihren Füßen hervor und während die Schlitzer schreiend starben, wurde das dämonische Feuer in ihren Augen ersetzt durch das des Druiden. Einige Momente später war das Husten und die Schreie verklungen und man vernahm nur noch die Geräusche der Schlacht, die außerhalb der Mauern stattfand.
„Versiegeln! Wir wollen doch verhindern, dass unsere kleinen Freunde wieder durchbrechen!“
Die Druiden folgten Tel’lions Anweisungen sofort. Ihre Mittel- und Ringfinger färbten sich grün und meterlange Ranken schossen daraus hervor, welche sich über den Eingang webten.
„Das sollte reichen!“, Tel’lion wandte sich Zaria zu, „alles unter Kontrolle!“
Die Amazone war beruhigt und wandte sich wieder der Schlacht außerhalb der Stadt zu. Am Horizont erschien eine bedrohlich wirkende schwarze Wolke, doch trotzig blickte ihr die Amazone ins Gesicht.
„Schießt!“
Mittlerweile brachte Kaschya Lucifa zum Lazaretts Zelt. Lucifa hatte sich auf die Jägerin gestützt und sie kamen nur im Schneckentempo voran. Kaschya hatte ihren Jägerinnen befohlen, welche seit der Attacke der Schlitzer um ungefähr Hundert dezimiert waren, sich mit unter Zarias Kommando zu stellen. Sie waren noch einige Meter vom Zelt entfernt, als sich über ihnen der Himmel verdunkelte. Eine bedrohliches Gefühl erfasste die beiden und Lucifa blickte nach oben. Über ihren Köpfen zogen Hunderte von Sukkubis ihre Kreise. Die ersten hatten bereits mit dem Sturzflug auf Harrogath begonnen.
„Duck dich!“
Die Assassine warf Kaschya auf den Boden und sich schützend über sie.
„Nein!“
Kaschya wehrte sich dagegen aber es war bereits zu spät. Ein riesiger dämonenroter Feuerball flog auf sie zu und krachte in Lucifas Rücken. Sie schrie laut auf und zuckte noch einmal heftigst. Ein weiterer Feuerball folg auf sie zu und seine Explosion übertönte ihre Schreie. Sie sackte zusammen, immer noch auf Kaschya liegend. Um sie herum lagen Teile ihres Körpers, durch die Explosion abgerissen. Ihr rohes Fleisch auf dem Rücken leuchtete feuerrot oder war schwarz verkohlt. Die Feuerbälle hatten die Haut aufgerissen und die Wirbelsäule freigelegt. Sie war gebrochen.
Kaschya wimmerte.
„Nein!“
Noch zwei Feuerbälle trafen den Leichnam Lucifas, dann drehten die Sukkubis ab. Für einen Moment war alles Still, dann sah Kaschya, wie Jamella Hals über Kopf aus dem Lazarettszelt stürzte. Während des Angriffes hatte es Feuer gefangen und wütend sah sie den Sukkubis hinterher, wie sie zum nächsten Angriff wendeten.
„Zauberinnen zu mir!“
Ihre Stimme erschalte über denn ganzen Kampflärm und binnen kurzen teleportierten sich circa fünfzig Zauberinnen an ihre Seite. Jetzt entdeckte sie Kaschya. Sie rannte auf sie zu.
„Alles in Ordnung!“
Kaschya standen noch einige Tränen in den Augen, aber sie nickte. Sie deutete auf Lucifa. Jamella stöhnte auf.
„Oh mein Gott! Das hatte sie nicht verdient!“
„Sie starb um mich zu schützen!“
Kaschya war wie perplex. Jamella wendete sich an eine Zauberin.
„Bring sie beide ins Zelt. Akara soll ihr helfen. Komm danach zurück zu mir.“
Die Zauberin nickte und einen Moment später war sie mit den beiden verschwunden. Ein lautes Kreischen ließ die Zauberinnen aufschrecken. Sie blickten zum Himmel. Eine kleine Rabenstaffel hatte es gewagt, die Sukkubis anzugreifen. Sie wurden gerade von einem halben Dutzend Dämonen zerfetzt. Ihr Krächzen erstarb und langsam wehte der Wind ihre Federn davon. Das Kreischen der Sukkubis schüchterte die Zauberinnen ein.
Sie haben die Lufthoheit, schoss es Jamella durch den Kopf. Beunruhigt blickte sie zum Himmel. Der schwarze Schatten der Sukkubis wurde immer größer und bedrohlicher. Sie befanden sich wieder im Sturzflug und flogen auf die schutzlose Stellung der Zauberinnen zu. Jamella ergriff ihren alten Zauberstab. Lange schon hatte er nichts mehr getan, außer Wunden zu heilen. Sie blickte besorgt nach oben.
„Manaschilde aktivieren! Feuerbälle bereit!“
Ein kurzes Summen ertönte und die Zauberinnen schlossen sich in eine bläulich schimmernde Kugel aus reiner Magie ein. In jeder Hand flackerte ruhig ein faustgroßer Feuerball. Die Sukkubis kamen immer näher. Sie hörten ihr schreckliches Kreischen schon von ganz nah.
„Feuer!“
Mit einem mal flogen fünfzig Feuerbälle auf fliegenden Horden zu. Die Dämonen machten sich nicht einmal die Mühe auszuweichen. Der Himmel färbte sich rot und gelb, als die Feuerbälle auf die erste Front der Sukkubis trafen. Das Feuer verbrannte ihre Haut und binnen Sekunden zeugte nur noch die herunterrieselnde Asche von ihrer Existenz. Ohne die Verluste zu beachten flogen die restlichen, es waren immer noch weit über zweihundert, auf die Stellung der Zauberinnen zu. Mit einem dämonischen Kreischen beschworen sie ihre Magie herauf und schossen sie auf die Zauberinnen. Tapfer blickten diese den herannahenden Zaubersprüchen ins Auge. Blau flackerten die Schutzschilder der Zann Esu dort auf, wo sie auf sie trafen. Eifrig verschossen die Zauberinnen immer weitere Feuerbälle, doch schienen sie nun nicht mehr den Schaden anzurichten, welchen die erste Attacke hatte. Die Aufrechterhaltung der Manaschilder zerrte sehr an ihren Kräften. Kaum war eine Staffel der Sukkubis vernichtet, schon kam die nächste angeflogen. Noch hatten die Zauberinnen keine Verluste erfahren müssen. Jamella blickte besorgt zu Seite.
Wie lange würden sie das noch durchhalten! Einige sind noch sehr jung!
Plötzlich hörte sie neben sich den hellen Schrei einer Zauberin. Einer der dämonischen Feuerbälle hatte ihr Manaschild durchbrochen. Hilflos sah sie zu, wie das Feuer innerhalb des Schildes wie wild hin und her zuckte. Sie stand wie versteinert da. Noch einmal reflektierte das Manaschild den Feuerball. Ein weiteres mal fraß er sich durch die Haut der Zauberin. Es roch nach verkohlten Knochen und Fleisch. Schreiend stürzte sie zu Boden, das Manaschild brach zusammen und der Feuerball prallte gegen das der nächsten Zauberin und verschwand am Himmel. Jamella war mit zwei Sätzen bei ihr. Sie legte ihr Manaschild auch um die verwundete Zauberin und lies ihre Heilmagie wirken, doch es war bereits zu spät. Verzweifelt versuchte sie, sie zu retten, doch gelang es ihr nicht. Die Sukkubistaffel sammelte sich derweil wieder am Himmel. Kreischend stürzte der eine Teil noch einmal auf die Zauberinnen hinab, doch der andere hatte sich die Amazonen auf dem Wall als Ziel auserkoren. Jamella sah, wie die Amazonen verzweifelt versuchten, sich gegen die Dämonen zu wehren, doch ihre Pfeile schienen gegen diese Kreaturen nutzlos zu sein. Lediglich den Jägerinnen gelang es ab und zu, eine mit ihren Feuer- oder Eispfeilen zu vernichten. Die andere Staffel hatte bereits wieder die Zauberinnen erreicht. Wieder prasselten Hunderte von Feuerbällen auf die Zauberinnen nieder, doch nur wenige trafen die Sukkubis. Weitere fünf Zann Esu hielten diesem Hagel nicht stand. Obwohl Jamella noch versuchte, sie zu retten, waren sie von dieser Welt geschieden. Jamella blickte verzweifelt zum Wall. Schon viele Amazonen waren unter dem Beschuss der Dämonen gestorben. Tel’lion und seine Druiden standen Seite an Seite mit Zaria. Verzweifelt schossen sie Dutzende von Ranken auf die Sukkubis, so dass diese gefesselt zu Boden stürzten.
Wenn die Amazonen fallen, sind wir verloren!, schoss es ihr durch den Kopf. Sie fasste einen Entschluss.
„Zum Wall!“
Binnen Sekunden teleportierten sich die gut vierzig Zauberinnen zum Wall.
„Hydras!“
Unverzüglich gehorchten sie Jamellas Befehl. Innerhalb von einigen Sekunden erschienen an die zweihundert Schlangenköpfe aus dem Boden. Ihre Haut und ihre Umgebung brannte und erleuchtet den Wall in einem unruhigen, aber wohltuenden Licht. Erschreckt krischen die Dämonen auf. Eine breite Feuerwelle schoss auf sie zu und verzerrte über die Hälfte von ihnen. Brennend stürzten sie vom Himmel, mitten hinein in die Stadt. Einige der hölzernen Bauten fingen Feuer, doch zum Glück war der größte Teil von Harrogath aus Stein erbaut. Eine weitere Welle aus Feuerbällen flog den Sukkubis entgegen. An die fünfzig fielen brennend vom Himmel. Die restlichen drehten ab und versuchten dem Hass der Zauberinnen zu entkommen. Keine erreichte je wieder das eigene Heer!.
„Hydras aufrecht erhalten! Schützt den Wall!“
Jamella blickte sich um. Es mussten ungefähr zweihundert Amazonen bei diesem Angriff umgekommen sein. Sie blickte umher und suchte nach Verletzten um sie zu heilen. Ihr Blick fiel auf das Schlachtfeld außerhalb des Walls. Die Wiederbelebte Horde drängte auf Harrogath zu und verzehrte alles, was sich ihr in den Weg stellte. Viele der Wüstensöldner waren unter den Opfern und auch die Front der Paladine war nicht mehr vollzählig. Zu viel war schon von Barbaren aufgefüllt worden, als das sie das, was sie sah, gut heißen konnte. Ihre Augen schweiften zu einer kleinen Gestalt an der vordersten Front. Seine Klinge blitze grün auf und eifrig trieb er sie in die Horden der Untoten.
Dakard schlug schnell zweimal links und einmal rechts. Stahl traf auf Knochen und klappernd fielen diese zu Boden. Schnell wehrte er mit seinem Schild einen Schlag von rechts ab. Die rostige Axt blieb in ihm stecken. Er stürmte vor und zerschmetterte mit dem Schild vier Skelette, bevor sie ihn stoppen konnten. Wütend lies er seine Klinge durch die Luft sausen. Sie summte leicht, bevor sie einem der Skelette knackend die Wirbelsäule durchschnitt. Er warf kurz einen Blick nach hinten. Er hatte sich am weitesten hervor gewagt. Knapp hinter ihm stand Griez und zertrümmerte mit seinem Speer die Gegner. Er hatte ihn fest in beide Hände genommen und führte ihn wie einen Zweihänder durch die Reihen der Wiederbelebten. Langsam drängte die Horde die restlichen Kämpfer zurück. Es würde nicht mehr lange dauern, bis sie beide abgeschnitten von den andern waren. Griez’ Schaft zertrümmerte zehn Skeletten den Oberkörper, dann verfing er sich im Elften. Dakard stürmte zu ihm.
„Griez! Wir müssen zurück! Sie schließen uns ein!“
Der Wüstensöldner nickte kurz. Ein weiteres mal holte er kräftig aus und viele Knochen zerbarsten unter seinem Schwung. Dakard hackte sich weiter durch die Maßen, diesmal auf Harrogath zu. Knochensplitter flogen in alle Richtungen davon, als er eine weitere Schlagserie beendet hatte. Die Front der Paladine und Söldner war bereits zum größten Teil gebrochen und die Barbaren versuchten eisern, die Lücken zu füllen. Nazg’ul und seine Männer halfen an einigen Stellen mit Knochenwänden aus. Ein weiteres Mal rammte Dakard einem Gegner das Schild in den Magen und mit seiner Faust schlug er einem Skelett den Kopf ab. Obwohl sie immer schneller voran kamen, schloss sich der Kreis um sie Beide. Griez packte seinen Speer und machte eine volle Drehung. Alles in einem Umkreis von drei Metern um ihn herum fiel dieser Attacke zum Opfer, doch plötzlich erhoben sich die Untoten wieder.
„Ich dachte Nazg’ul hätte einen Sperrbann errichtet!“, fluchte der Wüstenführer.
Er holte bereits wieder aus, doch schien er ziemlich erschöpft zu sein. Ein Lächeln zeichnete sich auf Dakards Gesicht ab.
„Halt ein Griez! Das hat er auch! Sieh, diese Untoten haben viel weißere Knochen! Knochen des Lichtes! Sie gehören zu einem Nekromaten, schnell lass uns verschwinden.“
Die Skelette konnten den beiden für einen Moment den Rücken freihalten und schnell schlugen sie sich zum Hauptheer durch. Nazg’ul erwartete sie bereits.
„Haltet die Stellung! Ich habe bereits zwanzig meiner Männer verloren! Noch Einer und wir können den Bann nicht aufrecht erhalten!“
Neben ihnen hörten sie das Laute Schnauben eines Dreschers. Wütend lief er in die Stellung hinein. Er hatte bereits alle seine Schützen verloren und stampfte wahllos durch die Reihen der Barbaren. Knackend barsten die Knochen von zwei Nordmännern, als der Drescher auf sie hinauf stampfte. Nazg’ul beschwor einen Knochenspeer herauf und schmiss ihn nach dem Drescher. Mit einer weißen Explosion traf er auf den Bauch des Ungetüms. Er schlug eine riesige Wunde hinein und die Muskelfetzen und Organteile wurden meterweit weggesprengt. Donnernd fiel er zu Boden und begrub einen Paladin unter sich.
„Ihr müsst die Stellung halten, hört ihr! Sie muss halten!“
Damit wandte sich der Nekromat von uns ab und wollte weiter nach hinten zurückkehren. Dakard wandte sich wieder nach vorne und Griez tat es ihm gleich. Ein weiterer Drescher stürmte wie wahnsinnig auf sie zu. Mit seiner rechten Pranke warf er Griez meterweit weg. Dakard stellte sich mutig vor ihn und wurde auch zurückgeworfen. Scheppernd landete er auf dem Boden. Über ihm standen einige Skelette. Wütend trat er um sich und riss sie von den Beinen. Schnell richtete er sich wieder auf. Er blickte in Richtung Drescher. Dieser stürmte immer noch weiter in die Barbaren hinein. Sein Fuß zermalmte gerade drei, als sich ihm einer wacker in den Weg stellte. Seine beiden Schwerter hielt er über seinem Kopf, dem Untier entgegen. Ein letzter Schmerzensschrei, dann wurde auch er unter dem Riesenfuß begraben. Der Drescher schrie auf vor Schmerz. Schreiend wankte er weiter. Blut floss aus seinem Fuß und tränkte den Boden rot. Ein weiterer Schritt. Er taumelte nach rechts. Der Boden war mittlerweile aufgeweicht von seinem Blut und er verlor das Gleichgewicht.
„Nazg’ul pass auf!“
Es nützte nichts. Der massiver Körper des Dreschers kippte und begrub den Nekromaten unter sich. Man konnte sein fluchen bis zu Dakard hören. Dann war er vollkommen unter ihm zerquetscht. Ein bedrohliches Summen glitt durch das Tal. Dakard spürte, wie die Magie des Lichtes wich und ihm wurde Bang zu Mute. Er schluckte. Ein Blick zu Griez bestätigte ihn. Auch er schien es zu spüren. Plötzlich erhoben sich Tausende von Untoten wieder um Dakard herum. Der Bann war gebrochen. Die Wiederbelebte Horde war zurückgekehrt.
„Rückzug! Rückzug in die Stadt!“
Deckard Cains Stimme erhob sich auf einmal magisch über dem Tal. Sie schrie laut und deutlich, doch auch voller Furcht. Mit einem Mal bewegten sich knapp tausend Menschen auf die Stadtmauer zu. Fleißig teleportierten sich die Zauberinnen durch die Reihen und brachten die weitentfernten Kämpfer zurück. Mit rasender Geschwindigkeit rannten die Barbaren auf den Wall zu und sprangen mit einem großen Satz hinauf. Die Paladine erbaten eine Aura des Gedeihens und rannten auf das Haupttor zu. Auch die Wüstensöldner, erfasst von der heiligen Aura, sprinteten zurück.
„Rückzug...“
Die Untoten schoben die letzten Menschen vor sich her auf die Stadt zu. Ein Wetterdruide stellte sich ihnen in den Weg um das Tor noch einen Moment zu halten. Er rief die Kräfte der Naturgötter an und wenig später flogen brennende Felsbrocken vom Himmel und zermalmten die Untoten unter sich. Hinter ihm flohen die Krieger in die Stadt doch er stand weiter tapfer da und verteidigte das Tor. Mindestens hundert Kämpfern rettete er so das Leben, dann brach sein Meteoritenschauer jäh ab. Einer der gegnerischen Bogenschützen hatte in im Bein erwischt. Blut tropfte auf den kalten Fels. Der Druide sackte zusammen. Ein weiterer Pfeil durchschnitt die Luft. Er bohrte sich tief in den ungeschützten Hals. Reflexartig griff er danach, doch bevor er diese Bewegung beendet hatte, war er bereits gestorben. Die Untoten stürmten weiter auf Harrogath zu. Noch gut hundert Krieger, hatten die schützenden Mauern der Stadt noch nicht erreicht.
„Schließt das Tor! Schließt das Tor!“
Die ersten Gegner hatten bereits die Stadt betreten, bevor sie das Tor wieder schließen konnten. Einige Zauberinnen teleportierten sich noch einmal hinaus, doch wagten auch sie nun nicht mehr, die Stadt zu verlassen. Dakard betrat den Wall. Er blickte nach unten. Die ersten Angreifer hatten bereits den Wall erreicht und versuchten ihn zu stürmen. Er schnappte sich im vorbeigehen eine Armbrust und ein paar Bolzen. Er blickte über die Brüstung. Unten stand Griez, umrundet von einer Gruppe Untoter.
Der Wüstenführer formierte die ausgesperrten Krieger um sich. Langsam rückten die Untoten näher. Einer der Skelettkrieger hüllte sich in eine goldene Rüstung. Es musste sich wohl um Knochenhaut handeln. Die ersten hatten die kleine Gruppe, aus ca. zehn Söldnern, fünfzehn Paladinen und fünfunddreißig Barbaren bestehen, bereits erreicht. Kräftig schlug Griez zu. Er hatte mittlerweile seinen Speer gegen einen mächtigen Zweihänder eines gefallenen Barbaren ausgetauscht. Die schartige Klinge zertrümmerte die ersten beiden Gegner auf welche sie traf. Auch mit dieser Waffe standen Griez’ Kampfkünste in keiner Weise denen der Barbaren nach. Ein weiteres Mal holte er aus und schwang sein Schwert ein weiteres mal durch die Horde. Zwei schnelle Schwertstreiche und die nächsten Untoten verloren ihr Leben.
Dakard stand verzweifelt auf der Brüstung des Walls. Sein Freund kämpfte dort unten und er konnte nichts für ihn tun. Das Holz der Repetierarmbrust ächzte, als er einen Bolzen auflegte und die Sehne spannte. Etwas wackelig hielt er die Waffe in der Hand, es war lange her, das er so eine benutzt hatte. Er visierte ein Skelett an, welches sich seinem alten Gefährten näherte. Einen Moment zitterte er noch etwas, dann krümmte sich sein Zeigefinger. Mit einem kurzen Schnappen verließ der Bolzen den Lauf der Armbrust und schoss auf den Untoten zu. Krachend durchschlug es dessen Schädeldecke und zerbrach dem folgenden noch ein paar Rippen. Kopflos klappte das erste Skelett zusammen und sein Schwert fiel nutzlos vor die Füße Griez.
Geht ja doch noch!, dachte sich Dakard. Sofort spannte er die Armbrust ein weiteres Mal und schoss. Mittlerweile hatten einige Barbaren ein paar Wurfwaffen geholt und stellten sich nun zu den Amazonen auf den Wall. Ein Speerregen ging auf die Untoten nieder. Die restlichen Ausgesperrten nutzten die Gelegenheit und sie alle sammelten sich um Griez. In einem Augenwinkel sah Dakard Jamella. Er rief sie herbei.
„Schnell! Platziert einige Feuerwände um die Ausgesperrten und dann holt sie rein!“
Die Zauberin nickte. Ihren jüngeren Schwestern wurde bei dem Gedanken, noch einmal hinaus zu teleportieren etwas mulmig, doch sie folgten ihr stumm. Auch die restlichen Nekromaten hatten sich mit ihnen auf den Wall begeben. Sie platzierten einige Knochenwände um Griez und seine Männer zu schützen.
„Wurfspeere!“, schrie Sigud, der junge Anführer einer Barbarentruppe. Viele Speere und auch einige Äxte flogen vom Wall auf das Heer zu und viele der Untoten fielen. Das verschaffte ihnen eine kurze Verschnaufpause.
„Jetzt!“, rief Jamella und binnen Sekunden erhoben sich drei Meter hohe Feuerwände um Griez und seine Männer herum.
„Bringt sie in die Festung!“
Ein Trupp von fünfzig Zauberinnen teleportierte sich hinunter. Wahllos schnappten sie sich einen der Kämpfer und brachten sie heim. Die ersten Untoten brachen durch die Feuer durch. Ihnen voran Knochenhaut. Eine der Zauberinnen packte Griez, doch stieß er sie weg und sie ergriff sich einen anderen. Knochenhaut stürmte mit ungefähr fünf Dienern auf ihn zu. Ungefähr die Hälfte von Griez’ Truppe war in Sicherheit, doch nun brachen die Untoten durch. Einer nach dem anderen stürzte sich in die Feuer und verbrannte. Die Asche der Gefallenen erstickte die Feuer und langsam bildeten sich Lücke in der Verteidigung der Zauberin. Mittlerweile hatten sich die Zauberinnen ein zweites Mal her teleportiert und ergriffen sich die restlichen Krieger.
Knochenhaut hatte bereits Griez erreicht. Eine Zauberin versuchte zu ihm zu gelangen, doch stach ihr einer der Diener sein Schwert in ihre Lungen. Blutspuckend schrie sie auf und tauchte sich in ein bläuliches Licht. Sie wollte sich wohl ins Lazarett teleportieren, doch dazu reichte ihre Kraft nicht mehr aus. Sie fiel nach hinten um. Mürrisch zog das Skelett seine Klinge mit einem schabenden Geräusch wieder aus ihr hervor. Die Sechs Untoten schlossen nun ihren Kreis um Griez.
Jamella stand auf dem Wall neben Dakard.
„Tu doch etwas! Hol ihn da raus!“
„Ich kann nicht! Sie stehen zu nah bei ihm. Sie würden mich töten, bevor ich mich vollständig materialisiert hätte! Tut mir leid Dakard!“
Er griff zu seiner Armbrust. Schnell legte er einen neuen Bolzen auf und schoss. Knochen brachen als sich der Bolzen einen Weg durch den Brustkorb eines Dieners traf. Er klappte zusammen. Die restlichen schlossen den Kreis und kamen weiter auf Griez zu.
Der Wüstensöldner umklammerte sein Schwert fest. Er nahm einen Schritt Anlauf und sprang auf das Skelett hinter sich zu. Mit seinem rechten Bein schlug er ihm das Schwert aus der Hand, bevor sein linker Kettenstiefel ihm den Brustkasten zertrümmerte. Ein Bolzen schlug neben ihm ein und zertrümmerte den Schädel eines weiteren Skeletts.
Nur noch drei, dachte er grimmig. Er holte aus und ließ sein Schwert auf das nächste niederfahren. Unter der gewaltigen Kraft des Söldners zerbrach die rostige Klinge des Dieners und sein Zweihänder durchschlug seine Wirbelsäule. Einige Knochen splitterten noch ab, dann brach auch er in sich zusammen. Mittlerweile hatte ihn der letzte Diener erreicht. Er kam mit einer Geschwindigkeit angestürmt, die Griez einem Skelett nie zugetraut hätte. Der Wüstensöldner reagierte nicht schnell genug und die Klinge des Skeletts traf auf seinen gepanzerten Oberarm. Unter der Wucht des Schwertes brachen die Ringe seines Panzers und die Klinge schnitt eine tiefe Wunde in seinen Arm. Griez fluchte jaulend auf. Das Skelett zog sein Schwert wieder aus der Wunde und setzte zum nächsten Schlag an.
Dakard sah mit Schrecken, wie sein Freund verwundet wurde. Die Feuer der Zauberinnen waren bereits erloschen und nun stürmten Hunderte von Skelette auf den Wall und auf Griez zu. Die Jägerinnen und Amazonen schossen weiterhin, doch trauten sich nicht mal die Amazonen, ihr gelenkten Pfeile Richtung Griez zu senden, aus Angst, sie könnten ihn verwunden oder gar töten. Dakard sah verzweifelt zu seinem Freund Griez. Neben ihm lag eine der Ranken, mit denen die Druiden die Sukkubis abgewehrt hatten. Schnell faste er seinen Entschluss. Er packte die Ranke und befestigte sie an der Brüstung. Dann warf er denn Rest hinunter. Die Armbrust warf er weg, sein Schwert steckte er in die Scheide und das Schild hängte er sich über den Rücken. Jamella kam angerannt und wollte ihn abhalten, doch er schwang sich bereits über die Brüstung. Sie blickte in seine Augen.
„Es muss sein!“, rief er ihr zu.
„Möge das Licht dich behüten!“
Dann kletterte er hinunter. Einige der Untoten hatten bereits denn Wall erreicht. Aus einer Höhe von zwei Metern sprang Dakard auf sie hinab und zwei zerbrachen unter seinem Gewicht. Schnell zog er sein Schild und Schwert und blickte sich um. Fünfzig Meter trennten ihn von seinem Freund. Fünfzig Meter, mit mindestens hundert Feinden.
Griez war es mittlerweile gelungen, den zweiten Schlag zu blocken. Schnell lief er um den letzten Diener herum und schwang seinen Zweihänder dabei wild. Die Breitseite traf den Schädel des Skeletts und schlug ihn ab. Dieser flog zehn Meter weit, bis er am Boden zerplatzte. Leicht außer Atem blickte er nach rechts. Nun bewegte sich Knochenhaut selbst auf ihn zu. Seine Rüstung schimmerte rötlich in der Mittagssonne. So rot, wie die Feuer der Hölle selbst. Griez glaubte ein grimmiges Lächeln im Schädel des Dämonen zu erkennen, auch wenn er wusste, das dies unmöglich war. Er atmete aus. Sein Atem erkaltete und kondensierte an seinem Schwert. Der Wüstensöldner richtete sich auf und blickte Knochenhaut ins Gesicht. Der Schrei des Untoten lies ihn erzittern, er klang so laut und schrecklich in seinen Ohren, doch auch gleichzeitig nach nichts, nach dem Nichts, das er so fürchtete, das Nichts des Todes. Knochenhaut erhob seinen silbern glänzenden Zweihänder und holte zum ersten Schlag aus. Mit einem gekonnten Rechtsschwung griff er an, doch Griez parierte. Er konterte. Ein schneller Hieb auf die linke Seite und dann ein kräftiger Schwertstreich frontal auf den Gegner zu. Knochenhaut hielt schützend seinen Zweihänder vor sich und Griez’ Klinge glitt an der des Skelettes hinunter. Kurz kratzte sie noch über seinen Unterarmknochen, bevor sie an Knochenhauts Panzer abprallte. Schneller als Griez erwartet schlag das Skelett seinen Zweihänder erneut, direkt auf Griez schwache Seite zu. Zu schnell für den Wüstensöldner. Mit einem metallenen Geräusch sprangen weitere Ringe aus seinem Kettenhemd und das Schwert schlug eine weitere Wunde in Griez linken Oberarm. Schreiend taumelte er zurück.
Besorgt blickte Dakard beim Schrei des Wüstenmannes auf. Kurz erfasste sein Blick Griez. Er sah, wie er, anscheinend stark verletzt, vor Knochenhaut zurück wich. Wut erfasste ihn. Er hätte seinen Freund nicht ihm Stich lassen sollen. Sofort wendete er sich wieder den Untoten zu. Fanatisch schlug er um sich um so eine Bresche zu seinem Freund zu schlagen.
Nur noch dreißig!
Knochenhaut ging weiter auf Griez zu. Mit seiner rechten Hand hielt dieser sich die blutende Wunde. Einige der Metallringe seines Panzers hatten sich in die Wunde gefressen und brannten höllisch. Geschmeidig bewegte sich das Skelett auf ihn zu. Durch das Visier des Monsters sah er seine brennenden Augen, die ihn höllisch anblinzelten. Dann erhob er ein weiteres Mal das Schwert. Mit letzter Kraft wehrte Griez diesen Schlag ab. Sein Arm schmerzte fürchterlich und die Wucht des Skelettes holte ihn von den Beinen. Mit schmerzverzogenem Gesicht lag er da, zu Füßen Knochenhauts. Dessen Augen blitzten gelb auf, doch erhob er noch nicht sein Schwert. Verwundert richtete Griez sich auf, für einen Moment die Schmerzen vergessend. Um ihn herum färbte sich die Luft gelbrot. Sie vibrierte hitzig und knisterte magisch. Dann verschwand es. Erschrocken blickte Griez hoch – in die Gesichter der fünf Diener Knochenhauts. Er hatte sie wiederauferstehen lassen. Stumm hielten sie ihre Schwertspitzen nach unten, direkt auf Griez Brust. Von Furcht gepackt, krabbelte der auf dem Rücken liegende Griez etwas nach hinten, doch gab sein linker Arm unter dieser Belastung nach. Langsam erhoben die Diener ihre Schwerter um Kraft für den tödlichen Stoß zu sammeln. Griez griff panisch mit seiner rechten Hand nach seinem Schwert, doch lag es nun nutzlos in seiner Hand, denn diese war matt und kraftlos. Die Zeit um ihn herum schien sich zu verlangsamen. Vor seinem Auge zog sein Leben vorüber. Wie er als kleiner Junge mit Dakard zusammen auf den Wiesen von Kurast gegen Kühe gekämpft hat, sein erster Kuss mit seiner Jugendliebe Natalya, sein Beginn als Priester im Kloster Kurast, seine Ausbildung zum Streiter des Lichtes, seine gescheiterte Paladinprüfung, seine stürmische Schifffahrt nach Lut Gholein, wie er sich einer Bande von Söldnern anschloss, seine Kämpfe in der Kanalisation, als er den Erzdämon Radamet vernichtete, seine Ernennung zur Palastwache, sein Wiedertreffen mit Dakard in Harrogath.
Dann blickte er wieder auf. Knochenhaut nickte stumm und fünf Klingen durchstießen seine Brust und seinen Bauch. Blut strömte aus den Wunden und binnen Sekunden färbte sich die Erde um ihn rot. Sein Todesschrei hallte von den Wänden der Felswand wieder und für einen Moment blickten die Amazonen, Jägerinnen und alle anderen, die es sahen oder hörten bestürzt drein. Sein Blick wurde schwammig. Ängstlich blickte er in die hässlich lachende Fratze Knochenhauts. Furcht umfasste den Söldner, doch da war noch etwas anderes. Irgendetwas belebte noch einmal kurz seine Kräfte. Ohne auf die Schmerzen zu achten, ergriff er noch einmal mit beiden Händen das Schwert. Von einem inneren Fanatismus getrieben, warf er denn schweren Zweihänder, als wäre es ein kleiner Spieß, auf Knochenhaut. Mit dem Moment, als das Schwert seine Hände verließ, verschwanden auch seine Kräfte wieder. Halb benommen vernahm er, wie die Spitze das Visier des Skeletthauptmannes durchschlug. Er sah, wie das höllische Feuer in seinen Augen erstarb, dann verschleierte sein Blick und seine Glieder erschlafften.
Dakard kam auf ihn zugestürmt, die Diener Knochenhauts aus dem Weg rammend.
„Griez! Griez!“, schrie er.
Er warf sein Schild und sein Schwer zur Seite und kniete neben seinem Freund nieder.
„Griez!“, wimmerte er.
Neben ihm zerfiel Knochenhaut in seine Einzelteile. Das ganze Tal wurde von einem hellen Licht erhüllt und Tausende von Himmelsfäusten, so wie man sie noch nie gesehen hatte, schlugen in die Wiederbelebte Horde ein. Der Fall ihres Anführers hatte ihnen die Kräfte geraubt und binnen kurzen stürzten sie. Auch die restlichen Drescher fielen unter der Gewalt des Himmels. Einige Sekunden später schlossen sich die Wolken wieder. Tausende von Skeletten waren gefallen und laut konnte man den Groll Baals vernehmen, der durch das Tal hallte.
Dakard schien nichts davon mitzubekommen. Weinend saß er immer noch neben seinem alten Freund und hielt seine tote Hand. Die Luft leuchtete kurz blau auf, dann stand Jamella hinter ihm. Tröstend legte sie ihre Hand auf seine Schulter und teleportierte sie beide und Griez’ Leichnam zurück in die Stadt, in einen kleinen Hof innerhalb Harrogaths. Deckard Cain war auch da. Bestürzt guckte der Horadrim drein, als er sah, was mit dem Wüstenführer geschehen war. Noch immer stecken in seinem Oberkörper die Klingen der fünf Diener. Seine Haut war unter dem raschen Blutverlust bereits weiß geworden. Sein Gesicht wirkte tot und fahl. Seine Augen waren offen und blickten die drei leblos an. Dakard hielt weiterhin seine Hand. Deckard kniete sich zu ihm nieder. Er suchte Worte um den Paladin zu trösten, doch versagte selbst ihm die Sprache. Eine Träne kullerte über die Wangen des alten Mannes und tropfte auf Griez’ Brust. Auch ihm hatte Griez stets hilfsbereit gedient, wenn er seine Dienste benötigte. Tel’lion kam hereingestürmt.
„Ihr müsst kommen! Baals Zorn ist riesig! Er hat nun seine komplettes restliches Heer gegen uns ausgesandt. Lister selbst ist darunter! Ihr müsst kommen! Nur noch wenige Führer sind am Leben! Kommt, eure Männer brauchen euch!“
Damit verschwand er wieder. Deckard richtete sich auf und kehrte wieder zurück auf seine Position. Jamella wollte gerade gehen, als sie merkte, wie auch Dakard sich erhob. Trotzig blickte er in ihre Augen.
„Lasst uns diese Dämonen in die Hölle jagen!“
Damit ergriff Dakard sein Schwert und sein Schild, welches Jamella mit Telekinese eingesammelt hatte, bevor sie zurück teleportierte, und schritt Richtung Stadtmauer.
Deckard stand auf dem Wall. Er überblickte den Rest des Heeres.
Knapp dreihundert Amazonen, circa siebenhundert Barbaren, weniger als fünfzig Nekromaten, hundertfünfzig Paladine, ebenso viele Zauberinnen, fünf Dutzend Assassinen, gut fünfundzwanzig Druiden, eine Hundertschaft Jägerinnen und weniger als fünfzig Wüstensöldner!, er seufzte innerlich,
und das soll reichen?!
Sein Blick schweifte von seinen Truppen hinaus in die Ebene. Ungefähr siebentausend Diener Baals bewegten sich auf die Stadt zu. Unter ihnen viele Mondfürsten. Sein Blick schweifte weiter. Er schluckte. Und die Leibwache Baals, Lister und seine Diener der Zerstörung. Riesig schritten sie durch die Reihen der Monster. Lister selbst war dreimal so groß wie ein Drescher. Sein Schwanz peitschte wütend durch die Luft und die Dämonen hielten einen Sicherheitsabstand um die Diener ein. Es waren zwölf an der Zahl. Die Armee erklomm die letzte Hügelkuppe, bevor sie zum Sturm in die Senke von Harrogath ansetzte. Das Kreischen Lister lies den letzten Menschen das Mark in den Beinen gefrieren und einige der Jüngeren warfen panisch ihre Waffen weg und versuchten den Wegpunkt zu aktivieren um zu entkommen. Dann rollte die gegnerische Welle den Hügel hinunter. Deckard schätzte die Höhe des Walls ab. Es waren vielleicht zwanzig, fünfundzwanzig Meter! Lister und seine Diener würden ohne Schwierigkeiten die Amazonen attackieren können. Deckard blickte noch einmal hinaus in die Ebene. Baal erschien. Umrundet von seiner Leibgarde, bestehend aus gerade mal tausend Monster, stand er nun auf dem letzten Hügel vor der Stadt und blickte genüsslich auf sie hinab. Deckard hörte sein hämische Lachen in seinen Ohren wiederhallen. Es fröstelte ihn. Die Armee war mittlerweile nur noch fünf Minuten von der Stadtmauer entfernt. Plötzlich sah Cain, wie sich einige Menschen durch die Armee zu teleportieren versuchten. Ungefähr fünfzig wurden von ihr hingerichtet, bevor sie aus der Gefahrenzone wieder weg kamen. Eine kurze Unruh kam bei den Dämonen auf, doch stoppte Lister den Zug nicht, nicht jetzt, wo er dem Ziel so nah war. Auch Zaria und die Amazonen verfolgten das Schauspiel überrascht. Die Menschen waren nun durch die Armee hindurch und mit ein, zwei weiteren Teleports erreichten sie denn Wall. Knapp hundert Männer mit sonnengegerbten Gesichten erschienen auf dem Wall, unter ihnen auch eine Frau, Aschara.
„Seid gegrüßt, Deckard Cain! Wie ich sehe sind wir noch nicht zu spät. Der Wegpunkt von Harrogath war bereits verschlossen und somit war uns der Weg hierher versperrt! Froh bin ich, dass es euch noch gibt. Die Armee hat ungefähr fünfzig meiner Männer hingerichtet und fast alle sind leicht verwundet. Trotzdem hoffen wir, euch noch gegen die Dämonen helfen zu können! Auch die Eisenwölfe möchten bei dieser Schlacht auf Seiten der Menschen kämpfen, oder glorreich untergehen!“
Freudig blickte Deckard sie an, immerhin war ihm diese Unterstützung von hundert Kriegern willkommen. Schnell erteilte er Aschara ein paar Instruktionen, dann verteilten sie sich auf dem Wall, die Positionen der gefallenen Zauberinnen einnehmend. Jamella wollte sie noch heilen, doch Aschara winkte ab.
„Dafür ist nun keine Zeit mehr!“
Dann war die erste Front Dämonen in Schussweite.
„Pfeile los!“
Zarias Gefolge gehorchte. Sie zielten besonders auf die Diener der Zerstörung, doch schienen ihre Pfeile an ihrer schuppigen Haut abzuprallen. Ein Grossteil der ersten Front fiel, es waren ungefähr hundertfünfzig Dämonen, doch die anderen stürmten einfach unbeeindruckt weiter, die Kadaver ihrer Dämonen nicht beachtend. Deckards Augen blitzten auf. Er wusste, nun war es Zeit für den letzten Horadrim die letzte Schlacht zu schlagen. Das Alter wich aus seinem Gesicht und mit jugendlicher Kraft warf er seinen grauen Umhang zurück. Der silberne Glanz der Balrogleders blendete seine Nachbarn kurz auf, bevor sie verwundert den alten Mann anstarrten. Auf seinem Rücken hing eine mächtige Zweihandklinge, der Großvater, das Schwert des ältesten der Horadrim. Seine knöchernen Finger umschlossen es wieder und grimmig blickte er dem Übel ins Auge. Dann brandete die erste Welle gegen den Wall. Knochen brachen, als die ersten Dämonen nun von ihren Verfolgern an der Wand zerdrückt wurden. Der Wall bebte unter dieser Belastung und einige der Amazonen verloren das Gleichgewicht. Auch einige der Diener der Zerstörung waren unter den ersten Angreifern und wütend schlugen sie mit ihren gepanzerten Köpfen gegen den Wall. Steine bröckelten auf die Monster hinunter und begruben einige unter sich. Metergroße Risse bildeten sich im Wall und ängstlich sahen die Krieger das mit an. Die Amazonen hatten sich von den Stellen, wo die Diener am Werke waren, zurückgezogen und waren auf dahinter liegende Häuserdächer geklettert. Einige tapfere Barbaren waren auf die Köpfe der mächtigen Dämonen gesprungen, doch warfen diese sie einfach ab oder zerquetschten sie zwischen ihrem Schädel und dem Wall. Fast alle Diener hatten nun den Wall erreicht und Lister schlug gerade seinen Kopf gegen das mächtige eiserne Tor. Ein lautes metallenes Klong durchlief das Tor, als er seinen gepanzerten Schädel dagegen warf. Dann schlug sein mächtiger Schwanz wütend gegen den mächtigen Stein. Einige der Blutfürsten hatten sich daran gemacht, den Wall zu erklettern in dem sie ihre Äxte als Leitern einsetzten. Lediglich einige Schattenmeister der Assassinen und die restlichen Skelette der Nekromaten waren auf dem Wall verblieben, und hinderten die Fürsten mit der Unterstützung der Amazonen, Jägerinnen und Magier daran, ihn zu erklimmen. Hunderte von Pfeile schwirrten über den Köpfen der Nahkämpfer hinweg, welche sich auf dem Hof, von wo einst Kaschya mit ihren Jägerinnen die Pfeilhagel verschickte, standen und den Durchbruch der Dämonen erwarteten. Die restlichen Paladine hatten mit den übriggebliebenen Wüstensöldnern wieder eine Phalanx gebildet. Dahinter standen die Barbar, welche nun von Larzuk angeführt wurden. Auf den Dächern drum herum stand Natalya mit ihren Assassinen bereit, um in das Geschehen eingreifen zu können. Tel’lion und seine restlichen Druiden hatten sich nun in Wölfe oder Bären verwandelt und erwarteten zusammen mit den anderen den entscheidenden Kampf. In erster Reihe stand Dakard Seite an Seite mit Deckard, welcher nun auch den Wall verlassen hatte. Der Paladin hatte sich in seine Fanatismusaura gehüllt und sie ging nun auch auf die anderen über. Sein Gesicht war kantig und kalt. Er wollte nur eins, Rache für seinen Freund Griez. Deckard blickte noch einmal zu dem Paladin.
„Möge das Licht bei dir sein!“
„Licht? Um mich herum sehe ich nur Dunkel!“
Deckard wollte darauf noch etwas erwidern, doch da brach das Tor unter lautem Ächzen zusammen. Tonnen von Steinen bröckelten vom Wall ab und stürzten in die Tiefe. Eine grau, meterhohe Staubwolke bewegte sich auf die Krieger zu und nahm die Sicht. Ein eisiger Nordwind wehte ihnen ins Gesicht, einer der Druiden wehte den Staub hinweg. Dann stand er da, im Riss des Walls, Lister der Quäler. Und Hunderte von Dämonen strömten durch den Riss auf die Krieger zu.
Wütend ließ Dakard seine Klinge zum ersten Mal durch das Fleisch eines Blutfürsten fahren. Eine große klaffende Wunde tat sich auf und schreiend kippte der Dämon zu Boden. Flink zog Dakard seine Waffe wieder hervor und setzte zu einem nächsten Schwertstreich gegen einen der Schlitzer an. Sein Schwert prallte am der gepanzerten Arm des Monsters ab und glitt hinunter. Schnell zog er sein Schild hoch und werte den Prankenhieb ab, bevor er ein weiteres Mal ansetzte.
Als Deckard mit seinem Zweihänder zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder zum Schlag an setzte, glühte die Klinge kurz auf, bevor sie mit einem mächtigen Hieb den Oberkörper eines Blutfürsten abtrennte. Knackend brach das Schwert die Wirbelsäule und dann summte es weiter und prellte einen weiteren meterweit zurück. Obwohl Deckard nun schon seit über zwanzig Jahren nicht mehr gekämpft hatte, schien ihn nichts von seiner Kraft verlassen zu haben. Ein weiterer Mondfürst holte mit seinen beiden Berserkeräxten gerade zum Schlag aus, doch der Großvater durchtrennte die Schäfte der Waffen, ohne auch nur eine Scharte davonzutragen. Ein weiterer Schwertschlag gegen den Dämon hinterließ eine riesige, blutende Fleischwunde und unter Schmerzensschreien fiel der Dämon zusammen. In Deckards Augen erglühte wieder seine Kampfeslust. Seine Arme strotzen wieder nur so vor Kraft und selbst das Grau seiner Haare schien gewichen zu sein. Ein weiteres Mal durchfuhr seine Klinge den Schädel seines Dämonen, dann fokussierten seine Augen sein Ziel, Lister!
Von ihrem Dach aus konnte Zaria beobachten, wie das Heer auf die Stellung der Krieger stürmte. Die Phalanx der Paladine und Söldner war aufgelöst worden und die restlichen Kämpfer befanden sich bereits in einem unerbitterlichen Kampf gegen den Hass Baals. Sie griff zu ihrem Köcher und eine Salve aus zehn Pfeilen schlug unter den Monstern ein, dann war er leer. Ihre Schwestern und sie hatten die restlichen Pfeile auf dem Wall zurücklassen müssen und nun konnten sie nur noch die magischen Pfeile der Göttin Zerae verschickten. Schnell beschwor sie einen herauf und schickte ihn einem Dämonen entgegen, der gerade Dakard attackieren wollte. Ähnlich den Knochenspeeren der Totenbeschwörer, bestanden diese Pfeile aus einem göttlich weißen Material, welches mit einer hellen Explosion sein Ziel zerriss. Zaria beschwor einen weiteren herauf, dann sah sie zu Cain. Er hatte sich bis zu Lister durchgekämpft.
Junge hat dieser alte Mann noch einen Schlag drauf!
Sie verschoss ihren Pfeil. Dann musste sie ihren Blick von dem Geschehen im Hof abwenden. Ein Dämonenkobold hatte sich neben sich auf das Dach teleportiert und bedrohte sie nun mit einem Feuerball.
Cain sah neben dem riesigen Lister aus wie ein Zwerg. Geschickt zerteilte er mit seinem Schwert einen weiteren Schlitzer, dann stand er zu Füßen des Feldherrn Baals. Vom Zorn besessen, hob er sein Schwert über den Kopf und stieß es mit voller Wucht in den rechten Fuß des Dämonen. Knirschend öffnete die Spitze der Klinge einen Riss in der Haut und der Horadrim trieb sein Schwert bis zum Schaft hinein. Gelbes Blut sprudelte hinaus und floss über seine Hände und tropfte hinunter auf den Stein. Lister schrie gequält auf. Obwohl ihn die Wunde nicht sonderlich behinderte, war er es doch nicht gewohnt, dass ein Krieger so nahe an ihn heran kam. Wütend schritt er einige Schritte zurück und senkte seinen Kopf, um den Angreifer auszumachen. Er erkannten ihn. Es war Deckard Cain, einer der Horadrim, der auch damals in der Schlacht in der Wüste auf Seiten Tal Rashas in den Krieg zog und seinen Herrn das erste mal besiegte. Wütend holte er mit seinem Schwanz aus und schwang ihn wie eine riesige Peitsche nach dem alten Mann. Geschickt, wie man es ihm bei seinem Alter nicht zu getraut hätte, duckte sich Deckard unter dem Schwanz hindurch und mit lautem Krachen traf dieser auf die steinernen Überreste des Walls neben ihm ein. Felsbrocken, in der Größe kleiner Dämonen prasselten hinunter und begruben dreißig Schlitzer unter sich. Deckard war bereits auf den Fuß Listers gesprungen und kletterte an seinem Bein hoch. Nur auf Cain konzentriert probierte Lister ihn abzuschütteln, wobei er von einer Seite des Durchgangs zur anderen schwankte und so seinen Kämpfern für einige Zeit den Weg versperrte.
Dakard bemerkte, dass sich der Horadrim zu Lister durchgeschlagen hatte. Plötzlich hielt die Flut der Monster ein. Er blickte zum Durchgang im Wall. Der Heerführer Baals stampfte wie wild in ihm herum und versuchte den alten Mann abzuschütteln. Ein grimmiger Ausdruck zeigte sich auf Dakards Gesicht. Nun war die Chance für ihn gekommen, Rache für seinen Freund Griez zu nehmen. Er stürmte auf Lister zu.
Deckard hatte mittlerweile Listers Knie erreicht. Wieder erhob er seine Waffe und stieß sie in das Gelenk des Dämonen hinein. Ein weiteres Mal steckte die Waffe zum größten Teil im Fleisch des Dämonen. Deckard hatte den Großvater präzisen zwischen Knochen und Kniescheibe platziert. Qualvoll schrie Lister auf, diesmal hatte der Horadrim wirklich einen wunden Punkt getroffen. Lister taumelte zurück. Unter seinen Füßen hörte man das Zerbrechen von Dämonenknochen, er schritt, vor Schmerzen schreiend, rückwärts durch seine eigene Armee. Sein Blut strömte in Massen aus der Wunde und einige der kleineren Kobolde ertranken in den Fluten, soweit sie nicht vorher zerquetscht wurden. Deckard schien es immer schwerer zu gelingen, sich auf dem Knie Listers zu Halten, doch trotzdem stemmte er sich weiter gegen sein Schwert. Wie mit einem Hebel versuchte er, die Kniescheide des Dämonen abzuspalten. Jedes mal vernahm Cain ein dumpfes Schnalzen innerhalb des Körpers, wenn eine der Sehnen rissen. Wiederum schrie Lister auf, die Kraft Deckards schien gewaltig zu sein. Noch einmal stemmte sich der Horadrim mit aller Wucht dagegen, dann riss auch die letzte Sehne. Die Haut des Dämonen riss auf und ein ungefähr ein Meter breites Knochenstück baumelte an einige Fasern und Muskelresten am Gelenk Listers. Ein brüllender Schmerzensschrei ließ die Erde selbst erzittern und Lister taumelte panisch zurück.
Dakard sah, wie das Ungetüm langsam zurückschritt. Seine Armee hatte innegehalten und blickte verängstigt zu ihrem Führer. Erschrocken sah Dakard, wie Cain unter dem Schwanken Listers, aber auch unter dem fehlenden Wiederstand des Schwertes hinunterstürzte. Auch Lister bemerkte dies. Trotz seines Schmerzes ergriff er mit einem seiner beiden Klauen den verzweifelt um sich tretenden Horadrim. Dakard konnte sehen, wie Cain verzweifelt versuchte, sich aus dem Griff des Dämonen zu befreien. Sein Schwert hatte er bei seinem Sturz verloren und hilflos zappelte er nu in Listers riesiger Pranke. Dakard nahm alle seine Kraft zusammen und stürzte ein letztes Mal dem Dämon entgegen.
Deckard versuchte mit aller Kraft, aus Listers Umklammerung zu entschwinden, doch seine Faust war eisern. Trotz seiner Schmerzen hielt sich Baals Führer weiter aufrecht. Er hob Deckard an und blickte ihm direkt in die Augen. Verzweiflung schoss dem Horadrim durch den Kopf, als er in die roten, fanatisch flackernden Augen des Dämonen blickte. Langsam bemerkte er, wie sich die Faust um ihn herum immer enger schloss. Langsam begann er zu röcheln, denn die Luft wurde ihm knapp.
Hämisch grinsend blickte Lister ihn an. Ihn, der für die Verbannung seines Herrn in einen Seelenstein verantwortlich war. Voller Freude schloss er seine Faust immer fester. Seine Schmerzen im Knie hatte er verdrängt. Voller Freude genoss er es, wie Deckards Blick immer verzweifelter wurde. Mit beiden Armen versuchte er, sich aus der Umklammerung zu befreien doch Lister dachte nicht daran, seinen Griff zu lockern, nein, nicht bis er diesen kleinen Mistkerl zu Knochenmehl zerquetscht hatte. Immer weiter schloss sich seine Faust. Er hörte wie Deckards Atem von einem leichten Röcheln zu einem lauten Keuchen wurde, ja jetzt würde er Rache nehmen, doch plötzlich stutze er. Grimmiger Trotz leuchtete in den Augen Cains auf, grimmiger Trotz und ein kleines bisschen Freude. Seine Lippen formten Worte. Lister konnte sie nicht hören, aber er lass sie von den Lippen ab.
„Augen! Die Augen!“
Mit Freude blickte Cain auf den erschrockenen Augen Listers. Auf seinem Kopf war Dakard erschienen. Sein Schild hatte er zu Seite geschmissen, als er den Dämonenkörper erklommen hatte. Mit beiden Händen packte er nun sein Schwert und hob es hoch. Lister wollte aufschreien, ihn abwerfen, mit den Händen packen, doch Dakard war schneller. Seine Klinge blitzte gelb und rot und blau auf und alle elementaren Kräfte entluden sich, als er Ginthers Zerrissenheit tief in das linke Auge Listers stach. Die Kälte ließ das höllische Feuer seiner Augen erfrieren, die Blitze durchzuckten seinen Kopf und Körper und ließen ihn erzittern und das Feuer verbrannte sein Auge restlos. Ein qualvoller Schmerzensschrei und ein Knacken der Knochen ließ die Erde erzittern. Die Luft um den Höllenführer herum begann zu zittern und zu vibrieren und schreiend löste sich Lister in einem Feuersturm auf. Das Feuer verzerrte seinen Körper, seine Haut und seine Seele. Ein letztes Mal vernahm, man sein Gebrüll auf Erden, dann verflüchtigte sich sein Körper in einer Feuernova. Die Rache Dakards hatte ihn zerstört. Der Paladin stürzte nun zu Boden. Er landete relativ unsanft, doch bewahrte ihn seine Rüstung vor schlimmeren. Alle anderen Kämpfer, ob Menschen oder Dämonen hatten innegehalten und blickten gebannt zu dem erschreckenden Schauspiel, dass sich ihnen bot. Dakard richtete sich wieder auf. Um ihn herum standen die Dämonen Baals, doch waren sie wie zu Stein erstarrt.
Zaria stand auf dem Dach des Hauses und blickte angespannt zu dem Geschehen am Walldurchgang. Viele der anderen Kämpfer taten es ihr gleich. Sie konnte sehen, wie sich Dakard aufrichtete und zu Deckard hinüber eilte. Der alte Mann lag mit dem Gesicht nach unten und rührte sich nicht.
Bestürzt kniete Dakard neben dem Horadrim nieder. Er legte sein Schwert zur Seite. Er fasste den alten Mann an der Schulter. Kein Lebenszeichen. Er drehte ich behutsam um. Dann sah er es. Tränen flossen ihm in die Augen und er schluckte bestürzt. Lister hatte mit letzter Kraft seine Faust vollständig geschlossen. Cains Rippen waren gebrochen und stachen an einigen Stellen aus der Haut hervor. Blut sickerte durch die Riemen der Rüstung und befleckte die Hände Dakards. Er konnte es nicht fassen, Deckard Cain, der letzte der Horadrim war gestorben.
Auch Zaria schaute bestürzt drein, als sie sah, was geschehen war. Erschrocken ließ sie ihren Bogen fallen und hielt sich die Hände vor den Mund um nicht zu schreien. Aschara stand neben ihr und auch ihr erging es ähnlich. Man hörte das scheppernde Geräusch hunderter von Waffen, die zu Boden fielen. Obwohl wenige den alten Mann näher kannte, so war er doch immer da gewesen, er hatte eine Aura des Lichtes ausgestrahlt, welche die der Paladine weit überstieg. Nein, sie hatte weder Kampfgeist noch Trotz geweckt, sie war einfach ein Gefühl der Wärme und Geborgenheit gewesen, eine Aura des Optimismus und des Schutzes, als würde das Licht selbst einen zu durchströmen. Dies fehlte nun und eine Leere machte sich in den meisten breit, eine Leere, die ihnen Angst bereitete.
„Dämonen! Steht auf und kämpft! Lasst sie für das bezahlen, was sie uns angetan haben!“
Baals Stimme donnerte wütend durch das Tal. Sofort folgten die Dämonen seinen Befehlen und schritten wieder auf Harrogath zu, doch Zaria wollte nicht, sie konnte nicht. Sie stand einfach nur da und starrte auf den Leichnam des letzten Horadrim. In ihr war eine Leere und einige Tränen flossen ihre Wangen hinab. Den anderen ging es genauso. Keiner griff mehr nach seiner Waffe, alle schauten nur bestürzt auf die Stelle, wo eben noch ihr Mentor, der Führer dieser Schlacht, gestanden und vor ihrer aller Augen gefallen ist. Auch der Tod Lister des Quälers vermochte sie nicht über diesen Verlust zu trösten. Sie schauten einfach nur entsetzt drein oder vergossen einige Tränen, doch die meisten waren noch zu geschockt dafür.
Die Dämonen schritten durch den Durchgang im Wall auf die restlichen Krieger zu. Das Feuer der Hölle loderte wieder rot und hell in ihren Augen.