Die andere Assassin
Joreth blieb alleine an seinem Tisch zurück.
Nachdenklich starrte er zur Tür.
_Wirklich faszinierend, wenn ich mich recht erinnere hatte sie sich doch freiwillig an meinen Tisch gesetzt...
Er überlegte ein Weilchen, was er jetzt machen sollte, dann fing er an, seine Taschen zu leeren.
Runen und Steine türmten sich auf dem Tisch, und Joreth begann mit Hilfe seines Horadric Cubes Runen und Steine aufzuwerten.
Einige Zeit später ging die Tür auf, und eine klatschnasse Morwen stürmte herein.
Sie setzte sich an einen Tisch, den Blick starr auf die Wand gerichtet.
Wenig später betrat Simon die Taverne.
Er setzte sich in eine andere Ecke, die Augen auf Morwens gekrümmten Rücken fixiert.
Keiner sagte ein Wort, aber die Aufmerksamkeit der gesamten Taverne lag auf den Beiden.
Schließlich hielt Morwen es nicht mehr aus.
__"Glotzt nicht blöd, und macht einfach weiter, habt Spaß, verdammt!"
Ihr Tonfall schwankte zwischen einem Aufschrei und einem erstickten Schluchzen.
Simon sprang auf und rannte zurück hinaus in die Nacht.
Joreth hatte die Szene von seinem Platz aus beobachtet.
Die beiden (oder auch drei?) schienen ernsthafte Probleme zu haben.
Und er war nicht unschuldig daran, hatte er doch die junge Assassin, die sich an ihn geklammert hatte, einfach auf Simons Schoß abgesetzt. Das Mädchen konnte doch nichts dafür, dass ihresgleichen ihm Unbehagen bereiteten...
Er stand auf, holte eine Decke und legte sie der zitternden Assassin um die Schultern.
__„Soll ich ihm nachgehen? Oder soll ich Mic bitten, Dir ein Wenig Gesellschaft zu leisten?“
Jahrelange Gesellschaft der erwähnten Assassin hatten ihn darauf vorbereitet, was jetzt kam.
Joreth riss den Kopf zur Seite um nicht von einem fliegenden Wurfmesser getroffen zu werden.
Morwen nahm das Rumglas vom Tisch und leerte es in einem Zug.
__„Ach lass mich!“
Damit stand sie auf und verließ die Taverne.
Joreth verdrehte genervt die Augen. Er packte seine Habseligkeiten zusammen und verließ die Taverne ebenfalls. Draußen blieb er stehen und sah sich um.
__"Tschuldigung wollt ich nicht" murmelt eine leise Stimme.
__"Ich weiß schon, warum ich meinem Bruder immer sage, dass er verrückt ist, Assassins sind lebensgefährlich!"
Joreth drehte sich ruckartig um und verschwand in Richtung des ortsansässigen Händlers, der Glücksspiel anbot.
Eine mindestens genauso genervte weibliche Stimme meinte: "Das habe ich gehört!"
Die Assassin, die mit diesen Worten hinter einem Eck hervortrat, trug ihre Haare kurz.
Sie musterte Morwen, dann streckte sie ihre Hand aus und reicht sie der anderen.
__"Kannst mich Mic nennen, machen die beiden auch so. Was ihn anbelangt," Eine Kopfbewegung in Richtung des verschwundenen Necromancers, "Er ist verrückt. Auch wenn er das Gleiche über uns Rest der Truppe erzählt."
Micaya griff nach Morwens Arm.
__„Komm, wir gehen rein, hier draußen ist es kalt und außerdem habe ich Hunger!“
Morwen musste Lachen. Vielleicht konnte der Abend ja doch noch etwas besser werden...
Die beiden Assassins setzten sich an einen Tisch, der noch nicht so sehr mit Gläsern vollgerümpelt war.
Micaya lehnte ihr Schild gegen einen freien Stuhl, das Schwert legte sie auf die Sitzfläche.
__"Kannst Du mir mal erklären," fragte Micaya die andere, "was das für eine komische Figur war, die da vorher an mit vorbei gestolpert ist? Sah ein bisschen so aus, als ob der eine Fuß vorwärts, der andere rückwärts laufen wollte..."
Eine beiläufige Bewegung wehrte das auf ihre Kehle gerichtete Messer ab.
Die ältere Assassin nahm der jüngeren die Waffe ab.
__„Ok, Themawechsel...“
Morwen lächelte schwach.
__„Was führt Dich eigentlich hier her?“
Micaya verdrehte die Augen.
__„Schlechte Gesellschaft. Ein verrückter Overlord, der um diese Jahreszeit einen gewissen Zug in diese Richtung hat. Kein Mensch weiß warum, nur dass seine Launen noch schwerer ertragbar sind als zu anderen Zeiten...“
Sie schüttelt den Kopf.
__„Und Du hast es freiwillig mit ihm ein paar Stunden ausgehalten?“
Morwen musste lachen.
__„So schlimm fand ich ihn eigentlich nicht, nur schrecklich neugierig. Was hältst Du von ner Runde Messer werfen?“
Die Ältere legte den Kopf schief.
__„Die Verliererin übernimmt die Rechnung, aber ich warne Dich, ich bin zwar eigentlich auf Fallen spezialisiert, aber der Umgang mit Wurfmessern liegt bei mir in der Familie!“
Sie kratzte sich am Kopf.
__"Wie ist der eigentlich an Deinem Tisch gelandet? Ich dachte immer, der hat was gegen Assassins..."
Micaya brach ab.
__"Sorry, wollte nicht neugierig sein, die schlechte Gesellschaft, in der ich mich gewöhnlich befinde, färbt wohl doch etwas mehr ab, als ich dachte..."
Morwen lachte.
__„Der hässliche Wandteppich da hinten? Siehst Du den roten Kreis?“
Micaya nickt und beobachtete, wie das Messer haarscharf an einem Kopf vorbei flog und genau im Zentrum des Zieles landete. Unmittelbar danach wurde es von Micayas Messer aus seiner Verankerung gerissen. Beide Messer fielen klirrend zu Boden, während ein in der Flugbahn sitzender Gast sich über die beiden Haarsträhnen auf dem Tisch wunderte.
Morwen nickte anerkennend.
__„Ok, ich zahle, und Du versuchst, den Wirt dazu zu bringen, gute Zutaten zu verwenden...“
Bald standen 2 Teller auf dem Tisch.
__„Wo kommst Du eigentlich her?“
Einen Moment verschwand das Lächeln aus Micayas Gesicht, bevor sie sich wieder im Griff hatte.
__„Es ist lange her, und ich werde auch weder darüber nachdenken, noch dorthin zurückkehren. Mein Zuhause ist jetzt die Straße, wo immer Joreth und Amaion beschließen hinzugehen.“
Sie sah die Jüngere direkt an, und wieder fragte sie sich, was an diesem Gesicht ihr so bekannt vorkam.
__„Woher kommst Du?“
Morwen biss sich auf die Lippen.
__„Ich bin schon lange von meinem Clan fort. Es gibt dort niemanden mehr, den ich vermissen würde. Oder der mich vermissen würde. Sie sind alle..“
Morwen brach ab und rieb sich die Augen.
__„Ich ziehe normalerweise alleine durch die Gegend, manchmal auch mit 1-2 Kampfgefährten. Ich trainiere meine Fähigkeiten und komme nur selten in die Zivilisation...“
__„Du hältst Dich von ihnen fern.“
Morwen überging den Einwurf der Älteren.
__„Dieses Mal werde ich wohl was ganz anderes machen...“
Sie sah zu Boden, hing ihren Gedanken nach.
Micaya wartete geduldig, bis die jüngere fortfuhr.
__„Ich werde mich in das Dämonenreich trauen. Und ich weiß noch nicht, ob ich von dort zurückkehre...“
Die Ältere zog eine Augenbraue hoch.
__„Hört sich interessant an, in der Richtung waren wir auch unterwegs. Allerdings hatten wir durchaus vor, zurückzukommen...“
Sie unterbrach sich.
__„Obwohl, bei Joreth kann man das nicht so genau wissen, aber wenn der nicht zurückkehrt, dann weiß ich nicht, ob es ein Monster war, das ihn umgebracht hat...“
Morwen wendet sich ab.
__„Ach egal diesmal wird mein Weg einsam sein, ich werde alleine gehen. Und wenn ich nicht zurückkehre dann ist es auch nicht schlimm. Bald schon werde ich aufbrechen, alleine!
Und Du kannst mich nicht aufhalten, ich werde diesen weg gehen. Es ist kein SPAß DA RUNTER ZU GEHEN, DAS IST EIN KAMPF UMS ÜBERLEBEN UND UM DAS DER WELT!“
Micaya lacht.
__„Du bist definitiv mit den falschen Leuten unterwegs gewesen, es KANN Spaß machen...“
Sie legte die Stirne in Falten.
__„Ich würde ja sagen, ich komm mit und halte Dir mit meinen Fallen den Rücken frei, aber ich kann die beiden nicht alleine lassen, wer hält die dann davon ab, sich gegenseitig an die Kehle zu gehen? Hab mich an die gewöhnt...“
Ein breites Grinsen erschien auf dem Gesicht der Assassin.
__„Übrigens nochmal Danke, dass Du Joreth vorher eine Weile unterhalten hast, war mal ganz nett, so ohne den sarkastischen Zyniker...“
Morwens Lachen war laut, wenn auch ein Wenig verkrampft.
__„Ach dann war er in bester Gesellschaft, mir sind schon einige Gefährten wegen meiner Sarkastischen Zynischen Art abgehauen. Danke für das Angebot trotzdem muss ich alleine gehen, ich muss über was nachdenken.“
Inzwischen war die Amazon am Nachbartisch aufgewacht.
Ein etwas irritierter Blick von ihr streifte den anderen Nebentisch – den, wo Joreth vorher gesessen hatte, und wo sich jetzt Rumgläser stapelten.
__„Habe ich was verpasst?“ murmelte sie mehr zu sich selber.
An dem anderen Tisch saßen nun zwei Assassins, was die Verwirrung nicht weniger werden ließ.
Mit einer Hand tastete sie nach einem schweren Lederbeutel an ihrer Seite.
Der Inhalt schien noch vollständig vorhanden zu sein.
Sie bestellte sich ein Frühstück und wandte sich den beiden Assassins zu – in der Hoffnung die Richtige zu erwischen.
__„Es tut mir leid, dass ich Dich gestern Abend so schief angemacht habe. Ich war einfach nur müde und gestresst von der langen Reise.“
Morwen verzieht das Gesicht.
__„Ich habe interessantere Tischgenossen gefunden. Aber den Kaffee würde ich an Deiner Stelle nicht so pur trinken...“
Micaya mustert die Amazon.
__„Warum hast Du eigentlich Scherben in der Hand?“ fragte sie irritiert.
Shar-Tel ließ die Überreste von Simons Rumglas angewidert fallen.
Mic wandte sich wieder Morwen zu.
__„Komm einfach hierher zurück, und erzähle mir, wie es Dir ergangen ist.“
Die Jüngere sieht sie nicht an, als sie antwortet.
__„Mache ich. Aber wenn S...“ sie unterbricht sich. „Wenn mich jemand suchen sollte, kannst Du ihm sagen, wohin ich gegangen bin?“
Micaya nickte mit Abwesendem Gesichtsausdruck.
Sie versuchte bereits, die Puzzleteile zusammenzusetzen, um ein vollständiges Bild zu erhalten.
Sie merkte kaum, wie Morwen aufstand und die Taverne verließ.
In schneller hast und völlig unbeachtet von den Übrigen im Raum schlang die Amazon an ihrem Tisch große Mengen von Omlett, Schnitzel und Brotscheiben hinunter, bezahlte anschließend und machte sich Aufbruch bereit.
Sie schnürte die Stiefel fester, verstaute den Lederbeutel im Rucksack, zog die daraus hervor geholten Lederhandschuhe an und warf den Reisemantel über.
_Schwert ist scharf? Schwert ist…Zustand ist nicht so wichtig
Das Schwert sicher im Griff und ohne sich von irgendwem zu verabschieden verließ sie die Taverne und murmelte, während sie an der übriggebliebeben Assassin vorüber schritt:
__„Ist ein langer Weg zum Mount Arreat.“
Micaya schüttelte verwirrt den Kopf, das gab ihr alles eindeutig zu viele Rätsel auf.
Sie beobachtete, wie Joreth hereinkam, und begann, unter dem mit Gläser übersäten Nebentisch etwas zu suchen. Mit einem einfachen nicht-magischen Necromancerstäbchen und einem angeknacksten Sorceress-Orb kam er zu ihr herüber.
__„Setze Dich nie an einen Tisch mit zwei Besoffenen – oder lass nicht zu, dass sie sich an Deinem Tisch besaufen – Du findest hinterher nichts wieder.“
Micaya runzelte die Stirn.
__„Ich mag Morwen, und so besoffen kam sie mir gar nicht vor...“
Der Necromancer verzog schmerzlich das Gesicht.
__„Das liegt nur an diesem verflixten Kaffee! Davor haben die beiden die gesamte Taverne unterhalten...“
Joreth musste sich Mühe geben, um Micayas Ellenbogen auszuweichen.
__„Kannst Du mir sagen, was es mit der komischen Gestalt auf sich hat, die da vorher an mir vorbei gestolpert ist?“
Der Necromancer grinste.
__„Simon? Ich denke mal, er ist an sich ein ganz netter Junge, allerdings hat er da noch eine Zweite Persönlichkeit im Körper, Yawgmoth. Und der ist ...nicht so nett.“
Er lachte.
__„Hochinteressant...“
Mic rümpfte die Nase.
__„Ach, das war Dein Neustes Forschungsobjekt. Und Morwen mag Simon, aber Yawgmoth nicht?“
Der Necromancer legte den Kopf schief.
__„Deinesgleichen hat doch ne gewisse Vorliebe für dämonische Gestalten...“
Diesmal war er nicht schnell genug und schnappte nach Luft, weil Mic ihn durchaus mit einer gewissen Kraft erwischt hatte.
__„Simon und Yawgmoth sind beide hin und weg von der Kleinen...“ keucht er.
__„Darf ich jetzt wieder gehen, bevor irgendwelche lebenswichtigen Organe was abbekommen?“
Mic nickte.
Joreth begab sich zur Tür und rieb sich dabei die schmerzenden Rippen.
__„Assassins!“ grummelte er.
__„Lebensgefährlich, sich in ihrer Nähe aufzuhalten!“