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[Story] Lagerfeuer

Auf ein Neues:


Kapitel 8: Das ist ja wie Weihnachten

Nachdem sie an diesem Abend ihr Lager aufgeschlagen und eine hastig bereitete warme Mahlzeit zu sich genommen hatten, räusperte sich Khalid und brach das Schweigen, die sie seit der grausigen Entdeckung teilten.
„Mit dem Reisekleid bist Du im Ernstfall zu langsam, um mit mir mitzuhalten“, sagte er barsch.
Jaella sah kaum von den Flickarbeiten an Khalids Handschuhen auf „Du brauchst Dich nicht zu sorgen, wenn ich zurückbleibe. Ich werde Dich nicht aufhalten.“
Ein wenig beschämt errötete der Hüne und fuhr dann sanfter fort. „Du hältst mich nicht auf. Ich wollte Dir nur vorschlagen, Deine Garderobe zu überdenken. Ich habe vorhin einige Ausrüstung aus der Hütte mitgenommen. Ich denke, das hier könnte Dir passen.“
Mit diesen Worten warf er Jaella ein Paar hellbraune raue Hirschlederhosen in den Schoß, ein beiges Leinenhemd und ein beschlagenes Lederwams. Die Kleidungsstücke waren abgetragen und fleckig, aber dennoch in einem passablen Zustand.
Betreten musterte Jaella die Hose, dann jedoch hellte sich ihre Miene auf. „Ich kann hier tragen, was ich will, oder? Es sieht mich ja keiner...“ Bei dem Gedanken an die schockierten Gesichter, die die feinen Damen Lut Gholeins machen würden, sähen sie sie je in solcher Kleidung, fing sie an zu kichern. Khalid ahnte, woran sie dachte und begann seinerseits zu lachen. Aus ihrem mädchenhaften kichern wurde ein Glucksen und schließlich lachten beide lauthals. Jaella hielt sich die Seite und japste atemlos: „Die würden mich bestimmt nie wieder zum Tee einladen, oder mich ihren Söhnen vorstellen...“

Die Reste des Kleides wanderten in ihren Tragebeutel, zum Teil aus sentimentalen Gründen, zum Teil dachte sie ganz praktisch, dass sich Teile des Rockes bestimmt noch als Verband nutzen ließen. Ein bisschen nackt fühlte sie sich schon, aber voller Trotz reckte sie das Kinn vor und genoss die neue Bewegungsfreiheit.
Nach ein paar Runden um das Lagerfeuer blieb sie vor dem Mann stehen „Danke, Khalid. Ich habe noch nie... ich meine... na ja danke.“ Glitzernde Feuchtigkeit stieg ihr in die Augen.
„Ich habe noch etwas für Dich gefunden“, unterbrach Khalid ihr Gestammel. Dass sie so gut auf seine kleine Überraschung reagierte, erfreute und beschämte ihn. Er nahm sich vor, sie in Zukunft ein wenig freundlicher zu behandeln.
Sie riss staunend die Augen auf, als er den kleinen Jagtbogen und einen Köcher Pfeile hervorholte, die er in der Truhe entdeckt hatte. „Er hat nur eine geringe Spannweite und ich glaube nicht, dass er große Durchschlagskraft entwickeln wird, aber Du kannst Dich mit der Waffe Deiner Vorfahren vertraut machen. Es ist schneller zu erlernen als der Nahkampf, dafür bist Du wohl schon zu alt.“
Behutsam nahm Jaella den Bogen entgegen. Er war nur in etwa so lang wie ihr Arm, die Sehne musste dringend eingeölt werden und das Holz war an den Enden bereits morsch und einige Splitter standen ab. Dennoch war es für Jaella das schönste Geschenk, das sie jemals bekommen hatte. Voller Ehrfurcht strich sie über das dunkle Holz und spannte probeweise die Sehne. Es bedurfte keiner Ermahnung Khalids, sie solle die Sehne niemals ohne Pfeil schnellen lassen; sie verstand den Bogen, als würde er ihr eine Geschichte ins Ohr flüstern und als sie ihn das erste Mal an die Schulter hob durchfuhr sie ein Gefühl unbändiger Freiheit.
Khalid sah staunend, wie sich das Gesicht seiner Mitreisenden verändert hatte. War sie noch eben ein errötendes Mädchen gewesen, das verbotenerweise das erste Mal eine Hose trug, so war sie jetzt von Kopf bis Fuß eine Amazone. Ein stolzer Zug legte sich um ihren Mund, der nie wieder ganz verschwand und ein Leuchten zeigte sich in ihren Augen, das jedem Betrachter sofort klarmachte, dass sich ihre Trägerin in dieser Welt behaupten könne.
„Morgen bleiben wir hier. Bei Tagesanbruch werden wir Dich mit Deiner Waffe vertraut machen.“ Khalid lächelte versonnen. „Es ist lange her, dass ich mit einem Bogen geschossen habe, mein Onkel hatte mich früher ab und zu mit auf die Jagt mitgenommen. Ich war nie ein großer Schütze, mehr als ein stillstehendes Reh habe ich nie getroffen, aber um Dir die Grundlagen beizubringen dürfte es reichen. Handschuhe habe ich keine für Dich gefunden, also finde Dich damit ab, dass Dir morgen Abend die Finger bluten werden.“
Sie sahen sich an und lächelten.









Später in der Nacht erwachte er mal wieder aus dunklen Träumen.
Stöhnend barg er sein Gesicht in den zitternden Händen und schüttelte abwehrend den Kopf. Doch als er die Augen schloss, sah er wieder das vor Wut und Hass verzerrte Gesicht der Amazonenkönigin vor sich. Anklagend richtete sie den Finger auf ihn, als wolle sie ihn damit aufspießen. Was er wohl auch verdient hätte. Sie hatte nicht eine ihrer Kriegerinnen geschickt – nein – sie war persönlich erschienen wie eine flammende Gesandte aus der Hölle, um ihn mit sich zu reissen und ihn zu verschlingen. Dann wurde sie von groben Händen davongezogen, aber sie verschwand nicht...
Sie stahl sich seitdem Nacht für Nacht in seine Träume.





:hy: Insidias
 
nette einschlafgeschichte. wirklich nice naja bin jetzt im bett große lobesrede kommt morgen
 
Huhu Insidias,
nun bin ich auch up to date - wirklich nett, auch mal von dir etwas zu lesen.
Die Geschichte gefällt mir soweit ganz gut. Ich werde mich sicherlich häufiger melden. :)

Etwas Kritik habe ich dennoch: die ersten Kapitel sind arg kurz. Das Meiste ist gut zu lesen, am Stil könntest du aber noch etwas feilen. Besonders Wendungen in der Geschichte, die emotional aufgeladen sind, vollziehen sich oft imo zu schnell.

Inhaltliche Anmerkungen: etwas mehr Sorge um das zurückfallende Lut Gholein hätte ich von Jaellas Seite erwartet, Bedrückung, wieder aufkommende Trauer um Ziehvater und Bruder, etwas in der Art.
Was macht die Karawane, während Khalid und Jaella das zerstörte Haus entdecken? Wo ist sie geblieben, als Jaella neu ausgerüstet ist?
Khalid vermutet aufgrund seines Auftrages und der Gerüchte zwar sicher, dass Amazonen für den Überfall verantwortlich sind - trotzdem erstaunt seine Sicherheit bei der Behauptung.
Jaellas plötzliche Übernahme einer 'Vergeltungspflicht' - wegen des Verhaltens eines Volkes (Amazonen), zu dem sie eigentlich keine Verbindung hat - finde ich etwas unglaubwürdig, bzw. viel zu kurz beschrieben und nicht erklärt.
Khalids eher bewundernde Reaktion auf die amazonenhafte neue Jaelle verstehe ich ebenfalls nicht so ganz, wo er doch über die Amazonen so abfällig denkt.

Das sind Dinge, die die Geschichte imo nicht richtig klärt und die mich beim Lesen gestört haben.

Nun bin ich aber gespannt, wie es weitergeht. :hy:
Gruß, Reeba
 
Hi Reeba!

Endlich mal eine Kritik, wie ich sie erwartet hatte. Danke dafür!
Mit der Kürze der ersten Kapitel und der Hetzte durch diese hast Du vollkommen Recht - aber ich glaube, da habe ich mich schon ein wenig gesteigert...

Die Erinnerung an Lut Gholein und die damit verbundene Trauer hab ich selber total verdrängt... und Jaella auch... wird noch wieder auftauchen (spätestens in Akt2). *red raus*
Die Karawane spielt im weiteren Verlauf keine Rolle mehr, die beiden haben sie nach dem Pass verlassen. Wohin ziehen die anderen? k.A. nach..... hmm ... Süden... oder so

Khalid ist einfach viel zu engstirnig und auf sein Ziel fixiert, daher die Verdrängung - ich hoffe, das das später deutlicher werden wird. Aber ich werde die Erkenntnis dann wohl doch ein paar Kapitel früher schreiben als zunächst gedacht.

Jaellas Übernahme der Verpflichtung an ihrem Volk ist genetisch bedingt... :D
Im übrigen denkt Khalid nur schlecht über die "bösen" Amazonen; Jaella ist die erste ihres Volkes, die anscheinend "gut" ist

naja, Du sieht, ich hatte eigentlich alles gut durchgeplant - leider habe ich vergessen, meine Gedanken auch dem Leser eindeutig zu vermitteln. Ich werde mir meine nächsten Teile unter den Gesichtspunkten nochmal anschauen und sie ein wenig erweitern.


Wenn Du die Zeit hast, würde ich mich freuen, wenn Du Dir meine nächsten Kapitel auch "vornimmst". Schließlich will ich hier was lernen und grade auf Deine Ansicht lege ich viel wert!


:hy: Insidias
 
hey (:

story ist nice, hab sie grad gefunden und in einem durchgelesen. find deine interpretation von atma's geschichte sehr gelungen und bin scho gspannt wie's weitergeht mit jaella (:
 
Hach! Neues Publikum *freu*

Hier kommt Nachschub:



Kapitel 9: Die erste Herausforderung

Zu dem versprochenen Bogenunterricht kam es nicht. Jaella erwachte bei Morgengrauen von dumpfem Grollen und prasselndem Regen, der gegen Ihr kleines Reisezelt schlug. Als sie den Kopf vorsichtig ins Freie streckte, sah sie ihren Mitreisenden bereits sein Zelt zusammenlegen.
Er bemerkte sie sofort, obgleich sie keinen Laut von sich gegeben hatte.
„Wir sollten weiterziehen. Bei der schlechten Sicht und diesem starken Regen lohnt es sich nicht, den Bogen auszuprobieren.“

Den ganzen Vormittag trotteten sie hintereinander schweigend durch den strömenden Regen. Sie waren mittlerweile vollkommen durchgeweicht und das Wasser stand bis zu den Knöcheln in ihren Stiefeln und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.

Immer wieder stahl sich das Bild der verkohlten Leichen vor Jaellas geistiges Auge. Eng umschlungen lagen sie da, eine grausige Perversion eines Liebesspiels, bis der flammende Tod sie alle umfing. Die Älteren hatten alles versucht, die Kinder vor den unbarmherzigen Angreifern zu schützen, so wie Eltern vom Anbeginn der Zeit an geschworen hatten es zu tun.
Und schlagartig wurde der jungen Frau bewusst, warum sie bislang nicht fähig gewesen war, um ihre eigene zerstörte Familie zu trauern. Sie war zornig.
Alton hatte sie bitter enttäuscht. Er war immer das starke Oberhaupt ihrer kleinen Familie gewesen, ein Fels auf den man bauen konnte. Jaella war aufgewachsen mit dem Glauben, dass es kein Problem gab, das Alton nicht hätte lösen können, dass niemand ihr weh tun könnte, solange er über sie wache.
Es war seine Aufgabe gewesen, sie alle vor Schmerz und Verlust zu bewahren, doch er hatte es zugelassen, ja sogar veranlasst, dass Bredon zu der Stadtwache ging. Er hatte nicht verhindert, dass Bredon in die Kanalisation hinabstieg und er war nicht fähig gewesen, das Leben ihres geliebten Bruders zu schützen. Alton hatte versagt.
Und inmitten dieses Strudels aus Schmerzen war auch er fortgegangen, hatte er sie alleingelassen mit der erstarrten, zu keinem Trost fähigen Atma. Mit einem gewaltigen Knall hatte das Schicksal sie aus ihrer jugendlichen Welt gerissen und sie gezwungen über Nacht erwachsen zu werden. Die gebrochene und kraftlose Atma hatte es dann zugelassen, dass man ihre Schutzbefohlene aus der Stadt vertrieb. Tief im inneren wusste Jaella, dass sie ungerecht war, doch war dies die einzige Möglichkeit für sie, nicht vor Kummer wahnsinnig zu werden.
Bewusst sperrte sie ihre einstigen Eltern aus ihren Gedanken - vielleicht konnte sie ihnen eines Tages vergeben, aber gewiss nicht heute - und konzentrierte sich auf Bredons freundliches, gutmütiges Gesicht, sein Lachen, seine Gedichte, sein unerschütterliche Glaube an eine bessere Zukunft.
Der kalte Regen peitschte ihr ins Gesicht und unaufhaltsam mischte er sich mit salzigen, warmen Tränen.
Ein drückender Knoten wuchs in ihrer Mitte und nahm ihr die Luft. Sie spürte förmlich, wie ihr Herz in kleine eisige Stücke zerbrach und mit einem kläglichen Jammerlaut gab sie sich verborgen von den Geräuschen des Unwetters endlich ganz dem Schmerz hin.


Ein paar Schritte weiter vorn, machte sich Khalid Gedanken über die merkwürdige Beziehung zu der jungen Frau, die ihm folgte.
Er war verdammt, ein Leben alleine zu führen. Er war ein Einzelgänger, der niemanden näher an sich heranließ, sei es eine Frau oder ein Kamerad. Sicher hatte er Frauen gehabt, flüchtige amouröse Abenteuer, immer nur auf der Durchreise, nie für länger als für eine Nacht bestimmt. Herz und Seele öffnete er keiner. In der Garnison und später auf dem Schlachtfeld war er immer der einsame Wolf gewesen, zur Teamarbeit durchaus fähig, wenn es der Ausbilder oder die Situation erforderte, doch im Ernstfall würde er immer alleine stehen.
Frühere Verluste hatten ihn gemahnt, nie die Verantwortung für einen anderen zu übernehmen, denn er brachte jenen, die auf ihn vertrauten, den Tod.
Und plötzlich war sie da. Ehe er sich’s versah, begleitete sie ihn auf seinem Weg nach Westen. Und warum hatte er es ihr gestattet? Er wusste es nicht, aber sie hatte irgendwo tief in ihm eine Saite zum Schwingen gebracht, die er lange vereist glaubte. Sie rührte ihn. Etwas in ihren Augen hatte seinen Beschützerinstinkt geweckt und vielleicht hatte er in ihr die Chance gesehen, eine Schwester wiederzufinden und damit einen Teil seiner verlorenen Familie zurückzugewinnen.
Und schon hatte er sich eine Verantwortung auf seine breiten Schultern geladen, die ihn straucheln ließ. Er wollte nicht auf sie aufpassen müssen, in der nächsten menschlichen Siedlung würde sie zurücklassen.


Mitten in seiner Grübelei hielt Khalid plötzlich an und hob die Hand als Zeichen für Jaella still zu sein. Doch der Warnung hatte es nicht bedurft. Auch Jaellas feine Ohren hatten aus dem Glucksen des Wassers und den Donnerschlägen ein Geräusch herausgefiltert, dass nicht zu der sonstigen Geräuschkulisse passte. Beinahe klang es wie hastig geflüsterte Worte. Angestrengt lauschten beide und spähten in den grauen Vorhang aus fallendem Wasser.
Der Angriff erfolgte wie aus dem Nichts. Mit einem Kriegsschrei sprangen 3 Jägerinnen aus dem Hinterhalt. Zielsicher hatten sie sich für ihren Angriff den gefährlichsten Gegner ausgesucht, alle drei stürzten sich auf den breitschultrigen Khalid. Durch lange Jahre des Trainings geschult, warf sich den Hüne gekonnt zur Seite und entging so den Attacken der drei Speere.
Jaella stand vor Schreck wie angewachsen da und konnte nur zuschauen, wie Khalid einen der Speere packte und herumriss, so dass seine Trägerin durch ihren eigenen Schwung weit zur Seite stolperte und ihre Waffe verlor. Für den Moment hatte es der Mann nun mit nur zwei Aggressoren zu tun. Von zwei Seiten gleichzeitig griffen die Jägerinnen an. Während er der einen Angreiferin in einer geschickten Drehung seinenSchulterbeutel entgegenschleuderte, so dass ihre Attacke ins Leere ging, rannte er gradewegs auf die zweite zu. Er packte sie bei den Armen und versetzte ihr einen Stoß mit seinem Kopf auf die Brust. Ihre Atemnot verschaffte ihm die Zeit, die er benötigte, um sein Kurzschwert zu ziehen. Sich herumwerfend parierte er gekonnt den Speerstoß der dritten Kämpferin, er wirbelte im Halbkreis um sie herum und hieb ihr das Schwertheft in den Rücken, so dass sie vorwärts taumelte, und stieß mit der Klinge nach. Mit einem Ruck zog er die Klinge wieder heraus und stellte sich den beiden anderen Gegnerinnen. Sein bewusstes Denken war vorrübergehend erloschen und hatte Raum gelassen für instinktives Reagieren.
Wieder gelang es ihm, den Angriff des langen Amazonen-Speeres mit seinem Schwert abzublocken, doch diesmal riss ihm der gewaltige Aufprall das Heft aus der Hand und durch die Wucht strauchelte er. Im Fallen riss er eine der Jägerinnen mit sich, doch die letzte Stehende packte ihren Speer fester und stellte sich direkt über den gefallenen Khalid. Als er aufblickte, sah er direkt in die scharfe Spitze des Speeres, darüber blitzen zwei dunkle Augen in kalter Mordlust. Sie holte aus...
Auf einmal wurden ihre Augen glasig, ein dünner Speichelfaden floss ihr aus dem Mund und sie sackte zur Seite weg. Khalid drehte sich blitzschnell, hob den Speer auf und pfählte mit einem verzweifelten Aufschrei die dritte Jägerin, die ihn gerade attackieren wollte.
Keuchend wandte er sich um und sah die vor Schock erstarrte Jaella mit erhobenem Bogen vor sich stehen. Ihr Blick war unverwandt auf die zweite Kriegerin gerichtet, die mit einem Pfeil im Rücken und gebrochenen Augen im Regen lag. Schließlich sah seine Gefährtin ihn an, ihr Blick saugte sich geradezu an ihm fest. Sie ließ den Bogen fallen, wandte sich zur Seite und erbrach sich mit einem Aufschluchzen.

Behutsam näherte sich ihr Khalid. „Jaella? Bist Du verletzt worden?“ Er nahm ihr sanft den Bogen aus den eiskalten und gefühllosen Fingern, packte sie bei den Schultern, und führte sie zu einem Baumstupf, wo er sie drängte sich zu setzten. Ein Feuer zu machen, war auf Grund der Nässe unmöglich, aber sie stand unter Schock brauchte Wärme und so setzte er sich neben sie und hängte die Plane seines Zeltes um sie beide. Er rieb ihre Arme und den Rücken, bis sie aufhörte zu zittern.
Als sie zu ihm aufblickte, lächelte er: „Komm, wir suchen uns einen trockenen Flecken. Ein Stückchen zurück habe ich einen Heuschober gesehen. Meinst Du nicht, es wäre dort gemütlicher?“
Zittrig lächelte Jaella und ließ sich den Weg zurückziehen, den sie gekommen waren. In der alten Scheune angekommen, entzündete Khalid ein Feuer und brühte einen Tee auf. Sorgsam wählte er die Zutaten aus seinem Beutel: Weißdorn, um den Kreislauf zu stabilisieren, Lavendel und Valeriana zur Beruhigung und den letzten Rest Lindenblütenhonig.

Den Holzbecher mit dem dampfenden, süßen Tee in beiden Händen kniete sich Khalid vor Jaella. Geduldig wartete er, bis ihn das Mädchen ansah, dann erst reichte er ihr das heiße Getränk.
„Hör mir jetzt gut zu, ja? Es ist sehr wichtig. Du hast eben einen Menschen getötet, und das ist ein furchtbares Gefühl. Und Du wirst sie immer und immer wieder in Deinen Träumen vor Dir sehen. Aber Du musstest es tun, um mir und auch Dir selber das Leben zu retten. Sie griffen uns ohne Vorwarnung und ohne Grund an. Du hast das richtige getan, klar?“
Mit großen Augen sah sie ihn an. „Ich weiß es. Hier oben...“ sie tippte sich mit zwei Fingern gegen ihre Schläfe, „...weiß ich es. Aber hier... „ sie legte sich die Hand auf ihr Herz, verstummte und senkte den Blick. Nach einigen Augenblicken sah sie wieder auf und fuhr fort: „Du hast schon getötet. Wird es irgendwann besser?“
Khalid seufzte und holte sich ebenfalls einen Becher Tee, bevor er sich wieder zu ihr setzte. „Es wird leichter – mit der Zeit. Meine ersten Kämpfe bestritt ich gegen Dämonen und andere Bestien aus der Unterwelt. Man könnte sagen, ich war besser auf meinen ersten menschlichen Gegner vorbereitet als Du, zumal ich Jahre des Trainings hatte, um mich an diesen Gedanken zu gewöhnen. Als wir gegen die Anhänger des Dunkelclans zogen, wusste ich, was mir bevorstand. Trotzdem habe ich mich nach der Schlacht auf die Stiefel meines Kommandanten erbrochen.“ Er sah ihr direkt ins Gesicht. „Es dauert ein paar Tage, dann hat Dein Herz erkannt, was Dein Verstand längst weiß.“

Jaella hatte nicht geglaubt Ruhe zu finden, doch Schock und Erschöpfung forderten bald ihren Tribut. An seine starke Schulter gelehnt hatte sie sich in den Schlaf geweint und nun saß er da, umfing ihren Leib mit seiner Linken und hätte sich eher die Hand abgehackt, als sie zu wecken. Der rötliche Widerschein des Feuers tanzte auf ihren Gesichtszügen. Wie sie so dasaß wirkte ihr kleines, von Kummer gezeichnetes Gesicht sehr jung und dennoch spiegelten sich darin die Trauer und der Schmerz, die für ein ganzes Leben gereicht hätten.
Wie hatte er nur daran denken können, sie zurückzulassen? Wäre sie nicht gewesen, läge er nun mit gebrochenen Augen im kalten Regen. Sanft küsste er sie auf die Stirn.
Schlaf nur, kleine Jägerin, ich wache über Dich.
Auf einmal erzeugte dieser Gedanke ein wohliges, kleines Feuer in seiner Magengegend, und der eisige Brocken an Selbstzweifeln wurde ein wenig leichter.



:hy: Insidias
 
hammer update!
wirklich erste sahne... pöhse jägerinnen :autsch:

mach bloß weiter :kiss:
 
hmmm... wieder ein : Sehr Gut von mir ^^ machst echt nice storys....

wieso wirst du nicht diablo dichter? :diablo:
 
Moin Insidias,
das Update ist gut ausgewogen zwischen Spannung und ruhigeren Momenten (wenn auch - mir persönlich - immer noch etwas zu kurz: kaum hat man sich eingelesen, endet das Kap. schon wieder).
Es sind einige Fehler da, die dir vielleicht ein Betaleser vermieden helfen könnte.

"Schließlich hob seine Gefährtin ihren Blick und saugte sich geradezu an ihm fest."
"Sie ließ den Bogen fallen, wandte sich zur Seite und erbrach sich mit einem Aufschluchzen. [...] Er nahm ihr sanft den Bogen aus den eiskalten und gefühllosen Fingern, (...)"
Das sind zwei Beispiele (1. sprachlicher Patzer, 2. logischer Patzer), die sicher nicht notwendig wären. Dann war noch eine Bewegung (gleichzeitiges Werfen des Beutels und Losrennen auf einen ganz anderen Gegner), die stutzig machte.
Nur Kleinigkeiten, aber sie sind doch ein wenig schade bei der sonst flüssigen Sprache.

Jaellas mangelnde Trauer bzw. sich in Wut verwandelnde Trauer erklärst du mit ihrem Zorn auf Alton. Entweder aber gibt es da eine Ungereimtheit - woher sollte Alton von der sicherlich geheimen Wette unter den Rekruten gewusst haben? - oder du lässt Jaella in ihrem Schmerz bewusst etwas ungerecht denken. Ich vermute Letzteres, ganz klar geworden ist es mir aber nicht.

Soviel diesmal von mir. Ich hoffe, du nimmst mir meine Kritik nicht übel.:)
Ich freue mich sehr auf Akt 2, wie du andere Gegenden darstellen wirst und bin neugierig, wie dicht du dich an den Spielverlauf hältst und was du daraus machst.

Liebe Grüße, Reeba
 
@ Reeba
Ich nehm es Dir nicht übel, ganz im Gegenteil: Ich freu mich über Dein Interesse.
Ich habe ein wenig Text umgeschrieben, damit es logischer wird (der saugende Blick / Jaella Ungerechtigkeit ihren Eltern gegenüber). Den Patzer mit dem Bogen, der *durch Zauberei* wieder in Jaellas Hand geflogen kam :wand: :wand: , hab ich gelassen. Mal sehen, wie viele Leser noch darüber stolpern... :D

Die Kampfszene mit dem Beutel und der Attacke auf die andere Jägerin empfinde ich immer noch als logisch. Die erste wird durch den fliegenden Beutel für einige Sekunden abgelenkt, während dessen kann Khalid sich um die andere kümmern.

@ all
Wie sehen es die anderen Leser? Bitte um Rückmeldung! Und weiterhin danke für euer Lob. *rotwerd*


:hy: Insidias




Kapitel 10: Neue Freunde?

Sie blieben einige Tage in dem Heuschober, denn der Regen nahm in den nächsten Tagen stetig zu und ein stürmischer Herbstwind umheulte das baufällige Gebäude. Vor dem Wind konnten sie die Bretterwände nicht ganz schützen, aber das Dach hielt knirschend und ächzend den Regen ab und sie hatten viel Platz um ihre durchweichten Traglasten zum Trocknen aufzuhängen. Durch die vielen Kleider bildeten sich regelrechte Kammern, in die sich die beiden abends zum Schlafen zurückziehen konnten. Jeder achtete das Bedürfnis des anderen nach Abgeschiedenheit. Sie polsterten sich ihre Schlafstätten mit dem übrig gebliebenen Heu aus und der Duft des getrockneten Grases erfüllt die gesamte Hütte mit Wohlbehagen.
Beide hatten diese Rast dringend nötig, denn auch an Khalid war der Kampf nicht spurlos vorübergegangen. Die Waffe einer der Jägerinnen hatte einen langen Riss an seinem Oberarm hinterlassen, der gesäubert und verbunden werden musste.

Die Tage der Ruhe führten zu innigen Gesprächen, wenngleich sie kaum persönliche Themen anschnitten und im Laufe der Zeit begannen die beiden so verschiedenen Charaktere, sich auf einander einzustellen.
Jaella staunte, wenn Khalid ihr von seinen bisherigen Schlachten gegen Kreaturen, die sie sich bislang nicht einmal vorstellen konnte, erzählte und die Landschaften beschrieb, die sie sicher niemals sehen würde. Sie wurde nicht müde, immer mehr Geschichten zu verlangen, doch zu einem Thema schwieg der Mann beharrlich: So sehr Jaella es auch versuchte, zu den Gründen, die ihn hierher geführt hatten wollte Khalid nichts erzählen. Schließlich drang sie ihn nicht weiter; ihre jetzige Beziehung war die zweier Menschen, die alles Wichtige gesagt hatten und die Geheimnisse des anderen tolerieren konnten.

Drang am Tage ein wenig Licht von einer blassen, hinter dichten zinngrauen Wolken versteckten Sonne in die Hütte, machte sich Jaella nach Khalids Anweisungen mit ihrem Bogen vertraut. Sie bastelte aus Stroh und einigen Lederresten ein Ziel, auf das sie unermüdlich schoss. Bald schon bewahrheiteten sich Khalids Worte und ihre Fingerkuppen waren wund von der scharfen Sehne und ihr Arme schmerzten von der ungewohnten Anstrengung, so dass sie abends kaum ihr Essgeschirr halten konnte.

Als sie schließlich nach einigen Tagen weiterreisten, bat die Jung-Amazone darum, den Ort des Kampfes noch einmal aufzusuchen. Still hockte sie lange Zeit neben der Leiche der von ihr getöteten Jägerin, bis sie schließlich mit den Worten „Ruhe in Frieden, Schwester“ , erhob und mit leichten Tritten weiterwanderte.

Beinahe war es, als hätten sie eine unsichtbare Grenze überschritten. War ihnen auf ihrem bisherigen Wege vor allem der Mangel an anderen Lebewesen aufgefallen, so konnten sie sich nun über Einsamkeit kaum beschweren. Immer häufiger tauchten kleine rote Teufelchen auf, die gackernd und quiekend auf die Reisegefährten zusprangen, sie mit ihren kleinen scharfen Klauen angriffen und blitzartig wieder verschwanden, nur um ein paar Schritt entfernt umzukehren und sie erneut zu attackieren. Wenngleich die Angriffe der etwa kniehohen Biester keine wirkliche Gefahr darstellten, waren sie extrem lästig, da sich die kleinen Schrammen schnell entzündeten. Khalid hatte es sich also angewöhnt, sein Schwert immer in der Hand zu halten, um die Kreaturen, wann immer sie auch auftauchten, abwehren zu können. Auch Jaella war dazu übergegangen, ihren Bogen locker über der Schulter zu tragen, und übte sich an den lästigen „Gefallenen“, wie sie diese Minimonster inzwischen spaßeshalber nannten, da sie immer gleich beim ersten Treffer umfielen.
Und weitere seltsame Kreaturen kreuzten ihren Weg. Als sie den gewundenen, ausgetretenen Pfad weitergingen tauchte am nächsten Tag in einiger Entfernung von Ihnen hinter einem kleinen Hügel eine menschliche Gestalt auf. Durch die Erfahrung mit den Jägerinnen misstrauisch geworden, gingen sie vorsichtig darauf zu. Beim Näherkommen bemerkten sie, dass ein paar zerlumpte Kleidungsreste um den grünlich-graue verfärbten Körper geschlungen waren und dass das Wesen nur noch einige strähnige Haare auf dem Kopf hatte. Angesichts des vollkommen ausdruckslosen Gesichts und der trüben, toten Augen schauderte Jaella und obgleich sie nicht abergläubisch veranlagt war, behauptete sie hinterher, es müsse sich dabei um einen Zombie gehandelt haben.
Ihre höflichen Grußworte ignorierend schlurfte das Wesen achtlos in ein paar Schritt Entfernung an ihnen vorbei und verschwand schon wenige Augenblicke später in einem kleinen Wäldchen.

Die nächste Begegnung mit der heimischen Fauna hätte sich Khalid gern erspart. Als er sich durch ein Gebüsch schlug, scheuchte er versehentlich eine wütend zischende Stachelratte auf. Der igelähnliche – jedoch dreimal größere – Allesfresser schleuderte mit einer peitschenden Schwanzbewegung einen Stachel nach dem Störenfried. Durch diese Attacke völlig überrascht, gelang es dem Mann nicht mehr auszuweichen und der spitze Dorn bohrte sich tief in seinen Oberschenkel.
Unflätig fluchend zog sich Khalid den Stachel aus dem Fleisch und rief dann lachend seiner Weggefährtin zu: „Pass bloß auf, wo Du hintrittst. Nicht, dass Du Dich auch noch von so dämlichen Ratte stechen lässt. Wenn die mich schon anfallen, werden sie Dich wohl gleich auffressen.“
„Pass Du lieber selber auf“, kicherte Jaella. „Ich trag Dich nicht, wenn sie Dir das andere Bein auch noch durchbohrt...“
Sie ließen das immer noch drohende Tier in dem Irrglauben zurück, es habe die Eindringlinge mutig verscheucht.

Abends allerdings lachte Khalid nicht mehr.
Er zog mehr und mehr das Bein nach und seine Augen glänzten fiebrig. Dennoch weigerte er sich beharrlich, Jaella nach der Wunde sehen zu lassen.
„Das ist nur ein Kratzer“, schnaufte er. „Er ist ein wenig entzündet, aber eine gute Mahlzeit und Schlaf – und ich bin wie neu.“
Jaella fügte sich, lag dann aber die ganze Nacht wach in ihrem Zelt und lauschte auf irgendwelche Laute, die ihr vielleicht verrieten, ob es dem Sturkopf schlechter ging.

Doch Khalid schien zunächst Recht zu behalten. Als sie am nächsten Morgen aufbrachen, war sein Bein zwar ein wenig steif, aber er konnte durchaus das übliche Reisetempo einschlagen. Als die blasse, kraftlose Sonne jedoch im Zenit stand, konnte der Mann nicht mehr verleugnen, dass ihm sein Bein erhebliche Schmerzen bereitete.
Wie ein glühendes Messer brannte es in seinem Oberschenkel, und die Glut fraß sich tiefer und tiefer in das Fleisch. Keuchend hielt er inne und wollte grad um eine Rast bitten, als sich das Gebüsch zu seiner Linken teilte und eine dieser Zombie-ähnlichen Kreaturen hervortrat. Anders als bei der letzten Begegnung schlurfte das Wesen auf die zwei Reisenden zu und starrte ihnen dabei direkt ins Gesicht, die Arme waren drohend erhoben und ein grimmiges Knurren war zu hören. Auf Jaellas Warnruf hin, drehte sich Khalid um und hob sein Schwert. Dreimal hieb er, das Kurzschwert mit beiden Händen packend, auf die Kreatur ein, dann lag sie vor seinen Füßen. In seinen Ohren begann es zu rauschen und sein Herz schlug viel zu schnell und zu laut. Er drehte sich wieder zu Jaella um und wollte grad sprechen, als sie plötzlich den Bogen hob, auf ihn zielte und schoss. Der Pfeil zischte nur knapp an seinem Kopf vorbei und blieb zitternd in der Schulter eines weiteren Zombies stecken. Ein zweiter Schuss gab ihm den Rest.
Khalid riss mühsam die Augen auf und fixierte das Gestrüpp am Wegesrand, aus dem er ein Rascheln hörte. Diesmal traten drei dieser Wesen hervor, die er vor Erschöpfung und Fieber taumelnd angriff.
´Aus welchen Höllen mögen diese Wesen entkommen sein?`, dachte er zusammenhanglos. Während er eine Attacke schwächlich parierte und ein leises Surren ihm verriet, dass Jaella Pfeil um Pfeil auf die Horde feuerte, erwischte ihn ein Schlag einer kalten, grünlichen Hand und die Nägel rissen tiefe Schmarren in seine linke Wange. Ein heiserer Schrei hinter ihm ließ ihn herumfahren. Die plötzliche Angst um seine Weggefährtin brachte ihn wieder zu sich.
Eher instinktiv hatte Jaella sich zur Seite gedreht, als die Wesen sie von hinten attackierten, und so erwischte sie der Schlag nur an der Schulter. Trotzdem warf die Wucht des Treffers sie beinahe um. Brüllend stolperte Khalid auf die zwei Untoten zu, doch noch bevor er die Gruppe erreichte, hörte er hinter sich das Zupfen einer Bogensehne und ein mächtiger, gefiederter Pfeil streckte eines der Ungeheuer nieder. Das zweite erledigten die Weggefährten gemeinsam, dann drehten sie sich in die Richtung, aus der der fremde Pfeil geflogen war.
Neben den Überresten der Zombies, gegen die Khalid gekämpft hatte stand eine große Frau mit rot-braunem Haar, die eine abgewetzte Ledertunika trug. Sie stand aufrecht da, und hielt einen gespannten Bogen locker in den Händen. Der aufgelegte Pfeil zeigte auf den Boden vor den Reisenden. Sie schaute sie wachsam aber nicht unfreundlich an.
„Was habt Ihr hier zu suchen?“, fragte sie mit rauer Stimme. „Das ist keine Gegend für einen Spaziergang.“
Mühsam ein Stöhnen unterdrückend richtete sich Khalid auf und stellte sich schützend vor seine Begleiterin. „Bist Du eine Dienerin Akaras?“
Die Fremde hob eine Augenbraue. „Dienerin scheint mir nicht das richtige Wort zu sein, aber ja, sie ist unsere geistige Führerin. Mein Name ist Flavie. Aber ist es nicht Brauch, dass sich zuerst der vorstellt, der fremd ist? Wer also seid ihr?!“
„Für die Gräueltaten an Cain und der schutzlosen Bevölkerung, die Euer Orden niedergemetzelt hat, werde ich Euch und Eure sogenannte geistige Führerin zur Rechenschaft ziehen!“, rief Khalid und im selben Moment gab sein verletztes Bein nach und er sank halb zu Boden.
Jaella hatte sich in der Zwischenzeit gefangen und ihrerseits ihren kleinen Bogen gespannt. Lauernd starrten sich die Frauen an.

Die Fremde war eine erfahrene Kriegerin, jeder Zoll ihres drahtigen, muskulösen Körpers sprach eine Warnung aus, sie nicht zu unterschätzen und die Narben auf ihren bloßen Armen und in ihrem hageren Gesicht erzählten von manch überstandener Gefahr. Stahlblaue, klare Augen musterten das Gesicht der jungen Frau. Von Statur und Ansehen glich sie den Jägerinnen, die sie in den Ebenen überfallen hatten, doch ihre Augen sprachen eine andere Sprache. Wo ein dunkler Schleier die Angreiferinnen überschatten hatte, war hier nur Klarheit. Wo kalte Wut die Seele verdeckt hatte, sah Jaella hier Vorsicht und unbändige Trauer, doch keinerlei Agressionen.

Schließlich sprach Jaella leise:“ Warum habt Ihr uns eben geholfen, wenn Ihr eine Söldnerin von Akara seid?“
„Eben weil ich dem Orden diene. Akara würde nie zulassen, dass diese grässlichen Kreaturen Reisende behelligen, wenn sie es verhindern könnte. Aber leider können auch wir Jägerinnen nicht überall gleichzeitig sein.“
Zögernd ließ Jaella ihren Bogen sinken, und legte ihn schließlich ganz auf den Boden. „Dann verzeih bitte seine Worte, Schwester, er ist einem Irrtum unterlegen.“

Flavie starrte die blonde Frau an. Eben noch hatte ihr Gefährte sie als Mörderin beschimpft, und nun nannte sie sie ´Schwester`?
Khalid starrte nicht minder überrascht „Sie ist eine Jägerin, Du dummes Mädchen, sie wird uns töten“, hustete er mit kraftloser Stimme. „Heb sofort Deinen Bogen wieder auf.“
Doch Jaella hatte sich inzwischen neben Khalid gekniet und mit einem schnellen Tritt das Schwert aus seiner Reichweite entfernt.
Er wandte sich sofort um, damit er seine Waffe wieder aufheben konnte, doch Jaella packte ihn bei den Händen und sprach drängend auf ihn ein.
„Bitte, setz Dich hin. Du bist verletzt und solltest Dich nicht bewegen. Keine Sorge, sie ist auf unserer Seite. Glaube mir! Sieh Dir ihre Augen an! Die Augen der Jägerinnen, die uns angriffen, waren kalt und leer, wie bei diesen Zombies, aber ihre Augen sind warm und lebendig!“
Verwirrt und erschöpft gab der Mann für den Moment den Widerstand auf und fixierte die fremde Bogenschützin. In seinem Kopf rauschte das Fieber.
Jetzt kniete sich auch Flavie neben die zwei und sah Khalid durchdringend an. „Erklärt Euch, Krieger. Warum glaubt Ihr, sollte ich Euch etwas antun wollen? Warum sollte Akara Euch etwas antun wollen?“
Jaella antwortete an seiner statt: „Man erzählt sich im Osten, dass die Amazonen dieser Gegend dem Bösen verfallen seien und unter der dämonischen Herrschaft von Akara übelste Gräuel begehen. Sie sollen sogar einen Zauberer namens Cain gefangen halten – wenn er nicht schon tot ist.“
Flavies helle Augen wurden traurig. „Es ist nicht ganz richtig und nicht ganz falsch.
Viele unserer Jägerinnen sind dem Bösen verfallen und ziehen plündernd und mordend durch unsere Ebenen. Doch nicht Akara ist deren Anführerin, sondern die Dämonin Andariel Aus den Tiefen der Hölle kam sie zu uns, verführte unsere Schwestern und vertrieb uns aus unserem angestammten Heim.
Wir... waren machtlos gegen die Kreaturen, die sie mit sich führte.“ Flavie seufzte und fuhr zu Khalid gewandt fort: „Ich sehe Euren Argwohn und ich verstehe Euch auch. Wir Jägerinnen brauchten auch eine Weile, um uns gegenseitig wieder zu vertrauen. Ihr solltet mit Akara reden. Kommt mit mir, einen halben Tagesmarsch von hier haben die Jägerinnen ein Lager aufgeschlagen, dort kann auch Eure Wunde versorgt werden.“

„Woher weiß ich, dass Ihr mich nicht in eine Falle locken wollt?“ argwöhnte Khalid.
„Gar nicht, genau wie ich.“ Mit diesen Worten erhob sich Flavie mit der Geschmeidigkeit einer Katze, bückte sich nach dem schartigen Schwert und warf es dem Mann zu. Dann drehte sie ihm den schutzlosen Rücken zu und stand eine Weile still, bevor sie sich mit langen, ruhigen Schritten in nördlicher Richtung entfernte.
„Wir können ihr vertrauen, ich weiß es“, flehte Jaella, dann griff sie dem Verletzten unter den Arm und half ihm auf. Hinkend, dennoch aufrecht, das Schwert wieder im Hüftgurt verwahrt, folgte er ihrer neuen Führerin.

Missmutig trottete Khalid den beiden Frauen hinterher. Es ärgerte ihn, dass die Wunde in seinem Bein ihn beim Laufen behinderte. Es ärgerte ihn, dass die beiden sich angeregt und kichernd mit einander unterhielten, als kannten sie sich schon seit Kindesbeinen. Und es ärgerte ihn, dass er wie ein braves Schaf hinter ihnen hertrottete.
War nicht er eigentlich der Führende ihrer kleinen Reisegesellschaft gewesen? Und jetzt gab sie die Befehle? Wütend trat er nach einem Erdhügel, so dass er in alle Richtungen spritzend zerbarst.
Doch mit einem Mal erfasste er die Situation richtig; wusste, was der Auslöser für seinen Unmut war: Er hatte jemanden unterschätzt. Seine kleine Gefährtin war nicht länger ein nützliches, aber manchmal lästiges Anhängsel. Sie hatte sich erfolgreich in der vergangenen Schlacht behauptet und früher als er erkannt, dass es sich bei der fremden Bogenschützin nicht um eine Kreatur des Bösen handelte. Dass sie alle auf der gleichen Seite standen, stand für ihn mittlerweile zweifelsfrei fest, spürte er doch, dass sie keine Boshaftigkeit umgab, und er hätte es mit Sicherheit viel früher erkannt, wenn nicht die Gifte aus seiner Beinwunde sein Denken verlangsamt hätten. Nachdem er seinen inneren Zwiespalt erkannt hatte, würde es ihm nicht schwer fallen, sich auf die veränderte Situation einzustellen.
Der müde Krieger beschleunigte seine Schritte, um zu den beiden aufzuschließen.

„...aber wer hat Dich bloß gelehrt, den Bogen so zu halten. Ein Wunder, dass Du überhaupt etwas triffst.“ Missbilligend schnalzte Falvie mit der Zunge.

Khalids Mine verdüsterte sich wieder.
 
:hy: Insidias,
hab grad alles am stück gelesen und muss sagen, sie gefällt mir von kapitel zu
kapitel besser.
v.A. dein letztes update war der hammer!
du arbeitest schön die charaktere der helden heraus, bin schon gespannt, wies weiter geht

MfG holy
 
hmm ja is gut geworden. das bisschen witz am ende gibt der story halt auch was lustiges. mach mal n paar davon rein. ansonsten is wirklich gut geworden. hoffe es geht bald weiter
 
He, das sollte nicht witzig sein - in der Welt von D2 gibts nix zu lachen... :D



Ich hatte heute ein wenig Zeit...


Kapitel 11: Im Lager der Jägerinnen

Das Lager lag an einem wild rauschenden Fluss, am Rande eines Wäldchens.
Mannshohe provisorische Holzpalisaden und steinerne Einfriedungen schützten es vor Eindringlingen. Dahinter waren Wälle angelegt, auf denen die Jägerinnen die Ebene überwachten.
Um ein hohes Feuer in der Mitte des offenen Platzes waren kreisförmig die Hütten und Zelte der Bewohner angelegt; es waren gut zwei Dutzend Wohnstätten. Jede von ihnen wirkte flüchtig erbaut, aus zusammengewürfeltem Material. Keines von ihnen sollte von Dauer sein, keiner ihrer Bewohner wollte aus diesem Zustand der Unvollkommenheit etwas Bleibendes schaffen, gleich wenn es bedeuten würde, das unakzeptable anzunehmen. Sie würden niemals aufgeben, ihr angestammtes Heim zurück zu erobern.
Einige Menschen saßen um das große zentrale Feuer, andere standen auf dem Wall und hielten Wache, wieder andere gingen normalen Beschäftigungen nach.
Alles in allem sahen Khalid und Jaella zu viele Kinder, zu viele Greise und zu wenig waffenfähige Krieger. Sie sahen viel zu wenig Menschen.
„Das ist alles, was von unserem Orden übrig blieb“, offenbarte ihnen ihre Führerin.

Als sie näher ans Tor kamen, stellte sich ihnen eine stämmige Jägerin in den Weg.
„Hallo Elize!“, begrüßte sie Flavie.
Die Amazone nickte grüßend. „Wen bringst Du denn mit?“
„Zwei Reisende. Wir wollen zu Akara, wir haben viel zu besprechen.“
In einer angedeuteten Verbeugung gab die Torhüterin den Weg frei. „Sie ist in ihrem Zelt, glaube ich. Schön, dass Du unversehrt wieder hier bist.“

Stirnrunzelnd sah die Wachthaltende den Reisenden nach. Sie gab schnell einige Handzeichen an ihre Kollegin auf der Palisade, damit sie alle Vorbereitungen treffen konnte. Ihr Name war Belinda, und Flavie wusste das nur allzu gut, schließlich waren sie gemeinsam aufgewachsen. Doch das Codewort „Elize“ bedeutete, dass es sich zwar um eingeladene Gäste handelte, die man aber besser nicht alleine mit der Hohepriesterin lassen sollte. Innerhalb von Sekunden nach ihren Zeichen war Akaras Zelt unauffällig von Bogenschützen umringt worden.

Das kleine Zelt Akaras lag ein wenig abseits von den anderen, gleich wenn die anderen Hütten und Unterkünfte respektvoll Raum ließen für Wichtiges und Geheimnisvolles, das dort vor sich ging.
Als Khalid und Jaella vor den Eingang traten, versperrten ihnen zwei finster blickende Speerkämpferinnen den Weg. „Eure Waffen müssen draußen bleiben!“, forderten sie.
Schulterzuckend lehnte Jaella ihren kleinen Bogen und auch ihren Gepäckbeutel an einen der Stützpfosten des Zeltes.
Khalid dagegen stand regungslos da. Sein Gesicht war unergründlich und ausdruckslos, doch in seinem Geist arbeitete es fieberhaft. Niemals, niemals zuvor hatte er seine Waffen abgelegt. Als der Großmeister ihm sein erstes eigenes Schwert in feierlicher Zeremonie übergab, und die plumpe, hölzerne Übungswaffe dem Feuer überantwortete, hatte er die rituellen Worte gesagt. „... werde ich meine Waffen hüten ... sie keinem außerhalb des Ordens anvertrauen...“ Seither hatte er das Schwert immer an seinem Körper getragen und es höchstens zum Baden abgelegt. Es in seiner Nähe zu haben, bedeutete stete Wachsamkeit, die ständige Bereitschaft, die Schwachen zu unterstützen und den ehrenvollen Weg zu gehen.
Doch er hatte schon mit den Traditionen gebrochen, als er eine weiblichen Begleitung an seiner Seite duldete, außerdem war der Orden weit fort und in seiner Starrheit und dem Kleben an altem Denken war er nicht unschuldig an dem Unglück, das die Welt bedrohte.
Khalid holt tief Luft, als setze er zu einer Kraftanstrengung an, dann sprang er ohne weiteres Zaudern über den Schatten, den man ihm anerzogen hatte und begab sich offenen Geistes in die Gewalt der Jägerinnen. Er ließ sein Schwertgehenk und seine Tasche fallen, dann traten sie in das Halbdunkel des Zeltes.

Als sich die Augen der beiden Reisenden an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, sahen sie sich um. Eine ältere Frau rührte in einem Zinnkessel, der über einem kleinen Feuer hing. Sie mochte schon viele, viele Sommer erlebt haben, die ersten grauen Strähnen zierten ihr dunkles Haar, aber ihr Gang war immer noch aufrecht und ihre Augen durchdringend und klar. Als sie der Eintretenden gewahr wurde, drehte sie sich zu ihnen um, wischte sich die Hände in der wollenen Schürze ab und fixierte sie nachdenklich.
Nach einer Weile sprach sie: “Ich bin Akara, Hohepriesterin der Schwestern vom verborgenen Auge. Was führt Euch zu mir?“
Khalid zögerte, denn er wusste nicht recht, wie er anfangen sollte. Dann räusperte er sich. „Ich bin auf der Suche nach einem der Weisen der Horadrim, Deckard Cain. Man erzählt sich im Osten, dass Ihr, Akara, die Schwesternschaft mit bösem Glauben vergiftet habt und die Jägerinnen zu unsagbaren Gräueltaten anstiftet. Ich hoffe, von Euch näheres zu Cains Aufenthaltsort erfahren zu können, denn er war unterwegs zu Euch, als der Kontakt abbrach. Cain wollte von Anfang an nicht glauben, dass Ihr zu solch Untaten fähig seid, daher wollte er selber die Wahrheit herausfinden.“
Akara war bei diesen Worten bleich geworden, doch sie fasste sich rasch und sprach mit unergründlichen Blick: „Und was glaubt Ihr, Krieger?“
Der Angesprochene wechselte einen raschen Blick mit seiner Gefährtin. „Wir haben uns mit einer der Euren, Flavie, unterhalten können. Wir glauben ihren Aussagen, dass die Amazonen, die diese Untaten begehen, nicht in Eurem Auftrage handeln, zumal wir sie selber in Aktion erleben mussten. Die Speerkämpferinnen, die uns angriffen, hatten nicht mehr viel menschliches an sich. Sie lagen unter einem düsteren Schatten, der ihre Augen trübte und der eine beinahe greifbare Aura des Bösen um sie legte. Davon spürte ich weder in Falvies, noch in Eurer Gegenwart etwas.“
Er hatte das Richtige gesagt, und sowohl Akara, als auch die beiden Wächterinnen entspannten sich sichtlich.
„Auch ich bemerkte diese Aura bei unseren verderbten Schwestern, doch ihr beide seid reinen Geistes. Ich heiße Euch in unserem Lager willkommen, fürchte aber, ich kann Euch in diesen baufälligen Mauern nur unzulänglich Unterkunft bieten. Die böse Dämonin Andariel hat unsere Schwestern gegen uns aufgebracht und ihren Geist mit Lügen und leeren Versprechen verdunkelt. Dass nun auch Cain in ihrer Gewalt sein muss, ist eine schreckliche Nachricht. Selbstverständlich konnte Deckard nicht glauben, dass ich hinter den Missetaten der dunklen Jägerinnen stecke.“ Ihre Stimme erstarb zu einem Flüstern. „Er wollte meinen Ruf und die Ehre der Jägerinnen wieder herstellen und ging ihnen in die Falle.“ Nur ihre Augen ließen ihren tiefen Schmerz erahnen, das Gesicht war eine unbewegte Maske.
„Sie werden versuchen, seinen Willen zu brechen und seine Macht zu verheeren. Dass er nicht mehr in der Lage ist, den Kontakt mit den Alten der Horadrim aufrecht zu erhalten, ist ein schlimmes Zeichen. Sollte er dem Bösen unterliegen und Andariel sich seiner Kräfte bemächtigen, ist unsere Welt dem Untergang geweiht.
Wir können nicht eine unserer Kriegerinnen entbehren und auf die Suche nach ihm schicken, denn wir fürchten, jeden Moment angegriffen zu werden. Unsere Kundschafterinnen haben entdeckt, dass sich viele Geschöpfe des Schattens und Schreckens von jenseits des Grabes in einer Höhle in der Nähe zusammenrotten. Wir sind schon jetzt zu wenige Waffenfähige.“

Wenn es in Khalid auch nur noch den Hauch eines Zweifels an Akaras Gesinnung gegeben hätte, wäre er angesichts der tiefen Verzweiflung in den Augen der Älteren und dem Schmerz in ihrer Stimme weggewischt worden.
Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf, sein Gesicht strahlte in dem Stolz seiner Art. Schwungvoll warf der seinen abgenutzten, fleckigen Umhang über die Schulter zurück. Voller Staunen bemerkte Jaella das darunter schimmernde Kettenhemd. Auf unzähligen, fein gearbeiteten, silbrigen Ringen prangte unübersehbar die zugreifende 4-zehige Klaue eines jagenden Greifvogels, das Wahrzeichen der Zakarum. Stolz brannte in seinen stahlgrauen Augen, als er sich vor Akara kniete, das rechte Bein vor sich aufgestellt. Seine Hand fuhr zu seinem Hüftgurt, um sein Schwert zum Schwur zu ziehen.
Dass er das Schwert am Eingang abgelegt hatte, schmälerte ein wenig die Erhabenheit der Szene, dennoch fuhr Jaella ein Schauder der Ergriffenheit über den Rücken, als er mit fester Stimme zum Eid anhob: „Ich bin Khalid, Sohn des Libatius, Paladin vom Orden der Zakarum. Ich gelobe, Deckard Cain zu suchen und die Bedrohung durch die Dämonin Andariel zu beenden. Ich gebe mein Schwert aus freiem Willen in Eure Dienste, verfügt darüber nach Belieben. Voluntarte Deostria fi`erte !”

Ernst blickte Akara den Hünen an, dann reichte sie ihm die Hand und hieß ihn sich erheben. „Ich danke Euch, Khalid. Sofern es in meiner Macht steht, werde ich alles tun, um Euch zu unterstützen. Wir haben eine begabte junge Schmiedin in unserer Mitte, vielleicht kann sie Euch behilflich sein. Doch genug der langen Reden. Ich sehe, Ihr seid von Eurem Marsch und den Kämpfen erschöpft und bedürft der Versorgung durch unseren Heiler.“ Sie gab einer der wartenden Amazonen ein Zeichen. „Bringt ihn in das große Langhaus, man soll sich dort seiner Wunden annehmen. Es steht im frei, sich ohne Begleitung im Lager zu bewegen.“

Nach einer knappen Verbeugung drehte sich Khalid um und verließ mit der Wache das Zelt. Doch als Jaella ihm folgen wollte wurde sie zurückgerufen.
„Und nun möchte ich gern Eure Geschichte hören, mein Kind. Ein Paladin der Zakarum reist niemals in Begleitung einer Frau und schon gar nicht einer Kriegerin.“
Eingeschüchtert durch die offenkundige Macht der Älteren, senkte Jaella ihren Blick. „Eine Kriegerin bin ich noch lange nicht.“
Jetzt, wo Jaella endlich die Gelegenheit hatte, ihre Verwandtschaft offenzulegen, versagten ihr die Worte.
Akara wartete geduldig ab. Manchmal musste man nur jemandem die Zeit geben, dann sprudelte alles Wissenswerte aus ihm heraus, mit Zwischenfragen erreichte man da nichts.
Schließlich sammelte sich das verschüchterte Mädchen, hob den Blick und erzählte:
„Ich bin geboren in Lut Gholein, einer Hafenstadt am Rande der großen Wüste weit im Osten. Ich wuchs bei anständigen Leuten auf, die mich als Baby adoptierten. Meine richtige Mutter war eine Amazone, die vor etwa 17 Jahren, kurz nach meiner Geburt, wegen eines Attentates auf einen Soldaten der Stadtgarde hingerichtet wurde.
Als der Mann, bei dem ich aufwuchs, starb, vertrieben sie mich aus der Stadt, doch meine Ziehmutter sagte mir noch, ich könnte vielleicht noch Verwandte in Tristram haben.“ Akara sah deutlich, dass Jaella um Fassung rang, daher fragte sie nicht nach den näheren Umständen, obgleich sie merkte, dass die junge Frau nicht alles gesagt hatte. Doch dafür war später noch Zeit. Akara konzentrierte sich wieder auf die stockende Erzählung.
„Als ich Khalid traf, erzählte er mir, dass Tristram gefallen ist und alle Amazonen dem Bösen verfallen seien, also konnte ich auch dort nicht hin. Daher bat ich ihn, mich mitzunehmen. Ich wollte wenigstens noch einmal von Nutzen sein, aber nun...“ Jaella brach ab, wusste nicht mehr weiter und sah mit tränenblinden Augen ins Feuer.
„Nun hast Du uns doch gefunden“, beendete die Hohepriesterin sanft den Satz. „Und jetzt fragst Du Dich, ob wir Dich wohl bleiben ließen.“
Das Nicken des Mädchens war nur zu erahnen.
„Liebes Kind, ich wusste sofort, wer Du bist, doch ich war mir nicht sicher, ob Du selber die Wahrheit kanntest. Deinen Namen hat Deine Mutter mit Bedacht gewählt. Ja´ Ella bedeutet ´Meine Tochter` in der Sprache der Alten, selbst unter unseren Schwestern wird sie kaum mehr gesprochen. Doch es hätte des Namens nicht bedurft, Du bist Rexina, Deiner Mutter, wie aus dem Gesicht geschnitten.“
Jaella sah staunend auf „Ihr kanntet sie?“
Liebevoll ließ Akara ihren Blick über den blonden Schopf, die himmelblauen Augen, die hohen Wangenknochen und den schmalen Mund gleiten. Dieses Gesicht hatte sie nie vergessen, war doch dessen Trägerin ihr immer nahe gewesen.
„Ich bin Deine Tante, und Du bist zu Hause.“
Bei diesen einfachen Worten breitete sie die Arme aus und ging auf die junge Amazone zu. Ehe sie sich’s versah, fand sich Jaella in einer kraftvollen Umarmung wieder, sicher und geborgen, als könne ihr nie wieder ein Leid geschehen. Innig schmiegten sich die Frauen aneinander und verstohlene Tränen sickerten in den Umhang des jeweils anderen. Lange Zeit standen sie dort, angestrahlt vom rötlichen Wiederschein des flackernden Feuers. Die Speerträgerin, die die ganze Szene beobachtet hatte, zog sich vorsichtig zurück.
Sie würde nicht zulassen, dass jemand diesen Moment störte.




:hy: Insidias
 
Tolles Update, bin echt beeindruckt.

nach reebas kritik würde ich mich als betaleser anbieten ;)
(jaja ich will ja bloß die neuen kapitel etwas früher lesen :D )

sag bescheid wenn du das möchtest :angel:
 
not bad not bad. kannst ja mal ne zusammenfassung machen mit der genemigung von n paar mods
 
Huhu Insidias,
langsam gewinnt die Geschichte an Tiefe, die letzten beiden Ups habe ich gern und mit wachsendem Interesse an deiner Sicht auf Sanktiario gelesen. :)
Kritik: immer noch Einiges an Fehlern; das Gros sind sicherlich Flüchtigkeitsfehler.
Insgesamt denke ich aber oft beim Lesen: die Geschichte entwickelt sich so gut - lass dir etwas mehr Zeit.
Widersprüche:
- ein improvisiertes Lager - aber mit einem Langhaus darin?
- eine Palisade ist plötzlich ein Wall, auf der/dem man sogar gehen kann?
- Greise und Kinder - wenn die Amazonen männerlos als Schwestern eines Ordens leben (was ich einfach mal vermuten würde), wo kommen dann Kinder und Greise her?

Du siehst - ich lasse nicht locker :D
Denn die Geschichte gefällt mir wirklich, ich freue mich auf alles Kommende.

Nun bin ich gespannt, wie es mit Jaella weitergeht.
Gruß, Reeba
 
Reeba schrieb:
- Greise und Kinder - wenn die Amazonen männerlos als Schwestern eines Ordens leben (was ich einfach mal vermuten würde), wo kommen dann Kinder und Greise her?

Ich schreibe zwar nicht oft etwas, aber ich denke das lässt sich recht leicht begründen:

  • die Kinder könnten der Nachwuchs der Amazonen sein. Immerhin sind diese auch durch die Welt gereist, sonst wäre Jaella nie zur Welt gekommen. Wenn man nun davon ausgehen möchte, das nicht alle jungen Amazonenmütter hingerichtet werden, könnten diese ihre Kinder von den Reisen mitbringen oder schwanger nach Hause zurückkehren. (Sex ist ein guter Grund für eine Reise :D )
  • die Greise könnten die alten Damen sein, welche den Gefahren eines Amazonenlebens getrotzt und schliesslich überlebt haben. Ich bin mir sicher, wenn eine Amazone ihrem Volk lange Jahre treu gedient hat wird sie nicht in die Wildnis geschickt, sobald sie ihre Kräfte aufgrund des Alters einbüsst.

    Es wäre sogar denkbar, dass die kampffähigen Amazonen alles daran setzen die Alten sowie die Kinder aus Respekt vor der Vergangenheit und Notwendigkeit für die Zukunft mit ihrem Leben schützen
  • Die Alten und die Kinder könnten Flüchtlinge sein, welche sich aus Angst vor den bösen Jägerinnen in den Schutz der richtigen Amazonen begeben haben.

Das ist so mein Gedankengang, wenn ich an alte und junge Menschen in dem Lager denke.

Vielleicht liege ich aber auch Meilenweit daneben und Insidias hat eine bessere Begründung :D

greetz,
BUCK
 
Das sind gute Erklärungsansätze. Die Bemerkung zu den Alten und Kindern sollte auch keine 'Fehleranmerkung' sein, sondern ich frage mich als Leserin lediglich, was sich die Autorin dabei gedacht hat ;)
Da in einer noch im Entwurf steckenden eigenen Geschichte Amazonen ebenfalls eine Rolle spielen, interessiert es mich, wie sich andere Autoren den Fortbestand der Klasse denken.

:hy: Reeba
 
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