Hallo Ihr Lieben und willkommen @ Helldog!
Ich weiß, ich habe Euch lange warten lassen, aber dafür bekommt ihr auch gleich zwei Kapitel. Ist das n Deal?
An dieser Stelle möchte ich um einen warmen Applaus für Masiri bitten, der seit Kapitel 12 dafür verantwortlich ist, dass ich weniger Fehler mache als bisher. Danke!
Kapitel 13: Eine neue Aufgabe
Als Kahlid vor dem Lager der Jägerinnen auftauchte, sah er wieder die selbe stämmige Jägerin das Tor bewachen, wie schon bei seiner letzten Ankunft. War das wirklich erst einen Zehntag her?
Diesmal blickten ihre dunklen Augen ihm freundlich entgegen. Gutmütiger Spott klang in ihrer Stimme als sie ihn begrüßte: „Seid gegrüßt, Paladin, wart Ihr spazieren?“
Sein Umhang hing ihm in angesengten Fetzten um die Schultern, seine rechte Gesichtshälfte war geschwollen und blutig von einem Treffer, dem er nicht rechtzeitig hatte ausweichen können. Das Schwert an seinem Gürtel war blutverschmiert, er selbst über und über mit dem Schlamm des Höhleneinganges bedeckt, den er mühselig erklimmen musste. Alles in allem sah er aus wie jemand, der gerade einen schönen, erholsamen Sonntagsspaziergang hinter sich hatte.
„Seid gegrüßt, Belinda“, erwiderte er und ein leichtes Lächeln teilte sein verdrecktes Gesicht.
Gut gelaunt lächelte sie zurück und gab den Weg frei. Als er die Wächterin beinahe passiert hatte, legte sie ihm die Hand auf die Schulter. Er drehte den Kopf zu ihr und beide teilten einen Moment der Stille.
„Schön, dass Ihr unversehrt wieder hier seid, Khalid“ , sprach sie leise und wandte sich wieder ab.
Diese rituelle, den Jägerinnen vorbehaltene, Begrüßung wärmte ihn wie eine weiche, wollene Decke.
Sie sollte nicht die einzige bleiben. Als er das Lager betrat lächelten ihm viele zu, einige grüßten ihn namentlich, so mancher klopfte ihm auf dem Weg zu Lazarett im Vorübergehen auf die Schulter.
Dort angekommen endetet jedoch jegliche Nettigkeit.
„HINAUS mit den dreckigen Sachen aus meinem Lazarett! Fluss! Waschen! Sofort!“ kreischte der verhutzelte Heiler mit mädchenhaft hoher Stimme und wackelte, bedrohlich seinen Stock schwenkend, auf ihn zu. Diesem Gegner war der erfahrene Krieger nicht gewachsen, eilig trat er den Rückzug an.
Leise in sich hineingrinsend marschierte der gebeutelte Held in Richtung des Flusses. Wind und Strömung hatten in der Nähe des Lagers eine kleine Bucht geformt, in der das Wasser ungefähr hüfthoch war. Die Geschwindigkeit des Wassers war hier nicht so stark, so dass auch Kinder ungefährdet darin schwimmen konnten, auch wenn das Becken kaum groß genug für mehr als zwei oder drei Züge war.
Dichtes Strauchwerk schützte die Badenden vor aufdringlichen Blicken, auf einigen ausgelegten Holzplanken an dem abgesenkten Einstieg ins Wasser konnten Kleidungsstücke und Handtuch trocken verwahrt werden. Ein großer Findling mit einen Mulde darin war so platziert worden, dass man darin leicht die Wurzeln des Seifenkrauts, das hier überall wild wuchs, zerstoßen konnte. Der dabei entstehende Schaum roch nicht so gut wie die talghaltigen Seifen, die er aus Kurast gewöhnt war, doch er reinigte gut und war wesentlich schneller zu erzeugen.
Einen kurzen Moment lang sinnierte Khalid müde darüber nach, mitsamt Rüstung, Kleidung und Waffen in das Becken zu springen, denn jedes seiner Besitztümer konnte eine gründliche Reinigung vertragen. Aber eigentlich scheute er das langwierige Walken des Leders, das notwendig war, um es beim Trocknen geschmeidig zu halten. Er würde die Sachen doch lieber nachher abbürsten.
Mühsam schälte er sich aus seiner Kleidung, ließ sie achtlos auf den Holzboden fallen und stieg dann in das frische Flusswasser. Erschrocken jappste er vor Kälte, aber die eisigen Wellen spülten seine Müdigkeit von dannen, so dass er sogar die Kraft fand, sein Untergewand zu reinigen.
Sauber wie ein Baby, ein einfaches Handtuch um die Lenden geschlungen, und ein ganzes Stück zufriedener machte er sich auf den Weg zurück zum Lazarett. Auf dem Weg meinte er kurz, Jaella in einiger Entfernung gesehen zu haben, doch die hagere, gebeugte Gestalt, die dort entlang humpelte, wirkte viel älter als seine ehemalige Wegbegleiterin. Doch durch die Erscheinung an sie erinnert, nahm sich Khalid fest vor, sich nach ihr zu erkundigen.
Eigentlich war es merkwürdig, überlegte er, die vorübereilenden Menschen betrachtend, die wenigsten der hier lebenden Frauen und Männer waren blond und hatten Gesichtszüge wie Jaella. Er sah braunes, schwarzes und sogar rotes Haar, und die Gesichter waren alle verschieden. Und doch hatte er Jaella bei der Querung des Passes mit der Karawane eindeutig als Amazone identifiziert. Sämtliche Zeichnungen der östlichen Kulturen über ihr Volk, die er je gesehen hatte, zeigten ein genaues Abbild ihrer selbst. Das war wohl eines dieser Missverständnisse, die sich zwischen fremden Ländern immer ergaben. Khalid schüttelte den Gedanken ab, er war Krieger, kein Völkerforscher.
Der Empfang des Heilers war dieses Mal wesentlich freundlicher, er winkte sogleich einen Burschen heran, der dem Helden die Kleidung und das restliche Gepäck abnahm und versprach, dass er dieses gereinigt und in Stand gesetzt am Abend wiederbringen würde.
Dann versorgte der Medikus die großflächige Brandwunde und die zahlreichen kleineren Blessuren, wobei er ständig vor sich hinschimpfte, dies sei reine Zeitverschwendung. Wenn der Krieger genesen wieder loszog, würde er sich doch nur wieder die gleichen Verletzungen zuziehen. Doch Khalid kannte diese Art von Humor auch von den Heilerinnen im Osten, wenngleich diese meist feinfühliger arbeiteten, und so ließ er sich auf eine harmlose Kabbelei mit dem Alten ein.
Nachdem der Heiler mit ihm fertig war, suchte Khalid Akara auf, die bereits nach ihm hatte schicken lassen. Sie ließ ihn an einem kleinen runden Holztisch Platz nehmen und tischte eigenhändig Brot, Fleisch und Gemüsesuppe auf.
Khalid war so entkräftet, dass er eine ganze Weile stumm zulangte und erst als das meiste Essen vertilgt war, wandte er sich mit entschuldigenden Worten an die Hohepriesterin. Lachend winkte diese ab.
„Es mag schon einige Sommer her sein, aber auch ich kenne die Anstrengungen eines Feldzuges. Meine Schwester sagte immer, ich hätte danach wohl sogar einem Kind seine Honigwaffeln fortgenommen, so hungrig war ich stets hinterher. Doch nun sagt mir, was Ihr in der Höhle erlebt habt.“
Der Paladin berichtete ausführlich von den Ereignissen unter Tage, von den Gefallenen und ihren wiederbelebenden Schamanen, den bärengleichen Garganturen und von dem mit Blitzen gerüsteten Heerführer dieses gemischten Verbandes aus Untoten und anderen Unwesen.
Nur ab und zu hielt er inne, um einen Schluck Wein zu trinken. Akara unterbrach ihn nicht durch Zwischenfragen, sondern ließ ihn seinen eigenen Erzählrhythmus finden. Und trotzdem war die Kerze auf dem Tisch, die die beginnende Dämmerung vertrieb, ein gutes Stück heruntergebrannt, als der Held schließlich zum Ende kam.
„In der letzten Höhle fand ich dann eine Art Lager: Rüstzeug, Waffen, sogar Edelsteine. Und dies hier.“
Mit diesen Worten holte er die Schmuckstücke hervor und legte sie behutsam auf den Tisch. Das Amulett der gefallenen Jägerin reichte er seiner Gesprächspartnerin.
„Das habe ich einer jungen Jägerin abgenommen. Sie schien schon einige Tage tot in der Höhle zu liegen. Ich dachte, Ihr könntet das ihrer Familie wiedergeben.“
Ein leiser Aufschrei entglitt der Älteren, doch sie erlangte schnell die Fassung wieder. „Das gehörte Paige, wir vermissen sie schon eine Weile. Ich hatte trotz allem irgendwie gehofft...“ Akara schloss für einen Moment die Augen, dann schüttelte sie den Kopf und sah Khalid bedauernd an. „Man hofft immer, wenn diese jungen Dinger das Lager verlassen, dass sie wohlbehalten zurückkehren. Doch wir wissen genau, was da draußen lauert. Wir können sie nicht schützen, dabei sind sie doch noch so jung, viel zu jung...“
Wie viele junge Kriegerinnen würden sie und Kaschya noch in den Tod schicken müssen? Jede der Toten hing wie ein eisernes Gewicht an ihrem Gewissen und krümmte mit unsichtbarer Hand ihren Rücken. Noch hielt sie die Sorge um die Lebenden aufrecht, doch wenn dieser Krieg vorbei wäre, zum Guten oder zum Bösen, würden sie all diese Gesichter, all diese ungelebten Schicksale mit Sicherheit niederwerfen. ´Mögen die Götter mir mein Versagen verzeihen`, dachte sie.
Sie senkte ihren Blick auf die anderen Schmuckstücke. „So viele bekannte Anblicke, so viele Leben. Doch nun ist die Ebene um einiges sicherer, dank Eurer Hilfe. Wie kann ich es Euch vergelten?“
Der Paladin schüttelte den Kopf. „Eine Belohnung brauche ich nicht, ich habe geschworen, diesem Leid ein Ende zu machen und das werde ich tun, aber Ihr könntet Eure Kundschafterinnen bitten, mich zu informieren, wenn sie etwas über Cains Aufenthaltsort herausfinden. Denn auch an ihn bindet mich ein Schwur.“
Akara nickte. „Meine Jägerinnen suchen bereits nach seinen Spuren. Sobald ich etwas höre, werde ich Euch informieren. Ihr sagt, Ihr wollt keinen Lohn, Ihr sollt dennoch einen erhalten. Ich sehe in Euch große mentale Fähigkeiten, die nur noch freigelegt werden müssten. Ich kann Euch eine Meditationstechnik lehren, die es Euch ermöglicht, kleinere Verletzungen schneller heilen zu lassen. Diese Energie könnt Ihr auch durch Berührung auf andere übertragen.“
Sprachlos saß der Held da. Er hatte gehört, dass die Obersten des Ordens der Zakarum ähnliche Fähigkeiten besitzen sollten, dass er nun in diese Geheimnisse eingeweiht würde, erfüllte ihn mit Stolz.
Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht und wuchs dann schließlich zu einem breiten Grinsen. „Das wäre mir angenehm“, erwiderte er. „Euer Heiler ist einer der fähigsten, die ich bislang kennen gelernt habe, aber er ist schrecklich unhöflich.“
Akara stand auf und holte ein Gefäß aus einer mit vielfarbigen Runen bemalten Truhe. Darin war ein zermahlendes Kraut, das sie dem Paladin als Sud aufgoss und ihn trinken ließ.
Zunächst zögerte er ein einen Moment. Es war nicht seine Art, Mittel zu sich zu nehmen, deren Wirkung er nicht kannte, doch Akara nickte ihm ermunternd zu und so schluckte er schließlich das bittere Getränk. Die Wirkung trat sofort ein, der Raum wirkte heller, die Geräusche lauter, er meinte sogar das Gespräch im benachbarten Zelt belauschen zu können, wenn er sich nur bemühte. Er war beruhigt und gleichzeitig voller Anspannung. Es war ihm, als könne er beinahe Akaras Gedanken lesen.
Langsam streckte sie die Hände nach den seinen aus und umfasste sie mit festem Griff. Er spürte die Energie zwischen ihnen knistern und dann drang ein Teil ihres Geistes in seinen Verstand und hinterließ ihm ihr wunderschönes Geschenk. Er erkannte den Verlauf seiner Blutgefäße und der Energiebahnen, die seinen gesamten Körper versorgten. Er konnte jede einzelne Zelle spüren und befehligen. Langsam dirigierte er sie hin und her. Staunend sah er die Hohepriesterin an und bemerkte zum ersten Mal einen Schleier aus weißem Licht um sie herum. Dann zog sie sich aus ihm zurück und die Wirkung der Droge verflog rasch. Sie ließen sich los und sanken beide ermattet auf den Tisch.
Akara erhob sich als erste. „Nun wisst Ihr, wie es funktioniert. Es kostet viel Kraft und Ihr seid gut beraten, danach zu ruhen und wenn möglich zu essen. Einfach Verwundungen solltet ihr heilen können, bei schwereren Verletzungen sucht dennoch einen Heiler auf. Zuviel Energieverlust könnten Euch am Anfang ohnmächtig werden lassen. Wendet diese Fähigkeit oft an und übt, dann werdet Ihr rasch Fortschritte machen.“
Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile über Belanglosigkeiten, bis Khalid die Müdigkeit schließlich übermannte und er sich zurückzog.
Erst vor dem Zelt der Hohepriesterin fiel ihm ein, dass er sich gar nicht nach Jaella erkundigt hatte.
Er beschloss, dies auf den nächsten Tag zu verschieben, er war so müde, dass er beinahe im Gehen einschlief. Doch sein Abend sollte noch nicht zuende sein.
Als er grade die schwere Plane zurückschlagen wollte, die den Eingang zum Lazarett verschloss, löste sich eine große Gestalt aus dem Dunkel der Nacht. Ein Lichtstrahl aus einem der Zelte ringsum entflammte einen Lidschlag lang einen roten Schopf.
„Auf ein Wort, Paladin“, rief ihn eine dunkle Stimme an.
Khalid öffnete den Eingang einen Fingerbreit, so dass er im entkommenden Licht das Gesicht der anderen erkennen konnte. Kaschya trat zögernd näher. „Ich weiß, dass Ihr erschöpft sein müsst, aber ich würde Euch gern einen Moment sprechen.“
Khalid nickte und hielt den Eingang zum Lazarett auf, damit sie eintreten konnte. Als er sie in die Ecke führte, die ihm zugewiesen war, kam ihm die Situation schon ein wenig komisch vor: Er bot ihr einen Platz auf einem niedrigen Schemel an, ganz so, als sei sie der Fremde und nicht er.
Er selber machte es sich auf seiner Pritsche gemütlich und sah seine Besucherin fragend an.
„Was kann ich für Euch tun, Kaschya?“, fragte er. „Verzeiht, dass ich so direkt frage, aber ich bin wirklich ziemlich erschöpft.“
„Dann will ich ebenso direkt zur Sache kommen. Ihr habt bereits Großes für unsere Gemeinschaft getan und es steht Euch selbstverständlich frei, meine Bitte abzulehnen, aber es gibt eine Sache, die nicht wichtig genug ist, um dafür die Jägerinnen von ihren Wachposten abzuziehen, die mich persönlich dennoch stark beschäftigt.“
Khalid nickte um sie zum Weiterreden zu ermutigen. Was konnte es Unwichtiges geben, das eine so starke Frau genug beunruhigte, um einen fremden Kämpfer darauf anzusetzen?
„Eine meine Kundschafterinnen hat mir heute von etwas Abscheulichem auf dem Friedhof berichtet. Eine der Abtrünnigen hatte sich schon früher für die Nekromantie interessiert. Anscheinend hat Andariel sie damit zu sich locken können, denn sie scheint nun gewisse Fähigkeiten erlangt zu haben. Rabea treibt auf der geheiligten Ruhestätte unserer Vorfahren ihr Unwesen und zwingt deren sterbliche Überreste an die Erdoberfläche zurück. Dort stehen sie dann als seelenlose Skelettkrieger oder Zombies in den Diensten des Bösen. Ich habe es bisher nicht gewagt, dem Lager von diesen schändlichen Taten zu berichten, da ich Unruhe unter den jüngeren Jägerinnen vermeiden wollte, nur Akara weiß noch Bescheid. Rabea war einst meine beste Freundin, wegen Ihres pechschwarzen Haares haben wir sie immer Rabe genannt, nun spricht sie von sich selber als Blutrabe und rühmt sich, eines Tages alle Jägerinnen zu ihren Kreaturen zu machen und dann über sie zu herrschen.“
All das sprudelte in einem Schwall aus der sichtlich mitgenommen Heerführerin. „Ich hätte nie gedacht, dass sie zu so etwas fähig ist“, endete sie flüsternd.
Khalid schüttelte es vor Entsetzten. Nekromantie. Gab es eine scheußlichere Art zu kämpfen? Unehrenhafte Magier, die Leichen fledderten, die sich hinter den Toten versteckten und sie für sich kämpfen ließen, waren weniger wert, als der Dreck, der an ihren beschworenen Kreaturen klebte. Der Orden der Zakarum hatte stets gegen diese unnatürlichen Hexenmeister gefochten, keiner von ihnen verließ Kurast lebend.
„Ich bin ein Kämpfer des Zakarum-Ordens“, begann er. „Wir achten die Gebeine unserer Vorfahren und dieselbe Achtung bringen wir auch den Gräbern anderer Völker entgegen. Wir sind stets bestrebt, uns nicht in die Gepflogenheiten anderer Kulturen einzumischen, aber dies geht eindeutig zu weit. Ihr braucht nicht weiter bitten, Kaschya, ich werde dieses Monster zur Strecke bringen und die Toten in ihren verdienten Schlaf entlassen.“
„Ich danke Euch, Khalid. In der Nähe des Friedhofes befindet sich ein alter Wegpunkt, ein magisches Portal, das Euch einen Teil des Rückweges ersparen wird. Flavie bewacht ihn und sie wird Euch morgen in dessen Nutzung einweisen. Sein Gegenstück ist hier im Lager, wir haben diesen Platz nicht willkürlich gewählt.“
Khalid nickte. „Ich werde morgen Mittag aufbrechen.“
Am nächsten Morgen begab sich Khalid allerdings erst erneut zu der Badestelle, trotz des eisigen Wassers hatte er doch Gefallen an dem frischen Vergnügen gefunden. Diesmal war die Stelle allerdings belegt. Um die Jägerin nicht in Verlegenheit zu bringen, wollte er sich grad zurückziehen, als sie sich umdrehte und aus dem Becken stieg. Er erkannte das hagere, verhärmte Gesicht Jaellas beinahe nicht wieder. Als sie seiner gewahr wurde riss sie sich hastig ein Kleidungsstück vor die Blöße, doch er hatte genug gesehen. Ihr ganzer Körper war verschrammt und mit blauen Flecken übersät. Sie sah schlimmer aus als er selber, dabei war sie doch im sicher geglaubtem Lager gewesen und nicht in der Schlacht.
„Wer hat Dir das angetan?“, bellte er barsch.
„Das ist nichts“, stotterte sie. „Das kommt nur vom Training. Ich bin zu ungeschickt, das ist alles.“
Mit großen Schritten eilte er auf sie zu und packte sie grob am Arm. „Das sind keine normalen Trainingsverletzungen! Niemand sonst wurde so misshandelt. Also, sag mir, wer das gewesen ist, oder ich werde jeden einzelnen hier zur Rede stellen!“
„Bitte nicht, Du machst es nur schlimmer. Ich bin einfach noch zu langsam. Sie verzeiht keine Fehler, denn der Feind verzeiht sie auch nicht.“
„Sie? Du redest doch von Kaschya, oder? Weiß Akara davon, wie sie mit Dir umspringt?“
„Nein, und Du wirst es ihr auch nicht sagen! Es ist ganz allein meine Sache!“ Zornig blitzten ihre Augen.
Khalid nickte wiederstrebend und ließ den Arm los. „Es ist Deine Sache und ich habe kein Recht, Dir Vorschriften zu machen. Aber kann ich Dich bitten, Dein Training zu überdenken? Du bist mir keine große Hilfe, wenn ich mir unterwegs Sorgen um Dein Wohlergehen hier im Lager machen muss.“ Den letzten Satz versah er mit einem kleinen Lächeln.
Erleichtert lächelte sie zurück. „Vielleicht hast Du Recht. Ich werde darüber nachdenken, aber kann ich mich zuerst anziehen?“
Puterrot fuhr der Paladin zurück, als hätte er sich verbrannt. Er hatte gar nicht darüber nachgedacht, dass sie noch vollkommen unbekleidet war.
„Ich habe noch etwas zu erledigen“, murmelte er. „Wir sprechen uns in ein-zwei Tagen, wenn ich zurück bin, ja?“ Mit diesen Worten wandte er sich ab und eilte ins Lager zurück.
Jaella lächelte. Er war echt süß, wenn er sich wie ein großer Bruder aufspielte. Dann legte sie ihre Stirn in nachdenkliche Falten. So ganz unrecht hatte er wohl nicht. Kaschya wurde immer strenger und strenger mit ihr. Sie läge soweit zurück, daher müsse sie härter als alle anderen an sich arbeiten. Im Bogenschiessen hielt sie gut mit, aber die Geschicklichkeitsübungen oder gar der Nahkampf waren ihr ein Graus. Kaschya hatte den anderen Jägerinnen harte Strafen aufgebrummt, wenn sie versucht hatten, Jaella zu schonen. Womit hatte sie sich bloß den Unmut der Heerführerin zugezogen?
Die junge Amazone seufzte. Auf jeden Fall würde sie noch mehr Probleme bekommen, wenn sie sich verspätete, also zog sie sich rasch an und eilte zum Übungsplatz.
Kapitel 14: Der Friedhof
Gegen Mittag des gleichen Tages traf sich Khalid mit Flavie an dem magischen Wegpunkt.
„Diese Portale sind schon ewig über unser Land verstreut. Wer sie angelegt hat und warum, weiß keiner mehr“, erklärte sie ihm. „Man kann innerhalb eines Lidschlages zwischen ihnen reisen. Um sie für sich nutzbar zu machen, muss jeder einzelne von dem Benutzer durch bloßes Berühren aktiviert werden. Ist dies geschehen, so kann man den entsprechenden Wegpunkt von allen anderen aus ansteuern. Wir werden jetzt den hier im Lager für Euch öffnen, dann marschieren wir in die Kalte Ebene und ich zeige Euch den dort liegenden Wegpunkt. Jeden anderen müsst Ihr selber entdecken, weiter kann ich Euch nicht begleiten, denn meine Aufgabe ist es den Zugang zur Kalten Ebene zu überwachen.“
„Wie steuere ich, zu welchem Ort ich reise?“, fragte Khalid ein wenig nervös. Diese Art von übernatürlicher Magie war ihm nicht ganz geheuer.
„Ihr müsst Euch einfach nur auf den Ort konzentrieren, an den Ihr gelangen wollt. Es ist wirklich ganz einfach, glaubt mir. Ich nutze diese Wegpunkte, seit ich laufen kann.“
Der Wegpunkt bestand aus einer gewaltigen Steinplatte inmitten des Grases, die mit merkwürdigen Symbolen und Schriftzeichen bedeckt war. Als Kahlid nach Flavies Anweisung einen Fuß darauf stellte, schimmerte der Fels für einen Moment bläulich auf und den Paladin durchfuhr ein leichter elektrischer Schlag. Flavie lachte ob seines irritierten Gesichtsausdruckes und begleitete ihn dann aus dem Lager hinaus, zum Wegpunkt in der Kalten Ebene.
„Übertreib es nicht, Kaschya, ich habe das Training beobachtet. Du nimmst das Mädchen zu hart ran!“ Akara hatte die Stirn in tiefe Falten gelegt und funkelte die Heerführerin an.
„Sie ist verweichlicht, ich muss erst einmal einen Menschen aus ihr machen. Was hattest Du erwartet? Sie ist in einer verfluchten Stadt aufgewachsen“, rechtfertigte sie ihr Handeln.
„Was ich da sehen musste, geht weit über ein normales Training hinaus.“
„Selbstverständlich, sie braucht ein hartes Training. Sie ist nicht ihre Mutter.“
„Genau da liegt die Wahrheit“, nickte die Hohepriesterin. „Sie ist nicht Rexina. Also lass Deinen Zorn und Deine Enttäuschung nicht an Jaella aus. Sie kann nichts dafür.“
„Sie ist doch der Grund für das alles. Rexina hat uns verraten und verkauft und das alles ihretwegen!“, rief Kaschya.
Akara erhob kaum ihre Stimme und doch ging so eine entschlossene Aura der Macht von ihr aus, dass die Ausbilderin sofort verstummte. „Rexina hat uns niemals verraten! Wage es nicht, so etwas noch einmal zu behaupten!“ Dann lächelte sie sanft. „Sie war verliebt. Und sie hat etwas Dummes getan, aber sie hätte den Amazonen nie bewusst geschadet. Lass nicht das Kind ihrer Liebe büßen für den einen dummen Fehler. Sie hat doch so viel Gutes für ihr Volk getan.“
Ein leises Rascheln ließ beide herumfahren.
Jaella stand mit weit aufgerissenem Mund im Eingang zu der Hütte ihrer Trainerin.
Am Abend schlugen Khalid und Flavie ihr Lager bei dem Wegpunkt in der Kalten Ebene auf, wo er wiederum das magische Portal für sich aktivierte. Danach forderte ihn Flavie auf, sich in die Stadt transportieren zu lassen. Mit einem Räuspern, um den kleinen Knoten im Hals zu lösen, trat der Paladin auf die steinerne Platte. Er schloss die Augen, sammelte sich einen Moment lang und konzentrierte sich dann fest auf das Lager. Zunächst geschah nichts. Dann hörte er ein leises Summen, das schnell lauter wurde. Wärme kroch durch seine Beine aufwärts und auf einmal fühlte er einen Ruck durch seinen gesamten Körper fahren. Es war beinahe, als würde er hochgehoben und sanft in den Himmel getragen. Und es war, als würde er sehr schnell und mit wachsendem Tempo im Kreis gewirbelt. Es war kaum zu beschreiben und plötzlich war das Gefühl fort. Khalid öffnete vorsichtig ein Auge und sah in das lachende Gesicht einer alten, zahnlosen Jägerin. „He, so hab ich auch beim ersten Durchgang geguckt“, gluckste sie und humpelte weiter.
Ein wenig verlegen beschloss der Mann, sogleich zu Flavie und zu seinem Auftrag zurückzukehren. Wiederum betrat er den Wegpunkt und dachte angestrengt an dessen Duplikat in der Kalten Ebene. Ein Summen, ein Rucken, ein Wirbeln und schon stand er wieder neben der Amazone.
„Es wird wohl noch etwas dauern, aber wenn ich dadurch einen halben Tagesmarsch sparen kann, werde ich mich schon an diese Art zu Reisen gewöhnen“, lächelte er.
„Kaschya hat mir gesagt, ich soll Euch den Weg zu unserem alten Friedhof weisen, aber ich muss hier bleiben und diesen Ort bewachen. Ich kann Euch also leider nicht weiter begleiten“, meinte die Jägerin und zuckte bedauernd die Schultern.
„Das macht nichts. Ich werde dort nur kurz nach dem Rechten schauen. Ich glaube kaum, dass es dort etwas Aufregendes zu sehen gibt“, erwiderte er ausweichend, schulterte seinen Schild, und ging dann mit einem letzten Gruß in die angewiesene Richtung davon.
Ein alter ausgetretener Pfad schlängelte sich durch die Weite der grasbedeckten Ebene. Bald schon waren der magische Wegpunkt und dessen Hüterin aus seinem Blick verschwunden.
Zunächst konnte Khalid während des Fußmarsches die Gedanken schweifen lassen, doch bald schon begegneten ihm, wie schon in der Nähe des Lagers, die seltsamen Ungetüme, die sich hier breit machten.
Glücklicherweise begegnete er nur selten einem Gargantur, dieses bärenartige Wesen, das er schon in der Höhle des Bösen zu fürchten gelernt hatte. Diese zwar dummen und langsamen Kreaturen hatten ungeheure Kräfte und er war besser beraten, sich nicht von ihren Pranken treffen zu lassen. Und so tanzte der Paladin in einigem Abstand um sie herum und versuchte sie durch Gewandtheit und Schnelligkeit zu überlisten.
Hier und da erblickte er auch einzelne Stachelratten, die, sobald sie seiner gewahr wurden, drohend knurrten und zischten. Wenngleich ihm der Gedanke daran, ihnen seine Vergiftung heimzuzahlen, ein grimmiges Vergnügen bereitete, ließ er sie in Ruhe. Es waren schließlich keine bösartigen Monster aus der Unterwelt, sondern natürliche Bewohner dieser Ebenen, die nur ihren Instinkten folgten. Sie zu töten wäre keine ehrenvolle Aufgabe für einen Krieger des Lichts, also machte er einfach einen Bogen um diese Tiere und kümmerte sich lieber um Anderes.
Am häufigsten begegnete er kleinen Horden Gefallener, die hier immer einen Schamanen in ihrer Mitte hatten. Sie stellten kaum eine ernste Bedrohung für den erfahrenen Krieger dar, dennoch waren sie lästig, denn sie kosteten Zeit und Mühe. Khalid kam dadurch längst nicht so schnell voran, wie er eigentlich vorgehabt hatte.
Als er die Weggabelung erreichte, von der Flavie erzählt hatte, sie läge in etwa in der Mitte seines Weges, dämmerte es bereits, doch er wollte erst kurz vor dem Friedhof eine Rast einlegen, damit er sich frisch und ausgeruht der nekromantischen Amazone stellen konnte. Also marschierte er weiter, solange er noch den sandigen Pfad vor seinen Füßen erkennen konnte.
Und so geschah es, dass Khalid schließlich im Dunkeln unvermittelt in eine Gruppe Zombies geriet. Plötzlich stieg ihm ein eigentümlicher, fauler Gestank in die Nase und er registrierte - mehr instinktiv als mit seinen Augen - eine Bewegung. Zurückspringend schwang er sein langes Schwert im Halbkreis vor sich und erlegte damit gleich zwei der dunklen Gestalten. Doch ein heftiger Hieb traf seine linke Schulter, ein warmes Sickern zeigte dem Paladin an, dass eine der Klauen einen tiefen Einschnitt hinterlassen hatte. Er bewegte den Arm probeweise und stellte fest, dass ihn die Verwundung zwar schmerzte, aber nicht allzu sehr behinderte. Ein Schwert hätte er zwar kaum führen können, doch für das Halten des Schildes reichte es noch. Schnell schickte er seine rituellen Kampfgebete auf die Reise, dann hob er das Schwert und stürzte sich in die Horde. Beinahe blind schlug er um sich, nur vereinzeltes Keuchen und Brummen verrieten ihm die Position der Gegner. Dennoch war Fortuna ihm hold und so lagen die Kreaturen unter den heftigen Schlägen Khalids bald im Staub der Ebene.
Schwer keuchend und zutiefst erschrocken hielt der Sieger inne und überdachte die Lage, in die er sich soeben gebracht hatte. Dies war eigentlich typisch für den Verlauf seines bisherigen Lebens, überlegte der Paladin. Wenn er einmal für eine Aufgabe die Verantwortung übernommen hatte, fiel es ihm sehr schwer, in dessen Erledigung zu pausieren. Es war, als ob er allen ständig beweisen müsste, dass er deren Vertrauen wert war, und nicht selten hatte seine übertriebene Interpretation einer Weisung beinahe zu seinem Ruin geführt.
Ein kleines Stückchen weiter westwärts fand Khalid eine Senke, die beinahe von einem krüppligen Gebüsch verdeckt wurde und er beschloss, dort sein Lager aufzuschlagen. Ein Feuer wagte er nicht zu entzünden, um nicht noch mehr dieser merkwürdigen Kreaturen anzulocken, und so rollte er sich nur in seinen Umhang ein und aktivierte seine neu gewonnenen mentalen Heilungskräfte, um die Wunde zu versorgen. Es fiel ihm erstaunlich leicht, sich nach Akaras Anweisungen richtend, all seine Energien umzulenken, so dass die Blutzellen neues Leben an den versehrten Ort transportierten. Eine prickelndes, warmes Jucken zeigte ihm an, dass dort bereits neue Haut wuchs. Wenn die Sonne aufging, würde nur noch eine kleines rosa-rotes Mal von der Begegnung zeugen, die schlimm hätte enden können.
Am späten Vormittag des folgenden Tages erreichte der Paladin eine steinerne Mauer, hinter dem der Friedhof der Amazonen angelegt war. Die Grabstellen waren einst mit viel Achtung vor den Taten der Verblichenen angelegt worden, so manch emsige Hand hatte dort Immertreu, Schattenglöckchen und andere blühende oder rankende Pflanzen angesiedelt, und mit viel Hingabe deren Wuchs beaufsichtigt und durch sorgsames Stutzen der frischen Triebe gefördert. Viele Statuen derjenigen, die sie unter sich beherbergten, säumten die Pfade, und die Wege zwischen ihnen luden zum Verweilen und Erinnern ein. Diese Ruhe war brutal gestört worden.
Der schmiedeeiserne Zaum um das Gelände, der eher der Zierde als der Abschreckung gedient hatte, war an einigen Stellen verbogen oder gar eingerissen, kaum ein Gedenkstein wachte noch aufrecht über seinem Grab. Die kümmerlichen Reste der Bepflanzung hatten sich verschreckt zurückgezogen und das satte Grün war einem vertrockneten Braun gewichen.
Über diesen traurigen Anblick wachte die große Eiche, die vor vielen Generationen in der Mitte des heiligen Ortes gepflanzt worden war. Doch auch sie war verheert worden; in ihren Ästen hingen Leichen und Leichenteile und zeugten von merkwürdigen und verruchten Ritualen, die hier stattgefunden haben mochten.
In ihrem Schatten bewegten sich die Überreste der gefallenen Jägerinnen in einer neuen unnatürlichen Daseinsform. Je nach Grad der Verwesung hatte Blutrabe die Toten als Skelettkrieger oder halb zersetzte Zombies an ihre Seite gerufen. Fremdgesteuert kamen sie alle auf den vor Schreck und Zorn erbleichten Paladin zu.
Wild und unkontrolliert hieb Khalid nach allen Seiten und fällte einen Untoten nach dem anderen, doch es wurden stetig mehr. Eine unbändige Wut über dieses Sakrileg erfüllte ihn und schaltete sein bewusstes Denken beinahe aus. Von allen Seiten bedrängten ihn die Kreaturen der Nacht und nahmen ihm zunehmend die Bewegungsfreiheit. Plötzlich bohrte sich unter brennendem Schmerz ein Feuerpfeil in seinen rechten Oberschenkel. Die Wucht des Aufprall ließ ihn beinahe einknicken, gerade noch hielt er sich auf den Beinen. Eilig brach der Krieger den Schaft ab und schlug nach dem Schwelen auf der Hose, die unter dem magischen Feuer sofort zu glimmen begonnen hatte. Die Glut fraß sich rasch durch das dünne Leder bis auf die Haut, doch darum durfte er sich jetzt nicht kümmern, sonst würde das nächste Geschoss einen lebenswichtigen Teil seines Körpers durchbohren. Eine weiße Gestalt mit wehendem, schwarzem Haar verschwand wie von Geisterhand wieder hinter dem Mausoleum, hinter dem sie aus dem Hinterhalt auf ihn geschossen hatte.
Schnell konzentrierte sich Khalid wieder auf die Wesen vor ihm, bevor sie in Schlagreichweite ihrer Dolche und Klauen kamen und hieb deren Arme zu Dutzenden ab. Doch die Reihen lichteten sich kaum, wieder und wieder öffnete sich die Erde und unter murrendem Stöhnen kam eine weitere Leiche zum Vorschein, die sich den anderen im Kampf gegen den Lichtkrieger anschloss.
Zu allem Überfluss kamen ständig die brennenden Pfeile ihrer Beschwörerin aus dem Hinterhalt geflogen, denen er mit viel Geschick und Dank des guten Schildes meist ausweichen konnte. Zu seinem Glück deckten ihn die Reihen der Angreifer ein wenig, so dass Blutrabe selber nicht gut genug zielen konnte, ohne ihre eigenen Soldaten zu gefährden.
Doch er hatte keine Chance, sie selber anzugreifen, zu dicht hatten sich die Zombies und Skelettkämpfer um ihn geschart und machten einen Ausfall unmöglich. Schritt für Schritt wurde der Held rückwärts gedrängt. Schon sah er bei einem flüchtigen Blick über die Schulter den hohen eisernen Zaun immer näher rücken, in dessen Falle ihn die Kreaturen trieben.
Da kam ihm auf einmal eine verrückte Idee. Diese Wesen mochten viele sein, aber sie waren im Vergleich zu einem Menschen ziemlich langsam. Hätte er freies Feld, würde er ihnen wohl davonlaufen können. Also lenkte er vorsichtig, sich weiterhin nach allen Seiten wehrend, so dass keine der verderbten Krallen ihn erreichen könnte, seine Schritte in Richtung einer Stelle, wo zwei Zäune im spitzen Winkel zusammenliefen und die Stangen durch die Witterung und gröbere Einflüsse ein wenig nach außen gebogen waren.
Endlich war er nur noch ein paar Schritt von der Umfriedung entfernt. Ein paar letzte mächtige Schwünge mit der langen Klinge dezimierten die Anzahl der Feinde und deren Kadaver hielten für einen Moment den Fluss der Nachrückenden auf. Khalid drehte sich um und sprintete auf den Zaun zu. Noch im Laufen schleuderte er Schwert und Schild über den Zaun und sprang dann in die Höhe, um das geschmiedete Gitter ebenfalls zu überwinden. Mit den Zähnen knirschend vor Anstrengung und den maternden Schmerz in seinem Bein ignorierend zog er sich an den Querstreben empor, stützte seinen Oberkörper auf den verbogenen Rundungen der Zaunspitzen ab und schwang unter lautem Stöhnen die Beine auf die andere Seite, wo er mit einem wimmernden Aufschrei auf seinem verletzten Bein aufprallte. Rasch schüttelte er den sengenden Schmerz ab, rollte sich auf die andere Seite und sprang dann empor. Der Schild war unglücklich in einem Dornengestrüpp gelandet, daher griff der Krieger nur nach seinem Schwert und rannte, so schnell er konnte, auf das Mausoleum zu, hinter dessen Mauern sich die abtrünnige Jägerin verbarg.
Als sie die heranstürmende Gefahr erkannte, beschwor sie schnell drei weitere Skelettkrieger, die den Paladin aufhalten sollten, und feuerte dann Pfeil um Pfeil auf ihn ab. Kaschya war ihr stets eine gute Lehrmeisterin gewesen und so fanden einige ihrer Geschosse ihr Ziel. Doch Khalid ließ sich durch nichts aufhalten. Einst hatte er vor einer Gefahr gezaudert, und so die wichtigste Frau in seinem Leben verloren, niemals wieder würde er zurückweichen.
Schreiend, das Schwert in beiden Händen führend, stürmte er auf die Bogenschützin zu, wie ein Berserker aus dem hohen Norden. Anders als ihre Schwestern war sie gut gerüstet, doch auch Leder und Stahlringe konnten seinem Ansturm nicht lange widerstehen. Einigen Attacken wich sie behände aus, doch er trieb sie dicht an die verfallende Mauer der Grabkammer heran. Schließlich traf eine gut platzierte Finte ihren Bogen und er zerbarst in seine Einzelteile. Ihre Blicke trafen sich für einen kurzen Moment und es schien als ob ein Teil des dunklen Schleiers aus ihren Augen wich. Der nächste Streich kam seitlich, er war ungenau und ungezielt, doch sie wich ihm nicht aus. Weiterhin seinen Blick haltend fiel sie in die Bahn seiner Klinge, die tief in ihre Seite drang. Khalid riss das Langschwert zu sich ran und stieß es dann der Knienden direkt in die Brust. Bildete er es sich nur ein oder sah er Einverständnis in Ihren Augen? Einen Funken der Erleichterung? Stumm sank sie zu Boden und blieb zunächst regungslos liegen. Doch plötzlich ertönte ein kreischendes Geräusch, Blutrabes Körper erzitterte und ein geisterhaftes Abbild ihrer selbst entstieg ihrem Leichnam. Es schwebte einen Moment über ihr, Blitze zuckten über den Friedhof, doch fuhren sie ohne Schaden zu hinterlassen durch Khalid hindurch und fällten alle beschworenen Kreaturen auf der Stelle. Die Projektion richtet sich auf und blickte auf den Paladin, der erstarrt auf das Schauspiel blickte, und hob dann wie grüßend die Hand. Einen kurzen Moment erhaschte er eine Idee von glückseliger Ewigkeit, dann verging der Geist in einem hellen Aufleuchten. Khalid war alleine.
Er beschloss, sich über das eben erlebte noch keine Gedanken zu machen und versank im Schatten der Krypta in tiefe Meditation, um die zahlreichen Wunden zu heilen. Die Verletzung seines Beines jedoch, in dem immer noch die Spitze des Pfeil steckte, war ein Fall für den Heiler im Lager und so machte er sich bald humpelnd auf den Weg zum magischen Wegpunkt in der Kalten Ebene. Diesmal machte ihm dessen Benutzung keine Sorgen; Hauptsache er ersparte sich einen halben Tagesmarsch.
So, das wars für heute *gähn*
Insidias