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Ist Gerechtigkeitsempfinden sinnvoll?

Stolperhannes

Diablo-Veteran
Registriert
5 April 2004
Beiträge
1.502
Vor einiger Zeit sah ich eine Folge "Geist und Gehirn" von BR Alpha. Dort ging es um Gerechtigkeit. Man hatte folgende Versuchsanordnung:

Man sprach zwei sich unbekannte Personen an. Man bot ihnen 10€ nach folgender Regel an: Die erste Person entscheidet in welchen Teilen das Geld aufgeteilt wird und die zweite Person nimmt diese Aufteilung an oder lehnt sie ab. Wenn sie ablehnt, dann bekommt keiner von beiden Personen etwas.

Es ergab sich folgendes Ergebnis: Bei einer genau fifty-fifty-Aufteilung stimmten 100% zu. Bei einer Aufteilung von 7,50€ zu 2,50€ lehnte die Hälfte der Probanten ab.

Man schlußfolgerte daraus, dass der "Gerechtigkeitssinn" ein irrationales Vorgehen ist (weil auch die entsprechenden Hirnarreale daran beteiligt sind) immerhin müsse man objektiv gesehen jeden Betrag ab 1 cent aufwärts annehmen weil dies Zugewinn darstelle. Der Gerechtigkeitssinn würde einem einen Streich spielen weil man auf Zugewinn (egal wie niedrig im Verhältnis zum anderen) verzichten würde.

Man kann aber auch noch einen anderen Blickwinkel darauf werfen. Wie verhält sich ein "ungerecht" verhaltender Spieler wenn er auf Dauer keine Kooperation bei ungleicher Verteilung erhält. Wirkt da der Gerechtigkeitssinn/ das Gerechtigkeitsempfinden nicht erzieherisch auf den verteilenden Mitspieler?


Noch ein Nachtrag zum o.g. Versuch: Die Mehrzahl aller Teilnehmer wählten von sich aus 50:50. Man untersuchte also eine Minderheit die ungleich verteilte.
 
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Ich halte es für hirnrissig von ''Wissenschaftlern'', so etwas aus einem ''Spiel'' abzuleiten.
Wenn dein Leben von dem einen Cent abhängt, nimmst du auch diese Aufteilung an. Wenn es bloß ein Spiel ist, kannst du mit Nein antworten, weil du keine Lust hast, weniger als dein Gegenüber zu bekommen/was auch immer du für Gründe zum Ablehnen hast.

Schlimm, was es für Schöne Sachen gibt :rolleyes:

Edit: Garnichts ist ''sinnvoll'' wenn nicht der Kontext festgelegt ist. Der Mensch an sich ergibt ja auch nur aus der eigenen Sicht eines Menschen Sinn <- Frag mal einen Baum, seine Antwort sagt alles :D.
 
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Ich denke die Ursache des Ablehnens stellt dabei schlicht und einfach die persönliche Würde da. "Wieso sollte ich ein Angebot annehmen, wenn dieser Schurke mit weniger gibt und sich selbst mehr bereichert? Da würde er doch besser als ich dastehen. Vielleicht sogar mehr wert sein! Nein, dazu erniedrige ich mich selbst nicht!"
Ich denke, dieses Gefühl ist durchaus in der Lage, jedes rational-gewinnorientierte Denken auszuschalten, was dieser Test ja durchaus unterstreicht.
Lg
 
Eng mit der Gerechtigkeit ist auch die Rache verknüpft, mit der die Gesellschaft die Mitglieder dazu zwingt, nach ihren Regeln zu spielen.
Und genau sowas wird das hier auch sein. Wenn der andere merkt, er kommt damit durch, wenn er ungerecht teilt, wird er das auch weiterhin tun. Was auf lange Sicht gut für ihn, aber schlecht für die Gesellschaft ist. Darum wird er eben entsprechend bestraft,damit er merkt, dass er sich eben doch nicht so verhalten kann wie der möchte.

Rache und ihre Abstufungen, wozu auch der Gerechtigkeitssinn gehört, ist ein ganz probates Mittel um Gruppen ( wenn man den evolutionären Ansatz nimmt) oder Gesellschaften am laufen zu halten.

Man kann solche Verhaltensweise nicht "isoliert" betrachten, sondern muss auch immer den Kontext bedenken woher wir kommen. Klar sind 2,50 besser als nichts, aber vor dem Hintergrund, dass das Bestrafen die Menschheit mehrere tausend Jahre weiter gebracht hat (also auf 50:50 zu bestehen, anstelle von nehmen was man kriegen kann), macht das verzichten schon Sinn, bzw. ist aus dieser Perspektive "logischer".

Die heutige Gesellschaftsform exisitert eben im Vergleich zu der gesamten Evolution der Menschheit noch nicht lange genug, um unser Verhalten entsprechend stark zu beeinflussen. In uns steck noch sehr viel mehr der "Gruppenaffe" als wir uns vielleicht eingestehen wollen ;)
 
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Es geht eher darum was dir mehr bringt bzw Freude bereitet: 2,50 oder das der andere keine 7,50 kriegt.
 
Das Experiment ist ja jetzt nicht unbedingt neu. Man nennt es "Ultimatumspiel", es gibt unter diesem Stichwort sogar einen Eintrag dazu im Deppenlexikon.
Ich habe auch mal einen Artikel dazu in der Onlineausgabe einer Zeitung/Zeitschrift gelesen, in welchem es darum ging, wie sehr in unterschiedlichen Ländern/Kulturräumen das Durchschnittsergebnis voneinander abweicht. Den Artikel finde ich nur leider nicht mehr.
 
Naja, die 2;50 Ablehne kann ja verschiedene Gründe haben.
Zum einen, dass man sie nicht nötig hat und dem anderen die 7;50 nicht gönnt weil man sich ungerecht behandelt fühlt, zum anderen aber eben auch die bereits genannte erzieherische Variante. Das Experiment ist zwar einmalig, aber man verdeutlicht halt: Sei fair zu mir oder ich mach dir n Strich durch die Rechnung.
Denke es wäre interessant die entscheidenden Probanden das Experiment nochmal wiederholen zu lassen in der Teilenden Position.
 
Das Spiel heißt also Ultimatumspiel. Kannte ich nicht. Laut Ultimatumspiel müßte jedoch der Betrag bei 3,33€ liegen bei dem das Spiel kippt.

Ich selbst interpretiere das Spiel so: Es gibt eine akzeptierte Ungleichheit bei der Verteilung - Sie darf aber nicht zu groß werden.

Ich gebe den Link für die verschiedenen Staffeln "Geist und Gehirn" Leider ist die genannte Sendung darunter nicht mehr zu finden.

Geist & Gehirn: Videothek 11. Staffel | Geist & Gehirn | BR-alpha | BR
 
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Gerechtigkeitssinn als solcher bezieht sich, meiner Meinung nach, immer auf sich selbst.
Ich kann nur entscheiden, was gerecht MIR gegenüber ist und nicht, was Gerecht für den anderen ist.
Woher soll ich denn wissen, in was für einer Situation der Andere steckt und welche "Opfer" er bringen musste um dort zu sein wo er ist?

(Bsp am Rande: Gozu-Items in D2 erzeugt Bewunderung und ergo oft Neid von den Mitspielern, aber keiner/kaum jmd denkt an die xxxx-Baalruns, die er dafür machen musste und ergo die Stunden die er dafür vor dem PC "gearbeitet" hat.)

Natürlich ist das Experiment so gestellt, dass die Gerechtigkeit an meinem Gegenüber gemessen wird, aber man kann auch mit der Fragestellung des Experimentes seine Ergebnisse beeinflussen.
 
Was passiert wenn man nicht mehr 10 Euro sondern 100.000 Euro teilt? Lehnen da immer noch 50% die 25.000 Euro ab?
2,50 Euro kann fast jeder ablehnen: es hat keine wirkliche Konsequenz. Bei höheren Beträgen siehts schon ganz anders aus.
 
Was passiert wenn man nicht mehr 10 Euro sondern 100.000 Euro teilt? Lehnen da immer noch 50% die 25.000 Euro ab?
2,50 Euro kann fast jeder ablehnen: es hat keine wirkliche Konsequenz. Bei höheren Beträgen siehts schon ganz anders aus.

In dem Falle steht der Verteiler der Beträge enorm unter Druck. Er wird sich sichere 50.000€ nicht entgehen lassen wollen. Deshalb wird er viel weniger ungleiche Angebote machen.

Eine Variante wäre es wenn die Verteilung durch einen Dritten vorgegeben wäre. z.B. 99.000€ zu 1.000€. Da würde wohl jeder zustimmen.

Noch ein Nachtrag zum o.g. Versuch: Die Mehrzahl aller Teilnehmer wählten von sich aus 50:50. Man untersuchte also eine Minderheit die ungleich verteilte.
 
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Bei höheren Beträgen wirst du dann aber keine moralischen Entscheidungen mehr bekommen sondern nur welche, die durch die äußeren Umstände (Verdienst etc.) bestimmt sind.
 
[...] Eine Variante wäre es wenn die Verteilung durch einen Dritten vorgegeben wäre. z.B. 99.000€ zu 1.000€. Da würde wohl jeder zustimmen.

Nicht unbedingt, denn wie das Experiment ja gezeigt hat "müssten" alle schon bei 1 Cent Zugewinn zustimmen und taten es dennoch nicht.

Es wird sicher eine Verschiebung der Zustimmenden geben, aber es gibt sicher noch genug Leute, die es ablehnten.
Außer man bespricht sich mit der 2ten Person und lässt sich nach dem Experiment noch von ihm für die "Zustimmung" bezahlen :ugly:
 
10 Euro und Gerechtigkeitsempfinden in beispielsweise Deutschland immer noch totaler Käse -> Was hab ich von 1 Cent oder selbst 10 Euro? Wieviele Leute spielen hier spaßeshalber Lotto und verschenken das Geld obwohl sie die 5 Euro auch anders anlegen könnten? Und brauchen wir jetzt auch eine wissenschaftliche Studie, die erklärt, warum das so ist? :hy:

''...müssten alle schon bei 1 Cent zustimmen...'' Mathematisch korrekt, aber der Mensch ist keine Maschine (wenn auch ich das schon erkannt habe ist das doch der beste Beweis, das manche Leute über Schöne Sachen nachdenken).
 
Alles andere macht aber keinen Sinn. Man muss das zwingend mit Beträgen machen, die keinen jucken, da man sonst keine Entscheidungen aus Gerechtigkeitsempfinden hat sondern nur die Not der Teilnehmer nutzt.
 
Du hast sicher Recht, aber in einem Spiel kann ich Gerechtigkeitsempfinden leichter ausschalten als wenn es um was geht (zumindest glaube ich das) und 10 Euro sind zumindest für mich ein ''Spiel''. Das Thema ist halt ein Luxusthema und solche Sachen regen mich momentan auf. Wenn wir aber schonmal dabei sind, hab ich eine Frage:

Wie vereinen sich der eigene Idealismus und Realismus/Rationalität (finde die Begriffe schwierig, weil ich mich kaum mehr über solche Dinge mit anderen unterhalte) und die persönliche Vorstellung derselben für eine weitere Person?

So könnten z.B. beide Testpersonen über beispielsweise ein Gespräch versuchen, gemeinsam den geteilten Betrag festzulegen. Ist es da noch interessant, herauszufinden, ob Gerechtigkeitsempfinden isoliert betrachtet, Sinn macht? Viel schwieriger ist es doch, zwei Interessen zu vereinen.

Solange das Gerechtigkeitsempfinden bei zwei Personen unterschiedlich ist, was definitv der Fall ist, finde ich das Thema nervig.

Gruß
Ryumaou
 
Wie vereinen sich der eigene Idealismus und Realismus/Rationalität (finde die Begriffe schwierig, weil ich mich kaum mehr über solche Dinge mit anderen unterhalte) und die persönliche Vorstellung derselben für eine weitere Person?

Ich kann dir in meinem Fall antworten: Ich verfolge ein Ideal bis es beginnt mir selbst oder anderen in zunehmenden Maße zu schaden. Dort breche ich ab. Das nenne ich dann Pragmatismus. Ein Ideal auf einem bestimmten Niveau verfolgen solange es gut ist / einen Nutzen abwirft.

Andere Menschen bewerten dies natürlich anders. Es gibt keine letztendliche Wahrheit in diesen Dingen. Jeder empfindet das Maß anders, weil er einen anderen Kontext hat.

Es gibt anscheinend, wie im Versuch gezeigt, angeborenes, körperlich bedingtes Verhalten. Das darf man nicht außer acht lassen.
 
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Wenn du dich eingehender mit der Entstehung und der biologischen Funktion von Gerechtigkeitsempfinden, Kooperation und Selbstlosigkeiten beschäftigen willst, dann würde ich dir die beiden sehr tollen Bücher "The Evolution of Cooperation" und "The Selfish Gene" empfehlen.

Die Ausbildung solcher ethisch befürwortenswerter Eigenschaften lässt sich zum Teil wirklich evolutionsbiologisch belegen. You scratch my back, i'll ride on yours.
 
In dem Falle steht der Verteiler der Beträge enorm unter Druck. [...]
Ich weiß, das Zitat ist aus dem Zusammenhang gerissen. Was mich aber zu dem Punkt bringt, der für mich interessanter ist als die Frage, ab wann das Angebot als unfair erachtet (und abgelehnt) wurde: warum haben wohl die Mehrzahl der Spieler von sich aus 50:50 gewählt?

Ich kann mir gerade nicht vorstellen, dass dies aus purem Gerechtigkeitssinn geschah. Sondern eben aus dem Empfinden, dass diese Aufteilung von beiden Seiten aus akzeptabel ist (akzeptabel, nicht gerecht!). Wer bei so einem Spiel ein 50:50 Angebot ablehnt, muss wohl einen persönlichen Groll gegen den Anbietenden haben. Und 40:60 oder ein anderes Verhältnis, bei dem der Anbietende weniger als der Zustimmende bekommt, wird dem Anbietenden nicht rational erklärbar sein. Also wählt man die Aufteilung, die sichere Zustimmung und unter dieser Prämisse maximalen Gewinn verspricht, fifty-fifty.

Zurück zur Gesamtsumme: auch der Zustimmende ist unter Druck, wenn die Summe wesentlich vergrößert wird (und er die kompletten Spielregeln kennt): nur aus Gerechtigkeitssinn 100.000,- € zu verwerfen, ist sicher nicht leicht und führt zu Selbstzweifeln, auch wenn man ganz schön daran zu knabbern hätte, dass der Anbietende dann z.B. mit 900.000,- € davonzieht.
Ist Gerechtigkeit in dem Falle also käuflich?
 
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