TwinYawgmoth
Champion des Hains, Storywriter of the Years
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Kapitel 7 – Streit
Atma begleitet uns vor die Tür ihres Wirtshauses.
„Denk daran, wenn du Hilfe brauchst, bist du immer willkommen.“
Der Meister winkt ab.
„Ja, ja...Danke.“
Er ist immer noch völlig fertig von ihrer Enthüllung...eher lethargisch schlendern wir auf den Marktplatz zu, wo wir uns mit Warriv treffen sollen.
Uns erwartet eine angenehme Überraschung.
„Hallo, General, hallo – Golem, nehme ich an? Habt ihr die Reise auch gut überstanden?“
„Deckard! Bist du auch mitgekommen?“
In der Tat steht der alte Weise der Horadrim fröhlich lächelnd vor uns, inmitten eines Platzes, der für weit mehr Menschen gebaut wurde, als darin stehen.
Er ist quadratisch, ummauert, wobei man diese Mauer an den vier Seiten des Quadrates offen gelassen hat; in der Mitte ein paar Läden, die ein kleineres Quadrat formen, an den Wänden sitzt gelegentlich ein Lut Gholeiner in der Mittagssonne. Aber ansonsten ist hier sehr wenig los. Eine Frau mit roten Haaren tritt gerade aus einer Schmiede heraus.
Deckard runzelt jetzt die Stirn auf den Ausruf des Meisters.
„Das habe ich Euch doch gesagt, mein Freund – ich würde Euch begleiten und mit Rat und Tat an Euerer Seite stehen...“
Dem Meister ist das leicht peinlich.
„Äh, tja...weißt du, ich hatte zu der Zeit andere Dinge im Kopf...“
Deckard winkt ab.
„Vergeben, vergessen, nie ein Problem. Widmen wir uns vielleicht Euerer Aufgabe hier...“
Der Meister seufzt.
„So einfach könnte das nicht werden, wie du vielleicht annimmst...“
Dann erzählt er Deckard von Jerhyns Abweisung. Dem Alten scheint das nicht zu stören.
„Ach, Ihr kennt die Mächtigen – arrogant, immer wollen sie recht haben. Aber das sollte Euch nicht stören, gegen Andariel habt Ihr auch nicht die Hilfe eines Fürsten benötigt.“
Der Meister lässt die Schultern hängen.
„Aber die einer Ortskundigen...“
Deckard legt ihm die Hand auf die Schulter.
„Grämt Euch nicht, mein Freund, was vorbei ist, ist vorbei. Es hat keinen Sinn, über etwas zu trauern, was Kaschya womöglich gar nicht anders erwartet hätte, und was noch dazu gut ausgegangen ist! Konzentriert Euch auf das, was vor Euch liegt, und rächt Euch statt an Euch selbst lieber an dem Bösen, das dieses Leid ursprünglich verursacht.“
Der Meister zieht Luft ein.
„Ja, das Leid, das das Böse verursacht...da habe ich allerdings auch noch eine Rechnung zu begleichen...“
Nun erzählt er Deckard von Radament. Als er geendet hat, legt der Weise den Kopf schief.
„Wisst Ihr, ich kann Euch gut verstehen, und Euer Verlangen nach Rache. Ich selbst habe diesem Verlangen oft nachgegeben in meinem langen Leben, aber eines sei Euch versichert: Es ist nie etwas Gutes daraus erwachsen.
Diablo wird Euch entkommen, wenn Ihr zu lange Zeit verschwendet bei der Tötung dieses Monsters.“
Der Meister schlägt seine Faust in die andere Handfläche.
„Deckard, ohne Unterstützung kann ich hier gar nichts bewirken. Diablo ist in der Wüste, wenn ich da ohne Führer und Plan hinausgehe, bin ich einfach nur tot. Jerhyn muss auf mich aufmerksam werden, die Bevölkerung muss mich unterstützen. Ich muss bekannt werden.
Und das mit einer lange ausstehenden Schuldbegleichung zu verbinden ist doch einfach nur elegant, oder nicht?“
Cain schüttelt den Kopf.
„Ich glaube nicht, dass Ihr dieser Aufmerksamkeit bedürft. Sie hat höchstens einen angenehmen Nebeneffekt: Euer Ego wird dadurch geschmeichelt.“
Der Meister reißt überrascht die Augen auf. Bisher hat ihn Deckard nicht offen kritisiert, aber er hat Recht.
„Ich...mein...“
Deckard winkt ab.
„Schon gut, mein Freund, ich verstehe Euch. Ich kann Euch sicher nicht davon abhalten, zu tun, was Ihr wollt.
Aber denkt einmal darüber nach, ob persönliche Rachegelüste zu befriedigen das Schicksal einer ganzen Welt in den Hintergrund stellt.“
Dann wendet er sich zum Gehen, und der Meister ist erst einmal geschockt. Dann schüttelt er sich.
„Golem, ich glaube, wir haben etwas zu tun...“
Ja! Deckard hat sein Pflichtbewusstsein wieder geweckt!
„Radament muss sterben, und das wird so schnell wie möglich erledigt. Cain soll sehen, wie nützlich das sein wird!“
Als er mir den Rücken zuwendet, schlage ich meine Hand laut klatschend gegen meine Stirn.
Kapitel 8 – Irrungen und Wirrungen
„Da soll es runter gehen?“
Eine Falltür aus splittrigen, mit rostigen Nägeln zusammengefügten Holzbohlen bedeckt offenbar den Abgang in die Kanalisation.
Der Mann, der neben eben jener steht, hinter ihm fünf Bewaffnete, nickt.
„Da geht es hinunter in die finsteren Tiefen. Wenn du etwas versuchen willst, dann hier und nirgendwo anders; aber wie gesagt, ich glaube immer noch nicht, dass das nötig ist.“
Der Meister grinst säuerlich.
„Griez, da bist du wohl ganz Jerhyns Meinung, und er zahlt dich und deine Leute ja auch. Wie heißt es so schön? „Wes‘ Brot ich ess, des‘ Lied ich sing“, oder etwa nicht?“
Der Anführer der Söldnerarmee Lut Gholeins spuckt verächtlich in den Staub.
„Wenn du meinst, Kleiner. Aber wir halten die Stellung auch ohne dich, und deinen toten Körper schaffen wir sicher nicht von da unten wieder ans Tageslicht. Oder deinen untoten, nach dem, was man so hört!“
Seine Leute lachen. Der Meister lächelt nur sanft.
„Untote habe ich selbst genug. Ihr werdet schon noch sehen, was ihr an mir habt. Adieu, oh mächtiger Söldner.“
Bis der sarkastische Unterton zu ihm durchgedrungen ist, ist der Meister schon unten. Ich auch. Griez ist nicht der Schnellsten einer.
Über uns schließt sich krachend, begleitet von Flüchen, die Falltür. Dem Meister ist das wohl so egal wie mir, unbekümmert sieht er sich um.
„Eigentlich sollte ich brennenden Fackeln ja misstrauen...“
Ja! Er spricht ein wahres Wort gelassen aus, würde ich sagen. Und in der Tat, warum brennen die Fackeln hier denn...und wer erneuert sie?
„Na ja, was solls. Du gehst einfach voran, aber – bitte! – vorsichtig, ja? Wir wollen ja nicht, dass du blindlings in jedes Gegnernest reinrennst, wie es mein alter Golem gerne getan hat.“
Ha! Wie ich es tat, bevor ich mir meiner Sterblichkeit bewusst wurde.
Ich werde vorsichtig sein. Und diesmal auch in seinem Interesse! Ich kann nicht sagen, dass mir die Ironie nicht gefällt.
Wir umrunden einige Ecken im seltsamen Aufbau dieser Kanalisation. Dreckige, schimmlige Backsteine – Lehmziegel, würde ich sagen – bilden Gewölbe, die erdrückend tief auf den Schultern zu lasten scheinen. Säulen überall, dazwischen feste Mauerfundamente, die Torbögen stützen, der Boden mal mit Fliesen, mal mit den gleichen Steinen wie an der Wand gepflastert, die Fackelhalterungen mal schlicht, mal kunstvoll, mal funktionell, mal ornamentarisch. Baustile vermischen sich, und formen doch ein großes Ganzes, ein erhabenes unterirdisches Verließ des Drecks und Abfalls, verbunden durch den allgegenwärtigen Schmutz, den schlechten Zustand wirklich jeder Bauphase, den scheinbaren Mangel jeglicher architektonischer und sonstiger Logik im Aufbau, und natürlich den Gestank, der hier aus jeder Pore des Gesteins in jede Pore meines Körpers zu dringen versucht.
Die Neuheit dieses unbekannten Sinneseindrucks droht, mich zu überwältigen. Wie um Alles in der Welt kann etwas nur so schlecht riechen? Und warum kann ich mich dagegen nicht wehren? Übelkeit dringt in mich, zerreißt meinen Magen, wenn ich denn einen habe.
Nach nur wenigen Schritten breche ich zusammen und versuche, den nicht vorhandenen Inhalt meines eventuell vorhandenen Verdauungssystems zu entleeren. Der Meister hinter mir schafft es.
„Golem...“
Seine Stimme ist ein flaches Ächzen.
„Würde es dir vielleicht etwas ausmachen, das Atmen durch die Nase sein zu lassen?“
Äh. Nun, ich glaube, das würde mich dann doch stören, aber wenn er meint...
Ich halte also die Luft an. Der Meister seufzt erleichtert, wischt sich den Mund ab, und geht weiter, mir hinterher.
Langsam aber sicher macht sich unangenehmer Druck in meiner Brust bemerkbar, ungleich der Übelkeit von vorher, es ist mehr so ein Verlangen, jetzt sofort einzuatmen, kühlen Sauerstoff in meine Lungen fließen zu lassen...
Schwach trifft mich eine Faust zwischen den Schulterblättern. Ich sauge scharf Luft ein. Und sofort dringt der Gestank wieder in meine Nasenlöcher.
„Sag...mal...spinnst...du?“
Der Meister keucht auch, die Hand langsam sinken lassend.
„Es wäre womöglich angebracht, zu atmen, du Volldepp, weil ohne Luft Leben leicht unmöglich ist?“
Ach ja. Wer hätte das gedacht.
Ich.
Und warum empfiehlt er mir dann, das Atmen sein zu lassen?
„Weißt du, du treibst mich manchmal echt zur Verzweiflung. Wie wäre es denn schlicht mit Luft holen durch den Mund? Dummheit wird sich doch wohl nicht von Golem zu Golem vererben?“
Zwischen Dummheit und Unwissenheit besteht ein gewisser Unterschied. Der nicht zwischen mir und dem Tongolem besteht.
Ich versuche es, atme ein, halte mir dabei die Nase zu und den Mund offen.
Und ich atme ganz normal.
„Na, das hat jetzt aber gedauert. Jetzt bitte weiter so, damit ersticken wir weder am Gestank noch am Sauerstoffmangel.“
Das muss Einem doch gesagt werden!
Einige Kreuzungen im Weg später hält mich der Meister an.
„Sag mal, ich glaub, ich spinne. Haben diese Vollidioten von Stadtplanern schon mal was von „System“ und „Ordnung“ gehört? Wir können hier ja wohl stundenlang herumeiern, und laufen trotzdem immer wieder das gleiche Stück Wegs ab!“
Stimmt nicht. Ich habe einen perfekten Orientierungsinn...hier waren wir noch nicht. Wenn wir vorhin links gegangen wären, wären wir wieder Richtung Eingang in einem bekannten Gang gekommen, aber darum bin ich ja auch geradeaus weiter.
Wie sage ich ihm das jetzt?
Ach, soll er selber draufkommen. Ich gehe einfach weiter.
„He, du...denkst du, ich reg mich hier zum Spaß auf?“
Ich schüttle den Kopf und weise weiter.
„Ach, na gut, na gut. Aber wehe, wir stehen in fünf Minuten wieder vor dem Eingang.“
Keine Sorge, Meister.
Kapitel 9 – Bogeneinmarsch
Ich höre etwas. Bleibe stehen. Zeitgleich mit dem Meister. Ich kenne das Geräusch...
„Sind das nicht Knochen auf Stein?“
Nur geflüstert ist des Meisters Frage, mein Nicken ist völlig lautlos. Seine Skelette klingen gleich, wenn sie marschieren über harten Boden.
Langsam sehen wir um die Ecke, die ein Abknicken des Ganges nach Links signalisiert.
Hinten in dem Quergang stehen einige Skelette, aber was für welche – ihre Knochen scheinen zu glühen, sie geben sanftes rotes Licht ab, die Menge von diesen Eindrücken sich vermischende, flackernde Schatten auf den Wänden hinterlassend. Sie halten Bögen in ihren Händen, Köcher mit Pfeilen sind auf ihrem Rücken.
Und Hitze dringt an mein Gesicht, an den Bereich, den die abgestrahlte Wärme erreicht.
In der Tat, das sind brennende Tote, gekleidet in Feuer.
Jemand tippt mir auf die Schulter. Ich drehe mich um, sehe den Meister.
„OK, Plan. Wir schauen zu, was sie machen, die stehen nicht ewig hier. Wenn sie weggehen, fällst du ihnen in den Rücken, tötest schnell einen, und ich mache ein Skelett; der Rest ist klar. Wenn sie aber herkommen, dann gehen wir um die Ecke da hinten, warten, bis sie vorbeigelaufen sind, und fallen ihnen dann in den Rücken. Klar?“
Ich nicke, dann beobachte ich weiter.
Jetzt schreitet ein weiteres Skelett von hinten um die Phalanx der Schützen herum, ausgerüstet wie sie, aber von grünem Feuer überzogen. Ein Anführer!
Abschätzend der Blick aus den leeren Augenhöhlen, als er seine Truppen inspiziert. Mit dem Rücken zu mir bleibt er stehen. Sein leerer Kiefer klickt ein paar mal auf und ab, dann legt er einen Pfeil auf den Bogen und schießt ihn nach Rechts. Kurz nach dem Verlassen der Sehen flammt das Geschoß auf, trifft in die Wand, ein paar Steine prasseln von einer kleinen Explosion zu Boden; und eine Fackel entzündet sich, eine Nische erhellend.
Darin Stufen, die nach oben führen.
Meine Augen weiten sich. Wir sind im ersten Untergeschoß der Kanalisation, das kann nur eines bedeuten: Die Treppe führt in die Stadt. Eine Invasion! Wir sind gerade rechtzeitig.
Der Anführer deutet auf die Treppe. Seine Krieger salutieren, dann setzen sie sich in Bewegung. Er schaut ihnen nach, wie sie einzeln die schmalen Stufen hinaufwanken.
Kaum hat sich das letzte Skelett in Bewegung gesetzt, und sieht den Grünen nicht mehr, erscheint ein orangenes Flämmchen über seinem Kopf. Er bemerkt nichts.
Ich schleiche sofort los. Der Meister hat getan, was er konnte, um mir zu helfen, indem er den verstärkten Schaden geflucht hat. Fast habe ich den Anführer erreicht, als er herumwirbelt, um den anderen zu folgen.
Und mich sieht, aus den „Augenwinkeln“ – er hat zwar keine, aber es muss ja einen Grund haben, dass urplötzlich ein Pfeil auf meine Brust gerichtet ist. Ich erstarre. Er legt den Kopf schief.
Wieder klackt sein Kiefer. Ich bewege mich nicht, weil ich ihn nicht verstehe.
Er scheint wieder etwas zu sagen, und diesmal strafft er die Bogensehne noch weiter, mit dem Pfeil zur Treppe gestikulierend.
Bevor ich weiß, was ich hier eigentlich mache, gehe ich auf die Stufen zu, mir wohl bewusst der Waffe, die in meinem Rücken liegt...
Aber was für ein Glück. Er hat mich zwar bemerkt, aber, dummer Untoter, der er ist, für einen der seinen gehalten. So skelettiert sehe ich zwar nicht aus, aber grausig wohl schon, und wer ist nicht froh über ein bisschen Unterstützung?
Ich bin es, und das bekannte Klacken von Knochen auf Stein – von vielen Knochen auf Stein – lässt mich sofort anhalten und umdrehen.
In der Tat hat der Meister getan, was ich gehofft habe – er ist auch hinter der Ecke hervorgetreten, hat seinen Stab gezückt und dem Skelett eins übergezogen. Der Metallschädel daran glüht leicht, aber Charsi scheint gute Qualität zu liefern; nichts ist passiert. Dem Meister scheint die Hand zu schmerzen, aber ein Loch im Schädel hat unseren Feind zu einem spontanen Zerfall angeregt.
Noch einmal schüttelt der Totenbeschwörer mit angewidertem Gesichtsausdruck seine Extremität, dann richtet er den Stab auf den Knochenhaufen, und ein weißes Skelett entsteht aus den flammenlosen, aber trotzdem grünen Knochen.
Da höre ich ein Knarzen. Sofort werfe ich mich zur Seite, und ein brennender Pfeil versengt mein Ohr. Ich schätze, die Anderen haben etwas gemerkt...
Aber jetzt haben wir ja ein Skelett. Die Treppe ist eng, und so können uns nicht mehrere Pfeile gleichzeitig treffen; dem Skelett macht ein Treffer alleine wenig aus, stellen wir fest, als es Bogenschützen um verfluchten Bogenschützen mit Knüppelschlägen fällt. Der letzte steht weiter oben, legt gerade an, als ihn ein Schwert köpft.
Ein Mann mit Turban und nacktem Oberkörper sieht die Treppe hinunter. Er schreit laut auf.
„Noch mehr von den Dingern! Ich glaubs ja nicht! Aber an mir kommt ihr nicht vorbei, ihr Abschaum!“
Der Meister tritt heran und schiebt mich zur Seite.
„Schon in Ordnung...die gehören zu mir.“
Der Turbanträger starrt ihn ungläubig an.
„Ahoi, Mensch – wo kommt Ihr denn her? Wunderts mich, dass es hell wird mitten in der Nacht, da kommen diese komischen Gestalten aus dem Kanal, ich fürchte um mein Leben, wo ich leichtfertig herrenne, um sie aufzuhalten, da mach ich einen fertig und der Rest liegt im Staub. Bis auf zwei, habt Ihr die vergessen?“
Ich sehe den Meister an. Der grinst.
„Keine Sorge, Meschif, das sind meine. Ein Golem und ein Skelett, treue Diener. Gratuliere dir zu deinem Mut, und da behauptet Griez, er hätte Alles unter Kontrolle...“
Der Turbanmann in blauen Hosen lacht laut auf.
„Wenn das so ist – woher kennt Ihr mich denn, Totenbeschwörer?“
„Richtig erkannt, so einer bin ich. Wer kennt Meschif nicht in Lut Gholein, der Händler mit dem größten Schiff von Allen? Um ehrlich zu sein, ich hab dir mal ein Fass mit Wein gestohlen...“
Meschif runzelt die Stirn. Dann lacht er wieder.
„Gehört Mut auch dazu, mir das ins Gesicht zu sagen, aber mit zwei so Typen wie denen an deiner Seite ist das wohl nicht schwer, was? Na ja, verziehen. Kennen tu ich dich nicht, warst damals wohl schlau genug, dich nicht mehr bei mir blicken zu lassen. Vielleicht sehen wir uns ja wieder.“
Damit winkt und geht er. Der Meister grinst mich an.
„Ein netter Kerl.“
Dann stocken wir unseren Untotenvorrat wieder auf volle fünf auf und gehen weiter.
„Sag mal, hast du mir nicht versprochen, dass wir nicht wieder zum Aufgang kommen...?“
Wir sind doch durch eine Falltüre gekommen...aber wie...
„Ja, schau nicht so blöd.
Scherz! Schon klar, ein anderer. Aber hey, das hätte mir Griez auch sagen können, dann hätten wir uns den Weg bis hier gespart...mit dem muss ich mal ein Wörtchen reden. Äh, was nun, links oder rechts?“
Wieder eine Kreuzung. Wir kommen von links vorne, weil wir uns einmal im Halbkreis bewegt haben; demnach deute ich nach rechts. Und wirklich, nach nur einer weiteren Biegung, liegt vor uns eine Treppe nach unten.
„Wieder tiefer, was? Wird zur Gewohnheit, dass Böses ganz weit unten lauert. Na ja, hindern wir es am Hochkommen.“
Und damit steigen wir hinab.
Atma begleitet uns vor die Tür ihres Wirtshauses.
„Denk daran, wenn du Hilfe brauchst, bist du immer willkommen.“
Der Meister winkt ab.
„Ja, ja...Danke.“
Er ist immer noch völlig fertig von ihrer Enthüllung...eher lethargisch schlendern wir auf den Marktplatz zu, wo wir uns mit Warriv treffen sollen.
Uns erwartet eine angenehme Überraschung.
„Hallo, General, hallo – Golem, nehme ich an? Habt ihr die Reise auch gut überstanden?“
„Deckard! Bist du auch mitgekommen?“
In der Tat steht der alte Weise der Horadrim fröhlich lächelnd vor uns, inmitten eines Platzes, der für weit mehr Menschen gebaut wurde, als darin stehen.
Er ist quadratisch, ummauert, wobei man diese Mauer an den vier Seiten des Quadrates offen gelassen hat; in der Mitte ein paar Läden, die ein kleineres Quadrat formen, an den Wänden sitzt gelegentlich ein Lut Gholeiner in der Mittagssonne. Aber ansonsten ist hier sehr wenig los. Eine Frau mit roten Haaren tritt gerade aus einer Schmiede heraus.
Deckard runzelt jetzt die Stirn auf den Ausruf des Meisters.
„Das habe ich Euch doch gesagt, mein Freund – ich würde Euch begleiten und mit Rat und Tat an Euerer Seite stehen...“
Dem Meister ist das leicht peinlich.
„Äh, tja...weißt du, ich hatte zu der Zeit andere Dinge im Kopf...“
Deckard winkt ab.
„Vergeben, vergessen, nie ein Problem. Widmen wir uns vielleicht Euerer Aufgabe hier...“
Der Meister seufzt.
„So einfach könnte das nicht werden, wie du vielleicht annimmst...“
Dann erzählt er Deckard von Jerhyns Abweisung. Dem Alten scheint das nicht zu stören.
„Ach, Ihr kennt die Mächtigen – arrogant, immer wollen sie recht haben. Aber das sollte Euch nicht stören, gegen Andariel habt Ihr auch nicht die Hilfe eines Fürsten benötigt.“
Der Meister lässt die Schultern hängen.
„Aber die einer Ortskundigen...“
Deckard legt ihm die Hand auf die Schulter.
„Grämt Euch nicht, mein Freund, was vorbei ist, ist vorbei. Es hat keinen Sinn, über etwas zu trauern, was Kaschya womöglich gar nicht anders erwartet hätte, und was noch dazu gut ausgegangen ist! Konzentriert Euch auf das, was vor Euch liegt, und rächt Euch statt an Euch selbst lieber an dem Bösen, das dieses Leid ursprünglich verursacht.“
Der Meister zieht Luft ein.
„Ja, das Leid, das das Böse verursacht...da habe ich allerdings auch noch eine Rechnung zu begleichen...“
Nun erzählt er Deckard von Radament. Als er geendet hat, legt der Weise den Kopf schief.
„Wisst Ihr, ich kann Euch gut verstehen, und Euer Verlangen nach Rache. Ich selbst habe diesem Verlangen oft nachgegeben in meinem langen Leben, aber eines sei Euch versichert: Es ist nie etwas Gutes daraus erwachsen.
Diablo wird Euch entkommen, wenn Ihr zu lange Zeit verschwendet bei der Tötung dieses Monsters.“
Der Meister schlägt seine Faust in die andere Handfläche.
„Deckard, ohne Unterstützung kann ich hier gar nichts bewirken. Diablo ist in der Wüste, wenn ich da ohne Führer und Plan hinausgehe, bin ich einfach nur tot. Jerhyn muss auf mich aufmerksam werden, die Bevölkerung muss mich unterstützen. Ich muss bekannt werden.
Und das mit einer lange ausstehenden Schuldbegleichung zu verbinden ist doch einfach nur elegant, oder nicht?“
Cain schüttelt den Kopf.
„Ich glaube nicht, dass Ihr dieser Aufmerksamkeit bedürft. Sie hat höchstens einen angenehmen Nebeneffekt: Euer Ego wird dadurch geschmeichelt.“
Der Meister reißt überrascht die Augen auf. Bisher hat ihn Deckard nicht offen kritisiert, aber er hat Recht.
„Ich...mein...“
Deckard winkt ab.
„Schon gut, mein Freund, ich verstehe Euch. Ich kann Euch sicher nicht davon abhalten, zu tun, was Ihr wollt.
Aber denkt einmal darüber nach, ob persönliche Rachegelüste zu befriedigen das Schicksal einer ganzen Welt in den Hintergrund stellt.“
Dann wendet er sich zum Gehen, und der Meister ist erst einmal geschockt. Dann schüttelt er sich.
„Golem, ich glaube, wir haben etwas zu tun...“
Ja! Deckard hat sein Pflichtbewusstsein wieder geweckt!
„Radament muss sterben, und das wird so schnell wie möglich erledigt. Cain soll sehen, wie nützlich das sein wird!“
Als er mir den Rücken zuwendet, schlage ich meine Hand laut klatschend gegen meine Stirn.
Kapitel 8 – Irrungen und Wirrungen
„Da soll es runter gehen?“
Eine Falltür aus splittrigen, mit rostigen Nägeln zusammengefügten Holzbohlen bedeckt offenbar den Abgang in die Kanalisation.
Der Mann, der neben eben jener steht, hinter ihm fünf Bewaffnete, nickt.
„Da geht es hinunter in die finsteren Tiefen. Wenn du etwas versuchen willst, dann hier und nirgendwo anders; aber wie gesagt, ich glaube immer noch nicht, dass das nötig ist.“
Der Meister grinst säuerlich.
„Griez, da bist du wohl ganz Jerhyns Meinung, und er zahlt dich und deine Leute ja auch. Wie heißt es so schön? „Wes‘ Brot ich ess, des‘ Lied ich sing“, oder etwa nicht?“
Der Anführer der Söldnerarmee Lut Gholeins spuckt verächtlich in den Staub.
„Wenn du meinst, Kleiner. Aber wir halten die Stellung auch ohne dich, und deinen toten Körper schaffen wir sicher nicht von da unten wieder ans Tageslicht. Oder deinen untoten, nach dem, was man so hört!“
Seine Leute lachen. Der Meister lächelt nur sanft.
„Untote habe ich selbst genug. Ihr werdet schon noch sehen, was ihr an mir habt. Adieu, oh mächtiger Söldner.“
Bis der sarkastische Unterton zu ihm durchgedrungen ist, ist der Meister schon unten. Ich auch. Griez ist nicht der Schnellsten einer.
Über uns schließt sich krachend, begleitet von Flüchen, die Falltür. Dem Meister ist das wohl so egal wie mir, unbekümmert sieht er sich um.
„Eigentlich sollte ich brennenden Fackeln ja misstrauen...“
Ja! Er spricht ein wahres Wort gelassen aus, würde ich sagen. Und in der Tat, warum brennen die Fackeln hier denn...und wer erneuert sie?
„Na ja, was solls. Du gehst einfach voran, aber – bitte! – vorsichtig, ja? Wir wollen ja nicht, dass du blindlings in jedes Gegnernest reinrennst, wie es mein alter Golem gerne getan hat.“
Ha! Wie ich es tat, bevor ich mir meiner Sterblichkeit bewusst wurde.
Ich werde vorsichtig sein. Und diesmal auch in seinem Interesse! Ich kann nicht sagen, dass mir die Ironie nicht gefällt.
Wir umrunden einige Ecken im seltsamen Aufbau dieser Kanalisation. Dreckige, schimmlige Backsteine – Lehmziegel, würde ich sagen – bilden Gewölbe, die erdrückend tief auf den Schultern zu lasten scheinen. Säulen überall, dazwischen feste Mauerfundamente, die Torbögen stützen, der Boden mal mit Fliesen, mal mit den gleichen Steinen wie an der Wand gepflastert, die Fackelhalterungen mal schlicht, mal kunstvoll, mal funktionell, mal ornamentarisch. Baustile vermischen sich, und formen doch ein großes Ganzes, ein erhabenes unterirdisches Verließ des Drecks und Abfalls, verbunden durch den allgegenwärtigen Schmutz, den schlechten Zustand wirklich jeder Bauphase, den scheinbaren Mangel jeglicher architektonischer und sonstiger Logik im Aufbau, und natürlich den Gestank, der hier aus jeder Pore des Gesteins in jede Pore meines Körpers zu dringen versucht.
Die Neuheit dieses unbekannten Sinneseindrucks droht, mich zu überwältigen. Wie um Alles in der Welt kann etwas nur so schlecht riechen? Und warum kann ich mich dagegen nicht wehren? Übelkeit dringt in mich, zerreißt meinen Magen, wenn ich denn einen habe.
Nach nur wenigen Schritten breche ich zusammen und versuche, den nicht vorhandenen Inhalt meines eventuell vorhandenen Verdauungssystems zu entleeren. Der Meister hinter mir schafft es.
„Golem...“
Seine Stimme ist ein flaches Ächzen.
„Würde es dir vielleicht etwas ausmachen, das Atmen durch die Nase sein zu lassen?“
Äh. Nun, ich glaube, das würde mich dann doch stören, aber wenn er meint...
Ich halte also die Luft an. Der Meister seufzt erleichtert, wischt sich den Mund ab, und geht weiter, mir hinterher.
Langsam aber sicher macht sich unangenehmer Druck in meiner Brust bemerkbar, ungleich der Übelkeit von vorher, es ist mehr so ein Verlangen, jetzt sofort einzuatmen, kühlen Sauerstoff in meine Lungen fließen zu lassen...
Schwach trifft mich eine Faust zwischen den Schulterblättern. Ich sauge scharf Luft ein. Und sofort dringt der Gestank wieder in meine Nasenlöcher.
„Sag...mal...spinnst...du?“
Der Meister keucht auch, die Hand langsam sinken lassend.
„Es wäre womöglich angebracht, zu atmen, du Volldepp, weil ohne Luft Leben leicht unmöglich ist?“
Ach ja. Wer hätte das gedacht.
Ich.
Und warum empfiehlt er mir dann, das Atmen sein zu lassen?
„Weißt du, du treibst mich manchmal echt zur Verzweiflung. Wie wäre es denn schlicht mit Luft holen durch den Mund? Dummheit wird sich doch wohl nicht von Golem zu Golem vererben?“
Zwischen Dummheit und Unwissenheit besteht ein gewisser Unterschied. Der nicht zwischen mir und dem Tongolem besteht.
Ich versuche es, atme ein, halte mir dabei die Nase zu und den Mund offen.
Und ich atme ganz normal.
„Na, das hat jetzt aber gedauert. Jetzt bitte weiter so, damit ersticken wir weder am Gestank noch am Sauerstoffmangel.“
Das muss Einem doch gesagt werden!
Einige Kreuzungen im Weg später hält mich der Meister an.
„Sag mal, ich glaub, ich spinne. Haben diese Vollidioten von Stadtplanern schon mal was von „System“ und „Ordnung“ gehört? Wir können hier ja wohl stundenlang herumeiern, und laufen trotzdem immer wieder das gleiche Stück Wegs ab!“
Stimmt nicht. Ich habe einen perfekten Orientierungsinn...hier waren wir noch nicht. Wenn wir vorhin links gegangen wären, wären wir wieder Richtung Eingang in einem bekannten Gang gekommen, aber darum bin ich ja auch geradeaus weiter.
Wie sage ich ihm das jetzt?
Ach, soll er selber draufkommen. Ich gehe einfach weiter.
„He, du...denkst du, ich reg mich hier zum Spaß auf?“
Ich schüttle den Kopf und weise weiter.
„Ach, na gut, na gut. Aber wehe, wir stehen in fünf Minuten wieder vor dem Eingang.“
Keine Sorge, Meister.
Kapitel 9 – Bogeneinmarsch
Ich höre etwas. Bleibe stehen. Zeitgleich mit dem Meister. Ich kenne das Geräusch...
„Sind das nicht Knochen auf Stein?“
Nur geflüstert ist des Meisters Frage, mein Nicken ist völlig lautlos. Seine Skelette klingen gleich, wenn sie marschieren über harten Boden.
Langsam sehen wir um die Ecke, die ein Abknicken des Ganges nach Links signalisiert.
Hinten in dem Quergang stehen einige Skelette, aber was für welche – ihre Knochen scheinen zu glühen, sie geben sanftes rotes Licht ab, die Menge von diesen Eindrücken sich vermischende, flackernde Schatten auf den Wänden hinterlassend. Sie halten Bögen in ihren Händen, Köcher mit Pfeilen sind auf ihrem Rücken.
Und Hitze dringt an mein Gesicht, an den Bereich, den die abgestrahlte Wärme erreicht.
In der Tat, das sind brennende Tote, gekleidet in Feuer.
Jemand tippt mir auf die Schulter. Ich drehe mich um, sehe den Meister.
„OK, Plan. Wir schauen zu, was sie machen, die stehen nicht ewig hier. Wenn sie weggehen, fällst du ihnen in den Rücken, tötest schnell einen, und ich mache ein Skelett; der Rest ist klar. Wenn sie aber herkommen, dann gehen wir um die Ecke da hinten, warten, bis sie vorbeigelaufen sind, und fallen ihnen dann in den Rücken. Klar?“
Ich nicke, dann beobachte ich weiter.
Jetzt schreitet ein weiteres Skelett von hinten um die Phalanx der Schützen herum, ausgerüstet wie sie, aber von grünem Feuer überzogen. Ein Anführer!
Abschätzend der Blick aus den leeren Augenhöhlen, als er seine Truppen inspiziert. Mit dem Rücken zu mir bleibt er stehen. Sein leerer Kiefer klickt ein paar mal auf und ab, dann legt er einen Pfeil auf den Bogen und schießt ihn nach Rechts. Kurz nach dem Verlassen der Sehen flammt das Geschoß auf, trifft in die Wand, ein paar Steine prasseln von einer kleinen Explosion zu Boden; und eine Fackel entzündet sich, eine Nische erhellend.
Darin Stufen, die nach oben führen.
Meine Augen weiten sich. Wir sind im ersten Untergeschoß der Kanalisation, das kann nur eines bedeuten: Die Treppe führt in die Stadt. Eine Invasion! Wir sind gerade rechtzeitig.
Der Anführer deutet auf die Treppe. Seine Krieger salutieren, dann setzen sie sich in Bewegung. Er schaut ihnen nach, wie sie einzeln die schmalen Stufen hinaufwanken.
Kaum hat sich das letzte Skelett in Bewegung gesetzt, und sieht den Grünen nicht mehr, erscheint ein orangenes Flämmchen über seinem Kopf. Er bemerkt nichts.
Ich schleiche sofort los. Der Meister hat getan, was er konnte, um mir zu helfen, indem er den verstärkten Schaden geflucht hat. Fast habe ich den Anführer erreicht, als er herumwirbelt, um den anderen zu folgen.
Und mich sieht, aus den „Augenwinkeln“ – er hat zwar keine, aber es muss ja einen Grund haben, dass urplötzlich ein Pfeil auf meine Brust gerichtet ist. Ich erstarre. Er legt den Kopf schief.
Wieder klackt sein Kiefer. Ich bewege mich nicht, weil ich ihn nicht verstehe.
Er scheint wieder etwas zu sagen, und diesmal strafft er die Bogensehne noch weiter, mit dem Pfeil zur Treppe gestikulierend.
Bevor ich weiß, was ich hier eigentlich mache, gehe ich auf die Stufen zu, mir wohl bewusst der Waffe, die in meinem Rücken liegt...
Aber was für ein Glück. Er hat mich zwar bemerkt, aber, dummer Untoter, der er ist, für einen der seinen gehalten. So skelettiert sehe ich zwar nicht aus, aber grausig wohl schon, und wer ist nicht froh über ein bisschen Unterstützung?
Ich bin es, und das bekannte Klacken von Knochen auf Stein – von vielen Knochen auf Stein – lässt mich sofort anhalten und umdrehen.
In der Tat hat der Meister getan, was ich gehofft habe – er ist auch hinter der Ecke hervorgetreten, hat seinen Stab gezückt und dem Skelett eins übergezogen. Der Metallschädel daran glüht leicht, aber Charsi scheint gute Qualität zu liefern; nichts ist passiert. Dem Meister scheint die Hand zu schmerzen, aber ein Loch im Schädel hat unseren Feind zu einem spontanen Zerfall angeregt.
Noch einmal schüttelt der Totenbeschwörer mit angewidertem Gesichtsausdruck seine Extremität, dann richtet er den Stab auf den Knochenhaufen, und ein weißes Skelett entsteht aus den flammenlosen, aber trotzdem grünen Knochen.
Da höre ich ein Knarzen. Sofort werfe ich mich zur Seite, und ein brennender Pfeil versengt mein Ohr. Ich schätze, die Anderen haben etwas gemerkt...
Aber jetzt haben wir ja ein Skelett. Die Treppe ist eng, und so können uns nicht mehrere Pfeile gleichzeitig treffen; dem Skelett macht ein Treffer alleine wenig aus, stellen wir fest, als es Bogenschützen um verfluchten Bogenschützen mit Knüppelschlägen fällt. Der letzte steht weiter oben, legt gerade an, als ihn ein Schwert köpft.
Ein Mann mit Turban und nacktem Oberkörper sieht die Treppe hinunter. Er schreit laut auf.
„Noch mehr von den Dingern! Ich glaubs ja nicht! Aber an mir kommt ihr nicht vorbei, ihr Abschaum!“
Der Meister tritt heran und schiebt mich zur Seite.
„Schon in Ordnung...die gehören zu mir.“
Der Turbanträger starrt ihn ungläubig an.
„Ahoi, Mensch – wo kommt Ihr denn her? Wunderts mich, dass es hell wird mitten in der Nacht, da kommen diese komischen Gestalten aus dem Kanal, ich fürchte um mein Leben, wo ich leichtfertig herrenne, um sie aufzuhalten, da mach ich einen fertig und der Rest liegt im Staub. Bis auf zwei, habt Ihr die vergessen?“
Ich sehe den Meister an. Der grinst.
„Keine Sorge, Meschif, das sind meine. Ein Golem und ein Skelett, treue Diener. Gratuliere dir zu deinem Mut, und da behauptet Griez, er hätte Alles unter Kontrolle...“
Der Turbanmann in blauen Hosen lacht laut auf.
„Wenn das so ist – woher kennt Ihr mich denn, Totenbeschwörer?“
„Richtig erkannt, so einer bin ich. Wer kennt Meschif nicht in Lut Gholein, der Händler mit dem größten Schiff von Allen? Um ehrlich zu sein, ich hab dir mal ein Fass mit Wein gestohlen...“
Meschif runzelt die Stirn. Dann lacht er wieder.
„Gehört Mut auch dazu, mir das ins Gesicht zu sagen, aber mit zwei so Typen wie denen an deiner Seite ist das wohl nicht schwer, was? Na ja, verziehen. Kennen tu ich dich nicht, warst damals wohl schlau genug, dich nicht mehr bei mir blicken zu lassen. Vielleicht sehen wir uns ja wieder.“
Damit winkt und geht er. Der Meister grinst mich an.
„Ein netter Kerl.“
Dann stocken wir unseren Untotenvorrat wieder auf volle fünf auf und gehen weiter.
„Sag mal, hast du mir nicht versprochen, dass wir nicht wieder zum Aufgang kommen...?“
Wir sind doch durch eine Falltüre gekommen...aber wie...
„Ja, schau nicht so blöd.
Scherz! Schon klar, ein anderer. Aber hey, das hätte mir Griez auch sagen können, dann hätten wir uns den Weg bis hier gespart...mit dem muss ich mal ein Wörtchen reden. Äh, was nun, links oder rechts?“
Wieder eine Kreuzung. Wir kommen von links vorne, weil wir uns einmal im Halbkreis bewegt haben; demnach deute ich nach rechts. Und wirklich, nach nur einer weiteren Biegung, liegt vor uns eine Treppe nach unten.
„Wieder tiefer, was? Wird zur Gewohnheit, dass Böses ganz weit unten lauert. Na ja, hindern wir es am Hochkommen.“
Und damit steigen wir hinab.