9.Akt: 4. Tag – Der Sturm und der Fluss
Narzgho ist heute als erster wach. Er fühlt einen seltsam gewaltigen Druck auf der Blase. Stimmt, wann war er eigentlich zum letzten mal auf dem Klo? Und überhaupt, gibt es hier überhaupt eine Toilette? Hilfesuchend blickt er sich um und entdeckt eine unauffällige Tür in den Barrieren die dieses Lager umgeben. Voller Hoffnung schreitet er voran und erreicht das Tor. Ein Griff ist nicht zu sehen und er findet auch keinen anderen Weg sie zu öffnen. Den Tränen nahe rennt er vor der Tür hin und her, bis er sich entschließt ein Gebüsch aufzusuchen. Nach verrichtetem Werk legt er sich unter seinen liebsten Baum, unter dem er auch die letzten Tage immer wieder nachgedacht hat. Schon seltsam, wie hatten sie es geschafft so lange sich nicht erleichtern zu müssen? Ob es vielleicht die frische Luft ist? Nein. Die Überlegungen beschäftigen ihn nicht sehr lange und er denkt wieder an die Höhle. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr, er hatte eine deutliche Anwesenheit von Untoten gefühlt und die Kreaturen die dort lauern wiesen ein ungewöhnlich aggressives Verhalten auf. Ein Blatt fällt auf ihn herab und landet auf seinem Bauch. Träge schnippt er es auf den Boden und er blickt in den Himmel, durch einen kleinen Spalt den das Blatt freigegeben hat. Ohne das er es gemerkt hatte, hat der Himmel seine Farbe gewechselt und funkelt ihn nun in einem tristen Grau an.
Er hört ein Rauschen, das von dem auf das Blattwerk fallenden Regen herrührt. Vereinzelt tropft es auch auf Narzgho, doch er empfindet es als ein wahrer Segen. Regen, Wind und Kälte, wenn diese Faktoren zusammentreffen fühlt er sich wahrlich wohl. Ein neues Rascheln ertönt, denn ein Windstoß durchzieht das Gras und die Bäume. Narzghos Augen ziehen sich leicht zusammen, denn dieser plötzliche Wandel des Wetters ist verdächtig. Kälte zieht sich über die Gegend und trotz seiner schlechten Vorahnungen fühlt er sich wohl. Wenige Sekunden später schon fließt der Regen gerade schon in Strömen und ein Sturm reißt in den Ästen der Bäume. Die Kälte wird immer eisiger und unnatürlicher, der Regen wird zu Hagel, der in dem Wind alles umreißt was ihm im Weg steht. Narzgho steht auf und blickt sich um. In dem Lager regen sich auch die anderen und schauen verwundert in den Himmel. Ein Schrei ist außerhalb des Lagers zu hören, jedoch beruhigt sich dieses Geräusch und vergeht in dem Hämmern des Hagels. Scott wird von einem Hagelkorn hart am Kopf getroffen und rettet sich schnell in sein Zelt. Auch die anderen eilen in ihre Zelte. Doch da Sarah nicht die Lust verspürt alleine in ihrem Zelt sich dem Warten hinzugeben, kommt sie mit in das Männerzelt.
Narzgho, Babbos und Sarah blicken eine Weile aus der Zeltöffnung und da das Unwetter nicht zu Stoppen gedenkt, schließen sie auch diese. Narzgho verzieht die Miene. Diese Irre in meiner Nähe? Na, immerhin sieht sie ganz gut aus. „Hoffentlich ist dieses Unwetter bald vorbei“ bemerkt Sarah mit einem Blick an die Zeltdecke, die sich unbehaglich nach innen krümmt. „Solange du hier sicher bist ist doch alles gut“ Mit dem Ausdruck eines Gentlemen schaut er Sarah in die Augen. „Mir ist es egal ob einer von euch sicher ist, solange mir nichts geschieht könnt ihr ruhig den Löffel abgeben. Dennoch beunruhigt mich das Wetter sehr, denn es kam plötzlich ohne irgendwelche Vorzeichen.“ „Wie kannst du so etwas sagen, Narzgho! Ein Ehrenmann denkt immer an sich selbst zuletzt!“ Babbos starrt ihn mit gespieltem Entsetzen und wahrer Verwunderung an. „Ich bin kein Ehrenmann, ich bin ein Totenbeschwörer und habe keine Lust Kavalier zu spielen. Denk auch du einmal daran dass du ein Barbar bist. Außerdem seid ihr doch sowieso alle wahnsinnig!“ Schweigen. Narzgho wäre am liebsten weit weg von den anderen. „Ich habe keine Lust mehr mit euch rumzuhängen, ich gehe.“
Rennend verlässt Narzgho das Zelt, schützend seine Hände über den Kopf hebend. Das nächste Zelt das er erreicht, ist vollkommen leer und so lässt er sich dort nieder. Das Wetter hat sich keineswegs verbessert, ganz im Gegenteil. Blitze durchfahren den Himmel und hinterlassen eine Spur aus purer Energie. Fast als direkte Antwort folgt ein Donnergrollen, so das Narzgho die Entfernung der Blitze auf vielleicht zwei Kilometer schätzt. Es wird immer dunkler, Narzgho läuft ein Schauer über den Rücken. Ihm ist trotz der Aufregung langweilig und so erschafft er wieder einmal einen Tongolem. Egal wie oft man dies gesehen hat, es ist immer wieder bizarr anzusehen, wie aus dem Boden ein Haufen Erde wächst und sich zu verklumpter Menschengestalt formt. Wie durch Gedankenübertragung stapft der Golem los und als er wiederkehrt hat er vier große, rote Äpfel bei sich. Sie schmecken ein wenig alt, doch Narzgho ist es gewohnt nicht immer das beste zu verspeisen. So hat er auch die letzten Jahre verbracht, wenn er zu erschöpft war um seinen Koch zu beschwören. Der zweite Apfel besitzt eine faulige Stelle und so verspeist er einen Teil davon und wirft den Rest aus dem Zelt.
Bei der Gelegenheit wendet er seine Aufmerksamkeit wieder dem Himmel zu. Das Unwetter hat sich beruhigt, doch es hat zu Regnen begonnen. So beschließt er sich an die Frische Luft zu begeben und betrachtet ein Werk der Zerstörung. Bäume sind nahezu kahl und Äste liegen auf dem Boden. Die Zelte haben Risse, doch sie scheinen viel auszuhalten, denn sonst wären sie auch vernichtet. Der eigentlich sonst sehr seichte Fluss, der seinen Namen eigentlich eher gegen „Bach“ tauschen müsste, ist angeschwollen und erreicht fast die Brücke. Wenn es so weiterregnet, reißt der Fluss noch die Brücke mit. Narzghos Gedanken schwirren weiter um das Verhalten des Wetters. Sarah und Babbos stehen draußen und scheinen sich angeregt zu Besprechen. So betritt Narzgho ungestört das Männerzelt, legt sich hin und döst durch das unaufhörliche Tröpfeln des Regens ein.
Als er wieder aufwacht schaut er geschockt aus der Zeltöffnung. Es dämmert. „Verdammt, ich hätte heute Nacht länger schlafen sollen.“ Flucht er vor sich hin. Hastig verlässt er das Zelt und schaut sich draußen um. Scott, Sarah und Babbos sitzen um die Feuerstelle und unterhalten sich angespannt. Besser gesagt, Babbos und Sarah, Scott ist nur ein Zuhörer, jedoch genauso aufgeregt. Narzgho hat zwar überhaupt keine Lust sich zu den anderen zu gesellen, scheint jedoch überzeugt zu sein dass es etwas wichtiges zu bereden gibt. Die Stimmung die in der Luft liegt scheint jeden Moment zu verbrennen und so etwas heißt hier etwas. Als er zu ihnen stößt fahren die drei unwillkürlich auf. Das Benehmen der drei deutet auf eine lange Geschichte hin die sie soeben erlebt haben. Eigentlich interessiert es Narzgho nicht und doch will er in Erfahrung bringen was wirklich hier vor sich geht. Sarah schaut ihn mit einem unbestimmbaren Gesichtsausdruck an. „Uns ist da etwas passiert, das wirst du wohl kaum glauben.“
Als Babbos aufwacht, tobt ein Unwetter. Harte Schläge donnern auf das Zelt und lassen es beben. Vorsichtig verlässt er das Zelt. In dem Lager stehen alle anderen schon versammelt, doch noch bevor er bei ihnen ankommt zieht sich Scott eilig in sein Zelt zurück. Da Sarah gelangweilt ist, gehen Narzgho, Babbos und sie zusammen in das Zelt der Männer, wo sie sich kurz unterhalten, wobei Narzgho irgendwann genervt das Zelt verlässt. „Was hat er gegen uns?“ Sarah schaut ihm etwas trübselig nach. „Er ist nicht so gesprächig, er mag es allein zu sein. Da fällt mir ein... Wissen wir eigentlich irgendetwas über ihn?“ Babbos spricht schnell und beruhigend. „Nein, er erzählt ja nie etwas von sich. Eigentlich schade.“ „Von dir weiß ich auch nichts...“ wirft Sarah ein. „Nicht weiter wichtig, muss ja auch niemand. Wenn ich es mir recht überlege kennen wir alle uns noch nicht so richtig. So stelle ich mich einmal offiziell vor.“ Babbos räuspert sich: „Mein Name ist Babbos, meine Hobbys sind Waffen. Schön dich kennen zu lernen.“ Er streckt Sarah die Hand zu, die jedoch unverwandt ein Kissen begutachtet. Schmollend entfernt Babbos seine Hand wieder von ihr und hört dem Prasseln des Hagels zu. Schweigend sitzen die beiden sich gegenüber, bis auch Sarah das Wort an sich reißt: „Mein Name ist Sarah, ebenfalls schön dich kennen zu lernen.“ Beide lächeln und schütteln sich die Hand.
Das Unwetter hat sich beruhigt und Sarah sowie Babbos begeben sich an die Luft. „Komisch, dieses Wetter!“ Babbos schüttelt den Kopf. „Allerdings“ „Vielleicht sollten wir uns deshalb Gedanken machen, aber dieser Regen... unschuldig als wäre nichts gewesen.“ „Ja“ „Du bist ja auch nicht sehr gesprächig Sarah, so findest du nie einen Freund“ Was eigentlich als Witz gemeint war, wird von Sarah ganz anders aufgefasst. „Bastard!“ murmelt sie. Erschrocken starrt Babbos sie an: „Tut mit Leid, war ja nicht so gemeint. Ich hätte nicht gedacht dass du so empfindlich bist!“ „Ich bin nicht empfindlich.“ „Jaja, ich verstehe. Aber glaubst du dieses Unwetter und die Höhle könnten einen Zusammenhang besitzen?“ „Warum sollten sie?“ „Ach, ich habe ja nur gedacht es könnte ja sein...“ „Denk nicht so viel, schadet der Gesundheit.“ Mürrisch schaut sie ihn an und er blickt entrüstet zurück. Von Scott ist nichts zu sehen und Narzgho sehen sie gerade in das Männerzelt verschwinden. Schließlich sagt Babbos: „Ich habe Hunger“
Scott sitzt in seinem Zelt und reibt sich den Kopf. Die kurze Zeit die er draußen verbrachte, wurde ihm mit ein paar dicken Hagelkörnern auf seinen Kopf vermiest. Das Wetter kann keinen natürlichen Ursprung haben, das fühlt Scott. Eine merkwürdige Aura liegt in der Luft. Ein weiteres Glied in der Kette, die sich langsam zu seinem Auftrag zusammenschweißt. Langsam weiß er warum der Schamane meinte, er würde erkennen wenn der Auftrag vor ihm stünde. Vielleicht verbirgt sich dahinter etwas größeres, als er jetzt ahnen kann, doch noch ist nichts bewiesen und so lehnt Scott sich gegen ein kleines, leeres Fass. Das Fass hat fast seine Größe und so kommt ihm eine Idee. Er stülpt sich das Fass über den Kopf und schleicht aus seinem Zelt. Der Hagel prasselt weiter auf den Boden des Fasses, doch Scott wird nicht von ihm erwischt, während er sich tastend seinen Weg durch das Lager bahnt. Noch im Laufen kehrt er zurück in sein Zelt und bohrt mit dem Dolch zwei Schlitze in die Wand des Fasses, um etwas sehen zu können.
Vor der Brücke angekommen, die nun über einen reißenden Fluss führt, erblickt er nicht weit von sich die Baracke der anderen Gruppe, die in sich zusammenzufallen droht. Dort angekommen findet er niemanden vor, nur einen Gefallenen, der dort unterschlüpfte und sich gerade der kleinen Vorräte der Verlierergruppe annahm. Nur nicht auffallen, denkt Scott und er zieht sich lieber wieder zurück. Doch schon ist die rote Kreatur hinter ihm her und er beschleunigt seine Schritte, die durch das Fass auf ihm trotzdem nur sehr langsam und klein bleiben. Zum Umdrehen hat er keine Zeit und durch das Klopfen am Fass hört er auch keine Schritte. Weglaufen bringt nichts mehr, keine Chance. Rasend schnell legt Scott das Fass ab, zückt sein Blasrohr und schießt. Durch die harten Körner abgelenkt, verfehlt der Schuss sein Ziel und das Wesen stolpert weiter auf Scott zu, ein Schwert drohend erhoben. Scott steckt das Blasrohr weg und zieht seinen Dolch. Das Hämmern auf seinen Schädel setzt ihm zu, doch er hat schon Schlimmeres erlebt. Er duckt sich unter einem Hieb hindurch und springt mit dem Dolch in der Hand auf den Feind los. Dieser wirbelt sein Schwert durch die Luft, als ihm Scott den Dolch in den Bauch rammt. Scott muss einen leichten Treffer einstecken, blutet dennoch sehr schwach. Der nächste Schlag des Gefallenen endet in einem Halbkreis direkt vor Scott, der gerade noch einen Satz nach hinten macht und den Dolch wieder nach vorne schleudert. Nun ging es rasend schnell, Schlag auf Schlag. Scott schlüpft unter den Beinen des Angreifers hindurch und fügt ihm eine blutige Wunde im Rücken zu. Schreiend rast er davon, bricht jedoch nach ein paar Schritten tot zusammen.
Scott stülpt sich das Fass wieder über und wagt sich dem leblosen Wesen zu nähern und es zu durchsuchen, nach dem er überprüft hat ob es wirklich verschieden ist. Es hat nichts von Interesse bei sich, außer eine Rolle, die mit einem roten Band umfasst ist. Scott steckt seinen Fund sofort ein und begibt sich auf den Weg ins Lager, das vor ihm völlig zerstört dalag. Abgebrochen Äste, Zeltdeckenfetzen und zerhageltes Gras. Der Fluss, treibt eine Menge Unrat mit sich, hie und da kann er sogar tote Hasen und ein Reh ausmachen, die hilflos sich der Gewalt ergeben mussten. Unangenehmer Anblick, aber was soll er schon dagegen tun. Zurück in seinem Zelt, setzt er das klitschnasse Fass ab und setzt sich in eine Ecke, wo er die Schriftrolle öffnet und näher betrachtet. Nichts besonderes an sich, nur ein Zeichen, ein Pentagramm. Vielleicht kann man sie noch gebrauchen, denkt sich Scott und versiegelt die Rolle wieder, bevor er sie in ein winziges Regal legt, das schon bei seiner Ankunft seinen Platz in diesem Zelt gefunden hatte.
Die Ausbrüche haben sich wieder beruhigt, Scott verlässt sein Zelt und entdeckt an der Feuerstelle, die natürlich im Moment nicht brauchbar ist, Sarah und Babbos die gerade dabei sind ein Mahl zu bereiten. „Oh, hallo Scott!“ Sarah scheint glücklich, ihn zu sehen. „Sei gegrüßt!“ „Tag Scotty!“ dröhnt Babbos. „Nenn mich nie wieder Scotty, falls du nicht eines grausamen Todes sterben willst.“ Scotts Augen glitzern. Es gibt nur Vegetarisches, da man ja kein Feuer machen kann um Fleisch zu grillen. Scotts geübte Augen erkennen eine Veränderung an Sarah. „Woher hast du den Ring?“ „Ring?“ fragt Babbos und schaut dabei Scott verwundert an, dann sieht er den Ring an Sarahs Hand und meint: „Sie wird wohl verlobt sein.“ „Nein. Den habe ich aus der Höhle.“ Scott sagt nichts, sieht sie aber scharf an.
Nach dem Essen, kommt ihm die Schriftrolle wieder in den Sinn und er überredet die Beiden dazu, sie einzusehen.
Als sie sich in Scotts Zelt treffen, holt Scott die Rolle aus dem Regal. Er entsiegelt sie und rollt sie auf, bis sie ihren Inhalt allen Zuschauern offenbart. Sarahs Augen glänzen eigenartig, als sie den Inhalt erblickt: „Kann ich die kurz haben?“ Mit Geheimnissen scheint sie sich auszukennen und da sie die Einzige bisher ist der Scott vertraut, überlässt er ihr die Rolle auch ohne zu zögern. Plötzlich wandelt sie sich und Sarah stößt einen Schrei aus. Das Zeichen verschwindet und auf der Rolle erscheint ein Text, der für kurze Zeit aufleuchtet, bis die Rolle in Ihren Händen entflammt und sich zu Asche verwandelt. „Tut mir Leid.“ Stammelt Sarah. Was auf der Rolle stand verwirrt sie. „Was erschien auf der Schriftrolle?“ „Da stand...“ Sie braucht eine Weile um sich zu fassen, dann aber antwortet sie: „plus eins zu maximalem Schaden. Weiß einer was das bedeutet?“ Die beiden anderen schütteln den Kopf, doch in Scott reift eine Idee. „Dein Ring leuchtet auch.“ Sarah und Babbos schauen ihn an und verstehen auf einmal auch die Situation, die ihnen dennoch seltsam erscheint.
Staunend verlassen alle drei das Zelt, während Sarah ihren Ring fortwährend betrachtet. Der Regen tröpfelt nur noch sachte, der Wind ist angenehm. Der Fluss ist auch ruhiger, dennoch treibt er alles mit sich. Doch was ist das? „Oh mein Gott!“ Sarahs Ausruf trifft die Sache ganz gut, denkt sich Scott. In dem Wasser treiben zwei Jägerinnen. Ihre Körper sind aufgequollen und aufgebläht. Sie mussten schon sehr viele Tage im Wasser liegen. Vor den Augen der Gruppe spielt sich dieses grausame Schauspiel ab, das alle Aufmerksamkeit auf sich richtet. Sie hatten alle schon viele Leichen gesehen, doch es ist immer wieder ein Grausames. Geschockt kehren sie zu der immer noch untauglichen Feuerstelle zurück und starren sich mit offenem Mund an. Babbos Kehle ist trocken, so dass er sich gleich etwas zu trinken aus der Vorratskammer beschafft. „Was ist hier eigentlich los?“ Sarah blinzelt. „Ich weiß nicht...“ „Aber die Toten und diese Kreaturen denen wir die ganze Zeit über den Weg laufen, was kann das bedeuten?“ „Ich weiß nicht...“ Wieder beantwortet Scott Sarahs Frage auf die gleiche Weise.
Nachdem sie eine Weile geredet haben, stößt Narzgho zu ihnen und sie erzählen ihm alles was sie heute erlebt haben. Nach langer Zeit voller Vermutungen, die immer seltsamer wurden, begeben sie sich alle wieder in ihre Zelte, denn von einer Invasion aus anderen Dimensionen will niemand etwas hören. Absurd erscheint ihnen das alles. Real und doch nicht wirklich, ein Traumgespinst in den Tagen die sie verbringen. Doch keiner kann es so richtig abtun, dass sie doch noch alle denkfähig sind und die Realität erleben. Niemand kann so richtig einschlafen, obwohl die Dunkelheit inzwischen angebrochen ist. Scott wirft noch einmal einen Blick zum Fluss und kann in der Ferne vier Gestalten erkennen, die sich zurück in die Baracke begeben, die er heute schon einmal genauer aus der Nähe betrachtet hat. Ob sie wohl auch seltsame Dinge erlebt haben?
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Auch Kathrin und Pardellio beobachten das Spektakel, das sich ihren Augen bietet. Der Umschwung des Wetters ist so plötzlich und so heftig, wie sie es noch nie zuvor gesehen haben. Die Leiche der Jägerin hatten sie inzwischen mit dem Fell des erlegten Riesen zugedeckt, da ständig Tiere die Tote zu Fressen versuchen. Die ganze Nacht haben sie gewacht, so sind sie müde und schwach. Kurz nach Beginn des Hagels, von dem Sandy und Dudulov geweckt werden, verlassen diese auch ihr Zelt. Sandy blickt zuerst in den Himmel, jedoch bleibt auch das Fell nicht lange vor ihr verborgen und ihre Neugierde treibt sie dazu es anzuheben. Noch ehe Pardellio „Halt!“ rufen kann, entfährt Sandy vor Schreck ein Schrei. Doch sie fasst sich sofort wieder und zu viert gehen sie in das Zelt, wo Kathrin und Pardellio den anderen von der seltsamen Geschichte erzählen. „wir sollten sie begraben... angeblich gibt es hier irgendwo einen Friedhof.“ Meint Pardellio. „Ach ja, und wie stellst du dir das vor?“ Sandy steht auf und läuft in kurzen Schritten durch das Zelt, womit sie die Situation bildlich darstellen will. „Wir laufen da, einfach so, mit einer Leiche Richtung Friedhof. Vorbei an Kreaturen, die uns angreifen wollen, durch ein Unwetter, dass uns bewusstlos schlagen kann, zu einem Friedhof, von dem wir nicht einmal wissen wo er genau ist.“ Mit einem Augenrollen fährt sie fort „Und dann heben wir ganz nebenbei mal ein rund vier Meter tiefes Loch aus, wobei man bedenken muss, dass wir weiter angegriffen werden, werfen die Jägerin ohne Sarg oder etwas in dieser Art hinein, befüllen die Grube ganz ohne Mühe wieder mit Erde und ziehen von Dannen, als ob nichts gewesen sei.“
„Na ja...“ beginnt Pardellio sich zu verteidigen, wobei er sich gedemütigt vorkommt. „zumindest können wir sie nicht einfach so liegen lassen.“ Endet er träge. „Ach ja? Von mir aus soll sie doch von irgendetwas gefressen werden, kein Problem.“ Erschrocken schauen die anderen drei Sandy an. „Wieso, wen kümmert es? Nur frag ich mich wirklich was da geschehen ist... wir sollten zumindest das herausfinden.“ Diesmal stimmen ihr alle zu.
„Aber wir müssen doch irgendetwas tun damit ihre Seele Frieden findet!“ „Paladine und ihre kranken Vorstellungen von dem Leben mit Gott und den Menschen. Die Realität ist da nicht ganz so rosig wie eure Vorstellungen.“ Nun platzt Sandy endgültig der Kragen „Du hast wohl noch nie einen Blick auf die Wahrheit geworfen! Zeig mir doch deinen Gott, der die Menschen elendig verrecken lässt, der mit großer Güte für uns gar nichts macht!“ Sandy schreit ihn heftig an, wobei sie die Worte „gar nichts“ besonders betont. Nun steht Pardellio auf und zückt sein Schwert. Es ist rostig und alt, dennoch ist es ein Zeichen von Macht. Schon fast automatisch hebt Sandy die Hände vor ihr Gesicht, aus denen ohne Vorwarnung Stromstöße stieben die die Luft unter eine noch größere Spannung stellen. Pardellio steckt das Schwert wieder ein und die beiden funkeln sich noch lange an. „Wenn Blicke töten könnten“ flüstert Kathrin Dudulov zu. „Immerhin könnten die beiden ein gutes Ehepaar abgeben“ beide grinsen in sich hinein.
Nachdem sich Pardellio und Sandy beruhigt haben, denken die vier weiter darüber nach was sie nun mit der Leiche anfangen könnten. „Wir müssen ihr doch irgendwie eine Bestattung gewähren!“ „Sicher, eine Bestattung im Fluss...“ Sandy bremst sich schnell selbst, um nicht wieder Streit anzufangen. „Ich könnte ja ein Tier fragen wo der Friedhof liegt, aber bei diesem Wetter kann man das vergessen.“ „Stimmt...“ murmelt Kathrin leise. „Ich habe keine Lust mehr hier zu warten, ich will raus und endlich ausnutzen hier ein paar Gegner zu haben!“ „Beruhig dich Sandy. Ich dachte du wärst... na ja... faul.“ Kathrin duckt sich vorsichtshalber ein wenig, doch Sandy reagiert ganz normal: „Ich bin auch faul, aber wenn ich Gegner habe dann kann ich nicht anders als einfach nur zu kämpfen!“ „Dann geh doch.“ „Gerne!“ zischt Sandy Pardellio entgegen, bevor sie sich umdreht und aus dem Zelt rennt. „Freundlichkeit ist ihr wohl fremd?“ „Nein, sie ist wohl einfach nur kampflustig.“ „Was machen wir jetzt?“ ergreift Dudulov das Wort. „Abwarten, was bleibt uns sonst übri-“ mitten im Satz wird Kathrin unterbrochen, da ihr Kopf hart von einem Hagelkorn getroffen wird. „Verdammt, die Decke ist undicht!“ Ein lautes Reißen ist zu hören, mit dem auch noch mehr Hagelkörner ins Zelt prasseln. „Schnell, hol du das Fell während wir hier die Vorräte sichern und das Zelt stabilisieren!“
Während die Dreiergruppe damit beschäftigt ist das Zelt zu reparieren, wandert Sandy durch die Gegend, ohne zu wissen wo sie ist. Der Niederschlag ist so dicht, dass man fast nur ein graues Flimmern wahrnimmt. In der Nähe hört Sandy das lärmende Rauschen des Flusses, doch sie kann ihn nicht genau ausmachen. Als sie ihre Schritte der Geräuschquelle zuwendet, versinken ihre Füße leicht in dem aufgeweichten Boden. Vor ihr erstreckt sich der Fluss, den sie in dieser immensen Größe noch nie gesehen hatte. „Das Treiben des Flusses verzerrt die Realität... faszinierend.“ Flüstert sie sich selbst zu, als aus dem Fluss ein Baumstamm geflogen kommt. Er schleudert ein paar Meter weit und landet am Ufer, nicht weit von Sandy entfernt. Sie nähert sich dem Baumstamm um ihn genauer zu betrachten. Er ist innen hohl und aufgeweicht, wodurch er auch sehr brüchig ist. Ein leichtes zischen durchfährt die Luft und Sandy zuckt zusammen. Mit einem Knacken zerbricht der Baumstamm und aus der offenen Stelle wächst ein silbern schimmernder Ast, der sich bei näherem betrachten als Tier herausstellt. Als Sandy, die Augen auf das Wesen gerichtet langsam nach hinten stolpert, ist es schon fast zwei Meter hoch. Die obere Spitze klappt sich auf und bringt ein Augenpaar zum Vorschein, die direkt über dem mit Fangzähnen bewehrten Maul ihren Platz haben. Zeitgleich scheinen vier riesige Flügel aus dem Rücken zu „wachsen“. Die Kreatur ist zwar dünn, aber schon allein die Länge ist beeindruckend.
Mit aufgeklapptem Mund betrachtet Sandy das Spektakel, doch als das Wesen beginnt mit den federlosen, fasrigen Flügeln zu schlagen kommt sie wieder zur Besinnung und rennt, so schnell es ihre Beine erlauben, weg. Wohin weiß sie nicht, sie will einfach nur weg von dem Vieh. Hastig wirft sie einen Blick zurück und stellt beruhigt fest, dass sie nicht verfolgt wird. Sie verlangsamt ihre Schritte und bleibt schließlich stehen, um sich eine Verschnaufpause zu gönnen. Durch die ihr entgegengepeitschten Hagelkugeln ist ihr Gesicht Wund und an manchen Stellen blutig aufgerissen. Sie umfasst ihr zitterndes Knie und versucht sich zu beruhigen. Ja, sie wollte Gegner... doch dass sie auf so etwas stößt, damit hatte sie vorher nicht gerechnet. Zurück zu den anderen kann sie nicht, den Weg hat sie auf der Flucht nicht beachtet. „Verflucht!“ entfährt es ihr und eine Träne rinnt ihr die Wange herunter. Sie wandert weiter ziellos durch die Gegend, unsicher von ihren Beinen in eine unbekannte Richtung geführt. Der Fluss ist nicht mehr zu hören, doch das Prasseln und das Donnern des Wetters verfolgen sie in ihrem Marsch. Ihre Kleidung ist durchnässt und ihr ganzer Körper durchzogen von Schmerzen. „Ein Unterschlupf, nur irgendeine Höhle oder so...“
Unterdessen machen sich Dudulov, Kathrin und Pardellio Sorgen um Sandy. Sie ist schon zu lange fort. „Wir sollten nach ihr suchen!“ meint Kathrin bestimmt, doch Pardellio zweifelt: „Ich denke wir sollten noch etwas warten. Die kann sich wehren, ihr geht’s bestimmt gut.“ „Hmm... hoffen wir es.“ Kathrin stützt sich mit den Armen ab und fährt fort: „Wir sollten uns jedoch schon darauf bereit machen, sie doch noch zu suchen. Wenn sie in rund einer halben Stunde noch nicht da ist, gehe ich.“ „Ich komme mit.“ Pardellio rollt mit den Augen, stimmt aber schließlich zu: „Meinetwegen, aber was wenn wir uns verlaufen?“ „Werden wir schon nicht, keine Sorge.“ Dudulov fährt herum. „Was ist?“ Kathrin sieht in besorgt an. Zu viel erschreckendes hatte sie hier schon gesehen. „Ich dachte da wäre etwas. Ich schaue kurz nach.“ Geduckt verlässt er das Zelt, während Kathrin und Pardellio voller böser Vorahnungen zurückbleiben und warten. Schon nach wenigen Sekunden verschlingt die graue Natur Dudulovs Gestalt. Nach einer kurzen Zeit, die für die beiden unerträglich lange zu sein scheint, beginnen sie sich auch um Dudulov Sorgen zu machen. „Warum ist er noch nicht zurück?“ „Ich weiß es nicht, vielleicht sollten wir mal nachsehen...“
Nach einigen Schritten bleibt Dudulov stehen und blickt sich mit zusammengekniffenen Augen um. Einige Minuten steht er konzentriert auf einer Stelle und wartet. Kälte kriecht ihm die Beine hoch und er ist schon leicht durchnässt als er wieder einen Laut vernimmt. Wenige Meter von ihm entfernt hört er ein leises, unnatürliches Gurgeln, das ihn in Angst versetzt. Schon einmal hat er dieses Geräusch gehört, doch wo? Wieder ein Geräusch. Diesmal erkennt der Druide aus welcher Richtung es kommt und schnell dreht er sich um. Ein stummer Schrei entfährt ihm und er bleibt wie angewurzelt stehen als sich ihm eine Gestalt nähert. Zuerst kann er es gar nicht fassen, doch plötzlich hält ihn nichts mehr. Er schreit auf und rennt die wenigen Meter zum Zelt zurück, wobei er zwischendurch schlittert und sich gerade noch auf den Beinen halten kann. Kathrin und Pardellio scheinen durch den Schrei alarmiert zu sein und empfangen ihn vor dem Zelt. Mit vor Angst zitternden Knien steht Dudulov vor ihnen. Geistesabwesend schüttelt er den Kopf und mit leiser Stimme haucht er: „Wir haben ein großes Problem.“ Noch während er dies sagt, löst sich eine Gestalt aus dem grau und rennt auf sie zu. Es ist die Jägerin!