ich halte die action komponente, also wie kämpfe ablaufen, gesteuert werden usw. für sehr gelungen, (...)
Kann man so sehen. Man könnte aber auch sagen, dass die Chars viel zu lahm durch die Gegend kriechen und dem Spieler viel zu oft die Steuerung aus der Hand genommen wird, so dass es im Grunde egal ist, ob man ein Meister der Mausbewegung oder ein eher durchschnittlicher Mousemover ist. Es gibt immer wieder Situationen, in denen die Sicherheitsskills und Heiltränke auf Cooldown sind, der Char zu wenig Schaden macht, um mit der aktuellen Situation fertig zu werden, und es abzusehen ist, dass das aktuell vorhandene Leben nicht zum Überleben reichen wird. In anderen Spielen dieser Art kann man unter diesen Umständen wenigstens noch weglaufen. Nicht so in D3: Wenn einen da etwas töten will und kann, dann wird man üblicherweise auch in's Gras beissen. Kaufhaushelden mit 150k DPS mögen andere Erfahrungen machen. HC geht natürlich, aber eben nur durch vorausschauendes Spielen, Rückzugsmöglichkeiten und ggf. über das Starten eines neuen Spiels. Also eher Taktik als Action.
in D3 erhält man seine attribute quasi ausschließlich über das gear und der rest wird automatisch vergeben.
Und bei anderen ARPGs müsstest Du analog dazu schreiben: "in XYerhält man seine attribute quasi auschließlich über das gear und der rest wird manuell vergeben."
Soll heissen: "quasi ausschließlich über" würde ich weglassen. Was bleibt, ist der Unterschied manuell oder automatisch. Bei manueller Vergabe ist es durchaus üblich, nach einer Art Formel vorzugehen, die z.B. daraus hinauslaufen könnnte, die Statuspunkte exakt so zu vergeben, wie es bei D3 automatisch geschieht. In diesem Fall gäbe es logischerweise keinen Unterschied.
Einige Spieler würde eine freie Vergabe allerdings dazu nutzen, ein kleines bisschen mehr Schaden herauszuholen, indem sie mehr in's schadenserhöhende Attribut investieren. Dafür haben sie dann entweder weniger Rüstung, weniger Resistenzen oder eine geringere Ausweichchance. Bei extremen Wegen der Statuspunktvergabe bleibt aber immer die Frage, ob man damit auch wirklich auf dem richtigen Weg ist, oder ob man sich auf der anderen Seite Nachteile einhandelt.
Egal ob manuelle Vergabe oder automatische, der Char wird in beiden Fällen mit jedem LevelUp stärker. Doch die zweite Variante sorgt eben für eine gewisse Ausgewogenheit. Bei manueller Vergabe hat man z.B. immer das Problem, dass man versucht, die Statuspunkte mit der Ausrüstung abzustimmen. Wenn man noch nicht weiss, was der Char am Ende tragen wird, neigt man dazu, hunderte Punkte unverteilt zurück zu halten, um sie nicht vorschnell in's "falsche" Attribut zu drücken. Die Chars bleiben in diesem Fall über weite Strecken des Spiels unter ihren Möglichkeiten. Die andere Variante sieht meist so aus, dass man einen Char "neu aufsetzt", wenn die Endausrüstung feststeht. Das findet heutzutage aber auch nicht mehr jeder lustig, wenn er wegen ein paar suboptimal verteilter Punkte einen bereits durchgespielten Char neu leveln muss.
Ich komme daher ganz gut zurecht mit der automatischen Vergabe der Statuspunkte. Insbesondere bei Spielen, bei denen man nicht genau wusste, in welcher Konsequenz sich die Statuspunkte in allen Aspekten auswirken und welche Wechselwirkungen es mit Skills und Itemeigenschaften gibt, hat mich die manuelle Statuspunktvergabe immer eher genervt als erfreut.
(...) außerdem fördert es das hochspielen neuer charaktere um verschiedene builds zu bauen.
In Torchlight 2 ist es beispielsweise so, dass man locker mehr als 50 Charbuilds bauen könnte, um die Wechselwirkungen sämtlicher Skills zu testen. Und da man dafür auch gern noch spezielle Ausrüstung zur Seite legt, braucht man entweder eine Truhen-Modifikation oder eine Muli-Armee. Achja, ausserdem ein paar Jahre Zeit zum Spielen. Es gibt also solche Spiele, wenn man das möchte. Aber in D3 haben wir nur 10 Charslots und eben ein anderes Konzept.
Im Moment experimentiere ich beispielsweise mit verschiedenen Builds der Zauberin. Und in diesem Zusammenhang genieße ich die Tatsache, nicht mindestens 50 Stunden lang jeweils eine neue Zauberin hochspielen zu müssen, nur weil ich mal eine Kleinigkeit ändern will.
in D3 erfolgt die charentwicklung AUSSCHLIEßLICH über das gear. ein nackter 60/100 char ist komplett machtlos und hätte auf inferno keine chance.
Achso, und in anderen Spielen sind "nackte" Chars noch im höchsten Schwierigkeitsgrad unglaublich mächtig, weil sie ohne Ausrüstung genau so gut sind wie mit...
(...) in kombination mit den extrem zufälligen rolls fühlt sich der spieler in einer situation, in der er das AH nutzen MUSS, um seinen char vernünftig zu entwickeln.
Es könnte auch Neid und fehlgeleitetes Konkurrenzdenken sein, wenn sich jemand zur AH-Nutzung gezwungen fühlt. Der Gedanke, dass alle anderen Spieler unter Umständen besser ausgerüstet sind als man selbst und dass sie deswegen in viel kürzerer Zeit viel mehr gute Drops abgreifen, kann den Einen oder Anderen schon fertig machen.
in D3 gibt es nur items, da attribute automatisch vergeben werden und primär über items bezogen werden, skills DIREKT mit dem waffenschaden skalieren und "nackt" wertlose hüllen sind. dieser grundlegende designfehler (...) macht die RPG komponente von D3 zu einer farce ...
Klingt für mich unsinnig. Ich mache "die RPG-Komponente" nicht von manuell falsch vergebenen Statuspunkten und Skills, die auch ohne Waffen Schaden verursachen, (und dann meist nur bei Magie-Klassen) abhängig.
Das, was Du "Designfehler" nennst, ist einfach ein anderes Konzept, und ich freue mich, dass es im Rahmen von D3 zur Verfügung steht. Die anderen Sachen gibt es ja immer noch bzw. parallel dazu in anderen Spielen. Für mich wäre die ARPG-Szene ohne D3 auf jeden Fall ärmer. Davon zeugen nicht zuletzt hunderte von Spielstunden, die ich mit dem Spiel bereits zugebracht habe. Und das hauptsächlich wegen der RPG-Komponente, die z.B. auch im Kopf des Spielers stattfindet. Wie ein Wilder durch die Level zu bürsten und alles liegenzulassen, was vorher nicht "Pling" gemacht hat und ständig nur Gier, Frust und Neid zu empfinden, lässt natürlich kein RPG-Feeling aufkommen.
Gruss, Dietlaib