Leute, ich habe gute Nachrichten!
Inzwischen ist mein Abitur rum und mein FSJ läuft. Ich habe jetzt ganz normale Arbeitszeiten und habe tatsächlich die Zeit zwei bis vier Stunden pro Woche an der Geschichte weiterzuschreiben. Ich fand es immer schade, dass die Geschichte seit über zwei Jahren hier verstaubt, aber mir haben einfach immer die Zeit, oder manchmal auch die Lust gefehlt. Jetzt allerdings habe ich gerade auch wieder die Motivation hier weiterzuschreiben.
Ich hoffe mein Stil hat nicht allzusehr gelitten und ich hoffe auch, dass mir der Anschluss an die Geschichte wieder einigermaßen geglückt ist. Besonders deswegen bin ich jetzt auf Kritiken angewiesen!
Aber was sitze ich hier und labere, ihr wollt doch sicher den nächsten Teil lesen:
Kapitel 4: Geisteskraft
Larissa genoss die liebevolle Pflege die sie von dem kleinen Dämonen erhielt. Es war eine bequeme Art zu lernen. Im Bett liegen und nebenher die Heilkunst zu studieren, das gefiel Larissa sehr. Einem kleinen Dämonen beim Herumwuseln zuzusehen, stets bemüht ihn immer zu verbessern bereitete ihr da noch mehr Freude. Xamir konnte sich auch keine bessere Art der Schulung vorstellen. Manchmal war er zwar doch recht gefordert, aber er arbeitete lieber unter Larissas Diktatur, als unter der seines Lehrmeisters. Und ganz so schlimm war es ja auch nicht. Abends saßen sie beide nebeneinander und lasen in dem Buch mit dem Titel Spiriti. Meran hatte einen Zauber gewirkt, der die beiden die fremdartigen Schriftzeichen verstehen ließ. Besonders die handgemalten Bilder der heraufbeschworenen Geister waren bestaunenswert. Xamir war beeindruckt vom roten Herz des Wiesels. Die Linienführung wirkte berauschend auf ihn und besonders die glimmend aussehenden Augen des Geistes gingen nicht spurlos an ihm vorüber. „.. an den zu beschwörenden Geist denken und mithilfe der geistigen Kraft beschwören und am Leben erhalten..“ zitierte Larissa aus dem Text, als sie auch schon eine Eiseskälte, wie es sie nicht einmal im Arreat Gebirge gab, um ihren Kopf spürte. „Uahh, was ist das?“ Xamir hatte tatsächlich aus dem Nichts ein Herz des Wiesels erschaffen, unglücklicherweise erschien der Geist direkt um Larissas Haupt.
Das rot schimmernde Wesen schwebte eine Weile durch den Raum, da verschwand es auch schon wieder mit einem Lichtblitz. Gespannt starrten Larissa und Xamir auf die Stelle, wo eben noch ein Geist fröhlich durch den Raum schwebend seine Bahnen gezogen hatte. „Das war ja einfach..“ unterbrach der Dämon schließlich das Schweigen. „Los Larissa, versuch’s auch mal!“ Larissa gab sich Mühe und dachte stets an das Herz des Wiesels, das sie gerade gesehen hatte. Nach kurzer Zeit erschien tatsächlich ein solcher Geist. Freude brach herein, als er wieder verschwand. Sie waren wirklich in der Lage Geister zu beschwören! Sofort mussten sie das gesamte Kapitel, das sich auf diesen Geist bezog sorgfältig studieren. Nachdem sie fertig waren, verbrachten sie den Rest des Abends damit, Geister aus dem Nichts zu rufen, jedoch verschwanden diese schon nach kurzer Zeit wieder.
Als der Mond schon hoch über den Bäumen des Dschungels thronte, fielen sie in ihre Betten. Ohne zu wissen, warum, waren sie total ausgelaugt, ihr Bedürfnis nach Schlaf war unendlich groß.
„Was geht da drinnen vor?“ „Ich weiß es nicht, hör auf dumme Fragen zu stellen! Der Meister führt bestimmt gerade ein wichtiges Ritual durch! Ich mag gar nicht daran denken, was passiert, wenn wir ihn stören sollten..“
Vor einer riesigen, aus edelstem Holz gefertigter Tür standen zwei Sklaven und flüsterten in Furcht. Grelle Lichtblitze schossen unter der Tür hervor, sodass man die mit Gold und wertvollen Farben verzierte Holzarbeit bestaunen konnte. Dennoch war die Stimmung angespannt. Beide waren sie nicht sicher, was sie tun sollten. Einerseits drängte sie die Neugier dazu, genauer nachzusehen, andererseits hatten sie zu große Angst, dem Geschehen hinter der Tür zu begegnen. „Lass uns schnell abhauen, und so tun, als sei nichts passiert.“ schlug einer von ihnen vor, der andere jedoch zögerte. Kniend versuchte er unter der Tür hindurch zu spähen, doch immer wenn er seinen Kopf in einen günstigen Winkel gebracht hatte, erschien ein weiterer Lichtblitz und er musste seine Augen abwenden. Als er sich schließlich ein weiteres Mal bückte, schlug die Tür auf. Die Tür maß mindestens zwei Fuß Dicke und dennoch schlug sie mit einer Kraft auf, wie es selbst der stärkste Kämpfer nicht fertig bringen würde. Ein lautes Knacken war zu hören, als diese Pforte den Schädel des Sklaven zwischen ihr und der Wand zerbersten ließ. Mehr als rennen stand für den Anderen da nicht mehr zur Diskussion. Er floh, als wäre Diablo persönlich hinter ihm her und war nach kürzester Zeit verschwunden.
Durch die Pforte wuselte ein kleiner, dicker Mann in einer weißen Robe. Von magischer Hand bewegt, schloss die Türe sich wieder, während dahinter nur ein lebloser Menschenkörper auf den Boden sackte. Durch das Geräusch aufgeschreckt warf der Priester einen Blick über die Schulter. „Tz.. Versager.“ meinte er nur beiläufig und begab sich zurück in sein Gemach, wo er sich wieder dem Pergament, das er vor seinem Ritual beiseite gelegt hatte, zuwandte. Zurück ließ er einen Raum voller Frauenleichen.
Auf dem Stück Papier in seiner Hand befanden sich diverse magische Symbole, die ein normaler Mensch nicht zu entziffern vermochte. Keinerlei Anhaltspunkt zur Entschlüsselung dieser Symbole war gegeben, doch der Priester schien keine Probleme damit zu haben, sie zu lesen. Dennoch ließen ihn die Worte stutzen, er konnte sich keinerlei Reim darauf bilden, was sie ihm sagen sollten:
Die Tür ist fest verschlossen,
seit Jahrhunderten ungeöffnet,
doch der kleine Rote,
er wird sie öffnen,
und tun, was noch keiner hat getan.
Welche Tür? Welcher Rote? Welcher Schrecken? Diese Fragen geisterten durch den Kopf des Priesters, verzweifelt auf der Suche nach einer Antwort, die er nicht zu finden im Stande war. War es die Höllenpforte, die von Diablo geöffnet werden sollte, um sich selbst in der Welt zu manifestieren? Diese Möglichkeit klang plausibel, doch konnte es nicht sein. Diablo würde niemals freiwillig aus seinen Gefilden in die Welt der Sterblichen hinaufsteigen, da er wusste, was ihm dann bevorstünde. Engelscharen würden aus dem Himmel hinabschweben und ein weiterer Sündenkrieg würde beginnen. Niemand wollte einen neuen Sündenkrieg in dieser Welt von Sanktuario, weder Menschen, noch Dämonen, noch Engel, denn es ist nichts weiter, als ein zeitraubendes, Ressourcen verschlingendes Gemetzel. Da konzentrierte Diablo lieber seine Kraft auf einen Punkt, als einen solchen Krieg auszulösen.
„Schwachsinn..“ murrte der alte Mann und begann wieder mit jugendlicher Leichtigkeit durch sein Gemach zu hetzen. Hin und her, tief in seine Gedanken verstrickt und dennoch konnte er keine Lösung für dieses Omen finden.
Entnervt gab er für den heutigen Tag auf und begab sich auf den Balkon. In der Hand eine Pfeife sah er sich den Sonnenuntergang gedankenverloren an. Unter ihm erstreckte sich eine Metropole von riesigen Ausmaßen. Bis zum Horizont standen die Häuser. Unter ihm waren die Menschen, die von den Märkten ihre Hotels oder Heime aufsuchten. Amüsiert über den Anblick verschluckte sich der Priester. „Wie kleine Ameisen..“
Er wandte sich zur linken Seite seines Balkons und sah gen Süden. Die große Hafenanlage war eine richtige Sehenswürdigkeit. Viele Absteigen waren dort erbaut worden, damit die Seemänner auch ihr Geld hier ließen. Kneipen gab es natürlich auch zu genüge, genauso wie die Toten. Mindestens zwei Tote gab es in der Woche, aufgrund von Schlägereien oder irgendwelchen belanglosen Mordgedanken. Manchmal ließ der Priester die Toten in seine Kirche karren. ‚Aus medizinischen Gründen’, meinte er immer nur, wenn er danach gefragt wurde, was er eigentlich mit den ganzen toten Menschen wolle. Doch eigentlich studierte er viel mehr die Magie, schwarze Magie der Nekromantik, sie faszinierte ihn. Bemerkt werden durfte das jedoch nicht, das wäre sein Todesurteil und er würde selbst irgendwann als starre Leiche auf dem Leichentisch eines korrupten Heilers oder Priesters landen.
Kingsport war eine große, reiche Stadt. Im Süden Westmarchs an dem großen Ozean gelegen, war es eine berühmte Stadt, die von allerlei Reisenden durchquert wurde. Mit seiner riesigen Kathedrale konnte er sein Amt ausüben, ohne jemals zu viel arbeiten zu müssen. Ein anderer Priester führte mit seinen Dienern die Gottesdienste aus und ihm selbst waren zahlreiche Bedienstete unterstellt, von denen jedoch immer mal wieder welche auf ‚mysteriöse Weise’ verschwanden. Er nutzte sein Studium von Religionen und Magie in Kurast, um sich weiterzubilden, weiterzubilden in der Art von Magie, die man sich nur durch das Lesen verbotener Bücher aneignen konnte, denn sie wurde nirgendwo gelehrt und solche Bücher existierten für den normalen Menschen nicht.
Während der Zeit bei den Druiden waren Xamir und Larissa langsam aber stetig älter geworden. Larissa hatte nun schon acht Sommer in der Welt Sanctuarios erlebt. Und inzwischen hatte sie zwei weitere ‚Neugeburten’ des kleinen Dämonen miterlebt. Mit jedem Mal gewann sie mehr Erfahrung, wie sie ihrem Gefährten am besten helfen konnte und dennoch waren die ‚Neugeburten’ mit jedem Mal schlimmer und heftiger für den Dämonen geworden, allerdings war seine Stärke auch mit jedem Mal um ein Vielfaches angewachsen.
Das konnte er besonders an seinen Trainingseinheiten in der kleinen Kampfarena feststellen. Inzwischen war er in der Lage einigen der Druiden das Wasser reichen zu können. Würde er gegen einen alleine antreten, hätte er aufgrund seiner dämonischen Herkunft sogar einen Vorteil gehabt und könnte ihn sogar besiegen. Seine Fortschritte waren nicht zu übersehen und sein Lehrmeister lobte ihn nach jedem Training. Das tat dem kleinen Dämonen wirklich gut, er war ein ziemlich sanftmütiges Wesen geworden, was man ihm beim bloßen Anblick niemals zugetraut hätte. Seine Grundkampfausbildung war bald abgeschlossen, dann würde er mit den speziellen Kampftechniken der Druiden vertraut gemacht werden. Xamir fieberte dem Tag schon entgegen, als er seiner Prüfung unterzogen werden sollte. Diese Prüfung musste er bestehen, ansonsten würde er vorerst nicht in die Geheimnisse der Kampfkünste des Fiacla-Géar, des Vaters der Druiden, eingeweiht werden.
Und so kam schließlich der Tag der großen Prüfung. Jahrelang hatte Xamir auf diesen Tag hingearbeitet und jahrelang hatte er sich stetig weiterentwickelt. In der Arena sollte dieser Kampf stattfinden. Gegen wen er kämpfen würde, wusste der Dämon nicht. Er wollte einfach nur sein Bestes geben und mit Bravur bestehen. Um die Arena waren schon alle Druiden, die sich für Xamirs Prüfung interessierten eingetroffen. Auch Larissa und Meran standen im Publikum und riefen ihm letzte, anfeuernde Worte zu. Sein Lehrmeister war bei ihm und stand ihm zur Seite auf dem Weg in die Arena. Das Herz klopfte Xamir bis zum Hals, es raste vor Aufregung. Was würde ihn nun erwarten? Gegen wen würde er antreten müssen? Er hoffte nur, dass nicht sein eigener Lehrmeister der Gegner sein würde, das hätte ihm viele Probleme bereitet. Welcher Schüler wäre schon in der Lage seinen eigenen Lehrer zu besiegen? Xamir wartete in der Arena. Er war nun alleine und der prasselnde Regen des Dschungels lief an seiner roten Haut herunter. Die Hörner, die aus Kinn und Wirbelsäule wuchsen, waren durch die letzten beiden ‚Neugeburten’ weiter gewachsen, auch seine Krallen an Füßen und Händen waren größer geworden. Er würde sie sogar schon als Waffe einsetzen können, wenn er nur hart genug mit dem Arm zustieß. Darauf wollte Xamir aber verzichten. Er wartete weiter in der Arena und der Regen fiel unablässlich.
Aus dem Dschungel hörte er Schreie und ein lautes Grunzen. Er machte sich darauf gefasst, dass seine Aufgabe wohl aus der Wand von riesigen Blättern hervorgeschossen kommen würde. Und so geschah es auch. Ein riesiger Keiler sprang aus dem Dschungel auf die Lichtung, wo sich die Arena befand. Er war fixiert auf Xamir, da der Dämon das erste Wesen war, das er zu Gesicht bekam. Das Publikum war in sicherer Entfernung und die Druiden, die den Keiler hierher getrieben hatten, waren auch schon verschwunden.
Das Biest war gigantisch. Allein der Kopf maß die Höhe des Dämonen, wenn er sich streckte. Ein Lauf war so breit wie Xamir selbst und ein Huf des Monstrums so groß wie sein Kopf. Xamir schluckte vor Respekt und war sich seines Sieges nicht mehr ganz so sicher. Die Hauer, die aus dem Maul kommend bedrohlich nach vorne wuchsen, wären geeignet gewesen den Dämonen sofort aufzuspießen. „Denen sollte ich wohl besser nicht zu nahe kommen..“ meinte Xamir zu sich selbst. Die Augen des Keilers waren weit aufgerissen und fast komplett weiß, die Pupillen stark verengt, wie kleine schwarze Pünktchen auf sein Gegenüber fixiert. Aus seinem Rüssel stob Dampf, wenn das Biest ausatmete. Sein tief braunes Fell war nass vom trommelnden Regen.
„Wo haben die denn den gefunden?“ meinte Meran im Publikum noch ganz gelassen zu Larissa. Diese aber wollte am liebsten jetzt schon nicht mehr hinsehen und hielt die Hand des Druiden ganz fest. Der Kampf begann. Der Keiler war es leid, noch länger zu warten. Er war wütend und gewillt schnell anzugreifen. Der Boden vibrierte, als das Biest sich in Bewegung setzte und mit einer Geschwindigkeit, die einem so großen Wesen eigentlich nicht zuzutrauen war, auf Xamir zurannte. Dieser wusste sich vorerst nicht anders zu helfen, als einfach auszuweichen. Dies war einer der wenigen Vorteile, die er hatte. Er war auf engem Raum wendiger als das wuchtige Tier. Außerdem gelang es ihm einmal über den Schlamm rutschend sich zwischen den Beinen des Keilers davonzustehlen. Er hatte nun doch beschlossen, seine Krallen und nicht nur seine Fäuste einzusetzen, gegen einen solchen Gegner war das die bessere Wahl. Außerdem baute er darauf, dass er ausdauernder sein musste als das Biest, ansonsten wäre das schlecht.
So kam es dann, als Xamir der Meinung war, seinen Gegner nun richtig einschätzen zu können, zu den ersten Schlagabtauschen. Xamir wuselte um das Monstrum herum und schlug mehrere Male mit seinen Krallen in den Leib seines Widersachers. Klaffende Wunden waren das Resultat dieser Schläge, was dem Dämonen wieder mehr Selbstvertrauen in seine eigenen Fähigkeiten schenkte. Einmal gelang es ihm sogar, seine Krallen genau zwischen den Rippen des Keilers zu rammen, der daraufhin rasend zur Seite sprang. Der Dämon wurde mitgerissen, woraufhin sich die Wunde zu einem tiefen, langen Schnitt vergrößerte. Das allerdings sorgte dafür, dass der Keiler noch weiter in seine Raserei verfiel. Er schüttelte Xamir ab und verpasste ihm einen heftigen Tritt mit den Hinterläufen, direkt in die Magengegend, sodass dieser einige Meter weggeschleudert wurde. Benommen von so heftigen Schmerzen, wie er sie bisher nur von seiner ‚Neugeburt’ kannte, lag Xamir am Boden und versuchte verzweifelt sich zu orientieren. Seine Augen jedoch waren noch nicht in der Lage, sich auf etwas oder jemanden zu konzentrieren. Er hörte nur, wie das hünenhafte Tier auf ihn zuraste. Kaum fähig sich zu bewegen, schaffte er es gerade noch, seinen Körper so weit zu drehen, dass er vom Hauer des Keilers nicht aufgespießt wurde, sondern nur wieder auf heftigste Weise fortgeschleudert wurde.
Larissa war fassungslos bei dem Anblick, den sie zu ertragen hatte. Sie zitterte am ganze Leib und war sich unsicher, was sie denn jetzt tun sollte. Am liebsten wäre sie sofort in die Arena gestürmt und hätte sich dem Biest in den Weg gestellt, das nun immer weiter auf Xamir losging, aber Meran hielt sie zurück. Die Verantwortung lag allein beim Lehrmeister des Dämonen. Er musste entscheiden, wann die Prüfung abzubrechen war. Dieser hatte nun auch genug gesehen und kam in die Arena. Er wollte Xamir von seinem Leid erlösen und lenkte die Aufmerksamkeit des Biestes auf sich. Um völlig sicherzustellen, dass es von seinem Schützling ablassen würde, vermied er es vorerst, dem Tier irgendwelchen Schaden zuzufügen und tänzelte mit ihm nur durch die Arena. Er schickte währenddessen zwei andere seiner Schüler den Dämonen in Sicherheit zu bringen.
Doch die Zeit, die das Biest bereits von Xamir abgelenkt war, war genug gewesen, dass er sich einigermaßen erholen konnte. Er stand wieder – wenn auch nur auf wackeligen Beinen – und merkte, wie ihm das Blut vom Kopf herab strömte und wie ihm jeder Knochen seines Körpers so schmerzte, als sei er gebrochen. Die anderen beiden wollten ihn gerade fortzerren, als Xamir einen Schrei ausstieß, der nicht einmal im annäherndsten etwas Menschliches mehr hatte. Er schlug die beiden Schüler weg von sich und dachte an das Herz des Wiesels, den Geist, dessen Macht er zu kontrollieren gelernt hatte. Die Augen weit aufgerissen konzentrierte er sich und langsam entstand eine blassrote Sphäre vor ihm, die immer weiter anwuchs und die Gestalt des Geistes annahm. Sein Lehrmeister, der kurz von Xamirs Schrei abgelenkt wurde, musste einen schweren Treffer des Keiler erleiden. Ein Hauer bohrte sich tief in den Bauch des Druiden. „NEIN!“ war alles, was der Dämon noch sagen konnte, bevor er auch noch den letzten Rest seiner Menschlichkeit verlor und mit ungekannter Geschwindigkeit auf den Keiler zurannte. Er sprang auf den Rücken des Biestes und klammerte sich an dessen Fell fest. Das Monstrum seinerseits begann zu springen und tat sein Bestes, den unerwünschten Reiter loszuwerden. Doch daraus wurde nichts mehr. Xamir drosch, vom sicheren Buckel des Keilers aus, auf denselben ein. Als die Haut schon mit so vielen Wunden übersäht war, dass sie im Begriff war abzufallen, sprang er geschickt auf den Rüssel des Tieres. Sie tauschten einen letzten Blick, der von beiden nichts anderes als puren Hass gepaart mit purem Blutrausch bedeutete. Dann stach Xamir seine ganze Hand, zu einer Art Trichter geformt, in das rechte Auge des Keilers. Dieser stellte sich auf seine Hinterläufe und stieß einen schmerzerfüllten Schrei aus, von dem der Dämon sich aber nicht beirren ließ. Er blendete nun auch das übrige Auge und das Tier ging zu Boden.
Der Dämon, seiner Raserei noch verfallen, prügelte aber weiter auf das todgeweihte, blutige Etwas am Boden ein. Die Knochen des Schädels verformten sich in sichtbarer Weise mit jedem Schlag mehr. Der Geist, der dem Dämon die Möglichkeit gegeben hatte, seinen Gegner zu besiegen, war schon lange verschwunden, als Xamir immer noch auf dem, was einmal so etwas wie ein Gesicht war, saß und darauf einprügelte. Die Knochen und die Kopfhaut des Keilers hatten schon lange nachgegeben und den Inhalt freigegeben. Der letzte Atemzug und der letzte Herzschlag des Biestes waren schon lange getan, als Xamir mit dämonischer Entschlossenheit unverändert seiner Wut freien Lauf ließ. Erst als er bereits so geschwächt war, dass er kaum noch seinen Arm heben konnte, sackte er schließlich in sich zusammen und atmete tief ein.
Sein Blick war auf den Himmel gerichtet, wo es schon dunkel geworden war. Erst jetzt fiel ihm wieder auf, dass es noch in Strömen auf ihn herabregnete. Er kam langsam zur Besinnung und realisierte, was eigentlich geschehen war. Tief atmend wandte er seinen Kopf. Er nahm wahr, wie sein Lehrmeister, von anderen gestützt, die Arena verließ. In der anderen Richtung sah er Larissa und Meran. Der Druide sah finster drein, er machte kein sehr glückliches Gesicht. Und seine kleine Freundin Larissa blickte nur schockiert auf ihn herab. Ihre Augen schienen nichtssagend leer zu sein. Dann wurde Xamir von der Anstrengung, von dem Schmerz, von dem Leid, das er erlebt hatte, übermannt. Er konnte nicht anders, als die Augen zu schließen. Er wollte schlafen. Wie schön angenehm der Regen auf seinen gepeinigten Körper fiel. Das tat gut.
Xamir wachte in einem ihm unbekannten Raum auf. Er war nicht in seiner Hütte, das stand fest. Er lag in einem warmen Bett. Neben ihm stand ein Teller mit heißer Suppe auf einem kleinen Tisch. Der Dampf, der von der Suppe aufstieg, spielte mit ihm, er hatte Schwierigkeiten, mit seinen Augen dem Dampf zu folgen. Dann sah er, dass da noch jemand neben ihm stand. Es war Larissa. Sie blickte ihn mit denselben leeren Augen an, die ihm auch von der Arena aus entgegengestarrt hatten. Als er seine Hand hob und den Mund aufmachen wollte, verließ sie wortlos den Raum. Diese Geste verletzte ihn sehr. Mit dem Klacken der ins Schloss fallenden Tür, bemerkte Xamir, dass noch ein weiteres Bett im Raum stand. Darin lag sein Lehrmeister, er schien ohnmächtig zu sein oder, was Xamir hoffte, einfach nur zu schlafen. Die Tür fiel ein weiteres Mal ins Schloss. Jemand hatte den Raum betreten. Es war Meran. Mit demselben finsteren Blick, den Xamir auch schon einmal gesehen hatte, trat er auf den kleinen Dämonen zu. Dieser wollte sich für seine Raserei entschuldigen, doch ihm fehlte die Kraft die Worte zu sprechen. Es war Meran, der das Wort ergriff, nachdem er einige Momente nur auf Xamir herabgesehen hatte. „Das vorhin war ein guter Kampf von dir. Der Einsatz des Herz des Wiesels war genau richtig.“ Er stockte. „Wie du den Kampf allerdings zu Ende gebracht hast, war..“ wieder eine Pause, dann: „unmenschlich.“ Der Druide wandte seinen Blick ab. „Ich kann es mir nur so erklären, dass der Angriff des Keilers auf deinen Meister, die dir innewohnenden dämonischen Instinkte geweckt haben muss. Das musst du unbedingt unter Kontrolle bekommen. Diese ... blutrünstige Grausamkeit ist...“ Mehr Worte kamen nicht über seine Lippen. Er verließ den Raum wieder. Xamir starrte eine Weile an die Decke und Tränen sammelten sich in seinen wieder normalen Augen. War er das Monstrum gewesen und nicht der Keiler? Diese Frage beschäftigte ihn sehr, doch er schlief wieder ein.