Ifurita
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-Teil 2-
Leise schwang die Türe auf, eine Frau schaute heraus. Prüfend zuckte ihr Blick durch den Raum, bis sie sicher war, dass sich keiner hier befand. Eilig huschte sie durch den Raum, über die teuren, blutroten Teppiche. Hinter ihr eine jüngere Frau, leise Schritt haltend.
"Keiner da", flüsterte IIlene und versteckte ihren Seesack mit dem Kleid hinter einer großen Truhe.
"Sehr prächtig hier. Ich war schon bei vielen reichen Händlern zu Gast, das hier gehört zweifelsfrei zur Oberklasse", meinte Marie leise.
"Reich und mächtig, diese Sekte wird mit jeder Erkenntnis noch mächtiger, als ich bisher dachte", grollte IIlene. Marie schritt zu einem der Regale, betrachtete die Bücher.
"Die Sprache der Alten?", fragte sie verblüfft und besah sich einen Buchtitel.
"Sag bloß, du kannst die auch?" Die ebenfalls verblüffte IIlene sah sie an.
"Ja, weil viele alte Rezepte und Mixturen in dieser Sprache hinterlassen wurden. Die Alchemisten schreiben ihre Formeln gerne in der Sprache der Alten auf, so kann sie nicht jeder lesen. Nicht, dass böswillige, primitive Naturen, welche in den Besitz solcher Bücher kommen, damit was anfangen können. Es hat sich über all die Jahrhunderte gut bewährt...", erklärte Marie mit einem Seitenblick.
"Das habe ich nicht gewusst. Über die Alchemistengilde ist sowieso wenig bekannt", seufzte IIlene.
"Mit Absicht, wir helfen jedem, dem wir können, aber wir wollen auch nicht, das unsere Macht missbraucht wird", sagte Marie und stellte das Buch zurück an den Platz.
"Erzähl es mir ein andermal. Komm jetzt, wir müssen weiter", nickte die Ältere und huschte zur nächsten Türe. Marie folgte ihr.
Ein leichtes Knarren erfüllte die Luft, als die Türe langsam aufglitt. IIlene hielt den Atem an, aber zu ihrer Erleichterung schien es keiner gehört zu haben. Vor ihnen lag ein schlichter Korridor, Türen lagen auf beiden Seiten. Was wohl hinter diesen lag?
Beide Frauen schlichen sich zu einer der Türen, sie war zu. Wieder schaute IIlene durch das Schlüsselloch, der Raum war leer. Es schien ein persönlicher Raum zu sein, ein Bett war in der rechten Ecke.
"Sehen wir uns das mal genauer an", flüsterte IIlene und öffnete die Türe. Kaum war sie im Raum, konnte sie hören, wie unweit von ihnen eine andere Türe aufschwang. Verdammt! Marie stand noch draußen.
"Hey, wer bist du denn?", rief eine Männerstimme überrascht. IIlene stand in dem Raum, sah ihn nicht. Blitzschnell drehte sich die junge Frau um, wollte hinausstürmen, um den Störenfried zu beseitigen.
"Ich suche meinen Vater, man sagte mir, dass ich ihn hier antreffen kann. Wißt Ihr vielleicht, wo er ist?", fragte Marie ganz ruhig und gab IIlene ein Zeichen, dass diese im Raum bleiben sollte. Überrascht blieb diese stehen, sah, wie Marie von der Türe verschwand. Ihre Schritte hallten durch den Korridor.
"Wer hat dir gesagt, dass du hier deinen Vater finden kannst!?", fragte die Männerstimme verblüfft.
"Meine Mutter. Sie bat mich, ihn hier zu suchen, da mein Vater vergessen hat, seine Medizin einzunehmen. Wißt Ihr, er hat es mit dem Herzen, und muss das hier wirklich dringend einnehmen", erklärte Marie im Plauderton.
Der Mann schien völlig verwirrt zu sein, auf jeden Fall sagte er nichts. Ein leises Ploppen vernahm IIlene, es klang so, als würde jemand einen Korken von einer Flasche nehmen.
"Ja, das Mittel hier... och, Entschuldigung, jetzt hab ich sie damit bespritzt!", sagte die Alchemistin erschrocken.
"Was soll das Ganze hier, ich hole .....die........", fing der Mann an, dann kam nur noch ein dumpfer Aufprall. IIlene schaute aus dem Zimmer, sah, wie ein Mann in schwarzer Robe auf dem Boden lag. Marie wich zurück, hatte eine kleine Ampulle in der Hand.
"Blieb zurück, das muss sich erst verflüchtigen!", flüsterte sie ernst, hielt sich den Ärmel vor den Mund.
Ein paar Momente später schleiften die beiden den Körper des Sektenmitgliedes in den Raum, schlossen die Türe.
"Ich bin hier drin echt tausend Tode gestorben aus Sorge, das war ziemlich riskant", schüttelte IIlene den Kopf.
"Keine Sorge, das ist nur ein starkes Betäubungsmittel. Es war etwas gewagt, selbst so nah dran zu sein, aber ich hab es dem Kerl direkt auf den Kragen gespritzt. Der wusste gar nicht, wie ihm geschah", grinste Marie erleichtert und verstaute die Ampulle wieder in ihrem kleinen Seesack.
"Woher weißt du bloß, wo was da drin ist?", fragte die Ältere verwundert.
"Ordnung ist das halbe Leben", zwinkerte Marie ihr zu. IIlene hob den Bewusstlosen auf das Bett und deckte ihn zu.
"Mal sehen, was wir hier haben...", brummte sie dann und fing an das Zimmer zu durchsuchen. Marie stand etwas unschlüssig daneben.
"Meinst du, es ist richtig, in privaten Sachen zu schnüffeln?", fragte sie unsicher. IIlene sah sie nur schräg an.
"Ich frag ja nur...", erwiderte die Jüngere etwas beleidigt und hielt sich neben der Türe auf. IIlene bemerkte, dass, wie auch im Nebenraum, die Bücher in den Regalen in der Schrift der Alten verfasst war. Dies interessierte sie aber nicht weiter, daher öffnete IIlene die Schubladen und durchsuchte diese. Mitteilungen befanden sich darin, interessiert begann IIlene, diese zu überfliegen.
"Hör dir das einmal an. Hier steht, dass in naher Zukunft wieder ein Angriff gegen das Kloster hier geplant ist. Dass zu diesem Zweck von den auswärtigen Mitgliedern Informationen gebraucht werden, die auch unter Androhung von Gewalt zu erlangen sind. Diese Informationen sind dann bei dem Stützpunktkommandanten selber vorzutragen... Zabulon der Verdorbene....", las IIlene vor.
"Wer ist Zabulon?", fragte Marie.
"Keine Ahnung, aber er hat unter jede Mitteilung seine Unterschrift gesetzt. Anscheinend der Anführer hier in Duncraig", zuckte IIlene mit den Schultern.
"Ob er auch hier ist?", fragte Marie etwas versichert.
"Das weiß ich nicht. Aber sollte er hier sein, dann werden die Blutritter wahrscheinlich auch nicht weit sein. Wir müssen vorsichtig sein", erwiderte die junge Frau.
"Blutritter?", Marie wurde immer nervöser.
"Ihr Helm ist das Wappen dieser Sekte. Sie sind es, welche die Überfälle auf die Kloster und Kirchen durchführen, mehr weiß ich auch nicht über sie", erklärte IIlene.
"Gefällt mir überhaupt nicht", meinte Marie und verzog das Gesicht.
"Mir auch nicht....", seufzte IIlene und suchte weiter. Doch außer ein paar persönlichen Sachen fand sie nichts weiter in den Schubladen. Und diese waren nicht hilfreich.
"Schade, ich hatte mir mehr erhofft", grummelte sie anschließend.
"Immerhin wissen wir jetzt, wie der Anführer heißt", meinte Marie beschwichtigend.
"Ich hätte gerne einen besseren Einblick in das Leben der Sektenmitglieder gehabt. Was sie denken, warum sie so denken. Ob alle von ihnen so gewaltbereit sind", erwiderte IIlene.
"Das sind alles Fanatiker hier, die sind unberechenbar", sagte die jüngere fest.
"Da stimme ich dir zu. Lass und weitergehen", nickte IIlene. Beide Frauen verließen das Zimmer und schlichen durch den Korridor.
"So wenig los hier. Wo die alle stecken?", flüsterte Marie.
"Gebet, Essen, keine Ahnung. Wir werden es noch früh genug herausfinden", flüsterte IIlene zurück.
Wie schon so oft davor, der Korridor endete an einer schweren Türe. Geräusche tönten hinter dieser, viele Stimmen konnten die beiden vernehmen.
"Ich schätze, wir haben sie gefunden", flüsterte IIlene sarkastisch.
"Und was jetzt?", fragte die jüngere vorsichtig. Die andere zuckte mit den Schultern.
"Reinstürmen und sie erledigen wäre töricht, wenn, dann sollten wir sie hierher locken. In den engen Korridor. Du hast doch dieses Betäubungsmittel....", fing IIlene an, doch Marie schüttelte den Kopf.
"Um einen ganzen Raum damit zu füllen, dazu habe ich viel zu wenig bei mir", winkte sie ab.
"Irgendwas anderes, was uns weiterhelfen könnte?", bohrte IIlene weiter. Marie überlegte.
"Hilft dir Rauch?", fragte sie dann.
"Sicher, das stiftet Verwirrung und die Leute wissen dann nicht wer wir sind", erwiderte die Ältere schnell.
"Also gut. Wart einen Moment....", flüsterte Marie und setzt sich auf den Boden. Schnell zog sie mehrere Ampullen aus dem Seesack, füllte eine größere, leere Ampulle mit den Inhalten der anderen. IIlene sah schweigend zu, sie wollte jetzt nicht durch Fragen stören. Schließlich packte Marie die Sachen weg, hielt in der einen die große Ampulle mit dem leicht grünlichen Inhalt. In der anderen eine kleine mit klarer Flüssigkeit.
"Ich bin bereit", meinte sie dann.
"Wenn mir irgendwas passieren sollte, dann verschwinde so schnell du kannst. Hast du verstanden?", flüsterte IIlene ernst, während sie den Sitz der Krallen kontrollierte.
"Pass auf dich auf, in Ordnung?", sagte Marie. Sie tat locker, doch IIlene sah wie ihre Hände zitterten, ihr Blick unruhig umherging. Angst, das konnte man deutlich sehen. Doch IIlene sagte nichts, es war unnötig, sie darauf aufmerksam zu machen. Mit einem Ruck öffnete IIlene die Türe und trat beiseite. Aus dem Augenwinkel konnte sie einen großen Raum ausmachen, in dem viele der Schwarzkutten anscheinend an Büchern arbeiteten.
Marie huschte in ihr Sichtfeld, sie kippte den Inhalt der großen Ampulle auf den Boden. Die Schwarzkutten sprangen auf, schrieen nach der Wache. Marie trat zurück durch die Türe, wartete ein paar Momente. Dann schmiss sie die kleine Ampulle in die Lache, es gab ein leises Klirren. Eine Verpuffung krachte, und die ersten Rauchschwaden waberten den Boden entlang.
"Weg hier!", zischte IIlene zu Marie, und stellte sich in den Türrahmen.
Die erste Schwarzkutte stürmte durch den Rauch, mit gezücktem Dolch. Leichtes Spiel für IIlene, mit einem Querhieb sackte der Mann zu Boden. Immer mehr Schwarzkutten kamen durch, brüllten Verwünschungen. IIlene sah den Hass in ihren Augen, wie sie blindlings auf den Eindringling zustürmten. Die Krallen zuckten durch die Luft, blockten Dolche ab und zerfetzten Stoff wie Fleisch. IIlene überlegte nicht, was sie tat, hatte gar keine Zeit dazu. Wie ein schwarzer Strom quell es aus der Türe, zahlreiche Körper bedeckten den Boden des Korridors. Immer weiter zurück musste sie weichen, es nahm kein Ende. Das Geschrei der Leute, das Kreischen der Getroffenen und Sterbenden erfüllte die Luft. Einer der Schwarzkutten hatte sich im Gedränge an der Wandfackel entzündet, steckte seine Mitstreiter an. Flammen loderten auf, fraßen sich begierig durch den Stoff zu der Haut durch. Blut soweit das Auge reichte, Leid soweit das Auge reichte, Hass soweit das Auge reichte. Es nahm einen gefangen, ließ alle Sinne aufschreien. IIlene schlug nicht mehr zu, weil es ihr Auftrag war, sondern weil sie überleben wollte. Sich gegen das Chaos wehrte, welches über sie hineingebrochen war.
Schließlich brach der Letzte von ihnen vor ihr zusammen. Dunst lag in der Luft, erschwerte die Sicht. Der Gestank von Blut und Verbranntem ließ einem schlecht werden, Flammen züngelten an manchen Stellen. Blut klebte an den Wänden, am Boden. Färbte alles dunkel, ließ das Holz glitschig werden. IIlene keuchte, stand immer noch in Angriffstellung da. Konnte nicht fassen, dass plötzlich alles vorbei war. Ihr Blick erfasste alles, ein Bild des Grauens. Marie! Der Gedanke zuckte ihr plötzlich durch den Kopf und sie sah hinter sich. Dort stand sie, stocksteif. Ihre Augen aufgerissen, zitternd am ganzen Körper. Die Ältere rannte zu ihr, packte sie und zog sie in den Eingangsraum, machte die Türe zu.
"Oh mein Gott...", stammelte die Jüngere, IIlene drückte sie an sich. Mitleid und Wut kam in ihr hoch. Das Mädchen war behütet aufgewachsen, hatte wahrscheinlich noch nie einen von Waffen getöteten Mensch gesehen. Der Anblick musste sie total geschockt haben.
"Ist ja gut, lass es raus. Verbirg es nicht", flüsterte die Ältere und hielt sie fest. Blut rann noch von den Krallen, tropfte hinab. Schweiß perlte ihr von der Stirn, ihre rechte Hand zitterte etwas. Aber die Jüngere in ihren Armen zitterte am ganzen Körper, weinte das Grauen heraus.
Der Kopf war leer, bis auf ein paar Fragen. Warum das alles? Warum hatten sich diese Menschen so blindlings ins Verderben geworfen? Dieser Fanatismus, das hatte IIlene noch nie erlebt. Der Blick der Schwarzkutten, der ließ sie frösteln. So viel Hass. Was hatte die Sekte nur aus ihnen gemacht? Ungern gab sie es zu, aber sie war geschockt. Und langsam dämmerte es ihr, wie gefährlich das war, was sie gerade machte. Die Feinde vernichten, um jeden Preis. Um jeden.
"Rede mit mir, Marie, sprich aus, was du denkst", flüsterte IIlene ihr zu.
"Es war so schlimm... so grausam. Was ist nur mit diesen Menschen passiert, dass sie so sind?", schluchzte Marie.
"Ich weiß es nicht. Ich bin hier, um darauf eine Antwort zu kriegen. Geht es wieder?", fragte die Ältere vorsichtig. Marie nickte langsam.
"Danke. Aber ich gehe da nicht mehr rein!", sagte dann entschieden.
"Das brauchst du nicht. Blieb hier, ich sehe mich da drin noch einmal um", flüsterte IIlene beruhigend.
"Pass auf, wer weiß, ob da nicht noch einer lebt", sagte Marie mit leicht zitternder Stimme.
"Ich komm bald wieder. Und dann verschwinden wir von hier, versprochen. Wenn jemand kommt, versteck dich da hinter der großen Truhe, verstanden?", sagte IIlene ernst. Die andere nickte nur.
Wenig später stieg IIlene über die Leichen der Schwarzkutten, schlug die kleinen Feuer aus. Die Luft war schneidend dick, oft musste sie husten. Langsam kam sie voran, bis sie endlich in den Arbeitsraum gelangte. Hier war der Rauch nicht so dick, hatte sich etwas verflüchtigt. Niemand war mehr hier, alles war ruhig. Die Stille war unheimlich, schlimmer als alle Schreie zuvor. Wo waren die Blutritter? Gab es hier keine?
Wieder unzählige Bücher, Notizen und Schriftrollen. Wenn man das alles prüfte, sass man Wochen hier. IIlene wusste das, suchte nur sporadisch. Was sie brauchte, das war das Zimmer des Anführers hier. Irgendwo musste dieses doch sein?
Aus dem Raum führten zwei weitere Türen. Die Rechte führte zu einem weiteren Korridor, der dem bekannten sehr ähnelte. Wahrscheinlich wieder Unterkünfte.
Die linke Türe war verschlossen. Doch IIlene konnte sie schnell aufbrechen, und sah einen breiten Gang. In Nischen links und rechts standen alte Rüstungen, schwach beleuchtet von Fackeln. Die junge Frau lief vorsichtig durch diesen Gang, besah diese Rüstungen. Während die erste noch relativ normal aussah, wurde das Design der folgenden immer mehr verändert. Das Metal wurde dunkel, aufwendige Extrapanzerungen kamen dazu. War das so etwas wie eine Evolutionsreihe?
Vor der letzten Rüstung blieb IIlene stehen. Sie zeigte eine Rüstung, welche schon beim Anblick Unbehagen auslöste. Der Harnischurspung war kaum noch zu erkennen, alle Gelenke waren extra gepanzert und mit scharfen Stacheln versehen. Breite Schultern mit Stacheln..... sie hielt den Atem an. Der Helm! Wie auf dem Wappen!
IIlene schluckte, fast bildete sie sich ein, die Augen eines Mannes in den Sehschlitzen zu sehen. Mit dem gleichen fanatischen Blick wie die Schwarzkutten. Was mochte ein so fanatischer Mensch mit so einer Rüstung alles anzustellen? Viele von ihnen? Entsetzt wich die junge Frau etwas zurück. Zweifel kamen hoch, wie sollte sie so ein gepanzertes Monster töten? Durch den Stahl kommen, geschweige denn das Fleisch verletzen?
(Sorry für das miese Bild, aber es gab zu Bloodknights nichts besseres in der Größe)
IIlene schloss die Augen, atmete tief durch. Beruhige dich, murmelte sie immer wieder vor sich hin. Es wurde Zeit, dass das ängstliche Mädchen der Killerin wich. Mehrmals im Kopf diesen Satz sagend öffnete sie die Augen. Die Rüstung stand vor ihr, immer noch genauso gefährlich dunkel wie zuvor. Doch die junge Frau hatte sich gefangen, langsam schritt sie auf ihren Angstfeind zu. Was man nicht kennt, das fürchtet man. Der Mensch war so. Doch wenn man sich mit dem Unbekannten auseinander setzte, so verlor es seine angsteinflössende Wirkung. IIlene fuhr über das kalte Metall, die saubere Verarbeitung erkannte sie als Schmiedstochter sofort. Akribisch suchte sie nach Schwachstellen, verwundbare Stellen. Schnell entpuppte sich das Monstrum als angreifbar, viele Stellen waren gar nicht so schwer gepanzert, wie es schien. Material wurde gespart, weil die Rüstung sonst zu schwer wurde. Am Schluss trat die junge Frau zurück, besah sich nochmals dieses Monstrum. Es war einschüchternd, keine Frage. Doch schützte diese Rüstung nicht besser als andere, sollte sie auch nie. Die Blutritter waren ein Mythos unter Eingeweihten, was auch von ihrem eindrucksvollen Äußeren herrühmte. Doch.... unbesiegbar waren sie nicht. IIlene lächelte wissend.
"Ich hab dich", sagte sie wieder, wie so oft, wenn sie vor einem Geschlagenen stand.
Langsam wandte sie sich von der Rüstung ab, öffnete die nächste Türe. Auch hier wieder Bücherregale an der Wand, an der Rückwand ein großer Schreibtisch. Was sofort auffiel, war die Fahne mit dem Wappen der Sekte an der Rückwand. Schwarz mit rot umrandetem Helm. Passend zu Dunkelheit.
Der Schreibtisch mit seinen Schubladen war ihr erstes Ziel. Überraschenderweise waren diese nicht abgeschlossen, so dass sie schnell allerlei Papierrollen auf dem Tisch hatte. Als IIlene diese überflog, wusste sie schnell, dass dies wichtige Dokumente waren. Abrechnungen von Erpressungsgeldern, Auflistungen von Bestechungsausgaben, Berichte über wichtige Vorgehen und Entscheidungen in dieser Stadt. Vorgehen gegen Feinde oder widerspenstige Mitglieder der Sekte, alles genau beschrieben. Eine Gänsehaut fuhr IIlene über den Rücken, als sie las, wie ein Stadtrat gefügig gemacht worden war. Man vergewaltigte seine Frau, und drohte, es mit seiner Tochter gleichzutun. Alles stand hier drin, so nüchtern beschrieben, als ginge es um eine alltägliche Sache. Was waren das nur für verblendete Menschen? Wie konnten sie anderen so viel Leid zufügen?
Auf dem Schreibtisch entdeckte IIlene einen weiteren Bericht. Als sie den Namen von Augstein las, hielt sie die Luft an. Schnell flog ihr Blick über die Zeilen, es war der Mordbefehl an der Tochter und der Frau. Unterschrieben von Zabulon dem Verdorbenen.
"Diese Subjekte sind schnellstmöglich zu beseitigen, ihre Neugierde und Nachforschungen könnten uns schaden. Heuert zuverlässige Auftragsmörder dazu an, lasst es wie einen misslungenen Überfall aussehen. Vermeidet alles, was diese Angelegenheit mit uns in Verbindung bringen könnte, es liegt in Eurm Ermessen, die Auftragsmörder endgültig zum Schweigen zu bringen. Euch stehen zu diesem Zweck Mittel aus Eurem Standortvermögen zu, führt diese in Eurem abschließenden Bericht auf.
Zum Wohle unserer Vereinigung!
Zabulon der Verdorbene"
IIlene stutzte. An wen war diese Mitteilung gerichtet? Und wo war Zabulon, wenn nicht hier? Gab es etwa noch einen anderen Stützpunkt hier in Duncraig?
Das Knallen einer Türe riss sie aus ihren Gedanken. Sofort rannte IIlene um den Tisch, sah, das die Türe zu dem Lesesaal zu war. Verdammt!
Eilig packte sie ihr kleines Werkzeug aus, knackte die Türe. Doch sie ließ dich trotzdem nicht öffnet, der Mistkerl musste sie irgendwie blockiert haben! Marie!
Eilig sah die junge Frau sich um, packte ein Schwert, welches an einer Rüstung lehnte. Damit hieb sie auf die schwere Türe ein, doch das Holz war sehr solide. Sie würde Stunden brauchen, um dort durchzukommen. Verzweiflung machte sich breit, was würde mit Marie passieren? In ihrer aufkommenden Wut schlug IIlene weiter auf die Türe ein, wusste nicht, was sie sonst machen sollte.
"IIlene, bist du da drin?", konnte sie nach einer Weile plötzlich eine Stimme hinter der Türe hören.
"Marie, bist du das!?", rief IIlene überrascht.
"Ja, einen Moment...", tönte die Stimme von der anderen Seite. Man konnte etwas schleifen hören, dann einen Knall. Danach schwang die Türe auf, und die Alchemistin stand im Türrahmen. IIlene nahm sie in die Arme und drückte sie an sich.
"Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist, ich hab mir wirklich Sorgen gemacht. Wie konnte ich nur so nachlässig sein", seufzte die Ältere erleichtert.
"Es war nur einer. Er trug eine reich verzierte Robe, und hatte es anscheinend eilig, hier rauszukommen. Doch ich konnte ihn mit einem wirksamen Gift im Korridor aufhalten, warf es ihm einfach hinterher und schloss die Türe. Ich hatte wirklich Angst, dass noch mehr kommen, aber noch mehr, dass dir etwas passiert ist. Ich musste wieder durch den Gang.... es ist war schrecklich. Aber ich musste gehen, die Ungewissheit trieb mich", erwiderte Marie dumpf.
"Ich danke dir. Ich weiß, wie schwer das für dich gewesen sein muss", tröstete IIlene so gut sie konnte.
"Es geht schon. Es muss gehen", sagte Marie fest. Aber man konnte hören, das sie dennoch zu kämpfen hatte.
"Komm mal mit", sagte IIlene und führte die jüngere in das Büro. Jetzt wusste sie, an wen diese Mitteilungen geschrieben waren. Zu schade, dass sie ihn nicht befragen konnte, jetzt mussten sie auf eigene Faust herausfinden, wo Zabulon sich aufhielt.
IIlene reichte Marie ein paar der Berichte, den über ihren Mordauftrag war ganz unten.
"Lies dir das durch, ich denke, dass dürfte dir einiges erleichtern. Diese Mitglieder haben kein Mitleid verdient", sagte sie ernst.
Die Alchemistin las die Berichte, verzog dabei immer wieder das Gesicht. Als sie schließlich bei dem letzten ankam, bekam sie große Augen.
"Also hatte ich doch Recht...", stammelte sie, Tränen liefen die Wangen hinab.
"Ja, du hattest Recht. Sie haben sicher deinen Vater umgebracht, deine Mutter.... und dein Leben zerstört. Solche Monster verdienen es nicht anders, als dass sie in ihrem eigenen Blut enden", zischte IIlene. Marie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, ließ den Bericht fallen.
"Wenn wir so denken, sind wir auch nicht besser als sie", schluchzte sie dann. IIlene sah Marie überrascht an.
"Blut kann man nicht mit Blut reinwaschen. Auch wenn es mir schwer fällt, so zu denken, es ist der einzig richtige Weg", seufzte die Gebrochene weiter.
"Warum hast du dann den Anführer vorhin vergiftet und nicht stattdessen noch die Türe aufgehalten?", fragte IIlene scharf.
"Weil er sonst Alarm geschlagen hätte, es war weil wir uns verteidigen mussten!", erwiderte Marie.
"Du hättest ihn auch betäuben können", bohrte die Ältere weiter.
"Hör auf! Du weißt genau, dass ich am liebsten alle diese Bastarde für ihre Taten büßen lassen würde, aber es ist falsch!", rief Marie mit fester Stimme. Wieder liefen ihr die Tränen über die Wange. Schweigen.
"Hast du selbst nicht gesagt, dass Rache dein Verderben war? Warum klammerst du dich immer noch an diesen Glauben?", flüsterte Marie.
"Weil es das einzige ist, was mit in diesem Leben noch geblieben ist", erwidert IIlene mit hängendem Kopf.
"Wir müssen tun, was nötig ist, um diese Sekte auszuschalten. Aber wir sollten niemals vergessen, wer wir sind, und wer sie sind. Wir dürfen Hass nicht unseren Idealen vorziehen, es ist falsch", sagte Marie leise und sah IIlene an.
"Ideale... die habe ich vor langer Zeit verloren", erwiderte die Ältere verbittert.
"Das stimmt nicht, und das weißt du auch. Es mag sein, dass dein Herz durch all die Verbitterung und den Hass härter geworden ist, aber es immer noch weich genug, um zu fühlen. Lass deine Gefühle nicht absterben, sonst stirbt der letzte Rest von dir", sagte Marie. IIlene schwieg.
"Suchen wir weiter", sagte sie dann dumpf, öffnete die nächste Schublade. Aber richtig konzentrieren konnte sie sich nicht, die Gedanken ließen ihr keine Ruhe. Immer wieder gingen ihr Maries Worte durch den Kopf.
Aber auch Marie war unruhig, blätterte durch alle möglichen Schriftrollen. Auch sie kämpfte mit ihren Gedanken, irgendwie wurde ihr das alles langsam zu viel. Es war wie ein Alptraum, der nie enden wollte. Das einzige, an was sie sich klammern konnte, war diese Auftragsmörderin. Wenn IIlene sterben sollte... was sollte sie dann machen? Die Sekte würde sie überall suchen, jetzt erst Recht. Zu tief steckte sie schon drinnen, und langsam dämmerte es ihr, was IIlene gemeint hatte, als sie sagte, dass sie nicht mehr entkommen konnte. Jetzt ging es ihr selber so.
"Nichts!", stieß die junge Frau nach lange Suche frustriert aus.
"Kein Hinweis, wo der Befehlshaber sein könnte, überall seine Befehle und seine Unterschrift, aber keine Silbe über seinen Aufenthaltsort hier", fluchte sie weiter und sah Marie an. Diese zuckte nur mit den Schultern, doch dann hielt sie inne. Auch IIlene kam plötzlich ein Einfall.
"Wenn er die Befehle unterzeichnet hat...", fing IIlene an.
"..und selbst nicht hier ist...", redete Marie weiter.
"...dann muss es einen geben, der sie hierher bringt. Einen Boten!", vollendete IIlene den Satz.
"Und da es fast für jeden Tag einen Befehl gibt, nur nicht für heute, sollte der Bote noch erscheinen.... wenn dem nicht schon so war", gab Marie zu bedenken.
"Du hast Recht, vielleicht war es schon da, hat die Leichen gesehen und ist geflohen. In dem Fall dürften wir hier bald ziemlich Ärger bekommen", grollte IIlene nachdenklich.
"Als ich in dem Raum war, ist keiner erschienen", sagte die Alchimistin.
"Ja, aber danach könnte er jederzeit aufgetaucht sein. Abgesehen davon, abends kommen ja die ganzen auswärtigen Mitglieder hierher", erwiderte IIlene.
"Das muss aber nicht heißen, dass sie hier rein kommen, sie könnten auch nur in der Taverne bleiben", winkte Marie ab.
"So oder so, ich fürchte, außer Warten bleibt und nichts anderes übrig", schüttelte die Ältere den Kopf.
"Wir müssen aber die Leiche des Anführers aus dem Geheimgang schaffen, ansonsten drehen die sofort wieder um und flüchten", gab Marie zu bedenken.
"Du hast Recht, such hier weiter, ich mach das", nickte IIlene und wollte schon weg.
"Warte, gibt mir deine Maske!", rief ihr Marie hinterher. Die Ältere blieb verdutzt stehen, tat aber, wie ihr geheißen. Verwundert sah sie, wie Marie diese mit einer Flüssigkeit aus einer Ampulle tränkte.
"Warum das?", fragte sie unsicher.
"Es kann noch sein, dass sich das Gift da unten noch nicht ganz verflüchtig hat. Es tötet sicher nicht mehr, aber es kann dennoch Folgen haben, wenn du zu viel davon einatmest. Das hier wird dir helfen, beeil dich, bevor die Flüssigkeit eintrocknet", erklärte Marie hastig. IIlene eilte durch den Raum und den Korridor. Die Flüssigkeit in der feuchten Maske roch scharf, aber immer noch besser als der Geruch des Todes an diesem Ort.
IIlene fand den Anführer nicht weit von der Treppe entfernt, weit war er nicht gekommen. Die zerbrochene Ampulle lag ein Stück vor ihm, eilig fegte IIlene die Splitter vorsichtig mit ihren Schuhen beiseite und packte den Körper des Mannes. Seine schwarze Robbe hatte goldene Ornamente und Zeichen, der jungen Frau sagten sie nichts. Schnell hievte sie den Toten auf ihre Schulter, trug ihn zurück in den Vorraum. Dort warf IIlene ihn in eine der großen Truhen, schloss den Deckel. Schon wollte sie weg, doch dann hatte sie plötzlich eine Idee.....
Ein Mann öffnete die geheime Türe, trug die Kluft eines normalen Händlers. Zielstrebig lief er durch den Gang, bog um die Ecke und erreichte schließlich die Türe. Das plötzliche Brennen in den Augen nahm er nur beiläufig war, dafür aber die beiden Schriftrollen vor der Türe. Eine war klar als "Für den Boten!" beschriftet, in der alten Schrift. Ruhig beugte sich das Mann runter, hob die Rollen auf und öffnete die Beschriftete. Die andere trug ein Siegel. Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen, als er den Text las.
"Ich gebe dir den Auftrag, diese Schriftrollen sofort zu Zabulon zu bringen!
Komm nicht herein, gehe jedem anderen Mitglied aus dem Weg und verteidige diese Rolle mit deinem Leben! Es gibt Subjekte in unserer Gemeinschaft, welche uns ausspionieren, uns verraten. Traue niemanden, diese Nachricht muss sofort an Zabulon!"
Der Mann sah verwundert auf. Hinter der Türe bete IIlene im Stillen, dass er den Köder schlucken würde, sah durchs Schlüsselloch. Der Mann schien zu überlegen, doch dann drehte er um und eilte den Gang entlang. Innerlich jubelte die junge Frau auf.
"Hinterher!", flüsterte sie, wartete, bis der Fremde weg war. Dann öffneten die Frauen die Türe, rannten ihm leise hinterher. IIlene hatte sich umgezogen, trug wieder ihr Kleid.
"Bist du bereit?", flüsterte sie nach hinten, Marie nickte. Wieder trug sie zwei ungleiche Ampullen in der Hand, jetzt kam es auf das Timing an.
Sie sahen gerade noch, wie die Geheimtüre zuging, die Geräusche aus der Taverne abrupt abgeschnitten wurden. Es schien viel los zu sein, umso besser.
"Warte!", flüsterte die Ältere energisch, stoppte an der Türe. Sie mussten warten, bis der Bote aus der Taverne war. Nach ein paar Momenten betätigte IIlene den Schalter, beide Frauen duckten sich. Die Geheimtüre schwang auf, da flog auch schon die Flüssigkeit nach vorne. Niemand sah die zwei Frauen, wurden sie doch so geduckt von der Theke verdeckt.
"Augen zu!", zischte Marie und kippte den Inhalt der kleinen Ampulle in die große Lache. Es gab eine dumpfe Verpuffung, Rauch schlug ihnen um die Ohren. Eher die ersten Leute in der Taverne aufschreien konnten, stürmten IIlene und Marie raus, auf den Ausgang zu. Es kam zu Tumulten, immer wieder schrie jemand 'Feuer'. Doch IIlene interessierte die aufkommende Panik nicht, in dem Chaos bemerkte sie niemand. Fast auf die Straße fallend kamen beide schließlich aus der Taverne, sofort suchte ihr Blick den Boten. Da! Am Ende der Gasse! Schnell zeigte sie Marie den Mann, dann rannten sie los. Die ersten schreienden Gäste kamen hustend auf die Gasse, Rauch quoll aus der Türe.
Der Fremde, welcher mittlerweile die zwei Schriftrollen in seinem Gewand versteckt hatte drehte sich um, seine Augen wurden größer. Unauffällig sah er in der Gasse um, beschleunigte seine Schritte. Doch IIlene blieb an ihm dran, Marie hinten nach. Immer wieder spähte die junge Frau um die nächste Ecke, beobachtete, wo der Bote einbog. Bloß nicht selbst gesehen werden, das war im Moment das Wichtigste. Keiner der Sekte durfte wissen, wer das alles angerichtet hatte, ansonsten würden sie beide keine ruhige Minute mehr haben.. das war sicher.
Durch die halbe Stadt eilte der Bote, schlug Haken, drehte um und blieb manchmal irgendwo an einem Stand stehen. IIlene fluchte innerlich, der Kerl wollte wohl sichergehen, dass er nicht verfolgt wurde!
"Wie lange will der noch durch die Gegend rennen, langsam nervt es", meinte Marie neben ihr an die Hauswand gelehnt, während die Ältere um die Ecke spickte. Das Bote stand vor einem Händler, fuhr durch die Stoffware und sah sich dabei unauffällig um. Schließlich löste der Fremde sich und eilte weiter.
"Es geht wieder weiter", seufzte IIlene und beide eilten um die Ecke. Die junge Frau sah sich auch gewissenhaft um, nicht, dass sie selbst verfolgt wurden. In diesem Spiel konnte sich die Katze jederzeit in der Rolle der Maus wiederfinden.
"Was hast du eigentlich in die zweite Rolle geschrieben?", platzte die Neugierde aus Marie heraus. IIlene sah kurz zurück und lächelte kalt.
"Ut sementem feceris, ita metes", antworte sie.
"Ich schätze, das wird ihm nicht gefallen", erwiderte Marie keuchend, die Rennerei nahm sie mit.
"Er wird es hoffentlich bald zu spüren bekommen...", murmelte IIlene in sich hinein.
"Und was ist, wenn er die Rolle einfach an einem Stand übergibt, oder irgendwo dort verschwinden lässt?", gab Marie zu bedenken.
"In der Rolle stand, er soll keinem anderen vertrauen, und die Mitteilung persönlich abgeben. Nach dem Anschlag auf die Taverne wird er schon keine Dummheiten machen, der wird genau das machen, was ihm befohlen wurde", erwiderte IIlene zurück.
"Hoffen wir es", seufzte Marie.
Der Bote führte sie in ein abgelegenes Stadtgebiet. Wieder reihten sich Villen am Straßenrand, der Fremde verschwand wenig später durch ein Tor.
"Das muss es sein", meinte IIlene und fuhr sich erschöpft durch das Haar. Ein altes Gutshaus mit großem Garten, wie es sich anscheinend für einen Anführer gehörte.
"Das Haus kenn ich", stammelte Marie mit erschrockenen Blick.
"Was? Wer wohnt da drin?", fragte IIlene überrascht.
"Da drin residiert der Bischof von Duncraig!", schluckte die Alchemistin ungläubig. IIlene blieb die Luft weg, sagte keinen Ton.
"Du willst mich auf den Arm nehmen oder?", stieß sie dann aus. Doch Marie schüttelte nur den Kopf.
"Das wird Izual gar nicht gefallen, fürchte ich", brummte IIlene.
"Aber warum sollte er diese Sekte unterstützen? Sie sind doch gegen die Kirche?", stammelte Marie.
"Fragen wir ihn doch selbst", erwiderte IIlene.
"Kann ich zuvor nicht noch meine Ampullen nachfüllen?", fragte die Jüngere erschrocken.
"Ich fürchte nein, wenn Zabulon diese Schriftrolle sieht, wird er gleich Alarm schlagen. Ich möchte den Boten abfangen, bevor er die anderen Stützpunkte alarmieren kann", schüttelte IIlene den Kopf.
"Dann wird das nichts mehr mit Rauch....", brummte Marie.
IIlene eilte schon zum Tor, prüfte, ob es verschlossen war. Marie behielt währenddessen die Gassen im Auge.
Nach kurzer Zeit öffnete sich das Tor, beide huschten durch und schlossen dieses wieder.
"So weit so gut. Ich zieh mich kurz um", flüsterte IIlene und huschte hinter einen Busch. Die Alchemistin sah sich nervös um, ihr war das alles nicht geheuer.
"Das muss ein Irrtum sein, der Bischof kann nicht zu der Sekte gehören", flüsterte sie nochmals.
"Vielleicht tut er das auch nicht, und einer seiner Untergebenen ist Zabulon. Wir werden es noch herausfinden", erwiderte die Ältere etwas ungehalten.
Den Seesack mit dem Kleid ließ sie im Gebüsch liegen, beide huschten vor. IIlene behielt die Fenster im Auge, konnte aber niemanden ausmachen. Schließlich erreichten beide die Nebentüre, welche überraschenderweise offen war.
"Jetzt wird es ernst", flüsterte IIlene, warf Marie noch einen Blick zu. Diese war nervös, nickte dennoch ernst. Kurz darauf waren beide im Haus verschwunden, nichts deutete darauf hin, dass vor kurzem noch jemand im Garten war.
Die beiden landeten in einem Flur, welcher leer war. Wahrscheinlich der Ausgang für die Bediensteten. Leise schlichen die zwei Eindringlinge weiter, immer an der Wand entlang.
In der Ferne konnte man Türen zuschlagen hören, Gerede erfüllte die Luft. IIlene drückte sich in eine dunkle Ecke, Marie sah sich etwas hilflos um.
"Gehe zurück und warte dort!", ermahnte die Ältere sie. Die Angesprochene wollte gerade protestieren, aber IIlene machte mit der Hand energische Handbewegungen welche anzeigten, dass sie keine Widerrede duldete. Gekränkt drehte sich die Alchemistin um, kam sich nutzlos vor und eilte zurück zu dem Eingang. IIlene sah ihr hinterher, ein Schmerz durchzuckte ihr Herz. Schuldgefühle, Himmel war das lange her, dass sie das zuletzt verspürt hatte. Sie wollte doch nur das beste für Marie, fast wäre sie der jungen Frau hinterhergerannt, aber sie hielt sich zurück. Weitermachen, bevor alles zu spät war. Bevor diese Schriftrolle geöffnet wurde und alles alarmiert war. Die Fäuste ballend huschte IIlene weiter, schob den Gedanken an Marie beiseite. Nichts machte sie richtig bei ihr, eine helfende Hand brauchte dieses Mädchen... und sie gab ihr nur den Hauch des Todes, die Kälte ihres tauben Herzens.
Marie lehnte gegen die Wand, Tränen in den Augen. Wie konnte sie nur so dumm sein und glauben, dass IIlene mit ihr zusammen das hier durchziehen wollte. So unerfahren und nutzlos wie sie war. Ein bisschen Rauch machen, das war alles, wozu sie anscheinend gebraucht wurde. Maries Blick ruhte auf dem Boden, krampfhaft versuchte sie, die Bilder der Nacht zu verdrängen. Dieses Gefühl, plötzlich alleine zu sein, so alleine. Jetzt fühlte sie sich wieder so, und das war so grausam. Schlimmer als alle anderen Schmerzen, es peinigte ihre Seele. Nur langsam drang das Gemurmel von Stimmen an ihre Ohren und sie sah auf. Da kam der Bischof von Duncraig die Treppe hinab, neben sich der Fremde Mann mit der Händlerbekleidung. Ihr Herz setzte aus, und eine fixe Idee schoss ihr auf einmal in den Kopf. Sie lief aus dem Seitengang, mitten in den Empfangssaal mit der Treppe. Der Bischof und der Fremde blieben überrascht stehen.
"Wer seid denn Ihr?", fragte der Geistliche sie. Man sah ihm an, dass es ihm gerade ungelegen kam. Marie stellte sich vor beide hin und erwiderte deren Blicke.
"Seid ihr Zabulon der Verdorbene?", fragte sie frei raus. Ihr Geist schrie auf, doch es war ihr egal. Ihre Welt lag in Scherben, sie wollte wenigstens Gewissheit haben. Das einzige, was sie sich noch erhoffte. Der Bischof sah sie an, und der Blick wurde kälter.
"Wart Ihr das mit der Schriftrolle?", fragte er dumpf, der Fremde trat etwas zur Seite.
"Wie konntet ihr nur... Wir haben euch alle geachtet und ihr tötet zum Dank meinen Vater und meine Mutter?", fragte die Alchemistin in Trauer.
"Wenn interessieren deine Eltern? Es wird schon Gründe gegeben haben, warum sie getötet wurden. Was zählt, ist unser Kampf gegen das Licht, und dafür ist kein Preis zu hoch! Ich weiß zwar nicht, wer du bist, aber du weißt zu viel", zischte der Bischhof und kam seinem Begleiter ein Zeichen. Dieser zückte ein Messer und kam auf Marie zu. Diese schritt zurück, zog eine Ampulle aus dem Seesack. Doch eher sie oder der Fremde etwas machen konnten, zischte etwas aus einer Ecke heraus. Licht erfüllte den Saal, es gab ein Gurgeln. Der Fremde brach zusammen, sein Blut färbte den Teppich dunkel. Marie blieb starr vor Schreck stehen, neben ihr schwebte eine große Gestalt in alter Rüstung, seine leuchtenden Schwingen ruhten in der Luft und tanzten leicht wie in einer Wasserströmung.
"Wachen!", brüllte der Bischof kreidebleich, doch der Engel schwebte vor und sein flammendes Schwert schlug ihm den Kopf ab. Polternd fiel dieser zu Boden, Marie wendete sich ab. Der Rumpf prallte auf.
"Izual!", IIlene stand am Türrahmen zum Gang und sah den Engel überrascht an. Gleichzeitig stürmten überall Männer hervor, ihr Schreien erfüllte das Haus.
"Zurück!", sagte Izual emotionslos und zog sich mit Marie zu IIlene zurück. Der Kampf begann, mit dem gleichen fanatischen Eifer wie in dem Stützpunkt zuvor. IIlene wand sich durch die Gegnermassen, ließ ihre Klauen durch die Körper der Sektenmitglieder reißen. Izual schwang seine Klinge, reihenweise gingen seine Gegner in die Knie. Marie mischte verbissen an einer Ampulle und warf diese im hohen Bogen auf die große Freitreppe. Es gab einen Knall, Holzsplitter schossen durch den Raum. Zahlreiche Männer erwischte es auf einen Schlag, und immer mehr kamen aus den Durchgängen und Türrahmen gequollen. Verwünschungen, Flüche oder schlichtes Schreien ließ die Frauen fast wahnsinnig werden, fast panisch kämpften sie um ihr Leben. Izual glitt immer wieder hoch, seine Schwingen wischten so manch Unvorsichtigen von den Füßen. Seinen schnellen und flüssigen Schwertstreichen hatten die Fanatiker nichts entgegenzusetzen.
Stille. Nur das Keuchen einer Frau war zu hören. Wieder diese grausame Ruhe, welche fast greifbar über dem Schrecken der Leichen lag. Izual schwebte wieder auf den Boden, sah sich um.
"Selten habe ich Sterbliche so fanatisch gesehen. Was haben diese Monster nur mir ihnen angestellt, dass sie alle so verblendet waren? Dass selbst ein Bischof das Licht verrät?", sagte er leise.
IIlene lief wieder zu Marie, nahm diese in die Arme und verbarg das Gesicht. Sie hatte wieder diesen Blick, die Ältere hoffte, dass sie dies alles verkraften konnte.
"Ich halte es für keine gute Idee, sie da mit reinzuziehen", meinte der Erzengel und packte seine bläulich brennende Klinge weg.
"Sie wollte unbedingt, ich wollte es ihr auch ausreden. Aber sie erinnert mich so an meine Kindheit... sie muss genau das gleiche durchmachen", erwiderte IIlene und streichelte der zitternden Marie über den Kopf.
"Ich weiß, Ihr wollt sie vor Eurem Schicksal bewahren, doch meint Ihr, dass dies der richtige Weg ist?", fragte Izual.
"Was soll sie denn sonst machen? Hat sie überhaupt einen andere Möglichkeit? So alleine, von der Sekte gejagt!?", schrie IIlene ihn an, Tränen liefen die heißen Wangen hinab. Izual schwieg einen Moment.
"Sie kann eine neue Existenz aufbauen und so ihre Ruhe finden", meinte er dann.
"Mit dem brennenden Hass im Herzen? Mit dem Gelüste nach Rache, der quälenden Frage, warum das alles? Nein Izual, das versteht Ihr nicht. Das könnt Ihr nie verstehen", schüttelte die junge Frau den Kopf, drückte sich noch mehr an Marie.
"Und Ihr meint, dass hier verschafft Linderung? Blut kann kein Blut reinwaschen, es wird immer nur mehr fließen, je mehr man versucht, das alte damit zu überdecken. Ist Euer Schicksal nicht Warnung genug? Wollt Ihr, dass dieses Mädchen genauso endet wie Ihr?", bohrte Izual nach.
"Was ich gemacht habe, war falsch. Ich könnte es nicht ertragen, wenn sie so wird wie ich, darum will ich sie vor diesem Schicksal bewahren. Doch sie wird nur in Frieden leben können, wenn diese Sekte weg ist. Ansonsten wird die quälende Angst, irgendwann doch entdeckt zu werden, sie wahnsinnig machen. Ich weiß es, ich muss mit diesen Ängsten leben. Und das will ich ihr ebenso ersparen. Sie hat niemanden, dem sie vertrauen kann, nicht mal mir. Ich bin aber der einzige Halt, den Marie hat, ich kann nicht anders", flüsterte IIlene leise.
"Dann zeigt Ihr, was hier passiert", sagte Izual und drückte mit einer Schwinge IIlene weg. Dann nahm er Marie an die Hand und drehte sie etwas.
"Sieh dir das an", befahl er sanft, und die Alchemisten sah sich schnaufend um. Immer wieder ging ihr Blick zurück an IIlene, welche durch die Schwinge an die Wand gedrückt wurde.
"Was machst du mit ihr?", schrie diese aufgebracht.
"Sieh dir das an. Was siehst du?", fragte Izual unbewegt die jüngere. Marie sagte nichts.
"Was siehst du?", fragte der Engel nochmal.
"Tote..", erwiderte Marie stumpf. Ihre Augen waren feucht, und sie zitterte.
"Lass das!", rief IIlene wieder und versuchte sich zu befreien. Eine der zahlreichen Schwingenteile zuckte plötzlich raus, erwische die Ältere am Kopf und ließ diese bewußtlos zusammensinken.
"IIlene!", rief Marie geschockt.
"Keine Angst, sie kommt bald wieder zu sich. Ihre Zwischenrufe haben gestört. Sie meint es gut mir dir, aber sie macht einen entscheidenden Fehler mit dir. Siehst du all das vor dir? Diese Körper? Diese Toten? Wir haben sie umgebracht, Marie, einen nach dem anderen. Kuck hin!", sagte Izual sanft aber bestimmt. Marie schluchzte.
"Schau dir das an, und vergiss es nicht. Dieses Leid haben wir über sie gebracht, sieh dir die Konsequenzen dieses Handelns an, Marie. Siehst du es?", bohrte der Engel weiter nach. Die Alchemistin nickte nur zitternd.
"Warum haben wir es gemacht, Marie? Warum mussten wir diese Leute umbringen?", fragte Izual wieder. Keine Antwort.
"Du hast kein Motiv für deine Tat? Denk nach Marie, warum?", fragte Izual abermals.
"Weil sie schlecht sind, andere Menschen quälen und umbringen!", schrie sie hinaus, verbarg ihr Gesicht in Tränen.
"Du hast sie umbringen müssen, bevor sie dich töten. Sie wollten es, sie hätten es ohne zu Zögern getan. Sieh sie dir an, erinnere dich an ihre Schreie und Flüche. Spüre ihren Hass, ihren Zorn. Denk an ihre Blicke voller Verachtung. Halte dir das vor Augen, Marie, und dieses Bild hier. IIlene hat ihre Folgen immer versucht zu vertuschen, hat sich dieses Grauen selber nie eingestanden. Versuchte es damit zu bewältigen, dass sie sich quasi zwei Persönlichkeiten geschaffen hat. Eine Wunschpersönlichkeit für den Tag, eine Realitätsperson in der Nacht. Und sie glaubt, dass sie in der Realität den Wunsch im Griff hat, sie peinigt und quält. Doch ein Wunsch kann nie zur Realität werden, Marie, sie belügt sich selber. IIlene setzt sich nicht mit ihrem Handeln auseinander, sie blendet alles Schlechte aus. Man könnte sagen, sie hält sich selber die Augen zu, so wie dir vorhin. Sieh nicht weg, verleugne nicht die Wahrheit. Sieh hin, auch wenn es schrecklich und grausam ist. Es ist der einzige Weg, damit fertig zu werden, mit sich selber ins reine zu kommen. Gewalt muss nicht immer das letzte Mittel sein, aber wenn man dieses einsetzt, sollte man auch die Folgen tragen und erkennen... und versuchen, diese zu vermeiden. Aber sieh nicht nur das Jetzt, sieh auch das Später. Diese Menschen hier können anderen kein Leid mehr zufügen. Im Moment. Andere werden folgen und ihren Platz einnehmen. Selbst wenn die Sekte eines Tages nicht mehr bestehen sollte. Es ist ein Kreislauf, der immer besteht, solange es Menschen gibt", erklärte Izual geduldig.
"Dann ist alles umsonst, was wie hier gemacht haben?", fragte Marie zitternd.
"Nein. Ich frage dich, ist es nicht ehrenwert, Leid von anderen und dir selbst fernzuhalten, auch wenn es nur eine zeitlang ist?", fragte Izual zurück.
"Doch.... aber es ist grausam, so zu handeln", sagte Marie dumpf.
"Es gab keinen anderen Weg mehr. Wir haben diesen Krieg nicht begonnen, aber wir müssen uns wehren. Soweit er uns betrifft......", meinte Izual.
"Betrifft er uns wirklich?", fragte Marie leise und sah ihn an.
"Diese Frage musst du dir selbst beantworten", nickte Izual. Die Alchemistin holte schniefend Luft.
"Vergiss nicht, was hier passiert ist. Es wird wieder passieren, willst du die Verantwortung dafür mitragen? Bist du dir sicher, dass du diesen steinigen Weg gehen willst, der dich auch verschlingen kann?", fragte der Erzengel.
"Ich habe keine andere Wahl", schüttelte Marie den Kopf.
"Wenn du diesen Weg eingeschlagen hast, gibt es kein zurück mehr. Dann musst du ihn bis zum Schluss gehen, von ihm runtergehen kannst du nicht mehr. Die Geister der Vergangenheit würden dich nie mehr in Ruhe lassen, das ganze Leben lang. Sieh hin, verdeckte nicht die Wahrheit. Ansonsten werden die kurzen Erinnerungen im Kopf viel schlimmer, die Toten in deiner Phantasie auferstehen und dich peinigen. Sieh hin, das tun sie in Wahrheit nicht. Steh immer zu deinen Entscheidungen, Marie, trage immer die Konsequenzen. Versuche sie nicht zu schönen oder zu verstecken, das klappt nicht", nickte der Erzengel.
"Woher wisst Ihr das alles?", fragte Marie leise.
"Ich war selbst lange in Gefangenschaft, litt furchtbare Qualen für meine Torheit. Oft habe ich mich gefragt, ob es richtig war, was ich gemacht habe. Zweifelte an meinen Handlungen. Doch ich merkte, dass es nicht brachte, was geschehen ist, ist geschehen. Es liegt an einem selbst, das zu akzeptieren oder nicht. Ich habe es akzeptiert, und die Strafe erduldet, welche mir auferlegt wurde. Aus seinen Fehlern lernt man, aber nur, wenn man sie deren auch bewusst wird", sagte Izual nachdenklich.
Ein Stöhnen lenkte die Aufmerksamkeit der beiden auf IIlene. Diese rieb sich den Kopf. Marie lief zu ihr, holte eine Ampulle aus dem Seesack.
"Was ist passiert?", fragte die Ältere. Sie bemerkte sehr wohl, dass Marie ruhiger war, gefasster wirkte. Die Alchemistin sagte nichts, reichte ihr nach kurzer Zeit eine der kleinen Ampullen mit einer klaren Flüssigkeit.
"Trink, ist gegen die Kopfschmerzen", meinte sie mit feuchten Augen. Doch sie wirkten nicht mehr geschockt oder verzweifelt, eher traurig. IIlene sah zu Izual.
"Was habt Ihr mit ihr gemacht?", fragte sie ihn.
"Etwas, zu dem Ihr im Moment nicht in der Lage wart", erwiderte dieser nur.
"Habt Ihr sie irgendwie verzaubert oder was?", bohrte IIlene nach und trank den Inhalt des kleinen Glasgefäßes aus. Es war ziemlich bitter, und sie verzog sofort das Gesicht.
"Nein, das habe ich nicht. Keine Sorge, ich will ihr nichts böses", winkte Izual ab. Dann wurde er wieder ernster.
"Ihr überrascht mich wirklich, ich habe nicht gedacht, daß Ihr so schnell Erfolg habt. Ein Verräter in unseren eigenen Reihen, ich kann es nicht fassen. Ein Glück, dass ich nicht seine erbärmliche Rechtfertigung anhören musste, und das dies Übel hier in Duncraig mit ziemlicher Sicherheit erstmal ausgelöscht ist. Mein Kompliment", nickte der Erzengel.
"Und Ihr habt mich die ganze Zeit belauert. Weit ist es mit Eurem Vertrauen ja nicht hin", erwiderte IIlene und verzog den Mund.
"Was erwartet Ihr? Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Jetzt weiß ich wenigstens, voran ich bei Euch bin", sagte Izual unberührt.
"Warum habt Ihr dann nicht einfach alle Bewohner dieser Stadt überwacht und selbst herausgefunden, wer hinter dem allem steckt?", meinte die Ältere sarkastisch und stand auf.
"Seid nicht töricht, ich kann immer nur einen Sterblichen beschatten. Und wie ich sehe, seid Ihr im Aufspüren von kriminellen Elementen um einiges gewandter als ich. Der Jäger geht selbst ja auch nicht auf die Suche, sondern schickt seine Hunde los, welche das Vieh für ihn aufscheuchen und meist erledigen", erwiderte der Erzengel.
"Ich habe mir schon fast gedacht, dass es so laufen wird....", brummte IIlene.
"Warum ärgert ihr Euch dann so über diesen Umstand?", fragte Izual verwirrt nach.
"Weil ich mich benutzt fühle, darum!", zischte die junge Frau beleidigt.
"Nun, Ihr wisst, was euch nach dem erfolgreichen Beenden dieses Auftrags winkt, ist das nicht genug, um diese Mühen auf sich zu nehmen?", bohrte er weiter.
"Das schon, aber Eure Beschattung beleidigt mich. Ein wenig trauen könntet Ihr mir ja schon", erwiderte IIlene.
"Das habt Ihr Mittlerweile, aber meine Beschattung werde ich trotzdem nicht einstellen. So kann ich Euch jederzeit helfen, wenn es meine Kräfte zulassen, wie man gerade gesehen hat. Ohne mich wärt Ihr in ziemliche Bedrängnis geraten, ein wenig Dankbarkeit könnte auch ruhig von Eurer Seite kommen. Ursprünglich wollte ich mich überhaupt nicht einmischen!", sagte der Erzengel etwas schärfer.
Marie zuckte zusammen, sie konnte die Augen nicht von dem Erzengel abwenden. Ein Engel vor ihr, so langsam wurde ihr die Tragweite dieser Begegnung bewusst.
"Ihr könntet mir mal danken, dass ich so schnell die Sekte hier gefunden habe, wie wäre es damit!?", zickte IIlene zurück.
"Warum sollte ich Dankbarkeit zeigen, es ist schließlich Euer Auftrag!", zischte Izual zurück.
"Hört doch auf ihr beiden!", ging Marie dazwischen. Die beiden anderen schnauften wütend aus, sahen etwas verlegen zur Seite.
"Gehen wir raus, mir wird von dem Gestank hier drinnen schlecht", brummte die Alchemistin betrübt und lief zwischen den Streithähnen in den Gang. IIlene warf Izual einen bösen Blick zu, bevor sie Marie folgte. Draussen holte diese erstmal tief Luft und schloss die Augen, genoss die Sonne.
"Alles in Ordnung?", fragte die Ältere, als sie neben sie trat.
"Nein, ist es nicht. Warum streitet ihr beiden?", fragte Marie mürrisch zurück.
"Wenn er mir Undankbarkeit vorwirft....", brummte IIlene und lehnte sich gegen die Hausmauer.
"Zum Streiten gehören immer zwei", meinte Marie und sah sie an.
"In Ordnung, soll ich mich bei ihm entschuldigen oder was?", seufzte IIlene resigniert.
"Streitet einfach nicht mehr, es ist unnötig. Und an so einem Ort unpassend. All die Toten....", erwiderte die Alchemistin trocken. Der Erzengel kam aus dem Haus, seine Gestalt von dem schwarzen Umhang verdeckt.
"Damit sollte die Macht der Sekte hier in Duncraig gebrochen sein", meinte er leise und schwebte neben die zwei Frauen.
"Sie könnten noch woanders eine Nebenstelle haben", seufzte IIlene nachdenklich.
"Das glaube ich nicht. Mit jedem Anlaufpunkt mehr steigt die Gefahr entdeckt zu werden, und ohne ihren Befehlsgeber sollten wir die restlichen Mitglieder schnell finden. Ich werde den kirchlichen Einrichtungen hier entsprechende Anweisungen geben, aufzupassen", schüttelte Izual den Kopf.
"Und wo sind die Blutritter?", fragte die junge Frau misstrauisch.
"Anscheinend an einem anderen Ort als hier. Ich habe das fast erwartet, dass diese Krieger nicht in den Städten selbst leben, sondern woanders", erwiderte der Erzengel.
"Ihr meint außerhalb der Städte?", bohrte IIlene nach.
"Ich denke da eher an einen zentralen Stützpunkt. Vielleicht in einem der anderen Städten, Duncraig war ein relativ junger Stützpunkt?", meinte Izual.
"Das würde vieles hier erklären. Aus welcher Stadt kamen denn die ersten Angriffe?", fragte die junge Frau nachdenklich.
"Das können wir nicht genau sagen, Zeitgleich zu Lut Gholein kamen auch Angriffe in Kurast dazu. Aber in Kurast gab es zu dem Zeitpunkt die ersten Versuche von uns, unsere Lehre vom Licht zu verbreiten, davor gab es keine nennenswerte Präsenz des Lichts", erklärte der Erzengel.
"Das soll heißen, die Sekte könnte schon seit langer Zeit in Kurast tätig sein, ohne dass Ihr es wusstet?", bohrte IIlene nach.
"Richtig. Die Religion der Zakarum ist dort seit Jahrhunderten vorherrschend, und es ist mühsam Anhänger, für unsere Sache dort zu gewinnen. Es ist so, dass die Zakarum auch an das Licht glauben, aber es durch ihre Wurzeln sehr mit ihrem Götzendienst und Voodoo verbinden. Dennoch haben wir mit ihnen einen Pakt und ihnen sogar die Bewachung von Mephistos Seelenstein anvertraut. Sollte die Sekte dort wirklich ihren Ursprung haben, sorge ich mich um die Sicherheit des Volkes. Wer weiß, ob sie nicht irgendwann den Höllenlord befreien...", meinte Izual.
"Tolle Aussichten", brummte IIlene.
"Darum ist es wichtig, dass Ihr weiterzieht. Jeder Tag zählt, wenn die erstmal merken, dass hier etwas nicht stimmt, werden diese Ungläubigen Alarm schlagen. Und das dürfte euch die Mission erschweren und Anschläge auf unsere Einrichtungen hervorrufen. Der Weg ist noch weit, und je näher ihr dem Ursprung der Sekte kommt, umso gefährlicher wird es. Keiner weiß, wie tief Obscuritas in diesen Städten schon drinsteckt, aber wenn sie hier schon nach kurzer Zeit so viele Verbindungen haben, dann wird es in ihren Machtzentren fast unmöglich, alle Sympathisanten auszumachen. Und je mehr ihr über diese Sekte zutagebringt wird mir bewusst, dass wir diese Gefahr zu lange übersehen haben", sagte Izual bedauernd.
"Also Lut Gholein", seufzte IIlene und sah Marie an.
"Ihr könnt hier bleiben, und in unserem Kloster ein neues Leben beginnen", bot der Erzengel ihr an, nachdem er dem Blick der Älteren gefolgt war. Die Angesprochene sah auf.
"Danke für das Angebot, aber ich werde es nicht wahrnehmen. Ich werde hier wegziehen und woanders neu beginnen. Der Verlust wird mich sicher mein Leben lang schmerzen, aber es ist der einzig vernünftige Weg. Ihr beide habt mir gezeigt, wie falsch eure Wege sind, das Rache und Gewalt keine Lösung ist. Ich kann das nicht mehr ertragen, all das Leid. Irgendwann muss es enden. Bei mir hört es hier und jetzt auf. Nur so kann die Wunde heilen, und ich will versuchen, ein normales Leben zu beginnen", flüsterte Marie und sah die beiden sprachlosen Gestalten an. Ein Stich zuckte durch IIlenes Herz, und sie wandte sich ab.
"Eure Entscheidung ist weise, Sterbliche, und ich hoffe, dass Ihr findet, wonach Ihr sucht. Doch denkt daran, Ihr seid immer willkommen, Trost und Hoffnung bei uns zu holen, das Licht steht Euch Eurer Leben lang zur Seite", nickte Izual.
"Trost werde ich nicht in Euren Kirchen und Klostern finden, sondern nur in der Zeit. Irgendwo auf dieser Welt", erwiderte Marie. Dann wandte sie sich an IIlene.
"Bist du enttäuscht?", fragte sie diese dann. Die junge Frau drehte sich wieder zu ihr hin.
"Wie könnte ich. Ich wünschte, ich hätte damals diese Entscheidung treffen können", sagte diese mitgenommen. Marie kam auf sie zu, und beiden umarmten sich noch einmal.
"Was wirst du machen?", flüsterte IIlene, mit den Tränen kämpfend.
"Irgendwo als Alchemistin anfangen, mal sehen. Ich weiß es nicht, das kann niemand sagen, was auf mich wartet. Danke für alles IIlene, und bitte pass auf dich auf. Ich werde für dich beten", flüsterte Marie betroffen. Dann löste sie sich von der Älteren, lächelte nochmal kurz auf, drehte sich um und rannte aus dem Garten. Das Schlagen der schweren Eisentüre war das Letzte, was IIlene von ihr noch mitbekam. Schweigend blieben beide stehen.
"Da geht sie hin....", flüsterte sie dann.
"Sie wird ihren Weg finden. Ihr Frieden wird auch von Eurem Erfolg abhängen", meinte Izual.
"Das weiß ich. Ich hoffe nur, ich werde sie nicht enttäuschen", sagte IIlene und sah in den Himmel.
"Darüber könnt Ihr Euch noch Gedanken machen, wenn es so weit ist. Nicht früher", erwiderte der Erzengel. Innerlich wusste sie, dass er recht hatte, aber ihr Herz ließ ihr keine Ruhe.
"Es ist schade, dass sie den Weg das Lichts als falschen missversteht, ich hoffe, sie findet irgendwann ihre Erleuchtung. Doch jetzt zu Euch, am besten Ihr ruht euch diese Nacht noch hier aus und zieht morgen weiter", wandte sich der Erzengel an IIlene.
"Alles wieder von vorne", seufzte die Angesprochene.
"Ich denke, wenn Ihr nach den gleichen Hinweisen wie hier sucht, solltet ihr schnell fündig werden. In Lut Gholein ist die Sekte seit längerem ansässig, ihre Spuren sind sicher weiter gefächert als hier. Seid vorsichtig, wenn sie merken, was hier passiert ist, werden sie alarmiert sein. Möge das Licht Euch beschützen", schloss Izual und verschwand wieder vor ihren Augen.
Verächtlich schnaufte IIlene auf. Sie durfte wieder die Arbeit machen, und er strich den Erfolg ein. Doch nun hatte sie nebst ihrer Belohnung noch ein anderen Ziel für ihre Mühen. Sollte die Sekte nicht zerschlagen werden, dann wäre Maries Schicksal besiegelt. Dafür musste sie kämpfen, sie konnte immer noch was Gutes in ihrem Leben machen. Auch wenn Marie nicht mehr an ihrer Seite war. So plötzlich. Innerlich hatte sie gehofft, dass sich die Alchemistin ihr anschloss und mitkam, sogar fast damit gerechnet. Diese Abkehr schmerzte, doch sie war auch verständlich. Der leichte Vorwurf nicht zu überhören.
IIlene zog sich im Gebüsch um, huschte durch das Tor. Eilig sah sie zu, dass sie verschwand, jederzeit konnte jemand das Massaker entdecken. Der Abend brach an über Duncraig, der Himmel färbte sich blutrot. Ein Schauer lief über den Rücken der jungen Frau, es erinnerte sie an all das Blut. Jetzt bedeckte es kurzfristig die ganze Stadt.
An der Taverne ankommen passte sie der Wirt ab.
"Eure Freundin ist ausgezogen. Sie machte einen sehr aufgelösten Eindruck auf mich, ist etwas passiert?", fragte er sich hinter der Theke.
"Jemand in ihrer Bekanntschaft ist gestorben", gab IIlene dumpf von sich.
"Das tut mir Leid", meinte der Wirt mitfühlend, und doch distanziert. Er musste sich wahrscheinlich jeden Tag das Leid der besoffenen Gäste anhören, so das ihm persönliche Schicksale mittlerweile egal waren.
"Ich werde morgen früh ebenfalls weiterziehen", sagte IIlene beiläufig, bevor sie den Raum verließ und im Treppenhaus verschwand. Neugierige Fragen seitens des Wirtes wollte sie im Moment nicht haben, sondern nur noch Ruhe. Ihre Gliedmaßen schmerzten, ebenso wie ihr Herz. Einem anderen Menschen an seiner Seite zu haben, ihm zu vetrauen... das war so ungewohnt. Und nun schmerzte das Alleinesein noch mehr, wenn dieser Mensch weg war. Alte Wunden brachen auf, was als Vergessen galt, kam wieder hoch. IIlene hasste es, sie hatte diese Einsamkeit doch schon verdrängt? Es würde wieder viel Zeit brauchen, bis alles verdrängt war.
Müde trat sie in ihren Raum ein, sah zu dem Bett. Dort hatte Marie letzt Nacht neben ihr geschlafen. Es war so still im Raum. So leer. So leblos. Wie viele Nächte hatte sie so zugebracht? Hatte ihr Herz gequält und sie vereinsamen lassen? Der Schmerz, so lange verdrängt kam wieder. Krachte in Wogen gegen ihr Gemüt, ihre Seele. Trost, keiner spendete ihn ihr. Damals nicht, und auch heute nicht.
Tränen standen ihr im Gesicht. Plötzlich konnte sie in den salzigen Tropfen eine Bewegung im Hintergrund sehen. IIlene hechtete nach vorne, ein enttäuschtes Zischen ertönte hinter ihr. Sofort wirbelte die junge Frau herum, konnte eine in schwarz gekleidete Person mit blitzenden Klingen ausmachen, welche auf sie zustürmte. Eine Attentäterin!
Wild zuckten ihren langen, dünnen Klingen nach vorne, versuchten, IIlene zu erwischen. Doch diese ging in die Knie und wich zur Seite aus. Ihre Krallen waren in dem kleinen Seesack an ihrer Hüfte, unereichbar in dem Moment. Die Attentäterin nahm Schwung, war sich siegessicher ob ihres unbewaffneten Opfers. Doch IIlene ballte die Faust, schoss hoch. Flüssig in ihrer Bewegung traf der Auswärtshaken das Kinn der fremden Frau. Diese wurde nach hinten geschleudert, verwirrt krachte diese auf den Boden. Hätte IIlene ihre Krallen angehabt, wäre sie jetzt tot, es war die gleiche Angriffsbewegung. Während sich die Attentäterin aufrappelte und die Sterne aus ihrem Gesichtfeld mit Kopfschütteln vertrieb, legte die blonde zitternde Frau ihre Krallen an.
"Das wird dir nichts nützen, du Miststück!", zischte die Attentäterin und griff erneut an. Metallisches Krachen erfüllte den Raum, als die Waffen immer wieder zusammenprallten. In schnellen, flüssigen Bewegungen schossen die zwei Frauen durch den Raum, blockten Schläge ab und schlugen ihrerseits zu. IIlene merkte, dass die Attentäterin gut war, doch diese steigerte sich zu arg in ihre Angriffe hinein. Mit jedem Schlag welcher ins Leere ging stieg ihre Wut, und sie würde Fehler machen. Mit einer schnelle Bewegung riss IIlene das Abdecklaken vom Bett und wirbelte es durch die Luft. Die Attentäterin riss ihre Krallen hoch, wütend wischte sie den Störkörper beiseite. Das wurde ihr zum Verhängnis, denn kaum hatte sie den weißen Stoff aus ihrem Blickfeld entfernt, sah sie auch schon IIlene auf sich zukommen. Deren Klingen durchschlugen den Lederpanzer, ohne dass die Attentäterin etwas dagegen machen konnte. Dumpf bohrten sich die Klingen in ihren Leib, mitten ins Herz. Entsetzen flackerte in den Augen der Getroffenen auf, sie röchelte.
Mit der anderen Hand packte IIlene den Krallenarm der Attentäterin und hielt diesen fest. Er zuckte, der ganze Körper der Geschlagenen zitterte. Beide sahen sich in die Augen, Wut und Panik lag in dem Blick der Fremden. Schließlich, mit einem letzten Knurren brach der Blick, und IIlene zog die Klinge aus dem Körper. Mit einem dumpfen Poltern schlug der Leichnam auf dem Boden auf. Nur noch das Keuchen von IIlene lag in der Luft. Woher kam sie? Woher wusste sie, dass sie hier war? Die Tarnung musste aufgeflogen sein, aber warum? Wie war das möglich?
Sofort packte IIlene ihre Sachen zusammen, dachte dabei nach. Die Kleidung am Fluss, vielleicht hatte sie nicht den gewünschten Effekt gehabt. Sie hätte diese ebenfalls in den Fluss schmeißen sollen, wie konnte sie nur so dumm sein? Fluchend haderte IIlene mit sich selber, sie musste hier sofort raus. Doch zuvor musste sie wieder ihre Spur verwischen. Die Attentäterin zog sie aus, legte diese ins Bett. Die Lederrüstung und deren Krallen nahm IIlene an sich. Dann machte sie Feuer, ließ die Kerze neben dem Nachtisch umkippen, so das diese das Bettzeug in Brand setzte. Ein Unfall, keiner würde die verkohlte Leiche identifizieren können. Zumindest hofft IIlene das.
Nachdem das Feuer loderte öffnete sie das Fenster und sprang raus, eilte durch den Garten auf die Gasse und rannte fort. Die Krallen und die Rüstung ließ sie durch eine Abwasseröffnung verschwinden, dort würde sie so schnell kaum jemand finden.
Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Wie waren die Attentäterinnen ihr so schnell auf die Schliche gekommen? Verdammt, fast wäre sie an dieser Dummheit mit dem Fluss gestorben. Die Straße am Fluss führte direkt nach Duncraig. Es war für ihre Verfolger leicht, das nachzuvollziehen. Doch wie kamen sie auf ihre Person in der Taverne? Hatte sie sich irgendwo auffällig verhalten? Wie lange hatten die Attentäterinnen sie schon beobachtet? Und vor allem, taten sie es immer noch? Waren noch mehr in der Stadt?
Angst beschleunigte die Schritte der jungen Frau als sie durch die belebten Gassen eilte.
Außer Atem kam sie am Tor an, musste jedoch feststellen, dass dieses verschlossen war. Verdammt! Unauffällig schlenderte die junge Frau zu einer der Wachen, lächelte sie an.
"Guten Abend. Darf ich fragen, warum das Tor geschlossen ist?", fragte sie einen der schwer bewaffneten Männer freundlich.
"Habt Ihr noch nichts davon mitbekommen? Der Bischof und viele andere Leute wurden ermordet. Darum wurde die Stadt abgeschottet, niemand darf mehr heraus. Man denkt, dass der Mörder sich noch hier befindet. Man will ihn suchen", erklärte die Wache.
IIlene schluckte, ihr Erstaunen war nicht gespielt. Sie hatte geahnt, dass die Leichen früher oder später gefunden wurden, aber so schnell? Hatte sich heute alles gegen sie verschworen?
"Das ist ja schrecklich, ich hoffe, sie finden denjenigen schnell. Da kommt man sich ja wirklich unsicher hier vor", erwiderte sie nervös lächelnd.
"Keine Sorge, wir passen auch euch auf. Wäre doch jammerschade, wenn einem so hübschen Mädchen was passieren würde", zwinkerte ihr die Wache zu. IIlene lachte nur einmal auf, drehte sich mit einem eiligen gute Nacht um und eilte davon. Raus! Sie musste hier raus, und das so schnell wie möglich. Die Attentäterinnen waren ihr auf den Fersen, an jeder Hausecke konnten sie lauern. Doch wie entkommen?