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[Story]Tausend Jahre

Huhu Reeba :hy:

wann gehts denn hier weiter? Wir warten schon ungeduldig auf die Versammlung der Gruppe - Du wirst uns doch nicht hängen lassen? :cry:

Also marsch marsch ans Schreibbrett und mal wieder ein neues Kapitel posten :go:
 
Jap, ich warte auch schon :(
Aber lieber ein wenig mehr warten, statt eine nicht ganz durch dachte Story zu bekommen.
 
Danalino schrieb:
Jap, ich warte auch schon :(
Aber lieber ein wenig mehr warten, statt eine nicht ganz durch dachte Story zu bekommen.

Nun ja, ich hab den schleichenden Verdacht, dass sie gar keine "nicht gut durchdachte" Geschichten schreiben KANN. Sie hatte ja schon bei Saqqara so ziemlich die ganze Geschichte im Kopf gehabt, bevor sie auch nur ein einziges Wort in den PC getippt hat...

(ok, ist vielleicht übertrieben, aber wahrscheinlich nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt)
 
@Segan
Das wollte ich auch erst dazu schreiben, aber es klang mir zu schleimig :p
Ändert ja nichts an der Tatsache, das Reeba endlich ein Buch schreiben solle :kiss:
 
Moinsen ihrs,
hey, hier kommt ja richtig Nestwärme für einen Wannabe-Schreiberling auf. Danke für eure Beharrlichkeit. Das mit den von vorn bis hinten durchdachten Geschichten ist allerdings natürlich nicht wahr.
Ich brauche schon so meine drei bis vier Tage für neue zehn Seiten Murks. Da ich gerade eine Kollegin, die einen unerfreulichen Arbeitsunfall hatte, in der 'Backstube des Irrsinns' ersetzen muss, bitte ich um noch ein klein wenig Geduld.
Tröt,
Reeba
 
Mit Entschuldigung für das lahme Tempo - derzeit fehlt einfach die nötige Muße.
Hinhaltekapitel (*g*).


***********



V. Das Treffen




Ein Volk im Exil findet trotz oder sogar aufgrund von Vertreibungen und Rettungsversuchen seiner Identität inmitten Fremder Trost im Glauben. Anfeindung schweißt zusammen.
Da macht man sich eben die Mühe, heimlich in unterirdischen Gewölben zu beten, wo Sickerwasser die Kerzen gefährdet.
Was aber geschieht, wenn der Glaube an sich schon Exilant ist, vergessen war, der Menschen beraubt, die ihn durch Verfolgung und Repression hätten tragen sollen? Mangels Menschen gebricht es ihm an Tradition, Überliefertem, Erzählungen, Solidarität. Mangels Not wird er, schätze ich, zu einer Idee, höchstens noch zu Sagenstoff, und wenn er es zudem durch diverse Phasen geschichtlicher 'Reinigung' schaffen musste, ist er wirklich nicht zu beneiden.
Auch nicht das Gedächtnis, in dem er noch lebt.
Als ich über den Vorplatz der Zitadelle auf die strenge Gebäudefront zugehe, denke ich, dass ihre Unwissenheit nur den Jüngern des Lichts Hilfe ist, indem sie ihnen die Leere der Stufen nicht durch Desinteresse der Stadt, sondern durch das Teilhaben an einer heiligen Daseinssphäre erklärt, für die der ganze Rest hier draußen – grob veranschlagte zehn Millionen – noch nicht bereit ist.
Ich weiß nicht, ob sie es sich einfach machen. Einfach kann es kaum sein, Morgen für Morgen auf endlich zur Einsicht gelangte Glaubensanwärter zu hoffen, während Asanctar vor den Osttempeln der Nachbarschaft Schlange steht.
Am schwersten müssen diese Beobachtungen unseren Gastgeber treffen.
Manche von uns haben sich mit dem Schulterzucken der Ermüdung von ihrer mythischen Herkunft gelöst. Er gehört nicht dazu.
Es hieß einmal - wann, habe ich vergessen - den durch simplere, naturverbundenere Kulte Geprägten sei das Loslassen am wenigsten erträglich. Metropolen wie diese haben mich eines Besseren belehrt. Auch die Erben der Religionen, die in Stein und Heeresordnung entstanden sind, leiden. Dafür sorgt Asanctar: Parodie auf die Stadt inzwischen genauso wie auf die Wildnis.
Die Zitadelle ist ein schöner Bau. Sie ruht inmitten höher aufstrebender, brutalerer Architektur, ein gedrungener, weißer Schmuckkasten – Schmuckkasten nicht durch etwaige Verzierungen, sondern nur durch die Idee, die darin überdauert hat. Und obgleich in dieser Idee kein Platz ist für jemanden wie mich, erweckt sie Sympathien in mir.
Ich hoffe, dass diese Sympathien mich in den kommenden Stunden nicht verlassen. Ich brauche sie dringend, ich brauche jedes gute Gefühl für die Konfrontation.
Es wird Ärger geben.
Vor der Zitadellenpforte, im Halbschatten ihres gewaltigen Türsturzes, hebt ein junger Kerl beim Geräusch meiner Schritte auf den Stufen den Kopf. Er wird meiner ansichtig und erstarrt leicht, erst in Vorsicht, dann im zögernden Impuls, mir den Zutritt zu verwehren.
Ich öffne meine Jacke weit genug, damit er das Emblem der asanctarianischen Polizei sehen kann.
„Frau in Uniform“, sage ich zu ihm. „Und ich fürchte, Letzteres hat mehr Gewicht, Kleiner. Außerdem habe ich eine Verabredung mit eurem Obertrottel.“
Eben noch die freimütig eingestandene Sympathie, und jetzt behandle ich diesen Türwächter so.
Ich schenke ihm einen Blick, der nicht um Verzeihung bittet, mein Verhalten aber durch seine gemilderte Strenge relativiert, und betrete die Zitadelle.
Ihr Inneres spiegelt das Menschenverständnis ihrer Lehre wider: Massen von in Form gegossenen Steins, die den Eintretenden auf sich selbst zurückwerfen. Schade, dass dem Rohmaterial dieser Zeit die Begriffe seiner eigenen Nichtigkeit und Vergänglichkeit vollkommen abgehen.
Dieses Haus schaufelt sich sein eigenes Grab, indem es nur Adepten duldet, die den fundamentalsten asanctarianischen Gepflogenheiten abschwören: Geschwätzigkeit. Opportunismus. Profilierungssucht.
Es gibt nicht einmal Bänke hier. Auch keine Statuen.
Wer sich dem uralten Heil der Westmarsch überantworten will, hat sich auf den nackten Boden zu knien und ohne Bronze- oder Steinfiguren auszukommen.
Ich gehe langsam auf den Altar zu. Der einzige Schmuck in seiner Nähe ist ein Wandtuch, auf dem ein großes, kronenähnliches Symbol erkennbar wird.
Schlichtheit rührt.
Jeremiah wartet neben dem Altar. Ein hochgewachsener, breitschultriger Mann mit dunklem Haar und glatt rasierten Zügen, der in einer langen, silberweißen Robe steckt. Ein so regelmäßiges Gesicht, akkurat ausgewogen zwischen glücklicher Anordnung all seiner Grate und Wirkung seiner weicheren Regionen, sieht man nicht oft. Führt ihn sein Weg gelegentlich in die Tavernen von Camever, ist ihm die Bewunderung der Frauen sicher, wette ich.
Aber dieses Gesicht weist auch zurück. Die weit auseinander stehenden Augen drohen mit Traurigkeit, mit einer Ruhe, die keinen Raum für daher gelaufene kleine Mitmenschen kennt, und weil das so schlecht zu seinem Äußeren passt, zu der Larve eines vielleicht dreißig Jahre zählenden Mannes, hat er immer schon zerfahren gewirkt. Gequält. Ein von sich selbst im Stich gelassener Kämpfer gegen das aufständige Fleisch.
Wir respektieren einander.
Somit darf ich das ernste Nicken auch für voll nehmen, mit dem Jeremiah mich jetzt begrüßt.
„Celeste“, sagt er knapp.
„Jeremiah.“ Ich schaue mich um – aus Höflichkeit heraus. „Hier hat sich nichts verändert.“
Er lächelt schmerzlich. „Natürlich nicht. Nichts ändert sich. Ich eingeschlossen.“
Würde ich ihn nicht kennen, würde ich das als Einladung zu einem Gespräch auffassen. Aber weit gefehlt.
Gründer, Anker und zentrale Figur seiner Bruderschaft, lehnt Jeremiah persönlichen Austausch ab, gemäß des Glaubens, die Beschäftigung mit seiner eigenen Person leite einen Menschen in die Irre, bringe ihn ab von der angestrebten Form: Katalysator, offenes Ohr und Lehrer zu sein für all die weniger Reinen, Hilfsbedürftigen.
Immer noch dieses hohe Ideal. Wie er das aushält, übersteigt meine Vorstellungskraft.
Doch dann versenke ich mich in das schmerzliche Lächeln und rätsele, ob der Höchste der Zitadelle des Lichts, Letzter seiner ursprünglichen Art, vielleicht Abstriche bezüglich dieser angestrebten Form gemacht hat.
Jeremiah rangiert nicht unter den obersten Zehntausend der asanctarianischen Gesellschaft, aber ihm fehlt es weder an Geld noch an Mitteln. Niemand überwacht sein Tun.
Immerhin gilt er innerhalb dieser Mauern als heiliger Mann.
Wir mustern uns.
Ich komme zum Schluss, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Es ist nicht so sehr meine Menschenkenntnis, die halte ich kaum für übermäßig ausgeprägt – vor allem bei Männern nicht -, es ist eher eine Dissonanz, die sich meiner Wahrnehmung mitteilt. Und die, so sagt mir mein Gefühl, nur am Rande etwas mit der Rückkehr eines alten Monsters zu tun hat.
Jeremiahs Augen gehen an mir vorbei zur Pforte.
Ich trete neben ihn.
Gemeinsam beobachten wir die zwei Menschen, an denen der Türwächter ebenso abgeprallt sein wird wie an mir und die jetzt auf uns zukommen.
Raoul und Elisa sehen Seite an Seite so ungewöhnlich aus, und dieses Bild nagt mit solcher Durchtriebenheit am Vergessen, dass sich mein Puls beschleunigt.
Raouls Maße stechen unter den Asanctarianern nicht mehr zu sehr hervor, denn die nahrhafte Kost hat sogar die kleinen Ostländler inzwischen um einen Kopf wachsen lassen. Trotzdem glaube ich, dass Viele vor ihm zurückschrecken, oder ich will es glauben, denn es ist doch unausdenkbar, die raue Hand einer fast ausradierten Klasse nicht an ihm zu erkennen.
Verglichen mit Jeremiah wirkt er ungeschlacht, grob. Ein Umstand, dem seine Kleidung – dunkle Ledersachen und schwere Stiefel – noch Vorschub leistet, ebenso der rechteckige Schädel mit dem zentimeterkurz abrasierten Haar, dem dicken Nacken und den Zügen, die nicht geschmeidig genug angeordnet sind, um als attraktiv durchzugehen.
Er war ein Schläger und wird immer ein Schläger bleiben. Früher durfte ich ihn wegen gewisser Parallelen zwischen uns nicht verurteilen, heute will ich es nicht einmal mehr. Unser Verhältnis ist angenehm sachlich, simpel, weil frei von vorgetäuschter Sympathie. Respekt vor dem Krieger lässt Raoul übersehen, dass ich eine Frau bin – und mich, dass er ein Mann ist.
Elisa reicht ihm knapp bis an die Achsel. Raoul könnte ihre hundertundfünfzehn Pfund mühelos mit einer Hand stemmen, vorausgesetzt, er fände Gelegenheit dazu. Denn Elisa zu unterschätzen, hieße, sich komplett von der Dummheit des Auges leiten zu lassen. Ein Fehler, der viele ihrer einstigen Opfer das Leben gekostet hat, und die, die ihn nicht begingen, sind auch nicht davongekommen.
Ihr äußeres Alter führt in die Irre. Sie sieht aus wie eine typische, zarte, von der Hüfte abwärts etwas stämmige Ostländlerin von ungefähr zwanzig Jahren. Elisas Kleiderwahl erinnert an das Aufbegehren eines jungen Mädchens gegen seine Jugendlichkeit: Bodenlanger schwarzer Mantel, enge, schwarze Sachen mit einer Unmenge von Schnallen und Frachttaschen. Sie kontrastieren stark mit ihrem runden, von schräg stehenden Augen dominierten Puppengesicht.
Jetzt sind wir zu viert.
Elisa gibt mir eine schmale Hand. Ansonsten bleibt es in unserer Runde bei dem reservierten Nicken, den Blickwechseln, die lachhaft anmuten würden, gäbe es da nicht triftige Gründe für die Wahrung des Abstands.
Vier. Nur Einer fehlt noch.
Der Blick auf die Armbanduhr ist überflüssig.
Er verspätet sich mit vollster Absicht. Aber nur um zwei, drei Minuten.
Als im von hier aus gesehen hellen Rechteck der Zitadellenpforte eine weitere Gestalt auftaucht, macht Jeremiah eine kleine Geste. So klein sie ist, so notwendig ist sie auch.
Asanctar besitzt für seine eigenen Ursprünge kaum noch einen Instinkt – wo selbstverständlich gewordene Technik ihn nicht ganz hat verkümmern lassen, hat die Mythenbildung nachgeholfen. Dennoch, in diesen Mythen steckt mehr als ein Körnchen Wahrheit.
Beweis dafür ist, was Raoul, Elisa und ich jetzt bezeugen. Ein Mann, der hier nicht hingehört, betritt heiligen Boden, und ein anderer Mann entfernt ein Schutzsiegel, das Ersterem das Betreten enorm erschweren würde.
Jeremiah senkt die Hand.
Von der Pforte her dringt sofort ein gegensätzliches Weben und Wirken in den gewaltigen Raum, rast über den Boden heran, beschnüffelt die Wände, verebbt endlich zu unseren Füßen.
Stephen folgt - ohne Eile, wie es die, die nie an vorderster Front kämpfen, sondern nur die nieder gemähten Reihen längs der Korridore ihrer Macht abschreiten mussten, schon immer getan haben.
Ich bin unter allen Anwesenden wohl Diejenige mit der besten Vorstellung davon, wie weit sich die aktuelle Macht dieses Mannes in Asanctars Knochenmark hinein gefressen hat. Seltsam, dass ich ihn deshalb nicht hasse. Und auch damit stehe ich fast allein da.
Stephen nimmt den letzten freien Platz in unserer Runde ein.
Kurz betrachte ich ihn mit den Augen der Polizistin. Tausende meiner Kollegen fragen sich, wie der Drahtzieher hinter den Drogengeschäften in Camever und Sulaya aussieht, der in Verhören stets nur als vage, unpersönliche Größe Erwähnung findet - und vor dessen Erwähnung die Ratsmitglieder zurückschrecken, selbst wenn er keinen richtigen Namen hat.
Wen meine Kollegen zu Gesicht bekämen, ist ein Mann, wie es sie in den obersten Etagen Asanctars zu Hunderten gibt: Groß, dunkel und schlank, sehr gepflegt, sehr gut aussehend, meisterlich verpackt in einen maßgeschneiderten grauen Anzug und Bewegungsabläufe vollkommener Eleganz. Aber bei Stephen ist es damit nicht getan. Seine Eleganz lebt vom Durchschimmern einer ganz anderen Aura – der Aura physischer Gefährlichkeit.
Er hat sich verkleidet und die Verkleidung natürlich perfektioniert. Stephen perfektioniert alles, was er anfasst. Ausgenommen Menschen.
Er grüßt uns mit einem gut gelaunten Lächeln. „Entschuldigt die Verspätung.“
Niemand sagt etwas.
Raoul nickt Stephen zu, aber seine Miene bleibt düster. Elisa verschränkt die Arme vor der Brust, mustert ihn kühl. Ich wechsle einen Blick mit ihm und enthalte mich jeden Kommentars zu seinem Auftritt. Jeremiah wirkt von uns Allen am angespanntesten, was mich überrascht.
Die Abneigung zwischen Jeremiah und Stephen hat Tradition und keinesfalls nur etwas mit beider Herkunft zu tun.
Auf der einen Seite: Jeremiah, der Langmütige, offenen Gefechten aus dem Weg Gehende. Auf der anderen: Stephen, den exakt diese Charakterzüge amüsieren und der selten eine Gelegenheit auslässt, um zu testen, wie er Jeremiah durch Provokation aus der Reserve locken kann. Ein ewiger Tanz.
Woher aber jetzt diese enorme Unausgeglichenheit, die von Jeremiah ausgeht?
„Wir sind alle versammelt“, bricht Raoul schließlich das Schweigen - sichtlich nur, um überhaupt etwas zu sagen.
Jeremiah scheint außerstande zu einem Wort, obwohl er bemerken muss, dass uns seine Reaktion auf den Nachzügler auffällt. Besonders Elisas Augen huschen zwischen den beiden Männern hin und her, und ich sehe, wie ihr reizbares Wesen schon jetzt die Geduld verlässt.
Der Einzige, der die Situation genießt, ist Stephen.
Er sieht jedoch davon ab, Raouls unbeholfene Einleitung zu ignorieren. Mit einem letzten Schritt in unsere steife Mitte holt er Fotografien aus dem Revers und legt sie auf den wuchtigen Altar.
„Für alle, die Celestes Aufnahmen noch nicht kennen“, sagt er.
Ich habe den Brandgestank der Gasse wieder in der Nase.
Raoul tritt sofort interessiert näher. Sein Gesicht wird so lebendig, dass ich mich zwingen muss, nicht zu ihm zu gehen.
Jeremiah fixiert Stephen noch ein paar Sekunden lang – betont starr, betont feindselig -, dann tut er es Raoul gleich.
Schweigen.
„Das könnte ein Elementarier gewesen sein“, meint Raoul. So leise spricht er sonst selten.
„Unsinn.“ Stephen steckt seine merkwürdige rote Sonnenbrille weg. „Im Stadtzentrum existieren keine starken, unkontrollierten Magieraktivitäten mehr, dafür haben die Sucher gesorgt. Außerdem war das Opfer ein mittelloser Angestellter – nicht gerade ein Ziel, das dieses Risiko lohnen würde.“
„So ungern ich das auch sage“, kommt es von Elisa, „aber ich gebe Stephen hierin Recht.“
Er deutet eine artige kleine Verbeugung in ihre Richtung an, die sie mit einem eisigen Blick quittiert.
„Meinetwegen“, meldet sich Jeremiah erstmals zu Wort. „Nehmen wir also an, es war weder ein Magierzwist noch eine unkontrollierte Manifestation von Begabung, sondern...“ Gegen seine Art bricht er ab, vielleicht gehemmt durch den verlernten Gebrauch bestimmter Begriffe.
Starre und Sprachlosigkeit.
„Grundgütiger.“ Die Hände in den Hosentaschen, schaut Stephen ihn an. „Und das ausgerechnet von dir. Ich denke, du bist ein Mann der Wahrheitsliebe?“
Unser Kreis zuckt nervös mit den Ohren.
Länger braucht es also nicht, damit diese Beiden wieder gegeneinander anrennen.
Jeremiah richtet sich auf. Mir entgeht nicht, dass er erstaunt wirkt, ja beinahe verletzt.
Bevor jemand eingreifen kann, haut uns Stephen die Peitsche seiner notorischen Rücksichtslosigkeit um die Köpfe.
„Diablo“, sagt er. „Nennen wir's doch beim Namen.“
Praktisch ohne eigenes Zutun ziehe ich die Schultern hoch. Alles wird wegen des sechsten Schattens, der in unsere Mitte tritt, nebensächlich.
Ich sehe zu Stephen hinüber. Sein Anzug löst sich auf, auseinander gerissen von einer zerschrammten, blutblinden Rüstung. Verzerrtes Geschrei hebt an, eine ekelhafte Aufforderung an uns, einzufallen, mitzuheulen im gierigen, verzweifelten Chor der Unausweichlichkeit.
Schlagartig ist es vorbei. Wir atmen tief, schauen betreten in die Runde. Kurz sind alle kleinlichen Rangeleien vergessen.
Jeremiah bewegt sich. Offenbar kostet es ihn Mühe.
„Meinetwegen“, wiederholt er. Dann, in einer Mischung aus fiebriger Euphorie und Resignation: „Und was tun wir?“
Ein Rascheln. Stephen fördert unter seinem Jackett etwas zutage, das einer der Schusswaffen ähnelt, die ich und meine Kollegen im Leibhalfter tragen, aber mit einem längeren Lauf und Ladevorrichtungen für nicht zugelassene Munition.
„Das“, sagt er und legt die Waffe zu den Fotografien auf den Altar.
Diablo umbringen.
Wieder.
Die Zitadelle umsteht unsere Fünfergruppe ohne einen Rat, duldend und hoheitsvoll.
Jeremiah zieht meinen Blick an. Bisher hat er das Aussetzen der Bedeutung dieses Ortes hingenommen, jetzt ist seine Geduld am Ende.
„Das ist ein Altar, nicht irgendein beliebiger Tisch“, knurrt er Stephen zu. „Nimm das Ding da runter, oder ich hebe den Schutzbann wieder auf.“
Raoul strahlt plötzlich Wachsamkeit aus, und auch ich bin gewarnt.
Elisa starrt Stephen an. „Mistkerl“, sagt sie deutlich.
Von ihm keine Erwiderung bis auf ein weiteres Lächeln, aber nicht einmal er ist als Schauspieler gut genug. Das Lächeln entbehrt jeglichen Humors.
Er bringt die Waffe wieder unter seinem Anzug unter, wo sie einfach verschwindet. Eine seltsame Kampfansage von seiner Seite, wenn man bedenkt, dass er physische Waffen zu keiner Zeit nötig hatte. Ich überlege, was ihm zwischenzeitlich zugestoßen sein kann.
Aus einem der tiefen Gänge am Kopfende der Zitadelle nähert sich eine kleine Prozession.
Jünger des Lichts, allesamt Männer im Alter zwischen Achtzehn und Fünfundzwanzig, kommen in einer Reihe in den großen Saal, in schlichte weiße oder hellgraue Überwürfe gekleidet. Sie tragen Kerzen, und der, der vornweg geht, hält ein zusammengefaltetes Tuch auf den Armen. Leiser Gesang stößt in die Stille vor.
„Kommt.“ Jeremiah nickt zu einem Durchgang hinüber. „Meine privaten Räume eignen sich besser für unsere Besprechung. Dort wird uns niemand stören.“ Nach einem sekundenlangen Blick auf die Prozession fügt er hinzu: „Und dort stören wir niemanden.“
Wir verlassen das Hauptgewölbe der Zitadelle wie Frevler.
Mir geht auf, dass wir uns schon jetzt ohne ein wirklich gewechseltes Wort selber als Verschwörer abgestempelt haben – als Menschen, die sich Asanctar und wohl auch einer Verantwortung seiner Gesellschaft gegenüber entziehen.
Ich zumindest müsste Gewissensbisse spüren. Aber ich spüre sie nicht.





Nach Art aller bedeutenden öffentlichen Gebäude, egal ob sakral oder profan, verfügt die Zitadelle über ein Gewirr von Kammern, Gängen und Ebenen, das man von draußen nicht vermutet.
Sie folgt einer Architektur, die sich bis in die Gegenwart hinüber gerettet hat und ihre Ursprünge – Krieg, Belagerung, Verfolgung – nicht verhehlen kann. Schon die ersten Langhäuser einer umnebelten Westmarsch hatten Gewölbe und Fluchtkammern, und die Arroganz der nachfolgenden Städtebauer war sich nicht zu schade dafür, diese praktische Veranlagung zu übernehmen.
Jeremiah führt uns durch die Innereien seiner Heimstatt.
Ich betrachte ihn unausgesetzt von hinten, während mein Unterbewusstsein Lage und Anordnung der Räume automatisch abspeichert. Er geht gemessen voran, ein bisschen albern zeremoniell in seiner weißen Priesterrobe, Wolf im Schafspelz. Auch ohne Waffe wäre er in diesen Tunneln ein ernst zu nehmender Gegner, daran ändert seine Ausstaffierung als Ordensleiter wenig bis gar nichts.
Die ersten Momente des Treffens hallen nach. Die Rituale der Entfremdung, der Feindseligkeit. Die Mühen, unantastbar zu erscheinen, und ihre Vergeblichkeit. Kindische Revierkämpfe. Eine Qual, wenn man bedenkt -
Ja, Bedenken. Weisheit zählt offenbar nicht zu den Erwerbungen unserer Existenz.
Ich will mich mit Jeremiah beschäftigen. Er hat alle Qualitäten eines Mannes, zu dem sich eine Frau hingezogen fühlen könnte, außer Wärme.
Also zwinge ich mein Hirn dazu, mir einzureden, dass seine Duldung meiner Person im Innern dieses Bauwerks einen ganz persönlichen Vertrauensbeweis bedeutet. Celeste zählt nicht – sie ist erklärter Maßen geschlechtslos, zumindest aus männlicher Sicht, und obendrein integer.
Meine Beschäftigung mit Jeremiah kommt nicht sonderlich weit. Vielleicht liegt es an der ungewöhnlichen Stunde. Ich weiß es nicht. Schlimmer noch: Es ist mir gleich.
Ich habe den entscheidenden falschen Schritt schon getan, als ich gestern Abend den zwei Handlangern in den Gleiter gefolgt bin.
Bereits da wurden zu viele Abstriche gemacht, und dass ich keine Wahl hatte, rettet mich nicht vor der Präsenz, die neben Celeste hinter mir hergeht und – immerhin – für ein paar Minuten die Klappe hält.
Uns laufen keine weiteren Jünger mehr über den Weg.
Schließlich lässt uns Jeremiah in einen quadratischen, dabei merkwürdig hohen Raum, schachtartig und leer bis auf einen einsamen Tisch und ein paar Wandverkleidungen aus grau geströmtem Marmor. Ich mustere Letztere rasch und gründlich.
Die Nacktheit solcher Räume verbirgt oft geheime Vorrichtungen: Schließfächer, Waffentresore, Kameras, Sichtfenster. Manchmal auch Nischen mit Giftpfeilen. Selbst im Exil hat der Hochmut des Westens es nicht versäumt, sich die feigen Tricks seiner einstigen Gegner abzuschauen.
Der Raum strahlt allerdings keine Durchtriebenheit aus. Nur Strenge, Sammlung.
Das Arbeitszimmer eines Paladins.
Rechts ein verschlossener Durchgang zu einem weiteren Raum.
Es gibt keine Stühle bis auf den einen hinter dem Tisch.
Jeremiah setzt sich nicht. Er geht auf die andere Tischseite, öffnet einen dort stehenden, niedrigen Schrank und entnimmt ihm fünf Gläser und eine Karaffe. Dann schenkt er Wein ein.
„Bitte.“
Wir trinken schweigend, ohne Spruch.
Was sollten wir einander auch wünschen? Gesundheit? Wohlbefinden?
Da wir hier im Herrschaftsbereich unseres Gastgebers sind, muss er den Anfang machen. Ich sehe, wie schwer es ihm fällt und wünsche mir, meine Gefühle für ihn hätten mehr Substanz.
„Was hier vereinbart wird“, beginnt er, „wird diesen Raum nicht verlassen. Er ist abhörsicher. Ihr könnt euch entspannen.“
Ich nicke mechanisch.
Celeste nippt schweigend an ihrem Wein, bleibt abwartend, eine zu große, zu langgliedrige Frau mit verhärteten Zügen.
Raouls alte Augen spähen über den Rand seines Glases hinweg unsere Körper aus – wer ist bewaffnet, wen muss er beaufsichtigen? Seine Beflissenheit, die sich selbst für soldatisch hält, rührt mich.
Stephen wahrt den üblichen Abstand, den knappen Schritt, der aussagen soll: Ich habe nie ganz zu euch gehört. Ich sehe, wie er am Wein riecht, wie sein Blick in der Nische dieser lebemännischen Handlung viel von seiner Heiterkeit verliert, und hasse ihn für sein doppeltes Gesicht.
„Gut“, nimmt Jeremiah unser Schweigen notgedrungen als Zustimmung. „Gehen wir vom Unwahrscheinlichsten aus. Von Diablo. Warum jetzt? Warum hier in Asanctar?“
„Simpel.“ Celeste setzt ihr Glas auf dem Tisch ab. Die Uniform steht ihr ausgezeichnet – Khaki, das schmutzige Gold der neuen Epoche. „Das Konzil zu Tristram hat die Sphäre der Erzübel als nicht fassbare Einheit aus Energie und Ewigkeit beurteilt. Der Abgrund unterliegt uns unbekannten Gesetzen. Angenommen, die verstrichenen Jahrhunderte haben Diablo nichts anhaben können, wird er wieder auf der Suche nach fälligen Seelen sein. Was den Zeitpunkt anbetrifft...“ Sie wird plötzlich bleich.
Stephen räuspert sich.
„Es sind tausend Jahre.“ Er bietet alle stimmliche Zurückhaltung auf, die seine Herkunft ihn für den Notfall gelehrt hat – wissend, dass ein sanfter, leiser Einwurf im richtigen Moment dreinschlagen kann wie ein Schwert. „Nicht auf den Tag genau, aber das muss den Kalenderwechseln angelastet werden. Die Berechnungen sind trotzdem zutreffend.“
„Das ist Mist“, wirft Raoul ein. „Bockmist.“
Stephens Reaktion spricht Bände.
Ich habe nie ganz verstanden, warum er Raoul Dinge nachsieht, die er sich sonst von niemandem gefallen lässt.
„Nein“, hält er Raoul entgegen. „Bedauerlicherweise ist das kein Bockmist, mein Freund.“
Mein Freund. Es trifft mich gemein in den Unterleib.
Der Respekt, den Stephen diesem menschlichen Vorschlaghammer zwischen uns gewährt, ist mir immer verwehrt geblieben, und ich beneide Raoul, bin tatsächlich voller giftigen, gelben Neides. Auf eine Beziehung, die ich nicht durchschaue.
„Ich muss euch nicht bitten, eure Kalender zu zücken“, fährt Stephen fort. „Euch ist klar, dass sich das erübrigt.“ Galant eingeschobene Überlegenheit. Sicher, wenn jemand den vergangenen Jahrhunderten getreulich auf der Spur geblieben ist, dann er. „Aber die Berechnung stimmt. Hundertprozentig.“ Er legt eine Kunstpause ein. „Diablo ist zurück. Allein, wie es aussieht.“
„Aber warum“, sagt Celeste gedämpft. Es ist keine Frage, sie kann es nur noch nicht ganz fassen.
Wir wechseln lange Blicke – Blicke, die sich so sehr von Vorteil, Macht und Ärger befreit haben, dass sie wehtun.
Meiner bleibt an Stephens violetten Augen hängen.
Ein schmaler Spalt öffnet sich. Dahinter Wahrhaftigkeit. Erregung. Vielleicht sogar Bedauern und Sorge.
„Überlegen wir.“ Jeremiah fährt sich über die Stirn. „Dem Auftauchen und Wirken der Großen Dämonen liegt kein Plan zugrunde. Zumindest keiner, auf den sich die Vorväter Asanctars einen Reim hätten machen können.“
„Vorväter“, spottet Stephen, blitzartig wieder Opponent. Ich muss seine Haltung bewundern: Die prägende Hand luxuriöser Jahrhunderte hat dem Stoff, aus dem im alten Sanktuario Kriegsherren geformt wurden, nicht viel angehabt. „Sie sind Asche – genau wie dieser arme Hund auf den Fotografien. Asche, zerfressene Buchseiten. Bockmist, um Raouls Ausdrucksweise zu verwenden.“
„Es gab Prophezeiungen“, wirft Jeremiah ein.
„Natürlich.“ Stephen lässt die Augen – gut sichtbar für alle – an Jeremiah hinunter- und wieder hinauf wandern. „Nach jüngsten Zählungen siebenundneunzig. Die letzten Dekaden haben eine etwas magere Ernte erbracht, aber da tausend Jahre offenbar einfach hübsch klingen, sind dieses Jahr zwei Dutzend neue dazugekommen. Eine hirnrissiger als die nächste. Zahlenspielereien, nutzlos für uns.“
„Tatsächlich“, höre ich mich sagen. Ich weiß, dass Asanctars geistige Führer nur noch bunte, harmlose Wortdrogen für das Volk produzieren. Trotzdem ärgert mich Stephens Arroganz, denn sie hat in dieser umfassenden Variante nicht immer bestanden. „Woher denn auf einmal diese Abwendung von Vorhersagen?“
Stephen wendet sich mir voll zu.
„Vorhersagen verflossener Epochen“, antwortet er hart. „Nostalgie? Mach dich nicht lächerlich, Elisa. Asanctar hat seine ganze Energie darauf konzentriert, diese so genannten Vorväter unserer Klassen auszuradieren.“
„Was du nicht sagst“, kontere ich hitzig. „Und wer hätte wohl Gelegenheit dazu gehabt, das zu verhindern?“
Die Luft in der Zelle wird dick.
„Halt!“, schaltet sich Celeste ein. Sie straft Stephen und mich mit einem Blick aus hellblauen Augen. „Tragt eure Zwistigkeiten gefälligst anderswo aus. Um ehrlich zu sein, ist es mir egal, mit welchen Vorhersagen sich dieses Ereignis deckt, denn es hat ja ohnehin nicht gerade zu allgemeiner Wachsamkeit geführt. Ich pfeife auf Prophezeiungen.“ Die Flügel ihrer langen, schmalen Nase blähen sich. „Mich interessiert daher nur: Wie sicher ist unser Verdacht, und was unternehmen wir?“
„In dem Fall“, sagt Jeremiah, „solltest du vielleicht als Erste sprechen, Celeste. Du bist unser Bindeglied zu den Ordnungskräften dieser Stadt. Was ahnen sie, und könnten wir ihnen vertrauen?“
Celeste seufzt.
„Dass wir ihnen nicht vertrauen dürfen, muss dir klar sein“, antwortet sie Jeremiah. „Was sie ahnen – da bin ich überfragt. Mein Oberster ist kein Idiot.“ Sie nickt Stephen zu. „So wie du keiner bist. Du kontrollierst zwei Drittel des Rats für Sicherheitsfragen und somit auch die Mehrheit meiner Kollegen.“
„Sicher“, zuckt Stephen die Schultern. „Die Polizei ist der Hebel der Regierenden, und der Sicherheitsrat war der erste Rat, den ich einkaufen musste. Dein Oberster verliert seinen Posten, sobald er dir Ärger macht. Darüber müssen wir uns nicht unterhalten.“
Unsere Runde reagiert mit Schweigen auf diese unverblümte Zurschaustellung von Macht.
Gleichzeitig keimt Hoffnung auf. Unser Weg könnte frei sein, völlig ungestört. Stephen würde sich darum kümmern.
Dennoch würgt uns seine Gegenwart aus genau diesem Grund wie ein eisernes Halsband, schnürt den drolligen Restglauben an eine unabhängige Gerichtsbarkeit ab, den aufzugeben offensichtlich jedem noch so geschlagenen Menschen schwer fällt.
Celeste schluckt den Hinweis auf 'Sutres' Einfluss.
„Mein Revier dahingestellt“, setzt sie neu an. „Das lässt sich regeln, so oder so. Ich habe nicht mehr Mittel zur Untersuchung als jeder meiner Mitarbeiter. Sobald ich die Sache zu erfolgreich angehe, falle ich auf, aber ich denke, dass ich uns noch drei oder vier Tage verschaffen kann.“ Sie schaut Stephen an. „Da alles auf dich zurück läuft – was schlägst du vor?“
Ich möchte eingreifen.
Ich kann nicht.
Meine Einladung in den Obsidianturm hat mir noch einmal und endgültig vor Augen geführt, worin die Verfehlung von vier der fünf hier anwesenden Menschen wirklich liegt.
„Was Diablo will, ist unbekannt“, sagt Stephen. „Auch seine Fähigkeiten sind unbekannt. Wir tun sicher gut daran, anzunehmen, dass die Auszeit ihnen nichts anhaben konnte, und damit hat er Asanctar gegenüber einen Vorsprung.“ Er spricht leidenschaftslos von der Stadt, die rings um die Zitadelle ihre Nadelhäupter in den Himmel reckt. „Jamal Kwarang wird nicht allein bleiben.“
Der Name des Opfers zittert über uns nach. Nichts sagend. Alles sagend.
„Viel Zeit bleibt Diablo nicht. Und uns auch nicht“, macht Stephen weiter. „Sie werden auf ihn aufmerksam werden, und dann werden sie versuchen, ihn einzukesseln und zu jagen. Ohne Rücksicht auf Verluste.“
„Das kümmert dich doch gar nicht“, meldet sich Raoul zu Wort. Kein Vorwurf in seiner tiefen Stimme, nur verbissene Offenheit.
„Stimmt.“ Stephen lächelt ihm zerstreut zu. „Tut es nicht. Wir könnten den alten Haudegen auf Asanctar loslassen, zusehen, wie er es ausräuchert. Und ich wäre bestimmt nicht der Einzige, der seine helle Freude daran hätte.“
„Schließ nicht von dir auf Andere“, sage ich verlogen.
Er ignoriert mich. „Die Frage ist nicht, was wir für Asanctar wollen.“
Verhuschtes Schweigen.
Jeremiah bricht es. „Was willst du?“, fragt er Stephen.
Stephen entschließt sich, aufs Ganze zu gehen. Wenigstens kommt es mir so vor. Er legt allen verkrusteten Hass, alle Wut auf das nie erbetene Gnadengeschenk in einen einzigen Satz.
„Ihn töten, was sonst.“
Niemand atmet, ich spüre es.
„Mit sämtlichen Konsequenzen?“, hakt Jeremiah dann leise nach.
„Mit sämtlichen Konsequenzen.“
Der elegante Großunternehmer hat sich verabschiedet. Stephen, so wie ich ihn kannte, ersetzt ihn vorübergehend, wird wieder zum Heermeister, zum Fürsten seiner Klasse, und diese Verwandlung nimmt uns unter ihre Fittiche.
„Gut.“ Raoul nickt wie befreit. „Ich bin dabei.“
„Ich auch“, sagt Celeste. Ihre Stirn furcht sich, ihre Schläfen wirken plötzlich zart, eingefallen und dünn.
Jeremiah kaut auf seinem Stolz. Schließlich nickt er ebenfalls.
Ich bin die Letzte.
Vier Gesichter wenden sich mir zu.
„Klar“, hebe ich die Schultern, gleichzeitig verstimmt über meine Geste.
Doch der Ärger währt nicht lange. Er hat genauso wenig eine Chance wie wir.
Ich möchte mit der Schale eines Goldwäschers unter diese Blicke treten. Ich könnte so vieles auffangen, für das ich früher meine rechte Hand hingegeben hätte.
„Das wäre also beschlossen“, sagt Celeste matt. „Aber wie gehen wir vor? Ich kann mein Revier noch eine Weile an der Nase herumführen, doch wer sieht zu, dass uns keine anderen Organisationen ins Handwerk pfuschen?“
„Stephen“, lächelt Jeremiah ausdruckslos. Wieder ein seltsam unruhiger Blick zum Oberhaupt des geheimen, des wahren Asanctar.
„Übermorgen um dieselbe Zeit“, sagt Stephen, ohne ihn anzusehen. „Inzwischen werde ich mit Raouls und Elisas Unterstützung herausfinden, welche Motive Diablo über seine Wiedergeburt hinweg gerettet hat und ob die Stadt uns Knüppel zwischen die Beine werfen will. Störungen können wir uns nicht leisten.“
Raoul wehrt sich nicht gegen seine Verpflichtung. In mir allerdings regt sich ein empörtes Moment mal.
Später. Das ist nicht der richtige Ort.
„Gut“, anerkennt Celeste die Aufgabenverteilung. Doch dann setzt sie hinzu: „Ich weiß nicht... Ich kann es nicht mit mir vereinbaren.“ Sie schaut in die Runde, untypisch zögerlich.
„Nicht?“ Stephen stellt sein geleertes Glas auf dem kahlen Tisch ab. „Du wirst es müssen. Wir sind nicht hier, weil Asanctars Zukunft uns schlaflose Nächte bereitet. Ich brauche keine weitere Herausforderung. Ich könnte diese Stadt in Schutt und Asche legen und neu aufbauen, wenn ich wollte – menschliche und andere Rohstoffe und eine günstige Wirtschaftslage vorausgesetzt. Aber Asanctar interessiert mich nicht mehr. Diese Sache geht nur uns etwas an.“
Niemand fällt ihm ins Wort.
Stephen floriert im Bewusstsein der Tatsache, dass er Recht hat. Er hat oft Recht.
„Das ist unsere Chance“, sagt er. „Tyrael weilt inzwischen, weiß die Hölle, wo. Das ist die letzte und einmalige Gelegenheit dazu, ihm in den Hintern zu treten.“ Er macht eine kleine Pause. „Und dafür würde ich alles opfern. Alles.“
Stille.
Ich mustere Stephen aus verengten Augen. Ja, es ist ihm ernst mit dem, was er sagt.
„In Ordnung“, meint Celeste. „Zwei Tage. Aber Diablo ist eine magische Kreatur. So wie einige der hier Anwesenden.“ Sie hebt eine Braue. „Was ist mit den Suchern?“
„Lasst die Sucher meine Sorge sein“, sagt Stephen.
 
*copy and paste and print*

Kommentar folgt :D


Edit: Wenn ich das richtig verstehe, dann hast du uns soeben offenbart, wer der mysteriöse Typ ist, der unseren fünf Protagonisten dieses "ungewollte" Geschenkt gegeben hat?

Klasse Kapitel!
 
Von wegen Hinhaltekapitel... ich fand es interessant, mehr über die Verbindungen der einzelnen Personen zu erfahren - und frage mich ernsthaft, ob sie vor tausend Jahren auch so zerstritten waren?
Tausend Jahre.... so lange würde ich nicht leben wollen, egal wo. Kein wunder, dass sie dem Schuldigen dafür an die Wäsche wollen.

Bleibt nur zu sagen: wiedermal :top:
 
*fleissig les*

Sehr schönes Kapitel :top:
Mir gefällt das 5te Mitglied richtig gut :D
 
Sehr sehr nett :top:
Jetzt haben wir sie auch komplett (:
Freue mich schon auf das nächste Kapitel *freu* :D
 
Sorry ihr, im Moment ist das RL einfach wichtiger ;>
Genießt den Frühling!
LG, Reeba
 
Reeba schrieb:
Sorry ihr, im Moment ist das RL einfach wichtiger ;>
Genießt den Frühling!
LG, Reeba

Mit ein Grund weshalb ich regelmässig der Versuchung widerstehe, den Thread zu bumpen nur um zu wissen, wann der nächste Kapitel kommt.
Wenn keins kommt, wirst du es uns sicher wissen lassen. Ansonsten bleibt nur das Warten (laaaanges Warten *hint* *hint*...) :D
 
Schon ein dicker Hund, uns hier so hängen zu lassen... :no: ;)

Aber Scherz beiseite, RL geht nunmal vor. Immerhin fiel mir nach der Lektüre der bisherigen Kapitel von Tausend Jahre ein, daß ich Saqqara damals nicht ganz zu Ende gelesen hatte; der Abend war also gerettet :D Werde nun also mehr oder minder geduldig aufs nächste Kapitel warten, da bin ich ja nicht der einzige hier :) Weiter so!
 
Lordamul schrieb:
was sollen leute ohne rl den unternehmen^^

schlafen, futtern, filme jeglicher art? :>
btw. schau mal in deine sig und dann auf erstellerins nick :>

elchÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜ
me want apdäit

aber kann auch rl-bedingter weise noch warten :>
 
Ne ne, auf keinen Fall, aber das RL bleibt derzeit leider zu stressig. Ich möchte euch keinen Mist vorsetzen, also Geduld plz.
Übrigens haben mir 2 (?) Leute eine PM geschickt, die ich blöderweise gelöscht habe. Falls es wichtig war, bitte nochmals schreiben.
LG, Reeba
 
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