TwinYawgmoth
Champion des Hains, Storywriter of the Years
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Kapitel 63 - Seltsam super
Der Meister schreitet voran, auf die Wendeltreppe am Ende der Eingangshalle zu, welche nach unten führt. Pratham und ich können nur hinterherlaufen. Was ist denn jetzt nur in ihn gefahren? Pratham scheinen ähnliche Gedanken zu quälen; er rennt vor und hält den Meister auf, welcher sich mit erhobener Augenbraue und ausdruckslosem Blick umdreht.
"Boss, ich verstehe jetzt nicht ganz, was du gegen Kaelan hattest...aber findest du nicht, dass das ein wenig überreagiert war?"
Der Meister überlegt kurz, dann dreht er sich um und geht die Treppe hinab.
"Nein."
Ich verstehe ja, was ihn motiviert hat, dies zu tun - Kaelans Tötung seines damals einzigen Freundes hat ihn in diese tiefe Verzweiflung gestürzt, was ihn in die Wüste trieb, wo er wurde, was er ist...
Gefällt ihm diese Rolle so schlecht? Das bezweifle ich. Ich denke, ihm ging es bei seiner Rache heute rein ums Prinzip. Griez' Euthanasie können wir beide ruhigen Gewissens als Gnade werten; alle Alternativen wären weit grausamer gewesen. Dennoch, wie wenig der Meister zögerte...der Gedanke, wie sehr Griez das verdient hatte, war sicher wenn nicht im Vordergrund, dann zumindest vorhanden. Bei Kaelan zu argumentieren, dass er uns im Weg stand und im Sinne der Mission sterben musste, wäre eine Selbsttäuschung. Ich war mehr als bereit, ihn schlicht ohnmächtig zu schlagen. Wie weit der Meister gegangen ist, war rein seine Entscheidung. Ob im Affekt oder nicht, spielt für mich jetzt weniger eine Rolle; ich bin kein Richter, ich denke hier über das Moralische nach. Und darüber, wie die Moral des Meisters mich betrifft.
Irgendwann wird er seine Naivität und Unschuld - relativ, jeweils - verlieren müssen, das ist klar; und in letzter Zeit hat sich das abgezeichnet. Aber wenn solche Handlungen auch nur das Ende der Entwicklung sind...dann gehört die zurückgeschraubt. Wenn es noch weitergeht... dann werde ich ihm recht bald den Kopf gehörig zurechtrücken müssen.
Unten ist Alles friedlich. Wenngleich chaotisch. Viele Kissen liegen wild durcheinander. Öllampen sind zerbrochen, ihr Inhalt auf dem Boden verteilt. Teppiche zerrissen. Der einstige Luxus ist geschändet. Hier unten hat es Jerhyn garantiert gefallen. Viel Marmor, Säulen, Seide, Samt, Prunk, Pomp, Dekadenz; jetzt gehört hier erst einmal eine Weile geputzt, und ich gönne ihm das.
Der erste Stock des Harems - das Erdgeschoß des Palastes, die Eingangshalle war ja erhöht - ist nicht allzu groß, wie sie, und mehr als zwei Treppen nach unten, links eine gewendelte, rechts eine normale, gibt es hier nicht. Vermutlich eine Art...Ausstellungsraum...mit dem Jerhyn angeben konnte.
Der Meister hat in der Mitte des Raumes diesen bereits mit den Augen erfasst. Jetzt wirbelt er auf dem Absatz herum und deutet nach rechts.
"Da sehen wir das Ende besser. Golem, voran, Pratham, Nachhut."
Ich schreite die Treppe herab. Der Raum an ihrem Ende sieht eigentlich so friedlich aus wie das Erdgeschoß - nur ein wenig schummriger beleuchtet ist es hier.
Ich betrete den Raum. Er ist recht klein, quadratisch, und zwei der Wände haben eine Gittertür in der Mitte...wie im Gefängnis.
Gerade, als der Meister und Pratham neben mich treten, fällt mir auf, dass der Raum doch nicht so friedlich ist.
Die Stäbe der Tür links von der Treppe haben die Leiche einer Palastwache durchbohrt, die so halb in diesem Raum liegt, halb im nächsten...
Der Meister tritt näher und inspiziert die Szenerie.
"Wie zum Teufel haben die das geschafft?"
Hm...Tür ausgehängt...wobei, eigentlich will ich mir das gar nicht vorstellen. Der Meister schüttelt den Kopf, zuckt mit den Schultern, und erschafft ein Skelett aus der Leiche. Die noch flüssigen Knochen fließen um die Türstäbe herum und formen ein stehendes Skelett auf unserer Seite. Säbel, kleiner Schild - Spitzhelm? Keine Knochenhörner mehr? Hat der Meister wieder am Modell geschraubt? Ich sehe ihn an. Sein Gesicht ist eine Maske der Verwunderung. Er tritt auf das Knochengestell zu und streicht über dessen Substanz. Nach einer Weile zuckt er mit den Schultern.
"Ich werd auch immer besser...wir nehmen diese Tür."
Die, in der keine Leiche lag? Logisch. Aber wieder...ein wenig Respekt vor den Toten, ja?
Wobei, ich vergaß. Der Meister hat schlicht keinen Respekt...vor Palastwachen. Oder gibt er dem Toten die Gelegenheit, sich an seinen Peinigern zu rächen? Wie üblich sich die Motive unergründlich...
"Golem, mach mal die Tür auf und lass den Dünnen hier durchgehen."
Ich stoße das Gitter von der Seite auf und lasse das Skelett höflich voran. Es erreicht die Mitte des Raumes und bleibt, sicher auf ungesprochenen Befehl hin, stehen. Nichts passiert.
"Solange wir nicht wissen, was uns erwartet, bin ich lieber vorsichtig...Golem, du bitte."
Ich schreite, gespannt wie ein Flitzebogen, aber äußerlich ruhig, in den nächsten, doppelt so großen und entsprechend rechteckigen Raum. Er ist leer, außer einem Skelett und zwei Leichen...Frauen, leicht bekleidet, aber weit mehr mit Blut als mit Stoff bedeckt. Einer fehlt ein Arm, der anderen der Kopf. Ich winke den Meister nach. Er und Pratham kommen.
"Gott...die armen Mädchen...die verdienen eine ordentliche Bestattung...aber denken wir über was Anders nach. Geht es zum Keller eher geradeaus oder in die Mitte des Untergeschoßes?"
Er lehnt sich an eine leicht blutbespritzte Wand und schaut uns fragend mit verschränkten Armen an. Pratham und ich wechseln Blicke.
Gleichzeitig deute ich auf die Tür, die der gegenüberliegt, durch die wir gekommen sind - also weiter die Außenwand entlang - und Pratham auf die andere, die mehr in die Mitte des zweiten Haremsstockwerks führt.
Der Meister wendet seinen Blick kurz augenrollend zur Decke, dann nacheinander auf uns.
"In Ordnung. Gründe für euere Entscheidungen?"
Ich hebe die Hand, um zuerst "sprechen" zu können; dann ritze ich eine grobe Skizze in die Fließen. Ein Raum mit vier Türen - drei Möglichkeiten, angegriffen zu werden. Einer mit drei - zwei, da wir durch eine Tür ja kommen.
Der Meister nickt.
"Logisch, und nebenbei waren die Treppen oben ja auch an den Wänden und nicht in der Mitte. Warum also dahin, Pratham?"
Er zuckt mit den Schultern.
"Der Raum geradeaus hat keinen Ausgang."
Der Meister stutzt, starrt gemeinsam mit mir durch die Gittertür und lässt dann den Kopf hängen.
"Alles klar, Fakten schlagen Planung. Nach links geht es weiter. Tür, Skelett."
Ich wiederhole das Prozedere vom letzten Mal. Das Skelett schreitet voran...in die Mitte des Raumes...ich beuge mich ein wenig vor, um es besser zu sehen...
Aus allen drei Türen, die der Raum außer der gerade durchschrittenen hat, zischen Pfeile auf es zu. Ich reiße meinen Kopf zurück, als mehrere durch Rippenbögen hindurch auf ihn zuzischen. Sie fluktuieren, weißlich leuchtend - sie sind von Blitzen überzogen! Der Meister und Pratham starren auf die Vielzahl von ihnen, die, an die Wand geprallt, auf dem Boden liegen.
Ich rufe mir das Bild ins Gedächtnis, das ich noch gesehen habe, bevor ich mich hastig zurückzog; pechschwarze Horror-Skelette, mit Bögen bewaffnet, hinter jeder Tür, eine wahre Barrage aus Blitzen loslassend.
Das Skelett stolpert, ein wenig gebeutelt und versengt, durch die Tür zurück. Der Meister starrt es an, wie ich überrascht von dieser Widerstandsfähigkeit; aber gut, das ist uns ja nur Recht. Viel wichtiger ist: wie kommen wir hier weiter?
Der Meister zieht uns von der Tür weg.
"Zurück. Umweg. Wir fallen ihnen in den Rücken."
Das ist wohl schau, ja. Hier können wir nicht durchgehen. Zumindest nicht ohne Skelette!
In ersten Raum des ersten Untergeschoßes staksen wir über die Leichenteile, die die Erschaffung des Skeletts zurückgelassen hat; dieses steigt natürlich bedenkenlos durch seine frühere Hülle.
Der nächste Raum ist auch leer, diesmal sogar ohne Leichen. Er hat nur eine Tür, gegenüber der Eingangstür, und ist von gleicher Größe wie der erste, ebenso quadratisch. Hinter dieser einen Tür allerdings...
Ein sandfarbenes Monster starrt auf uns herab. Schlank, vier Arme, genausoviele Säbel; der bekannte Archetypus des Plünderers. Dieser Eindringling allerdings lässt jetzt seine Waffen nach kurzem Zauber rot anlaufen; der Rest seines Körpers folgt. Genauso wie damals in der Kanalisation...
Die Tür fliegt aus den Angeln, als er sie eintritt, sich hindurchduckt und unsere Gruppe anbrüllt. Mehr von ihnen verzaubern sich. Verstärker Schaden erscheint. Ich zögere nicht und schnelle vor, unter den vier Armen durch und zwischen den Beinen. Ich durchbohre den völlig überraschten Eindringling hinter dem ersten - und ich habe richtig gesehen, auch dieser ist noch im Radius der Verfluchung gewesen - während das Skelett erbarmungslos den abgelenkten, auch verfluchten, anfällt. Zwei Körper verlieren ihre rote Färbung und gleich darauf ihr Fleisch; zwei Wächter drängen durch die Masse der Gegner in den Raum dahinter und etablieren einen Brückenkopf; das normale Skelett stürmt vor, schlägt um sich und steckt Gegenhiebe ziemlich unbeeindruckt weg, bis doch noch ein konzertierter Angriff es zerspringen lässt. Ich ziehe mir eine Verbrennung zu, als ich vor Klingen auf einmal nicht mehr ausweichen kann; also, Zähne zusammenbeißen, ich fange die zwei linken mit meinem Arm auf, entwaffne den oberen rechten Gegnerarm, der Wächter vor mir zerschmettert den unteren rechten, und meine linke Hand steckt gleich darauf ungehindert ihre Klauen bis zum Schaft in die Gegnerbrust.
Meine Wunden heilen.
Pratham steht jetzt hinter mir, Aura an, er durchbohrt hinter dem Schutz des zweiten Wächters mit seiner höheren Reichweite noch einen Gegner - oh, mit Kaelans Speer! - natürlich, in Haft hatte er keine Waffen dabei...da explodieren sehr schnell hintereinander zwei Leichen - gar keine Pause mehr? - und Stille senkt sich nieder.
Jetzt erst betritt der Meister den Raum, links und rechts von ihm erheben sich die Toten, ihm zu dienen...da hält er inne.
"Lief ja eigentlich super - aber ist das nicht einer der Räume, aus denen geschossen wurde?"
Ich lasse meinen Blick zur Tür rechts des Eingangs wandern...dort liegen diverse schwarze Knochenstücke und Bögen auf einem unordentlichen Haufen. Der Meister misst die Entfernung vom Kampf mit den Eindringlingen bis hin zu den zerlegten Horrors mit Schritten ab. Dann kratzt er sich am Kopf.
"So groß ist der Explosionsradius? Nicht schlecht...tja...ah!"
Ein Skelett springt vom Boden auf, ein Schild bläht sich aus einem Arm auf...und verfestigt sich um einen Pfeil, der von gegenüber herangeflogen kam, dessen Flugbahn ihn im Meister hätte stecken lassen.
Dieser zieht den neuen Wächter an der Wirbelsäule zurück, während weitere Pfeile auf ihn einprasseln. Das Schild hält alle auf.
Mehr Skelette entstehen weiß aus schwarzen; offenbar ist es dem Meister nicht möglich, diese Skelette einfach als unsere zu verwenden. Wir brauchen aber auch keine Bogenschützen. Ein Magier entsteht und flüchtet sofort aus der Schusslinie, noch einer...der Meister hält den Stab nach oben. Dann...erschafft er einen dritten.
Jetzt stehen vor uns vier Wächter, drei normale Skelette und drei Magier. Ich starre den Meister fragend an.
Der zuckt mit den Schultern.
"Frag mich nicht, ich glaub, ich bin heut einfach richtig gut in Form...ach ja, Plan: Ich will wirklich an die ursprüngliche Wand zurück. Also gehen wir da jetzt einfach durch, die Wächter werden uns schützen."
Der Meister schreitet voran, auf die Wendeltreppe am Ende der Eingangshalle zu, welche nach unten führt. Pratham und ich können nur hinterherlaufen. Was ist denn jetzt nur in ihn gefahren? Pratham scheinen ähnliche Gedanken zu quälen; er rennt vor und hält den Meister auf, welcher sich mit erhobener Augenbraue und ausdruckslosem Blick umdreht.
"Boss, ich verstehe jetzt nicht ganz, was du gegen Kaelan hattest...aber findest du nicht, dass das ein wenig überreagiert war?"
Der Meister überlegt kurz, dann dreht er sich um und geht die Treppe hinab.
"Nein."
Ich verstehe ja, was ihn motiviert hat, dies zu tun - Kaelans Tötung seines damals einzigen Freundes hat ihn in diese tiefe Verzweiflung gestürzt, was ihn in die Wüste trieb, wo er wurde, was er ist...
Gefällt ihm diese Rolle so schlecht? Das bezweifle ich. Ich denke, ihm ging es bei seiner Rache heute rein ums Prinzip. Griez' Euthanasie können wir beide ruhigen Gewissens als Gnade werten; alle Alternativen wären weit grausamer gewesen. Dennoch, wie wenig der Meister zögerte...der Gedanke, wie sehr Griez das verdient hatte, war sicher wenn nicht im Vordergrund, dann zumindest vorhanden. Bei Kaelan zu argumentieren, dass er uns im Weg stand und im Sinne der Mission sterben musste, wäre eine Selbsttäuschung. Ich war mehr als bereit, ihn schlicht ohnmächtig zu schlagen. Wie weit der Meister gegangen ist, war rein seine Entscheidung. Ob im Affekt oder nicht, spielt für mich jetzt weniger eine Rolle; ich bin kein Richter, ich denke hier über das Moralische nach. Und darüber, wie die Moral des Meisters mich betrifft.
Irgendwann wird er seine Naivität und Unschuld - relativ, jeweils - verlieren müssen, das ist klar; und in letzter Zeit hat sich das abgezeichnet. Aber wenn solche Handlungen auch nur das Ende der Entwicklung sind...dann gehört die zurückgeschraubt. Wenn es noch weitergeht... dann werde ich ihm recht bald den Kopf gehörig zurechtrücken müssen.
Unten ist Alles friedlich. Wenngleich chaotisch. Viele Kissen liegen wild durcheinander. Öllampen sind zerbrochen, ihr Inhalt auf dem Boden verteilt. Teppiche zerrissen. Der einstige Luxus ist geschändet. Hier unten hat es Jerhyn garantiert gefallen. Viel Marmor, Säulen, Seide, Samt, Prunk, Pomp, Dekadenz; jetzt gehört hier erst einmal eine Weile geputzt, und ich gönne ihm das.
Der erste Stock des Harems - das Erdgeschoß des Palastes, die Eingangshalle war ja erhöht - ist nicht allzu groß, wie sie, und mehr als zwei Treppen nach unten, links eine gewendelte, rechts eine normale, gibt es hier nicht. Vermutlich eine Art...Ausstellungsraum...mit dem Jerhyn angeben konnte.
Der Meister hat in der Mitte des Raumes diesen bereits mit den Augen erfasst. Jetzt wirbelt er auf dem Absatz herum und deutet nach rechts.
"Da sehen wir das Ende besser. Golem, voran, Pratham, Nachhut."
Ich schreite die Treppe herab. Der Raum an ihrem Ende sieht eigentlich so friedlich aus wie das Erdgeschoß - nur ein wenig schummriger beleuchtet ist es hier.
Ich betrete den Raum. Er ist recht klein, quadratisch, und zwei der Wände haben eine Gittertür in der Mitte...wie im Gefängnis.
Gerade, als der Meister und Pratham neben mich treten, fällt mir auf, dass der Raum doch nicht so friedlich ist.
Die Stäbe der Tür links von der Treppe haben die Leiche einer Palastwache durchbohrt, die so halb in diesem Raum liegt, halb im nächsten...
Der Meister tritt näher und inspiziert die Szenerie.
"Wie zum Teufel haben die das geschafft?"
Hm...Tür ausgehängt...wobei, eigentlich will ich mir das gar nicht vorstellen. Der Meister schüttelt den Kopf, zuckt mit den Schultern, und erschafft ein Skelett aus der Leiche. Die noch flüssigen Knochen fließen um die Türstäbe herum und formen ein stehendes Skelett auf unserer Seite. Säbel, kleiner Schild - Spitzhelm? Keine Knochenhörner mehr? Hat der Meister wieder am Modell geschraubt? Ich sehe ihn an. Sein Gesicht ist eine Maske der Verwunderung. Er tritt auf das Knochengestell zu und streicht über dessen Substanz. Nach einer Weile zuckt er mit den Schultern.
"Ich werd auch immer besser...wir nehmen diese Tür."
Die, in der keine Leiche lag? Logisch. Aber wieder...ein wenig Respekt vor den Toten, ja?
Wobei, ich vergaß. Der Meister hat schlicht keinen Respekt...vor Palastwachen. Oder gibt er dem Toten die Gelegenheit, sich an seinen Peinigern zu rächen? Wie üblich sich die Motive unergründlich...
"Golem, mach mal die Tür auf und lass den Dünnen hier durchgehen."
Ich stoße das Gitter von der Seite auf und lasse das Skelett höflich voran. Es erreicht die Mitte des Raumes und bleibt, sicher auf ungesprochenen Befehl hin, stehen. Nichts passiert.
"Solange wir nicht wissen, was uns erwartet, bin ich lieber vorsichtig...Golem, du bitte."
Ich schreite, gespannt wie ein Flitzebogen, aber äußerlich ruhig, in den nächsten, doppelt so großen und entsprechend rechteckigen Raum. Er ist leer, außer einem Skelett und zwei Leichen...Frauen, leicht bekleidet, aber weit mehr mit Blut als mit Stoff bedeckt. Einer fehlt ein Arm, der anderen der Kopf. Ich winke den Meister nach. Er und Pratham kommen.
"Gott...die armen Mädchen...die verdienen eine ordentliche Bestattung...aber denken wir über was Anders nach. Geht es zum Keller eher geradeaus oder in die Mitte des Untergeschoßes?"
Er lehnt sich an eine leicht blutbespritzte Wand und schaut uns fragend mit verschränkten Armen an. Pratham und ich wechseln Blicke.
Gleichzeitig deute ich auf die Tür, die der gegenüberliegt, durch die wir gekommen sind - also weiter die Außenwand entlang - und Pratham auf die andere, die mehr in die Mitte des zweiten Haremsstockwerks führt.
Der Meister wendet seinen Blick kurz augenrollend zur Decke, dann nacheinander auf uns.
"In Ordnung. Gründe für euere Entscheidungen?"
Ich hebe die Hand, um zuerst "sprechen" zu können; dann ritze ich eine grobe Skizze in die Fließen. Ein Raum mit vier Türen - drei Möglichkeiten, angegriffen zu werden. Einer mit drei - zwei, da wir durch eine Tür ja kommen.
Der Meister nickt.
"Logisch, und nebenbei waren die Treppen oben ja auch an den Wänden und nicht in der Mitte. Warum also dahin, Pratham?"
Er zuckt mit den Schultern.
"Der Raum geradeaus hat keinen Ausgang."
Der Meister stutzt, starrt gemeinsam mit mir durch die Gittertür und lässt dann den Kopf hängen.
"Alles klar, Fakten schlagen Planung. Nach links geht es weiter. Tür, Skelett."
Ich wiederhole das Prozedere vom letzten Mal. Das Skelett schreitet voran...in die Mitte des Raumes...ich beuge mich ein wenig vor, um es besser zu sehen...
Aus allen drei Türen, die der Raum außer der gerade durchschrittenen hat, zischen Pfeile auf es zu. Ich reiße meinen Kopf zurück, als mehrere durch Rippenbögen hindurch auf ihn zuzischen. Sie fluktuieren, weißlich leuchtend - sie sind von Blitzen überzogen! Der Meister und Pratham starren auf die Vielzahl von ihnen, die, an die Wand geprallt, auf dem Boden liegen.
Ich rufe mir das Bild ins Gedächtnis, das ich noch gesehen habe, bevor ich mich hastig zurückzog; pechschwarze Horror-Skelette, mit Bögen bewaffnet, hinter jeder Tür, eine wahre Barrage aus Blitzen loslassend.
Das Skelett stolpert, ein wenig gebeutelt und versengt, durch die Tür zurück. Der Meister starrt es an, wie ich überrascht von dieser Widerstandsfähigkeit; aber gut, das ist uns ja nur Recht. Viel wichtiger ist: wie kommen wir hier weiter?
Der Meister zieht uns von der Tür weg.
"Zurück. Umweg. Wir fallen ihnen in den Rücken."
Das ist wohl schau, ja. Hier können wir nicht durchgehen. Zumindest nicht ohne Skelette!
In ersten Raum des ersten Untergeschoßes staksen wir über die Leichenteile, die die Erschaffung des Skeletts zurückgelassen hat; dieses steigt natürlich bedenkenlos durch seine frühere Hülle.
Der nächste Raum ist auch leer, diesmal sogar ohne Leichen. Er hat nur eine Tür, gegenüber der Eingangstür, und ist von gleicher Größe wie der erste, ebenso quadratisch. Hinter dieser einen Tür allerdings...
Ein sandfarbenes Monster starrt auf uns herab. Schlank, vier Arme, genausoviele Säbel; der bekannte Archetypus des Plünderers. Dieser Eindringling allerdings lässt jetzt seine Waffen nach kurzem Zauber rot anlaufen; der Rest seines Körpers folgt. Genauso wie damals in der Kanalisation...
Die Tür fliegt aus den Angeln, als er sie eintritt, sich hindurchduckt und unsere Gruppe anbrüllt. Mehr von ihnen verzaubern sich. Verstärker Schaden erscheint. Ich zögere nicht und schnelle vor, unter den vier Armen durch und zwischen den Beinen. Ich durchbohre den völlig überraschten Eindringling hinter dem ersten - und ich habe richtig gesehen, auch dieser ist noch im Radius der Verfluchung gewesen - während das Skelett erbarmungslos den abgelenkten, auch verfluchten, anfällt. Zwei Körper verlieren ihre rote Färbung und gleich darauf ihr Fleisch; zwei Wächter drängen durch die Masse der Gegner in den Raum dahinter und etablieren einen Brückenkopf; das normale Skelett stürmt vor, schlägt um sich und steckt Gegenhiebe ziemlich unbeeindruckt weg, bis doch noch ein konzertierter Angriff es zerspringen lässt. Ich ziehe mir eine Verbrennung zu, als ich vor Klingen auf einmal nicht mehr ausweichen kann; also, Zähne zusammenbeißen, ich fange die zwei linken mit meinem Arm auf, entwaffne den oberen rechten Gegnerarm, der Wächter vor mir zerschmettert den unteren rechten, und meine linke Hand steckt gleich darauf ungehindert ihre Klauen bis zum Schaft in die Gegnerbrust.
Meine Wunden heilen.
Pratham steht jetzt hinter mir, Aura an, er durchbohrt hinter dem Schutz des zweiten Wächters mit seiner höheren Reichweite noch einen Gegner - oh, mit Kaelans Speer! - natürlich, in Haft hatte er keine Waffen dabei...da explodieren sehr schnell hintereinander zwei Leichen - gar keine Pause mehr? - und Stille senkt sich nieder.
Jetzt erst betritt der Meister den Raum, links und rechts von ihm erheben sich die Toten, ihm zu dienen...da hält er inne.
"Lief ja eigentlich super - aber ist das nicht einer der Räume, aus denen geschossen wurde?"
Ich lasse meinen Blick zur Tür rechts des Eingangs wandern...dort liegen diverse schwarze Knochenstücke und Bögen auf einem unordentlichen Haufen. Der Meister misst die Entfernung vom Kampf mit den Eindringlingen bis hin zu den zerlegten Horrors mit Schritten ab. Dann kratzt er sich am Kopf.
"So groß ist der Explosionsradius? Nicht schlecht...tja...ah!"
Ein Skelett springt vom Boden auf, ein Schild bläht sich aus einem Arm auf...und verfestigt sich um einen Pfeil, der von gegenüber herangeflogen kam, dessen Flugbahn ihn im Meister hätte stecken lassen.
Dieser zieht den neuen Wächter an der Wirbelsäule zurück, während weitere Pfeile auf ihn einprasseln. Das Schild hält alle auf.
Mehr Skelette entstehen weiß aus schwarzen; offenbar ist es dem Meister nicht möglich, diese Skelette einfach als unsere zu verwenden. Wir brauchen aber auch keine Bogenschützen. Ein Magier entsteht und flüchtet sofort aus der Schusslinie, noch einer...der Meister hält den Stab nach oben. Dann...erschafft er einen dritten.
Jetzt stehen vor uns vier Wächter, drei normale Skelette und drei Magier. Ich starre den Meister fragend an.
Der zuckt mit den Schultern.
"Frag mich nicht, ich glaub, ich bin heut einfach richtig gut in Form...ach ja, Plan: Ich will wirklich an die ursprüngliche Wand zurück. Also gehen wir da jetzt einfach durch, die Wächter werden uns schützen."