Kapitel 16 – Sie leben wieder
„Dann führ mich mal zu Radament. Und keine Tricks, sonst vergesse ich mich womöglich, und das wäre – leider – für uns beide schmerzhaft!“
Was? Das kann er doch nicht immer noch wollen? Hat er nicht gerade etwas gelernt?
Ich muss wohl sagen, dass er Nichts gelernt hat. Er will immer noch seine sinnlose Rache vollziehen, die ihn nur den Kopf kosten wird.
„Los jetzt.“
Schon gut. Das heißt, eigentlich nicht. Aber mir wird etwas einfallen. Ist mir bis jetzt immer.
Radament wird sich kaum ärgern, dass seine Katzenalliierten tot sind...oder geflohen. Wohin wohl? Ich schätze, wir werden sie wiedersehen. Er wird sich eher ärgern, dass ich doch nicht auf seiner Seite bin, wobei, wenn sein Plan sowieso war, dass die lebenden Krieger an uns scheitern, dann sollte ihn das nicht besonders wundern. Im Gegenteil, er wird darauf gesetzt haben.
Dass ich ihn verrate. Dass ich den Meister nicht verrate. Hm...
Hm...
Oh, das wäre eine Möglichkeit. Oh, aber was für eine riskante!
Hoffentlich muss ich sie nicht versuchen, aber wenn es dazu kommt, bin ich bereit.
Mit neuer Belebheit schreite ich unserer Konfrontation mit dem Herrn der Untoten entgegen.
Als wir in dem Gang sind, der quer zu Radaments Raum liegt, hebe ich die Hand, und deute um die Ecke.
Der Meister schiebt seinen Kopf herum.
Er zuckt zurück.
„Verdammt, hättest du mir nicht sagen können, wie viele das sind?“
Ich schüttele den Kopf. Wie auch? Wenigstens flüstert er. Er macht ein zerknirschtes Gesicht.
„Na super. Aber das ist kein Problem, wir haben ja einen Massenkiller. Mich. Wenn diese Untoten so dämlich sind wie die, die ich bisher schon getroffen habe – und davon gehe ich mal aus, sonst wird das Nichts – können wir wieder Skelette von mir einschleusen. Was hindert uns daran, den Tristram – Trick noch einmal einzusetzen?“
Ein intelligenter Anführer, der sich mit ihnen doch recht gut auskennt? Aber ich sehe schon wieder, mit dem Meister jetzt zu argumentieren zu versuchen – ohne Worte! – ist völlig sinnlos.
Mehr als scheitern kann der Plan nicht.
Also schlendern zwei Skelette nach kurzer Zeit wie selbstverständlich um die Ecke. Da dröhnt Radaments Stimme. Der Meister zuckt zusammen, als er sie hört.
„Schau an, wer ist das? Zeigt sich mein Kollege? Ein Lebender ist er, oh ja! Ihr wisst, was das bedeutet, Diener. Zerstört sie, sucht ihn, bringt ihn zu mir!“
Kurz darauf erklingt das Geräusch von Stahl und Pfeil auf Knochen, das ich schon kenne. Der Meister und ich tauschen Blicke, und ich gestikuliere mit den Händen: Lauf!
Aber er denkt nicht daran! Was hat ihn nur gepackt? Ruhig tritt er an mir vorbei, und ist nun sichtbar für alle Untoten in dem Raum.
Weil es sowieso schon egal ist, trete ich neben ihn. Radament lacht.
„Der Narr ist viel zu mutig. Und sein Spielzeug hat er auch dabei. Ich frage mich, ob das Spielzeug gewusst hat, dass ich von ihm nichts Anderes erwartet hätte? Ich frage mich...ob sein Meister die nächsten paar Minuten überleben wird?“
Die Untoten stürmen vor, auf unsere lächerlichen drei Skelette zu, denn die beiden von der Vorhut sind längst Staub.
Da überzieht ein Lächeln die Züge des Meisters, kalt und hämisch. Als er den Stab hebt, erscheinen Flämmchen über den Köpfen zweier Mumien, und als ein lauter Knall ertönt, wird mir klar, was der Meister vorhatte.
Natürlich sind unsere beiden Skelette nicht einfach so niedergemacht worden. Natürlich haben sie vor ihrem endgültigen Tod noch welche von ihnen mitgenommen.
Und diese explodieren nun, drei Mal fegt die Kadaverexplosion Untote von den Beinen, bis die Hälfte unbeweglich auf dem Boden liegt. Der Meister grinst.
„Übung macht den Meister. Na, immer noch so zuversichtlich, Radament?“
Und dieser lacht. Und hebt die Hand.
Und eine Mumie steht wieder auf. Und er hebt die Hand erneut. Und noch eine Mumie steht wieder auf. Und ein Skelett.
Er belebt die Untoten wieder. Aus der Ferne. Der Meister starrt auf das Spektakel. Und Radaments Grabeshauch ertönt erneut.
„Du kannst nicht gewinnen, denn wir sind nicht tot...
Wir leben wieder!“
Der Meister verzieht das Gesicht zu einer Grimasse der Wut.
„Angriff!“
Radaments Gegenbefehl ist ähnlich kurz.
„Lasst ihn leben!“
Und was ist mit mir? Und wie soll ich mich jetzt verhalten?
Ich habe immer noch meinen eigenen Plan, aber dann sollte ich womöglich nicht gleich in den Kampf voll einsteigen. Ich trete ein wenig zögerlich vor...und spüre eine Hand auf meiner Schulter. Der Meister sieht mich an.
„Du bleibst hier und schützt mich.“
Glück muss der Golem haben. Die Skelette hingegen stürzen sich einer mehr als vierfachen Anzahl untoter Kollegen entgegen, und schon erstarrt das erste in einer Eiswolke, von einem Magier aus der zweiten Reihe abgefeuert. Doch kaum fällt einer von ihnen unter den kombinierten Schwerthieben von unseren zwei verbleibenden, wird er für uns wiedererweckt.
Eine Weile zieht sich die Schlacht hin, gruselig ruhig trotz des Klirrens von Schwertern und des Klapperns von Knochen, kein Kombattant gibt einen Laut von sich. Abgehackte Gliedmaßen stören weder Mumien noch Skelette, und ersterer Stöhnen ist eine schaudern lassende Untermalung des blutlosen Schlachtens.
Langsam, langsam drängen wir die Gegner zurück. Die Hälfte der frischen Gegnerleichen wird von Radament wiederbelebt, aber auch die Hälfte vom Meister gesprengt oder skelettiert. Und da unsere keine Leichen hinterlassen, verschiebt sich das Gleichgewicht allmählich auf unsere Seite.
Radament und der Meister sind voll konzentriert, damit beschäftigt, zu beleben und zu fluchen und zu sprengen.
Da fällt mir etwas auf. Radament hat etwas mehr Aufwand beim Beleben, weil eine Explosion gleich drei, vier Untote mit sich reißt; aber der Meister muss eben auch noch fluchen und sprengen, und gerade eine Sprengung scheint ihn viel Mana zu kosten.
Er hat schon zwei Tränke getrunken, und gerade sind wir bei einem Verhältnis von zwei zu eins gegen uns angelangt. Ein Trank ist noch in seinem Gürtel. Ich sehe ihn an, reiße die Hände in einer Explosionsimitation auseinander, und schüttle den Kopf.
Müde nickt er, Schweißperlen auf der Stirn; aber kommt mein Rat zu spät?
Oder ist es egal? Radament hat jetzt mehr Gelegenheit, seine Leute wiederzubeleben, und die Skelette sterben nicht schnell genug, um durch neue ersetzt zu werden, dabei den Gegnern eine Leiche stehlend. Der Kampf wird fast zum Stillstand, wenn nicht ab und zu eines der unseren fallen würde...
Der Meister trinkt den letzten Trank. Nein!
Da flucht er wieder. Warum? Zwei Mal. Drei Mal. Vier Mal! Auf einmal sind alle Gegner verflucht.
Und der erste fällt zusammen. Und er wird gesprengt. Und noch eine Explosion erfüllt den Raum. Und noch eine. Und noch eine.
Und siehe da, alle Gegner liegen endgültig tot am Boden.
Der Meister für seinen Teil fällt auf die Knie, vor Anstrengung keuchend.
Vier Skelette von uns rennen auf Radament zu.
„Tötet ihn.“
Flüstert der Meister, und sie versuchen es. Sie heben die Schwerter, Knüppel, Axte, und...
Radament atmet aus. Der grüne Hauch, den ich schon kenne, schließt unsere Knochenkrieger ein.
Sie werden grünlich, aber Nichts passiert! Ist das wieder ein Gifteffekt? Wenn ja, dann sollten sie schnell ihren Job beenden.
Radament ist jedenfalls überrascht. Er zuckt zurück, als die Skelette ihre Schläge beenden, und eines ihm ein großes Loch in den Bauch reißt, woraus vertrocknete Eingeweide quellen.
„Wie ist das möglich...?“
Ha, die erhöhte Beherrschungsfähigkeit des Stabes hat den Skeletten genug Widerstandskraft verliehen, um vorerst zu überleben! Damit hat er nicht gerechnet!
Da stürzt eine Figur hinter ihm hervor, schnell, agil, fast ein Blitz gegen die Langsamkeit der Untoten. Und sie reißt ein Skelett um, das gerade noch einmal zuschlagen wollte, und ein zweites kommt auch nicht dazu, Radament zu treffen...
Und sie zerfallen nacheinander zu Staub.
Radament starrt verblüfft den Blitz an. Dann lacht er.
„Wer hätte das gedacht, dass sich meine Verbündeten tatsächlich als nützlich erweisen könnten?“
Und in der Tat, es ist die Katzenkriegerin, die ihn gerettet hat! Nein!
Der Meister funkelt mich an.
„Mitleid und Toleranz, was?“
Radament belebt Untote wieder, als der Meister seinen Blick auf ihn richtet.
„Es ist mir egal, wie viele Krieger du gegen mich ins Feld führst. Ich werde sie alle als Skelette wiederbeleben, und dann tötet dich mein Golem!“
Und er hebt seinen Stab, um eine noch tote Leiche auf seine Seite zu bringen – scheinbar hat er sich ein wenig erholt.
Verdammt, die Katzenfrau macht meinen Plan unmöglich! Und ich habe sie gerettet...wie dumm ich war.
Als ich ihr in die Augen sehe, um sie anzufunkeln, wie es der Meister immer mit mir macht, wenn ich ihn enttäusche, schließt sie eines. Was...?
Nein, keine Zeit zum Nachdenken. Ich muss es wagen. Entweder ich verwirkliche meinen Plan jetzt, oder nie.
Ich packe seinen Arm, und drehe sein Handgelenk. Schmerz durchfährt mein eigenes, aber er lässt den Stab fallen, den ich wegtrete. Ich packe seine Ellbogen, nehme die Arme zusammen auf seinem Rücken zusammen, und mit der anderen Hand fasse ich ihn am Hals, vorsichtig, damit die Klauen ihm nicht weh tun.
„Was zum...GOLEM! Bist du wahnsinnig geworden?“
Nein, das ist kalte Berechnung. Aber mach nur mit, dann geht mein Plan besser auf.
„Lass mich los, was soll das? Wir machen ihn fertig, wir rächen meine Eltern!“
Wieder lacht Radament sein tiefes Gruftgelächter.
„Na, was ist das? Ist der große Totenbeschwörer von seinem geringsten Diener verraten worden? Sag bloß, Golem, du hast eigene Pläne gehabt?“
Ich nicke. Und lüge nicht.
„Du willst dich unserer Vision anschließen?“
Deiner Vision, du Verrückter. Natürlich will ich das...nicht. Diesmal lügt mein Nicken. Aber er lacht.
„Bring ihn zu mir.“
Der Meister wehrt sich, als ich ihn halb schiebe, halb trage, bis er vor dem Fürst der Untoten zu stehen kommt, der ihn um die Hälfte überragt.
„Ihr zwei, übernehmt ihn.“
Ich übergebe den Meister also an zwei Mumien, die von hinten herantreten, und stelle mich neben Radament. Dieser redet weiter.
„Auch du wirst bald unserer Sache dienen, und freudig dazu. Denn die Welt gehört den Untoten, sie sind...“
„Ein Haufen SCHEISSE sind sie, und du bist der größte! Wenn du glaubst, dass ich dir jemals diene, dann bist du ein größerer Depp, als ich das bisher dachte!“
Radament lacht erneut. Ich hasse das Geräusch.
„Du wirst noch erkennen, dass wir den Lebenden überlegen sind.“
Und er beginnt damit, seinen Schwachsinn von der Weltherrschaft der Untoten daherzureden. Jetzt kommt es darauf an, jetzt ist er abgelenkt. Was macht die Katze? Sie steht zu seiner Linken, ich zur Rechten, hinter Radaments Rücken kann ich zu ihr sehen.
Ihr Blick trifft meinen. Sie zwinkert.
Ja! Ich nicke. Sie zurück. Und hebt ihre Peitsche.
„Und jetzt wirst du sterben!“
Genau, Radament. Ich könnte es nicht treffender formulieren.
Meine Klauen zerfetzen sein Rückgrat, als die Peitsche sein Genick bricht.
Ein Schrei, der keine Kehle benötigt, um zu ertönen, durchzieht die Kanalisation. Unmenschlich starke Arme fahren nach hinten und reißen die Katze von den Beinen, aber ich bin schnell genug, um mich zu ducken. Gerade rechtzeitig springe ich aus der Reichweite der Sichel, die Radament in der Hand hält.
Sein Arm schiebt sich nach oben, und richtet seinen Kopf gerade. Ein Knacken ertönt, als er ihn wieder auf seiner Wirbelsäule befestigt.
„So leicht werdet ihr mich nicht los, verräterisches Gewürm!“
Er schlägt nach mir, ich springe zur Seite. Den nächsten Hieb pariere ich mit den Klauen, aber mein Arm wird dadurch fast betäubt. Leider nur fast, denn so durchzieht ihn heißer Schmerz.
Radament beugt sich nach vorne. Ich versuche einen Schlag, aber er wischt die Hand beiseite. Er öffnet den Mund.
Nein! Der Giftatem! Ich muss...
Seine Zunge streckt sich mir entgegen. Sie glitzert.
Halt. Seine Zunge?
Eine Messerklinge ist es, die glatt durch seinen Nacken gedrungen ist und nun in seinem Mund vibriert.
Da blüht Schmerz auch in meinem Rücken auf. Ein erneuter Schrei, aber diesmal aus einer menschlichen Quelle, ertönt. Der Meister!
Egal jetzt! Wenn ich Radament nicht erledige, dann ist der Meister so oder so bald tot. Ich verschränke meine Arme und werfe mich mit beiden Klauen in einer vernichtenden Attacke nach vorn, auf seine Brust zielend.
Aber sie finden ihr Ziel nicht. Er reißt seine Hände von unten nach oben, meinen Stoß umlenkend...von seiner Brust weg, mitten auf sein Gesicht. Er ist jetzt sicher schwächer, aber trotzdem, das war unglaublich dumm!
Er fällt glatt nach hinten um, von mir aus dem Gleichgewicht gebracht. Hat er denn ein Herz, dass er es so schützen muss?
Ich setze nach, aber ich komme nicht dazu. Denn Jemand reißt ihm das Messer aus dem Nacken. Es ist der Meister, der vorher seinen Dolch geworfen hat. Lange bleibt dieser aber nicht aus Radament heraußen.
„Stirb, du Monster! Nimm deine verdammten Untoten und ihre Vision zurück in das Grab, aus dem ihr gekrochen seid!“
Und wieder und wieder senkt sich der Dolch tief in einen splitternden Schädel.
Da zuckt Radament ein letztes Mal. Und als ich meinen Blick von ihm hebe, sehe ich hinter dem Rücken des Meisters – der blutet – zwei Mumien...in Angriffsposition. Nein! Es ist zu spät...
Gleißendes Licht blendet mich, ein Schock wirft mich rückwärts. Auf mir landet Jemand; der Meister!
Ich starre an ihm vorbei, durch einen Tränenschleier sehe ich Blitze, die unerklärlicherweise von über der Decke der Kammer zu kommen scheinen, lange, weiße Lichtstäbe, die in Radaments Kadaver dringen, und beim Aufprall weiße Kugeln reiner Energie nach außen senden. Hektisch ziehe ich den Meister weg, aber es sind zu viele...eine Mumie wird von einer Kugel getroffen und zerfällt zu Staub...
Da kommt eine direkt auf mich zu. Sie füllt mein Gesichtsfeld...
Nichts passiert. Im Gegenteil, ich fühle mich gut! Besser als je zuvor. Verwirrt sieht mich der Meister an, dann steht er auf.
Der Raum ist leer. Alle Leichen sind zu Staub zerfallen, der jetzt im Strahl von Sonnenlicht tanzt, der durch das Loch in der Decke fällt. Und unsere bepelzte Verbündete ist auch verschwunden...im Zentrum des Lichtkegels liegt, wo vorher Radament war und jetzt Nichts mehr sein sollte, ein Buch.
Der Meister geht hin und hebt es auf. Seine Augen weiten sich. Dann lacht er.
Ich trete zu ihm und sehe ihm über die Schulter.
Es ist „Die geheime Kunst der Nekromantie“, geschrieben von dem General.
Kapitel 17 – Erpressung
Ich tippe dem Meister auf die Schulter. Verärgert sieht er von dem Buch auf, das er völlig konzentriert mit den Augen verschlungen hat.
„Was ist?“
Ich deute auf ihn, auf mich, und nach oben.
„Was, du willst raus? Ja, schon klar, wir gehen dann schon...wenn ich den Teil hier gelesen habe. Wer weiß, was mit dem Buch so passiert...“
Hoffnungslos. Ich schüttle den Kopf und wandere ein wenig umher, während er wieder seine Nase im Handbuch der Nekromantie vergräbt.
Im hinteren Teil des Raumes stolpere ich fast über einen Steinblock im Boden. Wer stellt denn sowas hier hin?
Halt, Moment mal...das ist doch gar kein Steinblock. Das ist eine Schatztruhe! Ob ich sie aufbekomme?
Sie ist nicht verschlossen. Ich hebe den goldverzierten Holzdeckel und begutachte den Inhalt.
Glanz springt mir ins Auge. Gold in Massen lagert hier! Na, ich weiß schon, wen das wieder freuen wird. Ich wünsche mir meinen praktischen Tonkörper zurück, als ich vergebens nach einer Möglichkeit suche, das Gold zu transportieren. Egal, der Meister hat ja einen Rucksack.
Als ich zurück bei ihm bin, glüht neben ihm ein Portal.
„Ach, da bist du? Wo treibst du dich wieder rum? Erst noch auf Eile drängen, und dann...“
Ich muss mich beherrschen...muss mich beherrschen...ruhig deute ich nach hinten.
„Was ist jetzt wieder?“
Als Antwort gehe ich dorthin. Fluchend rennt mir der Meister nach...gut, dass ihm nicht eingefallen ist, dass ich mit ihm mitteleportiert worden wäre, wenn er durch Portal getreten wäre. Als er die Schatztruhe sieht, wird er ruhiger – bis er seiner Freude laut Ausdruck verleiht.
„Aaaaha! Du bist ein Goldstück, Golem! Dir sei verziehen.“
Jetzt auf einmal. Gut, dass ich Nichts sagen kann, mein „Danke“ hierauf wäre ein wenig trocken geworden. Trockener als der Staub hier unten, um genau zu sein.
„Hilf mir mal.“
Und wieder arbeiten...na ja, was solls. Er hält den Rucksack auf, ich schaufele. Es klimpert beträchtlich.
Auf einmal werde ich zur Seite geschubst. Was...meine Hand schnellt vor, bereit, einen Angriff auf den Meister aufzuhalten. Aber meine Klauen treffen nur eine Schwertklinge, dann werden meine Arme gepackt und festgehalten.
Ich sehe, wen ich fast geköpft hätte: Griez. Er ist mit einer Dutzendschaft von seinen Söldnern hier unten eingetroffen, zwei von ihnen halten den Meister fest, zwei wohl mich.
Ich denke, ich kann mich locker befreien – bin stärker, als ich aussehe – aber ich will erst einmal sehen, was er will. Er ist ja technisch gesehen kein Feind...
„So, du hättest es also gewagt, in unsere Stadt zurück zu kommen, was?“
Der Meister verzieht das Gesicht.
„Griez, was soll ich denn bitte machen? Hier unter ein Lager aufschlagen? Dafür stinkts mir zu sehr. Außerdem, Irgendjemand muss euch ja erzählen, dass Radament tot ist.“
Griez lacht.
„Ha, Radament! Hier unten ist doch Nichts außer vertrockneter Leichen, Staub und Gestank! Du bist ein elender Lügner und Betrüger, wie alle euerer Art...“
Der Meister tritt ihn ans Schienbein. Griez wird Rot im Gesicht.
„Du wagst es...“
Der Meister tritt ihn noch einmal, und fängt an zu schreien.
„Ja, ich wage es, verdammt! Sieh dich doch mal um, Griez, und über den Tellerrand deiner verdammten Vorurteile hinweg. Ich habe es satt, dauernd mit Leuten zusammenzustoßen, die solche hegen, obwohl sie nicht im Mindesten stimmen. Schau dich hier doch einfach mal um, Griez. Was liegt hier? Das sind keine verdammten bestatteten lange vertrockneten Leichen. Das sind tote Untote, Mumien, Skelette, die mir gerade noch an den Kragen wollten. Und wenn du den Fuß hebst, siehst du, dass du auf Radaments langer, spitzer Sichel stehst. Ja, du da hinten, dich meine ich. Das Loch in der Decke, wo auch immer es herkommt, habe ich auch nicht hergelogen!“
Die Augen Aller richten sich zur Decke. Der Meister starrt trotzig Griez an. Der schaut wieder zu Radament. Und dann zum Meister. Er schüttelt den Kopf.
„Weißt du was? Du könntest fast Recht haben. Ich könnte dir das sogar abnehmen. Beinahe. Oder ich könnte dich trotzdem einen Lügner nennen, diese Leichen hier verschwinden lassen, oder sagen, ich hätte sie getötet. Und das nur, weil du mich getreten hast. Aber ich bin kein Betrüger, womöglich so wenig wie du. Also, pass auf. Du bekommst den Ruhm für das Töten dieser Mumie, kannst auch in die Stadt gehen, und ich sags sogar Jerhyn.
Aber dafür bekomme ich das ganze Gold aus dieser Kiste. Und falls du Gedanken hast, Ärger zu machen...behalte ich auch das Buch, das du gerade noch so besitzergreifend an dich reißen wolltest. Klare Verhältnisse?“
Der Meister sieht aus, als würde er gleich explodieren. Und das gerne tun. Nein! Ich schüttle wild den Kopf.
Er öffnet den Mund. Sieht mich. Schließt ihn wieder.
Dann sackt er zusammen.
Murmelt etwas.
„Lauter, bitte.“
Der Meister hebt den Kopf wieder.
„Na gut...“
Griez lacht wieder.
„Ausgezeichnet, ich wusste, dass du vernünftig bist. Fassel, Azrael: Das Gold. Das Buch nehme ich. Der Rest, bitte eine Ehrengarde für den Vernichter der untoten Plage!“