Kapitel 7 - Begrüßungskomitee
Wie ein Hammerschlag ins Gesicht trifft mich ein schneidender Wind, ein beißendes Fauchen durchsetzt mit sengender Hitze. Ich stolpere rückwärts und pralle gegen den Meister...und die Hitze ist wieder weg.
„Was ist los?“
„Moment kurz...“
Diesmal bin ich bereit. Ich strecke die Hand vor...ja, es gibt definitiv eine unsichtbare Barriere zwischen der Festung des Wahnsinns und der Hölle da draußen. Ein Schritt weiter, und ich bin wieder von der wilden Luft umgeben. Sie trägt Asche mit sich, die gleich einen leichten Film auf meiner Haut hinterlässt.
Was würdest du sagen?
Es ist recht heiß, ja. Aber definitiv für einen Menschen erträglich.
„Du kannst rauskommen. Aber...es ist etwas anders hier draußen.“
Der Meister streckt auch zunächst seine Hand vor, zieht sie gleich wieder zurück...dann hält er sie länger nach draußen, bevor er schließlich einen Schritt nach vorne tut.
„Woah.“
Er hält sich eine Hand vor die Augen und blinzelt heftig.
„Das ist in der Tat...an...“
Der Rest des Satzes geht in Husten unter. Ich klopfe ihm auf den Rücken, bis er sich wieder beruhigt.
„Himmel, das ist wirklich höllisch hier. Da kann man ja kaum atmen, und dann der Schwefelgeruch...gut, was hab ich eigentlich erwartet? Wenigstens ist es nicht mehr so ekelhaft feucht.“
„Positives Denken? Genau mein Fall. Hältst du das durch?“
„Muss wohl, oder? Ich komm schon zurecht. Lass mich nur kurz...“
Er nimmt das Jade-Tan-Do her, um einen Streifen seines Ärmels abzuschneiden, um sich den dann vor den Mund zu binden.
„Das Ding ist jetzt eh zu lang. Also, wir können.“
Eine völlig willkürlich erscheinende Treppe führt nach unten. Ich muss sehr vorsichtig planen, wohin ich meine Schritte setze, um nicht zu fallen. Ein Blick zurück zeigt mir die Außenseite der Festung des Wahnsinns; sie ist auf einer Formation aus aufgetürmten Felsbrocken gebaut, die eine verwirrende Klippenseite schaffen.
Welche...aber nicht zu einem Boden führt.
Die Festung des Wahnsinns schwebt über einem pechschwarzen Abgrund, nur der Fuß der Treppe ist mit der weiten Ebene vor uns verbunden. Die letzten paar Stufen haben kein Geländer, führen nur sich windend auf den Boden herab. Welcher auch nach zwei Metern Tiefe einfach aufhört...der ganze Grund hier ist nur eine Insel auf einem Meer aus undurchdringlicher Schwärze.
Sehr vorsichtig lege ich die letzten Schritte zurück.
Ebenso zögerlich kommt der Meister unten an. Da er unter dem Knochenhelm jetzt auch seinen Mund bedeckt hat, sehe ich gar Nichts mehr von seinem Gesicht. Die Augen sind schwer zu erkennen...seine Stimme ist ebenfalls gedämpft.
„Gah, ich brauche wirklich dringend neue Schuhe. Der Boden hier schmilzt einem ja die Fußsohlen weg! Außerdem hätte ich jetzt irgendwie wirklich gerne eine kleine Skelettarmee. Wie siehts bei dir aus?“
„Ich...“
Probleme im Anmarsch.
Oh was zur Hölle.
Etwas entfernt laufen große, stämmige Kreaturen auf uns zu, die exakt so aussehen wie die Vorstellung eines Dämons von Jemanden, der noch nicht so viele andersartige wie wir gesehen hat. Sie sind gut über zwei Meter groß, haben hellrote, völlig haarlose Haut, die sich über gewaltige Muskeln spannt; der Kopf mit den sehr ausgeprägten Knochen ist von zwei dicken Hörnern gekrönt, aus dem Rücken sprießen große Flügel. Sie haben keine Füße, sondern Hufe, und in den kräftigen Fingern einer der zwei bis auf die Nagellänge recht normalen Hände ist ein seltsam nach innen gekurvtes Schwert.
Sie sind zu dritt. Der Meister ist meinem Blick gefolgt und hat sie auch bemerkt; sein Kopf schießt zu mir herum.
„Kannst du das schaffen?“
Ich fahre die Schwerter aus.
„Muss ich wohl...“
Er tritt ein paar Schritte nach hinten.
„Du wirst mir vergeben, wenn ich mich etwas zurückziehe. Die Flüche sollten ankommen, aber da gehe ich kein Risiko ein.“
„Ist völlig klar. Ich tue mein Bestes.“
Ob das gut genug ist...falls du es noch nicht bemerkt hast, wir sind in der Hölle. Das bedeutet, eine Menge Feuer.
Wogegen ich schwach bin.
Das sind Balrogs, die können auch Inferno zaubern. Wenn sie uns erwischen, schmilzt zu weg wie eine Kerze.
Dann sollten wir uns nicht erwischen lassen, hm?
Sie sind da – Himmel, die sind verdammt schnell. Hoffentlich sind sie im Zuschlagen langsamer. Kurz, bevor sie mich erreichen, verlangsamen sie ihre Schritte.
„Das ist eine Nachricht vom Herrn des Schreckens persönlich.“
Mich überrascht kurz, als der Mittlere zu sprechen beginnt.
„Es ist durchaus beeindruckend, dass Ihr es bis hierher geschafft habt, Totenbeschwörer. Dafür erhaltet ihr ein seltenes Geschenk: Eine letzte Warnung. Liefert uns den Seelenstein Mephistos aus und kehrt um. Ansonsten erwartet Euch Nichts als ewige Verdammnis. Die Geduld Diablos ist zu Ende.“
„Das ist aber ein nettes Angebot. Ich muss das Ding nur noch schnell holen, und...Golem, auf sie.“
Sofort springe ich los. Verstärkter Schaden erscheint über dem Wortführer. Er reagiert sofort auf meinen Angriff, hebt sein Schwert, um mich abzublocken, was ihm auch gelingt – für meinen rechten Arm. Der linke schießt unter seinem Schutz hinweg, die Klinge daran stößt nach seiner Magengrube...
Und wird abgelenkt von seiner freien Hand. Seine Waffe schießt hoch, bricht mein Gleichgewicht...
Das übernehme ich jetzt!
Ich gestatte es dem Zweiten; sofort macht er einen halben Schritt rückwärts, nimmt eine Position ein, die meine gerade als amateurhaft entlarvt, und pariert den Konter des Dämons geschickt. Mit Überraschung muss ich feststellen, dass all die Muskeln des Gegners Nichts zu bedeuten haben; wir sind in etwa gleichstark.
Nein, wir sind schon schwächer. Ich kann bloß besser mit dem Schwert umgehen als er. Parieren ist schließlich immer nur das Ablenken von Schlägen, nicht das Auffangen. Wie...so.
Er wirft einen Hieb aus dem Handgelenk zur Seite.
Und Riposte.
Diesmal treffen wir die Magengrube des Gegners. Tatsächlich wäre diese wohl nicht so leicht zu durchstoßen, wie wir es jetzt tun...es fühlt sich an wie die Haut eines normalen Menschen, als das Schwert in sie eindringt. Der Dämon hat aber verstärkten Schaden auf sich.
Er brüllt. Der Zweite springt zurück. Zögert eine halbe Sekunde, dann hechtet er zur Seite.
Ein Flammenschwall trifft die Stelle, an der wir gerade noch standen.
Keine Angst vor großer Hitze...
Der Zweite schießt sofort wieder vor, noch während das Ende des Feuerstrahls auf den Boden trifft; unsere Knie spüren ihn ganz deutlich, aber solange wir nicht direkt darin stehen, hält unser Material das schon aus. Mit einem so schnellen Gegenangriff hat der Balrog aber offensichtlich nicht gerechnet...und der Zweite rammt ihm beide Schwerter zwischen die Beine. Au!
Mit „fairen“ Mitteln kommen wir hier nicht weit.
Der Dämon bricht in die Knie, und der Zweite köpft ihn.
Und das ist das.
Und die anderen bei...
Meine Welt füllt sich in Flammen, und aus einem kurzen rot glühenden Vorhang wird bald darauf Schwärze.
Der Meister sieht mich mit zusammengepressten Lippen an. Ich lasse einen imaginären Atemzug los, den ich gehalten habe, seit ich wusste, dass ich verschwinden würde. Wir sind wieder in der Festung. Und ich bin ein Blutgolem.
„Das war wohl Nichts...“
Der Meister winkt ab.
„Da konntest du nicht wirklich viel machen. Als ich gesehen habe, dass die Feuer spucken können, wusste ich gleich, dass es Nichts wird. Die beiden anderen haben schon angefangen, das Inferno zu zünden, als du ihren Kollegen noch gar nicht geköpft hattest...die machen hier keine Spielchen. Ich habe mir erlaubt, zu verschwinden. Die Barriere ist völlig undurchdringlich für sie. Nicht mal die Drohungen konnte ich hören, die sie mir nachgerufen haben, sobald ich in die Festung getreten bin.“
„Ich habe den Kampf gesehen.“
Deckard Cain steht neben dem Meister.
„Du bist ein extrem guter Schwertkämpfer, Golem.“
Ich sehe mich schnell um; Tyrael scheint nicht hier zu sein. Darum bin ich wohl auch in Blutform; der Meister hatte keinen Metallgegenstand zur Verfügung.
„Die Ehre gebührt hier nicht mir.“
Deckard versteht mich. Der Meister runzelt die Stirn.
„Du hast den wieder ans Ruder gelassen?“
„Wir haben...eine Abmachung. Mal wieder, ich weiß, aber ignorieren kann ich ihn auch nicht.“
„Solange er nicht...nein, ich vertraue dir.
Also, generell ist es schon sehr gut, wenn du einen von diesen eins gegen eins erledigen kannst; und das auch noch ziemlich effizient. Aber das hilft uns Nichts, wenn du bei einem Treffer zur Pfütze wirst. Gleichfalls denke ich nicht, dass die Blutform der Weg ist, den wir gehen sollten...“
Ich schüttle vehement den Kopf.
„Niemals. Verbrennungen muss ich nicht spüren.“
Er trommelt die Finger zusammen.
„Ich hatte kurz an Ton gedacht...aber ich bin mir nicht sicher, ob wir die...Erde...da draußen benutzen sollten.“
Oder könnten.
Ich forme ein V aus Zeige- und Mittelfinger.
„Etwas zu trocken ist sie vielleicht auch...“
„Oh. Ja, das begräbt die Idee natürlich auch sofort.“
Lässt du mich reden?
Warum nicht? Aber...warum hast du gerade nicht gewollt?
Den Meister auf einen Denkfehler hinzuweisen gehört sich nicht wirklich. Ich hatte ganz vergessen, dass du keinen Anstand hast. Also...
„Wenn ich einen Vorschlag machen darf.“
Der Meister seufzt.
„Ja?“
„Mein alter Meister hatte eine spezielle Form für mich, die Ihr sicher emulieren könntet mit nur wenig Aufwand. Falls Tyrael bald wieder zur Verfügung steht, wären die Materialien schnell besorgt, und sie könnte unsere Kampfkraft deutlich steigern.“
Da schmeckt mir aber was nicht.
„Du bist immer stärker präsent geworden, je näher mein Körper deiner ursprünglichen Form gekommen ist. Was ich von dem Vorschlag halten soll, weiß ich wirklich nicht.“
Der Meister verschränkt die Arme.
„Klingt wirklich nach Pferdefuß. Golem, weißt du, wovon genau er redet?“
„Ja. Ein Skelett aus einem schwarzen Material, vermutlich ein Metall, überzogen mit Ton, um einen Körper zu formen, und Alles brennend. Waffen sind Krallen, oder brennende Tonkugeln, einfach nur Feuer...“
Er pfeift durch die Zähne. Deckard hat beide Augenbrauen gehoben.
„Ein Hybrid? Das ist eigentlich eine verdammt gute Idee...aber wie zur Hölle brennt er ständig?“
„Es ist eine modifizierte Feueraura, soweit ich das verstanden habe. Die genauen Details sind mir natürlich nicht bekannt.“
Deckard reibt sich das Kinn.
„Eine Feueraura? Wie die, welche Paladine gelegentlich nutzen?“
„Ich erinnere mich an eine Bemerkung meines Meisters, dass die Sache eigentlich ziemlich ironisch sei, ja. Das könnte er damit gemeint haben.“
Der Meister blinzelt.
„Und wie soll ich mit so etwas umgehen? Ich habe im Leben einen Paladin noch nicht mal gesehen!“
„Ich schon, viele Male. Die Aura, von ihnen Heiliges Feuer genannt, ist aber nicht besonders häufig in Gebrauch. Denkt Ihr nicht, dass auch darüber etwas in Euerem Buch stehen könnte? Immerhin ist es die Hinterlassenschaft des alten Meisters Eueres...Zweiten.“
„Das ist natürlich gut möglich. Aber allein vom schieren Umfang des Werks weiß ich wirklich nicht, was Alles drin steht. Ich könnte natürlich nachsehen – aber um ehrlich zu sein, denke ich nicht, dass ich Zeit damit verschwenden will, hier eine womöglich fruchtlose Suche in Büchern zu starten. Die ganze Technik klingt schon sehr esoterisch. Ich sage, du hast einen von ihnen erledigen können, Golem. Traust du dir zwei auf einmal zu?“
Ich leite die Frage einmal weiter.
„Ich habe wenig Erfahrung im Kampf gegen Balrogs. Aber ich lerne schnell.“
„Geht doch Nichts über Zuversicht. Noch Jemand Vorschläge außer Paladinfertigkeiten, wie man die Sache einfacher gestalten könnte?“
Mir fällt da was ein...
„Der Zweite erwähnte, dass du durchaus auch Skelettmagier der anderen Elemente erschaffen könntest. Eis und Blitz.“
Der Meister starrt mich an.
„Das...das ist...“
Er schlägt sich die Hand gegen die Stirn.
„...das hätte er auch früher sagen können. Gah, bin ich ein Torfkopf. Natürlich sollte das problemlos möglich sein. Äh...Deckard, was wären die Runenwörter für Eis und Blitz?“
„AmnShaelJahLo und EthRalOrtTal, respektive.“
„Alles klar. Danke. Praktischerweise haben wir auch noch eine Leiche da draußen...
Dann gehen wir da jetzt raus und reißen ihnen die Dämonenärsche auf. Wäre dir dankbar, wenn du es vermeidest, getroffen zu werden, Zweiter.“
„Ich werde mir alle Mühe geben.“
Ich lass dir gleich Kontrolle.
Oh, das ist lieb.
Er dreht sich auf dem Absatz um und schreitet die Treppe hinunter – in einer Geschwindigkeit, die ich mir nicht ansatzweise getraut hätte.
Bei ersten Mal vielleicht nicht, aber du weißt doch jetzt, wie die Treppe verläuft, oder? Nutz deine Erinnerung mehr! Kann man dir nicht oft genug sagen, anscheinend. Ein photographisches Gedächtnis ist in fast jeder Situation einfach nur irrsinnig nützlich.
Draußen trifft mich die Umgebung noch einmal heftiger als vorher, und ich kann mir jetzt sehr deutlich vorstellen, wie es für den Meister ist. Auf meiner nackten Oberfläche fühlt sich der Wind an, als hätte er Messer in sich.
Die zwei Balrogs stehen noch unten, und es formen sich tatsächlich extrem verzerrte Grinsen auf ihren Gesichtern.
„Schon zurück, Totenbeschwörer? Nachdem du gerade so feige davon gerannt bist?“
„Keine vorgeschützte Höflichkeit mehr, hm? Der rechte zuerst, Golem. Ich kümmere mich um den anderen. AmnShaelJahLo SolUmUm.“
Der Zweite rennt los. Meine Knochenklauen sind noch versteckt; der Zweite will das Überraschungsmoment voll ausnutzen. Ich sehe, wie über dem Kopf meines Gegners ein oranges Halo erscheint; gleich darauf erhält der Zweite gelbe Fäden. Er stolpert kurz, knurrt, gewöhnt sich an die geschwundene Stärke, nimmt einen weiteren Schritt, um seinen Kollegen zu unterstützen...und stolpert erneut, als ihn etwas im Rücken trifft.
Woraufhin er blau anläuft.
Es funktioniert!
Aber natürlich. Jetzt sieh dir mal an, wie das hier funktionieren wird.
Der Zweite weicht einem Hieb seitlich aus, und statt seine Krallen zu benutzen, packt er das Handgelenk des Balrogs auf ganz bestimmte Weise...und dreht es mit geschicktem Griff so, dass er vor Schmerzen brüllt und sein Schwert fallen lässt. Schnell tritt er es nach hinten weg, stößt seine Faust in den Bauch des Balrogs...und fährt dann die Spitzen aus.
Ein Rückhandschlag lässt uns zu Boden taumeln. In meinem Kopf klingelt etwas.
Zwar ein Rückhandschlag, aber nur ein kleiner Rückschlag.
Der Zweite rollt sich weg, als der Dämon sich auf uns stürzen will, stößt sich in einer fließenden Bewegung, die ich mir sofort merke, aus der Rückenlage in stehende Position hoch und nimmt sofort wieder Kampfstellung ein.
Der Balrog weiß nicht so recht, wie er mit der Situation umgehen soll...dann holt er tief Luft, um Feuer zu spucken. Der Zweite hält eine Viertelsekunde länger inne, als ich erwartet hätte.
Was...?
Schaden zu vermeiden war kein Befehl, jawohl!
Bist du komplett...aber schon schießt der Zweite direkt in einen beginnenden Feuerstrom hinein.
Welchen er schnell abschneidet, als unsere Klauen in den halb offenen Mund des von diesem Angriff komplett überraschten Gegners stoßen. Dennoch versengt es uns den ganzen Arm, was mich zu einem inartikulierten Schrei veranlasst, in den der Meister einstimmt.
Der Dämon fällt zu Boden. Schnell stößt der Zweite unsere freie Hand in sein Herz und heilt uns wieder. Wir sinken gleich darauf etwas ab, als der Kadaver in für uns harmlosen Flammen aufgeht; wie die Fürsten...
Nicht. Nett.
Opfer müssen gebracht werden.
Gib mir die Kontrolle wieder! Den zweiten erledige ich auf eine Weise, die für den Meister weniger schmerzhaft ist!
Nicht jetzt die Kontrolle...!
Zu spät stelle ich meinen Fehler fest, als ich bemerke, dass der Zweite in diesem Moment eine Bewegung eingeleitet hat; ich kann sie nicht zu Ende führen und stolpere auf die Knie, statt aufzuspringen.
Ein blau angelaufener Dämon ragt über mir auf. Ooh verdammt...langsamer, als es das sollte, zischt sein Schwert nach unten, aber ich kann ihm nicht mehr rechtzeitig...
Mein Sichtfeld springt. War das...
„Das war knapp...“
Ich sehe, wie der Balrog mit seinem heftigen Schlag nur eine sich auflösende Masse aus geronnenem Blut trifft; mein gerade zerfallender ehemaliger Körper. Dann wechselt der Fluch auf ihm zu verstärktem Schaden und es fegt ihn von den Füßen, als die vor Allem aus Asche bestehende Leiche vor ihm explodiert. Ihr Zustand tut dem Schaden offenbar keinen Abbruch, und auch dieser löst sich auf. Der Meister erschafft daraus einen zweiten Eismagier.
Ich habe wieder einen Metallkörper.
„Woher hattest du...“
„Das Schwert, das du nach hinten getreten hast.“
„Oh...“
Das war aber nicht geplant, oder?
Kann ich jetzt nicht behaupten, nein. Man muss es ihm lassen, das mit dem Improvisieren hat er drauf.
„Das lief ja ganz gut. War das aber wirklich Absicht, dass du ihm quasi in die Kehle gesprungen bist?“
„Ja.“
Der Meister sieht ihn kurz an.
„Keine Rechtfertigung?“
„Wenn Ihr eine verlangt – ich sah keine bessere Möglichkeit, den Kampf schnell zu beenden. In Anbetracht der Tatsache, dass ein Zweiter bald dazustoßen würde, musste ich meinen Gegner schnell erledigen.“
„Geht doch. Ich möchte nur gerne wissen, warum ich mir die Hand verbrennen lassen muss. Das war in Ordnung...hast du Angst, dass ich beiße, oder was?“
„Natürlich nicht, Meister.“
Ich schneide den Zweiten ab.
„Er hat Komplexe, General. Sein alter Meister war wohl ein ziemlicher Bastard, was Gehorsam und so anging.“
„Ach? Hätte ich fast nicht gedacht, so allergisch, wie er darauf reagiert, wenn ich mal nett zu euch bin. Muss ja dann wirklich sehr ungewohnt für ihn sein.“
Komplexe?
Ja, hast du, das wirst du ja wohl zugeben.
Wenn hier einer Komplexe hat, dann du – ich bin nur vernünftig, nennst du das etwa...
Bitte, wir hatten die Diskussion schon einmal. Es tut mir Leid, du hast keine Komplexe, nur andere Ansichten.
Pah.
„Aber das hält mich nicht davon ab, auch weiterhin nett zu sein, wenn du es verdienst, Zweiter. Der Tipp mit den Eismagiern war absolutes Gold wert. Ich teste Blitzmagier mal an, aber die Frostschützen werden sicher ein integraler Bestandteil der Armee. Der Nutzen im Kampf ist ja phänomenal, wenn die Gegner nur noch halb so schnell sind...“
Würdest du...
Du wirst dich jetzt nicht unterwürfig verbeugen. Sag Danke.
Nein!
Der Meister legt den Kopf schief, während wir komplett still da stehen.
Nach ein paar Sekunden schüttelt er den Kopf.
„Äh, so oder so...gut gemacht...ich denke, damit können wir weiter vordringen. Wenn die Armee erst einmal steht, wird das ohnehin bedeutend einfacher.“
„Tut mir Leid, General...“
Er zuckt mit den Schultern.
„Ist gut. Wenn er meint, seine heilige Pflicht einem längst verfaulten Meister gegenüber ist es, mir gegenüber unhöflich zu sein, dann soll er. Ich brauche keinen Dank für ein Lob von Jemand, der das wohl ohnehin nicht zu schätzen weiß.“
Ist es ein leichter Schmerz, den ich da durch den Zweiten zucken spüre?