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Marcel Reich-Ranicki lehnt deutschen Fernsehpreis ab

Chester

Mitglied
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26 Oktober 2001
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339
"Blödsinn" sei alles, was an diesem Abend im Coloneum noch zu sehen sei. "Ich gehöre nicht in diese Reihe", sagte Reich-Ranicki, der mit dem von ihm geleiteten "Literarischen Quartett" einst lustig und listig die Literaturkritik in den deutschen Unterhaltungsbetrieb eingegliedert hat.

Quelle: Spiegel.de

ich persönlich denke, endlich hat mal einer ausgesprochen was alle denken und dann gerade diese koriphäe der deutschen tv-landschaft.
oder war alles doch nur ein pr-coup wie am ende des spiegel.de artikel angedeutet? kann man herrn reich-ranicki sowas zutrauen?
und überhaupt, ist die deutsche tv-landschaft noch zu retten oder vergehen wir uns eh alle über kurz oder lang in die totale verblödung?

€:
:kiss: darki
 
Wo geht es hin? Was wird sein? Wie wird sich die Welt danach verändern? Sind die Illuminaten mit im Spiel?


hai chester!

Ach ich wollte noch was schreiben!
Ja ich gehörte zu Bildungs-Bourgeoisie und schaue hauptsächlich 3sat, arte und die Dritten. Das ist aber auch kein Wunder, weil die großen Sender sich meist auf immer niedrigeren Niveau begeben und somit versuchen durch menschenunwürdige Sendungen ihre Quote auf ein Optimum zu bringen.
Altes Spiel, neues Ausmaß. Die Qualität sinkt, das Kapital steigt. Wenig Leute wollen nur noch anspruchsvollere Sendungen sehen, dadurch lässt sich kein Kapital machen. Und wenn der Chefintendant des Erstens damit frönt, dass die Leute, die anspruchsvolles Fernsehen haben wollen sich arte oder 3sat ansehen sollen, weil das Erste der Durchschnitt des Publikums ansprechen soll, kann man sich das Fortgehen der Fernsehkultur denken.
 
Mit seinen 88 Jahren zieht er wohl kaum noch einen direkten Nutzen aus einem PR-Gag. Imho war die Aktion durchaus moralisch integer. Dass ob der fortschreitenden Volksverdummung der Markt für TV-Formate niedristen Niveaus wächst ist nicht Schuld der Sender sondern der Zuschauer. Der erschwingliche Zugang zu Unterhaltungselektronik und der zunehmende Verzicht von Leuten mit Restgehirn darauf, sich 24/7 Trash-Tv reinzuziehen führt eben zu einer erhöhten Nachfrage von Müll. Der Markt bedient diese.
Die o.g. Rede von MRR ist imho wahrer Geisteserguss, helfen wird sie aber nicht.
Deshalb: "Ich ficke, du fickst, er fickt. Wir alle ficken. Wir müssen ficken. Warum fickt er nicht mit ihr?"

weapon.jpg


Edit: Der Typ über mir hat abgeschrieben. :ugly:
 
Darkster schrieb:
...Und wenn der Chefintendant des Erstens damit frönt, dass die Leute, die anspruchsvolles Fernsehen haben wollen sich arte oder 3sat ansehen sollen, weil das Erste der Durchschnitt des Publikums ansprechen soll, kann man sich das Fortgehen der Fernsehkultur denken.

Der Staat ist die Volksmasse und nicht die Bildungselite.
Das Staatsfernsehen richtet sich nur danach.
 
ist zwar ein netter gag bringt aber nicht wirklich was

wenn er solch eine show mit gottschalk machen will ... da mischt dann ja auch erstmal noch der sender mit ... wer weiss was da rauskommt ... vor allem wenn die (wie ich zu hören vermeint habe) nur 1h lang ist

ich persönlich halte eh nicht viel von dem herrn ... aber das er die chuzpe dazu hatte ist immerhin ganz nett
 
Vielleicht stößt er mit seinen Äußerungen ja eine viel weiterreichende Debatte an und animiert weitere Kritiker, die schon lange das gleiche denken, aber aus Opportunismus nicht zu sagen wagten, ins gleiche Horn zu stoßen.
Beispielsweise hat Frau Heidenriech den Fernsehpreis jetzt als hirnlose Scheiße bezeichnet.
 
-Neithan- schrieb:
Der Staat ist die Volksmasse und nicht die Bildungselite.
Das Staatsfernsehen richtet sich nur danach.

Genau so ist das.....leider:( .

Und solange dies so bleibt wird sich wohl nicht großartig was ändern. Wenn andere bekannte Personen den Mund aufmachen sucht man sich halt andere, die das nicht tun.

Trotzdem würde ich das einen Schritt in die richtige Richtung nennen, der einige mitreißen könnte.


P.S: Kann natürlich nur jemand gewesen sein, der Marcel heißt *auf mich hinweis* ^^ :D
 
-Neithan- schrieb:
Der Staat ist die Volksmasse und nicht die Bildungselite.
Das Staatsfernsehen richtet sich nur danach.

Wäre schön. Ansonsten sehe ich das wie Laberna.
 
niemand zwingt euch das Gerät einzuschalten

ich schaue seit 3 monaten gar kein Fernsehen mehr

das ding geht mal morgens 3 minuten für nachrichten an

1-2 mal im monat für sportveranstaltungen und das wars
es gibt sicherlich dämlichere methoden die zeit totzuschlagen,
aber kaum eine die einen schneller verblödet
 
Labarna schrieb:
Beispielsweise hat Frau Heidenriech den Fernsehpreis jetzt als hirnlose Scheiße bezeichnet.
Na ja, die plappert ja mehr oder weniger ihrem großen Gönner nach. Ohne Reich-Ranicki würde kein Schwein in Deutschland Elke Heidenreich kennen.
Grundsätzlich finde ich das, was Reich-Ranicki gemacht hat, lobenswert. Es war irgendwie schon reichlich dämlich, ihn überhaupt zu nomminieren. Bei diesem Preis geht es ums Fernsehen, Reich-Ranicki hat gerade mal zwei Sendungen zur deutschen "Fernsehkultur" beigetragen. Wirkt für mich so, als wäre den Verantwortlichen niemand anderes für den Lebenswerk-Preis eingefallen, oder als ob sie der Veranstaltung einen seriösen Touch geben wollten.
Weiter erwähnenswert finde ich ja, dass sowohl Reich-Ranicki als auch Heidenreich "das Fernsehen" für seine Unterhaltungszentrierung und "Blödheit" kritisieren, selber mit ihren Literatursendungen aber ähnliches machen bzw. machten. Bei Reich-Ranicki gibt es fast immer nur gut oder ganz schlecht, er verkürzt und beleidigt. Das selbe macht Dieter Bohlen, nur mit Musikern.
Im übrigen hat ja schon der letztjährige Preisträger Götz George, wenn auch subtiler, Kritik geübt, indem er sagte, er sei fast verhungert und verdurstet, man solle doch mal langsam Schluss machen.

Und zu guter Letzt: wie ein Medium auf mich wirkt hängt zum allergrößten Teil von meinen persönlichen Eigenschaften und meinem persönlichen Umfeld ab. Das gilt als gesichert, ein Pauschalurteil wie "Fernsehen macht dumm" ist genauso dämlich wie "Computerspiele machen aggressiv". Es gibt in der Medienwirkungsforschung allerdings einen Ansatz, der sich mit dem Zusammenhang zwischen Bildung und sozio-ökonomischem Status und Fernseh-/Medienkonsum befasst. In diesem Ansatz geht man von einer Wissenkluft (Knowledge gap) aus, die durch Medienkonsum noch vergrößert wird, da die "Informationselite" informationsreiche Medienangebote nutzt, das "Unterhaltungsproletariat" aber nur informationsarme Angebote. Der Ansatz ist aber umstritten und nicht erwiesen.

edit: Gerade bei DWDL einen guten Kommentar zum Thema gefunden in dem beide Seiten der Medaille betrachtet werden: Klick mich.
 
Cadraz schrieb:
edit: Gerade bei DWDL einen guten Kommentar zum Thema gefunden in dem beide Seiten der Medaille betrachtet werden: Klick mich.

Ob der Kommentar auf DWDL.de mit dem o.g. Dieter B. - Vergleich so "gut" ist sei mal dahingestellt. Der Titel (und Inhalt) des Artikels "Urteil ohne Kenntnis: Der Irrtum des Reich-Ranicki", der sich doch recht "kritisch" mit dem Medieneklat von MRR auseinandersetzt ist jedoch leicht verständlich wenn man sich vor Augen hält, wer Haupteigner bei DWDL.de ist:

Die MISTRAL Media AG beteiligt sich an Unternehmen der Entertainment- und Medien-Branche. Zu den Beteiligungen der MISTRAL-Gruppe zählen u.a. die Vertical Twister B.V., die Ad Art on Air GmbH, die DWDL.de GmbH und die Hurricane Fernsehproduktion GmbH.

Das 100%ige Tochterunternehmen Hurricane entwickelt und produziert erfolgreiche Fernsehsendungen wie die "Schillerstraße", "Genial daneben" und "Switch Reloaded".

Einer der Absahner des dt. Fernsehpreises war u.a. "Switch Reloaded". Solche Formate wurden ja von MRR zu Recht verrissen:
MRR schrieb:
Der Preis war eine Beleidigung, da wurden lauter miserable Sachen preisgekrönt, da gehöre ich nicht dazu. [...] Ich wollte mitmachen, aber als ich sah, was geboten wurde, habe ich gesagt: Nein, das muss man mal sagen, das ist ein Skandal.


Aus einem weiteren Artikel auf DWDL.de:

Verdiente Gewinner waren auch "Doctors Diary" und "Switch Reloaded".
Ein Schelm wer Böses dabei denkt ... :ugly:


Aber wie schon erwähnt: Das dt. Fernsehen per se zu verteufeln ist übertrieben. Die eigentliche Herrausforderung ist eben die Auswahl. Das Internet (sogar dieses Forum) ist ja auch zu 90% eine Datenmüllhalde. Man muss eben qualitativ hochwertigen Inhalt herrausfiltern. Alles was nun noch folgt ist Spam.


p.S.: Aus spiegel.de:
Der 88-Jährige hat auch seine Ankündigung wahr gemacht, den verschmähten, durchsichtigen Obelisken nicht mit nach Hause zu nehmen. Seine Begleiterin, die TV-Produzentin Katharina Trebitsch, habe ihn in Verwahrung genommen, sagte Reich-Ranicki. Auf die Frage, wo diese die Trophäe nun aufbewahre, entgegnete er: "Das weiß ich nicht, vielleicht in ihrem Klo."
 
So lange man das Fernsehen als das sieht, was es in den meisten Fällen ist, kann man damit leben. Erst wenn das Fernsehen über seine Rolle als Unterhaltungsmedium unberechtigterweise erhoben wird, kann man wirklich von Blödsinn reden.

Es gab / gibt einige Sendungen, welche ernsthaft informieren wollen oder tatsächlich einem künstlerischen Anspruch genügen. Nachrichten, Konzertübertragungen o.ä., Wissensendungen und einzelne andere Formate (kennt noch jemand Hobbythek? Was die Großmutter noch wusste? Die Knoff-Hoff Show?).
Viel zu oft wird aber der berechtigte Erfolg dieser Sendungen kopiert und mit seichtem Inhalt verwässert, ja sogar die ursprünglich gute Richtung pervertiert.
Eine Nachtrichtensendung, welche als Topnews den Erfolg einer hauseigenen Unterhaltungssendung beweihräuchert, kann nicht vollkommen ernst genommen werden. Eine "Wissensendung", welche dem Zuschauer so wichtige Inhalte vermittelt, wie zum Beispiel "ein Elefant kann besser Orangensaft pressen als eine Footballmannschaft oder eine Fahrzeugpresse", ist in meinen Augen kein Wissensmagazin, nicht einmal Infotainment, sondern seichte Unterhaltungssendung. Eine Live-Übertragung eines Rennens mit Werbeblöcken dazwischen ist nur deshalb akzeptiert, weil es gang und gebe ist - aber nicht, weil die zu vermittelnde Information so verhackstückt verträglich wäre.

Im Normalfall ist das Fernsehen aber eben nur Unterhaltung: jegliche Show und jeder Film dient nur zur Zerstreuung und der Kurzweil. Wenn diese Sendungen oder die darin mitspielenden Menschen als bedeutsam und wichtig dargestellt werden, darf man sich getrost an den Kopf fassen oder zumindest auf das wahre Leben verweisen. Ein bis dato Unbekannter wird in zwölf (oder mehr oder weniger?) Sendungen dem Publikum präsentiert, hinter den Kulissen so lange zurecht gebogen, bis er in das Konzept des Senders passt und gilt anschließen als "der Superstar von Deutschland"? Lachhaft.
Ein für seinen Mittelfinger berühmter Fußballer kann lachen und pupsen wie ein normaler Mensch? Waaaaaaaahnsinnig neu die Erkenntnis.
Profiköche wissen mehr als nur ein einziges Rezept? Erstaunlich.
Der Seifenopernvater wird enttäuscht, weil der Kuss mit der Seriennochehefrau die drohende Scheidung nicht abwendet? Nein, wie tragisch und gleichzeitig bedeutend für unser aller Leben :rolleyes: !
Natürlich haben diese Televisionsauswürfe alle (mehr oder weniger) ihre Existenzberechtigung, doch in den meisten Fällen nur als Unterhaltung. Und über den Geschmack, was einem diesbezüglich gefallen darf oder nicht, lässt sich bekanntlich vortrefflich streiten. So weit es nur um den Geschmack geht, kann Herr Reich-Ranicki gerne darüber lästern, wie er will - im Zweifelsfall soll er es besser machen.

Was aber wirklich mich ärgert (ich glaub' das hab' ich hier irgendwo schon einmal erwähnt), ist die langsame und schleichende Veränderung in den Ansichten der Menschen durch "Unterhaltung", die meiner Meinung nach die falschen Werte als normal und alltäglich uns in die Köpfe hämmert. Keine Sorge, das ist meine Privatmeinung und ich werde nicht als verknöcherter Reaktionär auf die Straße gehen (oder Schlimmeres) und für die gute, alte Zeit wettern; dazu bin ich schon viel zu sehr gefrustet.
Dennoch sollte es zu denken geben, wenn Menschen in diversen Shows einen Seelenstriptease hinlegen, ihre Sorgen und Nöte offenbaren und das breite Publikum zu Hause auf der Couch und am Bügelbrett aus Sensationsgier hinglotzt und dann treudoof sein Mantra "Schau Schatz, ein Glück, dass wir das nicht sind!" / "Jaja, so ist das Leben, was es nicht alles so gibt!" aufsagt, auf dass die gaffenden Voyeure weiter abstumpfen und gleichgültig zur nächsten "exklusiven Sensation" weiterzappen.
Bloß nicht nachdenken (auf der im startpost verlinkten Seite kam bei mir die Meldung "Bohlen will nicht nachdenken" - irgendwie passend, oder?), bloß nicht auf echte Probleme aufmerksam werden, bloß nicht ein schlechtes Gewissen entwickeln und womöglich selber aktiv werden! Da scheint das Wort „Television“ vom Wegschauen und nicht vom (bewegte Bilder aus der) Fern(e)sehen abgeleitet worden zu sein.
Noch schrecklicher finde ich, dass es dadurch immer mehr Menschen gibt , die tatsächlich glauben, dass es egal ist, dass die Menschenwürde verletzt wird: „das ist doch im Fernsehen, die machen das doch freiwillig!“.
Das ist für mich kein Blödsinn mehr, das ist einfach [*einer der wenigen Augenblicke, wo mir das richtige Wort fehlt]!

Ich muss gestehen, dass auch ich das Fernsehen hauptsächlich zur gezielten Unterhaltung nutze und nicht zur Weiterbildung (politisch, wissenschaftlich,...).
Hauptsächlich jedoch, weil diese anderen, wenig verbreiteten seriösen Sendungen zu selten sind und weil es mir zu lästig ist, jedes Mal von Neuem zu prüfen, inwieweit hier der Wunsch des Intendanten nach Unterhaltung für die Masse den Inhalt der Sendung beeinflusst hat. Also bleibe ich bei den Spielfilmen und den ein oder zwei Serien, die mir Unterhaltung bieten. Die oben erwähnten Shows oder Soaps oder Infotainments oder sonstige Gehirnweichspülersendungen sind aber bei mir unten durch.
So lange ich die Fiktion von der Realität unterscheiden kann (alle Menschen müssen gelbe Haut haben! [*Ironie off]) halte ich das für durchaus akzeptabel.
 
TomGrenn schrieb:
Hauptsächlich jedoch, weil diese anderen, wenig verbreiteten seriösen Sendungen zu selten sind und weil es mir zu lästig ist, jedes Mal von Neuem zu prüfen, inwieweit hier der Wunsch des Intendanten nach Unterhaltung für die Masse den Inhalt der Sendung beeinflusst hat. Also bleibe ich bei den Spielfilmen und den ein oder zwei Serien, die mir Unterhaltung bieten. Die oben erwähnten Shows oder Soaps oder Infotainments oder sonstige Gehirnweichspülersendungen sind aber bei mir unten durch.

Das Suchen und Prüfen lohnt sich aber bisweilen. Allgemein gilt, je größer die Zahl unter der der 0815-Konsument den Kanal eingespeichert hat, desto größer der Gehalt an sehenswerten Sendungen. Wirklich sehenswert sind imho z.B. Nano auf 3sat oder Alpha Centauri auf BR alpha als Gegenpol zum pseudowissenschaftlichen Galileo.

Was aber wirklich mich ärgert (ich glaub' das hab' ich hier irgendwo schon einmal erwähnt), ist die langsame und schleichende Veränderung in den Ansichten der Menschen durch "Unterhaltung", die meiner Meinung nach die falschen Werte als normal und alltäglich uns in die Köpfe hämmert.

Na aber was war denn zuerst da? Die Henne oder das Ei? Imho ist die Verdummung der Menschen Grund für die in großem Ausmaß niveaulose TV-Landschaft, die dann natürlich kaum noch Bildungsideale mehr erfüllen kann. Naja ist wohl sowas wie ne downward spiral .... Die "Folgen" sind in der tollen "Reportage" Idiocracy von Mike Judge zu bestaunen. Bitte ansehen :ugly:
 
@Bambi2: Nun, ich weiß nicht so recht, ob ich DWDL da Einseitigkeit vorwerfen würde. Switch Reloaded wird z.B. wird nicht nur von denen hoch gelobt, das machen viele Medienjournalisten. Und ich halte die Sendung auch für die beste deutsche Unterhaltung zur Zeit, und ich gehöre nicht zur Mistral Media AG :D Weiter finde ich die Argumente an sich ziemlich schlüssig, und kritisiert wird ein Teil des Preises immerhin auch.

@TomGreen: Bezüglich der Sensationsgier der Menschen bin ich etwas anderer Meinung. Sich selbst mit anderen Menschen zu vergleichen, um das eigene Selbstwertgefühl zu erhöhen, die eigenen Werte zu bestätigen oder ein Vorbild zu haben gehört meiner Ansicht nach zur menschlichen Natur. Die Menschen sind in früheren Zeiten auch zu Hinrichtungen oder ins Kollosseum gegangen um zu gaffen. Heute können sie dieses Bedürfnis sehr bequem durchs Fernsehen befriedigen. Die Veränderung spielt sich meiner Meinung nach nicht in den Einstellungen und Bedürfnissen der Menschen sondern in den Möglichkeiten zur Befriedigung dieser Bedürfnisse ab. Und das diese Befriedigung dann wieder Rückwirkungen beispielsweise auf die Hilfsbereitschaft der Menschen hat glaube ich nicht: es gibt Studien und Fallbeispiele zu unterlassener Hilfeleistung auch aus den 70ern, als Unterhaltungsfernsehen noch nicht so weit verbreitet war.
 
Cadraz schrieb:
@Bambi2: Nun, ich weiß nicht so recht, ob ich DWDL da Einseitigkeit vorwerfen würde. Switch Reloaded wird z.B. wird nicht nur von denen hoch gelobt, das machen viele Medienjournalisten. Und ich halte die Sendung auch für die beste deutsche Unterhaltung zur Zeit, und ich gehöre nicht zur Mistral Media AG :D Weiter finde ich die Argumente an sich ziemlich schlüssig, und kritisiert wird ein Teil des Preises immerhin auch.

Nunja, die Kritik sieht meistens so aus:

Zu beliebig scheinen manchmal die Preisträger, zu offensichtlich die Taktik mancher Preisvergabe - wie übrigens auch in diesem Jahr bei einer Personenkategorie. Das allerdings hätte jemand kritisieren müssen, der sich damit auskennt.

Wie kam man überhaupt auf die Idee, Marcel Reich-Ranicki auszuzeichnen?

Reich-Ranickis (digitale) Medienwelt scheint sehr begrenzt - und wer will es ihm im Alter von 88 Jahren auch verübeln.

Das hört sich - sofern man zwischen den Zeilen liest - doch recht verbittert nach einer Abrechnung, ja einem Pamphlet an.
Meiner Meinung nach läuft das wirklich (leicht BILD-like) so ab:
- MRR sieht, wie vor ihm Fernsehpreise an geistlose Produktionen (DSDS, Switch reloaded, ...) gehen.
- Er lehnt daraufhin "medienwirksam"^^ den Preis ab mit Hinweis auf ebenjene seichten TV-Formate.
- Das Unternehmen, das zu 100% die Hurricane Fernsehproduktion GmbH und zu 80% die DWDL.de GmbH hält ist darüber natürlich nicht amused.
- Der Chefredakteur des "Medienmagazins" DWDL.de schreibt scheinbar objektiv diese Schmähschrift über die Veranstaltung und seinen "Star". Die Verknüpfung beider Firmen ist dabei für kaum einen erkennbar und Ottonormalleser denkt, dass da ein unparteiisches Online-Magazin einen "guten" Kommentar in das www postet.

Dass viele Menschen Switch und Switch reloaded arg toll finden glaube ich auf's Wort, aber das muss ja - wie oben schon geschrieben - nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal sein. Ansatzweise amüsant finde ich persönlich "Kalkofes Mattscheibe", wenn ich schon mal Lust habe, mir eine Fernsehsendung anzusehen, die Fernsehsendungen durch den Dreck zieht. Das kommt allerdings nicht all zu oft vor.
 
-Neithan- schrieb:
Der Staat ist die Volksmasse und nicht die Bildungselite.
Das Staatsfernsehen richtet sich nur danach.

Ich dachte lange Zeit auch, dass Privatfernsehen und ÖR-Sender nur das senden, was die Leute eben sehen wollen und man sich einfach damit abzufinden hat. Das widerspricht aber gänzlich dem einfachen aber vielfach belegten Grundsatz, dass der Mensch sich leichter an seine Umwelt anpasst, als die Umwelt sich an den Menschen. D.h. wenn die Sender das Gesamtniveau des Fernsehens anheben, werden sich die Zuschauer einfach damit abfinden und das Niveau ihres üblichen Fernsehkonsums anpassen und nicht einfach den Fernseher ausschalten oder wütende Briefe an den Sender schreiben, dass sie ihre geliebte Gossenshow xy wieder haben wollen.

Das Prinzip lässt sich letztendlich auf x andere Bereiche übertragen. Bei der Diskussion um die Gesamtschulen argumentieren die Befürworter auch schon seit Jahren damit, dass man das Lernniveau von Hauptschülern deutlich steigern könnte, wenn man sie ganz einfach mit klügeren Schülern (in diesem Fall Realschülern) zusammen in eine Klasse setzt.
 
Ewron schrieb:
D.h. wenn die Sender das Gesamtniveau des Fernsehens anheben, werden sich die Zuschauer einfach damit abfinden und das Niveau ihres üblichen Fernsehkonsums anpassen und nicht einfach den Fernseher ausschalten oder wütende Briefe an den Sender schreiben, dass sie ihre geliebte Gossenshow xy wieder haben wollen.
Genau das hab ich als Implikation, über die Aussage des Chefindendanten erwartet. Ist wohl nichts mehr hinzuzufügen. Danke <3
 
Ich persönlich find Recih-Ranicki grundsätzlich sehr arrogant. Aber diesen Preis abzulehnen ist einfach anmaßend. Er tut damit so, als habe er mit dem bösen bösen Medium Fernsehen ja gaaaaaaaaaaaaaaar nichts zu tun gehabt und stünde da weit drüber. Dennoch war er sich 14 Jahre lang nicht zu fein, das böse Medium zu nutzen, um seine Meinung (und oft genug Überheblichkeit) in die Welt zu blasen.

Zugegebenermaßen gibts im deutschen Fernsehen reichlich Schund, der nur produziert wird, um die Zeit zwischen zwei Werbeblöcken zu füllen. Und zugegebenermaßen spielte ein literarisches Quartett trotz manchmal bedenklich einseitiger Besprechungen in einer anderen Liga als DSDS und ähnliches. Dennoch finde ich Reich-Ranickis Reaktion unangemessen und unverschämt. Es wäre ganz sicher ein leichtes gewesen, vor der Preisverleihung seine Antipathie auszudrücken - statt aufs Rampenlicht zu warten.
 
Das, worum es mir (gegen den Strich) geht, ist nicht die Verdummung oder Niveaulosigkeit im Fernsehen, weswegen ein Herr Reich-Ranicki sich echauffiert und beleidigt in einer Ecke stehen will (um schlussendlich doch wieder im Rampenlicht zu stehen). Denn Niveau kann man finden, wenn man will (s.o.) – und wenn man weiß, was als akzeptables Niveau einzuschätzen ist.
Wie freundlicherweise gezeigt gibt es anspruchsvolle Wissensendungen.

Ich rege mich (umsonst) über die Sendungen auf, welche das Publikum so nebenbei verrohen und anschließend einen neuen Stand der Akzeptanz für (meines Erachtens mehr als fragwürdige) die Moral etablieren.
Es gab, wie Cadraz zu Recht feststellte, schon früher dieses Bedürfnis, über das Leid Anderer seine eigene Position zu definieren und sei es, in dem man aus Sensationsgier einer Hinrichtung beiwohnt oder dem blutigen Schauspiel in einer Arena frönt. Und man nannte die Zeit dunkles Mittelalter...
Heutzutage als aufgeklärter Mensch in einer technisch und angeblich zivilisatorisch weiter entwickelten Gesellschaft kann man immer noch nicht diese Instinkte und Bedürfnisse vollkommen unterdrücken, anstatt der Arena und dem Richtplatz gibt es die Television, welche uns das Leid und Freud anderer Menschen direkt nach Hause bringt. In der Hinsicht sind wir also wirklich nicht viel weiter.
Aber die Fernsehsender gehen meiner Meinung nach weiter: was früher tabu war, was früher zu einem Aufschrei geführt hat, worüber man früher nicht stillschweigend hinweggesehen hat, wird heute akzeptiert und die Grenze wird stetig weiter verbogen und herabgesetzt.
Natürlich kann man argumentieren, dass dieser Reiz immer stärker werden muss, damit er die Zuschauer überhaupt noch anspricht. Dennoch halte ich diesen Mechanismus für gefährlich. Wir kennen das von unserem geliebten Diablo: immer schneller, immer stärker, immer übermächtiger müssen die items werden, damit wir noch eine Freude daran haben. Und zum Schluss? Bekommt der Hammerdin zu seiner Eni noch eine Waffe mit der magischen Eigenschaft „alle Monster sind jetzt tot“. Was für ein overkill.
Zum Schluss muss ein Verwandter auf der Mattscheibe zu Tode gequält werden, damit wir sagen „Wow, das habe ich so bisher noch nicht gesehen. Gut, dass ich das nicht gewesen bin.“
Eine maßlose Übertreibung, ich weiß, und dennoch steuern wir alle in diese Richtung. Nicht nur aus eigenem Antrieb, sondern weil die Fernsehsender sich übertrumpfen müssen (echt? Gibt’s da ein Gesetz? Steht irgendwo, dass man nur so Fernsehen erfolgreich machen kann? Und was ist mit den ganzen dritten Programmen, welche nach allgemeiner Übereinstimmung hochwertige Produktionen machen und dabei auf diesen angeblichen Publikumswunsch nach Schund nicht eingehen?)
und
weil wir diesem Trend nicht entkommen können.

Ich erklär’ mal den letzten Satzteil am Beispiel des Automobils:
Anfangs gab es genug Kritiker, welche sich z.B. über die Luftverschmutzung durch diese pferdelosen Benzindroschken beschwerten. Man konnte ihnen leichtfertig entgegenhalten, dass sie zu Hause das Problem aussitzen könnten. Das ging bei ~ 20 pferdelosen Benzindroschken ohne Probleme, so viele waren das ja nicht. Das ging auch bei ~ 2000 automobilen Kutschen, welche nur noch halb soviel Schadstoffe ausstießen, wie die ersten nicht verbrennungsoptimierten Wagen.
Aber bei über 50 Millionen (nur in Deutschland) zugelassenen Fahrzeugen kann das nicht mehr klappen, auch wenn ihr Schadstoff noch so gering ist. Saurer Regen, Asthmaerkrankungen, Grauschleier auf allen straßennahen Gegenständen und und und...
Ich will keinesfalls das Auto verteufeln, Gott bewahre, aber man kann sich seinem Einfluss nicht entziehen, selbst, wenn man das wollte.

Ich will auch nicht das Fernsehen verteufeln, dazu gab es viel zu viele Stunden, welche mir durch das Fernsehen angenehmer gemacht wurden. Aber auch hier kann ich mich nicht dem Einfluss des Fernsehens auf Andere entziehen, bloß indem ich es boykottiere und nicht einschalte. Man kann nicht vermeiden, dass man Tag für Tag mit Menschen zusammenleben muss, welche aufgrund Big Brother die Privatsphäre nicht so hoch einschätzen (es sei denn, es handelt sich dabei um ihre eigene).
Übertrieben? Es kommt noch besser!

Nehmen wir als Beispiel „Pimp my ride“.
Ich mag es eigentlich schon. Wer träumt nicht davon, mit etwas Lack und Leder (und ein paar LCD Monitoren und Servomotoren und...) sein braves Wägelchen in einen echten Hingucker zu verwandeln lassen? So weit, so gut, wie gesagt, mir hat die Sendung meistens auch gefallen.
Aber denkt jemand weiter? Welche Botschaft wird transportiert?
„Egal wie die inneren Werte aussehen, auf das Äußere kommt es an!“
Sch...egal wie die Motorisierung ist, vollkommen gleichgültig, wie die Sicherheitsvorkehrungen sind (mancher der Rostlauben sahen doch echt gefährlich aus, auch für den Fahrer, oder?), was zählt ist die Lackierung und die Anzahl der LCD Monitore, auf denen man (während der Fahrt) mit seiner PS3 oder Xbox spielen kann.
Und diese Geisteshaltung wurde transportiert und gefördert. Und unbewusst auf andere Lebensbereiche übertragen.
Also ich will lieber nicht von einem chromglänzenden Schlitten überfahren werden, weil die Bremsanlage in keinster Weise mit dem technischen Firlefanz der Innenraumausstattung mithalten kann!
Ich fand die Sendung trotzdem gut.

Was ich bisher ausdrücken wollte, ist, das die Verantwortung von den Fernsehsendern durch die eben genannten Effekte nicht wahrgenommen wird.
Es macht sich anscheinend keiner über so was (s.o.) Gedanken, Hauptsache die Quote stimmt. Dass man sich dieser Spirale der ständigen Übertrumpfung mit noch mehr fragwürdigen Sensationen aus einem Verantwortungsgefühl heraus entzieht, kann ich nicht erkennen. Und dafür würde ich die Sender gerne anprangern – aber wer hört schon auf mich. Ihr seid doch eh alle schon durch das Fernsehen verdorben.

Aber Danke, falls ihr bis hierher gelesen habt.
 
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