• Herzlich Willkommen!

    Nach der Schließung von inDiablo.de wurden die Inhalte und eure Accounts in dieses Forum konvertiert. Ihr könnt euch hier mit eurem alten Account weiterhin einloggen, müsst euch dafür allerdings über die "Passwort vergessen" Funktion ein neues Passwort setzen lassen.

    Solltet ihr keinen Zugriff mehr auf die mit eurem Account verknüpfte Emailadresse haben, so könnt ihr euch unter Angabe eures Accountnamens, eurer alten Emailadresse sowie eurer gewünschten neuen Emailadresse an einen Administrator wenden.

Blutsbrüder [Ich denke, also bin ich: Teil 2]

Wenn ich an meine Spielweise denke: alles, was ihnen vor die Füße gefallen ist, man könnte es ja mal brauchen...
Ich binn schon tiuerisch gespannt auf das nächste Kapitel.
 
Ah, ich hab gerade ein Kapitelchen zusammengeschrieben, in dem ich jeden Satz umarmen und heiraten könnte - es gibt einfach so Moment, in denen bist du so inspiriert, dass du genug Ideen in dir hast, um die Weltformel auszurechnen - oder etwas zu schreiben, für das du deine dir innewohnende Bescheidenheit überwindest und ein selbstgeschaffenes Kunstwerk als das zu würdigen weißt, was es ist: Ein Meisterwerk!

Äh...zu euphorisch :D. Aber ich finde, das ist mein bisher bestes Kapitel geworden. In zwei Wochen (halt, nein, in einer Woche und einem Tag!) könnt ihr die gleiche elementare Feststellung machen wie ich, werte Leser...

Kuchen. Schmecken. Gut!

Simon
 
Wunderbar, ist doch schön, wenn in der Osternacht ein Licht aufgeht und die Herzen der inDiabloiden wärmt. Wir freuen uns schon auf die Frohe Botschaft!
 
Simon, mir gefällt dieses Kapitel zwar - Aber du solltest manchmal nachsehen, ob es bestimmte Wörter gibt und wenn nicht, ob es eventuell andere Möglichkeiten gibt, auszudrücken, was du möchtest. Ein gutes Beispiel ist:
:confused:

Ich verstehe ja, was gemeint ist, aber was ist das denn bitte für ein Wort ;)

Ulli
 
Das ist ein Neologismus, Ulli :p.

Ganz einfach. Das Wort GIBT es nicht - das weiß ich. Und? Ist mir egal! Ich erschaffe Neues! Das ist Kunst! Das ist Freiheit! Das ist Abenteuer! Teil meines Stils! Was meinst, warum ich Rechtschreibprüfung immer aus hab? Weil es mir die Hälfte unterringelt, darum!

Und danke für das Gefallen-Finden ;).

Simon
 
Es wäre zu EINFACH, Ulli! Und lieber ein Wort als zwei, macht die ganze Sache kompakter :D.

Aaalso...dies ist das erste Kapitel, das mir schon sehr gut gefallen hat. Das nach dem wird noch besser - mal sehen, wie euch erst mal das hier taugt :D. Viel Spaß damit!

Simon


(on a side note, das war ne PEIN zu coden)
 
Kapitel 68 –Vermächtnis

Ich starre den Leichnam von Pratham an. Tiefe Schwertwunden, mindestens sechs, liegen nahezu unblutig über seinen Torso verteilt – kauterisiert von den brennenden Klingen der Eindringlings-Diener von Feuerauge. Seine rechte Hand umklammert immer noch fest die Lanze.
Neben ihm steht ein einzelnes Skelett – sein Erschaffungsort unklar: Der gesamte Boden ist blutüberströmt, Leichen liegen überall herum, davon sind manche explodiert, manche wurden zu Skeletten gemacht...deren Rest das ganze Rot mehlig überziehen wie Schimmelsporen...
Nur um Pratham herum liegen unberührte Gegnerkadaver.
Ich kann es immer noch nicht wirklich fassen. Pratham, mein erster wirklicher Freund, der Erste, der mich je verstanden hat – tot? Gefallen, um meinen einzigen anderen Freund zu beschützen...zu retten...dieser...Freund...der nun in meinen Armen liegt, sein Höhenflug durch die Palastkatakomben in fatalster Bruchlandung am Ende gescheitert. Das blaue Leuchten des Portalrings, in dem scheinbar nur Schwärze liegt, spiegelt sich sanft in seinen Tränen wider...wie die ganze Szenerie insgesamt sehr sanft wirkt: Die Gewalt ist vorbei. Ein Leben ist zu Ende, und viele Unleben – die Seelen der Dämonen sind wieder, wo sie hingehören. Der Palastkeller ist monsterfrei. Es ist still. Und friedlich.
Der Meister schluchzt laut auf und zerstört den Moment, und in die Leere meiner Gefühle strömen diese hinein: Wut, Trauer...Zorn.

„Pratham...Pratham...warum bist du nur so reingestürmt? Warum wolltest du mich retten? Warum...warum musstest du dein Leben nur für mich wegwerfen?“

Ich erstarre, als der Meister wieder in Schluchzen versinkt. Nein. Nein, das ist falsch. Das ist einfach falsch. Das darf nicht sein!
Ich stoße ihn weg. Er fällt rückwärts um, landet auf seinem Helm – ein Glück für ihn, sonst hätte er jetzt eine Beule. Egal! Ich springe auf, er weicht zurück. Mein Blick sprüht Funken, das weiß ich, ohne dass ich dafür Augen brauche – jetzt brauche ich etwas...zu schreiben!
Ich sehe dorthin, sehe hierhin, hektisch, frenetisch, fanatisch, verdammt! Was...ah.
Die Lendenschürze der Tölpelträger sind zu dunkel und überströmt von ihrem eigenen Blut. Die Eindringlinge trugen nur Gürtel. Das einzig Beschreibbare im ganzen Raum, das einzig saubere ist – Prathams Hemd. Die Gegner tötete er auf Distanz, und er selbst vergoss keinen Tropfen darauf.
Ich reiße ein Stück ab, während der Meister mich kauernd, verständnislos ansieht – soll er. Ich rage über ihm auf, als ich meine Hand hochreiße und mir die Klauen der rechten in den linken Arm bohre. Er schreit laut auf, aber ich verziehe meine Miene des Zornes und der Entschlossenheit nicht um einen Millimeter, während ich präzise, kleine Lettern auf den begrenzten Platz mit meinem eigenen Blut male, den der Stoff bietet.

Sag das nicht. Er warf sein Leben nicht weg.

Der Meister starrt den Stofffetzen an, während seine Hand an seinen linken Arm wandert, von dem langsam rubinene Tropfen hinabgleiten...aber er lässt sie wieder sinken, als er es gelesen hat, und ergibt sich den Schmerzen einfach, als er mit erstickter Stimme antwortet.

„Aber...das war so sinnlos...so umsonst...und...“

Und? Ich beende seinen Satz für ihn.

Ja, und du bist schuld.

Er schreit laut auf, als ich neues Blut zum Schreiben brauche, weil das aus der ersten Wunde für meine zornigen Worte nicht reicht, und ein leiserer, verzweifelter Schrei dringt aus seiner Kehle, als er die Worte liest.

„Du...du hast so Recht...so Recht...ich weiß es...ich wusste es schon länger...ich bin schlecht...Golem!“

Er packt mich, aufspringend. Ich bin etwas überrascht von diesem plötzlichen Ausbruch.

„Golem, strafe mich! Verurteile mich nur, du weißt, was für ein Mensch ich bin...der Abschaum der Gesellschaft...wirklich...Griez hatte Recht...Alle hatten Recht...ich verdiene es nicht, zu leben...sag es mir ins Gesicht. Sag es mir!“

Ich starre ihn an. Wie...?
Er wendet sich ab, Tränen aus seinem Gesicht wischend. Dann, plötzlich, wendet er sich mir wieder zu – und ein irres Grinsen blickt mir entgegen.

„Ich hatte die Idee schon länger, und sie in Gedanken perfektioniert – aber ich habe sie dir vorenthalten...obwohl du es doch so wolltest! Warum habe ich es getan? Habe ich mich doch gefürchtet vor deiner Kritik? Dass du mich hassen würdest für das, was ich getan habe?
Ich wollte dich doch überraschen damit, nachdem wir die Sonne wieder haben erscheinen lassen – mein Triumph sollte auf dich herabglänzen! Und dann kam so viel dazwischen...Griez...meine Rache...ja, die, die eigentlich das ganze Problem darstellt, nicht wahr? Tut sie das nicht? Sag es mir!“

Himmel...ist es endlich so weit...ist er komplett verrückt geworden? Dieser Wahn der letzten Stunden...er war zwar nie normal...aber warum bricht seine geistige Gesundheit jetzt so plötzlich weg? Was soll ich machen...?
Er hebt den Stab. Nicht...!

„Halt still!“

Den Teufel werde ich...AH! Ich zittere vor Schmerzen, internen Krämpfen, die mich zu schütteln versuchen, aber ich muss stillstehen, stocksteif, statuesk, dem Befehl folgend, als er seinen Stab auf meine Kehle richtet...

„Du hast mich gehört! Sag es mir!“

Die Spitze des Stabs leuchtet...ich versuche, Millimeter zurückzuweichen, in der Toleranz des Befehls zu bleiben, aber er berührt...meine Kehle...und sie...schmilzt! Ich spüre, wie sich mein Fleisch verformt, Blut meine Brust herabrinnt, als sie mein Hals auflöst...
Gaagh...ich bekomme...keine...Luft...
Ich klappe hustend zusammen, Lebenssaft spuckend. Unsanft auf dem Boden landend, dem Meister gegenüber, der immer noch manisch grinst, obwohl er hustet wie ich...meine Hände fahren an meine Kehle.
Sie ist...normal? Nein, nicht ganz...etwas...steht vor?
Ein Kehlkopf? Hatte ich den bisher nicht? Nein, dieser Hals ist definitiv dicker, als der, den ich kenne. Und was heißt das...?
Der Meister steht auf und stellt sich über Prathams Leiche; dann kniet er sich langsam hin und schließt ihm die Augen.

„Komm schon...ich weiß, dass es funktioniert hat. Es muss funktioniert haben. Sag es mir!“

Ich...AH! Krämpfe! Schmerzen! Sie werden immer schlimmer! Eine Befehlsverweigerung? Aber welcher Befehl? Welcher? WELCHER?
Der letzte? Sagen, ob es funktioniert hat? Es...

„Es hat funktioniert!“

Der Meister erstarrt und dreht sich langsam zu mir um.

„Siehst du...wusste ich doch.“

Ich starre ihn mit offenem Mund an. War das gerade...

„Habe ich...ah...ich habe es gesagt?“

Er lächelt freudlos.

„Ja, Golem...ja. Du kannst jetzt sprechen. Die Idee ist mir bald nach dem Sieg über Reißzahn gekommen – nach deinem Sieg. Es ist simpel – du brauchst doch nur die benötigten Organe, Stimmbänder, Zunge und so weiter...solltest du von jetzt an an der Kehle verletzt werden, werde ich den gleichen Schaden erleiden, weil du jetzt Kopien von Stimmbändern hast, statt wie bisher nur Blutgefäße. Aber das ist doch völlig irrelevant. Komm, sag mir, was du von mir hältst, jetzt, wo du es kannst.“

Ich denke hektisch nach...und werfe meine Gedanken um. Es ist völlig egal, dass ich jetzt endlich kann, was ich mir so lange erträumt habe. Es ist völlig egal, dass ich etwas sagen kann – es ist wichtig, was ich sage.

„Meister, erlaubt mir, mit einer Gegenfrage zu antworten. Seid Ihr völlig verrückt geworden?“

Mit nur geringem Interesse stelle ich fest, dass meine Stimme seiner exakt ähnelt – kein Wunder, wenn ich genau Kopien seiner Organe besitze. Größeres Interesse weckt allerdings, dass ich absolut keine Probleme habe, die Worte zu formen, obwohl ich das doch das erste mal tue – aber egal! Egal! Der Meister legt seinen Kopf in den Nacken und lacht.

„Meister? Meister? Ich bin es nicht wert, so genannt zu werden. Ich bin überhaupt Nichts wert.
Aber um deine Frage zu beantworten...um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Ich dachte einmal, ich wüsste es. Ich dachte, ich wüsste, was mich treibt, bevor ich getrieben wurde, Dinge zu tun, die ich mir nie erträumt hätte.“

Ich überlege kurz.

„Ihr seid anders, seit die Sonne wieder aufging...ist es...das Amulett?“

Der Meister starrt an seiner Brust hinab, und der stilisierte Schlangenkopf starrt weiter ins Leere. Er kichert.

„Nein, nein, nein...Golem, das ist es garantiert nicht. Ich kann es gerne ablegen.“

Er tut es. Ich schüttle derweil den Kopf und stehe auf, um in die Schwärze des Portals zu starren, die immer wieder von weißen Lichtpunkten durchbrochen ist, die sich bewegen. Dann balle ich meine Faust zusammen. Es wird Zeit für Klartext, wo ich doch genau weiß, was sein Problem ist.

„Stimmt, Meister, das ist es garantiert nicht. Ich bin mir sogar sicher, dass ich weiß, was es ist.
Ihr kommt nicht damit zurecht, kaltblütig Menschen getötet zu haben.“

Bei den letzten Worten fahre ich herum und richte meinen Finger anklagend auf ihn. Sein Gesicht ist ausdruckslos, als er den Kopf sinken lässt.

„...ja.“

Ich fahre fort.

„Ich denke, das ist es. Diese rastlose Energie, diese Eile, die Euch umtrieb, seit der Dolch in zwei Kehlen fuhr, deren Besitzer sich nicht wehren konnten. Immer schneller auf der Flucht vor der eigenen Erinnerung?“

Ich beginne, herumzugehen.

„Das ist doch typisch für Euch, nicht wahr? Sobald Alles gut geht, ist die Welt in Ordnung. Wir töten Monster, wir retten Menschenleben, wir machen sogar ein paar Leute glücklich. Niemand kann uns etwas anhaben, und dann...kommt der Übermut...der Hochmut...vor dem Fall. Immer und immer wieder.
Und jedes Mal ist der Fall größer. Schmerzhafter. Zunächst hat Euch der Hochmut viele Freunde gekostet – und Ihr musstet Euch eingestehen, dass Euere Vergangenheit doch nicht einfach beiseite geschoben werden kann. Dann hat Euch der Hochmut eine bestimmte Freundin für immer gekostet – und Ihr wolltet Euch dafür sogar das Leben nehmen? Und jetzt, nachdem der Hochmut dafür gesorgt hat, dass ein potentieller Freund zu einem Todfeind wurde, und dafür, dass ein wirklicher Freund auch für immer von uns gegangen ist – was kommt dann?“

Ich packe ihn an den Schultern, als er still bleibt.

„Redet mit mir, jetzt, wo ich es mit Euch tue! Bisher seid Ihr doch immer nur feige gewesen, oder nicht? Ihr seid vor den Problemen weggerannt. Ich will nicht abtun, dass Ihr genug von denen hattet, mehr, als ein Kind in Euerem Alter damals haben sollte, und mehr, als Ihr jetzt haben solltet. Aber das ist kein Grund, sich den Problemen nicht zu stellen.
Ihr habt doch erkannt, dass Euere vergangenen Schwierigkeiten Euch beeinflussen? Dass Ihr nicht in der Gegenwart klarkommt, wenn Ihr nicht mit Euch selbst und den Dämonen in Euch ins Reine kommt?
Wie sagte Deckard? Bekämpft das Monster. Und? Habt Ihr seinen Rat befolgt? Nein. Ihr rennt immer noch vor der Konfrontation weg. Jetzt wurde das Wegrennen sogar physisch – den Keller hinab, in die Zuflucht. Sollte Euch die retten? Horazons Rückzugsort vor der Welt, Euer Rückzugsort vor sich? Dass die Vergangenheit Euch eingeholt hat, hat Kaelan das Leben gekostet. Ob er es verdient hat oder nicht, die Art, wie es geschah, war falsch. Also? Die Vergangenheit hat Euch eingeholt. Das Rennen hat Nichts gebracht. Ihr seid gestolpert, und der Fehler war tödlich – für ihn. Und wieder. Ihr rennt hier hinunter, immer schneller, immer besser, immer tiefer – und was passiert? Ihr stolpert – und Pratham muss es ausbaden!“

Der Meister atmet schwer, wie ich es auch tue, heiser nach der kurzen, aber feurigen ersten Rede meines Lebens. Dann flüstert er tonlos.

„Wie ich schon sagte...er hat sein Leben für meines weggeworfen...mich hätte es erwischen sollen...“

Ich packe ihn, reiße ihn auf die Beine und gebe ihm eine Ohrfeige, die ihn sofort wieder zu Boden wirft. Meine Wange schmerzt, aber es ist mir egal. Ich ziehe ihn wieder hoch und halte ihn mir vors Gesicht.

“Ihr sollt so was nicht sagen! Prathams Tod war nicht umsonst! Genauso, wie es Kaschyas nicht war!“

Er zuckt tief getroffen zusammen.

„Aber...er hätte nicht sterben müssen...wenn ich anders gehandelt hätte...“

Ich reiße meine Arme hoch und lasse ihn zu Boden fallen.

„Wenn, wenn, wenn! Wenn Diablo nicht wiedergekommen wäre, dann wären beide noch am Leben! So ist es nun einmal, das können wir nicht ändern. Aber ich lasse nicht zu, dass solche Gedanken sein Andenken beflecken! Ihr seid die verdammte Hoffnung dieser Welt, und wenn Ihr draufgeht, kann Sanktuario einpacken! Wir sind auf bestem Wege, Diablo aufzuhalten, und es war Prathams gottverdammte Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Ihr dieses Ziel erreicht! Das war ihm immer klar, das ist mir auch klar: Es ist egal, wenn wir scheitern, solange Ihr es schafft. Das ist nicht unser Kampf. Das ist ganz allein Euere Mission. Selbsternannter Retter der Welt, was? Dann handelt so! Er hat an Euch geglaubt. Sie hat an Euch geglaubt. Sogar ich glaube noch an Euch. Ich weiß, dass Ihr es schaffen könnt, wenn Ihr Euch verdammt noch eins zusammenreißt und Euer Ding tut.“

Er hält sich die Hände vors Gesicht.

„Wie kann ich das schaffen...wie soll ich das denn nur schaffen? Ich kann noch nicht einmal meine eigenen Dämonen besiegen, wie soll ich Diablo bezwingen? Bevor noch mehr Menschen durch mich sterben, sollte ich lieber aufgeben...“

Er zieht das Jade-Tan-Do...
Ich packe mein linkes Handgelenk, hebe mein Knie, und breche es mir daran. Der Meister brüllt und lässt den Kris fallen, den ich wegtrete. Ich packe ihn am Kinn und sehe ihm aus nächster Nähe in die Augen.

„Das tut Ihr nicht. Ich bin hier, um dafür zu sorgen, dass Ihr Eueren Job tut, genauso wie ich dafür sorgen muss, dass Ihr überhaupt überlebt, um das zu tun, wenn Ihr eventuell Lust dazu habt. Meister! Hier wird nicht aufgegeben. Pratham ist gestorben, um Euch eine Chance zu geben, trotz Euerer Fehler hier unten weiterzumachen mit der Mission, und das tut Ihr! Natürlich ist das hart, aber Niemand hat gesagt, dass es leicht wird, oder nicht? Ich kann Euch nicht helfen, mit Eurer Vergangenheit klar zu kommen, das könnt Ihr nur selbst. Aber tut es, und schnell, und während wir weitermachen, weil wir einfach keine Zeit für Nabelschau haben. Auf, auf, erschafft Skelette, sammelt Wertvolles, ich heile uns an frischen Toten und dann holen wir Diablo ein!“

Der Meister nimmt seinen Stab wortlos in die rechte Hand und beginnt noch im Kauern, unsere Armee wieder aufzubauen. Er lässt die Gegnerleichen, die von Pratham selbst getötet wurden, in Ruhe dafür. Es sind genug andere da. Unter anderem Feuerauge, der einen wunderschönen Magier abgibt. Einen Giftmagier, so wenig Respekt hat der Meister.
Als er fertig ist, und unsere Hände wieder in Ordnung, rückt er seinen Helm gerade, sieht ein letztes Mal Pratham an, und richtet den Blick dann geradeaus durch das Portal, neben dem ich wartend stehe.

„Golem...ich denke, es war ein Fehler, dir das Sprechen so lange zu verwehren...
...vielen Dank...für meine Bestrafung.“

Er schreitet durch das Portal. Ich erlaube mir ein grimmiges Grinsen und murmle halblaut zu mir selbst, während die Skelette an mir vorbeiziehen, den toten Söldner mit der weißen Weste fest im Blick.

„Tja, Pratham, so weit ist es wieder gekommen...die Arbeiter retten ihren Meister...vor sich selbst. Wie du prophezeit hast. Aber dass es so weit kommen musste, damit er wieder auf den Boden der Tatsachen findet...
Danke auf jeden Fall dafür. Danke für Alles, was du für ihn getan hast, auch, wenn er es vielleicht nicht gemerkt hat. Meine Aufgabe wird unendlich schwerer ohne deine Stimme der Vernunft an meiner Seite, aber vielleicht...wird meine eigene ja zu der seines Gewissens...ist immerhin seine.
Leb wohl, mein Freund.“
 
hmm... also irgendwie hab ich ja nicht mehr damit gerechnet, dass er irgendwann sprechen kann. Das macht natürlich jetzt völlig neue Strategien möglich... bin ich ja schon gespannt auf die Kämpfe in der Zuflucht.
Tolles Update :top:

...ist immerhin seine
:lol:
 
Klasse dass er endlich sprechen kann, ich habs auch nicht erwartet.

Hoffentlich ist der Meister jetzt fertig mit Durchdrehen...

Zunächst hat Euch der Hochmut viele Freunde gekostet – und Ihr musstet Euch eingestehen, dass Euere Vergangenheit doch nicht einfach beiseite geschoben werden kann.
Ich will nicht abtun, dass Ihr genug von denen hattet, mehr, als ein Kind in Euerem Alter damals haben sollte, und mehr, als Ihr jetzt haben solltet.
Müsste glaub ich "Eure Vergangenheit" und "Eurem Alter" heißen.
 
Jo, mit dem "Euere - Eure" war ich mir nie so richtig sicher, ich denke, ohne E ists schon richtiger, bessere ich mal ein wenig nach.

Sonst bin ich froh, dass ich euch überraschen konnte - und Danke, dass es euch gefallen hat, überrascht zu werden ;).

Ich hatte ursprünglich geplant, mit dem Eisengolem die Sprache zu bringen (DASS er mal sprechen würde, war mir von vorneherein klar), aber es ist nahe genug an Akt 3, dass ich das vorziehen kann, und die Gelegenheit ist schlicht perfekt.

Simon
 
Hrhr :>

Nen echt gutes Kapitel :)

"Blutsbrüder - Ich denke, also bin ich".. der Titel passt ja, du machst aus dem einfachen Diener ja fast einen Menschen :D
(In Sachen Gewissen, Moral, Leistung, etc. isser doch iwie besser als das "Original")

TwinYawgmoth schrieb:
Ich hatte ursprünglich geplant, mit dem Eisengolem die Sprache zu bringen (DASS er mal sprechen würde, war mir von vorneherein klar), aber es ist nahe genug an Akt 3, dass ich das vorziehen kann, und die Gelegenheit ist schlicht perfekt.

Simon

Nochn neuer Golem :D
Wird der jetzige Golem wieder umgebracht ;)?
Hackfleisch á la Duriel:ugly:?


€: Kommt noch was mit Kaa dem Seelenlosen ;)? Hast diesen schließlich bei der Sachen mit diesen Katzen auch eingebracht :confused:
 
(Laut Yawi) der Erfinder des Jade Tan Do!
Also, wenn ich ihn richtig verstanden habe, kommt der noch.
Jedenfalls hat er ihn auf dem Weg zu Duriel mit seinem Tornadostormer und meinem Meelee-Necromancer kommentiert, in Bezug auf die Geschichte.
 
[...]und ein leiserer, verzweifelter Schrei dringt aus seiner Kehle, als er die Worte liest - "ich muss kacken..."

trotzdem sehr gut geschrieben, dass muss ich neidvoll anerkennen :top:
 
Zu Kaa mal ein dezentes "no comment" ;). Kann ja nicht Alles spoilern :p.

Ich dachte im Übrigen, dass er klar wäre, dass mit jedem Akt ein neuer Golem kommt - hab ich das nicht schon gesagt :confused:? Wenn nein, ups, schon wieder gespoilert...

Dann noch Danke für euer Lob und ein "hä?" an papabaer...

Ach ja, und festgestellt, dass "eure" und "euere" beides möglich sind, also behalt ichs dabei, Pi mal Daumen das eine oder andere zu nehmen :D.

Simon
 
Jeden Akt ein neuer Golem...
Aber Du hast doch nur noch 2, aber noch 3 Akte!
(Feuergolem auf nem Summoner?)
 
Vielleicht wird in Akt5 wieder der Tongolem übernommen und der Golem muss sich wieder mit dem alten Golem des toten Generals auseinandersetzen :)

Apropos, wo bleibt das Update :D?
 
nerienna schrieb:
Jeden Akt ein neuer Golem...
Aber Du hast doch nur noch 2, aber noch 3 Akte!
(Feuergolem auf nem Summoner?)

Tja, immer diese Spekulationen, was :D?

Anyway, Venom hat in seiner Gier ausnahmsweise Recht: Mir ist langweilig, das Kapitel muss hier irgendwo rumfliegen (im Zweifelsfall unter "gesendet" bei GMX), also bekommt ihr das jetzt, ihr Glücklichen! Wie schon angekündigt, ich liebe es. Ihr hoffentlich auch.

Frohe Ostern!

Simon
 
Kapitel 69 – Kuchen

Als ich durch das Portal trete, nach einem letzten Blick auf die Leiche meines Freundes, muss ich erst einmal kurz stehen bleiben.

Vor mir führen zwei Treppen, im rechten Winkel zueinander angeordnet, gekurvt nach unten, sodass sie sich an einer Plattform vereinigen, von der aus vier Wege in alle Richtungen abzweigen. Sämtliche Oberflächen sind aus einem steinartigen Material, das dennoch metallisch anmutet...jedoch von absolut neutraler Temperatur ist. Auf jeden Fall ist es silbrig...grau...bläulich? Schwer festzustellen.
Die Treppen, die Plattform und die Wege haben kein Geländer...und keine Fundamente...neben ihnen, unter ihnen, zwischen ihnen – Nichts. Einfach...Schwärze. Leere. Die Plattform drei Meter auf drei, die Wege einen breit und irgendwohin führend – der Blick in die Ferne...ich muss ihn abwenden, es ist enorm. Riesige Metallsteinwasauchimmergebilde, enorm, gewaltig, dennoch filigran, künstlerisch, übereinandergestapelt, gefaltet, eine Architektur, ein Gemälde, ein Stilleben, wie die Landkarte des Gehirnes eines wahnsinnigen Genies...
...zu nahe an der Wahrheit, wie ich vermute, um gesund zu sein. Ich sehe die Wege von schräg oben. Und sie schweben in...nicht in der Luft. In der Schwärze. Bewegungslos, und doch...die Schwärze ist durchzogen von...Lücken. Weiße Punkte sind es, aber sie sind nicht wie Sterne, nicht wie Flecken – es sind...Löcher. Weiße Löcher in einem schwarzen Pergament. Es scheint durch den Schleier des Nichts...Etwas. Licht? Nein. Einfach nur...Weiß.
Sie bewegen sich, die...Löcher? Punkte? Das Weiß. Myriaden von ihnen, unzählbar auf dem endlosen, schwarzen Hintergrund, schnell, langsam, so fix, dass sie Striche hinter sich herziehen, weil das Auge mit der Bewegung nicht mitkommt, so lahm, dass sie fast stillstehen – aber eben nur fast...und sie überdecken sich nie! Zwei weiße Löcher treffen sich auf keinen Fall. Sie alle laufen parallel nebeneinander, mit unterschiedlichster Schnelligkeit, aber keines holt das andere ein, aber keines wird je langsamer...
Ich schließe die Augen...und die Schwärze bleibt. Ich habe gar keine Augenlider, fällt mir jetzt erst auf – und? Bisher hat es funktioniert, ich wollte Nichts mehr sehen, ich sah Nichts mehr. Aber jetzt...wie kann ich Schwärze ausblenden? Und warum sind da immer noch diese weißen Löcher?
Ich wanke die Treppe hinab, am Ende meiner geistigen Gesundheit. Wie soll ich hier nur...ah...ich falle hin, gerade so nicht hinab.
Langsam krieche ich die Stufen hinab, das Gesicht dicht über ihnen, nur das seltsame Material im Blick, aus dem sie bestehen, auf keinen Fall die Schwärze, die Löcher darin, die Unmöglichkeiten, die Paradoxe, den...Wahnsinn.
Ich stoße mir den Kopf. Langsam sehe ich hoch...was hielt mein Kriechen auf?
Es ist ein Kelch...flach, auf dünner Stange stehend, leer. So etwas habe ich schon einmal gesehen...
Ich stemme mich hoch, um die ganze Struktur zu sehen: Tatsächlich! Ein Wegpunkt! Dies ist eine der beiden Stellen, worin später blaue Flämmchen brennen werden.
Die vertraut anmutenden Runen, obwohl diese doch nur Relikte einer uralten, fremden Sprache sind, der eindeutige Stein, das ganze bekannte Gebilde holt mich zurück. Endlich kann ich wieder klar denken, weg von Schwärze mit Punkten darin, hin zu...

Wo ist der Meister?
Ich springe sofort auf, nachdem dieser Gedanke sich in mein Hirn gebohrt hat – er wird doch nicht...
Er sitzt vor mir, die Füße über den Rand der Plattform gehängt, in deren Mitte der Wegpunkt liegt, in die Ferne starrend, unbewegt. Das eine Skelett steht neben ihm, verloren wirkend.
Ich überlege kurz...wird er erschrecken? Ich halte vorsichtshalber meine Hand bereit.

„Meister?“

Er bewegt sich nicht, antwortet aber, mit ruhiger Stimme.

„Ah, Golem, schön, dass du da bist. Setz dich doch ein wenig zu mir.“

Ich bleibe stehen, weil das kein Befehl war, sondern eine Einladung...ja?
Ja. Ich darf. Ich schüttle den Kopf, auch wenn er es nicht sehen kann.

„Meister, wir dürfen jetzt nicht trödeln – wenigstens das muss unser hastiges Vorgehen oben gebracht haben, Diablos Vorsprung entscheidend schrumpfen zu lassen!“

Er schlägt plötzlich mit der Faust auf den Boden neben sich.

„Verdammt, ich sagte, du sollst dich setzen!“

Eine Feststellung, kein Befehl – aber ich tue ihm den Gefallen. Ich muss. Sein Zustand ist immer noch höchst labil...was hat ihn denn jetzt schon wieder so aufgeregt? Von völlig ruhig zu so einem Ausbruch...ich lasse auch die Beine baumeln, krampfhaft meine Füße anstarrend – das Nichts ist zu viel für mich. Ihn scheint es nicht zu stören, er schaut weiter hinaus in die Ferne. Es dauert eine Weile, bis er zu flüstern beginnt.

„Ich dachte, gerade du würdest verstehen, dass es genau jetzt der richtige Zeitpunkt ist, ein wenig nachzudenken – und zu trauern.“

Oh.
Oh, verdammt, natürlich.
Was habe ich mir denn jetzt dabei gedacht? Vorher rüge ich ihn, dass er mit sich klarzukommen hat, und zwar schnell, und jetzt will ich ihm keine Zeit dafür lassen – wo er sich doch vorher selbst keine Zeit dafür gelassen hat, und das hat Pratham ja das Leben gekostet...? Himmel...

„Meister...ich...“

Er seufzt.

„Schon gut, Golem. Auch du meinst es nur gut. Die Mission steht im Vordergrund, nicht wahr? Unsere Weltrettung – ha, du solltest mein Diener sein und mich dabei unterstützen, und jetzt muss ich nicht aufgeben und dich dabei unterstützen, oder?“

Ich setze zu einer Antwort an, aber er ist noch nicht fertig.

„Die Ironie ist köstlich. Ich habe doch anfangs dafür gesorgt, dass du funktionierst – ein Tongebilde, das Schläge von mir fernhält. Du hast funktioniert. Sehr gut sogar. Bis du angefangen hast...mehr zu sein. Und als ich zusammengebrochen bin, hast du dafür gesorgt, dass ich funktioniere – immer und immer wieder. Langweilt dich das nicht langsam?“

Ich schweige. Ich ahne, worauf er hinauswill, und es verursacht mir Magenschmerzen, die ich eigentlich nicht haben sollte, in Ermangelung des Organs.

„Also, Golem, du bist doch der, der über das Funktionieren hinausgewachsen ist, nicht wahr? Sag mir ganz ehrlich, wäre es dir lieber, eine reine Pfeilblockmaschine zu sein?“

„N...nein. Nicht im Geringsten.“

„Warum muss ich dann eine Weltrettungsmaschine sein?“

Genau diesen Schluss von ihm habe ich befürchtet, weil ich ihn zwar auch gezogen habe, aber viel zu spät...gerade eben erst nämlich. Derweil ist es doch so klar...warum beschwere ich mich eigentlich darüber, dass er mit mir macht, was er will, wenn ich das Gleiche doch mit ihm mache? Er versuchte immer, mich zu Jemand zu formen, der bedingungslos Befehlen gehorcht und keine Fragen stellt, der nicht unbequem ist. Und ich versuche, ihn zu Jemand zu formen, der menschlicher wird, der Moral zeigt, Werte hat...aber ist das nicht besser?
Halt, halt, halt. Ich belüge mich hier selbst. Das ist nicht das, worauf er hinauswill, und ich weiß, dass es nicht das ist, weil mir mein Fehler nur zu klar bewusst ist – und der verursacht mir ja auch diese Schmerzen, diese gefühlten.
Es geht ihm darum, dass ich hier genauso gefühllos wie er handle, um ihn dazu zu zwingen, sein Ding zu tun – egal, ob er das jetzt will oder nicht. Oder ich unterstütze Andere dabei, ihn voranzutreiben. Wie...Pratham.
Himmel, ich habe Prathams Vermächtnis dargestellt als dessen Wunsch, dass der Meister macht, was ich meine, das er zu tun hat!
Natürlich, natürlich muss er es tun. Nur er kann die Welt retten, nur er kann Sanktuario von Diablo befreien. Aber er ist doch immer noch...Mensch?
Genauso wie ich...verdammt, menschlich bin. Gefühle habe. Genauso, wie ich zwar immer noch meine Aufgabe habe, ihn zu schützen, und das auch tue, aber in dieser Aufgabe auch diese Gefühle behalten will!
Ich will nicht nur funktionieren...und, das wird mir viel zu spät klar – er doch auch nicht?
Jetzt starren wir beide auf unsere Füße. Er ist beschämt, weil er, eigentlich schüchtern, wenn es um ihn selbst geht, so aus sich herausgehen musste, und direkt angesprochen hat, was ihn stört...und ich bin beschämt, weil mein Handeln ihn stört!
Wer von uns bricht das Schweigen zuerst? Sollte ich nicht warten, bis er es tut, wo es doch so wichtig ist, dass er endlich beginnt, sich Gedanken um sich selbst zu machen?
Nein.
Nein, das ist doch das komplett falsche Denken! Das ist es doch, was ich gerade als so falsch erkannt habe! Dass ich ihn so krampfhaft verändern will...im Klartext, es wird Zeit, dass ich ein wenig über mich nachdenke. Aber...laut. Jetzt, wo ich es kann.

„Meister...ich verstehe. Ich verstehe viel zu spät. Es...es tut mir Leid...Leid, dass ich...“

Er sieht mich an.

„Dass du was...dass du versucht hast, mich zu dem zu machen, was die Leute von mir erwarten? Golem, das ist nicht etwa egoistisch oder grausam, das ist genau das, was man von dir erwartet hat, und du hast es mit Bravour gemeistert, wie jede Aufgabe, die dir bisher gestellt wurde. Sogar ich habe von dir erwartet, zumindest gehofft, damals, dass du mir helfen kannst aus meiner persönlichen Krise. Jeder hat gehofft, dass du Derjenige bist, der den potentiellen Retter der Welt zu einem wirklichen machen kannst. Denkst du, Niemand hat gemerkt, was für einen guten Einfluss du auf mich hast? Ich habe das gemerkt! Ich! Natürlich wirst du von Deckard eingespannt, mich wieder auf die rechte Bahn zu bringen. Natürlich denkt Atma, du könntest mir besser ins Gewissen reden als sie selbst. Auch das habe ich mitbekommen – ich werde noch zu einem richtigen Menschenkenner, nicht wahr?
Und denk dir was – ich bin Keinem von euch böse. Dir nicht, weil du – höchstwahrscheinlich auch zu großen Teilen in Eigenregie – diese traurige Entschuldigung eines Meisters zu einem wahren Weltretter machen wolltest, und den anderen nicht, die dieses Potential in mir doch erst erkannt und gefördert haben.
Ich bin euch Allen dankbar, und mache keine Vorwürfe, ich habe nur eine Bitte, eine einzige:
Lasst mich – einmal, kurz, vielleicht – aus meiner Rolle ausbrechen...lasst mich doch mal die Maske des Messias' ablegen...lasst mich doch mal mich sein!“

Was soll ich auf diesen Hilferuf nur sagen? Mir ist nicht im Mindesten wohler, obwohl er mir gerade die Absolution für meine Verfehlungen erteilt hat. Ich kann nur...minderwertig reagieren...den Dolch tiefer in die Wunde drücken, in der Hoffnung, dass ich dabei die Infektion herausschneide.

„Wer seid Ihr denn?“

Der Meister starrt mich verzweifelt an.

„Wenn ich das wüsste? Golem, dann wäre ich schlauer, in der Tat. Was denkst du? Was bin ich? Wer bin ich?“

Himmel, was muss er mir diese Frage stellen – es fällt doch immer auf mich zurück...ich könnte ihn jetzt formen, zu dem, was er sein soll, zu dem bringen, was er zu tun hat – immer noch, trotz dieser Krise. Ich könnte ihm einreden, dass er zu akzeptieren hat, dass er Niemand anders ist als der General, der Totenbeschwörer, der diese Welt retten wird. Ende. Es würde vielleicht funktionieren, wenn ich die richtigen Worte wähle, aber wie lange? Wie lange, bis er die nächste Identitätskrise bekommt? Diese Lösung hat schon einmal versagt, und ich habe damals nicht erkannt, dass es unvermeidlich ist. Aber was soll ich sagen? Wer ist er wirklich? Wenn er es selbst nicht weiß...wie soll ich das denn wissen?
Muss ich ausweichen...?

„Meister...worauf habt Ihr denn gerade Lust? Was wollt Ihr tun?“

Sein Blick fährt zu mir herum, und entschwindet dann wieder im Nichts. Diese Frage hat er nicht erwartet. Er überlegt, und ich überlege...was ist er...

„Ich will einen Kuchen von Atma.“

Jetzt fährt mein Blick zu ihm – diese Antwort habe ich nicht erwartet. Oder...hätte ich das sollen?

„Ihr wollt...wieder Kind sein?“

Sein bisher leerer Blick wird leuchtend.

„Ich hatte seit Ewigkeiten keinen Kuchen mehr. Früher habe ich sie immer gestohlen. Sie waren zu verlockend. Ich wusste, ich würde dafür gewaltigen Ärger bekommen, aber es war – Kuchen!
Das war damals, Golem – und ich will jetzt, genau jetzt, wieder einen. Du sagst doch immer, man muss mit der Vergangenheit abschließen...aber ich habe eben keine Lust dazu. Ich will nicht wieder Kind sein – aber ich will einen Kuchen!“

Und damit grinst er mich an – sein erstes, richtiges, fröhliches, freches, unverschämtes Grinsen seit einer viel zu langen Zeit. Dieses Grinsen, das ich ausnahmsweise wirklich liebe. Und es lockert etwas in mir. Spannung, Trauer, Eile, das Gewicht einer ganzen Welt, für die wir Verantwortung tragen – kurz hebt es sich, für diesen Moment des Unsinns. Kuchen. Ja, Kuchen! Ich will einen Magen, ich will Geschmacksknospen, ich will auch Kuchen, den ich noch nie hatte!
Wir lachen. Zwei gleiche Stimmen vereint in unverfälschter Freude, weil wir erkannt haben, gleichzeitig, dass das Leben einfach mal Kuchen braucht. Egal, wie hart es ist, man kann und man muss sich seine Freude im Zweifelsfall künstlich schaffen – um wahre Freude zurückzugewinnen. Der Kredit an Fröhlichkeit, das ganze Glück, dass die schlimmen Dinge im Leben sich von dir ausleihen und nicht zurückgeben – auf einmal wirft er doch Zinsen ab. Nur wenig, aber es reicht, um weiterzumachen.

Der Meister wollte eine kurze Auszeit, um Pratham zu betrauern. Haben wir nicht getan, fällt mir gerade ein – aber wozu? Kuchen schlägt Trauer. Das Prinzip eines Leichenschmauses, verinnerlicht von uns durch die vereinte Idee vergangener Süßigkeit – der Tote ist von uns gegangen – aber wir leben. Und freuen uns über diese Tatsache und für ihn, dass er in einer besseren Welt ist. Wir gewinnen auch diesem Verlust noch etwas ab. Wir pressen Freude aus dem größten Granitblock des Weltschmerzes.
Siehst du uns lachen, Pratham? Wir freuen uns für dich, weil du sicher auch wolltest, dass wir nicht traurig sind!
 
Also ich wär ja eher für :keks:e statt kuchen... btw, kotzen die den dann nicht wieder raus, wenn die sich die Zukunft wieder angucken? :D
sehr kurzes, inhaltsloses Kapitel... aber die Schilderung der Reaktionen des Golems auf die Zuflucht sind genial :top: Ich hab beim allerersten Mal auch nen Drehschwindel bekommen. :hammer:
P.S. zumal Kekse auch ne schickere Überschrift wär :p
 
Zurück
Oben