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Blutsbrüder [Ich denke, also bin ich: Teil 2]

Kapitel 18 – Der Weg zu Baal

Missmutig trottet der Meister weg von dem Stadtportal, vor dem die Söldner Spalier stehen, dabei herablassend grinsen. Aus Fenstern schauen unserem seltsamen Auftritt Gesichter zu, und nicht wenige Finger deuten auf mich, was ich irgendwie spüren kann, ohne hinzusehen, und auch nachvollziehen.
Nur wenig entfernt von dem Platz, an dem sich das Stadtportal geöffnet hat, ist Atmas Taverne. Sie steht davor und sieht uns mit großen Augen an, als wir uns, immer noch flankiert von im Gleichschritt trabenden uniformierten Männern, nähern. Diese benötigen einen Moment, um stehen zu bleiben, nachdem der Meister dies auch getan hat, vor Atma nämlich. Der Moment zieht sich, und erste Gesichter werden verärgert auf hoch erhobenen Köpfen über stocksteifen Körpern, als die Söldner offensichtlich überlegen, wie viel Unannehmlichkeit sie in Kauf nehmen wollen für diese kleine Farce. Dann findet Atma ihre Sprache wieder.

„Du hast ihn getötet, oder?“

Der Meister nickt.

„Dieser Blitz, der vom Himmel kam...ich habe ihn gesehen. Und da wusste ich es. Ich fühlte mich so befreit...“

Der Meister nickt wieder und lächelt. Atmas Lippen umspielt auch so ein Ausdruck, aber ihr Lächeln ist ungleich befriedigter – und grausamer.

„Sie sagen, dass der Geschmack der Rache bittersüß sei...aber ich mag ihn.
Danke. Vielen Dank. Jetzt können mein Mann und mein Sohn in Frieden ruhen.“

Sie umarmt den Meister, der ihr ungelenk wie immer in solchen Situationen den Rücken tätschelt. Sie schluchzt leise. Die Söldner verziehen sich, was uns wohl nur Recht sein kann. Nach einer Weile trennt sie sich von ihm.

„Ich werde dafür sorgen, dass das bekannt wird. Deine Taten werden nicht vergessen werden.“

Der Meister grinst offen und fröhlich.

„Ich hoffe, das dadurch zu erreichen, dass ich als lebende Legende in Erinnerung bleibe, Atma. Es hat mich wirklich sehr gefreut, das zu tun, nicht nur, wenn auch ganz besonders deswegen, für dich. Wir sehen uns wieder.“

Ich lächle ihr auch noch einmal zu, als wir uns zum Gehen wenden, und erhalte sogar ein strahlendes Grinsen zurück, wenn auch durch einen Tränenschleier.
Jetzt hat sich dieser Sieg auch für mich gelohnt.

Ein weiteres Treffen steht an, und man sieht am Gesichtsausdruck des Meisters und seinen gespannten Schultern, dass dieses weit unangenehmer für ihn wird.
Deckard Cain sitzt auf unserer Schatztruhe und ließt in einem alten Pergament. Als der Meister an ihn herantritt, sieht er nicht auf.

„Äh, Deckard...“

Er wendet uns seinen Blick zu. Sein Gesichtsausdruck bleibt neutral.

„...ich habe es geschafft...“

Deckard nickt, bleibt aber stoisch.

„...und lebe noch...ich...sagen wir es so: Es tut mir Leid, dass ich mein Leben aufs Spiel gesetzt habe in der ganzen Aktion, und dass ich dich deswegen enttäuschen musste.“

Deckard nickt nochmal. Der Meister fährt aber fort.

„Aber dass ich letztlich gegangen bin, tut mir nicht Leid. Es musste sein, einerseits, weil ich es Atma einfach geschuldet habe, und auch meiner Vergangenheit. Der Ausgang hat das Risiko, denke ich, gerechtfertigt.“

Und jetzt lächelt Deckard.

„Das hat er in der Tat, junger Freund. Danke, dass Ihr an mich gedacht habt, aber ich muss gestehen, dass es durchaus nicht die schlechteste Idee war, ja sogar alle meine eher schlechten Erwartungen übertroffen hat. Tatsächlich habe ich mich geirrt, und Ihr hattet Recht – und ich finde es gut, dass Ihr dazu steht, was Ihr getan habt, egal, ob es jetzt richtig war, oder falsch.
Und es war richtig.“

Der Stein, der dem Meister sichtlich vom Herzen fällt, muss Einiges gewogen haben.

„Danke für dein Verständnis, Deckard. Ich hatte ja eigentlich eine Menge Glück...aber sag mal, was liest du denn da?“

Ich schätze, diese Überleitung sollte mir sagen, dass er nicht weiter über das Thema reden will. Deckard sagt es das auf jeden Fall, und er ergreift die Gelegenheit beim Schopf, um einen ensprechenden Wechseln einzuleiten.

„Dieses Pergament, junger Freund, ist der Hauptgrund, dass Euere Expedition ein Erfolg war.“

Der Meister runzelt die Stirn.

„Ich habe es noch nie vorher gesehen...“

Deckard lacht.

„Ah, das dachte ich mir bereits! In der Tat, hier kann man Griez wirklich dankbar sein, dass er euch gefolgt ist, denn er hat es gefunden. Es war in einer Schatztruhe hinten in der Kammer von Radament.“

Der Meister lächelt dünn.

„Oh, die habe ich durchaus gefunden, aber er hat mich davon abgehalten, tiefer in ihn nachzuforschen.“

Deckard lächelt zurück.

„Ist das so? Nun, das Ergebnis ist das Gleiche, wir halten sie in Händen, denn er hat schnell festgestellt, dass, wenn Jemand die Schrift darauf lesen kann, ich es bin. Und ich kann es, passenderweise.“

Der Meister grinst.

„Und, was steht da so Interessantes drauf?“

Deckard wird ernst und lässt sein Grinsen verschwinden.

„Seid ihr mit der Geschichte von Tal Rasha vertraut?“

Der Meister lässt sein Grinsen auch verschwinden, als er die Sachlichkeit des alten Weisen bemerkt.

„Mit dieser Legende? Am Rande...“

Ich schüttle den Kopf, denn wie ich ja schon vorher festgestellt habe, ist meine Meinung für Deckard nicht ganz uninteressant. Und in der Tat heben sich seine Mundwinkel etwas, als er meine Reaktion sieht, nur für mich.

„Dann werde ich sie einmal in voller Länge und der Wahrheit gemäß entsprechend erzählen, denn wie so viele Legenden hat sie einen wahren Kern; nur ist der Kern hier so groß, dass fast Alles an ihr stimmt, bis auf manche Ausschmückungen, die ich einfach weglassen werde.
Jered Cain, mein Vorfahre und wie ich Weiser der Horadrim, überliefert die Geschichte des großen Kriegs gegen die drei Übel, als diese auf der Welt wandelten. Ihr werdet von diesen Ereignissen gehört haben, und dass dies Übel letztlich besiegt und gefangen wurden, aber wahrscheinlich nicht, wie. Es war ja nun so, dass Diablo und seine Brüder Mephisto und Baal in die Körper normaler Sterblicher eingedrungen waren, ihre Seelen also Macht über die weltlichen Hüllen übernahmen, und diese dann in die grotesken Formen der Dämonen zwängten, die wir Alle so gut kennen und hassen. Die Seelen der Drei aus diesen Gefäßen zu vertreiben, erwieß sich in der Methode als relativ leicht, sobald man sie denn endlich einmal besiegt hatte, denn das taten die Horadrim. Man musste einfach nur die Wirtskörper töten. So Leid es den Helden von damals tat, aber es gab keine andere Möglichkeit.
Nun würden diese freigelassenen Seelen der Übel aber auf dem direkten Wege zurück in die Hölle fahren, aus der sie gekommen waren, sich neue Körper suchen, und das Unheil begänne von Neuem. Also händigte ihnen der Gründer des Ordens der Horadrim, der Erzengel Tyrael, die Seelensteine aus. Unbekannt ist ihre wahre Macht und Wirkungsweise, aber diese Splitter des Weltsteins, der Sanktuario zusammenhält, hatten als einzige die Macht, die Übel zu bannen. Viel weiß ich nicht über sie, aber eines ist gewiss: Die Steine wirken nur auf nicht körperliche Erscheinungen, wie eben Seelen, auf diese aber unglaublich stark. Sie erzeugen einen gewaltigen Sog, dem die Seele nicht entkommen kann, und sperren diese in ihnen ein. Durch diese Technik wäre es also möglich, die Seelen der großen Übel für alle Zeiten gefangen zu nehmen, in Splitter aus Stein gesteckt, tief unter der Erde begraben, wodurch sie kein Unheil mehr anrichten könnten.
So geschah es auch. Diablo und Mephistos Wirtskörper wurden getötet, und ihre sich sträubenden Seelen in die Steine gezaubert, was an und für sich keine Probleme bereitete. Aber leider, leider, der Seelenstein, der für Baal vorgesehen war, war beschädigt, er hatte Risse und bröckelte.
Man wusste: Wenn er in diesem eingesperrt werden würde, lange könnte der Stein ihn nicht halten. Baal würde ausbrechen, zurückkehren nach Sanktuario, und versuchen, seine beiden Brüder zu befreien. Und das gelänge ihm wahrscheinlich auch. Es war ein unlösbar scheinendes Dilemma, und die Zeit drängte.
Da trat Tal Rasha auf. Er war schon lange bekannt für seine großen Taten im Dienste der Horadrim, man meinte sogar, er sei der größte Zauberer, der je gelebt hatte. Er bot sich nun an, mit seiner unglaublichen Willenskraft Baal im Seelenstein festzuhalten, wenn es sein musste, bis ans Ende der Zeit. Die Horadrim hoben also in der tiefsten Wüste an einem geheimen Ort ein Grab aus, und ketteten Tal Rasha auf seinen Wunsch an einen Stein. Baal wurde in den Seelenstein gesperrt, und Tal Rasha rammte sich diesen in die Brust!
Das Grab wurde versiegelt, auf dass er seinen ewigen Kampf um die Kontrolle seines Körpers mit Baal führen konnte, ohne dabei durch eine womöglich fatale Störung beeinträchtigt zu werden. Die Welt schien sicher vor den Übeln, Mephistos Seelenstein wurde tief unter dem Tempel von Travincal im Dschungel von Kurast begraben, und Diablos Seelenstein unter der Kathedrale Tristrams.
Wie Ihr aber bereits wisst, übte dieser Seelenstein Diablos einen dunklen Einfluss auf die Menschen darüber aus, bis ihm Albrecht, der Sohn des Königs Leoric, zum Opfer viel, und sich letztendlich in Diablos Avatar auf Sanktuario verwandelte, nachdem er sich den Seelenstein in den Kopf gerammt hatte. Es war eine schwere Zeit, bis der erste Held kam, und Albrecht, der zu Diablo geworden war, tötete.
Aber wie Ihr ebenfalls wisst, ist dieser Held jetzt dem gleichen Schicksal zum Opfer gefallen wie der arme Albrecht – er ist der Macht des Seelensteins erlegen und stellt jetzt selbst Diablos Avatar hier dar. Die Übel in den Seelensteinen sind also kontinuierlich erstarkt, und ich fürchte um Baals Stein und den Ausgang von Tal Rashas Kampf. Diablo ist eindeutig zum geheimen Grab unterwegs, und Ihr müsst ihn aufhalten, bevor er – und gegen zwei Übel kann selbst ein Magier von dieser Größe nicht bestehen – Baal zu Sieg über Tal Rasha verhilft. Zwei Übel vereint wären eine Katastrophe, und sollten sie auch noch mit Mephisto zusammentreffen, dann ist die Welt verloren.“

Der Meister hat gebannt gelauscht, und als Deckard inne hält, steht er auf.

„Es ist wirklich schlimm, und ich kann verstehen, dass du mich zur Eile gedrängt hast, Deckard. Ich werde nicht mehr zögern, Diablo nachzueilen und ihn aufzuhalten, bevor er Baal befreit.“

Deckard gebietet ihm, sich wieder zu setzen.

„Junger Freund, ich war noch nicht fertig. Bitte. Euer Eifer ist lobenswert, aber leider nicht aufs Ziel gerichtet.
Denn dieses zu erkennen ist nicht das Leichteste – es ist sogar beinahe unmöglich. Der Standort von Tal Rashas Grab ist nicht umsonst ein geheimer – Niemand weiß, wo es liegt. Noch dazu ist die Grabkammer selbst mit einem der ausgeklügeltsten Zauber, die jemanls gewebt wurden, versiegelt, und Ihr würdet es niemals schaffen, in sie einzudringen.“

Der Meister lässt den Kopf hängen.

„Aber...dann kann ich es ja gleich vergessen!“

Deckard lächelt.

„Nicht so pessimistisch, mein Freund. In der Tat gibt es eine Möglichkeit, den Zauber zu brechen. Wir Magier der Horadrim waren einst Experten in der Konstruktion von magischen Gegenständen, aber manche Gegenstände waren nicht einfach nur magisch, sie waren einzigartige Konstrukte schöpferischer Genialität.
Es wurden weniger von diesen ganz besonderen Artefakten gebaut, als ich Finger an meinen beiden Händen habe, aber ein solches ist der Schlüssel zu der Grabkammer. Ihr benötigt einen Horadrim – Stab.“

Der Meister lächelt.

„In Ordnung. Ich wette, du hast eine Idee, wo einer ist, sonst wäre die ganze Sache ja völlig sinnlos.“

Deckard lächelt zurück.

„In der Tat, mein Freund. Diese Schriftrolle, die Ihr aus den Klauen Radaments geholt habt, enthält die genaue Beschreibung des Verstecks eines Horadrimstabes in den Wüsten um Lut Gholein. Da diese Stäbe allerdings so gebaut waren, dass man sie auseinandernehmen kann, fürchte ich, dass ihr die beiden Teile, Spitze und Schaft, separat suchen müsst...“

Der Meister steht auf.

„Das ist überhaupt kein Problem. Ich darf nur keine Zeit verlieren.“

„Halt.“

Wieder unterbricht Deckard sein Gehen.

„Es ist nicht so einfach, wie Ihr vielleicht denkt, die Teile des Stabes zusammenzufügen. Dafür benötigt ihr einen weiteren magischen Gegenstand der Horadrim, einen Würfel. Diesen müsst ihr benutzen, um die Teile zu vereinen.“

Der Meister scheint leicht verzweifelt.

„Dann hole ich halt diesen Würfel...“

Er dreht sich um.

„Jetzt wartet doch mal!“

Und wieder unterbricht ihn Deckard.

„Ihr seid so ungeduldig. Kann es sein, dass Ihr den Fehler, der sich als unbedingt nötig herausgestellt hat, erst Radament zu besiegen, gut machen wollt? Dann doch nicht so. Als Erstes ruht Ihr euch aus. Schlaft eine Nacht. Dann könnt Ihr losziehen. Und als Zweites wollt Ihr vielleicht wissen, wohin die Reise gehen soll?“

Der Meister lässt die Mundwinkel beschämt hängen.

„Äh...ja.“

„Gut. Kommt Morgen zu mir, ich sage euch die Orte.“

Der Meister legt den Kopf schief.

„Wie wärs, wenn du sie mir gleich sagst?“

Deckard runzelt die Stirn.

„Warum denn nicht. Der Würfel befindet sich in den Hallen der Toten in den verdorrten Hügeln, die liegen gleich östlich der Stadt. In der fernen Oase ist die berüchtigte Wurmgruft, da liegt der Schaft versteckt. Die Spitze wiederum muss irgendwo in der vergessenen Stadt liegen, weit entfernt von hier.“

Der Meister scheint gleich in Tränen ausbrechen zu wollen wegen dieser Aufgabe. Ich auch. Deckard schüttelt den Kopf.

„Seht Ihr, ich wollte doch nur, dass Ihr heute gut schlafen könnt...“
 
schönes update :kiss:
auch wenn nicht viel gekämpft etc wird, aber solche eher langweiligen kapitel muss es ja auch geben :D

allerdins habe ich einen tippfehler gefunden :no:

„Ah, das dachte ich mir bereits! In der Tat, hier kann man Griez wirklich dankbar sein, dass er euch gefolgt ist, denn er hat es gefunden. Es war in einer Schatztruhe hinten in der Kammer von Radament.“




„Oh, die habe ich durchaus gefunden, aber er hat mich davon abgehalten, tiefer in ihn nachzuforschen.“

muss es nicht heißen "in ihr"?
irgendwo ist glaube ich noch einer, aber den finde ich gerade nicht :angel:
(ein beweiß dafür was für ein tolles langes update du uns gegeben hast :eek: )
 
onion schrieb:
Es ist Samstag!!! wo bleibt das update?:D

Man gaydulde sich etwas.

Danke für die Fehlersuche :kiss: - wird mal zusammen mit allen anderen global behoben.

Gleich viel Spaß.

Simon
 
Kapitel 19 – Anheuern

Der Meister schlief schlecht. Das weiß ich, weil ich mich auch sehr fertig fühle. Ob ich in diesem Körper vielleicht auch mal Schlaf versuchen sollte? In der nächsten Nacht dann. Jetzt müssen wir uns erst einmal sammeln, vor Allem unseren Mut. Denn es gehört doch etwas von diesem dazu, mitten in der Nacht sich aufzumachen und in die Wüste zu gehen, um das Böse zu bekämpfen. Wobei der Meister doch sehr entschlossen schien, als er plötzlich aus seiner Tür trat, vor der ich Wache hielt, und ankündigte, dass wir gleich gehen. Er könne keine weitere Verzögerung aushalten, und in der Nacht zu reisen, wäre in der Wüste sowieso das Sinnvollste. Also warte ich jetzt nervös auf dem stillen Hauptplatz Lut Gholeins – die Stadt, von der es einmal hieß, sie schlafe nie, ist still in diesen Tagen nach Einbruch der Dunkelheit – während der Meister in seiner Truhe herumwühlt. Als er findet, was er gesucht hat – Heil – und Manatränke für seinen Gürtel – erklärt er sich schluckend bereit, und wir begeben uns zum Stadttor.
Hier schläft die Stadt allerdings nicht, korrekter: Man schiebt Wache. Es ist einer von Griez‘ Söldnern, den ich schon einmal gesehen habe. Der Meister grüßt ihn, und will an ihm vorbei treten, aber eine Lanze blockiert seinen Weg.

„Halt. Was sucht Ihr zu so später Stunde außerhalb der Stadt?“

Der Meister sieht ihn ernst an.

„Mein Schicksal.“

Wie theatralisch! Aber der Wächter lässt sich nicht beeindrucken.

„Das reicht mir nicht als Grund.“

Der Meister seufzt.

„In Ordnung, hör mir mal zu. Diablo ist auf dem Weg zu Tal Rashas Grab, um seinen Bruder Baal zu befreien, und ich muss ihn aufhalten. Dazu muss ich über die verdorrten Hügel zur fernen Oase und dann in die vergessene Stadt, wichtige, antike Artefakte suchen, und diese dann zu dem Grab bringen, von dem ich nicht weiß, wo es ist, dann es mit zwei großen Übeln aufnehmen und so die Welt retten. Gefällt dir die Erklärung besser?“

Der Söldner sieht ihn aus großen Augen an.

„Wirklich?“

Ich weiß ja nicht, ob ich dem Meister die Wahrheit so ganz unvorbereitet glauben würde...

„Ja.“

„Na ja, das ist schön und gut und edel, wenn Ihr die Welt retten wollt...aber bevor ich nicht die Erlaubnis von Griez oder Jerhyn habe, kann ich Euch nicht gehen lassen, das wisst ihr schon?“

Der Meister verdreht die Augen.

„Jetzt pass mal auf, du. Wie heißt du?“

„Äh...Pratham.“

„Pratham. Die Zeit drängt, denn Diablo hat einen Vorsprung, den wir aufholen müssen, und gleichzeitig noch das ganze Zeug beschaffen! Ich muss mich so schnell wie möglich auf den Weg machen, um überhaupt noch eine Chance zu haben. Und du wirst mich auf diesem Weg sicherlich nicht aufhalten.“

Er winkt mir, der ich gewohnheitsmäßig abseits stand, um seine wahre Stärke nicht sofort zu offenbaren, und ich trete in den Lichtkegel der Laterne, die über dem Stadttor hängt. Meine Klauen leuchten knochig.
Pratham schluckt.

„Nun...wenn das so ist...ich meine, sicher könnt Ihr passieren, aber wohl ist mir dabei nicht. Wenn Ihr Irgendetwas anstellt, dann bin ich dran!“

Der Meister sieht ihn abschätzig an.

„Sag mal, kennst du dich in der Wüste aus?“

Pratham richtet sich zu voller Höhe auf.

„Ich bin ein Kind der Nomaden! Natürlich kenne ich mich aus!“

Der Meister nickt.

„Schön. Ich nämlich nicht. Ein Angebot: Du spielst Führer für uns, und kämpfst an unserer Seite gegen Monster. Damit kannst du uns überwachen, und wir stellen garantiert nichts Schlimmes an. Und weil du ein Söldner bist, bezahle ich dich sogar.“

Prathams Augen werden größer, mit Überraschung – und Gier.

„Das hieße ja, meinen Posten zu verlassen...“

Der Meister winkt ab.

„Das hieße, deine Befehle zu befolgen – verdächtige Subjekte zu überwachen. Du hinterlässt einen Brief, in dem steht, warum du mit uns mitgegangen bist, und derweil hole ich deine Bezahlung. Wie viel gibt dir Griez?“

Pratham denkt kurz nach. Dann scheint ihm etwas einzufallen.

„Aber die Stadt wäre unbewacht!“

Der Meister verdreht die Augen.

„Das erste Skelett, das ich da draußen erschaffe, schicke ich zum Tor züruck. Überhaupt, wer angreifen will, muss erst einmal an uns vorbei, so weit weg sind wir bis zur Ablösung auch nicht von der Stadt. Also, wie viel zahlt Griez?“

Er schwankt, dann rückt er damit heraus.

„20 Goldstücke pro Arbeitstag.“

Der Meister schüttelt den Kopf.

„Willst du mich verarschen? So viel bekommst du nie im Leben. Aber gut. Ich zahle dir 30 pro Tag, und die erste Woche bekommst du gleich als Vorschuss. Fang schon mal an zu schreiben, ich bin gleich zurück.“

Er wird rot.

„Ich kann nicht schreiben...“

„Das ist das geringste Problem, wenn das, wie ich annehme, heißt, dass du ebenfalls etwas annimmst, mein Angebot nämlich. Ich schreib ihn für dich. Golem, hol das Geld.“

Ich weiß ja nicht, ob man diesem Pratham trauen kann...ich schüttle den Kopf, weise auf den Meister, und deute in Richtung der Schatztruhe. Dann auf mich, und auf die Stelle, an der ich stehe.

„Was, ich soll das Geld holen, und dann den Brief schreiben? Das dauert viel zu lange!“

Ich schüttle den Kopf, und mache mit meiner Hand eine schreibende Geste.

„Du kannst schreiben?“

Da fällt es mir gerade auf – wie komme ich auf den Gedanken, dass ich es kann? Aber wenn ich es mir recht überlege...ja, ich kann tatsächlich schreiben!
Der Meister sieht mich abschätzig an.

„Möchte mal wissen, wer dir das beigebracht hat. Na schön, dann macht ihr zwei es so, diktier ihm den Text, Pratham, ich komme gleich wieder.“

Ist das Enttäuschung in seiner veränderten Körperhaltung, Erleichterung, oder Furcht...vor mir? Egal. Ich lächle ihn an, deute wieder eine Schreibgeste an, er geht in sein Wachhaus, holt eine Feder und Tinte, ich sehe ihn fragend an, er holt auch noch Pergament, und dann hinterlasse ich für ihn eine Nachricht an den Kommandanten der Söldner.
Ich bin ein wenig ungeübt – wer hätte das gedacht – aber die Schrift ist klar lesbar. Rätsel über Rätsel.
Pratham gehen die Augen über, als er den Goldbeutel in die Hände gedrückt bekommt, den der Meister mitgenommen hat. Dieser schüttelt nur den Kopf, als er die von mir geschriebene Nachricht sieht, und murmelt ein „so was Verrücktes...“.

Dann sind wir bereit, in die Richtung zu gehen, die uns unser Führer vorgibt. Bald ist das dunkle Stadttor Lut Gholeins – denn die Laterne haben wir mitgenommen – hinter uns verschwunden.
 
Na, ich hoffe mal, dass der Meister nicht vergessen hat, ein Skelett zurückzulassen. ;)
Pratham denkt kurz nach. Dann scheint ihm etwas einzufallen.

„Aber die Stadt wäre unbewacht!“
*Lach*

Im zweiten Satz danach wäre ü und u in züruck zu vertauschen. Außerdem, am Ende des Kapitels, da ist mir nicht klar, wessen Körperhaltung gemeint ist...

Ich bin jetzt schon gespannt auf das nächste Update. Immerhin hat der Meister jetzt einen Merc. Auch wenn abzuwarten wäre, wie zuverlässig Pratham ist...

Gruß

Ratopher
 
*grins* - mehr kann ich dazu eigentlich nicht sagen. Schönes update - wenn auch ein bisschen kurz :P

Danke, lg, Gandalf
 
vor allem bin ich auf den nützlichkeitsfaktor der Aura gespannt^^
ideal oder worst case? :lol:

ansonsten super, endlich mal ein nützlicher begleiter^^
 
Ratopher schrieb:
Na, ich hoffe mal, dass der Meister nicht vergessen hat, ein Skelett zurückzulassen. ;) *Lach*

Mal ehrlich...würdest DU ein Skelett züruck (:p) lassen, wenn du der Meister wärst?

Im zweiten Satz danach wäre ü und u in züruck zu vertauschen. Außerdem, am Ende des Kapitels, da ist mir nicht klar, wessen Körperhaltung gemeint ist...

Prathams...der Meister geht ja!

Ich bin jetzt schon gespannt auf das nächste Update. Immerhin hat der Meister jetzt einen Merc. Auch wenn abzuwarten wäre, wie zuverlässig Pratham ist...

Gruß

Ratopher

*pfeif*

Mal sehen, was, desti :D?

Simon
 
Auf die Aura bin ich auch schon gespannt...
... aber noch mehr auf den ersten Söldnertod :D!
Wenn Griez dann wiederbelebt (Söldnerführer :fight: Untoter), der General kräftig in die Taschen langen darf (und hoffentlich nicht flucht :D), der Söldner die "gleiche" Ausrüstung wieder hat,...

Und hey, schreiben rult! Vielleicht schreibt sich der Golem schon mal ein halbes Dutzend Zettelchen, so mit "Vielen Dank!", "Nö, mach' ich nich..", "Ich habe jetzt wirklich Hunger!", "General? Ha, ein ganz großes *#@$§#~* bist du!"...
 
Mir gefällt was du bisher geschrieben hast, zumal es dank der Erzählperspektive angenehm eigenständig rüberkommt. Ich erwarte gespannt die nächsten Kapitel :)
 
also jetzt beschwere ich mich aber!!!!! :motz:
es ist schon montag und kein update!
wo soll dass denn hinführen? :no:
los, poste das update :go:

Oder willst du, dass deine Fans verstimmt sind? ohne fans und leser ist selbst der beste Autor nix, ruf dir das mal ins Gedächtnis! :p
 
Gut, dass ich nicht der beste Autor bin, oder :p?

Gedächtnis ist aber ein gutes Stichwort...tja, wo ist das nur, muss hier irgendwo sein...

Simon
 
Kapitel 20 – Gedankengänge

Die Sonne brennt, der Schweiß fließt, und ich stelle fest, dass es bei mir ist. Verdammt. Sand ist überall, was mich nervt, besonders der zwischen meinen Zähnen. Außerdem brennt mir der Hintern, weil wir sitzen. Wenn wir das nächste Mal in die Stadt kommen, dann will ich eine Hose!
Sonst ist eigentlich Alles in Ordnung. Wir sind Nachts gut vorangekommen, die paar Wüstenspringer, die noch wach waren, waren kein Problem für Prathams lange Lanze und meine kurzen Klauen, der Meister (und Pratham) haben „vergessen“ – zumindest für den Ersteren eher fraglich – ein Skelett zur Stadt zurück zu schicken, und jetzt rasten die Menschen unter einem Felsüberhang, der ein wenig Schatten spendet. Weil ich ein Golem bin, sitze ich in der Sonne.
Dem Meister bekommt das nicht, aber das soll er mal seinem Söldner erzählen, der lacht ihn auch und bleibt trotzdem im Schatten sitzen...ich fände es sehr lustig, wenn es mich nicht so nerven würde!
Nun ja. Wenigstens haben wir nie Probleme mit Wasser und Essen, weil Stadtportale so praktisch sind, und ich bekomme, als ich lieb gucke, sogar einen Schluck, um mir den Mund auszuspülen, der sich einfach trocken anfühlt. Weil ich sonst Nichts zu tun habe, bat ich sogar um ein Stück Trockenfleisch, das das Mittagessen darstellt, aber da müssen wir ja wieder sparen, Zitat Ende. Möchte wissen, ob wir nicht genug Geld für ein wenig Fleisch haben? Mir kommt es ohnehin so vor, als würde der Meister mehr essen als früher, als ich ihn dabei beobachtet habe. Entweder er ist im Wachstum, oder wir teilen auch den Hunger. Dann isst er für mich mit, ist in Ordnung, bleiben meine Zähne sauber. Und wir geben trotzdem mehr für Fleisch aus. Natürlich kann ich dann nicht herausfinden, ob es mir vielleicht schmeckt, Sand tut das nicht.
Nun ja, was denke ich mir so Alles, wenn ich Nichts zu tun habe...vielleicht sollte ich lieber konstruktiver denken?
Zum Beispiel diese Schreibgeschichte. Das hätte ich ja nie gedacht...haha, natürlich, ich habe es nie gedacht, sonst wäre ich ja draufgekommen. Wo habe ich diese Fähigkeit wohl wieder her?
Die Antwort liegt auf der Hand: Der Spruch, der mich erschuf, beinhaltete dieses Wissen. Aber ist der wirklich so umfangreich...?
Das neue Buch könnte diese Frage ja beantworten. Oder das alte.
Hätte ich damals doch hineinsehen sollen? Nein, ich habe richtig gehandelt, und das Geheimnis über mein Wissen nicht dem Meister entrissen. Wenn er es mir nicht sagt, weiß er es vermutlich nicht, und zu wissen, dass ich die Lösung nie erreichen kann, wäre mir ein Gräuel. Da sehe ich lieber nicht nach, und habe die eine Hoffnung, nach einem eventuellen Scheitern meiner Gedankengänge immer noch nachsehen zu können.
Gedankengänge...generell kann man sagen, dass diese Blutgolemform einige Vorteile bietet, aber auch einige Nachteile, die nicht von der Hand zu weisen sind. Ich habe zum Beispiel Flexibilität gegen höhere Überlebenschancen eingetauscht, zumindest auf dem sandigen (und eben nicht lehmigen) Boden. Wobei das mit Vorsicht zu genießen ist: Immerhin kann Flexibilität auch Leben retten, und Blut aus blutleeren Gegnern zu saugen ist auch schwer, womit sich dieser Vorteil doch wieder stark relativiert. Das Teilen der Schmerzen ist eine einzige Pein für mich und den Meister, besonders, weil diese nicht mehr gedämpft wie einst durchkommen. Nun ja, dafür schickt er mich nicht mehr in allzu brenzlige Situationen; wir sind ein echtes Team.

Moment.

Team...

Verdammt, da war doch noch was. Wo zum Teufel ist die Kampfpersönlichkeit?
Hey, du in mir drin! Du warst doch immer so nervig, wo bist du jetzt?

...

Er ist weg. Das kann doch nicht so einfach sein?
Ich sehe meine Klauen an.
Sie sind vorhanden...seltsam, seltsam. Ich muss beim nächsten Kampf darauf achten, ob diese fast schon natürlich erscheinenden Kompetenz, schwierige Situationen zu meistern von einer inneren Verbündung mit einem weitaus erfahrereneren Ich oder von einem einfach so erfahrenen Ich kommt.
Dieser Kampf könnte natürlich relativ bald kommen, aber vorerst habe ich Zeit zum Nachdenken...ich lege mich hin und starre den Felsvorsprung an, hinter dem die Sonne verschwunden ist, und ignoriere die Hitze an meinem Rücken, die den Meister näher an die Kühle des Felsens drückt – was auch mir Linderung verschafft.

Wir gehen weiter. Da sehen wir vor uns eine Gestalt. Kann das sein?
Ja! Es ist ein Mensch in Kutte, in einer braunen, knöchellangen, wie sie uns beschrieben wurde. Wir haben Glück.
Der Meister flüstert in mein Ohrloch.

„Sehr gut, wir haben ihn schon gefunden, das spart uns eine Menge Aufwand. Renn zu ihm hin, und ohne große Umschweife, töte ihn.“

Nichts lieber als das; der Dunkle Wanderer ist schließlich Diablo, die Ursache all des Leids, das wir miterlebt und selbst erlitten haben!
Ich laufe über den Sand, rutsche aus, zerkratze mir das Gesicht, laufe weiter. Er geht sorglos seinen einsamen Weg durch die Wüste, ohne ein Zeichen zu geben, dass er mich bemerkt.
Meine Klauen versinken in seinem Rücken. Ich ziehe sie wieder hinaus; kein Blut wird aus seinem Körper gesaugt, als er kollabiert. So einfach besiegt man das Böse!
Doch da beginnt der Körper zu zucken. Die Roben blähen sich auf wie von innerem Wind bewegt. Was...?
Eine dunkle Gestalt wächst vom Boden hoch. Sie ist...groß...und...fürchterlich...
Unbeschreibliche Angst erfüllt mich, ein Gefühl, dass ich noch nie in dieser Stärke hatte. Ich falle auf die Knie.
Und ES wendet mir sein Gesicht zu...
Ich kann nicht hinsehen. Ich breche zusammen. Irgendwo, weit weg, schreit der Meister...
...eine Hand packt mich an der Schulter...

„Könntest du dich vielleicht bequemen, aufzustehen?“

Wie? Was? Wo? Ich reiße die Augen auf. Über mir beugt sich nicht DAS Gesicht, sondern das des Meisters – und er ist wütend. Ich sehe mich wild um.
Sand. Wüste. Dünen. Felsen. Ein Vorsprung. Ich liege an der Stelle, an der wir die Tageshitze lang rasteten.
Aber...wir sind doch schon weiter gegangen, was...

„Na mach schon. Wir gehen weiter.“

Kopfschüttelnd wendet sich der Meister ab, und verwirrt und ein wenig wacklig in den Knien stehe ich auf.
Was war das gerade?
Da fällt mir ein weiterer Gedanke ein.
Können Golems...

...träumen?










































Kapitel 21 – Schuhwerk

Durch die Wüste wandern weiter wir, während weiter wandern auch meine Gedanken. Hat mir der Traum etwas zu sagen? Wo ist meine Kampfpersönlichkeit?
Ich komme bei der ersten Frage immer wieder auf diese unglaubliche Furcht zurück, die ich gespürt habe, als Diablo plötzlich vor mir stand. Ist ein solch lähmender Terror traumbedingt, oder kann und werde ich ihn auch in der wirklichen Welt spüren, wenn es darauf ankommt? Ich hoffe zutiefst, dass ich diese Lähmung in einem solchen Fall überwinden kann.
Die zweite Frage dagegen muss sich, wie ich schon festgestellt habe, erst auf Tatsachen gründen, das heißt, ich muss erst testen, ob er wirklich weg ist, bevor ich mir über das wohin Gedanken mache, und darüber, ob es so nicht viel besser ist.
Zumindest lande ich am Ende solcher Überlegungen nicht auf einmal mitten unter Monster, was etwas für sich hat. Die lassen aber auch so auf sich warten, oder unser Führer versteht etwas von seinem Handwerk. Oft genug sehe ich dunkle Flecken auf entfernten Dünen.
Da bleibt der Meister plötzlich neben mir zurück. Ich sehe mich um und ihn gerade seinen Schuh ausziehen. Ein Stein darin?
Seine Augen werden groß, als ein riesiger roter Fleck auf seinen Socken zum Vorschein kommt.

„Aua...“

Nur gehaucht ist sein Ausdruck des Schmerzes.

„Verdammt, das ist ja ein Riesenschnitt!“

Als er den Socken auszieht, sehe ich auch die klaffende Wunde an seinem Fuß, der auch so sehr gerötet und wund aussieht...gerade, als mir ein Verdacht kommt, ertönt ein Lachen von Pratham.

„Wie habt Ihr denn das geschafft? Versucht, ein Messer im Stiefel zu tragen?

Der Meister schneidet eine Grimasse, dann sieht er mich an, und bedeutet mir, näher zu kommen. Ich gehorche.

„Zeig mir doch mal deinen Fuß...“

Als ich ihn hebe, tropft es rot hinunter. Mein Schnitt sieht aus wie seiner, er ist nur dreckiger, da ich keine Stiefel trage. Der Meister schlägt die Hand vor die Stirn.

„Golem, du brauchst Schuhe...“

Weise Erkenntnis! Ich hätte ja noch bis zum nächsten Stadtportal durchgehalten, aber wenn es auch um seine Füße geht...

„Sagt mal, wie lange habt Ihr das nicht gemerkt?“

Pratham hat immer noch diesen amüsierten Unterton, für den ich ihn eigentlich schlagen sollte. Der Meister runzelt nur die Stirn.

„Keine Ahnung, wann ist es felsiger geworden, vor einer Viertel- oder eine halben Stunde? Irgendwo da wird ihn ein Stein erwischt haben...“

„Ihn?“

Ich versuche, die Wunde ein wenig zu säubern und betrachte dabei die eindeutigen Fußspuren, die ich hinterlassen habe, während der Meister Pratham erklärt, was unsere Verbindung bewirkt. Er pausiert nur kurz, um mich von weiteren Säuberungsversuchen abzuhalten, die führen zu Nichts und tun, in der Tat, nur weh.
Jetzt ist Pratham skeptisch.

„Und Ihr habt Nichts gemerkt?“

Der Meister schüttelt den Kopf.

„Meine Füße haben schon den ganzen Tag lang furchtbar weh getan...wenn ich mir seine so ansehe, weiß ich, warum. Da fällt so ein kleiner Schnitt erst auf, wenn der Socken feucht wird.“

Ich schüttele den Kopf. Wenn wir uns nicht an diese Verbindung gewöhnen, gehen wir noch beide ein.

„Und ich dachte mir schon, von den zwei Wochen mit Warriv werde ich doch nicht so außer Übung beim Marschieren sein...“

Der Meister murmelt vor sich hin, als er sein Stadtportalbuch aus dem Rucksack zieht. Ich sehe ihn erwartungsvoll an. Als er es aufschlägt, bemerkt er mich.

„Was?“

Ich grinse ihn an und tippe mir nur an den Kopf.
Sein darauf folgendes Grinsen ist bitter.

„Keine Sorge, den Spruch vergesse ich im Leben nicht mehr...“

Er lässt den Satz verklingen. Dann runzelt er die Stirn. Ich halte den Atem an. Merkt er es?
Er schüttelt den Kopf, sagt ein deutliches „KoKoMal“, und das blaue Feuer zieht mich hinter ihm durch den Übergang, die Skelette folgen ähnlich. Aaah, warum fällt ihm denn nicht auf, dass die Vergessensgeschichte nur ein damals Dabeigewesener – also ich Alter im neuen Körper – kennen kann?
Vergebliche Liebesmüh. Wir stehen auf einem freien Platz in Lut Gholein, markiert mit Symbolen; ein typischer, früher womöglich oft benutzter Portalpunkt. Mit „wir“ meine ich mich und Pratham, denn die Skelette folgen treu dem Meister, der bereits auf den Marktplatz zuhumpelt. Ich seufze und mache das Gleiche.
Dort angekommen treffen wir Deckard, der uns freudig begrüßt. Der Meister jedoch lässt seinem kurzen Gruß gleich eine Bitte um das Holen eines Heilkundigen folgen. Deckard übersieht diesen Bruch der Höflichkeit höflich, und schlendert auf einen kleinen Stand in einer Ecke des abgetrennten Platzes zu, derweil dem Meister seinen Platz anbietend. Auf der Bank lässt sich dieser auch seufzend nieder, legt seinen Fuß hoch und begutachtet ihn. Ich setze mich daneben, was mir einen Seitenblick einbringt, dann aber ein Schulterzucken, und mache das Gleiche.
So ein blöder Stein...gut, so ein blöder Golem, der ihn nicht gesehen hat, aber trotzdem: Letztlich ist so etwas unvermeidbar, wenn ich barfuß bleibe, und das sogar noch bar jeder sichtbaren Haut. Ich gehe zwar nicht auf den blanken Muskeln – diese scheint überall eine Art Membran zu schützen, oder gehört sie dazu? – aber verwundbar bleibe ich.
Da tritt eine hochgewachsene Gestalt in mein Blickfeld. Ich wende die Augen ab von der sandigen Kluft in meinem Fuß, hinauf ins Gesicht einer Frau. Dieses hat grobe, aber freundliche Gesichtszüge, ein festes Kinn, runde Wangen...sie erinnert mich in der Hinsicht an Charsi, wobei die feuerroten Haare den Eindruck verderben. Wiederherstellen tut diesen ihre Lederschürze, und natürlich der Hammer, den sie in der Hand hält.
Mit unverhohlenem Interesse begutachtet sie mich, wendet ihren Blick aber sofort ab, als er meinen trifft, und sich an den Meister.

„Ist das deiner? Du wurdest mir zwar als etwas ungewöhnlich beschrieben, aber das übertrifft doch meine Erwartungen...“

Der Meister, das sehe ich jetzt, kennt sie. Er hat die Frau mit noch größerem Interesse betrachtet als sie mich, so weit ich das beurteilen kann. Jetzt steht er auf, was Schmerzwellen durch meinen Fuß jagt und uns gleichzeitig zusammenzucken lässt, als er seinen unvorsichtigerweise belastet. Im Gegensatz zu mir überspielt er das aber schnell und setzt ein strahlendes Grinsen auf.

„Farah! Ist also doch was aus dir geworden?“

Die Frau lächelt.

„Ja, in der Tat, ich habe diese kräftigen Arme, über die du dich immer lustig gemacht hast, tatsächlich zu was gebrauchen können...“

Sein Grinsen vibriert nur leicht, als ihr Unterton der Kritik mitschwingt.

„Tja, ich war doch nur neidisch auf deine Arbeit als Aushilfe, die dir die eingebracht hat...aber erzähl mir nicht, du hast für den Schmiedberuf die Bücher beiseite gelegt?“

Sie schüttelt den Kopf.

„Sonst wäre ich nicht hier, immerhin hast du nach nem Heiler verlangt, oder?“

Der Meister streicht sich über das Kinn.

„Ach, das heißt, deine Studien in der Hinsicht waren auch erfolgreich?“

„He, nicht nur du hast ein Recht, aus deinem Leben was zu machen...“

Der Meister wird wieder trocken.

„Schon gut, schon gut. Lassen wir das Gerede über die Karriere. Wie gehts dir?“

„Och, Danke, gut. Dir?“

„Kann nicht klagen – nur mein Fuß tut ein wenig weh, und ich muss die Welt retten.“

„Klingt ja furchtbar. Lass mal sehen.“

Er setzt sich wieder hin. Sie sieht ihn sich an.

„Sollte eigentlich kein Problem sein. Warum hast du keinen Heiltrank aus deinem Gürtel genommen?“

Der Meister nickt in meine Richtung.

„Sieh dir seinen Fuß mal an, um den gehts mir. Der ist voller Sand, das muss nicht sein, dass ich trinke und seiner sich trotzdem entzündet. Außerdem kosten die so viel...“

Farah schaut ein wenig verloren drein. Daraufhin erklärt der Meister zum zweiten Mal heute unsere Verbindung. Sie schaut danach noch skeptischer.

„Ah ja. Na fein. Dann mach ich mich eben an seinen Fuß.“

Sie setzt sich neben mir auf die Bank, bedeutet mir, mich umzudrehen, und legt die verletzte Extremität in ihren Schoß. Ihre linke Hand schwebt darüber, ihre Rechte hält den Hammer immer noch.
Da beginnt der Hammer weiß zu glühen. Das Glühen wandert den Arm hoch in ihre Augen, den anderen Arm herunter, und ihn ihre linke Hand; auf einmal fliegen alle Sandkörner und Einiges an getrocknetem Blut sowie beginnender Eiter aus der Wunde in diese hinein. Sie wirft das Zeug auf den Boden und berührt den Fuß mit der Waffe.
Sofort ist die Wunde geschlossen. Der Meister und ich atmen gleichzeitig auf.

„Danke, Farah. Bin ich dir was schuldig?“

Sie lächelt das erste Mal.

„Ach, das ist mal was Neues. Die Meisten denken, ich mache das aus Spaß an der Freude. Nun...normalerweise verlange ich für so eine Heilung 100 Goldstücke. Aber wenn ich mir so deine Ausrüstung ansehe...was hältst du zum Beispiel von einem neuen Helm?“

Der Meister überlegt.

„Wäre nicht schlecht, worauf willst du hinaus?“

Farah lächelt wieder.

„Ganz einfach. Ich heile dich jetzt und ich Zukunft umsonst, wenn du mir ein paar Gegenstände abkaufst, die ich so hergestellt habe. Zum Sonderpreis, weil du ja eine wichtige Mission hast und so.“

Der Meister überlegt nicht lange.

„Machen wir so! Zeig mir mal ein paar Helme. Ich such mir einen aus, derweil könntest du seine Größe ansehen und diesem Golem Schuhe machen. Oder schon fertige geben, egal.“

Sie schütteln Hände, dann führt sie ihm zu seinem Stand. Als sie zurückkommt, hat sie ein Maßband dabei.

Mit dem Versprechen, am nächsten Tag entsprechende Gegenstände bereit zu halten, geht sie an die Arbeit. Der Meister hingegen nimmt die Gelegenheit wahr, bei Atma erst etwas zu essen (ich esse mit, das gebratene Fleisch schmeckt hervorragend!), und dann sich schlafen zu legen. Damit er, wie beim Essen, nicht doppelt so lange liegen bleiben muss, suche ich mir auch eine halbwegs bequeme Position, schließe die Augen und hoffe auf gute Träume.
 
nice^^
is natürlich nich gerade toll, wenn man barfuß durch die wüßte läuft :lol:
allein die Hitze des Bodens muss doch schmerzen...

alles in allem wieder ein tolles update :top:
 
:hy: Ist wieder sehr hübsch geworden. Besonders die "alltäglichere" Seite der Verbindung zwischen Meister und Golem ist amüsant beschrieben :D

Ein paar Fehlerchen sind mir noch aufgefallen :read:

TwinYawgmoth schrieb:
Kapitel 20 – Gedankengänge

aber das soll er mal seinem Söldner erzählen, der lacht ihn auch

von einer inneren Verbündung mit einem weitaus erfahrereneren Ich oder von einem einfach so erfahrenen Ich kommt.


Kapitel 21 – Schuhwerk

Durch die Wüste wandern weiter wir, während weiter wandern auch meine Gedanken. (Edit: obwohl ich gerade bemerke, daß das als Inversion wohl beabsichtigt gewesen ist :hammer: )

Die Frau lächelt. (...)

Das Glühen wandert den Arm hoch in ihre Augen, den anderen Arm herunter, und ihn ihre linke Hand

Sie lächelt das erste Mal. (s.o. - also doch nicht das erste Mal? :p)

„Ganz einfach. Ich heile dich jetzt und ich Zukunft umsonst...“
 
Joar, die paar Wörter, die man so runtertippt, und die dann die falschen sind ;).

Danke dafür, und die Inversion ist allerdings alliterativ absichtlich :D.

Simon
 
na endlich, wurd aber auch Zeit... :clown:
nettes update, aber irgendwie will es mir nicht in den Sinn kommen, was diese wanderung jetzt gebracht hat? :confused:
oder werden in Lut Golein die Portale nicht nachts geschlossen?
 
lord freak schrieb:
na endlich, wurd aber auch Zeit... :clown:

Tja und sorry noch mal.

nettes update, aber irgendwie will es mir nicht in den Sinn kommen, was diese wanderung jetzt gebracht hat? :confused:
oder werden in Lut Golein die Portale nicht nachts geschlossen?

Tja noch mal und ein Grinsen von mir :D.

Simon
 
Komm schon mach nächstes up:read:
 
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