Was meinen Geschichtsunterricht angeht, sah der so aus:
Orientierungsstufe (gibts glaub ich nur hier in Niedersachsen)
5.Klasse: Thema: Hitler und die Nazis ( zwischendurch schwelte immer wieder auf: "ihr seid schuld und die Generation vor euch auch")
6.Klasse: Hitler und die Nazis und vielleicht ein bisschen Anne Frank ("ihr seid schuld und die Generation vor euch auch")
Realschule
Wir hatten die ganzen vier Jahre über einen einzigen Lehrer, der die Nachkriegszeit durchgemacht hatte und dementsprechend auch davon geprägt war. Der Gedanke der Kollektivschuld war bei ihm natürlich besonders ausgeprägt. Sein "Unterricht" bestand eigentlich fast nur aus Erzählungen über seine Kindheitserinnerungen.
7.Klasse: Hitler und die Nazis ("war ja alles so schlimm damals", ok hat er ja auch selber miterlebt). Ich erinnere mich noch an ein paar Stunden zur Weimarer Republik. Ich glaub entweder hier oder im nächsten Jahr hatten wir noch ein bisschen ersten Weltkrieg behandelt.
8.Klasse: Hitler und die Nazis. Und dann die Überraschung: Wir behandelten den Kalten Krieg!
Das war auch das einzige Thema in Geschichte, in dem ich was gelernt hatte. Weil vorher gabs ja nur die Nazis und es nervt irgendwann einfach nur wenn du nichts anderes mehr hörst.
9.Klasse: Hitler und die Nazis, vielleicht mal ein bisschen Imperialismus
10.Klasse: Hitler und die Nazis
Dann war die Realschule vorbei und ich hatte zu dem Zeitpunkt wirklich nichts über das Weltgeschehen gelernt und das nach sage und schreibe 10 JAHREN SCHULE
Mich wundert es überhaupt nicht, warum Niedersachsen bei der Bildung so schlecht dasteht (jedenfalls war das vor ein paar Jahren noch so meine ich).
Ich hatte Glück, denn dadurch das ich Comics wie das Lustige Taschenbuch, Micky Maus, usw. gelesen habe, wurde mir eben auf andere Art vermittelt, das es noch mehr auf der Welt gibt, wie z.B. Inkas und Mayas, von denen ich sonst kaum ein Wort gehört hätte.
Nach Abschluss der Schule fragt man sich ja schon was man werden möchte. Die anderen aus der Klasse interessierten sich für Mathe, die wurden dann Bankkaufmann oder etwas in der Richtung. Die meisten wussten was sie machen sollten, nur ich hatte keinen Plan. Ich hab mich später gefragt ob ich nicht Nihilist wäre, weil ich mich für absolut gar kein Fach in der Schule sonderlich interessiert hatte.
Als ich dann nach einigen Umwegen die 10te Klasse freiwillig wiederholt habe (andere Schule, anderer Ort, aber immer noch in Niedersachsen), bekam ich (und Gott sei es gedankt!) einen richtigen Geschichtslehrer. Nach meiner Meinung und der Meinung anderer Jahrgänge vor mir der beste den es gibt. Der konnte Geschichte beibringen, sodass es Spaß gemacht hat. Wenn man eine Epoche bei ihm behandelte, dann hat man das Gefühl bekommen, er hätte sie selbst
gelebt.
Da habe ich dann auch mal was anderes gehört als Hitler und die Nazis.
Leider war der Geschichtsunterricht an der Schule nach Jahrgängen aufgebaut. Die 10te Klasse (also die Letzte im Realschulzweig) hat dann dementsprechend die letzten relevanten Kapitel behandelt und das war halt mal wieder Hitler und die Nazis. Aber nicht nur. Es wurde noch Weimarer Republik und Kalter Krieg behandelt, aber kein Vergleich zu vorher!, denn das erste Mal habe ich erlebt, wie ein richtig guter Geschichtsunterricht funktioniert, in dem die Schüler die Zusammenhänge erkennen können und alles logisch nachvollziehbar ist.
In der 11ten fand ein Lehrerwechsel statt, der Lehrer war leider mal absolut kacke, aber immerhin hat er Stoff behandelt und auch durchgezogen (nicht so wie von der 7.-10. Klasse). Thema waren die französische Revolution und die Geschichte der DDR.
Und ab der 12ten habe ich mich für das Gesellschaftspolitische Profil entschieden, mit Geschichte als Schwerpunkt bei dem guten Lehrer. Und da kamen echt geile Sachen dran: römische Geschichte im ersten, Hitler und der NS (als Vorgabe vom Ministerium) im zweiten Halbjahr, dann in der 13ten Imperialismus und der erste Weltkrieg und amerikanische Geschichte.
Da hab ich auch gewusst, warum ich mich nie für ein Fach interessiert habe: Ich habe Geschichte vorher ja nie in der Schule kennengelernt (den Unterricht von der 7.-11. konnte man ja nicht als solchen bezeichnen)
Auch als wir uns ab der 11ten Klasse in Deutsch mit zeitgenössischer Literatur beschäftigten. Erst da hab ich was erfahren über die Aufklärung in Deutschland mit dem Hessischen Landboten und Georg Büchner und durch "Der Vorleser" hab ich das erste Mal überhaupt etwas von der sogenannten 68er Generation erfahren oO Die Lehrerin war schockiert, als wir ihr sagten das wir nicht wissen was das ist. Das habe ich all die Jahre vorher nie kennengelernt!
Wallenstein und das Lützowsche Freikorps, das gesamte Mittelalter, die Geburt der deutschen Nation, all das habe ich im Unterricht nie beigebracht bekommen und mit Ausnahme des letzten Punktes weiß ich auch immer noch nicht so wirklich darüber Bescheid (nur in Zügen, aber keinesfalls komplett)