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Die Taverne "Zum lachenden Eber" - ein Nachruf

Die Hexe schüttelte den Kopf.

"Er nicht, etwas dort..."​

Eine Kopfbewegung deutete in die Richtung, aus der sie vor unbestimmter Zeit gekommen war.
Etwas fühlte sich falsch an, wenn sie an die blutsaugende Frau und ihr Opfer dachte.
Und der beißende Hass kam von dort.
 
Als sie durch die Tür trat, sog sie die staubige Luft der Taverne ein. Sie hatte eine lange Reise hinter sich und nach all den vielen Jahren kam sie schließlich wieder in diese Taverne. Es war dunkel und niemand war zu sehen. Die Fensterläden waren geschlossen - die Tür jedoch nicht verschlossen. Das wenige fahle Mondlich von draußen, das durch die offene Tür drang, lies die Schatten noch unheimlicher erscheinen.
Die Kriegerin störte diese Dunkelheit jedoch nicht. Ihre innere Sicht würde jedes Wesen im Schankraum magisch für sie hervor heben.

Zielstrebig ging sie in die Küche und kochte sich erst einmal einen Tee.
 
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Knirschend hielt der Wagen auf dem schlammigen, mondbeschienenen Platz vor der baufälligen Taverne. Hansi, der Barbar, beäugte sie mit misstrauisch zusammengezogenen Augenbrauen.

"Sagtest du nicht, die Taverne wäre abgebrannt?"

Olaf zuckte bloß mit den Achseln. Das hatte ihm zumindest sein Vater erzählt.

"Bleib am Wagen, ich sehe mich um"

Der Hüne sprang von der Fuhrbank des Wagens, während der junge Straßenräuber sich auf die Ladefläche verzog. Die Tür der Taverne war offen, lediglich angelehnt, Fußstapfen hatten sich im Staub der Jahre abgezeichnet. Frische Fußstapfen. Langsam zog Hansi sein Schwert, das dabei ein fragends "Hmmm?" hören ließ, und schlich in Richtung Taverne.
An der Tür angekommen, lugte er durch den Spalt, konnte aber nur erkennen, wie sich aufgewirbelter Staub durch die ansonsten dunkle und stille Luft bewegte.
Vorsichtig lehnte er sich gegen die Tür, die Klinge des Schwerts in den breiter werdenden Raum zwischen Tür und Rahmen gerichtet. Leise knirschte das beinahe schon morsche Holz.

SQUEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEE!

Ein Höllenlärm brach los: Das schrille Pfeifen, das den Barbaren aufgeschreckt hatte. Die Tür, die der riesige Krieger vor Schreck aufwarf und gegen die Wand knallte. Das Brüllen Hansis, der sein humorvolles Schwert des lauten Lachens wild um sich schwang und das kreischende Gackern besagten Schwerts.

Sekunden später beruhigte sich die Situation wieder. Hansi atmete schnaufend. Erst jetzt fiel sein Blick auf eine verdutzt wirkende Frau, die einen dampfenden und noch immer leise pfeifenden Teekessel in der Hand hielt.

"Ähm... Tag."
 
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"Oh, Hallo." hörte Hansi eine Frauenstimme ihn begrüßen. Doch die Stimme kam gar nicht von der verdutzt wirkenden Frau, die mit einem dampfenden Teekessel in der Hand neben ihm aufgetaucht war, sondern von weiter hinten in der Taverne. Als er abwartete um die Situation besser überblicken zu können, zersprang die Frau in magische Funken: ein Trugbild. Eine andere gleich aussehende Frau mit dem gleichen Teekessel und der gleichen Rüstung trat aus der Dunkelheit des Schankraums hervor.

"Möchtest du einen Tee? Oder vielleicht gleich etwas alkoholisches? Ähm...warte. Ich mach erst einmal Licht"

Ein paar Kerzenleuchter wurden entzündet. Hier schien wirklich schon seit Jahren niemand mehr gewesen zu sein.
 
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Hansi fuhr herum. Hier schien es wahrlich nicht mit rechten Dingen zuzugehen. Allerdings würde ihm ein Feind wohl auch nicht unmittelbar Tee anbieten und es schien sich immerhin um einen erstaunlichen Zufall zu handeln, dass er die Taverne nicht völlig leerstehend vorgefunden hatte. Er blinzelte einige Male, um sich an das plötzliche Kerzenlicht zu gewöhnen und sah sich dann um.

Der Staub von mindestens einem Jahrzehnt lag auf der gesamten Möblierung, abgesehen von den Fußstapfen der Unbekannten und den wilden Schleifspuren, die er beim Um-sich-schlagen hinterlassen hatte. Immernoch wirbelten dicke Wolken von Staub durch das trübe Licht.

"Tee? Danke, aber ich habe einige Fässer Harrogather Urpils mitgebracht. Bin gleich wieder da."

Er trat ins Freie, wo er den Wagen unbemannt vorfand. Olaf schien die Gelegenheit ergriffen zu haben, und das Weite gesucht zu haben. Achselzuckend schritt der Barbar auf die Ladefläche zu und hievte eines der Fässer auf seine Schulter, mit dem er sich wieder in die Taverne begab, wo er das Fass auf einen der Tische stellte.

"So, jetzt brauchen wir nur einen Zapfhahn und Bierhumpen, die wir wohl hoffentlich hier finden werden... Ist schließlich immernoch eine Taverne, heh."

Er trat in die Küche, um sich dort nach besagten Gegenständen umzusehen. Währenddessen stellte er sich vor:

"Ich bin übrigens Hansi. War seit gut 15 Jahren nicht mehr hier... Ich glaube nicht, dass wir uns kennen, oder? Allerdings war ich damals auch relativ oft betrunken..."
 
"Ich fürchte, da müssen wir uns verpasst haben. Ich bin Shar'Tel."

Als Hansi mit zwei Humpen und Zapfzeug in den Schankraum zurück kam, hatte die Kriegerin ihren Flügelhelm abgelegt und die kolossale Klinge gegen einen Besen getauscht. Die milchkaffebraune Haut und die schmutzingblonden Haare erinnerten ihn eher an eine Amazone. Das Schwert dagegen sah eher aus, als ob nur die stärksten Barbaren es überhaupt sinnvoll schwingen konnten.

"Ihr seid ein Barbar, hn? Wart Ihr neulich in Harrogath? Ich komme gerade von dort.
Ich mach' hier erst einmal ein Bisschen sauber. Warum erzählt Ihr mir nicht so lange ein wenig von euch?"
 
Mit zwei raschen Schlägen eines abgebrochenen Stuhlbeins wurde der Zapfhahn ins Fass geschlagen und das kühle Helle floss in einen der Bierkrüge, den Hansi der Amazonenkriegerin, die sich als Shar'Tel vorgestellt hatte, rüberschob, bevor er sich am Fassventil zu schaffen machte.

"Ich habe tatsächlich auf meinem Weg hierher Harrogath besucht, um mich mit Proviant einzudecken. Davor war ich auf einer längeren Reise durch Scosglen - Üble Gerüchte haben mich dort hin geführt, von zombiehaften Gestalten, die in mondlosen Nächten unlustige Kettenbriefe an Haustüren nageln. Da konnte ich nicht untätig bleiben. Ich habe den Einheimischen einige Schutzzauber, Flachwitze und Limericks, beigebracht, mit denen sie sich die Ausgeburten der Humorlosigkeit vom Leibe halten können."

Er nahm einen kräftigen Zug aus dem zweiten Humpen, den er während seiner Erzählung befüllt hatte.

"Aaaaah, sehr gut."

Ein weiterer Zug leerte den Krug, den der Barbar sofort wieder befüllte.

"Im Zuge dieses Abenteuers habe ich einige Kunstgriffe angewandt, die ich einst von tapferen Mitstreitern in dieser Taverne gelernt habe. So beschloss ich, nach langen Jahren wieder in diesen Teil der Welt zu reisen, um zu sehen, was aus dem 'lachenden Eber' geworden ist."

Er schüttelte traurig den Kopf.

"Dass ich ihn in diesem Zustand vorfinden würde, hätte ich nicht gedacht."

Kurz sann der riesige Krieger vor sich hin, bevor er fortfuhr.

"Wir zogen damals aus, die Welt von der Freudlosigkeit zu befreien. Vor gut 15 Jahren. Mächtige Spaßmacher, Dichter, Maler und andere Helden, die die Feder ebenso zu führen wussten, wie den Stahl. Leider wurde ich im dichten Dschungel von Kurast von ihnen getrennt. Beinahe wäre ich dort alleine untergegangen, meine Vernunft hing an einem seidenen Faden, als ich es schließlich schaffte, mich aus diesem Urwald des Wahns zu kämpfen. Selbst mein Schwert konnte nur noch krächzen."

Das Schwert, das mittlerweile neben ihm auf dem Tisch ruhte und in seinen Proportionen dem Shar'Tels um nichts nachstand, ließ ein trauriges Glucksen hören.

"Ich fürchte, den Anderen ist es nicht so gut ergangen. Ich habe seither nichts von ihnen gehört: FetteKrieger, Heramos und all die Anderen..."

Wieder ruhte Hansis Blick für einige Sekunden auf den flackernden Schatten, die das Kerzenlicht über die verwitterte Tavernenwand tanzen ließ.

"Aber ich schweife ab, erzählt mir von euch, Shar'Tel, und was zwischenzeitlich hier passiert ist. Ich hörte sogar, die Taverne wurde zerstört. Wurde sie wieder aufgebaut?"
 
"Ja die alte Taverne war abgebrannt. Wir wissen nicht wieso. Gab natürlich die wildesten Theorien. Irgendwas mit 'Lebensenergie', 'Herzblut', 'kritische Masse erreicht' und der Zahl fünftausend, aber frag mich was besseres. Ich hab die Zauberer mit Ihren Formeln eh nie verstanden.

Ja wir haben die Taverne wieder aufgebaut. Von der alten blieb nichts als der Schornstein übrig. 'Wir', das heißt nerienna, Eli, Thorfx, Simon und die anderen. Wir haben dann noch ein Abenteuer zusammen erlebt, uns danach dann aber aus den Augen verloren.

Ich bin nach Harrogath weiter gezogen, um dort das Schwertschmieden zu erleben - beziehungsweise um meine angefangene Ausbildung abzuschließen.

Und wie du weißt gehört dazu auch das Kämpfen. Es gibt um den Krater des Arreat noch zahlreiche Dämonen, die aus neuen Höllenlöchern gekrochen kommen. Sie geben diesen Infernogruben Namen wie 'Grube von Acheron'. Ich musste dort Material zum Schmieden sammeln.

Aber mal eine ganz anderen Frage: Was hat der Dschungel von Kurast eigentlich mit Dichten zu tun?"
 
"Nun, der Dschungel direkt hat nichts damit zu tun, außer vielleicht, dass er so manchem Dichter oder Maler als Inspiration dient. Aber in der alten Tempelstadt der Zakarumiten war eine grauenvolle Korruption ausgebrochen: Die Häscher des dort regierenden Hohepriesters verfolgten Freigeister, wie eben Dichter, Schriftsteller und Andere, die nicht mit der neuen Doktrin übereinstimmten. So zogen wir aus, um zur Abwechslung unseren Stahl statt unserer Stimmen erklingen zu lassen und Kurast von diesem Übel zu befreien."

Liebevoll streichelte der Barbar über sein Schwert, das dabei kicherte.

"Wie ich fürchte ohne Erfolg..."

Sein Blick wanderte zu dem gewaltigen Schwert der Amazone.

"Und diese eindrucksvolle Klinge dort habt Ihr selbst geschmiedet? Sehr respektabel... und ungewöhnlich. Ich dachte, die Kriegerinnen der Zwillingsinseln bevorzugen Speer und Bogen im Kampf. Euer Schwert erinnert mich eher an die Klingen, die im Norden verwendet werden. Was allerdings wohl nicht so überraschend ist, da Ihr dort in der Schmiedekunst ausgebildet wurdet."

Der Barbar nahm noch einen Schluck vom Harrogather Urpils.

"Scheint, als wäre es ein gewaltiger Zufall, dass wir uns heute hier getroffen haben. Nichtsdestotrotz ein Erfreulicher. Vielleicht können wir diesen alten Mauern ja wieder ein wenig Leben einhauchen."

Mit diesen Worten erhob er sich und trat wieder hinaus zu seinem Wagen, um die übrigen Fässer, Pakete und Säcke in die Küche zu verfrachten. Mit einem Fass unter dem einen und einem Sack über dem anderen Arm kehrte er wieder zurück in die Taverne, wo Shar'Tel noch mit der Beseitigung des Staubs beschäftigt war.

"Ich bringe das mal in die Küche, auf dem Wagen ist noch mehr. Bedient euch, falls ihr Hunger habt, in den Paketen und Säcken solltet ihr haltbaren Speck, Käse und Äpfel finden. Ich glaube, auf der Fuhrbank ist auch noch ein Sack mit Brot, das aber schon ein wenig altbacken sein dürfte..."
 
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Und Hunger hatte sie. Nachdem der Schankraum für ihr Empfinden ordentlich genug war und sie auch zwei Betten imoberen Geschoss hergerichtet hatte, nahm siesich von allem etwas. Besonders das Brot wollte sie nicht verkommen lassen.

Ja, schon erstaunlich, dachte sie. Dass dieser Kerl hier einfach zu genau der gleichen Zeit auftaucht, obwohl die Taverne aussieht, als ob schon lange niemand mehr hier gewesen sein muss. Shar'Tel hatte schon damit gerechnet einen Edelstein auf dem Tresen zu lassen, um nicht auszusehen, als wollte sie den alten Wirt bestehlen.

"Vielen Dank für Speis und Trank!" rief sie Hansi im Nebenraum zu. "Ich bin allerdings müde und werde mich dann zurück ziehen."
 
"Keine Ursache, schlaft gut."

Hansi, der mittlerweile den Großteil der Fracht in die Küche gebracht hatte, schlenderte noch einmal nach draußen, wo er den Ochsen vom Wagen spannte und ihn hinter der Taverne an einen schon etwas morschen Pfahl band, wo sich das Tier niederließ. Der Barbar wusste, dass der Gedanke hier mehr zählte als die Stärke des tatsächlichen Holzes und dass sich das Rindsvieh nicht loßreißen würde.

Wieder im Schankraum angekommen, nahm er an einem der Tische bei einem Fenster Platz und steckte sich eine Fußnagelkippe an.

Seltsames Gefühl, diesen Ort so gespenstisch und still zu sehen. Erinnert mich eher an ein Mausoleum als an eine fröhliche Taverne.

Er hauchte eine gelblich-weiße Wolke in Richtung des Fensters, der Geruch des Rauchzeugs war für die Meisten ekelerregend und er wollte die Amazone möglichst nicht damit beim Schlafen belästigen. Den Stummel aus dem Fenster schnippend erhob er sich, leerte den Bierkrug und beschloss, sich ein wenig genauer in der Taverne umzusehen.
Zu seiner Überraschung fand er an einer der Wände im hinteren Bereich des Schankraums ein Regal mit einigen Folianten voller vergilbter Blätter. Interessiert zog er einen davon hervor und pustete eine dicke Staubschicht vom ledernen Einband.

'Wahre Helden'...?

Der Krieger zog einen weiteren Folianten aus dem Regal und wiederholte die Prozedur zur Einbandsäuberung.

'Dear Mister Paladin'... Scheint, als hätte man hier an der Tavernenwand einige alte Werke gesammelt. Möglicherweise Abschriften, oder vielleicht sogar gerettete Originale aus der alten Taverne...

Mit der Nase bereits im geöffneten Buch schlenderte Hansi zurück zum Bierfass und ließ sich dort lesend nieder.
 
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Es sind nun einige Tage vergangen seit Hansi und Shar'Tel in die Taverne zurück gekehrt waren.

Die Vorratskammer war wieder gut gefüllt mit Köstlichkeiten. Boden und Tische blank geputzt. Hansi hatte sogar die Fensterläden geöffnet. Er fragte sich ob Shar'Tel die Dunkelheit nicht störte, oder warum sie nie Licht mitnahm wenn sie in einen anderen Raum ging.

Der Schankraum der Taverne war vom Staub befreit, doch an anderen Stellen sammelte er sich noch in dicken Schichten. Auch wenn noch nicht alle Links und Schaniere wieder geschmeidig funktionierten, so bot die Taverne doch alles, um sich wohl fühlen zu können. Was jetzt noch fehlte, waren mehr Besucher.
 
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