- Registriert
- 14 September 2005
- Beiträge
- 2.997
- Punkte Reaktionen
- 5
Danke =)
Wie es der Zufall so will, gibts heute sogar mal wieder ein Update:
„Bitte nicht!“, verzweifelt versuchte sie, dem Lichtstrahl zu entfliehen, der so gewaltsam und abrupt in ihren Raum eingedrungen war. Schwerfällig kroche sie in die Ecke des Raumes. Des Raumes, den sie in den ersten Tagen – Wochen? - gehasst hatte, weil er so stumm war, sie von allem abschirmte und alles von ihr abschirmte.
Doch dann, nach und nach, nachdem sie unentwegt jede Fingerbreit der Wände von ihrer Sohle bis Überkopf abgetastet und festgestellt hatte, dass er so vollkommen sicher war, dass nichts eindringen konnte, da begann sie, sich auf eine eigentümliche Art wohl zu fühlen.
Der Raum sperrte sie nicht ein, er beschützte sie, er nährte sie und gab ihr Wasser, denn beides stand in ausreichenden Mengen jeden Morgen nach dem Aufwachen vor ihr.
Doch heute war es anders. Die schützenden Mauern hatten nachgegeben und brachial drang grelles Licht herein, stach in ihren Augen und leckte nach ihren Füßen, so dass sie sich in die hinterste Ecke flüchten musste.
Dort fühlte sie sich, zwischen den warmen Steinwände, sicher, bis ein Schatten in den breiten Lichtstrahl trat.
„Zauberin!“
Das Geräusch wirkte so fremde auf sie, so unwirklich, dass sie sich unwillkürlich noch tiefer in die Ecke drückte.
„Zauberin, komm freiwillig oder wir holen dich!“
Nichts im Leben würde sie dazu bringen, ihre Ecke zu verlassen!
Am Ende waren es vier lange, dämonengleiche Arte, die sie mit unmenschlicher Stärke packten, so dass ihre Knochen knackten und ihre Muskeln schmerzten, sie hoch hoben und einfach aus ihrer Zufluchtsstätte trugen.
Sie konnte die Dämonen nicht erkennen, denn das Licht war zu grelle. Nur schemenhaft erkannte sie ihre Fratzen und die langen Klauen bohrten sich in ihre Arme.
Ihre Beine, zu müde, um ihren Dienst zu verrichten und nicht mächtig, dem überirdischen Tempo der Dämonenbeine nachzukommen, schliffen untätig auf dem Boden nach und holten sich tiefe Kratze auf dem kalten Boden des Vulkangesteins.
„Seltsam“, dachte sie, „ich dachte immer, in der Hölle wäre es unerträglich heiß und doch ist der Boden so kalt...“
Ihre Fantasie begann ihr Bilder zu zeigen, von den unerträglichen Höllenqualen, die sie nun erleiden musste.
Doch dann verschwand das grelle Licht.
In angenehm warmen Tageslicht verwandelten sich die Dämonenfratzen in menschliche, mit Masken bewehrte Gesichter und ihre Klauen wurden zu den scharfen Kanten der Handschuhe, die sie trugen.
Man hatte sie zu einem kleinen Raum gebracht, in dessen Mitte ein kleiner, unscheinbarer Stuhl stand.
Auf diesen wurde sie nun beinahe behutsam niedergelassen.
Dann lies man sie allein und schloss die Tür.
Solange, dass sie bereits darüber nachdachte, von dem kleinen Holzstuhl aufzustehen und ein paar Schritte zu dem vergitterten Fenster zu wagen.
Gerade, als sie diesem Impuls folgen wollte, öffnete sich die Tür wieder und hinein trat eine atemberaubend schöne Frau.
Sie war nicht sehr groß, sondern eher zierlich; mit schmalen Hüften und recht breitem Kreuz, so dass ihre Kraft und Gewandtheit mit jedem Schritt anzumerken war.
Sie hatte eine schöne, ebenmäßige Haut in einem gesunden Braunton und ihre aschblonden Haare bildeten einen angenehmen Kontrast dazu.
In leichten Locken fielen sie ihr über das Gesicht, dennoch sorgsam darauf bedacht, ihre großen, weit auseinanderstehenden goldfarbenen Topazaugen nicht zu verdecken, welche von einer kurzen, aber kräftigen Nase getrennt wurden.
Zwei schmale Lippen schlossen das Gesicht. Zwar waren sie symmetrisch und angenehm in Form, doch umspielte ein ständig mürrisch-trotziger Zug ständig den Mund.
Dieser zog sich gerade sich einem Lächeln noch und lies Blick eine Reihe recht weißer, gerader Zähne zu.
„Sadira Fiharakka, so nennt ihr euch doch?“
Die harte Stimme der Frau strafte ihre Schönheit lügen, passte aber vorzüglich zu dem trotzigen, verbissenen Ausdruck ihrer Lippen.
Die Angesprochene rührte sich nicht. Zu lange hatte niemand sie mit diesem Namen angesprochen, zu lange war sie nicht mehr in das Privileg eines Ausbilcks aus dem Fenster gekommen, als dass sie sich nun davon ablenken lassen würde.
Bis sie einen scharfen Schmerz im Gesicht verspürte.
Die Frau war blitzschnell auf sie zugetreten und hatte ihr eine Ohrfeige verpasst.
Sadira hob langsam dem Hand und berührte sanft ihre schmerzende Wange.
Wut erwachte in ihr und sie hob den Blick, um ihrer Peinigerin in die Augen zu schauen.
Was sie sah, erschreckte sie.
Die topasfarbenen Augen ihres Gegenübers glänzten zornig und wütend tanzten kleine Goldfunken um die Pupille. Die großen, mit Khol umrandeten Augen hatten verengten sich zu schmalen Schlitzen, während die so sanft geschwungen Augenbrauen drohend auf Sadira herabstürzten.
Die nun noch trotzigere Mund formte die Worte „Sadira Fiharakka“ und Sadira nickte nur.
Dies schien Augen und Mund zu besänftigen, denn fast sofort nahmen sie wieder unbedrohliche Formen an.
Sadira sah, wie sich die Lippen erneut bewegte und beschloss, dass es ab sofort besser wäre, zuzuhören.
„Sadira... weißt du, warum du hier bist?“
Sadira schüttelte verneinend den Kopf.
„Du hast gegen das Gesetz verstoßen. Du hast etwas gestohlen, etwas, das Ihm gehört und das Er wieder haben möchte. Wenn du es uns schnell herausgibst, wird Er vielleicht noch Mitleid mit dir haben und dich ziehen lassen.“
Sadira schüttelte langsam, aber bestimmt den Kopf. Sie hatte nichts gestohlen, so etwas würde sie nie tun!
Sicher, als Kind hatte sie mal einen Apfel aus der Küche der Magierschule stibizt, aber richtig gestohlen hatte sie noch nie und würde sie auch nie.
Die Ohrfeige kam schnell und traf sie seitlich im Gesicht und hinterließ Rötungen auf der Haut.
Ihre Wangenknochen schmerzten.
„Du sollst nicht lügen“, sagte die blonde Frau schlicht, trat an das Fenster und ergriff einen der Gitterstäbe.
„Ich habe nicht...“, erwiderte Sadira trotzig.
„Schweig!“
Die blonde Frau löste ihren Blick nach draußen und drehte sich wieder zu ihr um.
Ihre rechte Hand fuhr in eine Tasche ihres Gewandes, ergriff etwas und brachte es ans Tageslicht.
Der Gegenstand war sehr klein, den die Faust der Frau umschloss ihn gänzlich.
Sie kam langsam näher, streckte ihre zur Faust geballte Hand aus, bis sie kurz vor Sadiras Gesicht war.
Dann öffnete sie langsam die Faust.
Zwischen den Fingern schimmerte es sanft in einem blauen, aber unfreundlichen Licht.
Sadira unterdrückte den Impuls, sich an den Anhänger ihrer Kette zu fassen.
Auch er verströmte so ein Licht.
Als sie freie Sicht auf den Gegenstand hatte, bestätigte sich ihr Verdacht. Auch dies musste ein Splitter des Steines sein, den sie tief in den Katakomben des Tempels in Travincal gefunden hatte.
Der Stein, der in ihrer magisch verschlossenen Truhe ruhte.
Damals hatte sie neben dem großen Stein einen kleinen, schön geformten Splitter gefunden und beschlossen, aus ihm ein Amulett zu machen.
In einem kleinen Dorf hatte der dortige Schmied ihr schnell ein kleines Loch in eine Seite des Spiltters gebohrt, so dass sie einen dünnen Lederriemen durchziehen konnte.
Sadira erinnerte sich noch, wie gut sie sich gefühlt hatte, nachdem sie ihr neues Amulett angelegt hatte.
Sie hatte sich richtig fantastisch gefühlt; so stark wie nie zuvor.
„Du kennst es, nicht wahr?“
Die Worte der Frau rissen Sadira aus ihren Erinnerungen.
„Nein...“Selbst in Sadiras Ohren klang diese Lüge nicht sehr überzeugt.
Eine zweite Ohrfeige traf sie auf die andere Wange.
„Ich habe dir schon mal gesagt, dass du nicht lügen sollst. Wir wissen, dass du den Seelenstein hast. Er weiß es. Also, wo ist er?“
Ungeduldig tippte die Frau mit ihrer rechten Fußspitze auf den Boden und verschränkte die Arme vorm Körper.
„Ich.. ich habe so etwas noch nie gesehen. Ich weiß nicht einmal, was das ist!“, erwiderte Sadira und versuchte, so viel Empörung wie möglich in ihre Worte zu legen. Glaubhaft klang es trotzdem nicht.
Einen Moment lang schien sich die Frau vor Wut zu vergessen, schnell trat sie auf Sadira zu. Diese wappnete sich bereits gegen den Schmerz, der kommen würde und schloss die Augen.
Doch er kam nicht.
Die Frau hatte sich wieder von ihr entfernt und klopfte nun energisch gegen die Holztür.
„Heda, Wache!“, rief sie in einem herrischen Ton.
Keine Minute später öffnete sich die Tür und der Kopf eine jungen Frau streckte sich hinein.
„Ja, Herrin Varla, ihr habt gerufen? Was kann ich für euch tun?“, fragte sie pflichtbewusst.
Varla drehte sich wieder zu Sadira um und grinste hämisch. Sie ließ Sadira keinen Moment aus den Augen, als sie ihre Anweisung an die Wächterin gab.
„Ihr habt doch die Besitztümer unseres Gastes in Lut Gholein abgeholt. Da muss eine große, schwere, magisch verschlossene Kiste dabei gewesen sein. Bitte, würdet Ihr diese Kiste unserem Gast bringen lassen? Sie benötigt einen Gegenstand, der dort drin ist.“
Sadira blinzelte vor Schreck mit den Wimpern – woher wusste sie all dies?
Varlas Lächeln bekam einen triumphierenden Ausdruck, während die Wache davon eilte, um die Anweisungen auszuführen.
Es dauerte nicht lange, da trugen zwei Wächterinnen Sadiras Truhe herein und stellten sie direkt vor Sadira ab.
Beide verbeugten sich kurz vor Varla und zogen sich dann wieder zurück.
Varla stolzierte um die Truhe und begutachtete sie interessiert von oben herab.
Sadira erkannte, dass man sich bereits an ihrer Truhe zuschaffen gemacht haben musste, denn die Verschlüsse der Schlüssellöcher wurden von mehreren kleinen Kratzern verunziert.
Mit Stolz dachte Sadira daran, dass sie manche Zauber ihren Prüfungen mehr schlecht als recht ausgeführt hatte – aber Verschluss- und Öffnungszauber konnte sie wirklich gut.
Nun tat es sehr gut zu sehen, dass ihre Künste nicht nur dafür taugten, neugierige Mitschülerinnen abzuhalten.
Varla forderte sie energisch auf, die Truhe zu öffnen, doch Sadira weigerte sich und erhielt dafür eine Ohrfeige.
Dieses Spielchen zog sich über die nächsten Stunden hin, bis Varla ihr wütend eröffnete, sie würde Sadira foltern lassen, wenn sie nicht sofort die Truhe öffnen würde.
Sadira hatte zwar große Angst, ihre Wangen brannten auch schon wie Feuer, doch absolut beherrscht entgegnete sie Varla, sie würde die komplizierten Handbewegungen zum öffnen ganz bestimmt nicht mehr nach einer Folterung so detailgetreu ausführen können, wie es nötig war.
Varla schäumte vor Wut, wusste aber, dass Sadira recht hatte.
Als sich Schatten zum vergitterten Fenster hineinstreckten und die Sonne hinter dem Horizont verschwand, ließ Varla Sadira in ihre Zelle zurückbringen.
Dort, als die schwere Tür hinter ihr geschlossen wurde, erlaubte sich Sadira ein letztes bisschen Schwäche und begann lautlos zu weinen.
Immerhin gingen die Reisevorbereitungen zur Masyaf schnell von statten.
Sie benötigten auch nicht besonders viel; etwas Nahrung, ihre Waffen, ein paar sandfarbene Decken und natürlich Wasser für Hin- und Rückweg in ausreichenden Mengen.
Ivon, der als Paladin wohl besonders vertrauenerweckend erschien, schaffte es fast mühelos, drei Reittiere und ein viertes Packkamel bei der Karawanserei zu erstehen.
Dies erschöpfte die Goldvorräte der Gruppe jedoch stark; ab sofort waren sie auf ihr Glück angewiesen.
An dem Morgen, an dem sie das Haus der Schlangenfrau verlassen wollten, fanden sie es bereits verlassen vor; von der zischelnden Bewohnerin war nichts zu sehen.
Als Naeemah einen letzten Blick durch den Wohnraum schweifen ließ, in der Hoffnung, noch etwas nützliches zu entdecken, fiel ihr Blick auf ein großes Stück Stoff in einer dunklen Ecke neben der Feuerstelle.
Naeemah ergriff den Stoff und identifizierte ihn als den Umhang, welcher von der Schlangenfrau getragen worden war.
Ihm haftete noch ein wenig der beißende Geruch sterbender Magie an.
Naeemah sprach es vor ihren neuen Kameraden nicht aus, aber sie schloss daraus, dass sich das magische Schlangenwesen vollends aufgelöst hatte.
Achtlos ließ sie das Gewand auf den Boden gleiten und verließ zum letzten Mal das Haus, um sich ihren neuen Weggefährten anzuschließen.
Wie es der Zufall so will, gibts heute sogar mal wieder ein Update:
Kapitel IX - Teil IX
„Bitte nicht!“, verzweifelt versuchte sie, dem Lichtstrahl zu entfliehen, der so gewaltsam und abrupt in ihren Raum eingedrungen war. Schwerfällig kroche sie in die Ecke des Raumes. Des Raumes, den sie in den ersten Tagen – Wochen? - gehasst hatte, weil er so stumm war, sie von allem abschirmte und alles von ihr abschirmte.
Doch dann, nach und nach, nachdem sie unentwegt jede Fingerbreit der Wände von ihrer Sohle bis Überkopf abgetastet und festgestellt hatte, dass er so vollkommen sicher war, dass nichts eindringen konnte, da begann sie, sich auf eine eigentümliche Art wohl zu fühlen.
Der Raum sperrte sie nicht ein, er beschützte sie, er nährte sie und gab ihr Wasser, denn beides stand in ausreichenden Mengen jeden Morgen nach dem Aufwachen vor ihr.
Doch heute war es anders. Die schützenden Mauern hatten nachgegeben und brachial drang grelles Licht herein, stach in ihren Augen und leckte nach ihren Füßen, so dass sie sich in die hinterste Ecke flüchten musste.
Dort fühlte sie sich, zwischen den warmen Steinwände, sicher, bis ein Schatten in den breiten Lichtstrahl trat.
„Zauberin!“
Das Geräusch wirkte so fremde auf sie, so unwirklich, dass sie sich unwillkürlich noch tiefer in die Ecke drückte.
„Zauberin, komm freiwillig oder wir holen dich!“
Nichts im Leben würde sie dazu bringen, ihre Ecke zu verlassen!
Am Ende waren es vier lange, dämonengleiche Arte, die sie mit unmenschlicher Stärke packten, so dass ihre Knochen knackten und ihre Muskeln schmerzten, sie hoch hoben und einfach aus ihrer Zufluchtsstätte trugen.
Sie konnte die Dämonen nicht erkennen, denn das Licht war zu grelle. Nur schemenhaft erkannte sie ihre Fratzen und die langen Klauen bohrten sich in ihre Arme.
Ihre Beine, zu müde, um ihren Dienst zu verrichten und nicht mächtig, dem überirdischen Tempo der Dämonenbeine nachzukommen, schliffen untätig auf dem Boden nach und holten sich tiefe Kratze auf dem kalten Boden des Vulkangesteins.
„Seltsam“, dachte sie, „ich dachte immer, in der Hölle wäre es unerträglich heiß und doch ist der Boden so kalt...“
Ihre Fantasie begann ihr Bilder zu zeigen, von den unerträglichen Höllenqualen, die sie nun erleiden musste.
Doch dann verschwand das grelle Licht.
In angenehm warmen Tageslicht verwandelten sich die Dämonenfratzen in menschliche, mit Masken bewehrte Gesichter und ihre Klauen wurden zu den scharfen Kanten der Handschuhe, die sie trugen.
Man hatte sie zu einem kleinen Raum gebracht, in dessen Mitte ein kleiner, unscheinbarer Stuhl stand.
Auf diesen wurde sie nun beinahe behutsam niedergelassen.
Dann lies man sie allein und schloss die Tür.
Solange, dass sie bereits darüber nachdachte, von dem kleinen Holzstuhl aufzustehen und ein paar Schritte zu dem vergitterten Fenster zu wagen.
Gerade, als sie diesem Impuls folgen wollte, öffnete sich die Tür wieder und hinein trat eine atemberaubend schöne Frau.
Sie war nicht sehr groß, sondern eher zierlich; mit schmalen Hüften und recht breitem Kreuz, so dass ihre Kraft und Gewandtheit mit jedem Schritt anzumerken war.
Sie hatte eine schöne, ebenmäßige Haut in einem gesunden Braunton und ihre aschblonden Haare bildeten einen angenehmen Kontrast dazu.
In leichten Locken fielen sie ihr über das Gesicht, dennoch sorgsam darauf bedacht, ihre großen, weit auseinanderstehenden goldfarbenen Topazaugen nicht zu verdecken, welche von einer kurzen, aber kräftigen Nase getrennt wurden.
Zwei schmale Lippen schlossen das Gesicht. Zwar waren sie symmetrisch und angenehm in Form, doch umspielte ein ständig mürrisch-trotziger Zug ständig den Mund.
Dieser zog sich gerade sich einem Lächeln noch und lies Blick eine Reihe recht weißer, gerader Zähne zu.
„Sadira Fiharakka, so nennt ihr euch doch?“
Die harte Stimme der Frau strafte ihre Schönheit lügen, passte aber vorzüglich zu dem trotzigen, verbissenen Ausdruck ihrer Lippen.
Die Angesprochene rührte sich nicht. Zu lange hatte niemand sie mit diesem Namen angesprochen, zu lange war sie nicht mehr in das Privileg eines Ausbilcks aus dem Fenster gekommen, als dass sie sich nun davon ablenken lassen würde.
Bis sie einen scharfen Schmerz im Gesicht verspürte.
Die Frau war blitzschnell auf sie zugetreten und hatte ihr eine Ohrfeige verpasst.
Sadira hob langsam dem Hand und berührte sanft ihre schmerzende Wange.
Wut erwachte in ihr und sie hob den Blick, um ihrer Peinigerin in die Augen zu schauen.
Was sie sah, erschreckte sie.
Die topasfarbenen Augen ihres Gegenübers glänzten zornig und wütend tanzten kleine Goldfunken um die Pupille. Die großen, mit Khol umrandeten Augen hatten verengten sich zu schmalen Schlitzen, während die so sanft geschwungen Augenbrauen drohend auf Sadira herabstürzten.
Die nun noch trotzigere Mund formte die Worte „Sadira Fiharakka“ und Sadira nickte nur.
Dies schien Augen und Mund zu besänftigen, denn fast sofort nahmen sie wieder unbedrohliche Formen an.
Sadira sah, wie sich die Lippen erneut bewegte und beschloss, dass es ab sofort besser wäre, zuzuhören.
„Sadira... weißt du, warum du hier bist?“
Sadira schüttelte verneinend den Kopf.
„Du hast gegen das Gesetz verstoßen. Du hast etwas gestohlen, etwas, das Ihm gehört und das Er wieder haben möchte. Wenn du es uns schnell herausgibst, wird Er vielleicht noch Mitleid mit dir haben und dich ziehen lassen.“
Sadira schüttelte langsam, aber bestimmt den Kopf. Sie hatte nichts gestohlen, so etwas würde sie nie tun!
Sicher, als Kind hatte sie mal einen Apfel aus der Küche der Magierschule stibizt, aber richtig gestohlen hatte sie noch nie und würde sie auch nie.
Die Ohrfeige kam schnell und traf sie seitlich im Gesicht und hinterließ Rötungen auf der Haut.
Ihre Wangenknochen schmerzten.
„Du sollst nicht lügen“, sagte die blonde Frau schlicht, trat an das Fenster und ergriff einen der Gitterstäbe.
„Ich habe nicht...“, erwiderte Sadira trotzig.
„Schweig!“
Die blonde Frau löste ihren Blick nach draußen und drehte sich wieder zu ihr um.
Ihre rechte Hand fuhr in eine Tasche ihres Gewandes, ergriff etwas und brachte es ans Tageslicht.
Der Gegenstand war sehr klein, den die Faust der Frau umschloss ihn gänzlich.
Sie kam langsam näher, streckte ihre zur Faust geballte Hand aus, bis sie kurz vor Sadiras Gesicht war.
Dann öffnete sie langsam die Faust.
Zwischen den Fingern schimmerte es sanft in einem blauen, aber unfreundlichen Licht.
Sadira unterdrückte den Impuls, sich an den Anhänger ihrer Kette zu fassen.
Auch er verströmte so ein Licht.
Als sie freie Sicht auf den Gegenstand hatte, bestätigte sich ihr Verdacht. Auch dies musste ein Splitter des Steines sein, den sie tief in den Katakomben des Tempels in Travincal gefunden hatte.
Der Stein, der in ihrer magisch verschlossenen Truhe ruhte.
Damals hatte sie neben dem großen Stein einen kleinen, schön geformten Splitter gefunden und beschlossen, aus ihm ein Amulett zu machen.
In einem kleinen Dorf hatte der dortige Schmied ihr schnell ein kleines Loch in eine Seite des Spiltters gebohrt, so dass sie einen dünnen Lederriemen durchziehen konnte.
Sadira erinnerte sich noch, wie gut sie sich gefühlt hatte, nachdem sie ihr neues Amulett angelegt hatte.
Sie hatte sich richtig fantastisch gefühlt; so stark wie nie zuvor.
„Du kennst es, nicht wahr?“
Die Worte der Frau rissen Sadira aus ihren Erinnerungen.
„Nein...“Selbst in Sadiras Ohren klang diese Lüge nicht sehr überzeugt.
Eine zweite Ohrfeige traf sie auf die andere Wange.
„Ich habe dir schon mal gesagt, dass du nicht lügen sollst. Wir wissen, dass du den Seelenstein hast. Er weiß es. Also, wo ist er?“
Ungeduldig tippte die Frau mit ihrer rechten Fußspitze auf den Boden und verschränkte die Arme vorm Körper.
„Ich.. ich habe so etwas noch nie gesehen. Ich weiß nicht einmal, was das ist!“, erwiderte Sadira und versuchte, so viel Empörung wie möglich in ihre Worte zu legen. Glaubhaft klang es trotzdem nicht.
Einen Moment lang schien sich die Frau vor Wut zu vergessen, schnell trat sie auf Sadira zu. Diese wappnete sich bereits gegen den Schmerz, der kommen würde und schloss die Augen.
Doch er kam nicht.
Die Frau hatte sich wieder von ihr entfernt und klopfte nun energisch gegen die Holztür.
„Heda, Wache!“, rief sie in einem herrischen Ton.
Keine Minute später öffnete sich die Tür und der Kopf eine jungen Frau streckte sich hinein.
„Ja, Herrin Varla, ihr habt gerufen? Was kann ich für euch tun?“, fragte sie pflichtbewusst.
Varla drehte sich wieder zu Sadira um und grinste hämisch. Sie ließ Sadira keinen Moment aus den Augen, als sie ihre Anweisung an die Wächterin gab.
„Ihr habt doch die Besitztümer unseres Gastes in Lut Gholein abgeholt. Da muss eine große, schwere, magisch verschlossene Kiste dabei gewesen sein. Bitte, würdet Ihr diese Kiste unserem Gast bringen lassen? Sie benötigt einen Gegenstand, der dort drin ist.“
Sadira blinzelte vor Schreck mit den Wimpern – woher wusste sie all dies?
Varlas Lächeln bekam einen triumphierenden Ausdruck, während die Wache davon eilte, um die Anweisungen auszuführen.
Es dauerte nicht lange, da trugen zwei Wächterinnen Sadiras Truhe herein und stellten sie direkt vor Sadira ab.
Beide verbeugten sich kurz vor Varla und zogen sich dann wieder zurück.
Varla stolzierte um die Truhe und begutachtete sie interessiert von oben herab.
Sadira erkannte, dass man sich bereits an ihrer Truhe zuschaffen gemacht haben musste, denn die Verschlüsse der Schlüssellöcher wurden von mehreren kleinen Kratzern verunziert.
Mit Stolz dachte Sadira daran, dass sie manche Zauber ihren Prüfungen mehr schlecht als recht ausgeführt hatte – aber Verschluss- und Öffnungszauber konnte sie wirklich gut.
Nun tat es sehr gut zu sehen, dass ihre Künste nicht nur dafür taugten, neugierige Mitschülerinnen abzuhalten.
Varla forderte sie energisch auf, die Truhe zu öffnen, doch Sadira weigerte sich und erhielt dafür eine Ohrfeige.
Dieses Spielchen zog sich über die nächsten Stunden hin, bis Varla ihr wütend eröffnete, sie würde Sadira foltern lassen, wenn sie nicht sofort die Truhe öffnen würde.
Sadira hatte zwar große Angst, ihre Wangen brannten auch schon wie Feuer, doch absolut beherrscht entgegnete sie Varla, sie würde die komplizierten Handbewegungen zum öffnen ganz bestimmt nicht mehr nach einer Folterung so detailgetreu ausführen können, wie es nötig war.
Varla schäumte vor Wut, wusste aber, dass Sadira recht hatte.
Als sich Schatten zum vergitterten Fenster hineinstreckten und die Sonne hinter dem Horizont verschwand, ließ Varla Sadira in ihre Zelle zurückbringen.
Dort, als die schwere Tür hinter ihr geschlossen wurde, erlaubte sich Sadira ein letztes bisschen Schwäche und begann lautlos zu weinen.
Immerhin gingen die Reisevorbereitungen zur Masyaf schnell von statten.
Sie benötigten auch nicht besonders viel; etwas Nahrung, ihre Waffen, ein paar sandfarbene Decken und natürlich Wasser für Hin- und Rückweg in ausreichenden Mengen.
Ivon, der als Paladin wohl besonders vertrauenerweckend erschien, schaffte es fast mühelos, drei Reittiere und ein viertes Packkamel bei der Karawanserei zu erstehen.
Dies erschöpfte die Goldvorräte der Gruppe jedoch stark; ab sofort waren sie auf ihr Glück angewiesen.
An dem Morgen, an dem sie das Haus der Schlangenfrau verlassen wollten, fanden sie es bereits verlassen vor; von der zischelnden Bewohnerin war nichts zu sehen.
Als Naeemah einen letzten Blick durch den Wohnraum schweifen ließ, in der Hoffnung, noch etwas nützliches zu entdecken, fiel ihr Blick auf ein großes Stück Stoff in einer dunklen Ecke neben der Feuerstelle.
Naeemah ergriff den Stoff und identifizierte ihn als den Umhang, welcher von der Schlangenfrau getragen worden war.
Ihm haftete noch ein wenig der beißende Geruch sterbender Magie an.
Naeemah sprach es vor ihren neuen Kameraden nicht aus, aber sie schloss daraus, dass sich das magische Schlangenwesen vollends aufgelöst hatte.
Achtlos ließ sie das Gewand auf den Boden gleiten und verließ zum letzten Mal das Haus, um sich ihren neuen Weggefährten anzuschließen.
Zuletzt bearbeitet: