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[Story] Weltenöffner

Brauche Nachschub.

:ugly:

Nur das das hier nicht verstaubt.

:angel:

Gruß,
Hosh
 
Kannst vergessen hier geht eh nix mehr schätze ich ("ggf. dieses WE" am 20.10.11 sagt alles ;)).

Schade um die eigentlich gute Story.
 
Hehe, nicht so eilig mit den Pferden hier.

Der nächste Teil ist schon längst fertig, aber ich hab gerade andere Dinge zu tun, z.B. das Newsen hier ^^
Where tf ist das Teil auf meiner Platte... *staub* "hust*

- gefunden ^^

wait.

Edit: Go!
 
Kapitel 12

Langsam beruhigte sich die Situation. Das konnten sie akzeptieren.

Bei Cain, würde der junge Tork die nächsten Jahre bis zur Volljährigkeit überleben, meinen Stab hätte er an seiner Seite. Mögen auch die Anwesenden die Weisheit seiner Worte erkennen! Nach einer kurzen Pause ergriff Menno, der von Tork so überraschend unterbrochen wurde, das Wort. Auch er stand jetzt auf, rückte sein silberstrahlendes Kettenhemd zurecht und wandte sich Tork zu.
„Sanktuario kann sich glücklich schätzen, einen künftigen König und Stammesführer zu haben, der bereits jetzt Gerechtigkeit mit Augenmaß verbindet.“ Sein Blick ging wieder in die Runde und blieb bei Wahr-Tir hängen:

„Auch ich habe jetzt Interesse, die angeblich wahre und beweisbare Geschichte des Delinquenten zu erfahren.“

Bei den letzten Worten von Menno hörte ich ein heftiges Ausatmen von Staukan. Dieser war aus dem Kreis des Tisches zurückgetreten und stand nun direkt gegenüber von Kolmar zwei Schritte neben mir, an meiner linken Seite. Seine unnatürliche Wärme brachte mich wieder ins Schwitzen. Allgemeines Murmeln und Nicken erfolgte jetzt.

Kolmar stand wieder auf. Unabsichtlich, wie es schien, schlug er ein Tuch um Drakh Rudnam, dessen bleiches Glühen daraufhin erlosch. „Nun, Lorin, dann erzähle, was Du zu erzählen hast.“.


Und so erzählte ich nochmals die Geschichte, die bereits Beril gehört hatte. Als ich an der Stelle ankam, an der ich den alten Stab des Magiers in die Hand nahm, sah ich die Züge meines Meisters weich werden. Ihm musste es ähnlich ergangen sein. Als ich ans Ende meiner Erzählung kam, merkte ich, dass er mich nicht mehr ganz so feindselig betrachtete wie vorher.Ich hörte auf zu reden.

Wahr-Tir beugte sich vor. „Sag, was war mit dem Schmerz, den du empfandest, als du den Dämon tötetest?“
„Ich weiß nicht, es tat eben weh, so als ob…“
Hier wusste ich nicht mehr weiter.

„War es wie eine Bestrafung? Eine unmittelbare Folge seines Todes?“
„Ja, vielleicht schon…“

Wahr-Tir wandte sich Quenlin zu. „Was bringt Ihr Euren Schülern eigentlich bei? Habt Ihr Sie nicht gegen das Ewige Band gewappnet?“

Han Vidan ließ ein leises Lachen hören und stieß die Klingen ihrer Großkrallen zusammen. „So, Quenlin, zeigt sich die Nützlichkeit der Magier vom Berg. Wie alle Magier seid ihr zu selbstbezogen. Ihr wißt wohl nicht, wozu ihr auf der Welt seid, oder? Wir wissen es ganz genau.“ Abrupt stand Han-Vidan auf und drehte sich blitzschnell um ihre eigene Achse. Direkt vor mir materialisierte sich ein Schatten, der lauernd auf Befehle zu warten schien.

Quenlin schluckte grimmig und drehte sich langsam zu Han-Vidan und Wahr-Tir.
„Es bestand keine Notwendigkeit…“
„Dann besteht sie jetzt.“
Abrupt drehte sich Wahr-Tirs Geschwür mir wieder zu. Es schien ein bisschen freundlicher auszusehen.
„Lorin, Sohn des Menguin, eine hübsche und überzeugend vorgetragene Geschichte hast Du uns da erzählt. Du bist uns nur noch eins schuldig.“
„Fragt mich was Ihr wollt.“
„Ich habe nur noch eine Frage. Wie willst Du das beweisen?“

Ich hatte mich getäuscht. Eine gute Geschichte allein würde den alten Nekromanten nicht überzeugen. Aber ich wusste, was ich zu sagen hatte.

„Hohes Gericht, der alte Stab der Magier hat in sich die Macht, die Wahrheit über die Geschehnisse zu zeigen.“

Raunen erfüllte wieder den kleinen Raum. Staukan blickte kurz zu mir herüber. Ich sah für einen kurzen Moment seine langen braunen und im zweifelhaften Licht der Kammer irgendwie spitz wirkenden Zähne. Das bemerkte niemand ausser mir, denn alle Blicke richteten sich jetzt auf Quenlin. Auch er stand auf und hob den alten Magierstab.

„Dieser Stab unserer Altvorderen ist mit dem Wissen und dem Können unzähliger Magier versehen, welche Jahrzehnte lang durch den Kampf gegen die dämonische Ebene gestählt wurden.“ Er senkte den Kopf und hob ihn rasch wieder. „Ich habe Wissen und Erfahrung vieler Männer und Frauen gespürt. Aber alle Ordensführer wissen, dass uns die Weisheit anderer nur zum Teil zugänglich ist. Gleich, wie sorgfältig wir das Wesen eines Artefakts studieren, bleiben dem Einzelnen manche Bereiche verborgen. Wir sind den Beschränkungen unseres Selbst unterworfen.“

Er holte Luft. Vislenna unterbrach ihn. „Was heißt das jetzt, Quenlin? Ist da so ein Spruch oder nicht?“
„Ich spüre die Macht eines solchen Spruchs, aber die vollständige Erkenntnis ist mir nicht zugänglich.“
„Das heißt, mit dem Stab lässt sich nicht rausfinden, ob der Delinquent lügt?
„Das heißt es. Mir wird es nicht gelingen“
Quenlin sah mich kurz an. Ich meinte, etwas wie Bedauern zu erkennen. Aber das half mir nun auch nicht mehr. Ich war verzweifelt. Keine Chance zur Flucht. Und das Todesurteil vor Augen. Ich spürte Staukan neben mir triumphieren.

„Gibt es andere Möglichkeiten herauszufinden, wer von den beiden die Wahrheit sagt?“ warf Tork ein.

Niemand antwortete.
Menno ergriff wieder das Wort:
„Dann lasst uns jetzt zu einer Entscheidung kommen.“

Da ließ ein leises Klopfen alle Köpfe zu Wahr-tir herumfahren. Mit dem langen gelben Fingernagel seines Zeigefingers klopfte der alte Nekromant auf den uralten, in schwarzes Silber eingefassten Schädel, der sich am Ende seines Stabs befand.
„Wenn wir davon ausgehen, dass beide Geschichten aus ihrer Position heraus wahr sind, wo sind dann die Unterschiede?“

Menno wischte die Worte Wahr-Tirs mit einer ausholenden Handbewegung zur Seite.
„Was soll uns das jetzt helfen, Wahr-Tir? Ein Rätselspiel? Gibst ausgerechnet Du jetzt den Advokatus?“
Wahr-Tir lachte leise.
„Aber nein, verehrter Menno. Mir ist nur aufgefallen, dass sich die beiden Geschichten in einem wesentlichen Punkt voneinander unterscheiden.“
„Worauf willst Du hinaus, Wahr-Tir?“ warf Han-Vidan ein.
„Natürlich sind die Geschichten unterschiedlich, aber die Beweise liegen klar auf dem Tisch. Es gibt nichts mehr zu bereden. Lasst uns das Urteil fällen oder laßt mich“, hier erhob sie sich zur Hälfte und ließ ihre Krallen hoffnungsvoll gegeneinander schaben, „das Urteil gleich hier vollstrecken.“

Entsetzt blickte ich die Führerin des Ordens der Assassinen an. Wilde Geschichten waren im Umlauf, was die Assassinen betraf. Der Tod kam schnell unter ihren Händen, aber das Grauen war unendlich. Ewige Qualen sollten diejenigen treffen, die auf die falsche Seite gewechselt waren. Für immer im Schattenreich zwischen Leben und Tod gefangen, waren die Seelen dazu verflucht, niemals Erlösung zu finden. Wehklagen, so hieß es, war manchesmal im Wind zu hören, der den Arreat umwehte. Schatten ihrer selbst, so verblieben sie im Nichts, bis eine Assassine eine der Seelen rief. Diese wurde zum dienstbaren Geist der Kämpferin, aber selbst der Tod als Schatten war kein endgültiger.
Der Schatten neben mir rückte ein wenig näher.

„Nicht so schnell, Meisterin der Schatten,“ sprach Wahr-Tir jetzt. „Ich sehe einen deutlichen Unterschied, einen, den wir uns zunutze machen könnten.“

Guter alter Wahr-Tir! Mit ihm würde ich sogar Leichen ausbuddeln gehen, käme ich lebend aus dieser Sache heraus!
Staukan hingegen wurde wieder nervös. Es wurde ausserdem immer heißer. Sein Blick glitt von Wahr-Tir zum Dolch und wieder zurück. Aber er schwitzte nicht.
Jetzt wurde auch Kolmar ungeduldig:
„Sag schon, Wahr-Tir, Meister der Nekromantie, wo siehst Du den wesentlichen Unterschied und wie willst Du ihn nutzen?“

„Der Unterschied liegt einzig und allein darin“ Wahr-Tir nestelte an seinem Stab rum und streichelte eine kleine, verdickte Stelle unterhalb des Schädels, „dass Lorin behauptet, den Dolch niemals angefasst zu haben, während der Zeuge Staukan das Gegenteil nennt.“ Er schwieg wieder. Alle nickten bedächtig. Wahr-Tir schwieg immer noch, weiter seinen Stab streichelnd.
„Und?“ fragte Vislenna nach einer Weile, ihre mächtigen Arme ausbreitend. „Spann uns nicht auf die Folter.“
Wahr-Tir blickte einen Moment überrascht. „ Ich bitte um Vergebung, Beherrscherin der Sehne, aber die Toten haben viel Zeit und mein Umgang mit Lebenden krankt an ihrer ständigen Furcht vor mir. Ihr Lebenden seid…. ungeduldig. Jetzt, wo du es sagst, erkenne ich meinen Fehler.

„Wisset,“ so wandte er sich dann an alle, „dass einer der wenigen Einnahmequellen unser Gemeinschaft der Wanderer zwischen den Welten in den Zeiten des Jahrhunderte alten Friedens die Klärung von Erbschaftsangelegenheiten war.“ Vislenna zog eine ihrer blonden Augenbrauen hoch.
„Auch in deinem Volk, Vislenna“, Wahr-Tir beugte sich jetzt leicht vor, „gab und gibt es Friedhöfe, die gelegentlich aufgelassen werden. Die ansässigen Familien streiten sich dann um die alten und oft wertvollen Grabbeigaben früherer Generationen.“ Vislenna nickte zögernd. „Dort wo eine Zuordnung nicht eindeutig möglich ist, zum Beispiel, wenn ihr eure Ahnen in einem Familiengrab gestapelt habt und die Dinge nach ein paar Jahrzehnten oder Jahrhunderten in Unordnung geraten sind, werden wir gerufen. Nicht am hellen Tage, versteht sich.“ Vislenna runzelte jetzt die Stirn.

Aber alle hörten ihm jetzt mit gespannter Aufmerksamkeit zu. Ich versuchte meine Hände zu spüren, aber der Verwirrungszauber war von permanenter Art, ich wurde ihn nicht los. Ich blickte zu Staukan. In seinem Gesicht arbeitete es. Mir war bisher nicht aufgefallen, dass er so starke Kinnmuskeln hatte.
Aber irgendwas musste seine langen Zähne ja halten.

„Wenn es also soweit ist, wird einer von uns beauftragt die Toten zu befragen ob dieser oder jener Gegenstand ihm gehört hatte. Das allerdings,“ Wahr-Tir hob beide Hände in einer Geste der Entschuldigung, „ist eine langwierige und mitunter schmerzliche Angelegenheit. Wie gesagt, die Toten haben Zeit.“
Nach einer kurzen Pause redete er weiter. „Einer meiner Vor-Vorgänger erkannte dann jedoch ein allgemeingültiges Prinzip, welches in etwa aussagt, die Details möchte ich euch ersparen, dass sich ein magischer Gegenstand immer an die letzten Träger seiner selbst erinnert. Es entsteht so etwas wie eine“ hier streichelte Wahr-Tir wieder seinen Stab, „stoffliche Beziehung zwischen Träger und Artefakt. Und diese lässt sich noch viele Jahre später nachweisen. Ja, sie endet eigentlich erst, wenn Artefakt und Träger vollkommen zu Staub zerfallen sind. So haben wir uns in den letzten Jahrhunderten die Befragung vieler unserer Vorfahren erspart.“

„Waren denn alle Grabbeigaben der letzten Jahrhunderte magisch?“ fragte Tork verwundert. „Junger Mann, früher war alles besser, möchte ich dazu sagen, jedenfalls waren magische Gegenstände weitaus mehr verbreitet als heute. Und sie waren stets gegen ihren Verfall geschützt. Sagt mir, wie viele magische Gegenstände, Schwerter, Rüstungen und dergleichen, habt ihr euch fertigen lassen?
„Keine“ meinte Tork verwundert, es gibt kaum einen Schmied, der das heute noch kann und einen Nutzen hatte es eigentlich nicht, bis heute.“ Daraufhin versank Tork ins Grübeln und Wahr-Tir fuhr fort:
„So ist es, alle magischen Werkzeuge zieren heute die Wände von Palästen, Museen und Schmiedsfamilien, die es zu etwas gebracht haben. Die wenigen Magier“ hier wandte er sich Quenlin zu, „die heute noch die Kunst der magischen Signatur beherrschen, kann ich an einer Hand abzählen.“ Quenlin murmelte etwas, was wie „Mehr brauchten wir auch nicht“ klang.

Wahr-Tir schien das zu überhören. „Jedenfalls sind alte magische Gegenstände so begehrt wie je und deshalb haben wir unser bescheidenes Auskommen gefunden.“ In den letzten Worten meinte ich eine übertriebene, leicht falsche Bescheidenheit herauszuhören. Gleichzeitig konnte ich es kaum erwarten, dass Wahr-tir endlich das Verfahren anwandte, welches mich erlösen konnte.
Ich trat von einem Fuss auf den anderen.

Staukan kochte förmlich, ich sah ihn in Schüben zittern und wie es mir schien, sich nur mühsam beherrschen.
„Von der Vergangenheit zu hören“ insistierte Kolmar, „ist gewiss lehrreich und erhellend. Wir aber haben drängende Probleme in Gegenwart und Zukunft zu lösen. Sofern ihr, verehrter Wanderer der Zwischenwelten“ hier verneigte er sich erneut vor Wahr-Tir, „ über Mittel verfügt, die die Wahrheit in dieser Sache ans Licht bringen können, bitte ich Euch, wendet sie an.“

Wahr-Tir schien leicht gekränkt, fügte sich jedoch und fing an: „Es ist eigentlich ganz einfach. Ich werde Drakh Rudnam, der ohne Zweifel ein magischer Gegenstand ist, bitten, mir seine letzten Träger zu zeigen. Jeder, der ihn zuletzt berührt hat und hier anwesend ist, wird der Reihe nach durch ein grünes Band zwischen ihm und Drakh Rudnam angezeigt.“
Ohne ein weiteres Wort hob Wahr-Tir seinen Stab leicht an und kniff sein bleiches Auge zusammen. Mit einem Ruck zeigte sein Stab auf Drakh Rudnam und das Licht im Zimmer wurde dunkler.
 
Na endlich, ich sollte wohl öfter Pessimismus verbreiten, dann geht auf einmal voran. :D Nettes Kapitel. :)

Ach übrigens, nur weil der D3 Release sich immer weiter verzögert, brauchst du dir nicht genausoviel Zeit zu lassen. :p
 
Lass krachen bis jetzt sehr gut zu lesen habe mein aktuelles Buch durch also kann es meinetwegen weitergehen!
 
Wow, looos!! Im moment sind mir deine news grad ziemlich egal dame, nur schreib hier weiter!!! ;) Ehrlich ne begeisternde geschichte...ich hasse unwahrheiten die nicht ans licht kommen..hoffentlich klapp das..!

Grüsse
Lordwigham
 
Super Geschichte bislang, fesselt an den Schirm!
Ich bin echt gespannt wie es weitergeht ;)
 
Danke für den Zuspruch :D
Das nächste Kapitel ist schon fast fertig.
Noch ein bisschen feilen und dann... :)
 
Freut mich das zu lesen :)
Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt drauf!
 
Kapitel 13

....
Mit einem Ruck zeigte sein Stab auf Drakh Rudnam und das Licht im Zimmer wurde dunkler.



Eine schimmernde Spur aus grün leuchtenden Perlen erhob sich über Drakh Rudnam. Quenlin wurde plötzlich erleuchtet und glomm selbst in dem Band aus glitzernden Perlen, welches zwischen ihm und Drakh Rudnam entstand.
„Ja,“ meinte Quenlin, „ich habe das Artefakt seit zwei Tagen bei mir.“
Von Staukan hörte ich ein Keuchen, dann ein leises Knurren.
Das Band zwischen Quenlin und dem Dolch wurde schwächer und erlosch. Dann entstand es neu und es kam auf mich zu.
Meine Augen wurden groß. Die Perlen kamen immer näher. Nur noch eine Mannslänge trennte mich von meinem Tod. Aber bevor das unschuldig glitzernde Band mich erreichte, wandte es sich in einem leichten Bogen Staukan zu.

Staukan reagierte anders als ich erwartet hatte, ganz anders, als es jeder der Anwesenden wohl erwartet hatte.
Seine Haut fing an zu knistern und seine Gestalt begann wie ein aufgehender Teig, nur viel schneller, zu wuchern.
Aus dem dürren Staukan den ich kannte, wurde ein schwerer und noch größerer Körper. In wenigen Sekunden wuchsen knotige Muskeln an Armen und Beinen, mächtige Schultern sprengten die Tunika. Ich taumelte benommen vor Überraschung zwei, drei Schritte zur Seite. Aber keiner beachtete mich. Alle blickten entsetzt auf das Wesen welches neben mir wuchs und plötzlich ein markerschütterndes Röhren in den Raum warf. Die engen Wände warfen das Gebrüll sofort zurück. Mir platzten fast die Ohren. Das grüne Band aus Perlen blieb unbeeindruckt. Es beleuchtete die Verwandlung von allen Seiten.

Ein schleifendes Geräusch ließ mich in Richtung eines der Wächter blicken, der soeben sein Schwert gezogen hatte. Sein schnelles Handeln wurde ihm zum Verhängnis. Blitzschnell drehte sich das Wesen um und aus einer lippenlosen Fratze, die keine Ähnlichkeit mehr mit Staukan hatte, brach ein gleißend heller, armdicker Feuerstrahl. Der Wächter wurde zur lebenden Fackel und starb stumm im schneidenden Strahl.

Da kam Bewegung in die anderen. Verschiedene Emanationen geistiger und elementarer Energie erfüllten den Raum, kreuzten sich, löschten sich aus oder erreichten das Wesen, welches sich davon nicht beeindruckt zeigte und seine Fratze dem Tisch zuwandte.
Mit einem weiteren Brüller und einem gewaltigen Ruck riss das Wesen seine Arme auseinander. Ich stand ja daneben, also bekam ich einen Streifschlag ab. Ich fiel zwei Schritte weiter zu Boden und spuckte das Blut aus, dass sich in meinem Mund gesammelt hatte. Meine linke Wange begann zu brennen.

Das Wesen beachtete mich nicht weiter, um so mehr Quenlin, vor dem Drakh Rudnam lag. Mit einem mächtigen Sprung sprang das Wesen an den Tisch und griff nach Drakh Rudnam.

Das Wesen griff ins Leere. Dort wo eben noch Drakh Rudnam lag, war jetzt nichts mehr. Ich sah unweit davon Vislenna die den Dolch jetzt vor sich liegen hatte. Wieder brach ein Brüllen aus dem Wesen heraus, welches sich jetzt Quenlin direkt zuwandte. Dieser hielt dem Wesen den alten Stab entgegen und rief: „Drakh Barr, du bist umsonst gekommen. Der Weltenöffner ist nicht mehr dein.“


Wieder brach gleißend ein feuriger Speer aus dem Wesen heraus und hüllte Quenlin vollständig ein.
Doch anstelle verkohlt zu werden, stand Quenlin unbeeindruckt und richtete seinen Stab wieder auf das Wesen, das er Drakh Barr genannt hatte. Vislenna entließ nun Sphären aus puren Eis in Richtung von Drakh Barr, der erstmals Wirkung zeigte. Er wurde langsamer und sein Feuerstrahl versiegte. Venla hatte irgendwo her einen schwarzen Kugelbogen geholt und deckte Drakh Barr mit Eispfeilen ein. Han Vidan stand ruhig an ihrem Platz, aber ein körperloser Schatten traf Drakh Barr ein ums andere Mal mit archaischen Großkrallen. Nur Wahr-Tir saß an seinem Platz, die Augen geschlossen und heftig zitternd. Menno hatte sich schweigend vor Kolmar und Tork aufgebaut, das Schimmern der umgebenden Luft zeigte die Wirkung eines mächtigen Schildes.

„Kehre zu jenen zurück, die Dich geschaffen haben“ rief Quenlin dem Wesen Drakh Barr zu, „und berichte von deinem Misserfolg.“

Jetzt schoss eine Eiswolke aus dem alten Magierstab, so heftig, dass auch ich noch liegend die tödliche Kälte spüren konnte. Von hinter mir kamen weitere Kältezauber und Drakh Barr begann mit seinem lippenlosen Schlund zu krächzen.

„Schwach seid Ihr. Es wird länger dauern, alter Mensch, aber am Ende werden wir diese Welt beherrschen wie es von Anfang an vorbestimmt war.“ Unterdessen hatten die anderen nicht aufgehört, Drakh Barr mit Eis- und Kältezaubern zu belegen. Die Anstrengung zeigte sich langsam auf ihren Gesichtern.

Aber Drakh Barrs Haut platzte auf und bröckelte an einigen Stellen bereits ab. Ich zitterte jetzt vor Kälte. Plötzlich brach Drakh Rudnam in einem Schauer aus Eiskristallen auseinander und verging. Zurück blieb, wie ich mit Grausen feststellte, die zerrissene Hülle von dem, was einmal Staukan gewesen war.

Es war auf einmal still im Raum. Von draussen hörte ich jetzt heftige Schläge und lautes Rufen durch die massiven Doppelflügel der Eingangstür dringen. Die Welt ausserhalb hatte ich vollkommen vergessen, so sehr war ich von den Geschehnissen hier im Raum beansprucht. Mit einem müden Blick gab Kolmar dem verbleibenden Wächter die Anweisung, die Türen zu öffnen.

Herein drang ein Schwall Nebel, als sich die wärmere feuchte Luft von draussen mit der mittlerweile eiskalten Luft des Zimmers verband und ein Dutzend Wachen, ob des plötzlichen Nebels verunsichert, nach dem Regenten riefen. Kolmars klare Stimme beruhigte alle. „Es ist alles in Ordnung, Hauptmann, die Gefahr ist vorüber.“

„Wir hörten das Gebrüll eines wilden Tieres und …“
Der Nebel lichtete sich fast genauso schnell wie er gekommen war. Das gute Dutzend Wächter starrte beklommen auf die leere Hülle Staukans und seinen faltigen, in einem ewigen Schrei des Entsetzens zerrissenen Schädel.

„Es ist vorüber“ meinte nun auch Quenlin, der beiläufig wieder etwas in ein dickes dunkles Tuch wickelte und dann wegsteckte. Ich zitterte am Boden weiter heftig, was Quenlin aufgefallen sein musste, denn er blickte mich kurz an und sprach zu Morlan: „Helft ihm auf und laßt ihn frei, Morlan, seine Unschuld ist erwiesen.“
Morlan zog mich auf die Beine. Mit einem Mal konnte ich meine Hände wieder bewegen, schlang die Arme um meinen Körper und hüpfte auf und ab um wieder etwas wärmer zu werden.

Alles um mich herum war in Bewegung. Immer mehr drängten in den kleinen Raum. Alle redeten und riefen durcheinander. Ein großer Kreis wurde um Staukans Reste und die der Wache gebildet und Han Vidan verhängte nun einen Dunkelzauber, der die Leichname den Augen der neugierigen Hinzugekommenen entzog.

Langsam wurde auch mir wärmer. Ich blickte mich wieder um und sah mir die Führer und Führerinnen der Orden sowie Kolmar und Tork genauer an. Alle schienen erschöpft. Nur einer nicht. Wahr-Tir. Er war nicht zu sehen.
Alarmiert blickte ich zu meinem Meister, dem dieser Umstand scheinbar zum gleichen Zeitpunkt aufgefallen war. Wir gingen beide um den Tisch herum und entdeckten Wahr-tir unter dem Tisch.
Blut lief aus seiner Nase.

Ich beugte mich hinunter zu dem alten Mann, der mir wahrscheinlich, zusammen mit Beril und Tork das Leben gerettet hatte.
„Er atmet noch, Meister“ rief ich leise.
Quenlin rief nach Menno, der umgehend zu uns stieß. Ich machte ihm Platz. Menno hob eine Hand über die Körpermitte des alten Nekromanten und schloß die Augen. Nach einer langen Zeit öffnete er schließlich seine Augen wieder und stand kopfschüttelnd auf.
„Meine Heilkunst kann hier nichts vollbringen. Seine Verletzungen sind nicht körperlicher, sondern geistiger Natur. Das plötzliche Erscheinen des Dämons, der ein Leben benutzt hatte um daraus eine Perversion des Lebens selber entstehen zu lassen, muss ihn mehr mitgenommen als uns. Wir sollten jemand rufen, der Umwandlungsprozesse besser versteht als wir.“ Menno dachte kurz nach. „Einen Druiden-Heiler vielleicht. Ich bin mir sicher, dass einer bei Bard-Lears Gefolgschaft dabei war. Sendet sofort einen Boten. Und holt auch einen aus Wahr-Tirs Gefolgschaft hinzu.“
Kurz darauf erschienen die beiden Verlangten und brachten den bewusstlosen Wahr-Tir in ein Gemach der Feste.

Quenlin trat zu mir und überreichte mir meinen Stab. Ein Glücksgefühl überkam mich, als ich das Seelenauge meines Stabs berührte.
„Meister“, sagte ich und senkte die Augen.
„Wir müssen uns bei Dir entschuldigen, Lorin. Gehe jetzt mit Morlan ins Lager zurück und erkläre dort, was hier passiert ist. Wir werden heute abend miteinander sprechen.“
Da fiel mir etwas Dringendes ein, was ich noch unbedingt erledigen musste.
„Kann ich vorher noch kurz in die Wächterstuben, Meister?“
Quenlin sah mich erstaunt an.
„Der Wächter, der meine Zelle bewacht hat, hat sich meine Geschichte angehört und mich darauf aufmerksam gemacht, was mich vielleicht retten könnte. Ohne seinen Hinweis hätte ich nicht nach dem Spruch im Stab gefragt und wäre jetzt vielleicht tot.“
Quenlin nickte. „ Eine Dankesschuld sollte man nicht stehen lassen. Einiges Unangenehme mehr wäre zudem noch passiert.“ Er gab Morlan einen kurzen Wink. Morlan trat zu mir, eine stumme Entschuldigung in seinen Augen.
„Aber beeilt Euch,“ sagte Quenlin dann, „ich denke, auch Ko’malla wäre erfreut von Deiner Unschuld zu hören.“ Noch einer! Ich beeilte mich und zog Morlan hinter mir her.

Die ganze Feste war aufgescheucht. Einer ihrer Wächter tot, dazu ein toter Magier und Gerüchte über einen Dämon. Als wir uns zur Wächterstube durchfragten, begegneten uns viele neugierige, aber auch misstrauische Blicke.
Beril trat gerade aus dem Eingang heraus als wir uns dem Quartier näherten. Er wirkte ohne seinen Helm viel kräftiger. Sein strubbeliges Blondhaar war naß und nachlässig nach hinten gekämmt.
„Lorin“ rief er, „hat sich deine Unschuld tatsächlich erwiesen?“
Ich ging zu ihm hin und ergriff seine Hand.
„Dank Deiner Hilfe, Beril. Mein Schwertarm ist deiner.“
„Ob mir das was nützt?“ lachte Beril, „ihr Magier vom Berg seid nicht gerade für Eure Fechtkunst berühmt. Dein Stabarm wäre mir lieber.“
Ungewollt hatte ich einen Moment lang das Bedürfnis, Beril zu zeigen, dass auch die Magier vom Berg im Schwertkampf geübt waren. Aber sogleich beruhigte ich mich. Er hatte natürlich Recht. Wir waren nicht Magier weil wir Meister des Schwerts waren.
„Dann eben meinen Stabarm“ lächelte ich ihm entgegen.

„Gut“ grinste Beril, mein kurzes Zögern sehr wohl bemerkend. Dann besah er mich kritisch. „Du siehst keinen Deut besser aus als vorher. Komm mit rein und wasche Dich.“
Da bemerkte ich, dass ich immer noch den Schmutz der Höhle und das Blut der Dämonen an den Händen und an meiner Kleidung hatte. Ich nahm sein Angebot dankbar an. Die Wächterstube war jetzt, kurz nach der Wachablösung, leer. Beril war der letzte der Wächter gewesen. Während Morlan einen Happen von Beril gereicht bekam und ihm alles erzählte, was oben vorgegangen war, wusch ich mich gründlich, bürstete meine Kleider aus und flickte notdürftig die gröbsten Risse.

„Ja“ meinte Morlan anerkennend, jetzt kannst du wieder als ehrenwerter Schüler durchgehen. Er trank den letzten Schluck Bier aus seinem Krug und deutete dann auf die untergehende Sonne. „Es wird Zeit Lorin, wir müssen los.“
Wir verabschiedeten uns und meine Augen suchten einen guten Punkt, von dem aus wir unbemerkt teleportieren konnten. Solche Art von Magie verunsicherte meine Stammesbrüder immer noch.
Morlan unterbrach meine Suche.

„Das Lager wurde nach dem Vorfall abgebrochen. Wir können den Wegpunkt im Hof benutzen um direkt zum Ordenshaus zu kommen.“

Während wir zum Wegpunkt gingen, klärte mich Morlan weiter auf. „Weißt Du, niemand konnte an deine Unschuld glauben. Die Beweise waren zu offensichtlich und als man dich auch noch aus der geheimen Höhle rauszog, war es eigentlich um dich geschehen. Ich muss allerdings sagen, „hier schaute mich Morlan von der Seite anerkennend an, „dass keiner dich gerne verurteilte. Du scheinst ziemlich beliebt zu sein. Nimm ihnen ihr Verhalten Dir gegenüber nicht allzu übel.“
Das war eine Frage, die mich tatsächlich beschäftigt hatte. Warum, warum nur, hatte niemand auch nur versucht, meine Version der Geschichte zu hören?
Morlans prüfender Blick traf mich.
„Ich werde es berücksichtigen. Danke.“

Bald darauf kamen wir im Ordenshaus an. Sofort waren Stippan, Rakkan und Mellin bei mir und umarmten und knufften mich. Ich verdrückte nicht nur eine Träne und stimmte in ihr Freudengeheul ein. Später musste ich mehrmals meine Geschichte erzählen, während Morlan eine ziemlich wahrheitsgetreue Wiedergabe der Geschehnisse im Speisesaal zum Besten gab. Viel konnte man aber, so dachte ich, auch nicht dazuerfinden. Stippan sagte, mir ein Bier reichend, dass die Mädchen bereits wieder am Lernen wären, im kleinen Waldhaus. Sie wüssten von nichts, er würde es ihnen aber erzählen. Das hätte ich selbst gerne gemacht, aber auf mich warteten noch Pflichten.

Schließlich langten wir auf der Ebene der Oberen an. Das Getue im Hof konnte ihnen allen nicht entgangen sein und trotzdem hatte ich Herzklopfen.
 
Endlich updaaatee :)

Sehr schön! Mir gefällt besonders deine detaillierte Art zu erzählen. Spannung pur! Ich würde gern mehr lesen :top: :)
 
Jap, der absolute Hammer. Du hast einen wunderschönen Schreibstil, weiter so :)
 
Vielen Dank dafür, die Fortsetzung ist dir super gelungen :)
 
Kapitel 14

Schließlich langten wir auf der Ebene der Oberen an. Das Getue im Hof konnte ihnen allen nicht entgangen sein und trotzdem hatte ich Herzklopfen.

Morlan jedoch klopfte unbekümmert an die Tür zur Bibliothek.
Ein kräftiges „Herein“ ertönte, ich erkannte die Stimme Ko’mallas. Aus unerklärlichen Gründen sank mir das Herz weiter in die Hose. Wir traten herein. Die letzten Strahlen der Sonne trafen noch die Wände der Bibliothek. An einem langen Tisch saßen alle Ausbilder versammelt.
Ko’malla erhob sich und trat näher.

„Unsere Ohren haben uns also nicht getäuscht. Willkommen zurück, Morlan“ und hier wandte sich Ko’malla mir zu, „mein Willkommen auch Dir, Lorin, Sohn des Menguin.“ Er ergriff meine Hand und hielt sie fest. Sein Druck war fester als ich es gewohnt war und er hielt meine Hand länger als notwendig.

„Wir sind alle sehr erleichtert, dass sich der Verdacht gegen Dich nicht bewahrheitet hat. Vergib uns.“
Ich dachte an die Worte Morlans. „ Dank für Eure Worte, Meister. Die Beweise gegen mich waren jedoch erdrückend. Ich kann es Euch nicht verdenken, Meister Ko’malla“ jetzt wandte ich mich allen zu „ und auch Euch nicht. Jeder hätte genauso gehandelt.“ Soweit ich es erkennen konnte machte sich Erleichterung breit, wenngleich die Stimmung ernst blieb.

„Dann ist das geklärt. Möchtest Du nach all den Strapazen etwas essen und trinken?“
Ich dachte an das letzte Mahl zurück, welches ich noch, vor zwei oder drei Stunden erst, in der Zelle zu mir genommen hatte. So viel war passiert. Aber hungrig war ich nicht.
„Nein, danke, Meister Quenlin möchte mich heute abend noch sprechen und ich möchte vorher etwas ruhen, wenn ich darf.“

„Alles, mein Junge, alles.“ Ko’malla und die anderen konnten ihre Überraschung kaum verbergen.
Jetzt, wo ich ihre Überraschung sah, fragte ich mich auch, was Quenlin ausgerechnet mit mir zu besprechen hatte. Zwar stand ich im Mittelpunkt der kürzlichen Ereignisse, aber den Nabel der Welt bildete ich gerade nicht.
Zurück auf meinem Zimmer, welches ich auf weniger belebten Gängen erreichte, fiel ich in einen unruhigen Schlaf.

Als ich aufwachte, war es bereits dunkel. Ich sah aus meinem kleinen Fenster und nahm bis weit in die Ebene erratisch verstreutes Feuer und Fackellicht wahr. Auch meinte ich im ungewissen Licht viele Menschen zu sehen, die Zelte aufbauten und Lagerfeuer mit Feuerbällen entzündeten.

Ich wusch mich nochmals und zog mir frische Kleidung an. Alles Erlebte der letzten Tage kam mir mit einem Mal wie ein ferner Traum vor, in manchen Dingen wie ein Alptraum, aber mein verwandelter Stab überzeugte mich davon, dass ich alles wirklich erlebt hatte.

Das ganze Haus war unruhig. Von überall her konnte ich leise Rufe und laute Reden vernehmen, das Geräusch vieler Füße und schwerer Gegenstände drang durch meine Tür. Irgendwas war im Gange. Ich beschloss, darauf zu warten bis man mich rief. Ich hatte noch keine Lust, mich wieder all meinen Mitschülern zu stellen und dieselbe Geschichte wieder und wieder erzählen zu müssen.
Während ich wartete, legte ich meine Hand vorsichtig an das Seelenauge des Stabs und erforschte die neuen Fertigkeiten, welche sich vom alten Stab der Magier auf meinen übertragen hatten. Einige wenige blieben an den Grenzen unklar, aber rasch lernte ich damit umzugehen und nach und nach verstand ich auch diese vollkommen.
Schließlich wurden nur jene Fertigkeiten übertragen, welche der Überträger zwischen den Stäben auch selbst verstehen konnte, erinnerte ich mich.

Nachdem ich selbst vorher über vielleicht dreißig oder vierzig ausgebildete Fertigkeiten verfügte, hatte ich nun wohl an die zwei- oder dreihundert dazu gewonnen. Nicht unbedingt nur mächtige Sprüche, sondern überwiegend Variationen bereits bekannter Zauber für bestimmte Zwecke und solche Zwecke die ich bisher nicht kannte.
Wegen der Vielzahl dieser Sprüche lernte ich allerdings eine der Elementarmagie immanente Struktur erkennen, etwas, was ich vorher nicht verstanden hatte.

Ich lernte, dass Feuersprüche fast ausschließlich die eigene Energie des Zielobjekts verwenden konnten, um zu wirken, und dass ich viel weniger Aufwand betreiben musste als vorher, um etwas in Brand zu setzen.
Eis- und Kältesprüche hingegen banden die Energie des Zielobjekts, zwangen sie in einen gleichgerichteten Kreis um dort nutzlos zu verpuffen, so dass der betroffene Organismus oder Stoff mangels nutzbarer Energie erkaltete. Ich konnte sogar diese Energie auf mich übertragen, wenn ich wollte, allerdings nur zu einem bestimmten Teil.

Elementare Wettermagie stellte sich als unerwartet schwierig heraus. Ich war darin immer gut gewesen, so dass ich dachte, die Struktur müsste ich sofort erkennen. Das Gegenteil war der Fall. Ich hatte gelernt, dass ich die Schwingungen der Luft und die verborgende blitzende Energie erkennen musste um sie steuern zu können. Das gelang mir ganz gut, so dass meine Sprüche gute Wirkung zeigten.

Aber wie ich lernte, ging es noch viel tiefer. Ich erkannte, dass ich für mächtigere Magie nicht nur die Energien erkennen musste, sondern auch die Ursache dahinter. Ich lernte, dass es örtliche Unterschiede in lokalen Energien gab und dass es genau jene Gefälle waren, die ich mir bisher zunutze gemacht hatte. Mit diesem Wissen spürte ich die unterschiedlichen Potentiale in meinem Zimmer auf und machte sie mir zielgerichtet zu Nutze.
Ein Gedanke nur und ein Blitz ließ den Kerzenleuchter vor mir zu einer Pfütze Eisen schmelzen. Der Tisch fing Feuer. Schnell band ich dessen Energie, woraufhin der Tisch aufhörte zu brennen und das Eisen erkaltete.
Von der Tür erklang ein leises Lachen.
Erschrocken drehte ich mich herum.
Meister Quenlin stand in der Tür.
„Wie ich sehe, hast du die wenige Zeit gut genutzt. Sogar besser genutzt als ich dachte.“
Dabei drehte er sich um und trat in den Gang hinaus.
Ich verstand den Wink und stand auf. Dabei wollte ich meinen Stab in den Gürtel stecken, aber ich traf den Gürtel nicht. Verärgert blickte ich an mir herunter. Natürlich, da war mein Gürtel. Dann sah ich meinen Stab an. Er war dünner geworden und länger. Ich holte Luft, behielt meinen Stab in der Hand und schloß die Tür hinter mir, Quenlin folgend.

Ich beeilte mich zu Quenlin aufzuschließen wobei ich immer einen halben Schritt hinter ihm blieb.
„Es ist schwierig ein Gespräch zu führen wenn man den anderen nicht sieht“ meinte Quenlin plötzlich.
Ich schloß schnell zu ihm auf. Wir gingen eine Weile schweigend nebeneinander her.
„Höre Lorin, du wirst mir alles erzählen müssen was Du in den letzten Tagen, besonders als Du Staukan am See getroffen hattest und später, erlebt hast. Ich möchte alles von Dir wissen, deine Gedanken, deine Gefühle, alles was Du gesehen und gefühlt hast, auch, warum Du so handeltest, wie Du es dann tatest.
Wir kamen wieder bei der Bibliothek an. Er ließ mir den Vortritt und ich trat in den nun dunklen Raum.
Quenlin ließ einen Leuchter brennen und ich sah, dass wir allein waren. Der große lange Tisch war sauber leer geräumt. Quenlin nahm aus einer Ecke den alten Stab der Magier und setzte sich ans Kopfende. Auf seinen Wink hin setzte ich mich rechts neben ihn.
„Zeig mir deinen Stab, Lorin.“
Er nahm meinen Stab in seine linke Hand, den alten Stab der Magier in seine Rechten.
Eine Weile schwieg er.
„Erstaunlich“ sagte er dann und legte meinen Stab zur Seite.
„Ich frage mich...“ Wieder schwieg er.
Er gab mir den Stab nicht wieder. Ich begann mich von Neuem zu sorgen.
„Jetzt erzähle und lasse nichts aus.“
Ich begann also von vorne.

Zum ersten Mal unterbrach er mich, als ich davon erzählte, wie mein Schweiß einem imaginären Kreis zwischen den bereits fertigen Kreisen folgte.
„Schildere das noch mal.“
Ich erzählte diesen Part nochmals. „Hast Du den Kreis bereits fertig gesehen? War da bereits eine dünne Linie?“
Da war ich mir plötzlich nicht mehr sicher. „Ich denke nicht, jedenfalls nicht vollständig. Ich bekam es jedoch mit der Angst zu tun und habe das Pentakrikos zerstört.“
„Womit?“
„Mit meinem Dolch hier“ Ich zog meinen alten Stahldolch raus und gab ihn Quenlin.
„ Gut gemacht. Er wird untersucht werden. Weiter.“
Ich erzählte also weiter und jetzt unterbrach er mich ständig.
„Wie hast Du festgestellt, dass Staukan nicht so lange vor Dir in der Höhle gewesen sein konnte?
Waren da wirklich nur die Spuren Staukans und seines Hundes?
Wie hoch lag der Staub?
Was war das für eine Spinne?
Warum hast Du die alten Artefakte mitgenommen?“
Da wusste ich zum ersten Mal keine direkte Antwort.
„Ich weiß nicht. Ich habe nur gemerkt, dass die Artefakte da keinen Sinn mehr machten, denn das, was sie bewachen sollten, war ja weg. Also nahm ich sie mit um sie Euch zu geben, Meister.“
„Gut.“
Als ich das Monster schilderte, was aus dem Altarstein kroch, musste ich bis ins letzte Detail dessen Äußeres erklären, Farbe, Haut, Augen und Waffe.
„Interessant, ein Wiederbelebter der Endzeit. Welchen Spruch hast Du angewendet und warum? Was war das für ein Schmerz, den du fühltest, als das Monster verging?“
Ich bemühte mich, so genau als möglich zu antworten und kam ins Schwitzen. Der Einfall mit der Flammenwand an den Höhlenwänden rang ihm ein Lächeln ab.
„ Ich habe Nachricht, dass keine lebenden Dämonen mehr gefunden wurden. Du hast ganze Arbeit geleistet. Hast Du da auch Schmerzen gespürt?“
„Äh, nein“
„Nein? Wirklich nichts?“
Jetzt fiel es mir auch auf.
„Nein. Das waren also keine Dämonen?“
„Nicht wirklich. Glaubt man den alten Schriften, hatten die Dämonen mit solchen Steinfratzen ihre Gebäude verziert. Sie hätten nicht viel mehr tun können als das, was Du erlebt hast.“
„Meister?“
„Ja?“
„Was war das, was Wahr-Tir meinte, als er von Schmerz sprach und vom Ewigen Band? Was hat es damit auf sich?“
Quenlin sah mich an und seufzte. „Das Ewige Band ist der erfolgreiche Versuch des Herrn der Finsternis, uns die Tötung der Seinen zu erschweren. Je mehr ein Zauberer an Dämonen, Untoten und dergleichen vernichtet, um so mehr wächst sein Schmerz, bis ihn dieser Schmerz schließlich umbringt.“

Ich schwieg und versuchte diese schlechte Nachricht zu verdauen.
„Keine Sorge“, meinte Quenlin, mich weiter musternd, „in den ältesten Büchern steht geschrieben, wie man damit umgeht. Ihr habt alle die Grundausbildung, ohne es zu wissen, bereits erhalten, der Rest ist in wenigen Tagen erledigt.“
Ich hoffte, dass wir diese Zeit bekommen würden. Zum Ende hin musste ich ihm noch das Gespräch mit Beril schildern, sowie meine Versuche, zu fliehen.
Quenlin nickte verständnisvoll.

„Diese Zauber habe ich selbst erneuert. Von innen gibt es kaum eine Möglichkeit für einen gewöhnlichen Magier zu entkommen. Eigentlich kann kein Magier dieser Barriere entkommen.“ Im Licht der Fackel sah ich Quenlins Gesicht kurz lächeln.
Als wir zur Ratskammer kamen, sah ich die Spannung in ihm ansteigen. Ich erzählte alles, so gut ich mich erinnern konnte.
„Was war als Drakh Barr verging? Spürtest Du da einen Schmerz?“
„Nein“ entgegnete ich verwundert. „Ich habe doch nicht den Zauber gewirkt, der ihn tötete.“
Quenlin winkte ab. „Drakh Barr kann nicht mit normalen Mitteln getötet werden. Nur seine jeweilige Erscheinungsform.“
Quenlin stand auf. „Nun gut. Das soll es für heute gewesen sein. Deine Übungen – und die deiner Mitschüler beginnen morgen früh um sechs.“
Mir muss die Kinnlade heruntergefallen sein, denn Quenlin reichte mir meinen Stab und sprach: „Es ist noch nicht vorbei. Genauer gesagt, hat es gerade erst angefangen. Ihr müsst gewappnet sein. Jetzt geh schlafen.“
Mit dieser Verabschiedung sank Quenlin in seinen Stuhl zurück und beachtete mich nicht weiter.
Ich hatte eine Menge drängender Fragen, spürte aber, dass jetzt nicht die Zeit dafür war.
Auf dem Weg in mein Zimmer begegnete ich niemanden. Es muss sehr spät gewesen sein.
 
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