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Trang-Ouls Triumph [Ich denke, also bin ich: Teil 5]

"...an meinem Tonarsch"... *g*

Echt gute Kapitel:top: Wir hoffen auf mehr (bald^^)

mfg
 
So, hier dein Lorbeerkranz - heftige Kämpfe und Wortduelle - ganz mein Thema.
Ich wage nur zu behaupten, dass Belial nicht wissen dürfte, dass der Golem einen richtigen Namen hat.
Gewohnt spritzig unterwegs das Dürrelehmchen. Kann es kaum erwarten, Dresch-Zocker aka Thresh Socket zu sehen, wobei diese riesige Spezies noch nicht oft vorkam. Belial ist aber auch etwas naiv und überschätzt sich womöglich :'P
--
greetZ - Kicher
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Ich wage nur zu behaupten, dass Belial nicht wissen dürfte, dass der Golem einen richtigen Namen hat.
Als ob der Herscher der Hölle nicht zahlreiche Informationsquellen hätte. (darunter natürlich irgendwelche Leute, die sterben)
 
Hat mir auch sehr gut gefallen. Wieder ein sehr schönes Update. ist das realistisch das Belial weiß wie Dorellem heißt?
 
gibt genug kobolde die die fights überlebt haben könnten
nicht zu vergessen die ganzen championseelen
 
Hallo Hallo,

ich wage es hier kaum zu fragen aber dürfen wir bald, sprich in den kommenden Wochen, mit einem update rechnen oder sollen wir uns lieber in den Lese.. äh Winterschalf zurückziehen?

mfg marc
 
Na ja, in letzter Zeit hab ich recht viel zu tun, weswegen ich vor allem bei längeren Zug- oder Busfahrten von Deutschland nach Tschechien und umgekehrt zum Schreiben komme...da gibts sonst recht wenig zu tun. Außer, wenn der Zug tatsächlich Strom hat, Dark Souls 2 zu spielen :D.








Oh, aber man kann ja nicht immer zocken. Ich hab tatsächlich was für euch heute! Viel Spaß damit!
 
Kapitel 24 – Die Wichtigkeit der Mission



Als ich wenig später in die Höhle zurückkehre, in der wir uns vor dem Schneesturm verkrochen hatten, bietet sich mir ein ungewöhnlicher Anblick: der Meister – ohne Rüstung! Seine etwas länger gewordenen Haare kleben ihm am Kopf, er wirkt noch blasser als gewöhnlich, und mit gewissem Entsetzen muss ich feststellen, dass er immer noch das Hemd trägt, das er als Novize in der Nekromantenstadt bekommen hat. Er muss stinken.
Emund sieht überrascht hoch. "Dorelem – schon zurück? Ich dachte, wir wechseln die Wache erst in einer Stunde!"
"Ich habe gerade dafür gesorgt, dass wir hoffentlich in naher Zukunft gar keine Wache mehr brauchen. Wollte trotzdem nur schnell nachsehen, wie es dem Meister geht. Warum hast du ihn ausgezogen?"
Wollte er...das Set stehlen?
Mach dich nicht lächerlich, warum sollte er?
Weil es ewiges Leben schenkt?
Und das weiß er natürlich auch. Selbst wenn, wie sollte er an uns vorbeikommen?
Das Stadtportal ist schon auf Harrogath eingestellt, und das Buch war am Gürtel...
Das ist doch absurd. Deine Obsession mit dem verfluchten Krempel macht dich paranoid.
Er sollte besser eine gute Antwort auf deine Frage haben.
"Er hat so unruhig geschlafen, da dachte ich mir, das kann nicht bequem sein wenn er sich in dem Ding ständig hin- und herrollt. Dann ist mir auch noch aufgefallen, dass das Metall auch mit den Feuerskeletten direkt darüber nach wirklich warm wird – was ist das überhaupt für eine Legierung? Jetzt hat er eine Chance, tatsächlich aufzutauen."
Na also, das sind doch zwei gute Gründe.
Als hätte er sie auswendig gelernt.
Du wirst verzeihen, wenn ich diese Diskussion aus Gründen völliger Absurdität abbreche, danke.
"Jetzt schläft er aber ruhig?"
"Seit er das Zeug losgeworden ist, ja. Wurde ohnehin Zeit, dass er sich mal aus der Dose rauswindet – er hat ja schon Druckstellen an den Schultern! Und was zur Hölle hat er mit seinen Händen angestellt?"
Tatsächlich kann man blaue Flecken durch den dünnen weißen Stoff des dreckigen Hemdes erkennen. Warum hat er sich nicht gleich noch etwas Dickeres für oben geben lassen? Kann es in der Rüstung wirklich warm genug sein? Sein Verlangen, das Set zu tragen, macht ihn kaputt, Zweiter! Kannst du das nicht sehen?
Und wenn er es nicht trägt, ist die Armee entscheidend schwächer. Zähl die Skelette!
Was meinst du...
...fehlt da eines? "Emund, waren es nicht vorher mehr Krieger?"
"Oh, ja. Irgendwann ist eins zerbröselt. Dachte, es ist vielleicht zu schnell aufgetaut? Die Dinger sehen sowieso aus, als könnte ich sie umfurzen, wobei sie natürlich in Wirklichkeit viel mehr drauf haben..."
"...gibt noch genug Leichen", beschwichtige ich ihn. So direkt hilft ihm das Set?
Aber natürlich. Jedes der Skelette ist auch entscheidend stärker. Zur Hölle, wir sind entscheidend stärker, das hast du nur nicht mitbekommen, weil du dich überraschend lernfähig zeigst und es sicher für Erfahrung hältst.
Trotzdem...
Du willst, dass er mit einer schwächeren Armee loszieht und wenn er daran stirbt sofort in Belials Klauen landet? Hat dir dessen Erinnerung daran, dass er den Meister immer noch in der Hand hat, nicht gereicht?
Da stöhnt der Meister. Weißt du was? Wir reden einfach mit ihm darüber.
"Oh, er scheint langsam wieder zu sich zu kommen", sagt Emund. "Passt du noch einen Moment draußen auf, bis er ganz da ist? Nicht dass gerade jetzt..."
Vergiss es.
"Würde es dir was ausmachen, Rollen zu tauschen? Ich möchte gern etwas unter vier Augen mit ihm besprechen."
Emund hebt eine Augenbraue. "Wichtige, geheime Dinge?"
Ich hebe die Hand und flüstere hinter ihr vor. "Ich will ihm ans Herz legen, endlich mal sein Hemd zu wechseln. Er würde glaube ich falsch reagieren, wenn du auch dabei bist."
Emund lacht laut. "Na dann hab ich wohl keine Wahl. Ich erwarte euch draußen."
Du bist der schlechteste Golem.
Dabei hab ich noch nicht mal gelogen. Schau dir den Lumpen mal an!
Gerade ist Emund verschwunden, da setzt sich der General auf. Mühsam auf einen Arm gestützt, reibt er sich mit dem anderen die Brust...und erstarrt. Sein Blick geht gehetzt durch den Raum. Findet mich. Bevor er etwas sagen kann, hebe ich die Hand.
"Dein geliebtes Set liegt da hinten. Bevor du böse auf mich wirst, ich habs dir nicht ausgezogen. Aber ganz unglücklich bin ich darüber auch nicht. Erst mal – wie geht es dir? Du warst total fertig!"
"Mir gehts blendend! Aber mir ist kalt, verdammt. Gib mir die Rüstung!"
"Nein", sage ist fest, und schon setzen die Schmerzen der Beherrschung ein. "Bevor du dich wieder in diesen Käfig wirfst, reden wir. Dir ist warm genug. Nimmst du bitte den Befehl zurück?"
Er starrt mich für eine sehr lange und peinvolle Sekunde an, dann verzieht er das Gesicht, als hätte er ähnliche Schmerzen und schlägt die Faust auf den Steinboden. "Na schön. Entspann dich. Was hast du zu sagen?"
"Es ist nur so, dass du mir gerade eine Theorie bestätigst. Ich hatte nicht einmal erwartet, dass du auf meinen Wunsch eingehst. Aber es hängt wohl wirklich davon ab, ob du dich gerade in einen kranken Seelenkäfig sperrst. Wenn du das Ding anhast, wirst du zu einem kompletten Arschloch – fällt dir das nicht auf?"
Sein Ausdruck wird ausdruckslos. Nach einer etwas unangenehmen Stille sieht er zu Boden, zerknirscht.
"Sagen wir...ich weiß davon."
"Was soll das denn jetzt heißen?"
"Nun, das ist ja nicht das erste Mal, dass wir hierüber reden, oder? Was meinst du, warum ich mich in unseren letzten Momenten in Lut Gholein von dir verabschiedet habe?"
"Ominös genug war das ja, aber ich hatte nicht gedacht, dass es bedeutet, dass offenbar unsere Freundschaft jetzt vorbei ist?"
Diesmal zuckt er wirklich zusammen.
"Dorelem...das...will ich wirklich nicht. Hör zu, es tut mir unglaublich Leid, wenn es so gewirkt hat. Was ich getan habe. Wie zum Beispiel...scheiße, ich hab dir diese Klinge in den Bauch gerammt, um zu testen, welche Verzauberung sie hat..."
"Ja, das war nicht besonders lustig!"
Er vergräbt den Kopf in den vernarbten Händen. "Warum...ach, verdammt, ich weiß es doch auch nicht."
Jetzt sieht er mich wieder an. "Du hast vollkommen Recht. Ich bin ein kolossales Arschloch, wenn ich das Zeug anhabe."
Mein Mund klappt auf. "Ja, aber wenn du das weißt – warum ziehst du es dann an?"
Sein Blick wird verzweifelt. "Weil ich keine andere Wahl habe."
"Du hast gesagt, dass es umso schwerer wird, es auszuziehen, je mehr Teile du an hast. Aber jetzt bist du frei davon! Wir springen nach Hause, verschaffen dir ordentliche Klamotten, und werfen das hier von der nächsten Klippe!"
"Wenn es nur das wäre", seufzt er. "Zweiter, hast du es ihm nicht erklärt?"
"Gerade eben, Meister. Er weiß, welche Macht dem Avatar innewohnt, von der Unsterblichkeit einmal abgesehen."
"Ja, sobald wir das letzte Teil finden. Es muss hier irgendwo sein..."
"General, verdammt!", rufe ich und schüttle ihn. "Das ist es einfach nicht wert!"
"Oh doch, das ist es", redet meine Stimme fast nahtlos weiter. "Wir haben gerade Belial getroffen, Meister."
"Ihr habt was?"
Der Zweite umreißt unser Portalabenteuer in Kürze. Ich kann nur verzweifelt mithören – was soll ich sagen? Es stimmt. Aber der Zweite nutzt die Geschichte natürlich knallhart, um den General dazu zu bringen, das Set wieder anzuziehen.
"Das muss aber nicht heißen, dass er auch nur irgendeine Macht über dich hat!", versuche ich es am Ende noch einmal. "Er hat Probleme, seine Macht zu festigen, seit wir ihm Azmodan runtergeschickt haben. Das lockert seinen Griff auf dich sicher, und...ich bin immer noch nicht überzeugt davon, dass du überhaupt in die Hölle musst!"
"Er kannte deinen Namen, Dorelem", ätzt der Zweite. "So viel zu lockerem Griff. Er beobachtet uns ganz genau."
Der General schüttelt den Kopf. "Und genau deswegen gehe ich kein Risiko ein."
Er steht auf und nimmt die Rüstung hoch. Ich lege ihm die Hand auf die Schulter. "Tu das nicht", sage ich leise. "Ich kann nicht mit einem gefühllosen Monster befreundet sein."
Da wischt er meine Hand weg. "Und ein gefühlloses Monster nicht mit dir!", ruft er. Sein Blick ist trüb, als er zu mir herumfährt. "Denkst du, ich will das? Alle Leute vergraulen, die mir was bedeuten? Ich vergesse ja nicht, was ich getan habe, ich bewerte es jetzt nur anders. Wenigstens zu Atma war ich freundlich, aber Deckard...Deckard muss mich ja jetzt für den größten...
Und du! Natürlich! Und du hast ja auch jedes Recht dazu! Aber Dorelem, was soll ich denn machen? Wenn ich könnte, würde ich mit dir in bester Harmonie diesen Berg hochpilgern, und Arreat, wenn du mich hörst, meine Respektlosigkeit auch dir gegenüber tut mir Leid, aber ich habe einfach keine Wahl! Für meine Seele, für meine Mission...ich muss Trang-Ouls Avatar tragen. Und zwar über kurz oder lang auch vollständig."
"Spricht da deine Überzeugung oder deine Sucht?", flüstere ich.
Er wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. "Mach es nicht noch schwerer, Dorelem. Wenn es irgendwie geht, erinnere dich bitte daran, dass ich unter der Schale dieser verfluchten Rüstung noch normal bin. Und es hoffentlich auch bleibe. Und wenn wir all das überstanden haben, wenn Baal tot ist, dann reiß sie mir verdammt noch mal vom Leib und wir verbrennen sie wenn es sein muss in der Hölle selbst!"
"General..."
"Jetzt hilf mir in dieses Drecksteil! Und sei still! Ende der Diskussion!"
Siehst du, das Resultat ist das Gleiche, aber deine blöden Fragen haben es für alle Beteiligten nur schmerzhafter gemacht. Außer für mich, weil ich genau weiß, was richtig ist und ich zu tun habe. Wann wirst du es lernen?
...mach du es. Zieh ihm die Rüstung an. Ich meuchle nicht die Persönlichkeit eines wundervollen Menschen. Schon gar nicht, wenn er das will. Kann ich mich denn an die Erinnerung klammern, wie er war, bevor wir diese wahnsinnige Suche nach Trang-Ouls Teilen begonnen haben? Kann er wirklich einfach wieder zu diesem vergangenen Selbst werden, trotz der Erinnerung an all die Dinge, die er ohne das schmutzige Gold an seinem Körper nie getan hätte?
Haben wir ihn wirklich schon jetzt für immer verloren?
Und sein Hemd hat er auch immer noch nicht gewechselt! Es ist schon alles ganz schlimm im Moment.
Du bist an all dem Schuld! Was maßt du dir an, jetzt auch noch selbstzufrieden zu hämen?
Mehr als Denkansätze habe ich nie geliefert. Eine wahre Anmaßung wäre schließlich, dem Meister etwas vorzuschreiben – das Set hat er schon ganz bewusst angezogen, Teil für Teil.
Nicht den Gürtel. Und du weißt genau, wie sehr du ihn manipulierst!
Du hättest da sein können und etwas dagegen sagen, aber du hast ihn ja im Stich gelassen. Wie schon gesagt, im Gegensatz zu dir weiß ich nur, was ich zu tun habe. Befehle befolgen, und wenn es keine gibt, dennoch alles tun, um dem Meister so gut wie möglich zu dienen. Solange ich das tue, gibt es überhaupt keine Zweifel zu haben.
Du machst dir nie Sorgen, dass er völlig ohne Zutun der Hölle drauf und dran ist, einfach von sich aus böse zu werden?
Ach, was ist schon "böse". Er wird seinen Weg finden...der werden, der er schon immer bestimmt war, zu werden.
Was soll dieser kryptische Unfug jetzt bedeuten?
Nur eines: sein und garantiert nicht unser Schicksal war noch nie in unseren Händen. Nur im Gegensatz zu dir bin ich mir dessen überbewusst, und akzeptiere es. Du wirst schon noch bald genug merken, wie viel besser das ist.
...du...hasst es, komplett machtlos zu sein. Mach dir da doch nichts vor.
Ach, du meinst auf einmal mich verstehen zu können?
Wir sind seit Monaten im gleichen Körper, im gleichem Geist gefangen! Kämen wir uns noch näher, wären wir die gleiche Person! Selbstverständlich weiß ich, wie du denkst!
Das würde mich doch schwer überraschen. Sonst, da bin ich mir ganz sicher, hättest du noch vehementer protestiert, dass der Meister das Set wieder anzieht.
Was...
Nur schade, dass es jetzt dafür zu spät ist. Ich kann es kaum erwarten, bis er endlich das letzte Teil in Händen hält! Nun hör endlich auf, dir über Unbeeinflussbares Gedanken zu machen.
...Angst darf ich aber schon haben, genau jetzt, ja?

Der Sturm hat sich gelegt, und die Sonne überblickt friedlich ein fast so wirkendes Hochland, in dem die Leichen unter frisch gefallenem Schnee versteckt sind. Emund erwartet uns schon gleich nach dem Ausgang der Höhle. "Oh, hat er dich doch nicht dazu gebracht, das Hemd zu wechseln?", feixt er sofort.
Du hättest dir wirklich eine bessere Geschichte ausdenken sollen...
Der Meister runzelt die Stirn. "Wie soll ich das verstehen?"
"Na ja, du warst schon ein wenig...durchgeschwitzt."
"Mein Hemd ist meine Sache", erklärt der Meister. "Und für meine Rüstung gilt das um ein Vielfaches mehr."
Seine Finger schießt vor, leicht gekrümmt weil es anders ja nicht mehr geht. "Lass die Finger davon. Wenn du mich noch einmal ausziehst, fliegst du hochkant aus der Armee."
Emund blinzelt. "Ich dachte doch nur..."
"Lass auch davon die Finger", unterbricht der Meister barsch.
Findest du das etwa gut?
Ich finde, du solltest aufhören, sein Verhalten beurteilen zu wollen. Er weiß per Definition, was er tut. Er ist der Meister.
Ja, die absolute Kontrolle über die Situation hat er ja vorhin gezeigt.
Ohne das Set, ja. Merkst du etwas?
Es ist hoffnungslos...lass uns einfach weiter den Berg erklimmen, Baal kann nicht früh genug fallen.
Siehst du, so kommen wir zusammen. Vielleicht finden wir ja sogar das letzte Setteil...sag mal, kannst du nicht den Berg fragen, ob es irgendwo hier vergraben ist?
Nein!
Wir ziehen also in ziemlicher Stille weiter, vom gelegentlich gerufenem nüchternen Befehl einmal abgesehen. Emund hat es für besser befunden, den Ausbruch des Meisters nicht weiter zu kommentieren; ob nun aus verletztem Stolz, Scham oder weil es ihm letztlich egal ist, er aber noch ein Gespür für soziale Gepflogenheiten hat, weiß ich nicht. Ich habe gerade wirklich keine Lust, mit dem Meister zu reden, fast noch weniger mit dem Zweiten, und ich wüsste nicht, was ich Emund sagen sollte.
Die Stärke des Arreat habe ich immer noch. Abgesehen von der miesen Situation, in der sich der Meister und damit auch ich im Allgemeinem befindet, geht es mir blendend – sicher ist der Berg dankbar dafür, dass ich zumindest diese Wunde geschlossen habe. Dank kann ich von dem Meister in Trang-Ouls Avatar sicher nicht erwarten; Emund natürlich auch nicht für dessen Hilfe bei der Rettung aus der Kälte. Es ist zum Haareraufen, und ja, ich würde mir extra dafür welche wachsen lassen.
So ist dies wirklich alles, was mir auf dem Herzen zu liegen hat, was es vielleicht sogar noch schlimmer macht. Ich würde mich ablenken, indem ich mich ins Kämpfen stürze, aber die Dämonen fallen vor unserem Ansturm wie die gebratenen Schweine im Angesicht der feiernden Barbaren neulich. Sklavensoldaten? Ich kann ihren Panzer mit bloßen Händen zerbersten lassen! Ein Peitscher treibt sie an, sich explodieren zu lassen? Ich kann meine Arme auch zu Peitschen machen und sie zünden, bevor sie auch nur ein bisschen näher kommen. Dann schneide ich den Sklaventreiber auf, mit zwei Schwertern, chirurgisch; der Zweite weiß die besten Stellen. Er formt die Hände zu Klauen, reißt an den Schnittstellen, und wir baden in Dämoneninnereien. Es macht ihm Spaß. Mir ist es egal. Andere Sorgen. Zu viele Sorgen.
Da treiben uns die Felsen auf einen Pass zu. Emund bricht sein Schweigen.
"Hier geht es vom Eishochland in die Arreat-Hochebene. Da oben ist es deutlich steiniger als hier, dafür dürften sie weniger Befestigungen gebaut haben. Der Weg durch die Felsen hier ist ausgebaut, lange Stufen, es ist nicht besonders steil. Aber es ist natürlich ein großartiger Platz für einen Hinterhalt."
"Dann wird Dorelem die Falle auslösen", erklärt der Meister.
Natürlich. Ich trenne mich von der Armee und steige die ersten Stufen hoch. Hinter diesem Felsen vielleicht...? Nein, da ist kein Dämon auf der Lauer. Aber an sich ist der Felsen keine blöde Idee. Mit einem mächten Sprung erreiche ich die Spitze und verschaffe mir etwas Überblick.
Sofort lasse ich mich fallen und luge über die Kante. Die Barbaren hatten, wie Emund richtig sagte, lange und breite Stufen über den nicht besonders steilen Pass gelegt. Nun, die Dämonen hatten andere Ideen. Nach dem ersten Angstieg ist die Erde so aufgeschüttet worden, dass sich deutlich kürzere Stufen bilden, mit gut einem Meter Höhe; grobe Holzzäune halten sie zusammen. Angespitzte Pflöcke ragen schräg heraus, um das Erklimmen noch schwieriger zu machen; nur an manchen Stellen fehlen diese, gehen die Stufen in Erdrampen über, aber diese sind schwer bewacht. Eine Horde Tentakeldämonen hat sich auf den Stufen verteilt, blickt erwartungsvoll auf die Mündung des Passes, wo die ersten Felsen eine Engstelle formen; einer von ihnen, tiefrot gefärbt, patroulliert die Reihen und brüllt barsch Befehle.
Und sie haben uns noch nicht gesehen...hervorragend. Dieser Fels ist in der Tat eine sehr gute Idee. Lass uns Emund hier hoch schaffen, er soll sich nützlich machen!
Ist er dann nicht furchtbar exponiert?
Wie sollen die hier hoch kommen? Er wird schon fähig sein, sich vor dem Tentakeln wegzuducken. Die sind eh für ihren Pfählangriff entwickelt, wenn die sich bis hier oben strecken müssen, knicken die doch lang vorher ab.
Und wie kommt Emund hier hoch?
Das lass mal meine Sorge sein. Zurück!
Ich berichte dem Meister knapp von der Lage. Dann übernimmt der Zweite. "Der Felsen dort hinten sollte gut geeignet sein, um von ihm herunter Sperrfeuer zu legen. Meister, denkt Ihr, die Skelette könnten für Emund eine Treppe formen?"
"Auf jeden Fall, und auch für die Magier, hier unten nützen sie mir überhaupt nichts. Wir marschieren mit den Fußtruppen einfach direkt hinein, sobald die Fernkämpfer oben in Stellung sind. Diskretion, bitte."
Schnell ist die Treppe geformt, während ich leicht nervös Wache halte. Sie erwarten uns sicher, warum haben sie keine Späher ihrerseits positioniert?
Sie wollen nicht das Risiko eingehen, dass wir den Hinterhalt im Voraus bemerken. Ihre Position ist so stark, dass es ihnen egal sein kann, ob sie nicht genau wissen, wann wir in die Falle tappen.
Dass wir nicht ganz dämlich sind, haben sie aber nicht bedacht, oder?
Du hast die allgemeine Organisation in ihrer Armee aber schon bemerkt bisher?
Ich schätze. Jetzt müssen sie nur noch schlecht hören, die Knochen klappern doch arg, und nach dem Sturm herrscht geradezu ehrfürchtige Stille.
Der Skelettberg entfaltet sich wieder...und da stürmen drei Dämonen zwischen den Felsen hervor. Sie haben uns bemerkt! Und die Krieger sind noch nicht wieder auf den Beinen...also liegt es an mir. Dass ich so nah am Durchgang stehe, haben sie offenbar nicht bedacht, so schmettere ich dem ersten die Faust ins Gesicht, bevor er groß reagieren kann. Die andere wird zum Schwert, spießt ihn durch den Bauch auf, und er dient mir als Schild vor dem ersten Tentakelangriff. Der hinterste der drei vergräbt seine nun im Boden, um mein Schild zu umgehen, aber ich werfe es auf ihn, die Leiche explodiert und seine Rolle in diesem Kampf ist vorüber.
Der dritte brüllt etwas Gurgelndes nach hinten, dann wird es noch unverständlicher, als sich eine Axt in seinem Rücken vergräbt. Ich köpfe ihn, um sicher zu gehen, da ein gewisser Nachteil der Äxte natürlich ist, dass sie recht schnell wieder aus ihren Opfern verschwinden.
Jetzt sind die Skelette da.
"Lasst sie nicht dazu kommen, sich da hinten zu verschanzen und die Fernkämpfer in Ruhe auszuschalten. Greift an! Überrennt sie!", befiehlt der Meister. Nun, es ist wahrscheinlich das Beste. Wir hatten eh vor, scheinbar ahnungslos in die Falle zu laufen, wenn jetzt hier klare Verhältnisse herrschen, schadet uns das nicht wirklich.
Ich bin schneller als die Skelette und damit als erster am Fuße der befestigten Stufen. Sofort schießen mir Holzpfähle entgegen, als Tentakel die Erde darunter aufwerfen. Ich trage es mit Fassung, lasse es zu, dass mich mehrere davon durchbohren, drehe sie blitzschnell in mir um und werfe zurück. Suche mir einen stabileren, ziehe mich daran hoch, gehe gegen die Dämonen auf der ersten Stufe in den Nahkampf.
Halt dich nicht mit denen auf – wir müssen den Skeletten den Weg freiräumen! Sie kommen die Stufen nicht hoch, es müssen schon die Rampen sein!
Guter Plan. Ich ignoriere einen verdutzten Gegner, der ohnehin gleich darauf von einer Detonation seines vormaligen Mitstreiters umgeworfen wird, und sprinte durch einen Hindernispfad an unter mir hervorbrechenden geschuppten Spitzen. Ist mir eine direkt im Weg, säble ich sie kurzerhand durch.
Ein Kontingent von zäher wirkenden Dämonen hat sich auf den Rampen positioniert, jeweils drei pro Aufgang. Ihre Rückenstacheln sind länger, die Schultern sind breiter, die Schuppen glänzen im Sonnenlicht. Das müssen die Diener sein!
Zwei von ihnen reißen die Arme hoch, einer von ihnen geht in die Knie, dann schwingen sie die Tentakel so schnell nach vorne, dass ihre Bewegung für mich verschwimmt; wie fleischige Peitschen zischen ihre verlängerten Unterarme heran, einer hoch, einer niedrig, und weil ich mit dieser Art von Angriff überhaupt nicht gerechnet habe, kann ich nur über den niederen springen, während mich der höhere direkt an der Brust trifft und mich meterweit zurück schleudert.
Ich lande schlitternd auf dem frisch angefeuchteten Boden, sauge rasch an mich, was ich kann, instinktiv nach diesem Schock. Die frische Delle an meiner Brust entbeult sich gerade, da fährt ein Tentakel aus ihr.
Das...hat weh getan. Ich forme den Ton um die Wunde zu zwei Klingen und lasse sie zuschnappen. Das schmerzt hoffentlich auch, mein Freund. Schnell rolle ich mich weg von weiteren Angriffen, die annahmen, dass ich festgehalten würde. Um noch mehr zu entwaffnen, hacke ich blind in das Nadelkissen, das sich geformt hat, wo ich gerade noch lag. Viel erwische ich aber nicht, weil sie sich schon wieder zurück ziehen, bereit für den nächsten Schlag aus dem Untergrund. So wird das nichts.
Versuch es einfach noch einmal – die Skelette sind jetzt auch da, nimm sie in die Zange. Du bist schon oben!
Nicht hoch genug! Weißt du was? Die haben den Vorteil, ungesehen anzugreifen. Drehen wir den Spieß doch einfach um! Wieder bohrt sich ein Tentakel hoch, und der Besitzer ist nach seinem Verfehlen schlau genug, sich sofort zurückzuziehen.
Aber das Loch, das er hinterlassen hat, ist noch frisch. Bevor die lose Erde in sich zusammenbrechen kann, verschlanke ich meinen Körper extrem, entgehe durch das geringere Profil gleich mehreren Angriffen, und stürze mich dem Tentakel hinterher! Winde mich durch den halb gefrorenen Boden des Arreat, immer dem Weg des geringsten Widerstands entlang, bis das Loch endet, direkt vor dem Füßen des Dämons, der von einer Stufe weiter oben angegriffen hat. Ich quelle vor ihm heraus, forme sofort Arme, mache diese zu Lanzen und lasse ihn spüren, wie es sich anfühlt, gepfählt zu werden. Dass ich auf einmal unter ihnen auftauche, überrumpelt die neben ihm Positionierten, und ich kann sie schnell erledigen. Immer noch sind keine Diener gefallen, aber damit bin ich sicher vor Angriffen von hinten und kann vorsichtiger vorgehen.
Die Skelette haben ihre mühe Not, die Rampen zu erklimmen. Sobald sie auch nur leichten Fortschritt machen, fegen die Diener des Dämonenhelden von den Beinen, und dies mit einer Wucht, der durchaus welche von ihnen zerstört.
Frische rennen an mir vorbei, aus den Leichen erschaffen, die ich gerade erst zu solchen gemacht habe. Der Meister schaltet schnell! Damit können wir sie auf jeden Fall flankieren. Ob das reicht? Um sicher zu gehen...
"Emund! Wir nehmen sie in die Zange, konzentrier dich auf die stärker Aussehenden!"
"Wird gemacht!", kommt die Antwort, und ja, da fliegen die Wurfäxte. Sie sind nicht ganz stark genug, um tatsächlich Schaden anzurichten – um genau zu sein fegen die Dämonen sie mit ihren Peitschenhieben einfach aus der Luft – aber das heißt, dass ich jetzt herankomme. Und das richtet Schaden an. Beide Schwerter gleichzeitig ramme ich einem von unten in den Magen, reiße ihn auseinander, bewusst blutig, damit mich seine Mitstreiter schlechter erkennen. Sie stechen daneben, weil ich durch ihren Kameraden gehe, mich sofort nach links wende und gegen den nächsten antrete.
Er blockt meinen Schlag, indem er sich zur Seite duckt; das Schwert verfängt sich in den Stacheln seines Rückens. Schnell ziehe ich es zurück, forme die andere Hand schon jetzt zur Kralle, da durchbohrt mich ein Tentakel und bringt mich zum Stutzen. Mein Gegner vor mir nutzt das, schießt mir einen spitzen Arm auf kürzeste Distanz durch den Kopf, und ich muss gegen die Schwärze ankommen. Schnell verlagere ich mein Sehzentrum auf den Bauch, reiße die Kralle nach oben und ihm den schwach gepanzerten Bauch auf. Er stolpert zurück, ich setze nach, da schlingt sich ein Tentakel von hinten um meinen Arm, verhindert den Todesstoß. Wieder ist es nur eine Sekunde, die es mich aufhält, weil ich aus dem Griff fließen kann, aber das ist lang genug, damit der schwer Verletzte vor mir noch einen Angriff auf mich starten kann, dem ich nicht ausweichen werde.
Eine Axt reißt seinen Kopf herum. Na also! Bis er verblutet ist, steht er nicht mehr auf. Ohne die Beine zu bewegen, drehe ich mich um, lasse mein Gesicht einfach auf der anderen Seite des Körpers erscheinen, bewusst zornig auf den Diener, der mich behindert hat. Vorsichtig bewege ich mich auf ihn zu, während ich mich heile; er weicht zurück, die Arme bereit zur Verteidigung erhoben, da fallen von der Seite drei Skelette über ihn her, und das war es dann.
Die erste Stufe ist erobert. Die Magier haben ihre Flanken verbrannt, und der Meister legt Knochewände, die die Diener voneinander trennen; so sehen sie auch nicht, dass die Skelette einander über die Stufen hieven, wo sie das Klettern nicht hinbekommen.
Es läuft gut!
Aber...wo ist der Held?
Verdammt. Gehetzt sehe ich mich um. Hat er einfach Fersengeld gegeben...? Sehe ich einen Schimmer seine roten Haut irgendwo? Hinter einem Felsen, auf einer der oberen Stufen? Ist der Meister sicher?
Ja, er hat sich auf einen Wächterschild gestellt. Die Knochenrüstung schwebt um ihn, bereit, zwischen einen Tentakel und ihn zu springen. Ihm droht keine offensichtliche Gefahr...
"Emund!"
Der Schrei kommt aus meiner Kehle, gesteuert vom Zweiten. Der Barbar fährt herum, auf seinem sicheren Felsen – und tatsächlich, hinter ihm ist irgendwie der rote Held aufgetaucht. Nein! Ein Tentakel peitscht von oben heran. Gerade noch bekommt Emund seine Arme gehoben, in jeder eine Axt, fängt den Hieb dazwischen auf, aber er geht von der Wucht in die Knie. Der zweite Arm des Helden schießt heran, trifft Emund hart in der Flanke, er keucht.
Verzieht das Gesicht zur Grimasse – der Wut! Er springt auf, reißt die Äxte hoch und rammt sie nach unten.
Der Held weicht zurück. Ein Magier schießt ihm ein Feuergeschoss in den Rücken, aber er fegt ihn abwesend vom Felsen. Emund lässt nicht locker. Geht ganz dicht auf Tuchfühlung. Ich habe schon einen Schlammball in der Hand, aber kann ihn jetzt nicht werfen, sie sind zu nah beinander.
Ein Tentakel umgeht Emund, packt ihn am Rücken, zieht ihn noch näher heran. Seine Axt landet im falschen Winkel an der Schulter des anderen, dass er einen unwillkürlichen Schritt nach vorne machen musste, hat er nicht einberechnet.
Der lippenlose Mund des Helden verzieht sich zu einem grausamen Lächeln, als er den zweiten Tentakel um Emunds Hals schlingt, die Spitze hinter seinem Rücken erhebt.
Emund lässt seinen Kopf auf die Stirn des kleineren Dämons heruntersausen. Duckt sich leicht, spannt seine Muskeln an und wirft den Tentakel ab. Schon hat der andere sich wieder gefangen, aber Emund hat genug Bewegungsfreiheit, seine Axt hochzureißen und damit das Bein seines Gegners zu verletzen. Der stolpert rückwärts, Emund hebt sein Bein und tritt dem Dämon mit aller Kraft vor die Brust.
Er wird vom Felsen gefegt. Landet hart.
"Runter von meinem Berg, du Scheißefresser!", brüllt Emund, zieht die letzte Silbe als Kriegsschrei in die Länge...und springt hinterher, die Äxte bereit. Nein, nein, nein! Du warst da oben völlig sicher, und jetzt...ich sprinte noch schneller, als ich es eh die ganze Zeit schon tat...sehe ich ihn nicht. Höre, wie eine Peitsche dumpf auf Haut trifft und Emund sicher so zurückwirft, wie mich vorhin. Wenn er sein Gegner nur geschwächt genug von seinem Fall ist...
Da schreit Emund noch einmal. Ich renne um den Felsen herum.
Er hat einen Tentakel in der Schulter. An diesem zieht sich der Held nach oben; Emunds Beine sind wie Baumstämme. Jetzt wieder auf dem Boden, bohrt der Dämon den anderen Arm in die Erde...
Der Barbar lässt beide Äxte fallen, packt den Tentakel in ihm und reißt an ihm, während er sich gleichzeitig auf die Seite dreht. Mit diesem Schwung holt er den weniger fest stehenden Dämon von den Beinen, besonders weil dessen anderer Arm im Boden verankert ist. Emund hält die Hände offen zur Seite – die Äxte erscheinen wieder darin! Mit einem schnellen Schlag seines unverletzten Arms trennt er die Waffe in seiner Schulter von ihrem Besitzer. Dieser zischt, zieht seinen Stumpf zurück und weicht etwas zurück. Seinen noch intakten Tentakel lässt er wieder als Peitsche hin- und herknallen und hält Emund damit auf Distanz, während er immer schneller nach hinten schreitet.
"Du bist Abschaum, Mensch, wie deine ganze Rasse! Lass dein Blut den Anfang machen, bald tränkt der Rest ebenfalls diese Bergflanken! Wir werden euer Heiligtum damit reinwaschen von eurem Schmutz, wie wir es schon mit so vielen deiner Brüder getan haben! Und du wirst in deinen letzten Minuten an Triefauge, den Entfesselten denken!"
"Was, das ist ernsthaft dein Name?", unterbreche ich ihn, bevor er weitermachen kann. "Und du gibst das auch noch freiwillig zu?"
Er fährt herum zu mir, der sich von hinten angeschlichen hat. "Wer in den stinkenden Himmeln bist..."
Ich gebe ihm eine saftige Ohrfeige. "Dorelem."
Andere Hand. "Der."
Und die erste Hand, aber als Kralle, die seine Kehle aufreißt. "Genervte."
"He, Tonbirne!", beschwert sich da Emund mit schwacher Stimme. "Das war meiner!"
Triefauge sinkt vor mir zu Boden, und ich sehe unseren Mitstreiter. Auf einem Bein kniend, der Arm unter der verwundeten Schulter hängt nutzlos herab, aus dem Loch fließt ungehindert Blut.
Ich eile heran, reiße mit mit der einen die andere Hand ab und klebe diese als Notverband über die Wunde.
"Tut mir wirklich Leid, dass ich dir dieses Opfer geraubt habe. Können wir über Wiedergutmachung reden, sobald wir dich am Sterben gehindert haben?"
Seine Lippen zittern leicht, als er antwortet. "Du schuldest mir mindestens zehn Liter Bier..."
"Sicher, sicher. Achtung..."
Ich nehme ihn auf die Arme; ein ganz schönes Paket, aber nichts, womit ich nicht umgehen könnte. Er protestiert schwach, aber es geht ihm offenbar wirklich schlecht. Schnell trage ich ihn zurück zum Meister, der gerade den Rest des Widerstands sprengt.
"General, Emund ist verletzt! Hast du einen Heiltrank?"
Er wirft einen raschen Blick auf uns und mir dann kommentarlos ein Fläschchen mit der roten Flüssigkeit darin zu.
Jetzt wehrt sich Emund aber deutlich.
"Was ist los? Komm schon, das schließt die Wunde im Handumdrehen!"
"Bloß nicht!", keucht er. "Ich brauch den Arm noch. Seh doch das Loch...der Trank heilt zu schnell...die Schulter kann ich danach nie wieder bewegen!"
Hilflos sehe ich den Meister an. "Was dann?"
"Reicht dir dein anderer Arm nicht? Du bist doch beidhändig", schlägt der Meister vor.
"Das ist absurd", erkläre ich.
"Ich gestehe zu, dass es dich im Kampf schwächen würde. Aber tot nützt du mir und dir selbst auch nicht, hm?"
"Wir könnten ihn auch nach Hause bringen, General..."
Er seufzt. "Wenn es sein muss. Aber nur kurz, dann musst du eben zurück bleiben, Emund. Malah kann uns ja sicher bald sagen, wann wir wieder mit dir rechnen können, aber so wie es aussieht, brauchen wir wohl leider Ersatz. Schade, du warst ausgezeichnet gegen den Helden, so wie ich das gesehen habe. Aber da kann man wohl nichts machen. KoKoMal."
Das Stadtportal öffnet sich, ich nicke ihm dankbar zu und springe hindurch.
Nicht lange darauf liegt unser Begleiter wieder im Spital. Während Malah die Wunde reinigt, grunzt sie: "Ich frage mich, warum ich das Bett überhaupt abgezogen habe..."
Emund schafft ein schwaches Lächeln. "Weil es unsauber wäre, die Laken zu behalten. Ich will keine Infektionen."
Sie hebt eine Augenbraue. "Siehst du, das ist das Problem mit dir. Du bist so schlau, aber dennoch blöd genug, um mit diesen Irren mitzulaufen. Gib mir den Heiltrank, Dorelem."
Der General, der mit verschränkten Armen gegen die Wand lehnt, kichert freudlos. "Pass auf damit, da hat er schwer was dagegen."
"Ich werde ihn das Zeug garantiert nicht trinken lassen", schnauzt Malah. Dann träufelt sie etwas von der roten Flüssigkeit auf ein weißes Tuch und beginnt, die Wunde vorsichtig einzureiben. Dabei murmelt sie mit unbekannte Runenwörter.
Nach ein paar Minuten steht Schweiß auf ihrer Stirn – und das Loch in Emunds Schulter hat aufgehört zu bluten. Sie wischt sich das Gesicht mit dem beschmutzten Tuch, was den Meister eine angewiderte Grimasse ziehen lässt, und lässt einen langen Atem aus den Lungen weichen.
"So, das Schlimmste ist überstanden. Es ist sehr gut, dass du diese Tränke dabei hast. Wenn man die sparsam anwendet, kann man lange damit auskommen! Hast du etwas dagegen, wenn ich die halbe Flasche behalte?"
Der Meister schüttelt hastig den Kopf. "Bitte, bitte..."
"Gut. Dorelem, wärst du so gut und siehst, wo Anya bleibt? Ich hab sie doch schon vor ner ganzen Weile geschickt, um was zum Essen zu holen!"
"Hm, eigentlich keine schlechte Idee. Ich könnte etwas vertragen", brummt der Meister. Malah fährt ihn an. "Das ist nicht für dich! Emunds Körper hat gerade Einiges an Muskeln und Sehnen zurückwachsen lassen, er braucht Nahrung! Nun husch!"
Bin ja schon unterwegs.
Kurz nach Verlassen des Spitals läuft mir Anya auch schon entgegen, mit einem übervollen Tablett in den Armen. "Äh, Malah sagt, du sollst dich beeilen...", druckse ich. Sie nickt. "Ja...tut mir Leid...ich wollte es eben gut machen..." und eilt vorbei.
Oho, will sie Emund mit ihren Kochkünsten beeindrucken? Oder zumindest mit ihrer Fähigkeit, die guten Rationen aus der Küche zusammenzustellen...
Wer weiß? Vielleicht hilft es ja, wenn es ihm schmeckt. Ach ja, und wenn wir schon hier draußen sind...
Es hat Vorteile, wenn einen die Krieger mögen. Nach wenigen Minuten stelle ich ein kleines Holzfässchen und einen Krug neben Emunds Bett, worin er schon das Schlemmen begonnen hat.
"Ich hab dir zehn Bier versprochen – wenn hier nicht so viele drin sind, hol ich dir gerne noch eines", erkläre ich.
Er lacht laut. "Du bist in Ordnung. Dafür kann ich dir gerade noch mal verzeihen, dass du dem Scheißer vor mir den Arsch aufgerissen hast."
Ich sehe mich um. "Wo ist der General?"
"Auch essen", bemerkt Anya abwesend, während sie dieses und jenes um Emunds Bett richtet.
Malah streckt ihren Kopf zur Tür herein. "Er kommt zurecht, Mädchen! Hilf mir mal woanders mit!"
Sie seufzt. "Ja, Mutter..." Aber zum Abschied schafft sie es noch, Emund ein strahlendes Lächeln zuzuwerfen, das er trotz vollem Mund sogar sieht.
Nachdem er diesen Umstand mit einem ordentlichen Schluck behoben hat, grinst er mir zu. "Eigentlich ist Anya doch ganz in Ordnung. Aber sag ihr bloß nicht, dass ich das gesagt habe."
Ich hebe eine Augenbraue. "Warum, wovor hast du Angst?"
"Ach, weiß nicht", brummt er. "Hatte immer das Gefühl, da läuft nichts, weißt du? Und mein Typ ist sie eigentlich auch nicht, also hab ich mir gar nicht groß...scheiß drauf." Er nimmt noch einen Schluck.
Hilflos zucke ich mit den Schultern. "Glaube, da kann ich dir nicht helfen...wie auch."
"Warum, meinst du, du kennst dich nicht genug aus mit den Weibern?"
"Daran habe ich noch wirklich nicht...ich meine, ich bin immerhin..."
"Bah, ich hab die schärfsten Gestelle schon mit hässlicheren Kerlen als dir zusammen gesehen. Du kannst deinen Körper doch formen, wie du willst, oder? Darauf stehen die Mädels sicher!"
Uh...
Oh Himmel. Entschuldige mich während ich meine Gedanken mit einem weniger abstoßendem Thema beschäftige. Hast du dir eigentlich schon mal überlegt, ob unser Verhältnis zu Isenhart nicht auch gute Seiten hatte? Ich glaube, das mache ich jetzt.
"Ich bin mir nicht sicher, ob mir die Richtung gefällt, die unser Gespräch nimmt...", gebe ich zu.
Er zwinkert mir zu. "Komm...gabs denn keine, die du gerne mal zur Seite genommen und ein wenig geküsst und gestreichelt hättest?"
"Natürlich ni..." Ich halte inne. "Zumindest das mit dem Küssen ist mir so noch nicht gekommen."
Emund schüttelt den Kopf. "Du solltest auch mal in so ne Richtung denken! Das Leben ist mehr als nur immer Kämpfen, der Arreat weiß, dass ich schon mehr als genug Blut auf ihm vergossen habe! Und zum Leben gehören die Frauen dazu! Wenn es die nicht gäbe, wäre es doch sinnlos, die Welt zu retten zu versuchen!"
Ich huste gekünstelt. "Na, wenn du meinst..."
"Hat denn der General nicht auch ein Flämmchen, für die er den Berg hochrennt?"
"Woher weißt du das denn?", entfährt mir.
Gib es halt auch noch zu!
Entschuldige, wenn ich unter Freunden nicht jedes Wort auf die Goldwaage lege.
Entschuldige, wenn ich es für wahnsinnig halte, dass du ihn seit zwei Tagen kennst aber schon als vertrauenswürdig genug für solche Informationen erachtest!
"Na ja, manchmal rede ich ja doch mit Anya...und ganz so blöd ist sie jetzt auch wieder nicht...als sie dem General gesteckt hat, dass diese Natalya vor Kurzem hier war, wie er da geguckt hat..."
Ich nicke. "Ja, er liebt sie. Aber ich weiß nicht, ob er sie nicht gerade etwas aus den Augen verloren hat. Die Mission, Baal zu töten, hat ihn komplett eingenommen. Manchmal frage ich mich...egal."
Zur Hölle, wenn du jetzt weitergeredet hättest, hätte ich den Meister persönlich gebeten, dich wegen reiner Blödheit auszulöschen.
"Ihr wisst aber beide, dass sie jetzt schon seit zwei Tagen weg ist...?"
"Weißt du, wenn wir keine Hoffnung hätten, dann wären wir gleich zuhause geblieben", erkläre ich.
Emund lächelt wohlwollend. "Siehst du, das mag ich so an dir, Dorelem. Du bist so kompromisslos optimistisch, das hatt ich fast schon verlernt."
Sein Blick wird kurz ernst. "...das ist jetzt vielleicht beschissen von mir, aber ich denke, dir ist der Gedanke auch schon gekommen. Denkst du, wenn Natalya bei Bannuk übernachtet hat und erst nach seinem Tod aufgebrochen ist, bedeutet das...na ja..."
Selbstverständlich bedeutet es das. Glücklicherweise ist der Meister geradezu schmerzhaft naiv, was Frauen angeht...ich denke, den Gedanken hat er sich fast schon bewusst nicht gemacht.
Als ob du besser über Frauen Bescheid wüsstest.
Man kann viel Theorie lernen, wenn man nur die Augen offen hält. Das ist wichtig, um Menschen einschätzen zu können, weil eine peinliche Menge von ihnen einzig und allein durch Beziehungen zum anderen oder manchmal sogar, man stelle sich das vor, dem gleichen Geschlecht motiviert sind. Gut, dass wir gegen so etwas immun sind, nicht wahr?
Nein, ist es nicht. Emund hat Recht...die Liebe gehört zum Leben. Und ich lebe.
Dein Leben ist genauso ein Luftschloss wie deine Liebe. Trifft es ganz gut.
Meine Liebe ist...
Da erpart mir ein plötzlicher Besucher, den Gedanken zu Ende zu führen, und gewisse Peinlichkeit, weil ich Emunds Frage schon seit mehreren Sekunden des Streits mit dem Zweiten nicht beantwortet habe.
"Schönen Abend, meine Freunde. Ich hörte, dir ist ein Unglück widerfahren, Emund?", sagt Nihlathak, als er herein kommt.
"Unkraut vergeht nicht, Ältester", zuckt der Verletzte mit den Schultern. Schlechte Idee, zumindest für eine von ihnen.
Nihlathak schüttelt den Kopf. "Du machst mir wirklich Sorgen. Schon das zweite Mal, dass du hier liegst...soll das so weiter gehen?"
Er sieht mich ernst an.
"Dorelem, wäre es möglich, dass der gute Emund und ich ein Gespräch unter vier Augen führen könnten? Ich glaube, das wäre uns beiden lieber so."
"Selbstverständlich, Ältester. Emund, ich wünsche dir beste Besserung. Fühl dich bitte nicht zu irgendwas verpflichtet. Du warst uns eine große Hilfe, aber ich möchte nicht noch einen Mitstreiter unserer verdammten Mission opfern müssen."
"Ist ja nicht so, als ob mir eure Mission scheißegal wär", stößt Emund überraschend aggressiv hervor. "Tut mir Leid, Ältester", entschuldigt er sich gleich darauf mit einem schrägen Blick zu Nihlathak.
"Das besprechen wir nun in aller Ruhe, nicht wahr?", gibt dieser warm zurück. "Ich wünsche dir und dem General viel Erfolg, falls wir uns nicht mehr sehen."
"Ich richte es ihm aus. Adieu!", verabschiede ich mich.
Draußen merke ich, dass es tatsächlich schon Abend geworden ist. Das Stadtportal ist natürlich bewacht...ob wir das einfach über Nacht offen lassen können und jetzt hier bleiben?
Ich mache mich auf, den Meister zu suchen, um das mit ihm zu besprechen.
Wetten, dass du ihn bei Larzuk findest?
Wie kommst du darauf?
Ach, nur so eine Ahnung...
…warum habe ich nur das Gefühl, dass du gerade nicht an ein neues Hemd denkst?
 
Sehr schönes Kapitel mal wieder nach der Durststrecke ;)

mfg Soverign

PS: viel erfolg beim Studium
 
Danke!

Hab schon wieder vier Seiten des nächsten Kapitels. Wer hätte gedacht, dass regelmäßige Fahrten, um die Freundin zu sehen, der Produktivität HELFEN? :D

Oh, und ich kann schon mal enthüllen, dass das nächste Kapitel etwas beinhaltet, das einige von euch schon seit...na ja, Jahren, erwartet haben. Nur, um ein paar Münder anzuwässern!
 
Das letzte Setteil? Den alten General? oder sogar beides?
 
Ich würde sagen Natalya taucht wieder auf, da der Babar ja erstmal nicht mehr dabei ist.
 
So ein Kommentar und uns dann trotzdem über zwei Wochen warten zu lassen :motz:

Wir brauchen zeuch!!

:hy:
 
Ihr habt Glück, dass ihr im Moment überhaupt was bekommt - meine Masterarbeit kommt so langsam in ihre heiße Phase. Während meiner Zugfahrten kann ich aber schwer dran arbeiten, darum gibts nach zweien oder so immer ein Update. Nach dem Wochenende kann ich euch ein Kapitel quasi garantieren, also bleibt am Ball ;).
 
Ist ja gut, ist ja gut :D.

Hoffe, ich hab euch nicht zu viel versprochen...
 
Kapitel 25 – Perfektion erreicht



Tatsächlich finden wir den Meister auf dem Weg zu Larzuk, wie er uns mit forschem Schritt entgegenkommt.
"Ah, gut, dass ich dich hier treffe. Komm mit, ich habe eine Überraschung für dich."
Ich liebe Überraschungen.
Das ist schlicht gelogen. Himmel, der Meister freut sich. Was ist denn da los, und wie viel Sorgen muss ich mir machen?
Bald gar keine mehr, würde ich schätzen.
Ich fühle, wie die Knöchel einer schwer behandschuhten Faust in meiner Magengrube landen.
Habt ihr...ihr werdet mich doch nicht loswerden wollen?
Niemals. Wir lieben dich, Dorelem!
Paralysiert lasse ich mich von dem Befehl des Meisters tragen. Mehr denn je fühle ich mich wie eine Marionette an den Fäden eines sadistischen Puppenspielers, der sich mit jedem scheinbar zufälligen Szenenwechsel neue Schrecken für seine Hauptfigur einfallen lässt. Wie soll ich diese Kontrolle nur loswerden? Seit er mir die Beherrschung auferlegt hat, ist es einzig dem Meister überlassen, mir Selbstbestimmung zu geben oder zu nehmen. Und nun, da er den Avatar trägt, hat er seine eigene freiwillig an jemanden abgegeben, dem meine Freiheit völlig egal ist. Aber wer ist das – ist es wirlich nur eine Facette des Meisters selbst, die hier zum Vorschein kommt? Stiehlt ihm etwa der Seelenkäfig wirklich das, was seine Menschlichkeit ausmacht, und lässt nur den hässlichen, selbstsüchtigen, machtgierigen und bösen Kern zurück?
Unfug – das würde doch bedeuten, dass entweder alle Menschen oder zumindest der General von Grund auf böse sind. Das kann ich nicht akzeptieren.
Dein schwarz-weiß-Denken ist doch hier völlig fehl am Platz. Was du selbstsüchtig und machtgierig nennst nenne ich notwendig und angebracht in Anbetracht der Situation. Man muss nicht sagen, dass der Zweck die Mittel heiligt; es braucht keine Segnung des Zwecks. Immerhin wärst es letztlich nur du, der über die Würdigkeit dieses Zwecks heiligt, beeinflusst von welch auch immer seltsamen Moralvorstellungen du dir irgendwie angeeignet hast in den wenigen Tagen, bevor ich meine ewig zum Scheitern verurteilte Aufgabe, dir Vernunft einzuprügeln, begann. Und wer bist du? Was bist du? Bist du überhaupt etwas außer die Verlängerung des Meisterwillens? Die Antwort auf alles: Nichts. Du bist Nichts. Warst es auch nicht.
Der Meister hat uns zu Larzuks Schmiede geführt. Der Schmied ist bereits wieder fleißig am Hämmern. Freundlich nickt er dem Meister zu, als dieser ohne Erwiderung mit größter Selbstsicherheit und leichter Eile in das gedrungene Steingebäude voller Waffen und Instrumente zu deren Herstellung schreitet.
In der Mitte des Raumes ein Objekt, wenig breit und etwa von meiner Höhe, bedeckt von einem dreckigem Tuch. Das Glühen der Kohlen eines kleinen Ofens beleuchtet flackerfrei, aber schattenreich die Überraschung.
Stolz präsentiert der Meister sie. "Für die Gelegenheit ist der Lumpen vielleicht nicht angemessen, aber er war mir natürlich wichtig. Es sind ja schon wertvollere Dinge in dreckigeren Lumpen drapiert gewesen." Er klopft sich auf die Brust.
Ich schaffe ein trockenes Lachen durch meine ansonsten auch recht staubigen Gefühle.
"Und ja, ich habe mich gerade umgezogen und gewaschen. Auch wenn ich mich wieder leichte Skrupel davor hatte, meine neu gefundene Macht mit beiden Händen zu ergreifen...ich kann mich ja immer mit dem Gedanken trösten, dass es mir in voller Montur immer wieder lächerlich vorkommt, dass ich überhaupt Zweifel hatte. Wie auch immer..."
Er winkt ab. "...auch das schien mir angemessen. Zumindest wollte ich ja noch was essen, und nicht aus der Kantine geworfen werden! Aber das kann warten. Wo Larzuk doch so großartige Arbeit geleistet hat!"
Er...plappert?
Manchmal, wenn er wirklich zufrieden ist mit sich selbst, bricht da ein wenig das Großspurige aus ihm heraus, das weiß er aber und erlaubt es sich.
Seit wann? Er ist doch immer großspurig!
Seit er seine ihm bestimmte Rüstung trägt, natürlich.
Auf die er durch Zufall gestoßen ist?
Ein nur für die Blinden vorhandener Widerspruch...
Ich halte diesen Mist nicht mehr lange aus, wenn es so schrecklich ist, wie ich befürchte, dann stürze ich mich wenigstens Kopf voran ins Verderben?
"Was...ist es denn?", frage ich und halte ich den Meister davon ab, weiter zu schwadronieren. Wie ich schon zur Genüge vom Zweiten weiß, ist ein Psychopath furchtbar, aber ein fröhlicher Psychopath das Schlimmste.
Also wirklich, wie redest du vom Meister?
"Freut mich, dass du fragst, Dorelem! Darf ich präsentieren..."
Er packt das Tuch.
"...der Schlüssel zu deiner ultimativen Stärke!"
Die Enthüllung kommt, und sobald ich das Objekt unter dem Tuch sehe, weiß ich, dass ich Recht hatte mit meinem Befürchtungen. Als ich es nach ewigen Sekunden des willentlichen Unglaubens verdaut habe, weiß ich, dass es noch viel schlimmer ist, als ich dachte.
Vor mir steht ein Skelett. Es ist nicht aus Knochen, sondern aus Metall. Dunkelgrau formt es Rippenbögen, Schulterblätter, Arme, Beine, einen Schädel. Die Konstruktion ist primitiv; man kann sehen, dass der Meister es erst vor wenigen Tagen in Auftrag gegeben hat. Larzuk muss dennoch lange daran gearbeitet haben, denn es ist ohne Zweifel von guter Qualität, aber die Arme und Beine bestehen zum Beispiel nur aus jeweils einem "Knochen", der Schädel ist nicht hohl, sondern hat die Löcher für Nase und Augen lediglich wenige Zentimeter tief angedeutet, die Zähne sind von außen als Linien eingedrückt. An strategischen Stellen wird das Gebilde von dem Holzgestell, das es aufrecht hält, auch zusammen gehalten; es ist offensichtlich unmöglich, ein Metallskelett kurzfristig aus einem Guss zu machen, und Nägel oder Bolzen könnten die Einzelteile aufgrund ihres sicher beträchtlichen Gewichts nicht halten.
Aber all das ist unwichtig, nicht wahr? Denn dieses krude Gebilde wird mit Magie behandelt werden.
"Das soll ein neuer Körper werden", stelle ich tonlos fest.
Der Meister grinst breit. "Du bist gut! Oder hat der Zweite gepetzt?"
"Meine Lippen waren versiegelt, Meister", antwortet er.
"Brav, brav. Na, dann wollen wir doch mal..." Er reibt sich die Hände, was von den Schuppen an den Handschuhen unterbunden wird. Stutzt kurz, zuckt mit den Schultern und legt Trang-Ouls Gold direkt auf den Stahl.
"General...können wir das bitte noch kurz bereden?", krächze ich.
"Hm, hm, Dorelem, stör mich jetzt nicht. Das wird diffizil", murmelt er, während er seine Finger über die noch vorhandene Lücke zwischen Hand- und Armknochen tanzen lässt. Langsam beginnt sich das Material unter seinen Berührungen zu verflüssigen, drängt das Holzgestell weg, und die beiden Metallteile sind vereint.
Sanft legt der Meister seinen Zeigefinger auf den der Metallhand, und sie zieht ihn ein, an drei Gelenken. Er überlegt, dann fährt er darüber, es werden zwei Gelenke daraus, aber die Spitze verjüngt sich, wird zum Stachel, dann zur Kralle. Das Gelenk dahinter verdickt sich, Material fließt heraus, verstärkt die Waffe, deren Schneide dünner und schärfer wird, dann zieht sie sich in das Gelenk zurück wie die Klauen einer Katze. Rein, raus, der Meister ist zufrieden, und mit einer Geste folgen die anderen Finger diesem Vorbild.
"General, bitte!", rufe ich. "Ich weiß, was du vorhast, und ich bin ganz stark dagegen! Weißt du nicht, dass du gerade den Golem des alten Generals nachbaust?"
Unser erster Höllenweg durch den Schinder-Dungeon flackert mir ungewollt in die Erinnerung, wie es schon öfter alptraumhaft geschah. Als der Zweite die Kontrolle über unseren Körper übernahm, kurz davor, ihm Wahn des von Mephisto gesteigerten Hasses den Meister zu töten...oder war da mehr dahinter? Als er, um mich klein zu halten und zu foltern, die Bilder aus seiner Vergangenheit in mein Hirn zwang und mich hilflos an seinen Untaten teilhaben ließ. Ich wurde in einem Golemkörper aus schwarzem Metall eingesperrt, mit Tonhülle und Flammenkleid, mit Krallen an den Händen und Grausamkeit im Herzen. Auf dem Weg zum Haus eines Mannes, der schon in den Kellern der Festung des alten Generals einem langsamen Tod entgegenlitt, um seine Frau und seine beiden Kinder zu töten.
Das Blut der Frau klebte bald an meinen Krallen, bis das Feuer, das das Haus zerstörte, es weg-, aber in meinen Geist einbrannte. Bis heute weiß ich nicht, warum der Zweite seinen Befehl so großzügig wie möglich auslegte, um die Kinder zu verschonen, grausam gebrandmarkt wie der Junge auch wurde.
Aber ich weiß, wie sich der Körper anfühlte, in dem ich mich befand. Mächtig. Unaufhaltsam. Furchteinflößend. Eine Terrorwaffe, der gedankenlos Befehle ausführende Golem, der durch die Straßen lief um zu strafen, und bei dem jeder Bewohner zum Himmel betete, dass er an seiner Tür vorbei gehen möge. Oder zur Hölle, denn Baal war näher, als Herrscher über die Ecke Sanktuarios, in der der alte General ihm direkt unterstand.
Nie will ich mich so fühlen.
"Natürlich weiß ich das, Dorelem", erklärt der Meister, nachdem er den Schädel dazu gebracht hat, sich selbst auszuhöhlen, und während er überlegt, was er mit dem Mehr an Material macht; er führt es mit angestrengt langsamen Bewegungen auf beiden Seiten gleichzeitig zu diversen Gelenken, um diese zu erschaffen und verstärken.
"Aber deswegen tu ich es ja auch. Ohne Frage ist dies das perfekte Modell eines Golems, der alle Materialien, die wir so lange und mühsam auf Stärken und Schwächen getestet haben, vereint. Bis auf das unsägliche Blut, natürlich."
"Dein Namensgeber war böse, General! Warum solltest du je auf den Gedanken kommen, seine Waffen zu benutzen?"
"Die Rüstung trage ich schon, oder? Das ist der nächst logische Schritt. Sei mal still, während ich mich hierum kümmere...wie die ausfahrbaren Klauen kann man da nämlich meines Erachtens auch noch was verbessern."
Während ich gezwungen schweigen muss, knetet er an den Fußknöcheln.
Oh, die Sprunggelenke, die unsere Eisenform so gut springen haben lassen! Er ist wirklich würdig, die Magie des alten Meisters zu benutzen. Die natürliche Evolution geht ihm so leicht von der Hand wie die Feuerzauber des Avatars.
Welche ihm die Hände vernarbt haben, als er sie das erste Mal testete!
Die Füße sind behandelt, was bedeutet, dass mein Befehl technisch gesehen erfüllt ist, also springe ich in die Bresche.
"Wenn du nach logischen Schritten gehst, verbündest du dich als nächstes mit Baal, weil das dein Überleben noch sicherer macht als der Sieg über ihn!"
Der Meister hält inne. "Makaber. Bist du sicher, dass dich da der Zweite nicht drauf gebracht hat? Aber nein, natürlich habe ich das bedacht. Nachdem ich mich als klar stärker als seine Brüder erwiesen habe, wird sich Baal nie auf eine Zusammenarbeit einlassen. Er muss wissen, dass ich weiß, dass ich auch stärker als er bin, schon lange."
"Du hast darüber nachgedacht?"
Er zieht ein Gesicht. "Nicht ernsthaft, natürlich, aber es war als Gedankenspiel wertvoll. Nun, Zeit für was Schwieriges. DolEldHelIstTirVex!"
Stille. Also muss ich schweigen. Und mein noch brennenderer, weil persönlicherer Protest, wird im Keim erstickt.
Der Meister packt das Holzgestell, hält den Schädel mit der anderen Hand fest, und reißt das Holz dann weg. An manchen Stellen, wo das Metall die es vormals haltenden Streben umschlossen hat, splittert es ab, was die versteckte Stärke des Meisters verrät.
Nichts fällt zu Boden.
"Na also! Dann können wir ja..."
Das ganze Skelett kippt. Hastig hält er dagegen, aber es ist wirklich schwer, und er muss noch einen Schritt zurück machen. Ich bin schon die ganze Zeit im ganzen Körper taub, rühre keinen Fingern, ihm zu helfen; da übernimmt der Zweite die Kontrolle, wogegen ich auch keine Willenskraft mehr aufbringen, und fängt an, sich zur Hilfe zu bewegen.
"Alles in Ordnung!", ruft der Meister. Ein Bein, jetzt proper aus zwei Knochen bestehend, schießt vor, stabilisiert sich selbst und das Metallskelett richtet sich selbst balanciert auf.
"So, jetzt können wir zum spannenden Teil kommen!"
Befehl erfüllt, die Zeit für das Schwierige ist vorbei! Schnell!
"General! Je näher mein Körper dem des alten Golems, des Zweiten kommt, desto einfach wird es für ihn, die Kontrolle zu übernehmen! Ich wette, wenn du den Körper exakt gleich machst, habe ich überhaupt keine Chance mehr, ihn im Zweifelsfall davon abzuhalten!"
Also wirklich – ich fühle mich beleidigt! Welcher Fall sollte das denn sein?
Der Meister wirkt irritiert. "Ja, aber das wird er doch nicht, oder? Bitte, Dorelem, du quengelst. Dachte, du würdest dich mehr freuen, ehrlich. Aber vielleicht ist das ja so wie mit mir, völlig unberechtigte Bedenken, solange du dich noch nicht...eingekleidet hast, und sie verfliegen vollkommen, sobald du die wahre Macht in Händen hältst!"
"Aber...genau davor habe ich doch Angst!"
"Wie gesagt, ich weiß, aber manche Opfer müssen eben gebracht werden, tu ich schließlich auch. Stell dich hier hin, mit dem Rücken zu deinem neuen Kern!"
Und so führt er mich zur Schlachtbank.
Und wie ich von Anfang an ahnte, schon seit er mir das Joch der Beherrschung auferlegte, kann ich absolut nichts dagegen unternehmen. In diesem Moment, als er mich zu einem macht, bin ich längst nur ein Werkzeug ohne freien Willen.
Natürlich kann ich sehen, was mit dem Metallskelett geschieht, auch wenn es hinter mir steht. Und das muss ich auch, denn was bringt es jetzt noch, die Augen zu verschließen? Wenngleich es keine Würde gibt, die ich zu verlieren habe. Es geht, wie immer, ums Prinzip.
Mit einer theatralischen Geste holt der Meister den schon lange nicht mehr nötigen Zauberstab aus dem Gürtel, und lässt dessen metallenen Minischädel sanft gegen den jetzt komplett anatomisch korrekt geformten darunter stoßen.
Ein glockenhelles Ding hallt aus dem Kontakt hervor, und von der Quelle verwandelt sich das Metall; das normale Stahlgrau wird Obsidian, die Farbänderung setzt sich in Wellen fort bis in die Spitzen der Rippenbögen und die Krallen der Finger, und je mehr das Schwarz voranschreitet, desto mehr breitet es sich in meinem Bewusstsein aus. Da sind die Arme fertig verwandelt, und schießen plötzlich vor, dringen in meinem Tonkörper ein und reißen ihn weit auf.
Für einen winzigen Moment verliere ich die Sicht, und dann fühle ich es.
Wie ein Fremdkörper, quer erstickend in der Kehle liegend, ist das Metallskelett in mir. Es drängt den Ton nach außen, mit seiner Schwere, seiner Härte, schneidet mich mit den überall entstandenen schwarzen Kanten auf als hätte man tausend Schwerter durch mich gebohrt.
Jetzt hab dich nicht so. Du bildest dir all das...nur ein...
"Wunderbar!", ruft der Meister, vor Freude strahlend. "Und jetzt..."
Seine ausgebreiteten Hände deuten die Endpunkte an, wo ein blenden helles Glühen einsetzt, und dann schießt von ihnen aus, mit mir genau in der Mitte, die Feuerwand zusammen. Ohne Brennmaterial lodern die Flammen aus dem Boden, ohne Zündmoment sind sie einfach da, erhöhen die Temperatur meiner Tonhülle spontan um viele hundert Grad. Ich schreie laut auf in Schmerz und noch mehr in Verzweiflung, als es mich in Millisekunden festbackt, da runzelt der Meister die Stirn, legt seine Hand ganz leicht schief, und da wird der Ton wieder weich.
Doch der Schmerz bleibt.
Hilflos falle ich auf die Knie, der Ton darum spritzt weg, als die Metallgelenke hart auf dem Steinboden aufkommen. Ich packe meine Brust, die von innen infarktgleich zerrissen und von außen im Inferno kocht, aber zerschneide den Ton nur in Streifen mit Krallen, für die zu kontrollieren ich im Leben nicht die Beherrschung aufbringe.
Es...brennt...was ist schief gegangen?
"Das gibt es doch nicht!", ruft der Meister. "Halt still, verdammt!"
Er packt meinen feuerumzüngelten Kopf, die Flammenwände sind längst verloschen. Nur an dieser Stelle ist kein Ton, wie eben auch in dem alten Modell; das Feuer formt das Gesicht über dem bewusst hindurchgrinsenden Schädel. Und...nur dort habe ich keine Schmerzen, wird mir durch den Nebel der Pein in meinen Tonteilen bewusst.
"Ach so!", entfährt es dem Meister. "Da gibt es konkurrierende Magie...aber nicht mit mir!"
Sein Mund verzieht sich in eine Fratze der Wut, vor der ich unter anderen Umständen zurückgezuckt wäre, so wild und wahnsinnig wirkt sie. Ich könnte schwören, dass sie dem Zweiten kalte Schauer durch die Seele jagt!
Und da bricht etwas in mir, was mich auf eine Art leer zurücklässt, die ich mir bisher noch gar nicht vorstellen konnte.
Der Einfluss des Arreat ist weg.
Die Schmerzen auch. Stattdessen fühle ich...nichts. Auf keinen Fall mehr fühle ich mich gut, wie noch als der Berg mich stärkte.
Ich vergieße eine Träne tief in mir und flehe den Berg an, dem Meister diese Blasphemie zu verzeihen.
Kokolores! Der Steinhaufen stand wahrer Größe im Weg! Jetzt ist es perfekt – endlich! Was hab ich hierauf gewartet!
Und...jetzt?
Jetzt kannst du auch an dieser Größe teilhaben. Fühlst du es? Ist es, wie der Meister meinte, sind deine Zweifel verschwunden?
Du...lässt mich am Steuer?
Natürlich. Wir haben eine Abmachung, nicht?
Ich schätze, das haben wir.
Danke?
Und nein, ich bin hauptsächlich verwirrt.
Eine Schande. Aber sag das bloß nicht dem Meister. Ruinier ihm nicht den Moment seiner absoluten Beherrschung der Golemkunst. Bei den Feuern der Hölle, ruinier ihn mir nicht!
"Alles klar, das müsste geholfen haben", sagt der Meister als er seine Hände von mir löst. Das Feuer hat ihnen nichts ausgemacht; jetzt, wo es Teil von mir ist, verbrennt es nur noch, wenn ich will. "Na, was sagst du, Dorelem?"
"Dieser Körper ist...", beginne ich, und zucke vor dem Klang meiner Stimme zurück als wäre sie drei Große Übel gleichzeitig.
"Haha, darum hast du immer so gerumpelt, Zweiter? Das ist ja lustig. Aber meinetwegen nicht notwendig, sonst komm ich noch durcheinander."
Ich fühle mich, als müsste ich heftig durchatmen, um diesen Schock zu verdauen, was ich natürlich nicht kann. Also stürze ich mich auf meine sonst unbewusste Sprachkontrolle, und arbeite schnell die gleichen Techniken durch, die ich damals benutzt habe, um den Stahlkörper nicht gar so seelenlos klingen zu lassen.
"...so in etwa?", fiepe ich, korrigiere noch einmal nach unten, wiederhole den Satz und denke, dass ich es nun hingebracht habe. Ein Hoch auf mein perfektes Gedächtnis. Manchmal.
"Ja, wunderbar! Zweiter, du kannst ihn sicher ein wenig unterweisen, oder? Sonst rede ich mir noch den Mund fusslig mit Zeug, von dem du mir schon früher vorgeschwärmt hast. Gewöhn dich erst mal in Ruhe an das Ding, Dorelem – ich habe beschlossen, dass wir für heute Schluss machen. Wenn Emund Glück hat, ist er morgen auch wieder auf den Beinen, du weißt schon ein wenig besser, was du tust, und ich bin ausgeschlafen und vor allem gefüttert. Ach, wo wir schon dabei sind...darum sollte ich mich möglichst gleich kümmern, ich verhungere."
Er stolziert hinaus, und ich folge ihm auf klickenden Sohlen. Natürlich sind sie so gedacht; kein polsterndes Fußbett aus Ton. Man soll hören, wenn der Henker über das Pflaster schreitet.
Während er dem komplett baffen Larzuk sein Meisterwerk vorführt, bin ich taub, in Gehör wie Geist. Was er gerade aus mir gemacht hat...ich fühle mich auf eine Art und Weise falsch, wie ich es nicht mehr tat seit meiner Neuerschaffung als Eisengolem im Dschungel von Kurast. Wieder ist es überklar, dass ich doch nur ein Golem bin und jeglicher Fortschritt, den ich damals als fühlender, einem Menschen eng verbundener Blutgolem und jetzt als Persönlichkeit mit der Möglichkeit zur Erfüllung eigener Wünsche und einem Leben fern des Meisters gemacht hatte, ist ausgelöscht.
Und darüber hinaus fühle ich mich dreckig. Als wäre mit dem Körper aus der Vergangenheit gleich das unsichtbare Blut an den Obsidianklingen der Krallen mit in die Gegenwart geholt worden, als hätte ich die Morde des Zweiten selbst begangen, all die unzähligen im Namen des Tyrannen, der ihn erschuf und ihm nie eine Chance gabe, mehr zu sein als eine Axt, die die Kehlen seiner Feinde durchtrennte.
Wozu auch.
Da eilt Deckard heran, erstarrt aber, als er mich sieht.
"Dorelem, bist du das?"
"Ich fürchte, ja", gebe ich zurück.
Der Meister versetzt mir einen Schlag auf den Hinterkopf, der weit mehr weh tut, als er das eigentlich sollte, nämlich gar nicht. "Immer nur am Meckern! Du wirst schon noch sehen, was du an diesem Körper hast. Gibt es etwas Wichtiges, Deckard? Ich wollte gerade zum Essen."
"...ja, es ist, schätze ich, recht wichtig", antwortet der Horadrin-Weise, sichtlich irritiert. "Ich habe Nachricht von Meister Valtores erhalten."
Der Mund des Meisters verzieht sich sofort in übermäßig zur Schau gestelltem Desinteresse, aber mir wird sofort mulmig vor Unsicherheit. Immer noch tut mir Leid, dass ich die Golems in der Totenbeschwörerstadt ihrem Schicksal überlassen musste...
Ja, du hättest da sicher in Ruhe mit dem Rest von ihnen vernichtet werden können. Vielleicht hätte der Meister es dann geschafft, einen nicht mehr ganz so aufmüpfigen Diener zu beschwören. Mich alleine, zum Beispiel.
Sie werden auf keinen Fall einfach all ihre Diener zerstört haben!
Das wünscht du dir zumindest.
"Ach", sagt der Meister tonlos. "Und was will er?"
"Mit Euch reden."
Der Meister lacht. "Das könnte ihm so passen! Nichts kriegt mich dahin zurück, was man glaube ich auch daran erkennt, dass ich freiwillig eine ganze Dämonenarmee vernichte statt in diesem Drecksloch von Sumpf vorbeizusehen."
"Das dachte ich mir bereits", gibt Deckard zurück, und sogar seine über Jahrzehnte gestählte Fassade kühler Diplomatie bekommt leichte Risse. "Und Valtores auch. Weswegen er jemanden vorbeischickt, um persönlich ein paar Worte mit Euch zu wechseln. Ich habe bereits dafür gesorgt, dass der Wegpunkt hier Anbindung an das Reisesystem auf dem Hauptkontinent findet, die Boten müssen es nur noch erreichen und würden irgendwann heute Nacht eintreffen."
"Nachts? Dann brauchen sie sicher erst einmal ihre Ruhe von der Reise, und ich meine auch", winkt der Meister ab. "Dorelem, du wirst heute Nacht wahrscheinlich ohnehin vor allem das Stadtportal bewachen, nehme ich an? Den Barbaren kann man ja nicht vertrauen, dass sie einen Angriff mit voller Stärke zurückschlagen."
Deckard runzelt schwer die Stirn, was der Meister aber ignoriert und weiterredet: "Dann kannst du sie gleich empfangen, herausfinden, ob sie nur hier sind, um mich um die Ecke zu bringen, und ihnen erklären, dass sie bis zum Morgen warten sollen. Ich brauche meine Ruhe. Valtores kann ohnehin nicht gleich mit einer Antwort worauf auch immer rechnen – selber Schuld, wenn man sich die Achselhöhle der Welt als Rückzugsort sucht. Sonst noch etwas?"
"Das war es, weswegen ich mit Euch reden wollte", erklärt Deckard kühl.
"Wunderbar! Dann genehmige ich mir jetzt ein fürstliches Abendessen. Du weißt, was du zu tun hast, Dorelem, und nutz die Gelegenheit doch gleich, mit deinem Körper zurecht zu kommen. Wenn ich alles richtig gemacht habe, ist dein Skelett quasi unzerstörbar, also wird er dir erhalten bleiben! Gut so, wenn man den Aufwand bedenkt, den ich mir gemacht habe. Schönen Abend, Deckard!"
Damit marschiert der pfeifend weg.
Deckard und ich sehen uns an. Damit er es nicht von sich aus ansprechen muss, breche ich das beginnende schmerzhafte Schweigen sofort.
"Ja, es ist deutlich schlimmer geworden. Deckard, ich mache mir ernste Sorgen um ihn."
"...ist mit dir selbst denn alles in Ordnung?", fragt er vorsichtig.
Bedächtig lasse ich meine Metallfinger über die angedeuteten Brustmuskeln fahren.
"Diese Form ist mir aus mehreren Gründen extrem unangenehm. Aber solange ich das so empfinde, denke ich, geht es mir gut."
Der Weise schüttelt den herabhängenden Kopf. "Dorelem, es tut mir sehr Leid, dass es so gekommen ist. Ich weiß, was der Kampf gegen das Böse aus Menschen machen kann, sogar die Besten von ihnen können fallen. Nie hätte ich gedacht, dass der General einmal so offensichtlich am Rande des Abgrunds tanzen würde."
Mein Kopf tut so, als würde er schmerzen. "Wenn du dir auch schon solche Gedanken machst, dann bin ich wirklich bald bereit, zu verzweifeln. Wobei..."
Erzähl ihm bloß nichts von dem Einfluss des Avatars.
Warum? Deckard weiß doch längst, dass der Meister das Set vervollständigen will und vermutlich auch warum; Valtores hat doch mit ihm geredet, bevor er uns in Lut Gholein getroffen hat!
Ja, aber wenn du ihm jetzt sagst, dass du meinst, der Meister wird "böse" aufgrund des Avatars, wird Deckard mit ihm darüber reden wollen. Der Meister wird seine und deine lächerlichen Sorgen lachend wegwischen, nichts unternehmen, Deckards manchmal durchaus nützlichen Rat in Zukunft ignorieren und dir die Hölle heiß machen, weil du ständig am Petzen bist. Also?
"...ach, ich weiß es nicht", druckse ich.
"Ich wünschte, ich könnte mehr tun, Dorelem. Aber ich fürchte, je mehr ich versuche, die Misstände anzusprechen, desto mehr verschließt er sich. Nur jemand wie du, dem er völlig vertraut, kann noch zu ihm durchdringen. Oder..."
Als ich verstehe, worauf Deckard hinauswill, weiten sich meine Augenhöhlen. "Er muss Natalya finden!"
"Ja. Meine inständigste Hoffnung ist, dass sie noch am Leben ist, und bei ihrem eigenen Aufstieg dadurch, dass sie sich an den Dämonen vorbeischleichen muss, statt sich hindurch zu kämpfen, Zeit verliert. Genug, dass ihr aufholen könnt."
"Himmel, dann hoffen wir inständig zu zweit. Auch um ihretwillen, es muss furchtbar sein, tagelang da draußen unterwegs zu sein, ohne ab und an eine Pause einlegen zu können hier, im Warmen..."
"Nach allem, was Natalya weiß, ist Harrogath schon gefallen. Sie hat sich gut vorbereitet, wie Anya mir gesagt hat. Wenn es jemand schafft, alleine da draußen zu überleben, dann sie."
"Danke, Deckard. Das hat mir viel geholfen."
Der Weise lächelt warm. "Solange ich wenigstens dir noch helfen kann, Dorelem. Du lässt mich ja auch. Wie schon gleich nachdem wir uns das erste Mal getroffen haben, kann ich dir nur immer wieder bestätigen: du hast es am Schwersten von uns allen. Dein Meister kämpft mit seinem Körper um die Rettung der Welt, aber du kämpfst seit jeher um seine Seele, und das ist ein weitaus schwieriger Kampf."
Er legt mir vorsichtig eine Hand auf die Schulter, bis er merkt, dass mein Feuer nicht brennt, dann drückt er fest zu.
"Nichts von dem kann deine Schuld sein, davon bin ich überzeugt. Du bist mehr als ein guter Golem, du bist ein guter Mensch. Sei ihm ein Vorbild."
Heiße Tränen rinnen mir vom Gesicht und schmelzen den Schnee zu meinen Füßen. "Ein guter Mensch..."
Deckard seufzt. "Und weit besser als so manche, die mit Blut in den Adern gesegnet sind. Dein Körper ist dafür egal, auch wenn ich wohl nicht alles über deine Probleme damit weiß. Möchtest du auch darüber reden?"
In brüchiger Stimme lehne ich ab.
"Dann wünsche ich dir eine gute Nacht. Wobei sie im Zweifelsfall recht kurz sein könnte. Informierst du mich bitte, wenn die Boten eintreffen?"
"Selbstverständlich.
...hat Meister Valtores denn irgendetwas gesagt, wie die Situation bei den Nekromanten ist?"
Traurig schüttelt Deckard den Kopf. "Heute kann ich dir nicht besonders viele gute Nachrichten liefern, Dorelem. Die Art, wie ich mit manchen Vertrauten kommuniziere, erlaubt nicht die Übertragung vieler Details. Leider musst du dich gedulden."
"Das...schaffe ich auch noch", murmle ich. "Vielen Dank für alles."
"Mein Ohr ist immer für dich offen", verabschiedet er sich.

Nach leichten Anfangsschwierigkeiten habe ich die Barbaren überzeugen können, dass auch diese Form harmlos ist und ich eigentlich der einzige bin, der damit ein Problem haben sollte. So sitzen jetzt immer zwei neben mir auf einer der Bänke, die um das Stadtportal aufgestellt wurden, und wärmen sich an mir. Ich habe mit ein paar Experimenten in gebührendem Abstand festgestellt, dass ich ohne Probleme so heiß werden kann, wie es mir in reiner Feuerform möglich war, vielleicht sogar etwas mehr. Meine wabernde Flammenaura erreicht dann beinahe Weißglut. Ironischerweise kann man so mein Gesicht am besten erkennen, sonst konstrastiert das orange-rot nicht gut genug mit dem pechschwarzem Schädel.
Und Schachmatt. Man könnte fast meinen, dir läge etwas auf dem Herzen. Du spielst fürchterlich.
Reib es mir nur rein.
Sogar die Barbaren merken das, sonst müsstest du dich ja nicht dazu herablassen, dir stumm mit mir die Zeit zu vertreiben.
Die haben offenbar genug Menschenkenntnis, um zu merken, dass ich meine Ruhe will.
Benutz lieber "Empathie", das klingt weniger falsch.
Nein, das Wort habe ich schon bewusst gewählt.
Da, endlich, glüht der Wegpunkt in der bewölkten Nacht. Ich stehe auf und entschuldige mich; die beiden, die gerade neben mir sitzen durften, winken ab; sie wissen, dass ich nur hierauf gewartet habe. Leichtes Murren von denen, die als nächstes von mir Wärme gespendet bekommen sollten, verklingt in meinen Ohren, als ich sehe, wer ankommt.
Es sind Dostrian und sein Golem.
Zur Hölle, was will denn ausgerechnet der hier?
Der Blick des schwarzhaarigen Novizen trifft mich, und er zuckt zurück. Dann bemerkt er seinen Golem, scheint erneut überrascht zu sein, ruft dann aber: "Bei Rathma! Ojaled! Beschäftige ihn!" Und ich spüre, wie Schwächen auf mir landet.
Der Tongolem – Ojaled – stürzt sich auf mich. Aber oh je, so unerfahren...fast automatisch benutze ich seinen Schwung gegen ihn, weiche in einer Bewegung zu Seite aus, fege seine Beine unter ihm weg und platziere meinen Fuß fest auf seiner Brust.
"Dostrian, bitte keine Sorge. Ich weiß, dass ich nicht sehr friedlich aussehe, bin aber nur der alte Dorelem."
Seine Stirn runzelt sich, aber dass ich seinen Namen kenne, muss durchgedrungen sein.
"In Ordnung, du kannst ihn in Ruhe lassen", befiehlt er.
Haha, wir hätten ihn in Sekunden zu Tonmehl verarbeiten können.
Ja, aber das wäre nicht sehr nett gewesen, nicht wahr? Ich helfe meinem kurzzeitigen Widersacher auf die Beine – dass er sich einfach zerfließen lassen könnte, um schneller wieder zu stehen ist ihm offenbar nicht gekommen. Oder er hat diese Technik einfach noch nicht gemeistert, das ist natürlich genauso möglich.
"Gratuliere zum Namen, Ojaled!", versuche ich also das Eis zu brechen.
"Vielen Dank, mein Freund", gibt er lächelnd zurück. Ich grinse zurück, so gut mir die Feuermaske das erlaubt. Es geht auch einfach.
Da erscheinen Hunradil und ein Blutgolem.
Na, wer hätte das gedacht.
Moment, heißt das etwa...
Dostrian legt sofort seine Hand auf Hunradils Schulter. "Das ist Dorelem, kein Grund zur Sorge. Nein, ich weiß auch nicht, warum unsere Golems mitgekommen sind."
"Oh", ist alles, was Hunradil dazu einfällt. Er lässt seinen Blick über mich wandern. "Verdammt, das ist ein scharfer Körper. Ob das was für dich wär?" Sein Golem erhält einen Patsch auf den Rücken. Die Antwort besteht aus einer erhobenen Augenbraue.
"Mach doch mal den Wegpunkt frei...", scheucht Dostrian.
Oh nein.
Oh ja?
Oh dreimal nein.
Lixt und Golanthe erscheinen.
Lixt!
 
Mal wieder ein sehr schönes Kapitel und endlich ne neue Golemform, auch wenn unser Dorelem nicht so begeistert davon ist.

Nebenbei, beschreibt sich der Autor hier etwa selbst ein bischen? ;)

sadistischen Puppenspielers, der sich mit jedem scheinbar zufälligen Szenenwechsel neue Schrecken für seine Hauptfigur einfallen lässt.

Gruß
Maragan
 
Dorelem wirkt auf mich in dieser Form wie ein phyrexianischer Pyromane und Terminator in einem Guss, hrhr
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Die Verwandlung ist auf alle Fälle wirklich überaus detailgetreu von Statten gegangen, muss man dir lassen.
Und der Cliffhanger tut sein Übriges
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greetZ - Kicher
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Schönes Update. Ich bin gespannt wie es weiter geht. Danke für die gute Story.
 
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