Während die anderen auf den Dämonen losstürmten, konzentrierte sich Maelnar. Er zeichnete die Symbole in die Luft und sprach dazu die Worte des Fluches, der den Dämonen erhöhten Schaden erleiden lassen würde. Zum Glück würde der Dämon diesen Fluch nicht sofort bemerken, ansonsten wäre der Überraschungseffekt dahin. Inzwischen hatten der Zwerg und der Skelettmagier einen Großteil der Distanz zurückgelegt. Maelnar sah, wie sich Proxam im Laufen eines seiner selbstgebastelten Bömbchen vom Gürtel riss, wobei ihm dieses hochexplosive Beutelchen fast aus der Hand rutschte. Mit einigen hektischen Bewegungen konnte er es gerade noch verhindern, dass es auf den Boden fiel und er sich selber in die Luft jagte. In einem fließenden Übergang der Bewegung holte der Zwerg Schwung und warf den Beutel Richtung Dämon, und gleichzeitig ließ der Skelettmagier seinen ersten Feuerball los.
Beide Geschosse trafen das Monster, explodierten und rissen zwei tiefe Brandwunden in den Rücken der Kreatur. Die Arme hochreißend, stieß das Monster einen langen, markerschütternden Schrei aus, in dem Schmerz und Erstaunen mitschwangen. Mit erstaunlicher Schnelligkeit drehte es sich um, und sein Schrei wurde zu einem wütenden Brüllen, als es die Verursacher seiner Schmerzen erblickte. Maelnar und Proxam hatten sich in Erwartung des Schreies die Hände auf die Ohren geschlagen, trotzdem war es eine unglaubliche Qual. Selbst das Skelett und der Mini-Golem, der inzwischen auch herangekommen war, ließen Anzeichen von Unsicherheit erkennen.
Als der Schmerz in den Ohren nachließ, schwang Proxam seine Axt und stürmte los, um den Dämon im Nahkampf zu beschäftigen. Dabei blickte er die Kreatur nicht direkt an, da er anscheinend den Anblick des Monsters nicht ertragen konnte. Proxam wich mit erstaunlicher Geschicklichkeit, die Maelnar so nicht von ihm erwartet hätte, dem ersten Peitschenhieb der Kreatur aus und führte einen mächtigen Querhieb in Richtung des Bauches des Monsters. Doch nur die Spitze der Axt traf und führte zu einem kurzen, flachen Schnitt in dem dünnen Schuppenpanzer, was der Dämon kaum bemerkte. Proxams Schwung ließ die Axt halbkreisförmig weitersausen, und die Waffe fuhr tief in die Waffenhand des Gegners. Der Dämon brüllte auf, und Proxam ließ vor Schreck seine Axt los. Mit seiner anderen Klauenhand riss das Monster den Fremdkörper heraus und warf die Axt in hohem Bogen quer über die freie Fläche, wo sie sich in die nächste Häuserwand bohrte. Dunkelgrünes Blut aus der tiefen Wunde an der Waffenhand tropfte auf den Boden und bildete eine sich schnell vergrößernde Lache, die im Licht ölig schimmerte. Ein weiterer Schlag des Monsters mit der Peitsche, jetzt beinahe ebenso geschickt mit der linken Hand, verfehlte nur knapp den Skelettmagier, der mit einem weiteren Feuerball eine schwelende Wunde an der Seite des Dämons gerissen hatte. Der Golem rannte indessen zwischen den Beinen des Dämons umher, ständig Schläge austeilend, die den Gegner aber anscheinend nicht weiter störten.
Maelnar sah mit Erschrecken, dass sein Gefährte vorerst seiner Waffe beraubt war. Nun musste er selber den Dämon beschäftigen. Wieder konzentrierte er sich und suchte eine geeignete Stelle am Körper des Monsters, was schwierig war, da allein der Anblick des Dämons in seinen Augen schmerzte. Dann ließ er die kleinen Magiegeschosse los, welche das Monster am Kopf in Augenhöhe trafen. Sie richteten nicht viel sichtbaren Schaden an, waren aber anscheinend umso schmerzhafter, da der Dämon sich vom Skelett ab- und ihm zuwandte.
Dem nächsten Peitschenschlag konnte Maelnar, obwohl er sich rasch zur Seite warf, nicht ganz ausweichen. Das harte, raue Dämonenleder schnitt durch seinen Stiefel und hinterließ einen tiefen Schnitt in seinem Unterschenkel, der sofort zu bluten anfing. Maelnar stöhnte vor Schmerz auf. Er war sich bewusst, dass nur das feste Material seines Stiefels ihn vor Schlimmerem bewahrt hatte. Der lange Einschnitt der Peitsche auf dem Boden war zentimetertief, und der Dämon holte schon zu einem weiteren Schlag aus. Maelnar wusste, diesem würde er nicht mehr ausweichen können. Doch da war Proxam wieder heran und warf eines seiner verbliebenen Bömbchen. Doch leider explodierte dieses nicht, sondern prallte nur vom Bauch des Monsters ab und blieb auf dem Boden liegen. Maelnar und Proxam sahen sich erstaunt und erschreckt an, und der Zwerg warf rasch einen weiteren Beutel, welcher am dicken, gewölbten Bauch der Kreatur hochging und wieder eine tiefe Wunde riss, aus der neben Blut auch verschiedene Körpersäfte zu tropfen begannen. Gleichzeitig traf ein Feuerball des Skeletts die wabbelige Brust des Monsters und fraß sich bis auf die Rippen durch. Der Schmerzensschrei des Dämons ließ Maelnar und Proxam einmal mehr zusammenfahren.
Proxam war inzwischen wieder nahe am Dämon, und sein Schlag zertrümmerte der Kreatur die Kniescheibe. Aufbrüllend, jetzt vor Wut und Schmerz rasend, schlug das Monster wie ein Berserker um sich, und seine Hiebe trafen sowohl den Golem, der zu einem Häufchen Erde zerschlagen wurde, als auch Proxam. Der Zwerg stürzte aufschreiend auf den Boden und wälzte sich vor Schmerzen. Maelnar erschrak, jetzt waren nur noch er und das Skelett kampffähig, und der Dämon wandte sich ihm zu. Er hatte es inzwischen geschafft, sich zu erheben, und wartete auf den Angriff seines Gegners. Dieser holte aus und machte einen Schritt auf Maelnar zu, trat dabei aber auf den Sprengbeutel, der vorher nicht explodiert war. Doch jetzt ging die Wurfbombe hoch, anscheinend durch den Druck, den die Masse des Dämons auf das explosive Gemisch ausübte. Die Wucht der Explosion riss dem Dämon mehrere seiner Krallenzehen ab, die wie kleine Dolche durch die Luft flogen und sich in die Wände der umliegenden Häuser bohrten. Die Kreatur schwankte, konnte sich aber noch auf den Beinen halten.
Maelnar seufzte auf, der Zufall hatte ihnen in die Hände gespielt und ihn vor dem Schlag gerettet. Auch Proxam hatte sich wieder aufgerappelt, das Gesicht feucht von Schweiß und wohl auch Tränen, und lief langsam wieder auf das Monster zu. Maelnar dagegen spürte, wie ihn seine Kräfte immer schneller verließen. Sie mussten den Kampf rasch beenden, durften aber nicht mehr mit voller Wucht getroffen und dadurch möglicherweise schwer verletzt werden. Daher konzentrierte er sich ein letztes Mal und wirkte einen Fluch auf den Dämon, der diesen schwächte. Das Monster knurrte erstaunt auf, als ihm die Peitsche in der Hand schwerer wurde und ihn ein nicht geringer Teil seiner Kräfte verließen.
Dann jedoch schien es sich zu sammeln und hieb nach dem Skelettmagier, der gerade einen weiteren Feuerball abschoss. Das Skelett konnte nicht mehr ausweichen, und der Peitschenschlag zertrümmerte es vollkommen, wobei die getroffenen Knochen wie dünne Zweige brachen. Maelnar schüttelte erschöpft den Kopf, das Kampfesglück wandte sich immer mehr von ihnen ab. Sie mussten das Monster besiegen, jetzt oder nie. Da er keine Magie mehr wirken konnte, blieb nur der Nahkampf. Doch so schwach, wie er sich fühlte, würde er auch da nicht viel ausrichten können. Er musste die Kreatur irgendwie so stark verletzen, dass Proxam dann leichtes Spiel mit ihr haben würde. Er sah das Monster an. Wenn er es am Rückgrat verletzen könnte, dann würde es wohl stürzen, und die Bewegungsfreiheit wäre stark eingeschränkt.
Maelnar musterte den Dämon, und er fand eine Stelle, an der ein früherer Feuerball eine tiefe Wunde in der Mitte des Rückens verursacht hatte. Ihm schien es sogar, als wenn er dort ein Stück weißen Wirbel blinken sehen würde. Trotzdem war ihm bewusst, dass dieses Vorhaben ziemlich schwierig war, da sich diese Stelle fast außerhalb seiner Reichweite befand und der Dämon sich ständig bewegte, so dass das Zielen beinahe unmöglich war.
Maelnar holte mehrmals tief Luft und sammelte seine letzten Kräfte. Dann hob er seinen Beschwörerstab und lief los, humpelnd und schwankend, doch immer schneller werdend. Anscheinend bemerkte der Dämon ihn nicht, sondern schlug immer wieder nach dem Zwerg. Dafür tat es aber Proxam, der zu erraten schien, was Maelnar vorhatte, da er durch veränderte Ausweichbewegungen versuchte, die Kreatur ruhig auf einer Stelle zu halten. Maelnar keuchte inzwischen und stolperte beinahe, da die Schmerzen von den Wunden an seiner Seite und am Bein überhand zu nehmen drohten. Doch er hatte das Monster jetzt fast erreicht. Im Laufen streckte er sich und hielt den Stab hoch über den Kopf, was neue Schmerzwellen durch seinen Körper schickte. Mit aller verbliebenen Kraft stieß er den spitzen Stab in Wunde und prallte selbst gegen den Dämon, seine Waffe noch immer fest umklammert. Maelnar hörte Wirbel brechen und sah, dass das Rückenmark fast durchtrennt wurde.
Die Reaktion der Kreatur war im wahrsten Sinne des Wortes ohrenbetäubend. Der Schrei, der sich in ein wildes Heulen und Kreischen steigerte, war schrecklicher als alles, was Maelnar je gehört hatte, und er wusste, dass er ihn und Proxam bis in alle Ewigkeit verfolgen würde. Der Dämon stand noch einen Augenblick aufrecht, wie paralysiert, und brach dann zusammen, als seine Beine unter ihm nachgaben. Der Aufprall ließ die Erde erschüttern und schüttelte die Umgebung wie ein Erdbeben durch. Maelnar, der noch immer an seinem Stab hing, landete auf dem stinkenden Dämon und spürte, wie die Erschütterungen durch dessen Körper liefen und alles heftig wabbeln ließ.
Durch den Schrei und den nachfolgenden Aufprall verlor Maelnar fast das Bewusstsein. Er kämpfte dagegen an und spürte, wie die Kreatur versuchte, sich wieder aufzurichten. Maelnar erkannte, dass das Monster noch immer eine beträchtliche Gefahr darstellte, da es die Peitsche noch immer benutzen konnte. Zum Glück erkannte dies auch Proxam, der angerannt kam und dem Monster zunächst mit einem Schlag die Hand abtrennte. Ein zweiter Schlag, der auf den Schädel des Monsters gerichtet war, rutschte jedoch an der harten Kopfhaut ab und riss stattdessen ein Ohr ab. Proxam holte nochmals aus und schlug in einem besser gezielten Hieb dem Dämon den Schädel ein. Maelnar bekam kaum noch mit, wie Blut, Knochen- und Hirnfetzen durch die Luft flogen, und wie der Dämon erzitternd und mit einem grässlichen letzten Schrei sein Leben aushauchte. Er war vollkommen erschöpft, er zitterte am ganzen Körper, und die nahende Bewusstlosigkeit ließ sein Blickfeld immer kleiner werden. Das letzte, was er erkennen konnte, war, dass viele der Monster, die die Kirche angegriffen hatten, nun verwirrt durch die Gegend liefen. Das ließ in ihm ein Gefühl der Erleichterung entstehen, und endlich konnte er sich der Ohnmacht hingeben. Schlafen, nur schlafen…