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--- das 2. diablo2.de foren-rpg ---

Reoth war früher wach, als die meisten der in der Kirche Schutz Suchenden. Bereits vor Morgengrauen ist er geweckt worden, von einem der Heiler. Man sagte ihm, ein ungewöhnlich schwer Verletzter sei eben noch hereingetragen worden, von dem man nicht so recht wusste wie man ihn behandeln solle.
Reoth stand also auf und ließ sich zu der besagten Person führen. Es war ein junger, in dunklen Sachen gekleideter Mann mit Wunden die er nur allzu gut kannte: Wunden die von einem Kampf mit einem Overlord herrühren. Das deutlichste Zeichen hierfür war der lange Peitschenstriemen. Er begann ohne Umschweife mit der Behandlung und spürte, wie die seelische Last dieses Kampfes noch auf der Seele des jungen Mannes lag. 'Er wird noch lange an diesem Kampf zu nagen haben' ging es Reoth durch den Kopf.

"Wer hat ihn hier her getragen?"

Man deutete auf einen schlafenden Bogenschützen ganz in der Nähe.

"Kennt jemand seinen Namen?"

Schweigen verneinte Reoths Frage. Er wandte sich wieder seinem Patienten zu. Lange sah er ihm ins Gesicht, konnte erahnen wie jugendlich der vor ihm liegende mal aussah, ungebeugt von dem Kampf am Vortag. Doch nun war er gealtert, um Jahre. Doch das Bild wurde jäh unterbrochen als Reoths Patient die Augen aufschlug, die noch so voll von jugendlichem Enthusiasmus waren.

"Das war wahrlich eine Heldentat, die Ihr da vollbracht habt." begann Reoth in anzusprechen "Es freut mich zu sehen, dass Ihr einigermaßen unbeschadet davongekommen seid. Mit diesen Overlords ist nicht zu spaßen. Das habe ich selbst einmal erleben müssen."

Wieder kehrte Reoths Erinnerung zurück. Aber nur kurz, immerhin wollte er endlich den Namen ihres vermeindliches Retters erfahren.

"Ich nehme an, dass Ihr ein Totenbeschwörer seid." Die Aura, die beim Erwachen geradezu explodierte, verrieten ihn. Sein Gegenüber nickte

"Woher wisst Ihr…?"

"Nun, ich habe schon viele verschiedene Kämpfer und Magier gesehen. Dank Eures Engagements wurden die Dämonen zurückgeschlagen. Auch wenn noch einige durch die Gassen ziehen mögen, die meisten sind besiegt." erklärte Reoth, während er sich nochmal um die Verbände kümmerte.

"Mein Name ist übrigens Reoth." ergänzte er schließlich nach einer kurzen Pause, in der Hoffnung endlich den Namen zu erfahren. Doch er wurde enttäuscht. Offensichtlich waren dem Jungspunt vor ihm noch nicht die Vorteile von Höflichkeit auf seiner Reise bewusst geworden. Der Totenbeschwörer wandte seinen Blick ab von ihm und ließ ihn durch die Kirche schweifen, wobei er sich ein wenig aufsetzte. Reoth folgte seinem Blick und wartete seine Reaktionen ab, immer darauf bedacht ihn wieder in ein Gespräch verwickeln zu können. Nachdem er für kurze Zeit den Ritter gemustert hatte, ließ er sich wieder zurücksinken und sein Blick kreuzte wieder den von Reoth. Beunruhigung stand darin.

'Kann er es auch spüren, so jung wie er ist?' ging es Reoth durch den Kopf. Sein Blick ließ darauf schließen, doch Reoth musste sichergehen.

"Ihr könnt es auch spüren nicht wahr?" flüsterte er. Er wollte nicht allzu viele Blicke auf den Ritter lenken, denn er glaubte immer noch dass nur wenige diese dunkle Magie spürten und dieser vor ihm dies wohl auf Grund seiner Studiuen bezüglich des Rathma-Kults konnte.

"Wisst Ihr, was das zu bedeuten hat? Ich meine, er ist ein Kämpfer, und er macht auf mich einen ehrlichen Eindruck. Wieso hat er dann diese dunkle Magie an sich?" Reoth zuckte mit den Schultern.

"Ich weiß es auch nicht, aber ich werde ihn im Auge behalten. Wie dem auch sei, Ihr solltet versuchen, rasch wieder auf die Beine zu kommen. Es ist geplant, dass die Einwohner des Ortes zusammen mit einer Eskorte von Kriegern nach Dor Gulin ziehen, da sie sich hier nicht mehr sicher fühlen. Kommt, ich helfe Euch aufzustehen."

Vorsichtig half er ihm auf. Er war noch wackelig auf den Beinen, konnte sich aber einigermaßen halten. Als er sich jedoch vollends aufrichten wollte, hatte er offensichtlich wieder Schmerzen und setzte sich wieder.

"Wieso haben die Dämonen eigentlich das Dorf angegriffen? Gibt es hier etwas Besonderes, was sich für die dunklen Mächte lohnt, mit solch einer Armee zu kommen?" fing der Totenbeschwörer das Gespräch wieder an.

"Nach meinem Wissen hat der Ort hier nichts Besonderes. Es ist schon sehr seltsam, dass die Dämonen gerade jetzt den Ort überfallen haben, wo doch das alljährliche Turnier stattfinden sollte und viele Krieger hier anwesend waren." Reoth hatte in der Tat keine Ahnung, diese Frage hatte ihn die Nacht über auch schon beschäftigt, doch hatte er keine Antwort darauf finden können.

"Es muss etwas sein, das ungeheuer wichtig für das Chaos ist, und was nur jetzt hier ist. Aber was soll das sein?" murmelte er weiter. Fragend schaute er Reoth an, doch der zuckte mit den Schultern.

"Na, vielleicht kommt Ihr noch von selbst drauf. Ich muss mich jetzt um andere Leute kümmern."

Es war in der Tat noch viel zu tun. Viele Verletzte mussten für den Transport fertiggemacht werden und auch wenn die meisten Krieger und Magier bereits fertig waren, so versuchten doch noch viele Dorfbewohner in ihrem einstiegen zu Hause etwas zu finden, dass vielleicht noch zu gebrauchen ist.
 
Endlich war die Nacht vorbei, stellte der Ritter erleichtert fest, als die ersten fahlen Sonnenstrahlen durch die Kirchenfenster drangen und farbenprächtige Muster auf den Boden und die darauf Schlafenden warfen. Einige Heiler waren auch schon (oder noch immer) auf den Beinen, um ihre Schützlinge zu pflegen und auf die Reise vorzubereiten. Die Meisten schliefen jedoch noch tief und fest, wie sie es nach den gestrigen Ereignissen auch mehr als verdient hatten.
Halbherzig unterdrückte er ein Gähnen und rollte die Karte zusammen, die er beim Herumstöbern in der Sakristei gefunden hatte. Wenigstens hatte er so die Zeit bis zum Morgengrauen totschlagen können, ohne Gefahr zu laufen, einzuschlafen.
Auf dem Weg zurück zu seinem Pferd wurde er jedoch von einer kleinen Gestalt aufgehalten, die der Ritter erst nach ein paar Sekunden als Ulrich erkannte. Der junge Mann wollte offenbar in die Planung der Reise miteinbezogen werden, und da das hier keine regulären Soldaten waren, blieb dem Ritter nichts anderes übrig, als Ulrich zu erzählen, was er vorhatte.
Ein großer Fehler, wie sich herausstellte.
Was? Ihr wollt durch den Wald? Seid Ihr wahnsinnig, dort spukt es doch!“ Ulrichs Begeisterung schien sich ziemlich in Grenzen zu halten, doch der Ritter tat seine Bedenken mit einer wegwerfenden Handbewegung ab.
„Pah, Spuk. Wenn das unsere geringste Sorge wäre, könnten wir uns glücklich schätzen.“

Unterdessen wird die kleine Gruppe vor der Kirche schon von der aufgehenden Sonne gewärmt. Norolind steht auf und zieht sich in die Kirche zurück in der Hoffnung, daß es dort etwas kühler ist, Aurora dicht auf dem Fuße.

Ainu schlendert ein wenig in der Kirche umher, bleibt jedoch stehen, als er den Ritter entdeckt und guckt diesen eine Weile seltsam an. Nach einer Zeit gesellt er sich dann zu den beiden Männern, die gerade im Begriff zu stehen scheinen, eine handfeste Diskussion vom Zaun zu brechen.
"Nun wie es aussieht, plant Ihr grade unsere Marschroute?", fragt Ainu, als er die Karte in den Händen des Ritters bemerkt.
"Da habt Ihr recht“, nickt dieser. „Ihr kennt Euch nicht zufällig hier in der Gegend gut aus?"
Ainu: "Nun ich bin in den letzten Tagen hier ein wenig rumgewandert, aber nein, wirklich gut kenne ich mich nicht aus."
Ulrich, leicht aufgebracht: "Erklärt ihm doch, daß wir nicht durch den Wald gehen können! Dort spukt es!"
Ritter: "Pah. Aber wahrscheinlich denken die anderen Dorfbewohner auch so..."
Aurora: „Was ist denn hier los?“
Ainu, zu Ulrich gewandt: "Wovon sprecht Ihr?“
Aurora: "Ich habe bereits Geister gesehen und weiß sehr wohl, daß es sie gibt!"
Ulrich, leicht gekränkt: "Da seht Ihr es!"
In diesem Moment kommt Maelnar angehumpelt und meint leise zu sich: „Die reden von Geistern? Interessant.“
Ritter zu Ulrich: "Wollt Ihr Euch lieber von den Dämonen zerfleischen lassen, als es mit ein paar imaginären Gespenstern aufzunehmen?" Das durfte doch nicht wahr sein – diskutierten sie gerade ernsthaft über die Existenz von Spukgeistern?
Ainu: "Nun, ich weiß zwar nicht, was Ihr bisher geplant habt, aber ich glaube nicht, daß Ihr alle Dämonen getötet habt, die das Dorf angegriffen haben. Uns wird nicht viel anderes übrigbleiben, als im Wald Schutz zu suchen."
Der Ritter nickt zustimmend, Ulrich jedoch sieht immer noch unglücklich drein.
Maelnar: "Im Wald kommen wir aber nicht so rasch voran, oder?"
Ulrich: „Ob nun Geister oder Tatzelwürmer, jedenfalls spukt es in diesem Wald!“
Aurora: "Inwiefern? Spuk oder nicht Spuk, ich denke, daß der Wald sicherer ist."
Norolind will sich grade an eine Säule lehnen, als er die Diskussion bemerkt. „Entschuldigt, aber Euer Gespräch ist nicht zu überhören. Worum geht es?"
Ritter, zum neu hinzugekommenen Norolind gewandt: "Ihr glaubt doch nicht etwa auch an Gespenster und solchen Unsinn, oder?"
Norolind: "Ich glaube nichts, was ich nicht sehe."
Ainu, an den Ritter gewandt: „Ihr solltet die Existenz von Übernatürlichem nicht mit so beiläufigen Worten abtun!“
Aurora: "Notfalls können wir ja immer noch auf die Straße ausweichen."
Norolind zu Aurora: "Das wäre keine gute Idee"
Ritter: "Die Straße sollten wir so weit es geht meiden... es gibt auch noch andere Gefahren als nur die Dämonen. Wegelagerer zum Beispiel."
Ulrich: „Mir sind Wegelagerer immer noch lieber als Geister!“
Ein anderer Dorfbewohner mischt sich ein: "Genau, wir sollten diesen verfluchten Wald meiden!"
Norolind: "Allerdings wäre der Weg durch den Wald um einiges kürzer."
Ritter: "Im Wald können wir notfalls rasch in Deckung gehen, und wie Ihr auf der Karte erkennen könnt, führt ein Fluß einen guten Teil der Strecke durch den Wald."
Norolind überlegt kurz. „Wie weit ist es von hier aus nach Dor Gulin?"
Ulrich: "Auf der Straße dauert es knapp zwei Tagesreisen, aber durch den Wald brauchen wir bestimmt noch länger"
Ritter: "Wir können es uns einfach nicht leisten, noch einmal auf die Dämonen zu treffen, und sie werden bestimmt nicht durch den Wald ziehen, glaubt mir."
Aurora zu Norolind: "Warum sollte das keine gute Idee sein? Der Wald ist meiner Meinung nach sicherer."
Norolind zu Aurora: "Der Weg durch den Wald wäre kürzer und sicherer. Genau das meine ich."
Ritter: "Dann sind wir uns ja einig." Wirft einen genervten Blick zu Ulrich.
Ainu: „Mal ganz abgesehen von Geistern. Der Weg durch den Wald ist alles andere als einfach. Meint Ihr, wir können ihn den Kranken und Verletzten zumuten ?"
Norolind zu Ulrich: "Ich kenne einen Weg, für den wir vielleicht nur einen Tag brauchen würden..."
Ainu: „Im Wald werden wir aber alles andere als schnell vorankommen.“
Norolind: "Ihr vielleicht. Ich habe keine Probleme damit."
Ritter, mißtrauisch: "Was für einen Weg meint Ihr? Wie soll das gehen?"
Ainu, an Norolind gewandt: „Nun, ich denke auch, Ihr wollt die Dorfbewohner begleiten, oder nicht?“
Norolind: „Natürlich.“
Ainu: „Dann werdet Ihr aber auch nicht schneller vorankommen als die Alten und die Kinder.“
Maelnar: "Wir sollten auf die Bedürfnisse der Dorfbewohner achten. Schließlich sollen wir sie eskortieren, wenn ich richtig verstanden habe."
Der Ritter nickt zustimmend, während Norolind nachdenklich meint: „Stimmt, daran habe ich nicht gedacht.“
Maelnar: "Was ich sagen will, es ist wohl besser durch den Wald, auch wenn wir nicht so schnell vorankommen."
Ritter: "Mit all den Verwundeten werden wir wahrscheinlich noch länger als drei Tage brauchen..."
Maelnar schwitzt unter den Blicken.
Aurora: "Auf der Straße besteht die Gefahr, daß wir von Dämonen eingeholt werden oder auf Räuber treffen."
Norolind stimmt Aurora zu.
Ulrich schaut unglücklich drein. Offensichtlich ist er überstimmt, wagt jedoch noch einen letzten Versuch. „Die Dämonen können uns genau so gut im Wald jagen, nur daß wir da auch noch mit Gespenstern zu kämpfen haben!“
Ritter: "Die Dämonen werden uns eben nicht in den Wald folgen. Dämonen nehmen immer den leichtesten Weg..."
Norolind: "Darf ich mal einen Blick auf die Karte werfen?"
Der Ritter reicht Norolind leicht abwesend das betreffende Papier: "Bitte."
Maelnar wirft einen Blick über Norolinds Schulter auf die Karte, während dieser ebenfalls konzentriert darauf starrt.
Ainu: "Nun, wenn wir einmal außer Acht lassen, ob die Geister existieren oder nicht, wie gedenkt Ihr denn die Dorfbewohner dazu zu bringen, durch den Wald zu ziehen?"
Ritter: "Sie werden eben einsehen müssen, daß wir uns nicht noch einmal von den Dämonen erwischen lassen können, ganz einfach."
Aurora: "Was für Landschaften liegen zwischen hier und Dor Gulin? Wenn ein Fluß durch den Wald fließt, müssen wir die Route so planen, daß wir eine Stelle finden, wo wir diesen überqueren können."
Lilly betritt die Kirche und sieht die Gruppe um den Ritter sich um eine Karte sammeln. Sie gesellt sich dazu.
Ainu guckt den Ritter eine Weile an: „Ich hätte gedacht, Ihr hättet mehr Erfahrung mit Dämonen. Dämonen sind nämlich nie sehr erfreut über Niederlagen."
Ritter: "Das mag schon sein, aber sie werden nicht damit rechnen, daß wir durch den Wald ziehen."
Ainu: „Die Dämonen werden zu ihrem Meister zurückkehren und dann beginnen, uns zu jagen. Sie werden sich rächen wollen, glaubt mir. Selbst ein Dämon wird unsere Spuren finden."
Ritter: "Natürlich kommen sie zurück, das ist ja der Grund, warum wir von hier verschwinden müssen. Und zwar schnell."
Aurora: "Dann ist die Frage, ob wir mit den Verwundeten auf der Straße nicht viel schneller vorwärts kommen, oder ob die Gefahr doch zu groß ist..."
Norolind zu allen: "Sehen wir uns das hier mal an..."
Ainu: "Was denn?"
Lilly zu der Gruppe: "Plant Ihr die Reisestrecke?"
Maelnar: "Ja, wir sind soweit, daß wir wohl durch den Wald ziehen werden. Kennt Ihr Euch hier in der Umgebung aus?"
Lilly: "Nein, ich bin über die Straße angereist und ich fände es angebrachter, wenn wir auch über diese zurückreisen."
Norolind hält die Karte so, daß alle draufsehen können. "Sehen wir uns mal den Weg an. Er windet sich wie einer verwundete Schlange."
Aurora: "Also wir sind hier und Dor Gulin ist... ähm, ist hier."
Norolind: "Diese ganzen Windungen sind Hindernisse, die wir uns nicht leisten können.“
Dorfbewohner: "Nun, soweit war uns das bisher auch schon klar.“
Lilly: "Der Weg durch den Wald ist zu lang und gefährlich, wir haben viele Verletzte und ich glaube nicht, daß viele die Strapazen überstehen werden. Wir können uns keine unnötigen Verzögerungen leisten."
Ritter, inzwischen schon etwas gereizt: "Der Wald ist aber die einzige halbwegs sichere Möglichkeit."
Norolind deutet auf besagten Wald. "Hier hätten wir keinen Weg, an den wir uns halten müssen. Wir könnten einfach geradeaus laufen."
Ainu: „Auf der Straße kommen wir so oder so schneller voran.“
Norolind: "Der Weg durch den Wald könnte etwas anstrengender werden, aber selbst wenn wir langsamer wären als auf der Straße, sind wir immer noch schneller am Ziel."
Ritter: "Und Ihr müßt auch bedenken, daß wir auf der Straße unsere eigenen Wasservorräte auch noch mitführen müßten, während wir im Wald auf den Fluß hier zurückgreifen können."
Lilly: "Ich wäre dafür, die Strasse zu nehmen, der Wald bedeutet einen zu großen Umweg und unsere Fernkämpfer sind im Wald so gut wie nutzlos."
Norolind: „Nicht unbedingt. Der Wald bietet genug Schlupfwinkel, aus denen die Fernkämpfer überraschend zuschlagen könnten."
Lilly: "Dafür wird das Zielen ungleich schwieriger, außerdem können sich die Dämonen im Wald besser tarnen und wir könnten schwer einschätzen, mit wie vielen Gegnern wir es zu tun haben."
Norolind lächelt kurz. „Die Tarnung wird ihnen nichts nützen, wenn sie eine Klinge im Rücken haben.“
Der Ritter unterdrückt ein Seufzen. Offenbar ist er es nicht gewohnt, daß seine Autorität so offen in Frage gestellt wird. Aber was will man machen? Es sind schließlich alles Zivilisten.
Maelnar zu Lilly: "Außerdem, im Wald kann man sich notfalls auch gut verteilen und verstecken."
Ainu: "Die Dämonen sind uns sowohl auf der Straße als auch im Wald überlegen. Die Frage ist eher, wo wir länger überleben."
Norolind: „Wie schon gesagt, auf der Straße wären wir ihnen schutzlos ausgeliefert.“
Ritter, nachdrücklich: "Eben."
Lilly: "Ich sage auf der Strasse. Da können wir unsere Fernkämpfer effektiver einsetzen und haben einen besseren Überblick über die Stärke unserer Angreifer."
Ainu: „Auf der Straße wären wir ihnen aber nicht so lange ausgeliefert...“
Norolind: „Das ist war. Weil wir dort schneller sterben würden...“
Ainu: „Sterben werden wir im Wald auch nicht viel langsamer...“
Lilly: "Zudem geht es deutlich schneller, allein aufgrund der schweren Verletzungen vieler Menschen können wir uns keine Verzögerungen leisten."
Ritter: "Die Straße führt aber hier zum Beispiel durch ein kleines Stück des Waldes - ein idealer Hinterhalt..."
Lilly: "Ein Hinterhalt ist kein Hinterhalt mehr, wenn wir ihn erwarten."
Ritter, genervt: "Mit den ganzen Verwundeten?"
Aurora: "Ein erwarteter Hinterhalt bringt uns auch nichts, wenn wir in der Unterzahl sind."
Ainu: „Sobald die Dämonen im Wald unsere Fährte aufgenommen haben, werden sie uns schnell eingeholt haben. Und dann haben wir auch dort keine Chance mehr.“ Ritter: "Wir können uns sowieso keine neue Konfrontation mehr leisten."
Ulrich: „Genau deswegen sollten wir möglichst schnell in Dor Gulin ankommen.“
Lilly: "Mit einigen versprengten Teilen der Dämonen werden wir fertig, nur ist es egal, ob wir einem massiven Angriff im Wald oder auf der Strasse begegnen."
Norolind: „Sehen wir es mal aus einer anderen Perspektive: Was erwarten die Dämonen wohl am ehesten?“
Aurora: "Daß wir auf der Straße langlaufen."
Lilly: "Einen massiven Angriff überleben wir nicht, egal ob im Wald oder auf der Strasse, deswegen sollten wir die schnellere Straße bevorzugen."
Ainu: „Die Dämonen erwarten gar nichts.“
Norolind: „Seid Ihr Euch da so sicher?“
Ainu: „Sie werden hierhin zurückkommen und dann unsere Spuren verfolgen. Sie werden auf der suche nach ihrem Anführer sein, und wenn sie den schon gefunden haben sollten, dann ist es sowieso egal, wo lang wir ziehen.“
Ritter: "Nuuun, wir könnten natürlich die Spuren verwischen, indem wir durch den Fluß waten... ich weiß aber nicht, wie tief er an dieser Strecke ist..."
Maelnar: "Gute Idee. Wir könnten ja eine falsche Fährte legen..."
Norolind: „Das gefällt mir. Erzählt mir mehr.“
Ritter: "Hmmm, wie wollt Ihr das anstellen? Dafür müßte jemand einen ziemlichen Umweg machen..."
Lilly: "Wir könnten eine kleine Gruppe schneller Kämpfer durch den Wald laufen lassen, um eine falsche Fährte zu legen, während der Haupttreck die Strasse nimmt..."
Ainu: „Die Idee ist gar nicht schlecht. Die Kämpfer und Krieger werden ohnehin ein ganzes Stück schneller sein als die Dorfbwohner.“
Der Ritter nickt langsam. Endlich kommt die Diskussion zu einem Ergebnis.
Ainu: „Wenn wir also die Dorfbewohner ein Stück durch den Fluss schicken und sie dann durch den Wald gehen...“
Aurora: „Wir können im Wald Späher vorschicken.“
Lilly: "Trotzdem werden wir Schutz für die Verwundeten benötigen, wir können nicht alle Kämpfer entbehren."
Ainu: „Das ist klar, aber auch eine kleine Gruppe kann, wenn sie es darauf anlegt, sehr viele falsche Spuren legen.“
Norolind: „Diese Idee gefällt mir.“
Maelnar: "Daß eine Gruppe schneller Kämpfer auf der Straße langläuft und dann zurückkommt..."
Aurora: „Gute Idee - und wer geht freiwillig die Straße lang mitten in einen Dämonenhinterhalt?“
Norolind: „Ich wäre jederzeit bereit dieses Wagnis einzugehen.“
Aurora: „Und wer noch?“
Ainu: „Die Kämpfer müssen ja nicht den ganzen Weg auf der Straße zurücklegen.“
Lilly, an Norolind gewandt: "Ich würde mitkommen, im Wald sind meine Fähigkeiten nutzlos."
Ritter: "Wir brauchen ein oder zwei gute Späher für den Trupp auf der Straße, dann können sie rechtzeitig umkehren, wenn Gefahr besteht."
Ainu: „Es reicht, wenn sie in der Nähe des Waldes durchs Feld ziehen, ein paar Spuren legen und dann nach einer Zeit im Wald verschwinden.“
Maelnar zu Lilly: "Tschuldigung... Ich bin übrigens Maelnar."
Lilly: "Freut mich, Eure Bekanntschaft zu machen."
Maelnar: "Danke, mich ebenfalls."
Ainu: „Die Kämpfer sollten nicht auf der Straße gehen, denn die führt durch einige Waldstücke.“
Ritter: "Hm, aber wir sollten ihre Aufmerksamkeit nicht allzusehr auf den Wald lenken..."
Ainu: „Es wäre besser, wenn sich die Kämpfer auf offenem Feld zeigen.“
Aurora: „Ein kleiner Trupp könnte sich an etwaigen Hinterhalten vorbeischleichen. Hm schleichen - ich glaube, ich schließe mich der Gruppe an, die die falschen Spuren legt.“
Ainu: „Nun, ich denke, wenn die Kämpfer genug Spuren hinterlassen und die Dorfbewohner möglichst keine, dann werden die Dämonen nicht auf die Idee kommen, daß wir uns aufteilen.“
Maelnar zu Lilly: "Ihr seid auch eine Magierin, oder?"
Lilly: "Ja, und Ihr seht aus wie ein Totenbeschwörer."
Ritter: "Entschuldigung." Er nimmt sich nochmal die Karte. "Hier, auf den Feldern neben dem Dorf wäre eine gute Stelle, um die Spuren zu legen."
Ainu: „Ein kleiner schneller Trupp sollte den Dämonen in fast jedem Fall entkommen, denn die Dämonen sind nicht unbedingt sonderlich gut organisiert, wie bekannt ist.“
Aurora: „Hm, die Straße - mit dem Tod als Gewißheit, geringe Chance auf Erfolg... worauf warten wir eigentlich noch?“
Norolind: „Ich werde mich dem Trupp auf der Straße anschließen. Was hab ich schon zu verlieren?“
Aurora: „Euer leben?“
Norolind zu Aurora: „Es gibt Schlimmeres...“
Ainu: „So schlecht sollten die Chancen für die Kämpfer gar nicht stehen, wenn sie nicht grade über ihre eigenen Füße stolpern.“
Ritter: "Gut, dann brauchen wir nur noch ein paar Späher..."
Lilly: "Ich biete euch meine Dienste als Späher an. Ich vermag mich unsichtbar zu machen, ich denke, das könnte gute Dienste leisten."
Ainu an Lilly gewandt: „Nun, dann werdet Ihr fast unentbehrlich sein.“
Ritter: "In der Tat..." Er mustert Norolind und Aurora nachdenklich.
Norolind: „Was starrt ihr mich so an?“ Er wirft seine Haare zurück, sodaß seine Ohren zu sehen sind.
Ainu: „Oh ein Elf in dieser Gegend ... So etwas sieht man selten."
Aurora: „Nur weil ihr eine Magierin seid, solltet Ihr euch nicht den Strapazen des Waldes aussetzen.“
Ainu: „Könnt Ihr als Magierin, die Ihr ja offensichtlich seid, auch teleportieren?“
Lilly: "Nein, das vermag ich nicht. Ich kann anders als viele Magierinnen meiner Zunft auch nicht fliegen, aber ich beherrsche einen Sprungzauber."
Ainu: „Nun, das ist auch nicht schlecht.“
Lilly zu Aurora in giftigem Tonfall: "Ich danke Euch, aber ich weiß, was ich mir zumuten kann."
Aurora: „Könnt Ihr im Wald überhaupt eure Blitzmagie einsetzen? Ich meine, ein Blitz in die Baumkronen wird nicht gerade der Tarnung dienen.“
Lilly: "Nein, aber wenn ich diese einsetzen muß, bin ich sehr wahrscheinlich tot. Die Unsichtbarkeit wird mir gute Dienste leisten."
Der Ritter verdreht die Augen, hält sich aber ansonsten zurück.
Norolind wartet geduldig ab.
Maelnar: "Ich werde jedenfalls durch den Wald gehen. Ich bin noch nicht ganz wiederhergestellt."
Ainu: „Was ist denn mit Euch, Ritter? Wo werdet Ihr mitgehen?“
Ritter: "Gute Frage. Ich nehme an, die Dorfbewohner werden einen Führer brauchen, bei all dem Aberglauben..."
Ulrich schaut beleidigt drein und sieht endlich wieder eine Gelegenheit, sich einzumischen. "Das ist kein Aberglaube, Ihr werdet schon sehen."
Maelnar: "Und ich kenne einen Bogenschützen, der vielleicht mit uns durch den Wald zieht..."
Lilly studiert noch mal die Karte.
Norolind zu Ulrich: „Hast du in deinem Leben schonmal einen Geist gesehn?“
Ulrich: „Nein aber ich habe schon mein ganzes Leben lang neben diesem Wald gewohnt.“
Norolind: „Woher willst du dann über ihre Existenz wissen?“
Ulrich: „Wenn Ihr auch nur eine Woche hier leben müßtet, wüßtet Ihr es.“
Norolind: „Jemand hat dir das in den Kopf gesetzt, nicht wahr?“
Ulrich: "Jemand? Ihr braucht nur im Dorf herumzufragen, sie wissen es alle."
Norolind: „Das dachte ich mir. Ich geb’ dir einen guten Rat: Glaube niemals das, was man dir erzählt und bilde dir eine eigene Meinung...“
Ulrich, finster: "Jetzt bleibt mir ja nichts anderes übrig... Aber behauptet nachher nicht, ich hätte es Euch nicht vorher gesagt." Er macht sich beleidigt davon.
Ainu leiser zum Ritter: "Ich frage nur, weil ich annehme, daß wir vielleicht doch einmal miteinander reden sollten.“
Der Ritter schaut überrascht drein. "Weshalb sollten wir reden?"
Ainu: „Nun... das ist schwer zu sagen. Sagen wir, ein Bekannter von mir will Euch vergeben.“
Der Ritter scheint leicht irritiert zu sein: "Was? Wovon zum Teufel redet Ihr?"
Ainu: „Das ist ohne Weiteres schwer zu erklären...“
Ritter: "Nun ja. Ihr werdet ja bald genug Zeit haben, mir das zu erklären..."
Ainu: "Das will ich doch hoffen."
Aurora: „In Ordnung, also ziehen die Dorfbewohner durch den Wald und ich gehe mit diesem... äh, diesem Selbstmordkommando über die Straße?“ Zu sich selbst: „Ich und meine große Klappe.“
Ainu: „So sieht es aus.“
Der Ritter wirft Ainu noch einen seltsamen Blick zu und meint dann, an alle gewandt: "Dann steht das also fest. Wir sollten keine weitere Zeit mehr verlieren"
Maelnar: "Dann werden wir demnächst aufbrechen?"
Ainu: „Genau. Wir sollten uns beeilen, loszukommen.“
Lilly: "Wir haben keine Zeit zu verlieren. Mit jeder Stunde, die verstreicht, wird die Gefahr größer."
Ainu: „Nun, ich werde mich dann auf die Reise vorbereiten.“ Er entfernt sich.
Norolind: „Kann mir jemand sagen, wo ich hier noch etwas Eßbares finden kann? Mein proviant wurde mir abgenommen.“
Lilly: "Ich werde versuchen, noch jemanden für den Spähtrupp zu überreden.“ Zu Norolind gewandt: "In einem der Häuser ist die Vorratskammer unbeschädigt, da bin ich vorhin gewesen. Versucht dort euer Glück."
„In Ordnung, vielen Dank.“ Norolind verläßt dir Kirche.
Maelnar: "Na gut. Ich habe noch etwas zu erledigen. Und etwas Proviant könnte ich auch noch gebrauchen. Dann bis später." Er folgt Norolind hinaus.
Lilly entfernt sich Richtung Saphir.
Ritter zu Aurora, bevor sie auch noch geht: "Ihr solltet besser keinen Streit anfangen. Sowas können wir uns jetzt nicht leisten." Wirft bedeutsamen blick zu Lilly.
Aurora: „Keine Sorge.“
Der Ritter schaut sehr wohl leicht besorgt drein, sagt aber nichts mehr und nickt nur.
Norolind kommt nach kurzer Zeit mit einigem essbaren Material zurück und meint leise zu sich selbst, aber für die anderen hörbar: „Das sollte reichen... jetzt muß ich nur noch einen kleinen Kochtopf oder sowas auftreiben...“
 
Ugo versuchte so unauffällig wie möglich neben dem kleinen Weihwasserbecken zu stehen und sah sich immer wieder nervös um. Als er sah dass niemand hinsah, tunkte er blitzschnell den Becher hinein und schöpfte etwas von dem Wasser, und war in diesem Moment mehr als froh, nicht dem Glauben anzugehören dem diese Kirche geweiht war. Das leise glucksende Geräusch, das das Wasser machte als er den Becher herauszog, war nach seinen schuldbewussten Ohren viel zu laut, und er ging sofort verstohlen von dem kleinen Becken weg.

Was für eine Wahl blieb ihm denn auch? Nach draussen zu gehen wagte er sich noch nicht wirklich, bei der noch niedrig stehenden Sonne und all den Leichenteilen, und mit irgendetwas musste er ja die Seife zum Rasieren anrühren.
So sorglos scheinend wie möglich marschierte er zu seinem Lager zurück. Der junge Totenbeschwörer war wohl trotz seines nicht unbedenklichen Zustandes aufgestanden und irgendwo hin gewandert, Ugo würde ihn nachher suchen gehen. Er schnappte sich den kleinen Kulturbeutel aus seinem Reisegepäck und ging damit, den Becher hinter dem Beutel versteckend, in die Sakristei.
Das Holz roch hier noch nach hineingebeiztem Weihrauch. Auf einem Tisch mitten in dem kleinen Raum gleich hinter der Sakristeitür legte Ugo seine Sachen nieder, zog einen kleinen Spiegel aus dem Kulturbeutel, danach ein Stück Seife, auf dem er mit dem Weihwasser ein wenig Schaum anrührte und ihn sich ins Gesicht schmierte. Jeder Bartstoppel erzeugte dabei ein leises schabendes Geräusch.
„Mal sehen, für welche Route wir uns nachher entscheiden“ grübelte er, während er sein Rasiermesser aus dem Beutel zog, es aufklappte und die allmorgentliche Prozedur begann. „Ich hoffe wir gehen durch den Wald, bei dem vielen Sonnenlicht seh ich – AU!“
Ugo hatte sich geschnitten, ein kleiner roter Streifen mitten auf der linken Backe. Seife war in der Wunde und brannte.
„Blöder Mist... hm, ich werde wohl nachher mal diesen Herrn mit der Rüstung ansprechen, querfeldein zu gehen wäre nicht die Bes- AUA!!!“
Diesmal war es zuerst ein Sonnenstrahl, der urplötzlich durch ein Fenster in die Sakristei genau in Ugos Gesicht reflektiert wurde, worauf der Geblendete sich aus Versehen noch einmal schnitt, diesmal unterm Kinn. Durch eine plötzliche Bewegung im Schreck stieß er den Spiegel vom Tisch, der zu Boden viel und zersplitterte.
„Heute scheint nicht mein Tag zu sein...“ grummelte Ugo und rasierte sich blind weiter, wa zu zwei weiteren Schnitten führte. Entnervt wischte er sich die Schaumreste aus dem Gesicht und verließ die Sakristei.

Draussen am Lager begegnete er einer Fremden, der ihn groß anschaute.
„Blut? Ihr seid ja verletzt... wart Ihr draussen? Habt ihr gekämpft?“ fragte er.
Ugo grummelte etwas von einer geweihten Klinge, die sich an ihm für einen Frevel rächen wollte, aber sie verstand nicht so recht was er meinte.

Ugo packte alles in seinen Reisebeutel, nahm den Bogen auf den Rücken, schulterte den Köcher mit den paar Pfeilen, die er dem Geruch nach zu urteilen besser am nächsten Fluss etwas abwaschen sollte. Einen Moment lang überlegte er, ob er – jetzt erst recht! – nicht das Weihwasserbecken benutzen sollte...
Hinter den Kirchentoren empfing ihn der grelle Sonnenschein in al seiner Blendhaftigkeit, und Ugo kniff verkrampft die Augen zusammen und sah zu Boden. Wer das halbe Leben als Jäger in dämmrigen Wäldern zubrachte, dessen Blick ist auf Dämmerlicht eingestellt.
Stets das eine, dann das andere Auge ein wenig weiter zukneifend, suchte sich ugo eine Gruppe, die schon aufbruchbereit dastand und wartete. Er gesellte sich dazu.
„Hab ich was verpasst?“ fragte er.
 
Als das Gespräch mit Ugo geendet hatte und keiner mehr etwas zu sagen wusste, sah sich Maelnar nach seinen Habseligkeiten um. Glücklicherweise musste er nicht lange suchen. Der Beschwörerstab lag unter seinem Rucksack, fast direkt neben seiner Schlafstatt, und der Mantel hatte ihm als Unterlage gedient. Anscheinend waren seine Sachen beinahe unbeschädigt geblieben, wenn auch über und über mit Dämonenblut besudelt. Mit etwas Mühe legte er seine Lederrüstung an und machte sich dann daran, seinen Rucksack durchzusehen. Doch gerade als er ihn öffnete, fielen ihm mehrere zusammenstehende Personen in seiner Nähe auf, die lautstark miteinander diskutierten. Maelnar konnte Fetzen wie „Route“ und „Wald“ heraushören, und dies weckte sein Interesse. Mit vorsichtigen Schritten näherte er sich der Gruppe und erhaschte etwas von „Gespenstern“, was ihn unwillkürlich schneller laufen ließ. ‚Die reden etwas von Geistern? Interessant.’ Ob er das nur gedacht oder gar gesagt hatte, wusste er im nächsten Moment schon nicht mehr.

Anscheinend drehte sich das Gespräch tatsächlich um die Reiseroute nach Dor Gulin. Maelnar musterte die anwesenden Personen. Der Ritter war einer der Wortführer und versuchte gerade, seine Ansicht gegenüber zwei jungen Männern durchzusetzen. Einer der beiden war wohl ein Dorfbewohner, doch der andere gab ihm Rätsel auf, und das umso mehr, je länger er ihn ansah. Irgendwie schien es ihm, als wenn er ihn kennen müsste. Der Streit wurde indes immer erbitterter, und Maelnar fragte sich, wann die ersten handgreiflich werden würden. So wie er es verstanden hatte, sollten doch die Kämpfer die Dorfbewohner eskortieren und beschützen, also musste auch auf deren Bedürfnisse geachtet werden. Als er einen derartigen Einwurf machte, erntete er sowohl Zustimmung als auch durchdringende Blicke. Überrascht, plötzlich im Mittelpunkt des Gespräches zu stehen, brach Maelnar am ganzen Körper der Schweiß aus, und er musste sich zwingen, die Blicke zu erwidern. Dann wurde die Idee eingebracht, durch den Fluss zu gehen, und das führte Maelnar zu der Idee, eine falsche Fährte zu legen. Dies wurde erstaunlicherweise bereitwillig aufgefasst, und man einigte sich darauf, durch den Wald zu ziehen, jedoch eine schnelle Truppe auf der Straße eine falsche Fährte zu legen. Nebenbei machte sich Maelnar mit einer stolzen Frau bekannt, die später hinzugekommen war und sich ihm als Mitglied eines Magierordens vorstellte.

Maelnar folgte schließlich dem Halbelfen zu einer Ecke der Kirche, wo jemand Brot und Käse hingelegt hatte, und humpelte dann zu seinem Schlafplatz zurück. Dort öffnete er seinen Rucksack und machte Inventur. Er besah sich kurz ratlos den beschädigten Schrumpfkopf und legte ihn dann nach ganz unten in den Beutel. Darauf kamen die beiden Bücher, die den Kampf beinahe unversehrt überstanden hatten. Die Freiräume wurden mit dem Essen und den übrig gebliebenen Elixierzutaten ausgefüllt. Als Maelnar sich wieder erhob, schoss wieder ein scharfer Schmerz durch seine Seite, und er krümmte sich zusammen. Langsam ließ er die Luft entweichen, die er angehalten hatte, die Zähne zusammengebissen. So ganz waren seine Wunden noch nicht verheilt; er würde noch mal den Heiler aufsuchen müssen.

Leise stöhnend schulterte er den Rucksack und suchte dann mit den Augen die Menschen nach Reoth ab. Er sah mehrere Heiler, die sich noch um einige Dorfbewohner kümmerten, konnte aber Reoth nicht erkennen. So bewegte er sich vorsichtigen Schrittes durch die Kirche und nahm jeden Heiler aus der Nähe in Augenschein, überraschte als auch verständnislose Blicke erntend, als er jedes Mal wortlos weiterging. Schließlich fand er Reoth in einem Winkel der Kirche. Dieser sah auf, als sich Maelnar näherte, und der durchdringende Blick musterte ihn fragend. Leicht verunsichert, räusperte sich Maelnar und druckste herum, bis er endlich die richtigen Worte fand: „Ich möchte Euch noch mal danken, dass Ihr Euch um mich gekümmert habt. Ohne Eure Bemühungen würde ich wohl noch immer ohne Bewusstsein sein. Aber ich fühle noch immer mal wieder Schmerzen, besonders an der Bauchwunde, und ich weiß nicht, wie lange ich damit auf dem Marsch durchhalte. Gibt es nicht eine Möglichkeit, dass ich mich selber heilen kann? Könntet Ihr mir vielleicht einen derartigen Spruch beibringen? Dann kann ich mich selber versorgen, wenn es nötig sein sollte, und muss Euch nicht aufsuchen.“

Etwas außer Atem von diesen rasch hervorgebrachten Worten blickte Maelnar den Heiler erwartungsvoll an. Dieser hatte die Stirn gerunzelt, als Maelnar seine Bitte vorgebracht hatte, und schien jetzt mit sich wegen etwas zu ringen. Nach mehreren Sekunden des Nachdenkens, die Maelnar wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, brummte er etwas, was wohl Zustimmung signalisieren sollte, und erhob sich. „Ich weiß nicht, ob ich das wirklich tun sollte“, murmelte Reoth mehr für sich selbst. „Nun gut. Ich kann Dir die Formel sagen und die Bewegungen vormachen, aber ob es funktioniert, das kann ich nicht sagen. Dieser Spruch ist nach meinem Wissen nicht für Totenbeschwörer gedacht.“

Maelnar war bei diesen Worten zusammengezuckt, irgendwie schwang ein unerwartet scharfer Unterton mit. Ohne weiter etwas zu sagen zeigte Reoth die nötigen Handbewegungen und sprach dann mehrmals die Worte, die zum Wirken des Zaubers notwendig waren. Maelnar brauchte einige Wiederholungen, bis er den Spruch zu Reoths Zufriedenheit aussprechen konnte, die Worte waren doch etwas anders als die, die er für seine anderen Zauber benötigte. Ein Grund war wohl auch, dass Reoth mehrmals den Kopf schüttelte und ungeduldig brummte, was Maelnar doch etwas irritierte.

Dann, beim letzten Versuch, spürte Maelnar eine eigenartige Veränderung in sich und eine angenehme Wärme an seiner Hand. Noch immer hochkonzentriert richtete er seinen Blick darauf und konnte ein sehr schwaches, bläuliches Leuchten erkennen, welches seine Handfläche schimmern ließ. Voller Freude ob seines gelungenen Versuches hob er seinen Blick zu Reoth, der ihm zunickte und ihm die Hand auf die Wunde zu legen hieß. Zunächst spürte Maelnar auch dort nur etwas wohlige Wärme, doch nach einer Weile nahm die Intensität des Schmerzes etwas ab. Ein Rütteln an seiner Schulter schreckte ihn aus seinem tranceartigen Zustand auf und ließ die Konzentration schlagartig verfliegen: „Das waren jetzt einige Minuten, die Du damit zugebracht hast, und doch wird es wohl nicht lange wirken. Und noch etwas: wie ich eben schon gesagt habe, ist die Wirkung des Spruches, ausgeübt von Totenbeschwörern, völlig unbekannt. Es ist ziemlich überraschend, dass es bei Dir überhaupt funktioniert. Und deshalb warne ich Dich, versuche bloß nicht den großen Helden zu spielen und andere zu heilen. Man kann nicht wissen, was das für Folgen haben mag!“

Mit diesen Worten drehte Reoth sich um wandte sich den nächsten Patienten zu. Maelnar blieb wie erstarrt stehen, sowohl erfüllt von Freude über den neu erlernten Zauber, als auch verwirrt über Reoths abweisendes Verhalten. Seltsam, als er sich vorher mit ihm unterhalten hatte, war er ihm als freundlicher, weiser alter Mann erschienen, und jetzt hatte er so einen verbitterten Zug an sich. Lag das an ihm, Maelnar? Hatte er irgendetwas Falsches gesagt? Er hatte sich doch an die ihm bekannten Regeln der Höflichkeit gehalten, oder nicht? Moment, da war etwas. Sollte das wirklich die Ursache sein? Nun, einen Versuch war es wert: „Ich heiße übrigens Maelnar“, rief er Reoth hinterher, der sich schon einige Schritte entfernt hatte. Dieser verhielt kurz in seinem Gang, setzte dann aber seinen Weg weiter fort. Doch die Andeutung eines Nickens beruhigte Maelnar, und mit dem Gedanken, wieder ein Problem gelöst zu haben, wandte er sich dem Kirchentor zu.

Auf dem Weg zum Ausgang fiel Maelnar eine zusammengekauerte, bärtige Gestalt auf, die in einer dunklen Ecke lag, wo noch kein Sonnenstrahl hinfiel, und seltsame Töne von sich gab. Die Stirn gerunzelt, trat Maelnar ein paar Schritte näher, und schließlich erkannte er Proxam, der dort halb sitzend ziemlich laut schnarchend in tiefen Träumen weilte. Das bärtige Kinn war ihm tief auf die Brust gesunken, und die Hände hielten die schwere Axt umklammert, die quer über seinem Körper lag. Maelnar überlegte, ob er ihn wecken und damit aus dem tiefen Schlaf reißen sollte, den er wahrscheinlich nötig brauchte. Andererseits, wer sonst sollte das tun, zumal der Zeitpunkt des Aufbruchs doch schon kurz bevorstand und er draußen noch etwas erledigen wollte. Also rüttelte Maelnar ihn vorsichtig an der Schulter, was allerdings keine Reaktion außer ein tiefes Brummen verursachte. Also noch einmal, etwas stärker – und mit einem Ruck fuhr der Zwerg von seiner Schlafstatt hoch, wild um sich blickend und unverständliche Worte von sich gebend. Maelnar zuckte zurück, von der plötzlichen Reaktion überrascht, und wartete, bis er sich sicher war, dass Proxam ihn als seinen Gefährten und nicht als Gegner erkannt hatte. „Musst du mich unbedingt auf diese Weise wecken? Ich hätte dich umbringen können“, grummelte der Zwerg, was Maelnar mit ratlosen Schweigen quittierte. „Was ist überhaupt los? Sind die Dämonen besiegt?“ Und als Maelnar nicht schnell genug antwortete, setzte er nach: „Wie lange habe ich überhaupt geschlafen? Und warum ist die Kirche so leer?“

Maelnar musterte ihn nachdenklich, das war nun schon die zweite Person, die ihm heute morgen komisch kam. Andererseits war sein Erwachen vorhin auch nicht gerade friedvoll gewesen. Allein der Gedanke an die Alpträume jagte ihm eisige Schauer über den Rücken. Er schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben, und meinte dann zu Proxam: „Du hast wohl die ganze Nacht über geschlafen. Es ist jetzt früher Morgen, wir wollen bald aufbrechen. Und so wie ich das im Gespräch mit anderen verstanden habe, ist die nächste Umgebung der Kirche frei von Dämonen.“ Er grinste Proxam an. „Das können wir uns zugute halten. Ohne unseren Sieg über diesen Oberdämon würde es hier wohl viel schlimmer aussehen.“ Der Zwerg starrte ihn verständnislos an: „Wieso aufbrechen? Wer will denn wohin gehen?“ „Ach ja, das kannst du ja nicht wissen. Die Dorfbewohner wollen nach Dor Gulin ziehen und haben um den Schutz der Turnierteilnehmer gebeten. Ich war vorhin bei der Beratung um die Reiseroute dabei. Wir werden wohl bald aufbrechen und durch den Wald ziehen, weil dieser Weg kürzer sein soll, nur ein paar Tagesreisen. Und eine kleine Gruppe wird eine falsche Fährte auf der Straße legen.“

Sein Gegenüber hatte sich bei seiner Erzählung wieder zurücksinken lassen und fragte jetzt: „Wie kommt es, dass du schon wieder auf den Beinen bist? So wie du zum Ende des Kampfes zusammengebrochen bist, hätte ich gedacht, du brauchst Tage, um überhaupt zu erwachen.“ Maelnar grinste schief: „Ich hatte einen guten Heiler. Der hat mir sehr geholfen.“ Sein Blick ging kurz in die Richtung, in der er Reoth vermutete. „Kommst du erstmal alleine klar? Ich will mal raus, frische Luft schnappen, und ein paar Worte mit dem Bogenschützen wechseln, der uns gerettet hat.“ Auf ein knappes Nicken von Proxam erhob sich Maelnar und spähte durch die Kirche. Noch immer herrschte teils hektische Betriebsamkeit, Kämpfer und Dorfbewohner liefen umher, und eine einzelne Person wie Ugo war schwer auszumachen, besonders für jemanden wie Maelnar, der solch große Menschenansammlungen nicht gewohnt war.

Schließlich gab er auf und humpelte Richtung Ausgang, ständig suchend um sich blickend. Als er durch die Pforte trat, musste er die Augen zusammenkneifen. Die Sonne stand zwar noch relativ niedrig, doch der Wechsel vom Dämmerlicht ins Helle war unerwartet abrupt. Ein frischer Wind fuhr durch Maelnars Haare, und leichter Brandgeruch stieg ihm in die Nase. Das Dorf war anscheinend fast zerstört, er konnte nur noch wenige halbwegs intakte Häuser inmitten der Ruinen entdecken. Tief Luft holend, um die aufsteigende Bedrückung loszuwerden, schaute er sich um und erkannte Ugo fast direkt neben sich. Auf die Frage, wie es ihm gehe, antwortete Maelnar: „Ganz gut eigentlich. Reoth“ – mit einem Kopfnicken deutete er ins Innere der Kirche – „hat mir etwas beigebracht, womit ich mir selber meine Beschwerden lindern kann. Ich will mich jetzt etwas umsehen und vielleicht bei meinem letzten Gegner vorbeischauen. Kommst du mit?“

Bei seinen letzten Worten weiteten sich Ugos Augen immer mehr, und mit Abscheu in der Stimme erwiderte er: „Nein danke, in diesen Gestank da hinten will ich erstmal nicht mehr. Das hat mir schon gereicht, als ich dich vorhin in die Kirche gebracht habe. Nimm es mir bitte nicht übel, aber ich würde lieber darauf verzichten.“ Er verzog sein Gesicht zu einem unsicheren Grinsen. „Außerdem ist mir auch die helle Sonne nicht so ganz angenehm.“ Maelnar schaute ihn zuerst verwundert an, dann grinste er zurück und meinte: „Kein Problem. Ich komme auch alleine klar. Wir sehen uns dann nachher.“ Eine Hand vor die Augen haltend, setzte er sich in Marsch, an einer Gruppe von sich unterhaltenden Kämpfern vorbei. Doch ein Räuspern ließ ihn nach wenigen Schritten zurückblicken. Es war Ugo, der stumm in die andere Richtung zeigte. Verlegen machte Maelnar kehrt, den Blick auf den Boden gerichtet.
 
“Es ist nun an der Zeit. Du hast dich bewährt, Elf…
Ich werde dir nun deine Natur offenbaren, vergiss dein bisheriges Leben und empfange die Geschenke, die ich dir geben werde.“
„Wer seid ihr?“
„Ich bin deine Göttin, Elf. Unsere Geister sind untrennbar miteinander verwoben. Dein Weg ist auch meiner. Bisher wusstest du nichts davon, aber nun offenbare ich dir meine Wesenheit, um dir beistehen zu können. In der kommenden Zeit wirst du die Gaben benötigen, die ich dir nun geben werde. Doch dazu musst du deine Herkunft und deine Angehörigkeit zu jedweder weltlichen Verbindung vergessen. Ebenso deine bisherigen magischen Fähigkeiten. Doch vertraue mir, du wirst es nicht bereuen. Sag mir nun… wirst du dieses Schicksal annehmen?“
„Warum? Was passiert hier? Was soll das?“
Saphir sah sich um. Um sie herum war nur tiefes blau… Stille… und da… vor ihr… ein Licht?
„Ich bitte dich noch einmal mir zu vertrauen. Du bist nicht mehr an die weltlichen Gesetze gebunden. Du musst dich deinem Orden gegenüber keiner Schuld bewusst sein. Nimm dein Schicksal in deine Hand. Du wirst gebraucht.“
„Was sind das für Gaben?“
„Du wurdest unter dem Zeichen des Wassers geboren. Die Magie, die dich durchströmt ist von eben dieser Natur. Du vermagst sie nach deinen Wünschen zu kontrollieren. Auch wirst du eine Waffe erhalten, um dich gegen das Böse zu verteidigen. Du musst verstehen, ich kann nicht direkt auf dein Leben und Handeln eingreifen. Ich vermag dich nicht zu schützen. Ich kann dir nur zeigen, wie du mit deinen gegebenen Gaben umgehen musst.“
„Ich werde euch folgen, Göttin. Sagt mir, was ich tun muss?“
Ein warmes, leises Lachen drang an Saphirs Ohr
„Du musst gar nichts tun, mein Kind. Nur aufwachen…“
Ein Reissen erfasste Saphirs Körper. Sie wurde herumgeschleudert und fand sich in völliger Dunkelheit wieder. Ein Schmerz erfasste sie. Er wurde unerträglich. Schmerz… Feuer… Dunkelheit… Eine… Stimme?“


„Wacht auf“
Saphir öffnete ein Auge.
„Was…Was ist passiert, wo bin ich?“
„Ihr seid in einer Kirche. Ihr scheint schlecht geträumt zu haben. Ihr seid hin und her gezuckt und habt leise geschrien“
„Was…Wer seid ihr?“
„Meiun Name ist Sungila. Mehr ist nicht von Belang. Habt ihr Schmerzen?“
„Nein..Nein, alles in Ordnung“
Saphir rappelte sich auf.
„Danke, dass ihr mich geweckt habt“
„Es war mir eine Ehre, euch behilflich gewesen zu sein“
Der Mann trat aus dem Tor und verschwand. Saphir stand nun ganz auf, wobei ihr eine Strähne ihres weissen Haares ins Gesicht fiel. Weiss? Warum? Saphir überlegte. Sollte…? Ja, das war die einzige Erklärung. Sie versuchte, sich zu erinnern, wo sie herkam und wer sie eigentlich war… hmm… Sie war Saphir… das war klar und sie hatte gestern noch schwarzes Haar und einen Schwarzen Reisemantel. Aber ansonsten war nichts da. Mittlerweile hatte sie seltsamerweise weisses Haar und fließende silberne Gewänder, die sich fast wie klares Wasser anfühlten. Um ihre Schultern schlang sich ein silberner Bogen. Sie nahm ihn in die Hände und versuchte ihn zu spannen. Er lag gut in der Hand und ließ sich gut spannen. Als ob er für sie gemacht worden wäre. Die Elfin setzte sich wieder hin. Was war geschehen? Da war… eine Göttin!? War das ihr Werk? Sollte das vielleicht doch kein Traum gewesen sein. Aber… wie konnte es sein, dass sich eine Person umgeben von vielen Leuten einfach so unbemerkt verändern konnte? Diese Menschen sahen nicht so aus, als ob jemand vor ihren Augen plötzlich ein vollkommen anders Aussehen angenommen hatte.
“Ich habe mit deinem Unterbewusstsein gesprochen und dich so schlafen legen lassen, dass du nicht auffallen würdest.“
„Seid ihr das, Göttin?“
„JA. Denk an den Ritter. Du hattest den Entschluss gefasst, ihmzu folgen. Tu das. Du wirst in kommenden Ereignissen eine Rolle spielen.“
„Aber, wie? Ich habe keine Magie mehr. Ich habe keine Chance auch nur irgendwem zu helfen.“
„Denk an meine Worte. Dich durchströmt eine besonders stark ausgeprägte Elementarmagie. Deine magischen Fähigkeiten önnen jedoch nicht zu destruktiven Zwecken genutzt werden. Dazu habe ich dir den Bogen geschenkt.“
„Aber ich kann weder schießen, noch habe ich Pfeile.“
„Wenn die Zeit gekommen ist, in der du das Leben schützen musst, wirst du wissen was zu tun ist. Du brauchst keine Pfeile. Dein Wille, das Leben zu schützen, sowie der Glaube an das Gute, werden als Waffe hingehend ausreichen.“
„Aber-„
„Keine Widerrede Saphir. Tu was du tun musst, ich kann dir nicht weiter helfen. Ich werde dir in gegebener Situation mit meinem Rat zur Seite stehen.“


Saphir beschloss, ihrer Göttin zu vertrauen. Immerhin hatte sie bewiesen, dass sie kein einfaches Hirngespinst war. Warum sollte jemand, der sie verderben wollte ihr einen Bogen schenken? Jedenfalls war es nun dringend notwendig, dafür zu sorgen, dass die Gruppe sie mitnahm. Sie trat an den erstbesten Dorfbewohner und sprach ihn an: „Habt ihr euch nun entschlossen, welchen Weg ihr gehen wollt?“ „Ja. es werden zwei Gruppen gebildet. Die Kämpfer legen eine falsche Fährte am Weg, und wir Dorfbewohner werden mit dem Hernn dort“, er deutete auf den Ritter, “durch den Wald gehen. Ich selbst werde mir noch gut überlegen, ob ich den Wald durchquere. Ihr müsst wissen, dass es dort spukt“ „Ich danke euch, für diese auskunft. Wenn ihr meinen Rat hören wollt, so schließt euch uns an. Sonst werdet ihr vermutlich von den marodierenden Überresten der Dämonenhorde getötet“ Saphir wandte sich um und ließ den Dorfbewohner stehen.

Wenig später bildeten sich besagte zwei Gruppen. Sie gesellte sich zu der kleineren, bei der sie einige der Helden des Kampfes erkannte. Auch der Mann, den ihr früheres Selbst als „Norolind“ kennengelernt hatte war dabei. Sie setzte sich etwas abseits von der Gruppe ins feuchte Gras und genoss den frischen Geruch der feuchten Morgenluft.
 
„Jetzt stell dich nicht so an, Vulcan.“
Sein Kettenhemd klirrte leise, als er den letzten Riemen am Hals seines Pferdes festzurrte. Er hatte es zwar nun endlich geschafft, dem Streitroß das Zuggeschirr anzulegen, doch der Rotschimmel wurde nicht müde, sich unter dem ungewohnten Arrangement zu schütteln und im Allgemeinen einen äußerst beleidigten Ausdruck zur Schau zu stellen.
Aber was sollte er machen? Sie konnten die Schwerverwundeten schließlich nicht einfach zurücklassen, und sie hatten nur noch zwei weitere... er weigerte sich, in diesem Zusammenhang das Wort ‚Pferde’ zu verwenden und einigte sich schließlich mit sich selbst auf ‚heruntergekommene Schindmähren’. Doch selbst dieser Ausdruck schien geradezu ein Kompliment zu sein, wenn man die betreffenden Tiere betrachtete.
Die beiden Ackergäule waren die einzigen vierbeinigen Lebewesen, die die Plünderung der Dämonen überlebt hatten – und das aus gutem Grund, denn sie bestanden im Grunde genommen nur aus Haut und Knochen. Wahrscheinlich mußten sie diese Trauergestalten abwechselnd vor den Karren spannen, damit sie nicht vor Erschöpfung zusammenbrachen.
Oder vielleicht sollten sie einfach statt dessen ein oder zwei der muskelbepackten Möchtegernhelden verwenden, die gerade die Verwundeten und das wenige, was sie an Proviant gefunden hatten, auf die Karren luden und gleichzeitig versuchten, nicht über ihre riesenhaften Waffen zu stolpern. Offenbar gute Kämpfer, da sie ja bisher überlebt hatten, aber ansonsten Idioten.
Naja, wenigstens konnte man die leicht einschätzen, aber mit dem Rest der bunt zusammengewürfelten Truppe tat sich der Ritter doch etwas schwer. Er konnte nur hoffen, daß sie wußten, was sie taten, besonders die Gruppe, die die falschen Spuren legen sollte... verdammt, die hatten sich noch nicht einmal auf einen Anführer geeinigt!
Erst einen Moment später fiel ihm der Fehler in seinem Gedankengang auf: Das hier waren bis auf eine handvoll Stadtwachen alles Einzelkämpfer (und die Bürger zählten sowieso nicht). Selbst wenn ein paar von ihnen wohl einmal Soldaten gewesen sein mochten, hatte sich spätestens bei der Diskussion über ihre weitere Vorgehensweise gezeigt, was Sache war.
Es hatte einfach jeder etwas mitzureden gehabt.
Der Ritter fragte sich ernsthaft, wie er es schaffen wollte, diese Leute ohne weitere stundenlange Diskussionen heil nach Dor Gulin zu bringen. Es schien ihm ganz so, als hätte er sich wieder einmal eine Aufgabe aufgehalst, die nur allzu leicht in einer Katastrophe enden könnte...
Nein, so durfte er nicht denken. Diesmal würde er nicht versagen, diesmal nicht. Und vielleicht fand er hier auch jemanden, der ihm helfen konnte – über genug Magier schien die Truppe ja jedenfalls zu verfügen.
Doch dafür war es noch zu früh. Die paar Tage bis nach Dor Gulin mußte er eben noch durchhalten, ob er wollte oder nicht.

Plötzlich bemerkte er, daß sich die Aktivität auf dem verbrannten Kirchenvorplatz um ihn herum deutlich veränderte. Eine Gruppe von etwa einem Dutzend unverletzter Kämpfer löste sich vom Rest der Truppe und marschierte entschlossen Richtung Nordwesten los, um die irreführende Fährte zu legen. Auch die Übrigen schienen endlich reisefertig zu sein (es war inzwischen doch um einiges später als Sonnenaufgang geworden, wie der Ritter eigentlich geplant hatte... Zivilisten hatten eben keine Ahnung von Pünktlichkeit) und sie konnten ebenfalls aufbrechen.
 
Hier auf dieser freien Fläche neben der Kirche lagen nur ein paar Leichen. Anscheinend waren hier nur wenige Menschen ums Leben gekommen, und die Dämonen hatten es wohl vorgezogen, nicht in der Nähe ihres Antreibers zu sein. So war die Luft einigermaßen atembar für Maelnar, als er an der hohen Kirchenwand entlang humpelte. Doch als er das Querschiff umrundete, schlug ihm der Gestank mit voller Wucht entgegen. Vor ihm türmte sich der riesige Kadaver des Overlords auf, von den Blicken der Kämpfer am Kirchentor und vom Wind durch das Kirchenschiff abgeschirmt. Maelnar kämpfte schwer mit der aufsteigenden Übelkeit, konnte aber den Blick nicht von dem Ungeheuer lösen. Langsam wankte er auf den Monstrum zu, und vor seinem inneren Auge spielte sich rasend schnell noch einmal der Kampf ab. Schweiß trat auf seine Stirn und seine Atmung beschleunigte sich, doch er fühlte nichts davon. In seinen Ohren dröhnten wieder die Schreie und das Brüllen, und schlagartig fing seine Wunde am Bein an zu schmerzen. Als seine Gedanken den Zeitpunkt erreichten, als er zusammen mit dem Dämon stürzte, schwankte er gefährlich und konnte sich gerade noch mit seinem Stab abstützen, sich nur halb dessen bewusst. Das Brüllen wurde immer lauter, und Maelnar presste seine Hände auf die Ohren, jetzt selbst leise schreiend. Grüne Schleier trübten seinen Blick, immer mehr kleine bucklige Monster bedrängten ihn, der sich selbst nicht rühren konnte, und bösartig grinsende Skelettbogenschützen malträtierten ihn mit brennenden Geschossen, welche stechende Schmerzen durch seine Brust und Seiten schickten.

Schlagartig endete dieser Albtraum, zerbrach wie ein Kokon aus gefärbtem Glas. Maelnar fand sich am Boden kniend neben dem toten Monstrum wieder. Sein Atem ging heftig und stoßweise, der Schweiß rann ihm in Strömen über das Gesicht, und er zitterte am ganzen Körper. Doch er fühlte kaum den Boden unter sich oder den Gestank des toten Körpers. Wut und Hass auf den Dämon stiegen in ihm auf und begannen, seine Gedanken zu vernebeln. Warum ich? Warum hast du mir das angetan? Warum lässt du mich so leiden? Sein Zorn suchte nach einem Ziel und fand es in dem Leichnam. Mit einem Wutschrei stürzte er sich auf ihn und schlug und stach mit all seinen verbliebenen Kräften auf den toten Overlord ein. Dumpf klangen die Schläge in seinen Ohren, und jeder Treffer steigerte seine Raserei, bis er schließlich entkräftet und vor Schmerzen gekrümmt neben dem Dämon zusammenbrach.

Ein leiser Windhauch, der ihm durch die Haare fuhr und die schweißbedeckte Stirn kühlte, ließen Maelnar aus seiner Starre erwachen. Müde blickte er sich um und zuckte sofort wieder zusammen, als ein stechender Schmerz durch seine Seite fuhr. Er schüttelte den Kopf, hoffentlich war die Wunde in seinem Wutausbruch nicht wieder aufgebrochen. Überhaupt, wie war es dazu gekommen, dass er derart die Kontrolle über sich verloren hatte? Er hatte zwar geahnt, dass er beim Anblick des toten Gegners mit der Erinnerung zu kämpfen haben würde, doch das von eben hatte er nicht erwartet. Eigentlich hatte er gedacht, dass er einen hohen Grad an Selbstbeherrschung besaß und diese nicht leicht verlor. Er war von anderen immer als zurückhaltend, ruhig, ausgeglichen beschrieben worden und hatte sich auch selbst so eingeschätzt, und doch waren gerade eben Wut und Hass mit ihm durchgegangen?! Maelnar konnte sich einfach keinen Reim darauf machen. Die einzige Erklärung, die ihm in den Sinn kam, war, dass der Kampf doch mehr und stärkere Spuren an seiner Seele zurückgelassen hatte, als er zunächst vermutet hatte. Wahrscheinlich würde er noch lange Zeit an den Folgen zu knabbern haben, vielleicht würde er auch nie davon loskommen.

Energisch schüttelte er den Kopf, er durfte jetzt nicht in Selbstmitleid versinken. Wenn er dem Geschehenen nicht mit Stärke begegnete, war es gleich um ihn geschehen. Tief Luft holend versuchte Maelnar aufzustehen, doch die Schmerzen ließen ihn sofort wieder zusammenkrümmen. Da musste er wohl erst wieder den Heilungsspruch an sich anwenden. Wie waren noch mal die Worte? Ach ja. Als er sie sprach, fühlte er wieder die Wärme in seiner Hand und wie sie auf seine Wunde überfloss. Die Schmerzen legten sich langsam, nur ein taubes Gefühl blieb zurück. Noch erschöpfter als vorher, dafür jetzt aber fast schmerzfrei, erhob sich Maelnar und blieb zunächst schwankend, auf seinen Stab gestützt, stehen. Dann humpelte er unsicher wieder ein paar Schritte in Richtung Kirchenpforte. Als er um die Ecke des Querschiffes bog, wehte ihm ein angenehm frischer Wind entgegen, und die hellen Sonnenstrahlen ließen ihn blinzeln. Er erkannte mehrere Kämpfer in der Nähe des Tores, anscheinend war die Hauptgruppe noch immer nicht aufgebrochen.

Erleichtert wandte sich Maelnar wieder dem toten Dämon zu, war ihm doch der Gedanke gekommen, etwas von dem Gegner als Trophäe mitzunehmen. Erst jetzt bemerkte er, dass das Monster auf dem Rücken lag. Ob es sich selbst im Todeskampf umgedreht oder ob jemand anderes sich bereits an dem Kadaver zu schaffen gemacht hatte, konnte er jedoch nicht sagen. Bei der Suche nach geeigneten Körperteilen fiel Maelnars Blick zunächst auf die Krallen und das übergroße Horn. Ja, daraus ließe sich bestimmt eine wirksame Zutat für ein Elixier bereiten, nicht zu vergessen die Wirkung dieser Fortsätze bei der Erzählung der Abenteuer. Maelnar grinste breit, als er sich vorstellte, eine der Krallen im richtigen Moment bei der Darstellung seiner Erlebnisse vor seinen alten Kameraden hervorzuholen. Mit einer der herumliegenden Waffen säbelte er das Horn und einige der Krallen ab und verstaute sie in seinem Rucksack. So, was noch? Seine Lehrer hatten ihm einmal erzählt, dass die Leber und das Herz solch mächtiger Dämonen gewisse magische Kräfte besaßen. Doch bei dem Gedanken, tief in den stinkenden Eingeweiden des toten Dämons wühlen zu müssen, überkam Maelnar eine heftige Übelkeit, und er verwarf den Gedanken sofort wieder.

Nur, was konnte er sonst noch mitnehmen? Seine Blicke fuhren über den massigen Körper und blieben schließlich an der mächtigen Brustpanzerung hängen. Sie wies keinerlei Beschädigungen auf, und auch als Maelnar jetzt probeweise mit seinem Stab darauf einschlug, schaffte er es doch nicht, sie zu durchbohren. ‚Vielleicht liegt es auch daran, dass ich noch ziemlich schwach bin, aber gegen eins, zwei Schwerthiebe sollte sie schon Bestand haben, gegen Pfeile sowieso. Wenn ich eine Hälfte von dem Panzer herausgeschnitten bekomme, dann habe ich einen guten Schildersatz. Und wenn ich das dann von innen mit einem kleinen Schild verstärke, dann ist auch der Verteidigungswert ziemlich gut. Außerdem müsste das Viech irgendeine Resistenz aufweisen – muss ich nachher mal im Buch nachgucken.’ Bei diesen Gedanken hellte sich Maelnars Miene immer mehr auf, und gut gelaunt machte er sich auf die Suche nach einer scharfen Waffe. Er setzte das Schwert in der Nähe der Achselhöhle an, weil er vermutete, dass dort die Panzerung am dünnsten sei. Mit seinem ganzen Gewicht lehnte er sich mit der Waffe gegen die Panzerung, die schließlich mit einem Knirschen nachgab und die Klinge tief eindringen ließ. Gleichzeitig drangen jedoch die im Brustraum angestauten Verwesungsgase nach draußen, und Maelnar war urplötzlich von einer grünlich schimmernden Wolke umhüllt, die wie tausend verfaulte Eiern stank. Maelnar hatte aus Versehen einen tiefen Zug davon genommen, und sofort wurde ihm kotzübel. Er konnte sich mit Mühe noch schwankend aus dem Bereich entfernen, dann fiel er vornüber auf die Knie und erbrach sich hustend und würgend. Die Augen tränten ihm, und die Luft brannte bei jedem Atemzug in seinen Lungen.

Als er der Brechreiz endlich nachließ und er wieder klar blicken konnte, atmete er mehrmals tief ein und aus und rappelte sich dann auf, auf seinen Stab gestützt. Sein Blick fiel auf die Pfütze, die er hinterlassen hatte, sie sah in Konsistenz und Farbe dem Dämonenblut nicht unähnlich. ‚Liegt wohl daran, dass ich lange nichts gegessen habe – ist nur Galle…’ Die Wolke um die Einstichstelle hatte sich inzwischen verflüchtigt, und Maelnar machte sich daran, den Schnitt zu erweitern. Es ging nicht so schnell voran, wie er gehofft hatte. Mehrmals musste er verschnaufen und sich von dem Kadaver entfernen, um frische Luft zu atmen. Am schwersten war es an der Stelle, wo die Panzerung an die andere Brustplatte stieß, zumal Maelnar hier auf dem Monster stehend das Schwert führen musste. Mehrmals musste er sich am Schwert festhalten, denn der Stand war hier oben alles andere als sicher. Schließlich hatte er den ganzen kreisrunden Schnitt fertig gestellt, doch der Panzer bewegte sich noch immer kein Stück. Also musste er mit dem Schwert tief unter der Platte die Sehnen und Muskelfasern los schneiden. Schließlich war die Waffe bis zum Heft mit Blut besudelt, und voller Ekel warf Maelnar sie weg. Zum Glück schaffte er es jetzt, den Panzer zu bewegen, und mit einem schmatzenden Geräusch löste sich dieser. Der Schweiß stand ihm wieder in großen Tropfen auf der Stirn, und die Arme zitterten ihm vor Anstrengung, doch Maelnar freute sich über sein gelungenes Werk. Mit dem kleinen Säbel schlug er ein paar Kanten ab und befreite den Panzer von anhaftenden Fleischresten, dann schulterte er wieder seinen Rucksack, den er vorhin zur Seite gepackt hatte. Er warf ein letztes Mal einen Blick auf diesen grausigen Gegner, wobei ihm die lange Peitsche auffiel, die der Dämon noch immer in der Hand hatte. Mit einem Grinsen rollte er sie zusammen und befestigte sie an seinem Gürtel, vielleicht konnte er sie später mal gebrauchen. Dann setzte er sich in die Richtung in Bewegung, wo er den Dorfbrunnen vermutete, den Schild hinter sich her ziehend.

Von einem Mann, der wohl sein zerstörtes Haus nach etwas Brauchbarem durchsucht und ihn bei seinem Auftauchen mit großen Augen gemustert hatte, bekam Maelnar den Weg zum Brunnen gewiesen. Mit einem Aufseufzen warf er seine Last und Gepäck ab und fiel erschöpft in das weiche Gras neben dem Brunnen. Nach einer kurzen Pause ließ er den Eimer herab und holte mit Mühe etwas Wasser hoch, womit er den Panzer von Blut und Erde reinigte. Dieser begann jetzt in einem matten, tiefen Grün zu schimmern, und Maelnar betrachtete ihn voller Stolz. Dann zuckte ein weiterer Gedanke durch seinen Kopf. Er holte nochmals einen zwei halbe Eimer Wasser hoch, entledigte sich seiner Kleider und begann sich zu waschen, zuerst das Gesicht und die Haare, dann den restlichen Körper. Ein Pulver aus seinem Rucksack erwies sich als brauchbarer Seifenersatz. Schließlich befreite er seine Kleidung von Schmutz und Blut, so gut es ging, und legte sie wieder an. Er fühlte sich jetzt sehr erfrischt, fast wie neugeboren. ‚Nun ja, das war vielleicht nicht so sinnvoll, sich jetzt zu waschen, wenn wir nachher eh durch den Fluss gehen. Andererseits, wer weiß, was nachher auf uns zukommt. War wohl schon ganz gut.’ Zufrieden band Maelnar den Schild auf seinem Rucksack fest und lief dann langsam wieder zur Kirche. Dort setzte er sich in der Nähe der Pforte an die Wand, so dass ihm die Sonne direkt ins Gesicht schien. Wohlig entspannt schloss er die Augen und wartete auf das Aufbruchszeichen, im Inneren hoffend, dass ihm wenigstens noch ein paar Minuten der Ruhe vergönnt waren.
 
Saphir saß seit nunmehr einer Stunde auf dem Grasboden und beobachtete große, muskulöse Männer dabei, wie sie prahlerisch mit einer Hand ganze Menschen auf Karren verluden. Dass besagte Menschen dabei große Schmerzen litten, schien ihnen gar nicht aufzufallen. Einen Moment lang überlegte die Elfin, ob sie vielleicht einen der besonders groben Typenauf das Wohl seiner „Schützlinge“ ansprechen sollte, verwarf den Gedanken allerdings wieder. Streitereien konnten im Moment nur Probleme machen. Gedanken gingen durch Saphirs Kopf. Was war das für eine Wesenheit, und warum hatte sie ausgerechnet Saphir für ihre Geschenke bestimmt. Oder war das alles ihr Verdienst? Sollte ihr bisheriges Leben ur eine Illusion gewesen sein, oder vielleicht eine Prüfung? Saphir musste lächeln bei dem Gedanken, sich fortan Priesterin zu nennen. Dabei musste sie unwillkürlich an alte, runzlige Frauen denken, die verrückte Predigten von Verdammnis und Erlösung daherstammelten. Ihr Blick fiel auf den Bogen. Ihre Göttin meinte, dass das Ding im Ernstfall funktionieren würde. Eigentlich hatte sie große Lust, das zu testen, aber die Dämonen schienen alle schon verschwunden zu sein. Vielleicht würde das Teil dann magische Pfeile verschießen, oder sich zu einer anderen Waffe verformen. Überhaupt dachte Saphir nach, was für Magien sie nun einsetzen könnte.

“Versuche, die Wunden eines der Verletzten zu heilen“
Was war das?
„Frag nicht. Tu es“


Saphir stand auf und schritt auf einen der Männer zu, die stöhnend und blutend im Gras lagen. Sie zögerte. Was sollte sie tun? und würde es funktionieren?

“Hab Vertrauen. Deine Fähigkeiten sind sehr machtvoll, wenn du Vertrauen in sie hast“

Das war ein Wort. Saphir schüttelte alle Bedenken ab und hielt ihre Hand über eine böse, sich verfärbende Schnittwunde am Arm des schwitzenden, stammelnden Mannes. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Ein blaues Licht schien aus ihrer Handfläche, in welchem helle Lichtküglchen tanzten. Diese legten sich auf die Wunde des Mannes, die sich langsam zu schließen begann. Als sie geschlossen war, ging die Verfärbung auch langsam zurück, und die blauen Striemen, die von der Wunde ausgingen verblassten. Saphir öffnete die Augen. Sie staunte, und sah dem Mann in die Augen. Ein dankbarer Blick traf den ihren, und der Mann stand auf, um sich unverzüglich daran zu machen, den anderen zu helfen. Saphir fiel erschöpft ins Gras. Das also war eine ihrer Fähigkeiten. Allerdings erschöpfte sie das mehr als ein zweistündiger Dauerlauf um die Kirche. Mit dem Talent sollte erst noch geübt werden. Die frisch gebackene Heilerin setzte sich wieder ins Gras und verschnaufte. Gespannt erwartete sie die Abreise, um ihre neuen Fähigkeiten weiter auszuforschen.
 
Nachdem Gotrek sich in der Kirche umgesehen, aber niemanden bekanntes getroffen hatte, packte er sein Bündel und bewegte sich Richtung Ausgang. Der Gestank in diesem Krankenhaus war ja unerträglich!
Die Heiler hatten gute Arbeit geleistet, er spürte so gut wie nichts mehr von seinen Wunden. Ausserdem hatte er gut (und lange) geschlafen. Was noch fehlte zu seinem Glück war ein grosses Frühstück mit Fleisch, Käse, Wurst, Brot, Bier, und was noch so dazugehört bei einer Zwergenmahlzeit.
Er setzte sich an die Aussenmauer der Kirche und kramte in seinem Vorratsbeutel. Das Ergebnis war mehr als mager: nur ein altes Stück Brot und ein paar Streifen Dörrfleisch brachte er zutage. Ausserdem war seine Feldflasche schon fast leer und er glaubte nicht, dass er HIER noch etwas ess- oder trinkbares finden würde.
Er begann zu essen und liess seinen Blick über das zerstörte Dorf schweifen. Die Dämonen hatten ja saubere Arbeit geleistet, dachte er. Bis auf ein paar Grundmauern war alles eingerissen oder abgebrannt. Hier und dort stieg noch ein bisschen Rauch auf, zudem lagen überall Leichen am Boden, Dämonen und Menschen gleichermassen.
Bald wandte er seinen Blick vor dem schrecklichen Panorama ab und den herumstehenden Gruppen zu. Die Dorfbewohner schienen ihren Gesten nach heftig zu diskutieren, während die meisten Turnierteilnehmer gelangweilt herumstanden und auf den Aufbruch warteten.
Nachdem er sein kärgliches Mahl verzehrt hatte, stand Gotrek auf und näherte sich einer debattierenden Gruppe.
„Was ist denn so wichtig, dass ihr hier so herumschreit?“
Ein junger Mann drehte sich ihm zu:
„Diese Angsthasen hier wollen nicht durch den alten Wald nach Dor Gulin reisen, denn dort soll es spuken.“
Sofort entgegnete ein Bauer:
„Und ob es dort spukt! Aber die jüngere Generation hat keinen Respekt mehr vor solchen Dingen, es ist unerhört. Wir können uns gar nicht vorstellen, was die Wesen im Wald uns antun könnten, wir werden nicht durch den Wald ziehen.“
Der Streit setzte sich in ähnlichem Ton fort, aber der Zwerg wendete sich desinteressiert ab. Er glaubte nicht an Geister, jedenfalls nicht an solche, die er nicht mit seinem Hammer zermalmen konnte.
Nach einiger Überlegung fragte er schliesslich einen vorbeigehenden Mann, wer das Unternehmen leite. Um diese Information reicher machte er sich auf die Suche nach dem seltsamen Ritter. Schnell entdeckte er ihn, er stand in der Mitte des Kirchenplatzes und versuchte scheinbar, sein Schlachtross an einen Karren zu schirren. Gotrek näherte sich: „Guten Tag, Herr. Ich möchte nur sagen, dass ich mich eurem Zug nach Dor Gulin anschliessen werde.“
„Das ist gut, wir können jeden Mitstreiter brauchen.“ Antwortete der Ritter, und seine Stimmung hob sich sichtlich.
„Wir bilden gerade zwei Gruppen, eine wird die Leute durch den Wald geleiten, während die andere auf der Strasse eine falsche Fährte legt. Welcher wollt ihr euch anschliessen?“
“Zwerge eignen sich nicht zum Fährtenlegen, ich werde die Schutztruppe verstärken“ zwinkerte Gotrek dem Mann zu.
„Wie ihr meint. Wir werden in Kürze aufbrechen, entfernt euch also nicht mehr zu weit.“
Dann wandte sich der Ritter anderen Dinge zu und Gotrek gesellte sich zu einer plaudernden Gruppe, um sich die Zeit bis zum Aufbruch zu verkürzen.
 
Tim ging in der Mitte der Gruppe, die sich nun auf den Weg zum Wald gemacht hatte und hatte eine kleine Schar von Kindern um sich versammelt. Einige von ihnen hatten einen oder auch beide Elternteile während der Kämpfe verloren. Viele waren erschöpft und alle waren zu Tode geängstigt.
Der junge Mann versuchte sie ein wenig abzulenken, indem er ihnen Geschichten erzählte oder ihnen kleine Zaubertricks vorführte. Wenn eines der Kinder zu müde wurde, um alleine weiterzulaufen, trug er es ein kleines Stück auf seinen Schultern.
Bei diesen Gelgenheiten steckte er immer wieder seine Hand in einer der Taschen seines Mantels und berührte das Band, das er kurz vor ihrem Aufbruch an einem Baum hängend gefunden hatte.
Nasha hatte ein solches Band im Haar getragen, und die Haare, die noch daran hingen, hatten genau die gleiche Farbe wie ihres. Seit sie sich am Vorabend in der Kirche getrennt hatten, hatte er nichts mehr von Nasha gehört oder gesehen. Er hatte den ganzen Morgen während der Vorbereitungen auf den Aufbruch nach ihr Ausschau gehalten, konnte sie jedoch nirgends entdecken. Tim versuchte sich einzureden, dass sie wahrscheinlich bei der Gruppe war, die die falsche Fährte legte, aber er wollte selbst nicht so recht daran glauben.
Seufzend lächelte er den Kinder zu und betrachtet ihren Zug.
Ein kurzes Stück vor ihm rumpelten die Wagen mit den Schwerverletzten über den steinigen Weg. Man hatte versucht, es ihnen so bequem wie möglich zu machen, doch es waren einfach zu viele und sie hatten zu wenige Pferde gehabt, um mehr Wagen mitzunehmen. Bei jedem Stein oder Schlagloch drang ein leises Stöhnen von den Karren zu ihnen herüber.
Sie kamen nur langsam voran, denn viele Verletzte, die es nicht ganz so schlimm getroffen hatte, mussten zu Fuss gehen. Viele wurden von anderen Dorfbewohnern gestützt oder lehnten sich auf behelfsmässige Krücken.
Tim hoffte, dass die falsche Fährte, die von der zweiten Gruppe gelegt wurde, eventuelle Verfolger ablenken würde. Doch noch viel mehr hoffte er, dass es keine Verfolger geben würde und dass sie Dor Gulin sicher erreichten.
 
Glücklicherweise war es nicht besonders weit bis zum Fluß – nun ja, es war eigentlich nur ein breiter, recht langsam fließender Bach, dessen Wasserspiegel dem Ritter an der höchsten Stelle gerade mal bis zu den Knien reichte.
Es stellte sich trotzdem als ziemlich mühselig heraus, die Karren durch das unebene Flußbett zu bringen. Mehrere Male mußte von hinten nachgeholfen werden, wenn wieder ein Rad in einer Mulde festsaß und die Pferde aus dem Dorf drohten, jeden Moment zusammenzubrechen. Doch unerklärlicherweise hielten sie durch und schafften es sogar, ihre Last wieder ans Ufer zu ziehen, nachdem sie den schützenden Wald erreicht hatten.
Die meisten der Dorfbewohner waren inzwischen zu erschöpft, um noch an die Geister zu denken, die ja angeblich hier ihr Unwesen treiben sollten, doch dem Ritter waren die gelegentlichen nervösen Blicke einiger der zäheren Leute nicht entgangen. Großartig, wenn die sich jetzt schon so aufführten, mit was durfte er dann erst rechnen, wenn sie ihr Nachtlager aufstellten? Die Wachen mußten jedenfalls sorgfältig gewählt werden, sonst würde wohl keiner ein Auge zutun.
Unvermittelt kam ihr Vormarsch zum Stocken und der Ritter seufzte, als er erkannte, daß der vordere Karren im feuchten Waldboden stecken geblieben war. Schon wieder.
Es gab hier zwar ein regelrechtes Netzwerk aus Trampelpfaden, auf denen sie sich bisher gehalten hatten, doch die Erde war einfach zu weich für die schwer beladenen Wagen. Auch wenn inzwischen immer ein paar der kräftigeren Männer nebenher gingen, dauerte es doch jedes Mal ein paar Minuten, bis sie das Rad aus dem Dreck ziehen konnten. Minuten, in denen die übrigen Dorfbewohner herumstanden und genügend Zeit hatten, um ängstliche Blicke in das Dickicht um sie herum zu werfen und ihren kostbaren Atem damit zu verschwenden, sich gegenseitig Horrorgeschichten zuzuflüstern.
In seinem Zorn über den totalen Mangel an Disziplin in ihrem Haufen stemmte sich der Ritter noch stärker gegen die Rückseite des steckengebliebenen Wagens, und mit den vereinten Kräften von ein paar weiteren Männern schafften sie es schließlich, das Rad mir einem schmatzenden Geräusch aus der feuchten Erde zu befreien.
Keuchend vor Anstrengung stützte sich der Ritter für einen Moment auf den Knien ab, um wieder zu Atem zu kommen. Seine Schulter pochte wie wild und er fröstelte in der ärmellosen Tunika, die er sich von einem der Toten ‚geborgt’ hatte, aber wenigstens spürte er den Streifschuß am Hals nicht mehr. Der Heiler in der Kirche hatte wirklich ganze Arbeit geleistet; normalerweise lief man mit solchen Verletzungen nicht nach ein paar Stunden schon wieder fröhlich durch die Gegend.
Von der Pfeilwunde in Vulcans Flanke war inzwischen sogar fast überhaupt nichts mehr zu sehen und der Ritter fragte sich, ob dieser Reoth noch mehr konnte, als Heilmagie zu wirken... Aber es war noch zu früh dafür. Er konnte es sich einfach nicht leisten, sinnlose Panik zu verbreiten, besonders, da die Leute sowieso schon glaubten, in dem Wald spuke es. Die paar Tage lang würde er es wohl noch schaffen, schließlich hatte er es schon knapp ein Jahr lang damit ausgehalten.
Andererseits – wer behauptete, daß er es überhaupt loswerden konnte? Vielleicht war er ja einfach nur verrückt, und es war das Resultat davon?
Hastig verdrängte er den Gedanken und versuchte, sich auf die momentane Situation zu konzentrieren. Nach den beinahe senkrecht durch das Blätterdach fallenden Sonnenstrahlen zu urteilen war es bald Mittag, und die meisten der Leichtverwundeten konnten sich sowieso kaum mehr auf den Beinen halten. Also würden sie wohl Rast auf der kleinen Lichtung machen müssen, die einer der Späher vor kurzem entdeckt hatte.
Insgeheim hoffte der Ritter, daß die Leute im direkten Sonnenlicht ihren ‚Hexenwald’ endlich als den stinknormalen Wald erkennen würden, der er war, anstatt die Quelle für irgendwelche Schauergeschichten. Das ständige Zwielicht und das Rascheln diverser Waldtiere im Unterholz war natürlich bestens dafür geeignet, die Fantasie anzuregen.
Doch plötzlich erscholl ein allzu reales, durchdringendes Heulen von der Spitze der Kolonne und die Dorfbewohner erstarrten. Ulrich warf dem Ritter einen anklagenden ich-habs-Euch-doch-gesagt-Blick zu, dessen Wirkung jedoch erheblich durch seinen gleichzeitig entsetzten Gesichtsausdruck abgeschwächt wurde.
Der Ritter ignorierte ihn völlig und war schon auf halbem Weg zum Ursprung des Geräusches, als sich mehrere menschliche Schreie zu einem sich von allen Seiten schnell nähernden Rascheln mischten. Es klang fast wie das Trappeln von unzähligen Pfoten auf dem Waldboden, doch das sie begleitende hechelnde Keuchen ließ den Ritter endlich ihren Gegner erkennen.
„Wölfe!“ Soviel zu bösen Waldgeistern und anderem Spuk.
Ein paar der mutigeren Männer griffen nun endlich zu ihren Waffen, als sie die Überraschung abgeschüttelt hatten, doch keinen übernatürlichen Wesen gegenübertreten zu müssen, und hasteten kampfbegierig nach vorne.
Diese Idioten! „Deckt die Flanken, verdammt!“
Doch es war zu spät. Das Rudel hatte sie schon eingekreist und überall aus dem Gebüsch sprangen die struppigen Tiere hervor, um sich auf ihre Beute zu stürzen. Innerhalb von Sekunden verwandelten sich die schreckensstarren Dorfbewohner in ein chaotisches Durcheinander aus panisch davonlaufenden Kindern, von hinten nachdrängenden Bewaffneten und geifernden Wölfen, die sich auf alles stürzten, was sich bewegte.
 
Sungila lag im Gras und zog an seiner Pfeife. Sein Lagerfeuergefährte war irgendwo hingegangen. Geistesabwesend sog er den Rauch in die Lunge und stieß ihn gen Himmel. Er dachte über das brutale Gemetzel nach. Fast wie damals als er noch jung war. Damals waren die Reiter aus dem Süden in seine Heimat eingefallen. Sungila verbannte die Bilder der grimmigen, mit Tüchern verhüllten Reiter aus seinem Kopf und rappelte sich auf. Leise trat er in die kühle Halle der Kirche. Da lag eine Frau, die offenbar einen Albtraum litt. Ihr weißes Haar fiel lang über ihren in ein silbernes Kleid gehüllten Körper. Sungila schüttelte sie kurz. Sie schlug die Augen auf. Ein braunes und ein saphirblaues. Sungila wies sie darauf hin, dass sie offenbar schlecht geträumt habe und stand dann wieder auf um ins freie zurückzukehren. Im laufe des Vormittages hatte er erfahren, dass es zwei Gruppen geben solle. Eine die die Dorfbewohner beinhaltete und einige Kämpfer um sie zu führen, und eine andere die Spuren legen sollte. Er entschied sich dafür, die Dorfbewohner zu begleiten. Eigentlich würde seinen Fähigkeiten eher die andere Aufgabe entsprechen, aber er würde als Kundschafter sicherlich gute Dienste leisten können. Sungila trat das Feuer aus und warf sich die Tasche über. Er machte sich mit geschultertem Kampfstab auf ins Dorf, um sich Proviant zu suchen.

In den schwelenden Ruinen fand Sungila eine Hütte, die noch nicht in Mitleidenschaft gezogen schien. Er trat hinein. Es war dunkel und roch nach Käse. Als seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt waren, merkte er, dass er sich nicht geirrt hatte. Da lagen Tatsächlich mehrere Leiber Käse, und sogar ein ganzes Stück geräucherten Speckes lag dabei. Der Waldläufer nahm sich einen Leib Käse, sowie den Speck und packte ihn in seine Tasche. Er trat wieder hinaus in den Tag. Als er wieder oben war setzte sich der Zug gerade in Bewegung. Er besah sich die Chaoten, die Spuren legen wollten. Sein Mund verformte sich zu einem leicht sarkastischen Grinsen. Danach schloss er sich den „Spurenlegern“ an.
 
Resigniert stapfte Gotrek aus dem Schlammloch, aus dem sie den überladenen Karren zum mindestens fünften Mal hatten herausziehen müssen. Obwohl er selbst unter Zwergen als ziemlich mutig galt, hatte er beim Anblick der grünen Mauer links und rechts des Weges ein ziemlich mulmiges Gefühl im Bauch, weshalb er keine unnötigen Verzögerungen wollte. Diese Wälder waren etwas für verdammten Elfen, nicht für Zwerge.
Er seufzte, als der Karren nunmehr zum sechsten Mal in einer sumpfigen Stelle absackte und stehen blieb.
„Wollt ihr jetzt endlich helfen?!“, knurrte er die herumstehenden Leute an, die schon wieder ängstlich ins Dickicht starrten. Einige drehten sich um machten Anstalten, den Karren anzuschieben.
„Nein nicht dort, hier müsst ihr drücken!“ brüllte Gotrek, als sie alle an einem anderen Ort versuchten, etwas zu bewegen. Mit Hilfe der Pferde, die seltsamerweise noch nicht zusammengebrochen waren, löste sich der Wagen und fuhr weiter.
Gotrek wischte sich dein Schweiss von der Stirn, als ihn plötzlich ein gruseliges Heulen erschaudern liess. Gab es hier jetzt doch Geister? Die Dorfbewohner zuckten zusammen und drängten sich um den Wagen.
„Seht ihr, ich habe es doch gesagt“, wisperte eine alte Frau, doch schon drang der Ruf „WÖLFE!“ an die Ohren des Zwergs. Mit einem grimmigen Lachen hob er seinen Hammer vom Rücken, setzte seinen Helm auf und eilte nach vorne. Als er ankam, war das Gemetzel schon im Gange. Die schutzlosen Dorfbewohner rannten voller Panik durcheinander, während ein paar wenige mutigere Leute ihre Waffen gezogen hatten.
Wuchtig liess Gotrek seinen Hammer auf den Schädel des ersten Raubtieres fallen. Dann führte er einen mächtigen Hieb zu Seite, welcher gleich zwei der Tiere mit zerschmetterten Rippen gegen einen Baum fliegen liess.
Er kämpfte sich zu der Gruppe durch, die in der Mitte des Durcheinanders stand. Doch plötzlich fiel ihn ein Wolf von hinten an, und er stürzte. Sein Hammer entglitt ihm, etwas hartes traf ihn am Hinterkopf, und er glitt in eine tiefe Dunkelheit hinein.
 
Ugo fand es im Wald gleich viel angenehmer. Das Licht war hier gedämpfter, die Geräusche klarer, und die Luft! Alles wieder sein gewohntes Metier.
Nur war der Boden eine Grausamkeit. Die Pferde hatten mit den Wagen grosse Probleme, und immer wieder blieb eines der Räder in der feuchten Erde stecken.

Ugo hatte es sich etwas leichter gemacht. Nachdem sie endlich im Wald waren, auf den seine Augen am Besten abgestimmt waren, hatte er den normalen Weg verlassen und lief nun auf den grasigen Flächen neben dem Weg vor und zurück und spähte nach Feinden, während die Menschenmenge weiter vorrückte. Es hatte die Vorteile, dass Ugo sich nicht so dreckig machte, denn die nicht so zertretene Erde war auch weniger "abfärbend" als der matsch auf dem Weg, und vielleicht nahm er einigen der Zivilisten die übertriebene Angst vor dem Wald, in dem sie allerlei Gelichter zu wissen glaubten.
Ugo kannte die Wälder, und wusste, dass jedes Geräusch darin seinen ganz natürlichen und normalen Urpsrung hatte. Das Hämmern eines Spechtes mochte seltsam verzerrt klingen, wenn der baum, an den er klopfte, hohl war. Und einem Käuzchen konnte die Stimme schon einmal umkippen, so dass es schaurige Laute von sich gab. Aber im Grunde waren alle Geräusche des Waldes mehr Musik für ihn, als dass er verstehen konnte wie jemand abergläubische Gedanken gegen die Welt der Bäume hegen konnte.

Wolfsgeheul um die Mittagszeit war allerdings kein gutes Zeichen. Wölfe waren tagsüber kaum aktiv. und vor allem heulten sie dann nicht so angriffslustig! Ugo legte einen Pfeil auf den Bogen und horchte an einen Baum gelehnt.
"Wölfe!" kam ein Ruf von der Karawane herüber, und dann "Deckt die Flanken, verdammt!"

Ugo machte sich auf die Socken, trotz der Gefahr jedem Schlammloch ausweichend. Wie waren die Wölfe an ihm vorbei gekommen, ohne dass er etwas gemerkt hatte? Wie auch immer, selbst ein ganzes Rudel Wölfe war mit geügend grosser Einschpchterung zu verscheuchen. Und den Biestern jetzt in die Flanken zu fallen, das konnte er jetzt ausserordentlich gut.
 
Endlich waren sie aufgebrochen. Eigentlich viel zu spät, doch es ließ sich nicht ändern und voran kamen sie auch nicht wirklich. Die Karren blieben immer wieder im matschigen Waldboden stecken und die verängstigten Dorfbewohner schickten sich nicht zu beeilen. Er konnte ihnen zwar immer wieder sagen dass es in diesem Wald nicht spuken würde, er als Magier des Lichtes spürte das, doch bei jeder Verzögerung, bei der die Gruppe zum Stehen kam, warfen sie neue ängstliche Blicke ins Dickicht.

Reoth begleitete hauptsächlich die Karren. Hier waren die am schwersten Verletzten hingelegt worden und hier konnte er am meisten helfen. Immer wieder wandt er kleinere Heilsprüche an um die Leiden ein wneig zu lindern, sparte aber seine Kräfte. Auch den Pferden, wenn man diese Klepper überhaupt so nennen konnte, bekamen etwas von seiner heilsamen Magie zu spüren, ansonsten wären sie schon lange zusammengebrochen.

Es ging auf Mittag zu, als sie mal wieder aus einem Schlammloch gekommen waren und die Gruppe sich wieder in Bewegung setzte. Doch dann stoppten sie wieder, 'Wölfe!' war aus mehrere Richtungen zu hören. Wie gut das Reoth seine Kräfte gespart hatte, er kniete sich in eine gedeckte Ecke und konzentrierte sich. 'Ich mag zwar wie ein alter Mann aussehen' dachte er bei sich 'aber wehrlos bin ich nicht!'
 
Maelnar saß auf einer der überhängenden Stellen des Ufers. Nachdenklich sah er zu, wie das langsam strömende Wasser seine nackten Füße umspielte und dahinter kleine Wirbel entstehen ließ. Der Fluss war meist nur knöcheltief, was ein rasches Vorankommen ermöglicht hätte, wäre da nicht das sandige Flussbett gewesen, in dem die Wagen immer wieder stecken blieben. So auch jetzt. Maelnar hätte den Menschen geholfen, das Gefährt wieder flott zu machen, wenn er sich etwas besser gefühlt hätte. So hatte er den kürzlich erlernten Heilspruch an sich angewandt und seine verbliebenen Kräfte aufgespart. Neben ihm kauerte Ugo im Schatten von einem der wenigen Büsche, die Augen geschlossen. Als sein Blick auf den Gefährten fiel, erinnerte sich Maelnar, wie er aus dem Dorf aufgebrochen und mit Ugo zusammengetroffen war.

Er war aufgeschreckt, als eine Gruppe lärmender Krieger an ihm vorbei lief. Dabei waren ihm die Bücher, in denen er im warmen Sonnenschein gelesen hatte, von den Knien gerutscht. Er war dann an den sich versammelnden Dorfbewohnern vorbei zum Kircheneingang gehumpelt und hatte sich in der nun fast leeren Halle nach bekannten Gesichtern umgeschaut. Da er keinen seiner Gefährten entdecken konnte, hatte er sich zum Gehen umgewandt, und dabei war sein Blick an der Kirchenpforte hängen geblieben. Mit Erstaunen hatte er darin ein Geflecht von Runen wahrgenommen, und selbst mit seinen eher ungeübten Sinnen hatte er gefühlt, dass einige von ihnen sehr mächtig waren. Tief in Gedanken versunken, wer dieses hoch komplizierte Werk vollbracht hatte, und das in dem Durcheinander des Kampfes, hatte er sich an das Ende des Zuges gesetzt, dem er trotz seiner Schwäche gut folgen konnte.

Bei dem Versuch, den Anfang der Karawane auszumachen, war ihm eine Gestalt aufgefallen, die sich irgendwie seltsam benahm. Wäre der Kampf um das Dorf nicht schon geschlagen worden, hätte Maelnar ihn direkt für einen Feind gehalten, da die Person versuchte, sich ständig im Schatten parallel zu der Häuserfront zu bewegen. Andererseits war er das Gefühl nicht losgeworden, dass er diesen Mann kannte. Die Gestalt hatte schließlich versucht, mit gesenktem Kopf eine größere, sonnenbeschienene Fläche zu überqueren. Da aber sich an dieser Stelle der Weg verengte, war der Mann schon nach wenigen unsicheren Schritten mit einem der Pferde des Zuges zusammengestoßen. Das Pferd hatte gescheut und wäre fast ausgebrochen, nur dank des raschen Eingreifens des Karrenlenkers, der den Mann mit wütenden Blicken bedacht hatte, konnte das Tier gebändigt und besänftigt werden.

Zu diesem Zeitpunkt war Maelnar am Ort des Geschehens eingetroffen und hatte die Gestalt als Ugo erkannt. Er hatte ihn angesprochen, doch es hatte ihm geschienen, als wenn sein Gegenüber ihn nicht erkennen würde. Ugo hatte durch seine Finger geblickt, immer mal wieder das eine oder das andere Auge schließend, und bei der sich entspinnenden Unterhaltung hatte Maelnar dann den Eindruck bekommen, dass Ugo im hellen Sonnenlicht schlecht sehen konnte. So war er auf die Idee gekommen, den Bogenschützen zu begleiten, und dieser hatte nach kurzem Zögern zugestimmt.

Maelnar grinste, als er daran dachte, wie sie zusammen ausgesehen haben mussten – ein fußlahmer Beschwörer und ein fast blinder Bogenschütze, die beinahe wie ein altes Ehepaar zusammen liefen, jeder bei Bedarf den anderen stützend. Er hatte Ugo ein paar Dinge aus seiner Ausbildung und Wanderschaft erzählt, und dieser hatte interessiert zugehört. Als sie dann in das Flussbett eingebogen waren, hatte sich die Rollenverteilung etwas geändert. Jetzt war es Ugo, der Maelnar mehrmals vor Stürzen ins feuchte Nass bewahrte, da sein Gang hier nicht besonders sicher war.

Dies gerade war die längste Pause, wo sich die Leute abmühten, den Wagen wieder flott zu bekommen, doch der Wald war nicht mehr weit. Endlich ging es weiter, und kurz darauf bogen sie auf einen schmalen Waldweg ein. Die Umgebung nahm Maelnar gefangen. Licht fiel durch die hohen Baumwipfel auf die Erde und ließ tanzende Muster entstehen. Hier und da im Unterholz raschelte es, und der Duft des Wald stieg ihm in die Nase. Ugo indes schien hier eine Veränderung zu durchleben. Seine Gestalt straffte sich, und er blickte um sich, zwar mit zusammengekniffenen Augen, doch anscheinend hochkonzentriert. Er wandte sich zu Maelnar um und meinte, dass er sich kurz von ihm trennen wollte, um um den Zug zu patrouillieren.

Das Flüstern der Dorfbewohner hatte jetzt an Intensität zugenommen. Maelnar erinnerte sich an die Gerüchte von Gespenstern, die bei der Besprechung aufgekommen waren. Sicher, es gab Geister, das wusste er nur allzu gut. Doch auch diese waren mit etwas Geschick besiegbar. Wieder hatte die Karawane gehalten. Weiter vorne konnte Maelnar jetzt sehen, dass sich dort der Wald zu einer Lichtung öffnete. Aber zur selben Zeit hörte er auch Rufe, Schreie und unmenschliche Geräusche, und die Menschen im Zug gerieten in Aufregung. Was war nur dort vorne los?

„Wölfe!“, rief plötzlich jemand am Anfang des Zuges, und die Nachricht pflanzte sich in Windeseile zum Ende fort. Wölfe? Maelnar musste etwas nachdenken, bis er ein Bild dieser Tiere im Kopf hatte, und beinahe zur selben Zeit sah er auch einige dieser Bestien durch das Gebüsch brechen. Nein, diese Geschöpfe waren gewiss nicht zum Spaßen aufgelegt. Rasch verschwand er hinter einem Busch, kniete dort nieder und konzentrierte sich. Leise murmelnd wirkte er eine Beschwörung, im Stillen hoffend, dass dieses Ergebnis besser ausfiel als am Tage zuvor, zumal er vorhin dazu noch etwas im Buch gelesen hatte. Als er wieder die Augen öffnete, erblickte er das Resultat seines Zaubers. Es war, wie gewünscht, wieder ein Lehmgolem, doch war er, anders als erhofft, nicht größer geworden als beim letzten Mal und reichte ihm wieder nur bis zum Knie. Maelnar seufzte, entweder machte er immer noch irgendetwas falsch, oder er war einfach nicht fähig genug. Er sah sich den Golem noch mal näher an, und er konnte ein leichtes blaues Leuchten in dessen Augenhöhlen erkennen, was sein Herz einen Sprung machen ließ.

Er trat wieder aus dem Gebüsch heraus und schaute sich den entstehenden Kampf an, da der Golem sich sogleich auf einen Wolf gestürzt hatte, der in der Nähe eine Frau mit Kleinkind bedrohte. Dieser wandte sich dem neuen, wenn auch ungewöhnlichen Gegner zu und biss dem Golem mit erstaunlicher Schnelligkeit die halbe Schulter weg. Maelnar erschrak, doch dann fiel ihm ein, dass diese Art von beschworenen Wesen sich regenerieren konnte. Der Lehmgolem hatte inzwischen einen Treffer an den Hals des Raubtieres gelandet, wo sich etliche Frostkristalle bildeten, und mit einem Schlag an die empfindliche Schnauze nachgesetzt, die sofort blau anlief. Der Wolf jaulte auf und machte vor diesem seltsamen Gegner kehrt, doch, wie es Maelnar schien, ziemlich langsam und steif.

Seine Aufmerksamkeit wurde jedoch plötzlich auf das Geschehen weiter vorne am Rande des Zuges gelenkt, als er sah, wie ein Zwerg von einem Wolf von hinten angesprungen und umgerissen wurde. Der Kämpfer schlug auf dem Boden auf und rührte sich nicht mehr. Zwei weitere Wölfe näherten sich, und die drei Tiere knurrten sich an. Maelnar wartete, vielleicht war der Zwerg, von dem er hoffte, dass es nicht Proxam war, ja nur benommen und würde sich gleich zur Wehr setzen. Doch als er nach einigen Augenblicken noch immer bewegungslos dalag und eines der Tiere schon nach seinem Bein schnappte, wusste Maelnar, dass er nicht mehr länger zögern konnte. Er bewegte seine Lippen und zeichnete eine komplizierte Formel in die Luft, immer die Wölfe anstarrend. Diese zuckten plötzlich zusammen, legten ihre Ohren an und blickten sich mit geweiteten Augen um, rührten sich aber nicht von der Stelle. Nun, da musste er wohl den Fluch noch mal etwas stärker aussprechen. Auf eine weitere Handbewegung hin fingen die Tiere an zu zittern, zogen dann den Schwanz ein und rannten schließlich laut jaulend und winselnd tief geduckt davon.

Maelnar hatte allerdings kaum Zeit, sich über seinen Erfolg zu freuen, denn in dem Moment sah er einen riesigen Wolf auf sich zu schießen. Er schaffte es gerade noch, mit der einen Hand den Fluch von Zwerg zu heben und mit der anderen zwei Magiegeschosse loszulassen, dann hatte das Tier ihn schon erreicht und mit einem gewaltigen Satz angesprungen. Maelnar fühlte den heftigen Aufprall des Wolfes auf seiner Brust, was die Luft schmerzhaft aus seiner Lunge entweichen ließ. Er wurde von der Wucht umgerissen und machte beinahe eine Rückwärtsrolle auf seinem dicken Rucksack. Der Angreifer wurde durch den Schwung nach hinten geworfen und kugelte noch einige Schritte weiter. Maelnar fühlte sich indes beinahe wie ein Käfer, der zappelnd auf seinem Rückenpanzer liegt und panisch mit seinen Gliedmaßen strampelt, um wieder auf die Beine zu kommen. Mit Mühe rollte er sich auf den Bauch und richtete seinen Blick nach vorn. Der Wolf kam gerade angehumpelt, anscheinend hatten die Geschosse ihn nur gestreift. Aber als Maelnar sich erheben wollte, fühlte er eine schwere Last auf seinem Rücken. Er wandte seinen Kopf, doch ein Schnappen dicht neben seinem Gesicht ließ ihn erstarren. Ein bösartiges Knurren drang in seine Ohren, und aus den Augenwinkeln konnte er die von Geifer triefenden Zähne eines weiteren Wolfes erkennen. Vorsichtig wandte Maelnar seinen Blick dem ersten Angreifer zu. Dieser hatte kurz vor ihm Halt gemacht und ließ ein tiefes Grollen hören, den Artgenossen, der ihm anscheinend seine Beute streitig machen wollte, mit einem irren Blick fixierend. Maelnar schlug das Herz bis zum Hals. Mit einem der Wölfe würde er wohl fertig werden, doch mit beiden? Und wie lange würde dieses Patt anhalten?
 
Sungila hatte sich der kleineren Gruppe angeschlossen. Sorgsam hatten sie bis jetzt deutliche Spuren gelegt und hatten nun eine kurze Rast eingelegt. Sungila lag im Gras, kaute an einem Halm und spähte in die Luft, aus der gerade ein kleiner Eisvogel auf ihn zu kam. Er erhob sich um das Tier zu empfangen, und ihm die Nachricht an seinem Bein abzunehmen. Sie war in elfischen Buchstaben verfasst:

Lieber Freund.
Dunkle Zeiten brechen an, und die Eisvögel werden nachlässig. Ich bitte dich, dich des blauen Edelsteins meines Ordens anzunehmen, da die Lüge ihn verdunkelt. Wohin er auch gehen mag, begleite ihn und sei stets an seiner Seite. Vergiss nicht auf dein Versprechen damals.


Sungilas Blick schoss zu der Elfin in schwarzem Mantel, die mit trübem Blick da stand und schließlich umfiel. Er ging auf sie zu und wartete, bis sie erwachte. Der Name der Elfin war, das wusste er aus dem Brief, Saphir.


Saphir ging etwas hinter der Spurenlegergruppe her, um mit ihren Gedanken alleine zu sein. Etwas stimmte nicht. Wieso sollte sie plötzlich Stimmen hören und andere Kleidung tragen. Das war schon etwas mysteriös. Gerade meldete sich die Stimme wieder: "Woran zweifelst du? Und warum bist du nicht in der selben Gruppe wie der Ritter. Er ist etwas Böses und muss zerstört werden." Plötzlich zeriss ein Blitz in ihrem Unterbewusstsein ihre Gedanken. Ein gequälter Aufschrei tönte durch ihren gesamten Kopf und plötzlich fühlte sie, wie sie innerlich zu verbrennen schien. Ihr wurde für einen Moment schwarz vor den Augen.
Nachdem Saphir sich wieder gefasst hatte, kniete sie auf dem Boden. Ein Mann blickte sie mit besorgtem Blick an. Er bot ihr die Hand an, die sie ergriff, und er zog sie auf die Beine.
"Ihr seid Saphir, habe ich recht? Mein Name lautet Sungila"
"Ja, aber... woher?"
"Ich bin ein Freund eures Ordensmeisters. Einige Male habe ich in den Hallen des glorreichen Helêdir-Ordens Unterschlupf gesucht. euer Herr hat mir ... eine Botschaft zukommen lassen. Offenbar standed ihr unter dem Einfluss eines Dämonen. Einer der SChergen Belials vermutlich"
"Der Herr der Lügen und Illusionen" flüsterte Saphir, die ihre Gedanken geordnet hatte.
"Ich jedenfalls soll euch begleiten, und euch unterstützen. Ich werde dies tun, da ich noch eine SChuld bei eurem Ordensherrn habe."
"Was für eine Schuld?"
Der Mann grinste Saphir unter seinem strähnigen Haar heraus breit an.
"Ich habe beim Mühlespiel verloren"
Saphir rang sich ein Lächeln ab, musste sich aber gleich darauf geräuschvoll in den nahestehenden Busch erbrechen.
"Und woher weis ich, dass ihr ein Freund meines Ordensmeisters seid?"
Sungila zog eine Kette unter seinem grauen, zerfetzten Umhang hervor, an der ein aus einem Saphir geschniffener kleiner Vogel baumelte.
"Ich denke das dürfte reichen. Nun kommt. Ich denke unsere kleine Gruppe braucht eine echte Magierin als Unterstützung."
Saphir, immernoch etwas benommen, zog ihren schwarzen Mantel enger an sich. Ein zufriedenes Lächeln ging über ihre Lippen, als sie die Wurfmesser und den Dolch fühlte, die unter ihrem Mantel verborgen waren. Von nun an würde sie sich in Acht nehmen, vor Wesen, die ihr sogar andere HAarfarbe und Kleidungsstücke vorgaukeln konnten.
 
Langsam kam Reoth mit seiner Beschwörung zum Ende. Die Schreie der Frauen, Kinder und Krieger um ihn herum konnte er kaum noch wahrnehmen. Er war in vollkommender Konzentration.

Reoth streckte die rechte Handfläche nach oben. Ein leichtes, weißes Glimmen umgab diese. Auch die linke Hand, die von ihm nun langsam über die rechte geführt wurde, hatte dieses glommen. Beide Handflächen waren nun gegenüber und zwischen ihnen bildete sich plötzlich ein kleiner Lichtblitz. Reoths linke Hand wanderte nach links und unter ihr bildete sich etwas längliches. Immer mehr nahm das Objekt form an, erst wenige Zentimeter, einen halben Meter, ein ganzer Meter... bei fast eineinhalb Metern kam sie zum Stoppen und nach kurzem Verharren in dieser Position konnte jeder erkennen, was nun in der Hand des Heilers ruhte: ein weiß leuchtendes Schwert!

Es mag merkwürdig ausgesehen haben für Außenstehende: Ein offensichtlich vom Alter heimgesuchter Mann mit schlohweißen Haar und einem gleichfarbigen Bart, der ihm bis unter die Brust reichte stand in erster Reihe. Der, der für alle als Heiler aufgetreten war stand nun da, mit einem eineinhalbhänder, einem BASTARDschwert in seinen kundigen Händen und parierte die Angriffe von Wölfen. Wie konnte ein Heiler Wunden schlagen?

Reoth konnte es, und die meisten waren froh darum, denn in seinen Angriffen spiegelte sich jahrelanges Training und Übung wieder. Immer wieder führte er abwechselnd das Schwert mal mit beiden, mal mit einer Hand, um die andre frei zu haben. Mit dieser wirkte er unauffällige, schwache Zauber, gerade stark genug die Wölfe für einen kurzen Moment zu blenden, ihn aber auf Dauer nicht zu ermüden.

Immer wieder kam es zu Situationen, in denen sich Reoths Angewohnheit bezahlt machen. Zu jedem den er geheilt hatte und dessen Wunden überwacht werden mussten, hatte Reoth eine mentale Verbindung aufgebaut und immer wenn er eine Erschütterung spürte, sprintete er von einer Flanke zu der anderen, um seinen Schützling zu beschützen. Und so kam er mal wieder zu dem jungen Totenbeschwörer. Maelnar lag bereits am Boden als er ihn erreichte, von zwei zähnefletschenden Wölfen zu Boden geworfen, den einen auf seinem Rücken, den anderen vor sich.

Während sich die beiden Wölfe gegenseitig die Beute streitig machen wollte, konnte Reoth sich vorsichtig anschleichen. Der verdutzte Blick der Wolfes, als er den weiß glühenden Mann hinter seinem Rivalen war wohl für Maelnar ein Zeichen dass Hilfe da war. Denn kurz nachdem Reoth den Wohl auf Maelnars Rücken um seinen Kopf erleichtert hatte, sprang dieser, nun ohne drückendes Gewicht auf dem Rücken auf alle Viere und konnte mit einer Beschwörung den anderen, gerade flüchtenden Wolf die Seite zerfetzen.

"Danke" war die knappe Antwort des jungen Totenbeschwörers, der eine Miene aufspielte, wie ein Anfänger, der mal wieder von seinem Mentor aus einer misslichen Lage gerettet werden musste.
"Nichts zu danken" antwortete Reoth. Doch der Angriff war noch nicht vorbei, wieder spürte er, dass der Wagen mit Verwunderten angegriffen wurde und wieder war Reoth unterwegs zum Kampf.
 
"Wölfe!" durchzuckte es Tim.
"Warum Wölfe? Wieso griffen sie eine so große Menschengruppe an?"
Schnell scheuchte er die Kinder zu einem der Wagen und bedeutete ihnen, dort zu bleiben.
Dann sah er sich um.
"Feuer! Sie brauchten Feuer. Wölfe fürchteten sich doch vor Feuer. Doch woher sollte er jetzt ein Feuer nehmen? Trockenes Holz lag genug herum, aber in so kurzer Zeit würde er kein Feuer entfacht bekommen."
Sein Blick glitt über das Kampfgeschehen. Überall wehrten sich die Menschen mit der Kraft der Verzweiflung, doch sie waren unkoordiniert und liefen häufig durcheinander und sich gegenseitig in den Weg.
Plötzlich sah er ein paar Meter entfernt einen Greis mit einem leuchtenden Schwert, der einen anderen vor dem Angriff zweier Wölfe rettete. Der Zweite, ungleich jünger als die Gestalt mit dem Schwert, schoss etwas aus ihren Fingern.
"Magie! Das mußte Magie sein!"
Tim rannte auf die beiden zu und griff sich im Laufen einen dicken Ast.
"He! Kann einer von euch beiden diesen Ast entzünden? Wir müssen die Kinder schützen!"
 
Langsam schnitt die geschwungene Klinge des Dolches quer über den Zeigefinger und ließ eine dünne rote Spur zurück. Die scharfe Klinge teilte die Haut mühelos, durchtrennte langsam das Fleisch und ließ Blut über den Finger strömen. Das hellrote Blut, frisch aus der Wunde fließend, begann langsam Tropfen für Tropfen seine Reise Richtung Boden anzutreten. Auf ihrem Weg zum Erdboden nur von einem sanften Windhauch begleitet, tropfte das warme Blut auf die kalte Erde. Die Flüssigkeit versank so schnell im Boden das man meinen könnte, er würde sie gierig verschlingen. Die junge Frau verzog leicht die Miene als sie mehr Blut aus der Wunde presste. Schließlich war genug Blut auf den Runen und Spiralen, die sie in die Erde geritzt hatte. Ohne Hast richtete die Frau sich auf und schob sich den blutenden Finger in den Mund. Während sie, an dem Finger nuckelnd wartete bis die Blutung nachließ, kramte sie mit der anderen Hand in einer Tasche und zog ein Tuch heraus. Die Farbe des Tuches war einmal weiß, aber das ist lange her und nun konnte man die zahllosen Flecken kaum unterscheiden. Gemächlich wischte die Frau ihren Dolch an dem Tuch ab und schob ihn dann in seine Scheide.
Mit der unverletzten Hand durch ihr Haar fahrend, verschnaufte sie einen Moment, ließ die Ruhe des Waldes auf sich einwirken bevor sie mit der Beschwörung fortfuhr. Mit eingeübter Präzision und Konzentration begann die Frau ihre Hände über dem Runenzirkel kreisen zu lassen. Die seltsamen Handbewegungen würden einem Fremden vollkommen willkürlich vorkommen, waren aber genau einstudiert. Einen Augenblick in der Bewegung erstarrend, begann sie eine art monotones Summen, das schnell in einen fließenden Gesang überging. Kaum mehr als eine Aneinanderreihung von unterschiedlichen Tönen, hätte der Fremde sie nun als komplett Irre abgetan, wenn nicht im selben Moment etwas geschehen wäre.
Die Kreise, die die Frau in den Boden geritzt hatten, begannen in einem Licht zu glühen, das aus ihnen selbst zu kommen schien. Ein Leuchten in der Farbe von glühenden Metall, tauchte die Umgebung in sanftes Rot. Mit dem Geräusch splitternden Gesteins platzte der Boden in der Mitte des Kreises auf und überschüttete die Umgebung mit einem Hagel mikroskopisch kleiner Steine. Aus dem Riss im Boden drang nicht nur das rostrote Leuchten, sondern auch schwefliger Geruch und ein tiefes Brummen das aus weiter Ferne zu kommen schien. Ohne davon Notiz zu nehmen, legte die Frau den Kopf in den Nacken und endete ihre Beschwörung auf einem einzigen Ton. Fast greifbar schwebte der letzte Ton einen Moment in der Luft, wurde dann davon geweht und von einem kratzenden Geräusch abgelöst. Ein Geräusch von Krallen auf Fels. Die Magierin legte ihren Kopf schief und betrachtete die seltsame Öffnung mit wachsender Neugier.

Sekunden später schob sich eine kleine orangebraune Hand aus der unnatürlichen Öffnung des Bodens. Die Hand, die man landläufig eher Kralle nennen würde, bestand aus drei kleinen, dürren ja fast schwach wirkenden Fingern die jeweils in einem schwarzen gebogenen Fingernagel endeten. Langsam zog sich das Wesen, dem die Hand gehörte, aus der Öffnung und sah sich um. Seine Umgebung kam ihm seltsam vertraut vor, aber auf der Menschenwelt sah eh alles gleich aus. Mit einem Ruck drehte sich der Dämonenkobold um und sah in das Gesicht einer jungen Frau. Ihr Gesicht erinnerte ihn daran, dass alle Menschen unglaublich hässlich waren, aber das würden ebenjene wahrscheinlich von seinen dünnen und ebenso grün wie langen Haaren, seinem schmalen Gesicht mit den scharfen Zähnen und seinem Körper sagen. Mit einem Grinsen, das einen Stein von seiner Feindseligkeit überzeugt hätte, zog der Kobold die (für ihn) stinkende Luft ein und begann zu sprechen.
„Thayx kriool robah’rak!“ nach dem er einen Fluch ausgestoßen hatte, der der Frau wahrscheinlich nicht allzu sehr gefallen würde, wenn sie ihn verstanden hätte, verbreiterte sich sein Grinsen, sofern das überhaupt möglich war, noch mehr. Ein Schatten wanderte über das Gesicht der Dame, aber sie hatte die rauen Laute unmöglich verstehen können.
Weib, wo ist dein Meister??“ Inzwischen war der Kobold sich sicher, dass der feige Magier, der ihn gerufen hatte, getürmt war. Warum sonst sollte er seine Dirne allein hier lassen ? Wie typisch für diese Menschen. Die Frau sah in weiter ohne eine Regung an und der Kobold entschied sich die dumme Putte für seine Zwecke zu missbrauchen.
Weib, da dein Meister geflohen ist, werde ich meine unermessliche Macht in deine Dienste stellen.“ Er war sich sicher, dass es funktionieren würde und die Frau ihn aus dem Kreis befreien würde. Die Menschen waren allesamt dumm und man konnte sie leicht um den Finger wickeln. Natürlich hatte er schon versucht, sich wegzuteleportieren, aber der Zauber des magischen Zirkels hielt ihn an Ort und Stelle gefangen. Die Frau rührte sich immer noch nicht, sondern beobachtete ihn Seelenruhig. Langsam wurde dem Kobold das Spiel zu dumm.
„Befreie mich aus dem Kreis und ich werde dir deine Wünsche erfüllen! Nimm das Angebot an oder ich werde dich vernichten und dei..“, setze der Kobold an.
„Genug davon!“, unterbrach die Frau ihn barsch, „Daemonicus Exteratori und ein ziemlich mickriges Exemplar.“ Bei diesem Worten machte der Dämon große Augen. Nun war er sich nicht mehr so sicher, nur die Dienerin eines Zauberers vor sich zu haben und um genau zu sein, wurde ihm seine Lage langsam unangenehm.
„Du wirst mich zu meiner Blutsverwandten führen oder ich zeige dir was Macht wirklich bedeutet. Versuch erst gar nicht dich zu entfernen, du kommst eh nicht weit. Hast du das verstanden?“, sagte die Frau in einer Weise, die einen glauben lassen könnte sie spreche mit einem Kind. Nun machte der Kobold Riesenaugen, so sehr überraschte die Frau ihn.
Wortlos erhob sie Azura, ließ die magischen Kreise mit einer Handbewegung erlöschen und deutete in eine Richtung.
„Wir gehen erst zu dem Bauernhof dort hinten, ich brauche ein Pferd. Achja und über meine Mutter sprechen wir noch!“, sagte Azura und schob den Dämonenkobold mit dem Stiefel nach vorn.
 
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