Lost Highway (David Lynch)
"Dick Laurent ist tod." Wer ist Dick Laurent? Diese Frage stellt sich Fred Madison als er diese Worte aus der Sprechanlage zu hören bekommt. Kurz darauf findet seine Frau Renee auf den Stiegen vor dem Haus ein Paket mit einem seltsames Video darin. Sie legen es in den Rekorder ein und sehen Aufnahmen ihrer eigenen Wohnung. Beide wissen nicht wirklich etwas damit anzufangen und ziehen die Polizei hinzu, da sie um ihre Sicherheit fürchten. Nachdem weitere zwei Videos folgen, die mehr Bilder der Wohnung zeigen, werden die Madisons immer panischer. Wer macht diese Aufnahmen und warum?
*Schnitt* - Fred Madison sitzt in einem Verhörraum und wird von den beiden Polizisten, die zuerst den mysteriösen Video-Fall untersuchten, malträtiert. Er soll Renee brutal ermordet haben, weiß aber nichts davon. In der Todeszelle sitzend plagen Fred unerträgliche Kopfschmerzen.
Nach wenigen Tagen bemerkt ein Aufseher, dass an Stelle von Fred ein junger Mann Namens Pete in der Todeszelle sitzt. Niemand ist dazu imstande, dies zu erklären. Selbst Pete steht vor einem Rätsel. Dessen Leben geht wieder seinen gewohnten Lauf, bis Mr. Ed in der Werkstätte, in der er arbeitet, aufkreuzt, eine junge Blondine, Alice, auf der Hinterbank des luxoriösen Autos sitzend. Alice und Pete treffen sich nach kurzer Zeit regelmäßig miteinander und beginnen sich zu lieben. Mr. Ed schöpft Verdacht, somit beschließe die beiden zu fliehen, um ihre Liebe weiterhin zu gewährleisten.
Von da an, aber auch schon vorher, gibt es an sich keinen linearen Erzählstrang mehr. Weitere Asufürhungen würden auch mehr verraten, als ich es nicht ohnehin schon tat.
"Wer ist der Mörder von Laura Palmer?" Diese Frage stellte sich vor knapp 20 Jahren wohl jeder, der David Lynchs mysteriös verquasteter Kult-Serie gefolgt war.
Nach einigen wenigen stringenten Filmen wie "Der Elefantenmensch" oder "Dune" begab sich Lynch abermals auf mysteriöses Terrain, wie er es bereits zu "Eraserhead"-Zeiten tat. Die Traumlogik, nach welcher sich Lynch nach eigenem Aussagen in seinen Filmen vorrangig orientiert, hatte hier noch lange nicht ihren Höhepunkt erlebt. "Lost Highway" setzt einen drauf und verwehrt sich jeglicher (vernünftiger) Interpretation. Augenscheinlich! Nach dem Meister selbst müsse sich dieser von Stringenz und Aufbau hinter keinem "normalen" Hollywood Film verstecken. Nun, für alle, die nicht des Gedankenlesens mächtig sind, tut er es aber.
Was meines Erachtes auch unbedingt notwendig ist!
Das unglaublich Faszinierende an Lynch Filme ist nämlich, dass man niemals zu einer absoluten Interpretation gelangen kann, geschweige denn einen ordentlichen Ansatz dafür findet. Man kann die gesamte Lynch-Symbolik durchackern, jedes Bild, jeden Blick, jede Aussage der Figuren einzeln analysieren, Traumlogik-Bücher auswendig lernen...nur um dann doch wieder bei Null dazustehen. Man kann sich maximal ein vages Konstrukt zusammenschustern, dass allerdings auf äußerst wackligen Beinen steht, welches die nächste Einstellung schon wieder zusammenstürzen lassen kann.
Man weiß nie, ob man nun am richtigen Punkt angefangen hat, da vor allem "Lost Highway" einen endlos Schleife zu sein scheint.
Die Gesetze von Raum und Zeit sind aufgehoben, Identitäten nur Schein, jede Figur scheint ein Doppelleben zu führen, das Dunkle hat die Vorherrschaft übernommen.
Wunderbar zu beobachten: Im ganzen Film gibt es nur selten helle Bilder zu sehen, wie in etwa die Außenaufnahmen des Hauses der Madisons, wenn Renee das Video auf der Stiege findet. Das wars dann aber auch schon fast.
Auf den Höhepunkt wird dieser Stil in vielen Szenen mit Fred Madison getrieben:
Oft sind zwei Drittel des Bildes komplett schwarz gehalten, das restliche Drittel zeigt sein von Angst und Lethargie erfülltes Gesicht.
Etwas Derartiges ist selten...hier wird der Begriff Film-Noir wörtlich genommen!
Die Dunkelheit steht allerdings nicht nur für sich selbst sondern zeigt zugleich den seelischen Zustand der Protagonisten. Die Angst scheint zu regieren.
Angst, bei Fred und Pete vor allem auf Unwissenheit basierend. Sie erinnern sich nicht, nicht an den Mord an Alice (Fred) oder wie Pete in die Todeszelle kam.
Diese ungeklärten Fragen strapazieren ebenso den Zuschauer und verwirren ihn im Laufe des Films zunehmend.
Denn, was Lynch hier zeigt, ist wie bereits erwähnt, keine leichte Kost.
Die Story? Kaum einsehbar. Die Bilder? Von schwarz und lediglich diffusem Licht geprägt. Die Musik? Freejazz...Freejazz! Die Figuren? Über alle Maßen rätselhaft und doppel(!)bödig.
Lynch Rezensionen, vor allem bei Filmen wie "Eraserhead", "Lost Highway" oder "Mullholland Driver", weisen meinerseits immer bestimmte Probleme auf:
Ist das, was ich eben schrieb, schon zuviel des Guten?
Kann ich das, was ich sah, überhaupt verständlich von mir geben?
Wie präsentiere ich die Rezension eines undurchschaubaren Films ordentlich?
Ich kann nur das wiedergeben, was ich selbst wahrgenommen habe.
Die unheimliche Bilderflut, die atmosphärische Dichte, die verwirrenden Symbole, die Leistung der Darsteller (welche übrigens ohne Ausnahmen erhaben ist!) und eventuelle Interpretationsansätze, die vielleicht nicht einmal diesen Namen verdient haben.
Ich habe mir ehrlich gesagt nicht die Frage gestellt, wie ich meine Rezension ordentlich präsentieren, was nun von vorrangiger Bedeutung ist und demnach mehr beleuchtet werden muss, inwiefern ich nun was als erstes und letztes von mir gebe, da mich "Lost Highway" einfach nur verwirrt, verstört, erstaunt.
Ich habe impulsiv vor mich hergeschrieben und Lynch dreht nach Impulsen.
10/10