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Läuterlodern [Ich denke, also bin ich: Teil 4]

Ha, ich wette, ihr habt nicht erwartet, dass ich diesen Sonntag doch update.

...ne, ich sollte nicht scherzen, es tut mir Leid, dass ich euch wieder ne Woche hab warten lassen. Ist nur so, ich wollte wieder Allen eine Weihnachtsgeschichte schenken, aber irgendwie zieht sich das Schreiben im Moment extrem bei mir. Keine Ahnung, warum. Das heute war auch eine schwere Geburt zunächst, zum Glück bin ich am Schluss in Fahrt gekommen und jetzt sinds doch 10 Seiten.

Also, zum Glück für euch. Jetzt genug entschuldigt - viel Spaß hiermit.

Simon
 
Kapitel 10 – Ein unmoralisches Angebot

„Äh, guten Tag...oder was auch immer...ich hatte nicht erwartet, hier noch Jemand anzutreffen...“

Die beiden Menschen sind in schwere Rüstungen gekleidet, aber ohne Helme und Handschuhe. Beide haben eine ornamentale Schürze um die Hüfte über dem Metall hängen, die der Frau ein etwas dunkleres Rot als die des Mannes. Seine Rüstung ist leicht bronzefarben, ihre silbern; er hat übergroße Schulterplatten, sie eine besonders ausladende Brustpartie. Beide sehen gut aus, aber nicht besonders bemerkenswert; die Frau ist dunkelhäutig, er blasser, braune Haare haben beide. Seine Stimme ist angenehm, als er zu sprechen beginnt, ein normaler Bariton.

„Ich bin Halbu. Meine Spezialität sind Waffen und Rüstungen; ich habe eine kleine Schmiede aufgebaut und kann darin alle nötigen Reparaturen durchführen, die Ihr wünscht.“

„Das ist natürlich nicht schlecht...“

Etwas kommt mir komisch vor bei ihm...da setzt die Frau zu sprechen an.

Sie spricht Alt.

Hm? Tatsächlich – auch ihre Stimmlage ist sehr durchschnittlich, wie der Zweite vorausgesagt hat.

„Mein Name ist Jamella. Ich bin versiert in der Magie, kann Zauberstäbe und Ähnliches herstellen; außerdem kann ich jegliche Wunden heilen und Euch mit Tränken versorgen.“

Hm...

Die beiden sind geradezu schmerzhaft gewöhnlich...

...wie die ganze Festung auch...

Ich sehe, du verstehst, worauf ich hinauswill.

„Auch das ist praktisch...“

Der Meister runzelt die Stirn; er merkt ebenfalls, dass hier etwas nicht stimmt. Die beiden lächeln ein Bilderbuchlächeln in seine Richtung. Da erscheint Tyrael in einem Lichtkegel, der uns kurz blendet.

„Willkommen zurück, General. War Euer erster Ausflug in die Hölle von Erfolg geprägt?“

„Wir haben die Treppe zur Ebene der Verzweiflung gefunden...und auch markiert, falls du frägst. Aber...wenn ich so unhöflich sein darf...woher die überraschende Gesellschaft? Sind mir doch noch Andere durch das Portal gefolgt?“

„Nein, natürlich nicht. Ich bin hier nur Euerem Wunsch entsprochen; mit diesen beiden sollte Euere Versorgung mit Ausrüstung und Heilung sichergestellt sein.“

Der Meister hält sich die Hand vor den Mund.

„Himmel, hat er euch einfach hierher entführt? Wenn ja, tut mir das unglaublich Leid...“

„Auf welche Gedanken kommt Ihr denn, General? Halbu und Jamella sind freiwillig hier. Es gibt nicht viele Seelen, die auch nur kurz den Himmel verlassen wollen, aber die eine oder andere findet sich, welche gerne temporär wieder einen Körper hätte.“

Der Meister deutet nacheinander auf Halbu und Jamella.

„Ihr zwei seid also von ganz oben gekommen? Um mich zu unterstützen? Das ist sehr nett von euch, vielen Dank!“

Sie lächeln weiter, zeigen aber keine Reaktion. Der Meister und ich sehen uns an. Unsere Augenbrauen heben sich zeitgleich.

„Ist etwas...nicht in Ordnung?“

„Was ist Euer Problem?“

„Sie sind so...uninteressiert?“

„Das ist eine logische Folge ihres Zustandes. Selbstverständlich habe ich keine frisch in den Himmel gelangten Seelen für diese Aufgabe ausgewählt; Halbu ist vor dreihundertfünfundzwanzig Jahren gestorben, Jamella noch einmal dreiundachtzig früher. Sie sind jenseits sanktuarischer Emotionen und Gedanken.“

Der Meister sieht die beiden steifen Gestalten schief an.

„Eine normale Konversation ist also nicht wirklich möglich? Aber mit dir kann ich mich doch auch halbwegs vernünftig unterhalten?“

„Man sagt ihm ja auch nicht umsonst nach, der menschennächste der Himmlischen zu sein.“

Deckard ist dazugetreten.
Der Meister lächelt schwach.

„Wenn ich die beiden nicht vor mir hätte, würde ich das ja für totalen Quatsch halten.“

Ich muss meine Meinung revidieren; wenn die da oben so entrückt sind, dass sie nicht einmal eine normale Unterhaltung führen können, dann gibt sich Tyrael wirklich Mühe, uns gegenüber nicht komplett überhöht aufzutreten.

Und hat damit ab und zu sogar etwas Erfolg.

Hmja...
Deckard legt dem Meister eine Hand auf die Schulter.

„Glaubt mir, ich hatte ihm die andere Variante nahegelegt. Eine weniger...sagen wir, gefestigte, Seele ist zwar ein gewisses Risiko, aber mein Vorschlag, die nötigen Einrichtungen mit zumindest menschenähnlichen Konstrukten zu besetzen hatte eigentlich vor Allem den Sinn, uns etwas Abwechslung zu verschaffen.“

Der Meister schaut kurz entsetzt.

„Natürlich, Deckard, du Armer...hab ich noch gar nicht bedacht, ich Stoffel. Du bist hier ja völlig allein außer...na ja...“

„Sprecht es nur aus. Ich weiß, dass ich nicht das bin, was Menschen als gute Gesellschaft sehen.“

Nun wenn er auch nur einen Hauch Bedauerns in seine Stimme stecken würde.

Oder wenigstens gereiztheit wegen des Kommentars.

„Ich muss und werde das schon überleben, mein Freund. Immerhin habt Ihr mir ja ein interessantes Thema zum Studieren dagelassen. Etwas an Fortschritten, was das Verständnis Eueres Golems angeht, kann ich denke ich auch schon vermelden.“

„Das ist gut...ähm...ich weiß nicht, wie es euch beiden geht, aber irgendwie machen die beiden mich kirre, wenn sie einfach so dastehen und uns ignorieren. Und wir sie. Irgendwie sehen sie menschlich aus, sinds aber doch nicht...“

Der Meister sieht mich an.

„Genau umgekehrt wie du.“

Eine gewisse Wärme erfüllt mich.

Ach komm.

„Tatsächlich könnte man Halbus und Jamellas Körper gewissermaßen auch als Golems bezeichnen, die eben von ihren Seelen gesteuert werden.“

Eine wilde Idee durchzuckt mich.

„Heißt das...man könnte mir theoretisch auch so einen menschlich aussehenden Körper anfertigen?“

Das wäre ja selten unpraktisch im Kampf, unsere Proportionen sind dafür doch weit besser geeignet.

Deckard schüttelt den Kopf.

„Da muss ich dich leider enttäuschen, Golem, das Ausmaß an Details, das in diesen Körpern steckt, kann kein gewöhnlicher Magier reproduzieren; dafür benötigt es himmlische Kräfte, was auch heißt, dass sie außerhalb der Festung auf keinen Fall funktionieren könnten.“

„Ah...na ja, war ohnehin nur so ein Gedanke...“

Dafür bist du aber schon ziemlich enttäuscht.

Ja, ich weiß...

„Sämtliche wichtigen Details sind bei beiden Körpern vorhanden, ja. Das bedeutet auch...es ist nun nicht wirklich gängige Praxis im Himmel, aber da sind wir ja gerade auch nicht. Gewisse Bedürfnisse der Menschen sind mir durchaus bekannt, also habe ich besondere Aufmerksamkeit darauf verwendet, dafür zu sorgen, dass Jamella diese jederzeit befriedigen kann.“

Der Meister sieht ihn groß an.

„Sie...was?“

„Ich rede von...“

„Das kann ich mir denken! Nur...nein! Das geht nicht!“

„Oh, aber selbstverständlich. Überzeugt Euch doch selbst.“

Jamella schnallt ihre Rüstung auf und wird ihr Unterhemd los. Es ist sehr deutlich, warum sie eine derart große Brustplatte hat; da dies allerdings das einzige Detail an ihr ist, das nicht komplett durchschnittlich ist, wirkt es...falsch. Komplett falsch.
Deckard guckt etwas fassungslos zunächst auf das Schauspiel, dann auf Tyrael und schüttelt langsam den Kopf.
Der Meister bekommt noch größere Augen...dann presst er sie fest zusammen und fährt herum. Er rennt sehr knapp an Tyrael vorbei, der elegant zur Seite schwebt, und wirft ihm noch etwas über die Schulter.

„Die Glocken kann sie im Himmel läuten, aber nicht hier, Federhirn!“

Und damit ist er in seinem Zelt verschwunden.
Tyrael sieht ihm nicht.

„Warum hat er das jetzt getan?“

Deckard hält sich eine Hand an die Stirn.

„Tyrael, ich habe Euch doch schon öfter den Wert von Diskretion und Subtilität erörtert, nicht?“

„Er wollte einen Beweis.“[/font]

„Das...könntet Ihr falsch interpretiert haben.“

„Ah, es ist ihm peinlich? Bei manchen Menschen gibt es diese Tendenz, nicht wahr? Ich habe ihn anders eingeschätzt. Möglicherweise ein Fehler. Dann werde ich Jamella ihm einfach nachschicken, in seinem Zelt sollte es privat genug sein.“

„Nein!“

Deckard und ich wechseln kurz einen Blick, nachdem wir gemeinsam aufgeschrien haben. Ich hebe beide Hände.

„Ich...ich regle das, in Ordnung? Bitte, kann sie sich derweil wieder bedecken? Der Anblick ist nicht wirklich ästhetisch.“

„Sicherlich falsch, Golem. Ich habe die Vorlieben vieler Männer studiert, Jamellas Anatomie entspricht genau dem durchschnittlichen Idealbild...“

„Über das Wesen echter Schönheit kann Euch ja Deckard aufklären. Ich werde jetzt mit ihm reden gehen.“

Der Meister liegt auf dem Rücken und starrt an die Stoffdecke. Ich imitiere ein Klopfen.

„Darf ich reinkommen?“

„Ich wär jetzt eigentlich gern ein wenig alleine...“

„...hat dich das jetzt so geschockt?“

Er wirft mir einen Blick zu; seine Stimme klingt heiser.

„Ist mehr als das.“

„Und du willst nicht darüber reden?“

Oh bitte nicht, die ganze Szene ist jetzt schon schmerzhaft genug ohne dass du versuchst, ihn aufzubauen...wegen was auch immer...das ist doch pervers.

Du brauchst nicht glauben, dass mir solche Gespräche besonders angenehm sind. Aber ich helfe ihm letztlich immer gerne.

Du...ihm...ein Golem...seinem Meister...ach, ich bin schon still.

Er seufzt.

„Na schön, komm rein. Aber mach hinter dir zu.“

Ich tue wie geheißen.

Ach, verdammt. Ich singe irgendein Ständchen im Hintergrund oder so, um meine geistige Gesundheit zu behalten.

„Also, was ist los?“

Er presst die Hand auf die Augen, als hätte er Kopfschmerzen.

„Natalya.“

„Oh.“

„Fällt dir nicht mehr zu ein? Nun, was soll es auch. Ich dachte wirklich, ich hätte sie aus meinem Kopf verdrängt...die verrückte Hoffnung, dass wir uns wiedersehen könnten, aufgegeben. Immerhin weiß ich nicht einmal annähernd, wo sie jetzt sein könnte, ob sie überhaupt noch lebt...einen ungefährlichen Auftrag wird man in ihrem Beruf nicht bekommen...aber...trotzdem muss ich ständig an sie denken.“

Oh, zur Hölle, das können wir jetzt echt nicht brauchen.

Sing weiter.

„General, ich...“

Halt, halt, halt...halt bloß den Mund, Golem. Denk nur eine halbe Sekunde nach.
Ich weiß, wohin Natalya gerufen wurde. Sie ist bei den Barbaren im Norden. Aber sie hat mir explizit gesagt, dass er es erst erfahren darf, wenn unsere Mission abgeschlossen ist, das Böse besiegt. Und Natalya ist eine weise Frau. Wenn er erführe, wo sie ist...
Aber misstraue ich ihm hier nicht gerade aufs Schwerste? Denke ich wirklich, dass er Alles stehen und liegen lassen würde, um sie zu suchen?
...ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wie stark seine Liebe ist. Wenn ich es aber recht bedenke...ich schätze, sein Pflichtbewusstsein ist doch stärker. Dennoch: Einen Konflikt kann er auf keinen Fall brauchen. Es tut ihm sicher auch sehr weh, Nichts zu wissen...aber weniger, als wenn er sie in Reichweite hätte aber genau wüsste, dass er zuerst etwas Anderes tun muss, das ihn höchstwahrscheinlich umbringen wird.
Wenn wir die Sache hier mal realistisch sehen.
Also schweige ich. Er ballt die Faust.

„Ich verlange gar nicht, dass du das verstehst. Wie auch. Nebenbei ist es völlig verrückt. Wahrscheinlich hatte sie einfach nur genug von mir, ich bin sicher nur einer in einer ganzen Reihe von Liebhabern gewesen und nicht der letzte, und sie liegt längst in den Armen eines Anderen. Hat eine gute Gelegenheit genutzt, um sich abzusetzen...
Aber irgendwie will mein Herz nicht, dass ich das glaube.“

Ein Kloß formt sich in meinem Hals. Es wäre so leicht, ihm die Wahrheit zu sagen...und ihn damit zu verdammen.

Nicht so überdramatisch. Ich würde es ihm ja sagen an deiner Stelle – soll er entscheiden. Er ist der Meister.

Aber du wirst das nicht!

Wenn du meinst, dass das der richtige Weg ist – bitte. Ist prinzipiell mal dein Meister und dein Körper. Nicht meine Sache, da dazwischen zu funken. Sonst bist du mir wieder tagelang böse, und das will ich eigentlich auch nicht.

Ähm, Danke.
...er hat bisher noch nie zugegeben, dass das mein Körper ist...
Fast verpasse ich die Idee, wie ich ihn aufbauen kann, ohne Natalyas letztes Geheimnis zu verraten.

„Sie hat dir schließlich auch nicht umsonst ein Erinnerungsstück mitgegeben, oder?“

Er starrt auf den Ring.

„Ja...was die Sache ebenfalls schwierig zu vergessen. Ich würde ihn ja einfach in die Truhe werfen, wenn mir das Ding nicht schon einmal den Hals gerettet hätte. Und wenn er nicht...von ihr wäre...ach, verdammt!“

Tränen formen sich in seinen Augen.

„Ich wünschte einfach, ich hätte sie unter anderen Umständen getroffen. Oder wenigstens, dass wir länger miteinander gehabt hätten. Egal, was, nur, dass es anders gekommen wäre...“

Ich lege ihm die Hand auf die Schulter.

„Unter anderen Umständen wärt ihr nie zusammen gekommen...sie hat nach einem starken Helden gesucht und ihn in dir gefunden. Wenn du sie in friedlichen Zeiten getroffen hättest, hättet ihr einander nicht zweimal angesehen.“

„So hab ich das noch gar nicht gesehen...“

„Vielleicht solltest du einfach froh sein, dass ihr überhaupt eine gemeinsame Zeit hattet, egal, wie kurz sie war...“

Er schlägt mit der Faust auf den Boden.

„Aber verdammt, das ich doch trotzdem nicht fair! Was fällt diesen Bastarden von Viz-Jaq'taar ein, sie in genau dem Moment abzuberufen...wo wir uns am nächsten waren...“

Ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll...

Zwei Möglichkeiten. Entweder, du wechselst das Thema, oder du gibst zumindest einen Teil des Geheimnisses preis.

Nein!
...welchen Teil?

Dass er sie sicher finden wird – sobald das hier vorbei ist.

Das würde nur zu Fragen führen...wobei...

„Immerhin wissen wir, wie ihr Orden heißt. Wenn wir aus diesem gottverlassenen Ort entkommen sind, und sich die Situation etwas beruhigt hast, kannst du nach ihr suchen. Und ich helfe dir, so gut ich kann.“

„Ja...“

Da ballt er die Faust; sie zittert.

„Aber ich schwöre dir, wenn diese Bastarde sie in Gefahr gebracht haben...wenn ihr etwas passiert ist...“

„Ich glaube, sie kann ganz gut auf sich selbst...“

„Darum mussten wir sie auch aus Lebensgefahr retten, oder? Wieder eine Gedankennachricht zur falschen Zeit...ich kann gar nicht daran denken...“

Jetzt wird es definitiv Zeit für einen Themenwechsel.

Wolltest du nicht eigentlich weghören...ach, weißt du was? Danke für deine Unterstützung.

Alles, damit das schneller vorbei geht. Aber wenn du schon dabei bist – frag ihn doch, warum er gerade jetzt damit anfängt. Irgendwie haben Jamellas Brüste ja zu dem Ausbruch hier geführt.

Guter Punkt.

„Warum denkst du denn überhaupt gerade jetzt daran? Ich dachte ja ursprünglich, du wärst nur sauer gewesen, weil Tyrael so ein plumpes Angebot gemacht hat.“

„Darüber bin ich auch sauer...“

Er blickt verzweifelt.

„Aber mehr war ich sauer auf mich selbst. Weil ich tatsächlich für eine Sekunde versucht war, komplette Unnatürlichkeit ihres Körpers hin oder her. Nach dieser Sekunde hat es mich dann aber wie mit der Brechstange getroffen, dass allein der Gedanke ja schon Verrat an Natalya war eigentlich...hatte ich sie wirklich kurz vergessen? Was mich dann wieder dazu geführt hat, dass ich sie ja eigentlich vergessen wollte, und...gah...“

Er reibt sich die Schläfen und atmet tief durch.

„Ist doch Alles scheiße.“

„Kann ich irgendwas...“

Er wirft eine Grimasse in meine Richtung.

„Nein, da muss ich alleine durch...Danke, dass du dir mein Gerede überhaupt angehört hast, Golem. Jetzt würde ich aber wirklich gerne für eine Weile versuchen wollen, meine Gedanken zu ordnen...“

„Brauchst du...“

Braucht er nicht. Raus mit dir.

„...nein, schon gut. Ich...viel Erfolg.“

Ich ziehe mich zurück.

Also wirklich, ein eindeutigeres „Verschwinde“ hab ich selten gehört.

Ja, im Nachhinein war das schon...ich bin auch etwas verwirrt, in Ordnung?

Alles normal also. Was dagegen, wenn du mir denn für eine Weile den Körper überlässt?

Dann kann ich meine Gedanken ordnen, also warum nicht.

Fein.

Sofort marschiert der Zweite wieder die Treppe hinunter.
Himmel, so geh ich nicht mal annähernd, das fällt doch auf!

Wem, Tyrael? Der merkt sowas nie im Leben. Deckard weiß davon, und diese beiden leeren Hüllen...pah.

Genau diese stehen stocksteif vor ihren Arbeitsplätzen: Halbu hat in der Tat eine kleine Schmiede, und Jamella hat einige Stäbe an der Wand hängen. Sie zeichnet Runen aus weißem Licht in die Luft. Der Zweite geht zu ihr.

„Du. Der Meister braucht einen besseren Stab. Wie gut kennst du dich mit nekromantischen Verzauberungen aus?“

Sie lächelt.

„Nekromantie kann ich nicht gezielt liefern. Ich hätte Paladinszepter mit guten Boni, Zauberinnenstäbe...“

Der Zweite hebt eine Hand.

„Was heißt 'nicht gezielt'?“

„Ich kann die Stäbe mit Verzauberungen versehen, aber ich weiß nicht, welche dabei herauskommen werden.“

„Dann mach los. Soviel, wie du schaffst. Wir suchen uns schon den besten.“

Ohne eine Antwort zu erwarten, dreht sich der Zweite auf dem Absatz um und geht zu Halbu. Bist du nicht ein wenig sehr unhöflich?

Himmel, die beiden sind noch weniger wert als Golems, jetzt übertreib mal nicht komplett.

„Halbu! Der Meister benötigt festes Schuhwerk, idealerweise mit Zaubern gegen Feuerschaden, ebenfalls gute Lederhandschuhe, gern mit Nietenverstärkung, die seine Finger schützen, aber es noch zulassen, durch einen Schildgriff zu greifen, der etwas kleiner ist als die Norm. Erhöhte Geschicklichkeit als wichtigstes Attribut, er wird damit einen Dolch führen und blocken.“

Das wäre das.

Hm, zumindest effizient...

„Golem! Hast du mit ihm sprechen können?“

Deckard hat sich uns genährt, ohne dass ich ihn hätte kommen hören. Von Tyrael fehlt gerade jede Spur.

„Ja.“

„...und, hast du ihn beruhigen können? Was war denn los?“

„Liebeskummer. Nun, Ihr kommt mir gerade Recht. Wäre es möglich, ein paar Worte im Privaten zu wechseln?“

Deckard runzelt die Stirn. Dann hebt er zwei Finger und nimmt eine fragende Miene an. Der Zweite nickt knapp.

„...natürlich, natürlich. Tyrael war so freundlich, mir ein kleines Zimmer zu erstellen.“

Gegenüber des Kamins ist nun eine Zwischenwand eingezogen; hinter einer schlichten Holztüre eine spartanische Schlafstätte und die exakt gleiche Einrichtung, die Deckard auch schon in seiner Hütte auf den Docks hatte. Er bedeutet dem Zweiten, sich ihm gegenüber hinzusetzen.

„Also, was liegt dir auf dem Herzen?“

Der Zweite sitzt kerzengerade, die Fingerkuppen aneinander gelegt.

„Ihr hattet erwähnt, Fortschritte beim Studium meines Wesens gemacht zu haben. Darf man mehr darüber erfahren?“

„Nun, ich wollte das eigentlich mit deinem Meister besprechen, aber wenn er gerade etwas allein sein möchte...“

„Möchte er.“

„...dann können wir gerne auch darüber reden. Ich tue mir nicht leicht, die Schrift des alten Generals zu entziffern, muss ich ehrlich gestehen; das verzögert mein Studium des Buches natürlich erheblich, zumal die Sprache doch reichlich archaisch ist. Aber ein paar Seiten habe ich schon geschafft, es wird natürlich auch immer leichter.“

Komisch, der Meister hatte da doch nie Probleme...

Uh...der hatte auch mehrere Monate oder vielleicht sogar Jahre Zeit zu üben, bevor er uns erschaffen hat. Wir wissen ja nicht, wie alt er genau war, als er es gefunden hat.

Hm.
...und warum kann ich die Schrift dann problemlos lesen...und die Sprache ist mir nie als besonders anders aufgefallen?

„Sind ein paar Seiten denn genug für konkrete Ergebnisse?“

„Nun, zumindest für eine Feststellung: Es ist prinzipiell egal, aus welchem Material man einen Golem erschafft. Ton würde ja prinzipiell austrocknen, Blut wäre viel zu flüssig im Rohzustand, und Metallgelenke wie diese an dir zu schmieden, wäre zwar möglich, würde aber eine Menge Hingabe eines wirklich befähigten Meisters erfordern.
Dennoch warst du immer problemlos in der Lage, zu funktionieren; tatsächlich verriet mir die Geheime Kunst der Nekromantie, dass du dafür mehr oder minder selbst verantwortlich bist. Die Methode, einen Golem zu erschaffen, der sich auch fortbewegen kann, ist schlichtweg genial: Der Nekromant erschafft mit seiner Vorstellung des Endproduktes ein gewisses Gerüst; eine erste Stufe des Zaubers presst das Rohmaterial in dieses Gerüst. Dann wird es, und ich zitiere hier, 'beseelt' – und sobald die Golemintelligenz sich in dem Material befindet, sorgt sie quasi selbst dafür, dass es in genau dem Zustand verbleibt, der Zusammenhalt und Fortbewegung ermöglicht.“

Den letzten Teil höre ich gar nicht, als ich die Stimme an mich reiße.

„Heißt das, dass ich tatsächlich eine Seele habe?“

Deckard stutzt und senkt den Blick.

„Nun, wie ich sagte, es ist ein direktes Zitat. Die Sprache ist recht blumig. Man könnte es durchaus als Indiz sehen, aber ich möchte dir keine Hoffnungen machen aufgrund eines einzigen Wortes; verstehst du das?“

Das enttäuscht mich jetzt wieder.

„...ja. Ja, natürlich. Sehr vernünftig.“

„Nun...das bedeutet auf jeden Fall, dass du jede Hülle eigentlich selbst für dich bewohnbar und nutzbar machen könntest. Vielleicht sogar eine aus Stein, aus Kristall, was auch immer deinem Meister einfällt.“

„Das wäre ja phänomenal!“

Erm.

Der Zweite übernimmt wieder, und ich strecke zwei Finger aus, als ich weiterrede.

„...aber natürlich nur, wenn der ursprüngliche Zauber auch stark genug ist, um die Grundform festzulegen, oder? Es muss ja einen Grund geben, warum speziell Ton, Blut, Eisen und Feuer als Grundelemente gewählt wurden und sonst Nichts.“

„Genau das dürfte der Grund sein. Das Buch besagt explizit, dass die folgenden Modelle nur Beispiele sind, jedoch sehr erfolgreich getestete.“

Und wie.

Inwiefern ist Metall leicht formbar?

Aus dem gleichen Grund, warum man es schmieden kann, Holz aber nicht.

Hm.
Ich ziehe die Finger zurück.

„Wenn aber zum Beispiel schon eine Grundform da wäre – also beispielsweise eine Steinskulptur – könnte ich die beleben.“

„Und auch bewegen, sicherlich. Aber ich denke, dass nicht besonders viele Änderungen an ihr möglich wären vom Rohmodell ab – ich habe ja gesehen, wie du aus einer Rüstung entstehst, Kopf und Extremitäten formen sich ja direkt aus ihr. Nur die Brustpartie bleibt erhalten.“

„Ich bestehe im Moment aus einem Schwert.“

Deckard hebt die Augenbrauen.

„Das...wundert mich jetzt. Ich denke, da muss ich noch mehr forschen, ich hätte nicht gedacht, dass aus vermutlich mehrfach gefaltetem Material so einfach ein Golemkörper wachsen kann.“

Der Zweite nötigt mich, die nach unten gekurvte Klinge auszufahren. Dann denkt er laut nach.

„Hm...das ist natürlich schon feinster Stahl aus der Höllenschmiede...“

Ich bemerke etwas.

„...der scharfe Teil der Klinge zumindest. Aber der ist auch noch vollständig erhalten. Ursprünglich war die viel plumper, mit beschwertem Rücken für besonders tödliche Schläge. Das ist jetzt ein eher schlankes, schnelles Instrument, und in der Tat gut geschmiedet, aber ich schätze, dass sie bei dem Hauptgewicht gespart haben.“

Das hast du überraschend gut beobachtet. Ja, gut möglich.

„Ein guter Punkt. Dennoch, ich habe nicht einmal ansatzweise begonnen, die Theorie dahinter zu entschlüsseln...wenn meine magischen Fähigkeiten besser wären, könnte ich selbst Experimente anstellen, aber es fällt mir schwer genug, mein Fachgebiet zu beherrschen, da kann ich nicht auch noch Nekromantie lernen. Dafür bin ich dann doch langsam etwas zu alt. Der General müsste sich mit mir zusammensetzen und etwas, nun ja, herumspielen.“

Ich breite großzügig die Arme aus.

„Wenn es hilft, bin ich gerne Versuchskaninchen. Solange er die Formel nicht radikal ändert, kann mir ja Nichts passieren.“

„Was auch der Grund für deine...besondere Situation ist, nicht wahr?“

„Ja, genau das.“

Wir schweigen uns kurz an. Dann trommle ich auf den Tisch.

„...ich weiß nicht, ob Ihr der Richtige seid, das zu fragen...aber der Meister ist wirklich ziemlich verwirrt im Moment, weil er sich nicht im Klaren ist über seine Gefühle und wie er damit umgehen soll. Könnt ihr mir helfen, ihm zu helfen?“

Deckard presst die Lippen aufeinander und schüttelt bedauernd den Kopf.

„Golem, ich weiß nicht, ob du diese Erfahrung auch einmal machen wirst, aber diese Art der Verwirrung ist wirklich etwas, mit dem Jeder selbst klarkommen muss. Es ist ein essentieller Bestandteil des Erwachsenwerdens; sehr schade, dass es den General in einer ohnehin schweren Situation trifft. Aber ich denke, das hat auch sein Gutes; er hat wirklich genug Gelegenheit, sich abzulenken von trüben Gedanken...abgesehen davon habe ich ihn nicht als einen Menschen kennen gelernt, der wirklich tagelang wegen etwas Bestimmten Kummer haben kann. Er ist zwar etwas zu sprunghaft manchmal, hier könnte ihm das aber helfen.“

„Das gehört dann wohl zu Menschsein, hm? Fast wünschte ich, dass es mir einmal wie ihm geht...“

Deckard legt mir eine Hand auf die Schulter.

„Golem, bleib nur, wie du bist. Ich sage es gerne noch einmal, aber du bist bereits jetzt menschlicher als viele andere sogenannte Menschen, denen ich in meinem Leben begegnet bin.“

Mein Kopf senkt sich schüchtern, aber ein vorgestelltes Lächeln spielt auf meinen nicht-Lippen.
 
Manchmal wünscht man sich, dass Ratzgoblin, Ryumaou oder Malakey bei dieser Geschichte etwas beitragen würden. ;)
So muss halt die Fantasie ausreichen...
 
genial, solche kapitel gefallen mir besonders, wenn du geschickt NPCs in deine storyline einfügst...tyrael, meister und jamella...einfach fantastisch :top:
 
Huhu :hy:

Was die Posts hier drüber angeht: *unterschreib*

Nebenbei zum Thema Halbu: Erklärt sich seine Anwesenheit mit absoluter Gründlichkeit des Federhirns, kombiniert mit Unsicherheit über die Orientierung des Generals, oder hat er keinen informellen / infernalischen Nebenzweck?

Seleya
 
Ich nehme an, Tyrael hat einfach Jemand gesucht, der im Leben ein fähiger Schmied war, da gibts halt doch mehr Männer als Frauen zur Auswahl.

Besonders, wenn er alte Seelen nimmt; früher war sicher auch in Sanktuario die Gleichberechtigung nicht so verbreitet :D.

Freut mich, dass es euch gefallen hat.

Simon
 
*ungedulig wart*
*böse TY anblick*
*wie ein süchtiger nach stoff verlang*
äh...
bitte? :D
 
:mod:Update! Update!:go:

Oja, Ich freu mich schon auf deine Fortsetzung.

Was,Süchtig,ich,niemals, wer ist da, moment, neeeein.
:lol:
 
Jo, ich hatte am Dienstag ne Prüfung, war mal wieder ungünstig. Tatsächlich ist auch im Februar wieder Prüfungszeit, so leicht hab ichs grad nicht :p.

Sonntag kommt definitiv ein Update; danach werd ich mal gucken, wie ich hinkomm. Es ist sehr erratisch zur Zeit, tut mir auch Leid, aber es kommt halt viel dazwischen. Natürlich bin ich auch selber schuld, weil ich viel aufschiebe oder teils schlicht zu faul bin, aber wenigstens hab ich ne gute Entschuldigung :p. Sorry.

Simon
 
oh man, das jahr hat doch gerade erst angefangen...da gibts noch ne menge sonntage...wenn man dann noch die ganzen zeitzonen mitrechnet :clown:
 
Mit den Zeitzonen werden das ja zum Glück nicht "mehr" Sonntage - die werden dadurch nur länger :p
 
jep, vor über einer woche hat er behauptet, dass vor 7 tagen definitiv ein update kommen sollte, wir warten immer noch.
@TwinYawgmoth gib gummi wir warten alle:go:
 
gummi soll er geben? hehe, der freut sich doch grad wie ein schneekönig darüber das wir nach stoff lechzen! vermutlich genießt er dazu einen heißen tee bei etwas übrig gebliebenem weinnachtsgebäck :D
 
Das schreit nach einem doppelten Special:D
 
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