Guten Morgen,
Jetzt hatte ich endlich Zeit, die drei Geschichten zu lesen und ich möchte meine ehrliche Meinung posten, ohne jemanden anzugreifen.
Geschichte Platz 1 ist gut und flüssig zu lesen, dass sie gewann ist nachvollziehbar.
Geschichte Platz 3 hat einen extravagenten Stil, der mir gefällt. Die Platzierung ist dadurch verständlich, auch wenn der Schreibstil eine 1zu1 Vorlage besitzt. Mir ist wie Inquisitionsprotokolle der Hexenjäger aus Warhammer. Kennt sich wer damit aus?
Geschichte Platz 2 hat jedoch starke Mängel. Das kann ich dem Autor nicht vorwerfen, denn der gab sein Bestes, aber der Juri, die ihm so viele Punkte gab.
Ich möchte kurz auf die Mängel eingehen, denn jede Behauptung braucht eine Begründung. Ich halte es konstruktiv knapp, damit mich der Autor nicht pk't.
Passive Schreibweise:
Es mag ¨germanistisch¨ interessant sein, kunstvolle Sätze zu basteln, doch passiver Stil trägt keine Emotionen. Die Geschichte wirkt dadurch automatisch distanziert, die Charaktere sehr kühl. Es entsteht weder Spannung, noch Schärfe. Durch das Passiv und den passiven Dialogen wird in der Geschichte ein Bremsblock mitgeschleift, so dass die Story gar nicht erst an Fahrt aufnehmen kann. Wenn du beim Lesen das Gefühl hast, abzuschweifen oder Sätze zu übergehen, liegt der Mangel nicht bei dir, oder an einer durchgemachten Zockernacht, sondern im Passiv. Lese dir den Kampf gegen die ‘Affenkreaturen’ durch. Du fieberst nicht mit. Lese dir die Abschiedsszene mit dem Paladin durch. Sie ist emotional so weit entfernt, dass selbst der (ausnahmsweise vorhandene) Dialog sehr gestelzt und kaum berührend wirkt. Der Grund dafür liegt im nächsten Absatz.
Mangelnde Metaphern und Bilder:
Durch ‘Erzählstil’ ist es kaum möglich, Metaphern und Bilder einzubauen. Sie fehlen jedoch und der Geschichte mangelt es damit zwangsläufig an Dichte. Die Schneeflocke am Anfang ist das einzige Bild, dass mir in Erinnerung blieb.
Charakter:
Die Amazone erlebt allerhand, doch du erfährst kaum etwas über sie. Sie ist ein weißes, unbeschriebenes Blatt. Sie bezieht kaum Stellung zu ihren Erlebnissen. Sie wird gelebt. Unsere Amazone ist nur manchmal erstaunt, oder freudig. Ihre Lebensvision, ihre Schwächen, ihr Charakter wird nicht gezeigt. Ihr passieren einfach Dinge und dafür bekommt sie Gegenstände geschenkt.
Hm!
So, mehr möchte ich gar nicht ausführen. Das steht mir auch nicht zu mit Platz 7.
Aber die Mängel sind offensichtlich für jeden, der sich ein bisschen mit Belletristik beschäftigt. Es entsteht dadurch entweder der Eindruck, dass alle anderen 17 Geschichten noch schlechter sind, was ich mir nicht vorstellen kann. Oder, dass euch die Wortgewalt des passiven Stils so eingeschüchtert hat, dass ihr gar nicht gewagt habt, Konsequenz zu zeigen und weniger Punkte zu verteilen. Oder studiert ihr alle heimlich germanistische Linguistik und freut euch über einen Grammatikprofi?
Okay, der letzte Grund war jetzt ein bisschen überspitzt.
Bitte seht das alles nicht als Angriff, sondern als Ermutigung ... beim nächsten Contest mehr Konsequenz bei einem ‘seltsamen Gefühl beim Lesen’ zu zeigen. Oder hat euch die passive Erzählung tatsächlich berührt?
Auf Bald wünscht,
Naavorth