Und wie soll das funktionieren?
Einfach aufhören damit, mit der Stimme alle vier Jahre auch die politische und gesellschaftliche Verantwortung abzustreifen. Sprich: Beschweren, sich Sorgen, Blockieren und Fordern. Und vor allem dies alles an andere Stellen weiterleiten. Also zB. bei einem eindeutigen Propagandaartikel eine Beschwerdemail an die entsprechende Zeitung, sowie einen Aufruf an alle Lokalpoltiker, doch endlich gegen eine solche Praxis anzugehen. (Nur ein Bereich von vielen, der die Demokratie an ihrer Wurzel verfaulen lässt.) Wenn die Regierung dann dabei den Eindruck erhält, daß das Worstcasescenario des "wütenden Mobs" (auf das Du ja nur zu kommen scheinst) kurz bevor steht, um so besser: Man kann anhand der Reaktion der Regierung dann einschätzen, ob unsere Demokratie noch in dem Zustand ist, daß eine Rettung mit demokratischen Mitteln überhaupt noch möglich ist. Insgesamt wäre der Idealfall, daß ein Weiterbeschreiten des "alternativlosen," bisherigen Wegs zu teuer und aufwendig wird, so daß aus den bisherigen Machtstrukturen heraus Alternativen entwickelt werden. Dann muss man "nur noch" soweit weiterpushen, daß diese Alternativen auch ein Überarbeiten der demokratischen Basis in Hinblick auf mehr echter Demokratie beinhalten.
Kurz gefasst: Wir haben in diesem System nicht unbedingt wenig Macht. Doch unsere Verantwortung mal wahrzunehmen und diese zu Nutzen, wäre mal eine "erfrischend andere" Art mitzu"spielen," als sie einfach nach oben abzutreten und alles Zurückkommende schlicht zu erdulden.
Lassen wir jetzt einfach mal ein bisschen den Mob wüten auf der Straße? Ein bisschen Anarchie für alle bis dann einer sagt "Okay, jetzt reichts, jetzt machen wir mal wieder einen auf Demokratie"
Vor allem, wer soll das sein der so etwas sagt? Selbst in deinem idealistischen Redemokratisierungsprozess muss es einen oder mehrer Wortführer geben.
Wer sucht die aus? Wer bestimmt die? Und vor allem warum gerade die und nicht mich?!
Wovon Du hier sprichst, das ist kein Redemokratisierungsprozess, sondern eine offene Revolution zur Abschaffung einer Demokratie. Die Zielsetzung der Revolution mag sein, später wiederum eine Demokratie einzuführen. Doch ob dies am Ende erfolgt, kann zu Anfang nicht gesagt werden, da sich die neuen Machtstrukturen erst während der Revolution selbst bilden. Und wie die französische Revolution schön deutlich zeigt, sind diese Bildungsprozesse ebenfalls gut durch Finanztransaktionen steuerbar. (Bedenke: Im Gegensatz zum Kapitalismus, welcher ein evolviertes, selbsterhaltendes System darstellt, ist die Demokratie ein philosophisches Konstrukt, welches beständiger, aktiver Überarbeitung bedarf, um sich selbst zu erhalten.)
Oder darf jeder seinen Senf dazugeben? Das würde die Entscheidungsfindungen aber schwierig gestalten 80 mio Meinungen unter einen Hut zu bekommen.
Wären wir ein kleiner Stamm der Steinzeit mit 30 Mitgliedern würde das gehen...
Ja, wir sind ein etwas größerer Stamm. Aber es ist ja auch garnicht nötig, daß Alle zu Allem ihren Senf dazugeben müssen. Es reicht ja, wenn ein jeder in seinen Interessengebieten über die Rolle des Konsumenten hinaustritt, die Dinge bekämpft, die Falsch laufen und die Dinge fördert, die Richtig laufen. Ausserdem verfügen wir mit dem Internet über ein sehr gutes Kommunikationssystem, welches ein unter den Hut bekommen von mehr als 30 Stammesmitgliedern doch ein wenig erleichtert
(Es müsste an sich bloß noch in eine dezentralere Struktur gebracht werden, weshalb ich Städtewlans - bevorzugt von Vereinen oder anderen Nonprofitorganisationen betrieben - als dringend Unterstützenswert erachte...)
Und vor allem, nachdem redemokratisiert wurde, wer ist dann an der Macht? Und sind die dann wirklich besser als diejenigen die wir abgelöst haben? Und was bringt mir das?
Im grunde herrscht dann jemand anderes über mich, der von sich behauptet viel besser zu sein als der Rest. Aber ändern tut sich für mich ja nichts.
Die einzige Staatsform die mir effektiv was bringen würde wäre eine Diktatur mit mir als Diktator. Alles andere ist Fremdbestimmung. Und es ist so. Da zu sagen "Aber du darfst viel mehr mitbestimmen, das Volk hat dann mehr zu sagen" ist einfach nur lächerlich. So ein Blödsinn, wer an der Macht ist wird nen Teufel tun und sich reinreden lassen. Hier und dort ein paar kleine Abstimmungen um den Leuten einzureden sie dürften mitmachen, aber wirklich Macht abgeben, sowas tut niemand, der sie hat.
Auch wenn er vorher der größte Idealist war...
JEDER ist korrumpierbar. Und selbst bei größtem Idealismus ist man auch immer Gefangener der eigenen Natur/Erziehung, welche von Anderen wiederum ausgenutzt werden kann und somit ebenfalls zu negativen, gesellschaftlichen Entscheidungen beiträgt. Ein Zurückweichen auf Monarchie oder Diktatur verschärft das Problem nur, was Otto, der Normalbevölkerte, unter den derzeitigen Machtverhältnissen hat. Einen Menschen manipulieren/bestechen/... zu müssen ist wesentlich leichter und billiger, als 300, oder gar ein ganzes Volk. Und wenn man dann bedenkt, daß die Regierung in einer Demokratie eigentlich die Aufgabe hat, FÜR ihre Bevölkerung gegen die sonstigen gesellschaftlichen Kräfte zu stehen, dann ist es imo klar, wo wir (wieder) hinkommen müssen.
Kallisti!
Alexis of Silverfang
Edit: Wenn es so weiterläuft, wie bisher, dann werden meiner Meinung nach Bürgeraufstände unweigerlich kommen. Uns das gilt es, wieder imho, zu verhindern, da es mehr Leid bringt, als tatsächlich bewirkt.