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Stahles Spaltung [Ich denke, also bin ich: Teil 3]

Huhu :hy:

Die bissigen Kommentare des Zweiten sind mal wieder das Beste am Kapitel
Wo ist der Knopf mit der Aufschrift "Zustimmung"?

Na gut, vielleicht eher das Zusammenspiel Erster - Zweiter und nicht nur die mörderische Metall-Feuer-Gestalt im Hintergrund.
Trotzdem finde ich die Idee "Fan-Club einrichten" gar nicht mal schlecht... ;)

Mit Isenhart kann ich allerdings immer noch nicht viel anfangen (außer verschiedene Synonyme für "unsympathisch" zu sammeln).

Seleya
 
wie wir er reagieren?
-> wird

Ich springe, lande auf der Knochenoberfläche, die sich mir eine Plattform bildet
-> die sich mir als Plattform bietet ??


Ansonsten würde ich mal sagen, gewohnt solides Kapitel.

Und was Isenhart angeht: Ich glaube auch der Akt 2 Sölli hatte ja am Anfang so ein paar Vorbehalte bzw war in die eigene Intrige seines Anführers verstrickt.
Ich würde den also jetzt nicht als unsympathisch bezeichnen, der ist einfach nur anderes gewohnt - aber er wird uns sicher noch Spass bringen ;)
 
Ich hab es geschafft \o/

alle 3 Teile, bis hier hin, duchgelesen :WD

einfach genial die Story :top:

ich finde es auch ganz praktisch, das du den dritten Akt etwas länger gestaltest im Vergleich zu den anderen Beiden;)
Meiner Meinung nach ist der Akt eh der Zeitaufwendigste und nervende und das bringst du ganz gut rüber ;)

ich freue mich auf mehr (wie wäre es mit nem netten Weihnachtsgeschenkt? :WD:santa: )

mfg

Cleglaw
 
Frohes Fest, meine Getreuen :WD!

Ich hab für Familie und Freunde dieses - wie letztes - Jahr meine mageren Künste benutzt, um mir großes Nachdenken zu ersparen und ihnen ein paar Blätter Papier, bedruckt mit meinen Worten, zu bescheren.

Da das Ganze nicht im Mindesten exklusiv ist - warum sollte ich das nicht auch euch zukommen lassen, hab ich mir gedacht? Eben.

Also: Ein gesegnetes Fest, und viel Spaß mit folgender kleinen Kurzgeschichte. Ich denke, so viel OT darf ich mir erlauben.

Simon


P.S.: Über die Feiertage bin ich ein wenig Verwandtschaft besuchen, einige Tage ohne Internet. Ich weiß nicht, wies mit dem nächsten Kapitel aussieht, kann Nix versprechen, also seid gnädig, falls am Samstag hier nur Leere steht. Habt ja heute was bekommen :snow:.

EDIT: Mistformatierung im Forum schluckt Anfangsleerzeichen...sorry deswegen, ich hoffe, es ist trotzdem lesbar...
 
Ein Lied ist wie ein guter Freund


Die ersten hellen Strahlen der Morgensonne fielen auf ebenfalls erst gefallenen Schnee, der, rein und unberührt, die Bürgersteige wie Puderzucker überzog. Er war von ähnlicher Konsistenz, der Kälte geschuldet, die das Land in eisigem Griff hatte; man hatte gute Aussichten auf weiße Weihnachten. Nur noch zwei Tage musste das Wetter dafür halten, viele Menschen saßen in diesem Moment zu Hause, in ihren Büros, zum letzten Mal auf einer Schulbank, in froher Erwartung des Festes und in der Hoffnung, dass das Wetter halten möge.
Ernst Jäger war keiner dieser Menschen. Im Gegenteil, er hasste dieses Wetter, die grausamen Zähne des Frostes, die in jedes seiner Körperteile bissen, das nicht unter Bergen von Kleidung begraben war, der an seiner noch warmen Haut schmelzende Schnee, der ihm langsam, quälend die Stücke Stoff durchnässte, die ihn eigentlich schützen sollten und so, je länger er hier draußen war, immer mehr frieren ließ. Wie sehr er sich wünschte, jetzt wie all die anderen in einem warmen Büro zu sitzen, den nervenden Kerl am Schreibtisch gegenüber, den unmöglichen Chef, die idiotischen Kunden ertragen zu müssen...aber nur noch zwei Tage lang. Mit Kaffeepausen. Statt in dieser Hölle gefangen zu sein, die die Wärme aus ihm sog, denn welcher vernünftige Mensch glaubte noch an einen feurigen Ort, an dem Sünder bestraft wurden? Das hier war es, das war seine Strafe. Wenn er nur wüsste, womit er das verdient hatte.
Seine Schneeschaufel grub sich in den Puderzucker. Wie schon am Tag zuvor stäubte das gefrorene Wasser davon, und er hatte im Grunde gar nichts erreicht. Man sollte wirklich mit dem Schippen warten, bis es wärmer wurde, und das Material ordentlich zusammenklebte...so war das alles sinnlos, völlig sinnlos. Womöglich war es das, was ihn an der ganzen Arbeit am meisten störte. Er bekam Geld, wenig Geld, dafür, dass er an Stellen, wo Räummaschinen nicht fahren konnten, pulvrigen Schnee entfernte und streute, ohne dass dies irgendeinen Zweck erfüllte – wen störte etwas Pulverschnee? Man konnte hierauf nicht ausrutschen! Einzig und allein etwas kosmetischen Effekt hatte die Tätigkeit, aber ihm konnte im Moment nichts egaler sein.
Zum zweiten Mal stieß er zu, etwas zaghafter, etwas vorsichtiger. Die halb gefüllte Schaufel wanderte von einer Stelle zur nächsten...ließ ihre Ladung dort fallen...er füllte sie wieder. Es war stupide, sogar noch stupider als die Arbeit im Büro, und wie oft hatte er sich beschwert, dass er sich nichts Langweiligeres und Hirnloseres vorstellen könnte als seine bisherige Tätigkeit? Er hatte wohl einfach nicht genug Fantasie gehabt.
Und da begann das Pfeifen. Irgendwie hatte er gehofft, in dieser kleinen Ecke seines Gehirns, die noch nicht zu einem kleinen, schwarzen Klumpen aus Verzweiflung und Verbitterung verschrumpelt war, dass es heute nicht so sein würde. „Stille Nacht“ drang in diese Ecke und zerquetschte sie auch zu einem Ball des Bösen. Er ertappte sich dabei, dass er im Geiste den Text des unsäglichen Liedes mit der Melodie verband, und wirklich, Patrick schien sämtliche Strophen zu pfeifen und noch ein paar dazu zu dichten. Die Schaufel hob und senkte sich. Sein Kollege, konstant Töne absondernd, trug den Sack mit Streusalz und spielte Sämann. Warum musste Ernst ausgerechnet zu Weihnachten mit diesem Idioten zusammen gezwungen sein, seine sinnlose Arbeit zu verrichten? Hätte er nicht stattdessen den aktuellen Sommerhit pfeifen können, während sie Blumen gossen oder so? Da wäre Ernst wenigstens der Text nicht bekannt gewesen. Oh, und es wäre wärmer.
Seine Hände hatten bereits jegliches Gefühl verloren, die Schultern wollten nicht nachstehen, als die infernalisch himmlische Melodie endlich stoppte, die während der monotonen, geisteszerrüttenden Schaufelei in seinem Gehirn zu einer Kakophonie des Wahnsinns geschwollen war. Früher hatte er noch gerne Schnee geschippt, nach dem Nachmittagskaffee eine halbe Stunde vor dem Haus...aber das hier? Das war Folter. Vielleicht wäre es erträglich gewesen, wenn er das freiwillig tun würde. Ehrenamtlich vielleicht, um einer alten Frau die Einfahrt freizuräumen, oder um sich den Gang ins Fitnessstudio zu sparen, stattdessen ein wenig Geld verdienen mit körperlicher Tätigkeit...
Doch nein! Er musste das tun, eine Drecksarbeit, der letzte Job, ganz am unteren Ende der beruflichen Nahrungskette. Weil kurzfristig, bei seinem Alter, seinem kreuzlangweiligen Lebenslauf, einfach sonst keine Gelegenheit da war. Drei Monate! Ernst zitterte innerlich vor Wut bei dem Gedanken. Seit drei endlosen Monaten hatte er keine Arbeit mehr, als die Krise seine Firma zur „Verschlankung“ gezwungen hatte – ha, gefeuert hatten sie die Hälfte der Belegschaft, einfach so, durften die das überhaupt? Wie er feststellen musste, offenbar ja, zumindest hatte ihm das jeder gesagt, und Ernst Jäger war kein großer Zweifler, nie gewesen. Er hatte die Abfindung genommen und war gegangen, im Grunde fast froh darüber, denn eigentlich war er nie wirklich glücklich gewesen mit seiner Schreibtischstelle. Wie jäh er doch bald feststellen musste, dass in der aktuellen Lage einfach keine neue Arbeit zu bekommen war...und er trotzdem irgendwie Geld heranschaffen musste.
Ja, mit das Schlimmste an diesem kleinen Nebenjob...er hatte Zeit, seine Gedanken schweifen zu lassen. Viel Zeit und sonst keine Möglichkeiten. Und seine Gedanken waren nichts, in dessen trüben Tiefen er sich im Moment oft aufhalten wollte. Vor lauter Monotonie hätte er fast nicht registriert, dass das ständige Gepfeife in der Tat aufgehört hatte – bis sich Patricks rotwangiges, tumb grinsendes Gesicht in sein Blickfeld schob.
„Das wär die Straßenseite! Tauschen wir für die andere, dann Mittag?“, brachte dieser seine tolle Idee, die im Grunde nur das übliche Prozedere ausgesprochen war – soweit man von drei Tagen von Routine sprechen konnte...ja, konnte man, denn was änderte sich denn je an dem monotonen Ablauf? Sie wechselten. Ernst trug den Sack, streute, Patrick schippte. Und pfiff „Süßer die Glocken nie klingen“.
Es wurde noch ein langer Tag bis Feierabend...Ernst hasste jede Sekunde davon.

Endlich waren die Bürgersteige für heute frei, die Schaufeln verstaut und Ernst hatte Ruhe vor Patricks Gepfeife. Er war vielleicht ein recht netter Kerl für jemand, der es nie zu mehr gebracht hatte als Straßenfeger, aber Himmel, ging ihm das auf die Nerven. Und wenn es nur so war, weil ihn die Weihnachtslieder ständig daran erinnerten, wie schlecht es ihm ging in der eigentlich als fröhlichste gedachten Zeit des Jahres. Die Tiefgarage, ohne wenigstens etwas wärmende Sonne, war noch eisiger als draußen, und der Anblick seines klimatisierten Wagens wirkte wie der Anblick einer Oase inmitten einer Wüste auf Ernsts Augen. Leider war noch ein anderer Mensch in der Nähe, und die dicke Frau ließ sich viel zu lange Zeit, ihr Hinterteil in ihren Golf zu wuchten...er öffnete den Kofferraum, sah immer wieder nach, ob sie endlich weg wäre, und begann, vor irrationaler Wut zu zittern.
Eine Ewigkeit später war er allein. Schnell schlüpfte er aus den durchweichten Klamotten, die orange Warnweste wanderte ganz nach unten in dem Stapel, und bibbernd streifte er sich über, was schon seit Stunden in einem tiefgekühlten Auto gelegen war: Hemd, Anzug, Krawatte. Auf dem Fahrersitz Platz nehmend ordnete Ernst seine Haare, atmete eine Weile tief durch und vergewisserte sich im Rückspiegel erneut, dass man zumindest auf den ersten Blick nicht sehen konnte, dass er stundenlang im Freien Schnee geschaufelt hatte.
Nur ein weiterer langweiliger Tag im Büro.

Zuhause...er setzte sich an den Küchentisch, wie jeden Tag. Ramona kam herein, wie jeden Tag. Gab ihm einen Kuss auf die Wange, wie jeden Tag. Fragte, wie die Arbeit war, was er mit einem Grunzen beantwortete – wie jeden Tag. Schaltete die Mikrowelle ein. Hm? Ernst legte die Zeitung hin. Kurz darauf stand eine heiße Tasse Glühwein vor ihm.
Das war neu.
Sie ließ sich ihm gegenüber nieder; der Stuhl knarzte. „Ich wollte mit dir reden über die Planung der nächsten Tage! Denkst du nicht, es wird langsam doch Zeit, unserer Tochter ein paar Geschenke zu kaufen?“, fragte sie fröhlich. Ernst nahm einen tiefen Schluck...wenn sie wüsste, wie willkommen der war...um seine Grimasse zu übertünchen. Dass sie jetzt damit anfangen musste...gut, eigentlich hatte er gewusst, dass das Thema irgendwann zur Sprache kommen müsste. Wenigstens schien sie gute Laune zu haben. Noch. Derweil hatte sie nicht aufgehört, zu plappern.
„...ich hab hier einen Wunschzettel von ihr. Was sagst du dazu? Dieses PlayMobil-Modell wäre doch eine Sache, da liegt sie mir schon länger in den Ohren, und ich dachte mir, wir könnten außerdem so ein Perlenkästchen kaufen, weißt schon, mit dem man Freundschaftsarmbänder macht, das wäre doch was für ihre kleine Gruppe. Und ihr Prinzessinnenkleid vom letzten Fasching ist auch total kaputt, da könnten wir auch ein neues kaufen...“
Ernst unterbrach ihren Monolog, indem er die Hand hab. „Meinst du nicht, wir sollten dieses Jahr ein wenig kürzer treten mit den Ausgaben?“, gab er in entnervtem Ton zu bedenken. Ramona reagierte, als hätte er ihr mit einem Hammer ins Gesicht geschlagen. „Wie, warum denn das? Es läuft doch prima in der Arbeit, hast du gesagt, da könnten wir uns auch etwas leisten...“, beschwerte sie sich in weinerlicher Stimme. Ernst seufzte.
„Das war noch vor drei Monaten so, ja. Die Dinge haben sich...geändert durch die Krise. Ist nichts mehr alles so einfach wie früher...“
Sie runzelte die Stirn. „Das verstehe ich nicht. Was ist denn mit unserem Australienurlaub? Dafür haben wir dann schon Geld? Kannst du mir doch nicht erzählen.“ Wieder musste Ernst seufzen. Er schloss die Augen für einen kurzen Moment. Auch dieses Thema noch...er hatte es ihr eigentlich schonend beibringen wollen, vielleicht bei einem Essen, das er für sie gekocht hatte, obwohl er darin gar nicht so gut war, bald...es half nichts.
„Nein, dafür haben wir auch kein Geld. Tut mir Leid.“, war seine resignierte Antwort. Was ihr noch mehr Schock auf das Gesicht zauberte. Und in ihre Stimme: „Was? Das war doch schon seit Monaten geplant! Wie...warum sagst du mir das jetzt? Kurz, bevor wir tatsächlich losfliegen? Was sollen wir denn über Sylvester...es ist so kalt hier!“
Kurz musste Ernst sein Gesicht in den Händen vergraben. „Hör zu, es tut mir wirklich, ehrlich Leid, aber es geht einfach nicht. Wir haben das Geld dafür nicht. Ich habe das Geld dafür nicht.“
Langsam kroch Verzweiflung in ihre Miene. „Heißt das...du bist schlicht zu geizig dafür? Du gönnst mir und deiner Tochter keinen Urlaub, ihr ihre Geschenke nicht...was soll das? Wenigstens zu Weihnachten können wir doch ein wenig mehr ausgeben!“, und damit begann sie zu weinen.
So viel zu ihrer guten Laune. Wenn er nur nicht...er legte so viel Mitleid in seine Stimme, wie er konnte, obwohl er leise ärgerlich wurde, weil sie so eine Aufregung machte über die paar Geschenke, den Urlaub...wenn er daran dachte, was er für Probleme im Gegensatz hatte...
„Ramona...ich hätte es dir wirklich gerne sanfter beigebracht, aber manchmal laufen die Dinge halt anders, als sie sollen...“
„Und das soll die Erklärung dafür sein, dass du dein schönes Geld nicht nutzen willst, um deiner Familie einmal eine kleine Freude zu machen?“
Wie konnten Frauen nur so schnell von Enttäuschung zu Wut umschalten? Wobei er gerade spürte, wie seine Resignation zu ähnlichen Emotionen umgesetzt wurde. Also wurde seine Stimme etwas lauter: „Denkst du wirklich, ich wäre so egoistisch, die Sache nur abzublasen, weil ich keine Lust habe, etwas auszugeben? Welchen Teil von 'es geht nicht' hast du denn nicht verstanden?“
Sie konnte sich offenbar gerade so nicht davon abhalten, aufzustehen.
„Den 'kurz vor knapp'-Teil, was soll das? Was hat sich denn so groß verändert in letzter Zeit, hat unsere Bank beschlossen, pleite zu gehen?“
Ernst reichte es jetzt. Was war das, ein Verhör? Wenn sie Antworten von ihm wollte, dann sollte sie Antworten bekommen!
„Was sich verändert hat? Ich bin seit einer Weile arbeitslos, verdammt!“
Das übertraf alle bisherigen Schockmomente. Ramonas Mund stand offen vor Unglauben. Und Ernst konnte auch nicht glauben, was er gerade gesagt hatte. Er musste versuchen...die Situation irgendwie zu...
„Du...du bist...ich hab mich gerade verhört, oder?“, brachte seine Frau hervor, und da wusste er, es war zu spät, er konnte es nicht mehr rückgängig machen. Tiefe Scham erfüllte ihn, und seine Verbitterung gewann erneut die Oberhand in dem Gefühlschaos, das ihn erfüllte.
„Nein. Hast du nicht. Die Krise hat mich meinen Job gekostet.“ Seine Stimme war erstaunlich ruhig.
Ihre Stimme wurde das plötzlich auch. Und kalt, so kalt, wie ihm heute trotz der Arbeit noch nicht gewesen war:
„Wie lange schon?“
Kein Sinn mehr im Lügen. „Drei Monate.“
Ein Flüstern wie aus den tiefen der frostigen Hölle traf ihn ins Mark: „Du hast mich drei Monate lang glauben lassen, es wäre alles in Ordnung bei dir, und du würdest jeden Tag normal zur Arbeit zu gehen?“
Etwas in ihm zerbrach, als sie diese Stimme benutzte, die er noch nie zuvor an ihr gehört hatte. Seine Antwort war gestammelt, unzusammenhängende Worte, die sie sofort wegwischte: „Willst du dich jetzt entschuldigen, oder was?“
„Ramona...“
„Hör auf! Was auch immer du jetzt sagen willst, spar es dir!“, kreischte sie, und Ernst zuckte zusammen. Sie sprang auf.
„Ich will dich heute nicht mehr sehen, vielleicht auch Morgen nicht! Raus mit dir, du verlogenes Schwein, was fällt dir ein? Drei Monate! Drei Monate! Ich glaube, ich spinne! Ich...ich weiß nicht, was ich denken soll! Bin ich blöd? Dass du so lange mich getäuscht hast...“
Unkontrolliert rannen Tränen über ihre Wangen
Ernst fuhr hoch. Jegliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Er rannte nach draußen, seine Jacke packend, seine Schuhe, und auf die Straße. Sein eigener Gehweg war nicht gewischt worden. Der Schnee tränkte seine Socken. In der Jackentasche war der Autoschlüssel, wie immer; er fuhr davon.

„...und dann hat sie mich mehr oder minder herausgeworfen, ich konnte gar nichts mehr erklären oder so, ich bin einfach verschwunden...“
„Das ist hart, Mann.“
Freddy hob sein Glas und zwang Ernst, es ihm gleichzutun. Beide tranken noch einen Schluck Bier, Ernsts alter Freund deutlich mehr als dieser selbst. Es war sein drittes. Nachdem sich die ursprüngliche Aufregung bei Ernst etwas gelegt hatte – er fand sich nach einiger Zeit planlosen Fahrens in einer ihm völlig unbekannten Straße wieder – hatte er den unglaublichen Drang verspürt, mit jemandem zu reden, egal mit wem, sich wenn schon nicht bei seiner Frau, dann doch bei einer anderen Person von seinen Lügen zu befreien. Also rief er Freddy an, denn wenn man sich abends auf ein Glas Bier – oder mehr – und tiefsinnige – oder weniger – Gespräche irgendwo treffen wollte, dann hatte der prinzipiell immer Zeit. Zudem kannten sie sich länger, als er sogar Ramona kannte, und er wusste, dass Freddy ihn sicher nicht verurteilen würde. Sein alter Freund nahm die Dinge immer etwas lockerer als Ernst es tat. Und gerade hatte er tatsächlich alles erzählt, ohne groß unterbrochen zu werden...
„Wobei ich das ganz große Problem dabei nicht mal sehe“, gab Freddy plötzlich zu bedenken. Was Ernst einen ungläubigen Blick entlockte. Sein Freund grinste und führte seine These weiter aus: „Frauen regen sich doch immer ganz schnell auf und sind dann wieder leicht versöhnt. Kenn ich doch auch von meiner Vera.“
Die Implikation, dass wirklich alle Frauen wie Freddys seien, gefiel Ernst nicht besonders; obwohl Ramona nicht die Hellste war – sonst hätte er sicher keine drei Monate lang seine Fassade aufrecht erhalten können – hatte er Vera schon immer für eine selten dämliche Person gehalten, mit einer Dummheit, die eigentlich gesetzlich verboten sein sollte. Weswegen er sich auch nicht zurückhalten konnte: „Vera scheint mir so gar nicht der Typ zu sein, sich überhaupt groß über was aufzuregen...dafür ist sie zu...still.“ Zum Glück hatte ihr Mann schon genug getrunken, um den Unterton nicht mitzubekommen, also lachte er nur. „Ach, weißt du, sie war einmal schon ganz schön sauer auf mich...hätte ich auch erst nicht gedacht...als sie herausgefunden hat, dass ich sie mit dieser Friseuse betrogen hatte...“
Alkoholbedingt brauchte Ernst eine Weile, um zu reagieren. „Du hast was?“
„Wusstest du noch nicht? Schon zwei Jahre her, war nur so eine kleine Affäre nebenher. Du weißt, wie das ist. Aber die Wogen haben sich geglättet...keine Sorge.
Wobei sie besser nicht herausfinden sollte, was ich mit meiner süßen Kollegin mache.“
Für Ernst brach eine Welt zusammen. Hatte er sich wirklich nicht verhört? Hatte einer seiner besten Freunde gerade ohne mit der Wimper zu zucken zugegeben, dass...er wusste, über eine durchaus nicht triviale Sache wie plötzliche Arbeitslosigkeit nicht zu reden, weil es ihm einfach zu peinlich gewesen war, war auch nicht besonders nett, aber so was...und dann auch noch wiederholt...wobei, war Freddys Verhalten wirklich so viel schlimmer?
Als er ihm stumm dabei zu sah, wie er noch einen langen Schluck Bier nahm, wusste Ernst die Antwort schon. Ja, war es. Freddy tat es nämlich offensichtlich kein Stück Leid. Sein guter alter Freund nahm die Dinge wirklich viel lockerer als er, wie es schien. Und das gefiel Ernst überhaupt nicht. Er war enttäuscht, verletzt – an einem Tag, an dem er das wirklich nicht brauchen konnte. Und im Hintergrund spielte das Radio „Last Christmas“.
Aber...was sollte er denn jetzt sagen? „Freddy, merkst du eigentlich nicht, was für ein verdammter...“ Nein. Das kam irgendwie nicht in Frage. Trotzdem...Ernst war komplett mit den Nerven am Ende. Ein Schlag nach dem anderen. Das war doch nicht fair...
„Pass auf“, sagte sein heuchlerischer Bastard eines Freundes, „ich hab nen super Plan. Du schläfst heut Nacht bei mir, dann kannst du Morgen in Ruhe zu Ramona gehen und ihr alles erklären.“
Und wieder war er verwirrt. Da war er wieder, der alte Freddy, immer hilfsbereit und nett, wenn ein Freund Hilfe brauchte, für ihn da...was sollte er denn jetzt denken?
Ernst wechselte das Thema, um seine Gedanken zu ordnen: „Klingt...vernünftig. Das Problem dabei ist: Ich weiß gar nicht, was ich ihr überhaupt erklären soll. Ich habe nämlich keine wirkliche Erklärung dafür, dass ich es ihr verschwiegen habe. War mir das Ganze nur so peinlich, oder...“
Hilfesuchend sah er in das Gesicht seines Freundes. Und dieser...zuckte mit den Schultern.
„Tja, da brauchst du mich jetzt nicht fragen...ich denke, heute müssen wir auch nicht drüber nachdenken, oder? Noch ein Bier, oder was Härteres?“
Immer hilfsbereit, es sei denn, es wäre irgendwie besonders anstrengend für ihn. Ein Mann einfacher Lösungen, dieser Freddy. Ernst trank sein aktuelles Bier aus. „Danke...ich brauch Morgen einen klaren Kopf. Können wir einfach gehen?“
Natürlich konnten sie das, natürlich. In grauenhafter Stimmung folgte Ernst Freddy nach Hause, welcher Gott sei Dank genug Gespür dafür hatte und seinen Mund hielt, ohne noch mehr Dinge zu erzählen, die eine alte Freundschaft tief erschüttern konnten...

Der nächste Morgen begann um zehn Uhr, als beide Männer ihren Schlaf überwunden hatten. Freddy kochte – grauenhaften – Kaffee; Vera ließ die beiden in Ruhe, zum Glück, Ernst hätte hirnloses Gerede von ihrer Seite nicht ertragen können. Nach einer heruntergewürgten Tasse und ein paar Gläsern Wasser – er hatte doch zu viel Bier getrunken am Abend zuvor – warf er einen schnellen Blick auf die Uhr. Er hatte noch Zeit...aber er wollte weg von hier, so schnell als möglich.
„Freddy, Danke für die Bewirtung, aber ich muss los. Hab mir zur Überbrückung so einen Nebenjob geholt, wär heut Nachmittag eine kleine Schicht...“, murmelte er also und stand vom Küchentisch auf. Sein...Freund hob die Augenbrauen.
„Am Heiligabend? Was machst du denn für eine Drecksarbeit?“
Ernst knirschte mit den Zähnen. Ja, so eine war es, in der Tat. Aber sie zu verlieren konnte er sich jetzt wirklich nicht leisten, und er war auf perverse Weise auch irgendwie stolz auf sich, dass er das seit dem ersten Schnee durchgehalten hatte. „Schneeschippen. Mistjob, schlecht bezahlt, aber es hält fit, ne?“, grunzte er. Was Freddy ein Lachen entlockte. „Scheiße, Alter, das würde ich ja im Leben nicht machen wollen. Ist doch kompletter Matsch da draußen...na ja, wenn man keine Wahl hat, nicht...ich bin heilfroh, dass ich heute entspannen kann und ein wenig die Füße hochlegen.“
Danke. Arsch. Ernst zog es jetzt wirklich nach draußen, weg von diesem oberflächlichem Kerl, von dem er gedacht hatte, er wäre ein wirklich netter, mitfühlender Mensch...doch etwas hielt ihn noch zurück. Ein Hoffnungsfaden, dass er sich doch getäuscht hatte über die Veränderung, die Freddy in der letzten Zeit durchgemacht hatte? Also hielt er noch einmal inne und formulierte eine Frage: „Sag mal, du arbeitest doch in so einer Anwaltsfirma, oder? Die brauchen doch sicher auch Leute, die sich in der Verwaltung auskennen, oder meinetwegen einfache Schreibkräfte. Kannst du dich vielleicht umhören, ob da was für mich frei wäre, ein gutes Wort bei deinem Chef einlegen? Mir würd ja schon ein Praktikum reichen, irgendwas, damit ich wieder einsteigen kann!“
Freddy verzog das Gesicht, und Ernsts Herz sank. „Tja, so einfach ist das jetzt auch wieder nicht“, gab Ersterer zu bedenken. „Wir sind im Moment eigentlich ausgelastet, und weißt du...so gut ist mein Chef auch nicht auf mich zu sprechen, war wohl ein wenig zu gierig mit dem Gehalt in letzter Zeit...ich würd dir schon gerne helfen, aber ich denk eher nicht, dass das in naher Zukunft was wird. Ich bin jetzt ja auch über Weihnachten weg und so...“
Ernst unterbrach ihn. „Schon gut, schon gut...ich muss mir dann halt selbst helfen...“
Und wieder ein Hoffnungsfaden gerissen. Wie sehr sollte er Freddy verübeln, dass er da keine Möglichkeit sah, ihm zu helfen? Oder hatte er doch nur keine Lust, Ernst zu unterstützen? Egal. Raus hier. Weg von diesem heuchlerischen Typen. Warum genau waren sie jahrelang Freunde gewesen? Ein grausiger Heiligabend.

Nach einem Happen zu Mittag – das Sandwich schmeckte nach nichts, obwohl er Schinken eigentlich liebte – kam Ernst an seinem heutigen Einsatzgebiet an: Dem Bahnhof. Patrick, sein nerviger Partner, wartete schon; dies war kein Nebenjob für ihn, sondern seit Jahren sein Beruf, er war immer überpünktlich, weil er sonst nichts zu tun hatte. Gemütlich war er am Rauchen, die Kälte offenbar ignorierend...wobei, am heutigen Tag war es gar nicht so kalt. Was bedeutete, dass nur ein kümmerlicher Rest Schnee für weiße Weihnachten übrig bleiben würde. Herrlich! Bedeutete natürlich auch, dass der Schnee, der durchaus noch da war, ein feuchter Matsch war, grausig zu schaufeln, und wundersamerweise schien sämtliche weiße Restpampe der Stadt sich hier versammelt zu haben, um die Fahrgäste zu behindern. Missmutig schlurfte Ernst zu Patrick, der ihn freundlich begrüßte: „Morgen, Kamerad! Frohe Weihnachten! Hast dich ja extra in Schale geworfen für den Anlass!“
Verwirrt blickte Ernst an sich herunter – und stellte fest, dass er vor lauter Verwirrung noch immer seinen Anzug anhatte, den er schon seit Monaten nur noch zu Täuschungszwecken getragen hatte. Die scharfen Bügelfalten, die geschmackvolle Krawatte, das blütenweiße Hemd, sie widerten ihn an. Er stammelte ein wenig vor sich hin, bis Patrick abwinkte: „Ein wenig durcheinander darf jeder mal sein. Ich fang schon mal für uns beide an, zieh dich in Ruhe um. Du hast deine Sachen doch hoffentlich dabei?“
Der echt besorgte Ton ließ Ernst tatsächlich lächeln. „Ja, ja, hab ich. Danke, Patrick. Ich bin sofort zurück.“
Sein kurzer Anflug sehr dünner guter Laune verflog sofort wieder, als er feststellen musste, dass er natürlich nicht die Arbeitsklamotten zum Trocknen aus dem Kofferraum geholt hatte und so noch von gestern völlig durchweicht waren. Es half nichts, er musste sich hineinzwängen; es war kalt, feucht, ekelhaft. Er beeilte sich, um die Tortur so schnell als möglich hinter sich zu bringen, rannte fast zurück zum Bahnhof und packte gleich den Sack Streusalz, damit Patrick nicht das Schaufeln unterbrechen musste. Kurz darauf stellte er fest, dass es einen guten Grund gegeben hatte, dass der andere immer mit dieser Tätigkeit angefangen hatte: Der Sack war schwer, weit schwerer als eine Schaufel voll Schnee, und zum Streuen musste er ihn immer mit einer Hand halten. Seine ungeübten Schreiberhände protestierten bald, aber er biss die Zähne zusammen und machte weiter. Wenn der Tag schon schlecht sein wollte, dann doch bitte ganz und gar miserabel, vielleicht konnte er so Karmapunkte für den nächsten sammeln, er brauchte jedes bisschen Glück, das er bekommen konnte; und irgendwie half der körperliche Schmerz, ihn von der grauenhaft eintönigen Arbeit abzulenken. Und vor den schwarzen Gedanken, die zwischen Ramona, Freddy und „Oh, du fröhliche“, das Patrick pfiff, alternierten.
Als sie später wechselten, stellte er fest, dass der feuchte Schnee auf den Bahnsteigen doch nicht allzu viel leichter war als ein voller Sack Streusalz; wenigstens konnte er beide Hände dafür verwenden, was beiden Armen später den grauenhaftesten Muskelkater verursachen würde, wie er schon jetzt vermutete.
Irgendwann bekam er eine Nachricht auf sein Handy, von Ramona: „wehe du kommst nicht zur Christmette. wir reden danach.“, was bedeutete, dass der eigentlich besinnliche Abend auch versaut war. Er hatte außerdem gerade genug Zeit, nach der Arbeit zur Kirche zu fahren, also konnte er nicht einmal vorher mit seiner Frau und seiner Tochter sprechen...zum Glück würde er die Bescherung nicht verpassen, denn die war nach der Kindermesse angesetzt, gegen sechs Uhr.

Noch mehr durchnässt, durchgefroren und durcheinander kam er gerade noch rechtzeitig an. Die Kirche war sehr voll, und offenbar hatte seine Familie sehr lange auf ihn gewartet, weswegen sie nahe des Eingangs stehen mussten; so konnte er sich wenigstens neben sie stellen. In seinen Arbeitssachen; Zeit zum Umziehen war nicht mehr gewesen.
„Wie siehst du denn aus?“, flüsterte Ramona. Er verzog das Gesicht. „Ich hatte zu tun.“, grummelte er. Ihre Reaktion war ein Kopfschütteln, missbilligend, und sie wollte offenbar keine weiteren Worte verlieren. Was auch gut so war, denn in diesem Moment begann der Gottesdienst.
Und sie sangen...“Oh, du Fröhliche“...als ob ihn das Pfeifen des gleichen Liedes den Tag über nicht schon genug aufgeregt hätte! Was war das, ein grausamer Scherz des Himmels? Und die Lichter strahlten, und alle Menschen waren fröhlich. Christus kam, um später die Welt zu retten. Mehrere Lesungen. Oft wanderte Ernsts Blick zur Seite, zu seiner Frau und seiner Tochter; wann immer erstere ihn bemerkte, kam ein missbilligender Blick zurück, der ihn genau ins Herz traf. Ein Blick voll Verachtung, Unverständnis...und es wurde „Süßer die Glocken nie klingen“ gesungen, von diesem Moment an wusste Ernst, dass ihn irgendjemand leiden lassen wollte dafür, dass er diesen Fehler begangen hatte.
Die Predigt begann. Das freudige Ereignis...der zweitschönste Tag des Jahres...Frieden auf Erden...
Die vielen Menschen um ihn herum ließen ihn schwitzen. Der Weihrauch machte ihn benommen. Seine Schuld und Scham drückten ihn nieder. Die lange Nacht des Vortags trug ihren Teil dazu bei. Ernst wurde schwindelig. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Die Worte des berobten Menschen vor dem Altar brodelten in seinen Ohren, wurden verzerrt zu Anklagen. Zu Verhöhnungen. Jesus war geboren, um seinem Volk Frieden zu bringen? Offenbar nicht Ernst. Ernst bekam diese Nacht seine Strafe zu spüren. Schweiß rann seine Stirn hinunter, er begann, sich vor dem unvermeidbaren Ende zu fürchten: er würde mit Ramona reden. Lange. Sie würde laut werden. Er würde sich nicht verteidigen können, nicht erklären können, warum er es getan hatte, warum er seine Frau belogen hatte...wie es weiter gehen sollte.
Seine Familie ging nach vorne, um ihre Hostien entgegenzunehmen.
Später würden sie „Stille Nacht“ singen, wie jedes Jahr.
Ernst floh aus der Kirche.

Er rannte fast durch die Straßen nach Hause, sein Auto vergessen, vage Pläne in seinem Kopf formend, die sofort wieder zerstoben. Er konnte es nicht...konnte sich nicht Ramona stellen, ihren missbilligenden Blicken, denen seiner Tochter, die keine Geschenke von ihm bekommen würde...so wenig, wie er sich dem gleichen hatte stellen können, als er seine Arbeit verloren hatte. Stattdessen war er weggelaufen vor der Wahrheit, hatte sich versteckt hinter einer Fassade aus Lügen, das Vertrauen seiner Frau ausnutzend, um ein einziges Gespräch zu vermeiden, vor dessen Ausgang er sich fürchtete.
Warum mit dem Davonlaufen aufhören? Lügen halfen jetzt nicht mehr, und er konnte auch nicht mehr rückgängig machen, dass er aus der Kirche verschwunden war...er würde schnell nach Hause laufen, ein paar Sachen in eine Tasche stopfen, sich irgendwo verstecken, bis ihn niemand mehr sah, bis die glücklichen Familien um ihre Weihnachtsbäume standen und sich freuten, verdammte Lieder sangen...und dann würde er sein Auto holen und verschwinden, nie wieder zurückkommen, sich nicht mehr der Schande stellen müssen, die sein Leben geworden war. Unvermittelt brach er in Tränen aus, seine Schritte nicht verlangsamend, lief heulend durch die Straßen – stille Nacht, heilige Nacht...die zweitschönste Nacht des Jahres. Nach Ostern. Ja, da geschah ein größeres Wunder. An Weihnachten wurde nur ein Kind geboren, das geschah ständig, dass ein Toter wieder auferstand, das war neu! Ein Zeichen? Sollte er auch ein neues Leben beginnen, irgendwo, fern, eine neue Existenz aufbauen, alleine...ha, dafür bräuchte es ein großes Wunder. Wahrscheinlich würde er in der Gosse landen. Es war ihm gleich. Ihm war alles egal an diesem Abend, als er einsam durch die Straßen zog, gequält von Schuld und Schmerz. Heute war Jesus auf die Welt gekommen, um seine Seele zu retten...ha. Ein guter Witz, so grausam wie die ganzen anderen, die in den letzten paar Stunden auf seine Kosten gemacht worden waren. Die ganze Festlichkeit, die Lieder, sie konnten ihn doch alle mal...
...was war das? Die Straßen waren komplett leer, die Leute waren alle mit ihren Familien zu Hause oder in der Kirche, warum hörte er auf einmal die Melodie von „Leise rieselt der Schnee“ - und das kurz vor seinem Haus?
Er trat um die Ecke...und erstarrte.
„Patrick?“
Sein Kollege sah auf von dem Schneehaufen, den er gerade dabei war, mit seiner Schaufel zu vergrößern. „Ja, hallo Ernst! Frohe Weihnachten noch mal – was machst du denn hier an diesem schönen Abend?“
Der Angesprochene brauchte kurz, um zu reagieren: „Ich...ich wohne hier. Du...bist am Arbeiten?“
Patrick nickte. „So siehst aus, nicht wahr? Man hat deine Gegend offenbar übersehen beim Räumen, und es hieß, wenn das heute noch erledigt wird, gibt’s Bonusgeld. Kann ich immer brauchen, und ich hab ja sonst nichts zu tun heute – der Fertigstollen im Backofen kann auch noch ein paar Stunden länger auf mich warten. Wird umso besser schmecken danach!“
Das war...Patrick hatte wirklich nichts anderes zu tun heute, als vor seinem Haus Schnee zu schaufeln? War das noch ein böser Scherz auf seine Kosten? Ernst schüttelte den Kopf. „Ich glaub's ja nicht...von all den Menschen auf der Welt...“ muss ich diesen nervigen Pfeifer treffen, was kommt als nächstes? Ein Meteoritenhagel?
Ein Grinsen antwortete ihm. „Ja, ein glücklicher Zufall, was? Ich sag's ja immer wieder, es gibt noch Wunder. Dachte, ich wäre hier drei Stunden lang allein beschäftigt, freut mich unglaublich, dass du auch nur für ein paar Worte da bist. Aber mal im Ernst – ha – was treibt dich denn hierher?“
Schon hatte Ernst den Mund geöffnet, um Patrick zu sagen, dass ihn das überhaupt nichts angehe, dass er und seine Lieder sonstwohin gehen könnten, um danach in die Wohnung zu stürmen, seine Sachen zu packen und zu verschwinden...als irgendeine Stimme noch verbliebener Vernunft in ihm geradezu schrie, wie sehr er sich gerade als Idiot gebärdete. Der Mann, der vor ihm stand, hatte offenbar weder Frau noch Kind, war Mitte fünfzig und im Grunde professioneller Schneeschaufler und Straßenkehrer, sein Abend würde aus einem einsam gegessenen Stollen in einer sicherlich kargen Wohnung bestehen – und er konnte sich ganz ehrlich darüber freuen, mit einem von Herzen offenen Lächeln, dass ein Mensch, den er erst sein fünf Tagen kannte, ihn nur ein paar Worte schenkte.
Was für ein Typ war Ernst denn wirklich? Jemand, der bereit war, alles hinzuwerfen, weil er nicht genug Rückgrat besaß, um mit seiner Frau zu reden, und gleichzeitig einen anderen zu beleidigen, der es viel, viel schwerer hatte als er und die Bürde mit einem Grinsen im Gesicht tragen konnte? Nie hatte er Patrick in einem anderen Zustand als absoluter Fröhlichkeit erlebt...und egal, ob sein Pfeifen nervte, jetzt erst kam ihm, was für ein toller Mensch eigentlich vor ihm stand, mit leicht besorgtem Blick für einen im Grunde komplett Fremden.
„Patrick...ich bin gerade dabei, eine unglaubliche Dummheit zu begehen. Falsch, ich habe sie bereits begangen“, gab Ernst mit brechender Stimme zu. Er ließ den Kopf hängen...und zuckte etwas zusammen, überrascht, als eine Hand sich auf seine Schulter legte. „Dass etwas nicht ganz in Ordnung ist, hab ich mir gedacht, als ich dich gesehen habe, Ernst. Was ist denn los? Es gibt keine Dummheit, die man nicht durch eine gute Tat wieder wettmachen kann, denke ich mir. Also erzähl mir dein Problem.“
In Ernst Miene spiegelte sich seine Verzweiflung wider...und prallte ab an Patricks erneut aufgesetztem ehrlichem Lächeln. Er brach zusammen, seine Tränen flossen frei, und er erzählte seinem Kollegen die ganze Geschichte. Dieser schaufelte, ohne sein Zuhören zu unterbrechen, eine kleine Bank in den Schneehaufen neben ihnen, und so saßen sie mehrere Minuten zusammen, während der Ernst oft unter Schluchzen pausieren musste, bis ihn der Ältere durch aufmunternde Geräusche und Gesten zum Weitermachen brachte.
Endlich war alles aus ihm herausgesprudelt, und Ernst verstummte. Einen kurzen Moment lang waren beide Männer still, und eine irrationale Furcht begann in ihm zu keimen, dass Patrick die Sache mit einem ähnlichen Schulterzucken abtun würde wie Freddy, einen sinnlosen Ratschlag bringen würde und ihn ähnlich im Stich lassen.
„Du hast also deine Frau belogen, ohne wirklich zu wissen, warum, und dein ehemals bester Freund hat sich als kolossaler Arsch herausgestellt? Du hattest es wirklich nicht leicht, du Armer. Und das an Weihnachten...“
Ernst wurde ein Taschentuch gereicht, dass er mit einem erstickten Wort des Dankes annahm. Sein verlängerter Rücken war fast taub vom Sitzen auf der Schneebank, aber ihn konnte nichts stören. Patrick, entgegen jeder Befürchtung, sprach weiter: „Aber ich denke wirklich nicht, dass aller Tage Abend ist. Besonders nicht an diesem Abend. Du hattest Recht, jetzt wegzulaufen, wäre eine gewaltige Dummheit. Das hat noch nie Probleme gelöst. Du weißt, dass du dich einem Gespräch mit deiner Frau stellen musst, oder?“
„...ja...“
„Hätte nichts anderes erwartet. Du bist doch ein vernünftiger Mensch. Und heute ist auch die beste Gelegenheit dazu! An Weihnachten wird jeder versöhnlich. Du hast es ja auch insofern gut, als dass du wirklich nur was dafür kannst, dass du es so lange verschwiegen hast. Stell dir vor, du hättest etwas verschwiegen, was du selbst verschuldet hast – das wäre viel schlimmer gewesen!“
So hatte Ernst das noch gar nicht betrachtet. Es stimmte: Rational betrachtet war es furchtbar dämlich von ihm gewesen, Ramona nicht gleich sein Scheitern im Beruf zu beichten. Letztlich war es nämlich wohl schon seine Schuld, weil er sich nicht unentbehrlich gemacht hatte, aber das war ein übersehbares Detail; Bürokräfte sind immer entbehrlich. Es war einfach nicht so, als hätte er eine monatelange Affäre verschleiert...
Als hätte Patrick seine Gedanken gelesen, sprach er weiter: „Wobei das nicht das einzige Gespräch ist, was du in naher Zukunft führen solltest. Weißt du, worauf ich hinaus will?“
„Freddy...“
„Heißt so dein alter Freund? Ja, genau den meine ich. Du kannst ihn auch nicht einfach in dem Glauben lassen, dass du stumm dem zustimmst, was er tut, was er getan hat. Echte Freunde sind ehrlich zueinander. Er hat sich unglaublich daneben benommen – aber er hat dir genug vertraut, dir alles zu erzählen, weil er wusste: Du bist sein Freund, du wirst es nicht weiter erzählen. Wenn du auch an euere Freundschaft glaubst, dann sprich ihn an und sag ihm, dass du das nicht in Ordnung findest. Ist euere Bindung noch stark genug, wird sie das überstehen. Wenn nicht, dann war sie es auch nicht wert.“
Ernst atmete schwer wie nach einem Marathonlauf. Langsam, wie Öl nach dem Umrühren, beruhigten sich seine tanzenden Gedanken. Ja, er konnte nicht einfach davonlaufen...nicht noch einmal Patrick hatte völlig Recht. Er musste mit den Menschen, die ein Problem mit ihm oder mit denen er ein Problem hatte, reden. Natürlich würde das schwer werden, aber – und da sah er seinen Partner wieder mit Bewunderung an – man konnte viel schlimmere Dinge durchstehen. Was ihn zu einer ersten Entscheidung brachte...denn er wusste nicht, ob er es durchstehen würde, oben in der Wohnung alleine auf Ramona zu warten.
„Patrick...Danke. Danke für deine Hilfe. Du glaubst nicht, wie wichtig das für mich war.“
Der Ältere wurde noch etwas röter im Gesicht, als seine Wangen ohnehin schon waren.
„Keine Ursache, wirklich. Du hast doch alles selbst schon gewusst. Manchmal braucht man nur einen Schubser in die richtige Richtung...“
Ernst lächelte. „Trotzdem...ich weiß nicht, was ich ohne dich gemacht hätte. Ich...ich kenne dich erst seit so kurzer Zeit, und du hast mir schon so geholfen...“
„Dafür sind Freunde doch da, oder?“
In diesen warmen und ehrlichen Worten steckte eine tiefe Wahrheit, das spürte Ernst. Besonders der „Freunde“-Teil. Er ließ seinen Blick über die Straßen schweifen.
„Jetzt ist hier das Fegen ein wenig ins Hintertreffen geraten...ich habe hinten in der Garage meine eigene Schaufel. Lass uns ein wenig was tun, bis meine Frau zurückkommt.“
Patrick begann, abzuwinken: „Bitte, ich will euch nicht stören, das ist deine Sache...das Ding schaufelt sich Morgen genauso frei. Ich geh jetzt einfach nach Hause...“
„Unfug! Du gehst nicht nach Hause. Wir sorgen jetzt zusammen dafür, dass du dein Weihnachtsgeld dafür bekommst, hier geräumt zu haben – sieh's als Geschenk von mir – und dann isst du mit uns zu Abend. Wir haben genug.“
Der Straßenfeger hatte Mühe, seine Freude über das Angebot zu unterdrücken, und versuchte das mit diversen Beteuerungen, sich nicht aufdrängen zu wollen. Ernst blieb hart. Er hätte beinahe seinen eigenen Heiligabend komplett ruiniert, jetzt würde er den dieses Mannes, dem er zu verdanken hatte, dass es nicht zu einem Desaster geworden war, so sehr verschönern, wie es ging. Seiner Frau würde er natürlich erklären müssen, was dieser Fremde hier wollte und warum er auf einmal zu einem so guten Freund geworden war, dass er gleich mitessen dürfe...aber er würde das schaffen. Irgendwie. Genauso, wie er es schaffen würde, sich zu entschuldigen. Immerhin war Weihnachten – da war alles möglich...und die Leute in versöhnlicher Stimmung, in der Tat.
Sie schippten, und als die ersten Takte von „Alle Jahre wieder“ gepfiffen durch die Luft wehten, machte Ernst das überhaupt nichts mehr aus. Auch mit schon ewig bekannten Liedern konnte man sich versöhnen.
Was ihn an etwas erinnerte...als Patrick eine kleine Raucherpause einlegte, öffnete er sein Handy.
„freddy, wir müssen reden. hast du vor abreise noch kurz zeit? frohe weihnachten“, schickte er an einen alten Freund.
Kurz darauf kam die Antwort – offenbar war Freddy gerade nicht besonders abgelenkt, weil nicht in der Kirche.
„wollt dir eh grad texten. hab chef und frau zu mir eingeladen heute. ist was in aussicht für dich! frohe weihnachten auch dir, sehn uns morgen“
Sehr perplex senkte er das Mobiltelefon. Patrick sah schief zu ihm herüber. Langsam machte sich ein Lächeln auf Ernsts Gesicht breit.
„Er hat...dran gedacht?“
Schnell erklärte er seinem neuen Freund, was er damit meinte. Patrick grinste: „Siehst du, ist vielleicht doch kein Arsch, dein Kumpel.“
Ernst schüttelte den Kopf. „Ich muss mich wohl bei ihm für meine Gedanken entschuldigen...“
Was ihn auch lehren sollte, zu frühe Schlüsse zu ziehen. Besonders bei alten Freunden. Hoffentlich hatte er sich auch geirrt bei seiner Einschätzung, wie sehr seine Frau es ihm wirklich übel nehmen würde...aber er war guter Dinge.
Immerhin war es ein wirklich großer Zufall gewesen, dass Patrick ausgerechnet heute ausgerechnet hier Schnee geschippt hatte. Wahrscheinlich machte sich doch niemand da oben lustig über ihn – jedenfalls nicht, ohne letztlich doch gut zu ihm zu sein. Das war wirklich Grund, erhobenen Hauptes in die Zukunft zu gehen – in eine ohne Lügen, mit alten und neuen Freunden.
 
:WD

Alle im Urlaub? Dann muss ich halt quadrupelposten. Shit happens.

Ich habs tatsächlich geschafft, trotz Umgebenseins von Verwandtschaft, das Neue fertig zu schreiben. Ist ein wenig länger - ich hoffe, das macht euch Nichts aus :ugly:. Man wünscht frohes Lesen und ähnliches Fest.

Simon
 
Kapitel 61 – Unerwartete Zuvorkommnisse

Am Wegrand erscheint in der Ferne eine Säule, als wir eine Flussbiegung umrunden. In stummer Anerkennung des größeren Vertrauens, das wir Isenhart nun entgegen bringen, haben wir unsere übliche Formation wieder eingenommen: Zwei Wächter neben mir, der den Weg vorgibt, dahinter eine Querreihe aus zwei Wächtern, die zwei Magier flankieren, die den Meister flankieren. Eine Reihe weiter hinten bildet Isenhart die Nachhut, neben ihm gehen zwei normale Skelette, hinter ihm noch eines, und zwischen ihm und dem Meister ist der letzte Magier.
Ich lasse mich zurückfallen, um mit dem Menschen von den beiden zu reden, der mir bereit ist, zuzuhören.

„Sieht nach Abzweigung aus, da vorne – typische Säulen, die zu einem Wegpunkt führen. Sollen wir uns den holen, wenn das Arrangement gleich ist wie bisher?“

Der Meister überlegt kurz.

„Isenhart, kommst du kurz zu uns?“

Gleich darauf sind die drei Vernunftbegabten versammelt. Der neu Hinzugekommene hebt fragend die Augenbrauen.

„Golem meint, dass da vorne nach – rechts? Rechts, ja – ein Weg führt. Wir vermuten, dass am Ende ein Wegpunkt liegt. Kannst du uns das bestätigen?“

Der Söldner überlegt kurz.

„Wär nich schlecht gewesen, wenn wir die Karte mitgenommen hätten. Aber könnt gut hinkommen, ja. Wär dann der am Osttor. Wir sind ja gerade auf der Hauptstraße, die direkt nach Unter-Kurast führt...sobald der Tempelbezirk anfängt, gibts keine Tore mehr, ist Alles flussumspült.“

„Sind wir also nicht mehr weit von Unter-Kurast entfernt?“

„Wenn ich das richtig einschätzen kann...doch, ja, sind wir ganz nah.“

Der Meister nickt.

„Dann lassen wir Wegpunkt Wegpunkt sein. Ich will raus aus diesem Drecksdschungel, und nach Unter-Kurast werden wir sicher auch bald Travincal erreichen?“

„Wir müssn noch durch den Basar und Ober-Kurast. Aber sollte weniger Probleme machen, wenn der Dschungel irgendwann aufhört.“

„Also ignorieren wir die Abzweigung.“

Ich wage es, etwas einzuwerfen.

„Die Kreuzungen sind bisher beliebte Orte für Hinterhalte gewesen. Wir sollten auf der Hut sein.“

„Wer uns angreift, ist selbst schuld. Zurück in Formation.“

Ich gehe also wieder nach vorne in Position. Und tatsächlich, kaum ist die erste Säule neben mir, erklingen Kampfschreie aus zugenähten Mündern, und Blasrohrpfeile beginnen, auf uns zuzufliegen. Ich kann einen Seufzer hinter mir vernehmen. Mehrere Nahkämpfer schnellen auf uns zu.
Ich weiß, was zu tun ist. Die Wächter machen automatisch dicht, erste Feuerblitze von den Magiern fliegen an mir vorbei; da leuchten alle Angreifer durch orange Flämmchen über ihren Köpfen auf, und mein Schwert gleitet durch deren erste Reihe wie ein heißes Messer durch Butter.
Die erste Sprengung lässt Isenhart erschrocken aufschreien, bis ihm der Meister ein schnelles „keine Sorge, das war ich“ zuruft; danach gibt es keine Probleme von hinten, die ich erhören kann. Nachdem die heraneilende Pest ausgemerzt ist, schreite ich zusammen mit den Wächtern ruhig vor, um mich um die zwei Schamanen zu kümmern, die offenbar bereit sind, den Eingang zwischen den Säulen bis zum letzten zu verteidigen. Zu blöd, dass sie nicht wissen, dass uns die Route völlig egal ist...die Knochenschilde blocken Infernostrahlen, und meine Klinge schießt zwischen ihnen hervor, um die Sache schnell zu beenden. Ich drehe mich um; Magiersperrfeuer hat die Spuckschinder im Waldrand festgenagelt, und mit einer ungeduldigen Geste bedeutet der Meister unserem Söldner, sich darum zu kümmern, dass sie tatsächlich auch sterben. Es gibt einen kurzen Moment des Ungehorsams, als Isenhart mit offenen Augen der Entrüstung protestiert...

„Du hast einen riesigen Schild, nutz das Ding! Ich lass die Viecher nicht am Leben, um mir den Rücken voller Pfeile zu spicken!“

Und das lässt ihn einlenken. Ich folge ihm kurz darauf, und zusammen vernichten wir die Dämonen, die nicht wegrennen können, weil sie sonst in Magierblitze rennen. Isenhart ist übervorsichtig – als ob ein solcher Stachel derart wehtun würde – aber auch er leistet seinen Teil. Mehr will ich gar nicht.

Ich bezweifle, dass es so einfach bleibt. Wenn er nicht irgendwann über sich selbst hinauswächst, könnte er ein Problem bekommen.

Lass ihm doch noch etwas Zeit...

Warum zur Hölle verteidigst du den Kerl eigentlich?

...ich weiß es auch nicht. Wir kehren zurück, siegreich. Keine Skelette sind verloren gegangen, also ist des Meisters Stirn ausnahmsweise sogar schweißfrei, weil er kaum Mana verwenden musste außer für die zwei Sprengungen.

„Gut gemacht, ihr beiden. Gabs denn irgendwelche Probleme im Wald?“

Ich schüttle den Kopf; Isenhart muss ein widerwilliges „Nein“ hören lassen.

„Na also. Dann lasst uns gleich weiter gehen – hier kriegt man eben Nichts geschenkt...“

Einige Schritte – und lächerlich einfach abgewehrte Angriffe – später bemerke ich etwas, das in seiner Ungeheuerlichkeit mir viel später als normal auffällt: Der Dschungel, das ständige Gewirr an Bäumen links und rechts des Pfades den Fluss entlang, beginnt sich zu lichten. Es ist nicht eindeutig durch den Nebel, der aufgezogen ist; aber je weiter wir kommen, desto offensichtlicher wird es. Die Blicke des Meisters, zu dem ich immer wieder mal einen eigenen werfe, sind immer wieder auch nach oben gerichtet; er sieht es auch. Es ist nicht nur die physische Inkarnation des Dschungels in Baumform, die sich zurückzieht; es liegt etwas in der Luft...ja: frische Luft gewissermaßen, obwohl ich nicht atmen muss, kommt es mir vor, als würde langsam Druck von meinen imaginären Lungen weichen. Isenhart ist davon relativ unbeeindruckt; er hat nicht erfahren, wie es ist, ständig die Schatten der unnatürlichen Bäume auf sich zu spüren, die Manifestationen des Hasses als ständige Erinnerung zu haben, wie stark die Hölle diesen Ort im Griff hat. Wir sind immer noch eine Strecke von unserem Ziel entfernt, aber irgendetwas sagt mir, dass es von nun an nicht mehr ganz so zäh sein wird.

Du verdammter Optimist.

Spürst du nicht auch, wie der immer freiere Himmel deine Seele zum Schwingen bringt?

Ich lache später. Was soll denn da schwingen? Nebenbei, hast du das Wetter schon mal genauer betrachtet? Was ist denn da frei?

Du kannst mir nicht verraten, dass dich es völlig kalt lässt, dass der Dschungel aufhört.

Tut es nicht. Aber das ist ja wohl völlig psychologisch. Schlichte Erleichterung, Nichts weiter!

Die Gefühle, tief in unserer Brust...überhaupt, wenn Alles nur von uns aus kommt, was ist mit dem Einfluss des Hasses?

Und was ist mit unserem Denken? Das Argument führt nur wieder auf den Grundstreit zurück. Wir haben Denken und meinetwegen Fühlen von Magie geschenkt bekommen, je schwärzer die Magie um uns herum, desto schwärzer das Denken. Logisch.

Magie hat Farben? Hör ich ja auch nicht zum ersten Mal. Die meiste Zeit von Leuten, die dem Meister vorwerfen, dunkle Magie zu benutzen. Also, was soll ich davon halten?

Alles Hirngespinste natürlich. Nur eine Redewendung; Magie ist grundsätzlich neutral. Es kommt darauf an, für welche Zwecke man sie nutzt, ob sie als hell oder dunkel ausgelegt wird.

Ich nehme mal an, du kennst dich da mehr aus...
Plötzlich taucht eine Flusskreuzung vor uns auf; der Strom teilt sich, wird nunmehr von zwei kleineren Läufen gespeist, die sich im nahezu rechten Winkel links und rechts von uns entfernen. Isenhart läuft an mir vorbei.

„Ja! Das is die Spaltung. Wenige Meter dahinter liegt das Tor nach Unter-Kurast!“

Ich kneife im übertragenen Sinne die Augen zusammen und konzentriere mich auf das ferne Ufer. Der Fluss direkt an der...Spaltung...ist breiter als sonst, und der Nebel verhindert, dass ich irgendetwas sehe, egal, wie sehr ich mich anstrenge.

Was nicht so viel bringt. Aber ich sehe auch Nichts.

„Na dann – sollen wir schwimmen, oder gibt es Brücken?“

„Hm? Oh, sicher, sicher...in der Richtung sollt eine sein.“

Also bleiben wir auf unserem Ufer und folgen der Weisung unseres Führers. Tatsächlich – nach etwa fünfzig matschigen Metern entdecken wir zu unserer Rechten einen Steinsteg, der den hier schon deutlich verdünnten Bachlauf überwindet. Er ist recht eng, also geht die ganze Armee einzeln hinüber; wir sind besonders vorsichtig, aber es passiert Nichts. Mittlerweile sieht man keine zehn Meter weit, und der Nebel scheint alle Geräusche zu schlucken...es jagt mir kalte Schauer über den Rücken. Heute fühle ich mich sehr lebendig...es ist, als wollte uns der Dschungel nicht gehen lassen. Aber wir hatten genug von ihm, ein für alle Mal – ich schwöre mir, wenn ich je zurückkomme, dann um ihn nieder zu brennen!
Am anderen Ufer gehen wir in Richtung der Spaltung zurück, da direkt in deren Nähe ja das Tor liegen soll. Die Kolonne ist etwas näher zusammen gerückt; wir wollen natürlich Niemanden verlieren im Nebel...tatsächlich denke ich, dass der Meister das Unbehagen in der Luft genauso spürt wie ich.
Im Fluss zeichnet sich eine Unregelmäßigkeit ab. Was ist das? Ich weiche etwas vom geraden Weg ab, um genauer hinzusehen.
Ein Boot...nein, mehr ein Floß mit einem Zeltdach darauf, liegt zerbrochen und gestrandet da. Darauf verfault die erste nicht untote menschliche Leiche, die ich seit Längerem gesehen habe. Wir nähern uns unvermeidlich...
Da taucht links von mir eine Säule aus dem Nebel auf; die intakteste, die ich bisher gesehen habe, wenngleich von Ranken ummantelt, und was auch immer auf ihr stand, fehlt. Nein, die kleine Affenstatue liegt daneben. Das heißt, es geht gleich nach links, und der Weg ist frei – in den Tempelbezirk!

Nein, nach Unter-Kurast.

Ich dachte...

Im Basar stehen bereits Tempel, aber der Tempelbezirk selbst ist nur Travincal. Unter-Kurast ist das Armenviertel der Stadt.

Direkt vor dem großen Basar?

Es gab einen kleinen Markt...na ja, wird sich etwas geändert haben, nehme ich an. Vielleicht ist auch der soziale Status gestiegen, wenn der Markt zu einem großen Basar gewachsen ist...

Ich lasse das fallen. Tatsächlich öffnet sich die solide scheinende Wand aus...in der Tat solide, das war mir noch gar nicht aufgefallen, aus Steinen!...von uns weg, und ich biege nach links, sobald ich etwas weiter vorne eine ähnliche Säule zu der sehe, die wir gerade passiert haben: Damit sind wir in der Mitte des Tores. Von hinten meldet sich Isenhart.

„Wir sollten jetz am Anfang der Allee durchs Haupttor stehn. Es muss bald auftauchen!“

Oh, die Säulen waren gar nicht das Tor? Egal, Hauptsache, wir sind so bald wie möglich raus hier. Und aus dem Nebel...ich glaube immer mehr daran, dass der absolut unnatürlich ist.

So dichten bekommst du normal auch gar nicht hin bei diesen Verhältnissen. Es müsste viel kälter sein.

Hm...ich stelle fest, dass meine Schritte sich verlangsamt haben. Die Wächter, die stetigen Gleichschritt halten, sind an mir vorbei gegangen. Was soll das jetzt? Ich lasse mich nicht von den Klauen des Dschungels davon abhalten, ihm zu entkommen! Beschleunigend halte ich auf den linken Wächter zu, der schon halb im Nebel verschwunden ist...man sieht wirklich keine zehn Meter weit...
Der Wächter wird von einem herabschwingenden Baumstamm zur Seite gefegt und würde an einer Säule landen, wäre er nicht schon vorher Staub.
Fallen!

Sieh genauer hin...

Ich rufe mir meine Erinnerung vor das geistige Auge. Oh Himmel...das war ein Baumstamm der Art, wie wir sie schon zur Genüge kennen...
Da beginnt vor mir ein Wetterleuchten; unzählige kleine Lichter flackern in unregelmäßigen Abständen auf, und ein Zischen begleitet sie jeweils. Sie decken einen Bereich von etwa drei auf drei Metern ab...ich halte an.

„Wir haben ein dickes Problem, Leute!“

Die Blitze kommen näher...und aus dem Nebel schält sich eine Gestalt, der größte Dornendrescher, den ich je gesehen habe, von bleichem Holz in normaler Farbe, mit gelb glühenden Augen, der Klotzkopf wie hochmütig erhoben. Seine volle Höhe scheint auf mich herabzusehen.

„Das könnte man so nennen, kleiner Golem.“

Die Stimme des Hünen ist ein rollender Bass, nicht einmal unangenehm klingend, und aus ihr spricht weder Amüsement noch Überheblichkeit, keine Verachtung und garantiert kein Wahnsinn, nur absolute Selbstsicherheit.

„Ich habe Euch erwartet. Zeigt Euch, General! Euere Reise endet hier. Niemand kommt an Sturmbaum vorbei.“

Der Meister tritt neben mich; Isenhart ist nirgendwo zu sehen. Hat er Angst, oder hat ihm der andere Mensch befohlen, sich bedeckt zu halten? Es ist interessant: Der Meister klingt nicht anders als der riesige Drescher vor ihm, nur deutlich heller.

„Ein höflicher Dämon? Welch seltene Erscheinung. Heißt das, wir werden nun ein ehrenvolles Duell ausfechten müssen, bevor wir nach Kurast hinein dürfen?“

Die Skelette beginnen sich in einem Halbkreis hinter uns aufzustellen. Zeitgleich erscheinen Sturmbaums Diener hinter ihm; deren Rinde ist fast pechschwarz.

Verdammt, das sind keine normalen Drescher, das sind Prügler. Absolute Elite, nicht mal aus einheimischen Hölzern gemacht. Du hattest Recht vorher: Wir haben ein dickes Problem.

Nichts, was ein paar Sprengungen nicht lösen könnten...oder?
Der Held schüttelt langsam seinen Kopf.

„Die Ehre haben wir schon lange abgelegt, Mensch. Ihr seid hier aufgetaucht, das war ein Fehler; der Dschungel hätte euch schon verschlucken sollen. Jetzt werde ich Euch zerquetschen, Euere Reise endet hier an diesem undurchdringlichen Tor.“

Der Meister deutet mit seinem lächerlich scheinenden Stab auf den Riesen vor ihm.

„Was plänkeln wir dann noch?“

Sturmbaum...verneigt sich leicht.

„Ich glaubte dem nicht, was die Schinder mir erzählten von Euch. Geschichten von absoluter Furchtlosigkeit und Entschlossenheit. Sicher, Ihr habt bisher nicht aufgegeben; aber es waren nur Schinder. Ich erwartete, dass Ihr vor meiner Erscheinung erzittern würdet, dafür ist sie geschaffen. Ihr habt mich...überrascht. Einschüchterung funktioniert bei Euch nicht; Ihr seid ein seltener Mensch. Sicher werdet Ihr Eueren Platz im Himmel finden, sobald ich Euch getötet habe, es wäre zu wünschen. Das Zeug hättet Ihr, um zumindest den geringeren Übeln die Stirn zu bieten, solltet Ihr in der Hölle landen. Sobald Euere ewige Folter vorbei wäre, natürlich.“

„Ich glaube, du hast das Konzept von 'ewig' nicht verstanden. Und bei den geringeren Übeln solltest du dir wirklich Gedanken machen, immerhin habe ich zwei von ihnen schon zurück in die Hölle geschickt. Andariel hat übrigens auch ein Tor bewacht. Was bringt dich auf den Gedanken, dass du erfolgreicher sein wirst?“

Der Prüglerheld schlägt seine Baumstumpfarme zusammen. Unter seinen Füßen erblüht eine Aura...und erleuchtet sämtliche seiner Diener. Ist das auch...Dornen?

Nein, Macht. Sie werden weitaus stärker, als sie es ohnehin schon sind.

Oh...
Sturmbaum sagt einen letzten, ruhigen Satz.

„Ich bin nicht allein.“

Und stürmt auf den Meister zu. Wieder entladen sich kleine Funken an seiner Oberfläche; er ist blitzverzaubert, ganz eindeutig! So wäre er allein schon ein harter Gegner, aber mit so vielen Mitstreitern...schnell zieht der Mensch sich zurück, hinter die Skelettlinie. Und ein Wischer des Stumpfes zerlegt zwei von ihnen.

„Geh auf die Diener! Bei ihm hast du keine Chance!“

Das lasse ich mir nicht zweimal sagen; meine Leitfähigkeit wäre mein Untergang gegen dieses Monster. Ich sehe, als ich an ihm vorbeirenne, dass der Meister ihn schwächt; tatsächlich hält ein Wächterschild einem seiner Schläge stand. Leider können die Schwerter der Skelette ohne verstärkten Schaden nur minimalen Schaden an der harten Rinde anrichten...egal. Ich bin auch ohne fähig, etwas zu tun, und das werden die Prügler in zweiter Reihe gleich zu spüren bekommen.

Du allein gegen sechs...das wird nie etwas.

Schon vergessen, dass wir zu zweit sind?

Bringt uns Nichts. Ich allein gegen die sechs dagegen, da sehe ich Potential.

Aha? Dann zeig, was du kannst. Mir ist nämlich deutlich mulmig.

Nur zu gerne.

Ich setze mich in die zweite Reihe. Der neue Führer meines Körpers nimmt sofort eine andere Haltung an, hört auf, auf die Gegner zuzulaufen, und lässt sein Schwert ausfahren. Während hinter uns die ganze Armee mit Sturmbaum alleine beschäftigt ist und die Geräusche zersplitternder Knochen in mein Hörvermögen dringen, wartet der Zweite geduldig. Wie eine rollende Wand aus Stämmen kommen die Prügler auf uns zu. Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?

Sie ist von mir.

Das macht mir Angst...gleich haben sie uns erreicht.

„Meister, verstärkter Schaden auf den direkt vor mir!“

Noch während seines Schreis stürzt der Zweite aus seiner ruhigen Wartestellung plötzlich nach vorne, was den Prügler vor uns, der gerade ausgeholt hat, deutlich überrascht; im Gegensatz zu ihrem Anführer scheinen diese sogar ziemlich überheblich zu sein. Wieder nutzen wir unsere gedrungene Gestalt aus, rollen uns zwischen den gespreizten Beinen des Kolosses hindurch – ob sie es je lernen werden? Aber rein aus Balancegründen können sie sie einfach nicht enger schließen – und tatsächlich leuchtet über dessen Kopf schon ein Feuerhalo, als wir auf die Beine kommen, in einer einzigen fließenden Bewegung, die ich so nicht hinbekommen hätte. Mein Schwert schießt vor, präzise ein magisch animiertes Gelenk anzielend, den schwächsten Punkt des gegnerischen Beines, und das durch den Fluch geschwächte Glied wird mit einem Schlag sauber durchtrennt. Wie bei jedem Baum ist der Schwachpunkt der Stamm...und dieser fällt, wie viele zuvor. Die übliche Taktik, die ich weiter verfolge – zur Seite springen und dann den Kopf abtrennen – interessiert den Zweiten offenbar nicht; er hat vollstes Vertrauen in unseren Körper.

Das hat Nichts mit Vertrauen zu tun; ich weiß genau, wie viel wir aushalten.

So bleibt er einfach stehen, die Arme über dem Kopf verschränkt, um die maximale Dornenfläche zu präsentieren; die Masse der gigantischen Schultern des fallenden Baummonsters treibt sein Rückgrat direkt auf diese, und da der Boden hier tatsächlich gepflastert ist – was dem Zweiten sicher nicht entgangen ist, mir aber gerade erst auffällt – sinken wir nicht ein, wohl aber unser Material in seinen Rücken. Sein Impuls reicht nicht aus, um ihn völlig auf unsere Stacheln aufzuspießen, wenngleich die Dornenaura ihr Übriges tut; aber sobald der Fall seine Energie verbraucht hat, reißt der Zweite die Arme auseinander, und der schon sehr lädierte Rücken des Gegners bricht auf.
Splitter regnen um uns herum, und der Zweite fängt aus der Luft die Leichenholzscheibe.

„Sprenggrundstoff bereit, Meister!“

Ein kurzer Blick zum Angesprochenen; Sturmbaum drischt mit methodischen Schlägen auf die Skelette ein, er ist schlau genug, nicht die volle Wucht auszunutzen, was bisher den Dreschern viel ihrer Effektivität genommen hat; was nützt der heftigste Hieb, wenn danach die Keule im Boden steckt? Stattdessen nutzt er seine gewaltige Kraft, durch die eigene Aura verstärkt, um nach einem Schlag mühelos den Schwung seines Armes zu nutzen, um sofort einen zweiten zu setzen. Die Skelette dagegen versuchen gar nicht mehr, ihn zu verletzen; gelegentlich schießt ein Feuerblitz vor, sobald eine Blöße offen liegt, was normale Blitze in alle Richtung freisetzt, aber die normalen Knochendiener weichen nur aus. Der Meister lässt sie eine beeindruckende Choreographie tanzen; es ist ihrer Koordination untereinander geschuldet, dass überhaupt noch welche stehen, denn auch geschwächt kann Sturmbaum ein normales Skelett oder einen nicht blockenden Wächter problemlos zerfegen. Da trifft ein überraschend schneller Schlag doch eines, und es vergeht...Sturmbaums Hiebe werden beständig schneller! Seine Arme scheinen geradezu zu verschwimmen, so kurz aufeinander folgen die Angriffe. Obwohl es leichter sein muss, weniger Diener zu koordinieren, tritt immer mehr Schweiß auf die Stirn des Meisters, ohne dass dies Manaverbrauch geschuldet ist.
Nebenbei ist er so abgelenkt, dass er den Zweiten schlicht nicht gehört hat.

„Meister!“

Das hört er; leider, denn aus Schreck vermasselt ein Wächter seinen Einsatz und wird in alle Richtungen zerstäubt. Schnell konzentriert er sich wieder auf den Kampf, nicht ohne uns einen erhobenen Daumen zu zeigen – er wäre bereit. Es wird Zeit; der verstärkte Schaden auf den Prüglerdienern ist schon verschwunden, und sie haben sich getrennt; zwei gehen vorsichtiger geworden auf mich zu, drei gehen, um Sturmbaum zu unterstützen. Der kann sich so lange mit den Skeletten beschäftigen, wie er will; wenn seine Diener den Meister töten, hat er gewonnen.
Kurz hält er inne, was den Rhythmus des Tanzes unterbricht; ein Skelett stolpert, aber er nutzt die Gelegenheit nicht. Wird er müde? Ich stutze...obwohl er nicht mehr zuschlägt, sind immer noch verwischte Linien um seinen Oberkörper zu sehen.

„Wirklich beeindruckend, General. Ich dachte, dieser Auftrag würde langweilig werden; Ihr seid ein hervorragender Gegner. Scheitern werdet Ihr sicher, aber nicht ohne einen ausgezeichneten Kampf. Wirklich, man muss Euch das Beste für Euer späteres Leben wünschen.“

„Freut mich, dass wir so viel Respekt voreinander haben können, Sturmbaum. Du wirst verzeihen, wenn ich die Pause gnadenlos ausnutze.“

Sein Blick schießt zu mir; der Zweite reagiert mit blitzartigen Reflexen, schleudert die Todesscheibe wie einen Diskus, und auf halbem Wege ihres Fluges sind die Prügler auch schon verflucht.

„Jetzt!“

Und direkt zwischen ihnen, ein wundervoller Wurf, entlädt sich die Kadaverexplosion. Ein großes Loch wird in die Seite der Dämonenbäume gerissen...aber beide überleben die Sprengung. Verdammt!

Hartes Holz, ich sags ja.

Wir sind schon am Rennen.

„Ihr habt starke Waffen!“

Noch mehr Anerkennung von unserem höflichen Feind; aber neben uns geht der Tanz weiter. Die drei heranrückenden Prügler werden dieweil von den Magiern beharkt; es hat offensichtlich keinen Sinn, diese auf Sturmbaum schießen zu lassen. Sie konzentrieren ihr Sperrfeuer auf den Kopf des ersten, der auszuweichen versucht, aber irgendwie schafft der Meister es, neben den Ausweichbefehlen auch die Schüsse der Magier auf Ziel zu halten, und es gibt eine Funkenexplosion, als der erste Prügler stirbt.
Während meiner Beobachtungen ist der Zweite schon auf unsere beiden erschütterten Feinde zugerannt; diese, wenngleich verletzt, gebärden sich sehr vorsichtig. Wir werden nicht einfach zwischen den Beinen eines von ihnen durchrutschen können; sie decken sich gegenseitig. Dennoch scheint der Zweite das versuchen zu wollen...er bückt sich wie für einen Hechtsprung. Die Keule des linken hebt sich...
Nein!

„Finte!“

Wir kommen abrupt zum Stehen, was Einiges an Balance verlangt, leicht sind wir schließlich nicht gerade; direkt vor uns schlägt ein gewaltiger Hieb in den Boden ein, was uns genau erwischt hätte, wenn wir nicht angehalten hätten. Der Zweite springt, landet auf der Keule, und läuft agil zwischen deren Dornen nach oben. Was deren Besitzer ordentlich verblüfft; hätte er ein normales Gesicht, wäre der Ausdruck darauf sicher herrlich.

„Schau nicht so blöd!“

Da wir jetzt die richtige Höhe haben, kann der Zweite ihm einen Kinnhaken verpassen, der sich gewaschen hat. Der Kopfklotz schnappt zurück, und unser Stand wird unsicher, da der Baum wieder fällt.

Einer weniger.

Bravo! Aber der andere wird keine Rücksicht nehmen auf...
Eine harte Keule trifft uns direkt auf dem Kopf und treibt meine Füße glatt durch die bereits lädierte Brust des gerade gefällten Gegners. Aah...das ging nicht ohne Dellen vonstatten...

Ver...dammt...

Etwas wie stechender Kopfschmerz lässt meine Gedanken wie durch Sirup laufen...nicht...jetzt...träge will ich zur Seite blicken, ich brauche eine halbe Sekunde, um zu bemerken, dass das nicht gehen kann, weil der Zweite noch die Kontrolle hat.

Habe ich nicht...unser Halsgelenk ist kaputt...

Das ist nicht gut...ich lasse mich zur Seite fallen, in der Tat wieder führend, was netterweise von meinem Gegner unterstützt wird durch einen Hieb von der Seite, der mich meterweit schleudert. Diese machtunterstützten Schläge sind...richtiggehend schmerzhaft.
Mühsam ziehe ich mich auf die Knie, voll erwartend, dass ein triumphierender Prügler auf mich zuschreiten wird, um mir den Rest zu geben.
Was nicht der Fall ist. Der Baum ist stehen geblieben an der Position, von der aus er mich wohl gerade geschlagen hat...und zittert. Hä...?

Die Dornenaura...! Der Schlag gerade...er hat ihn wohl noch mehr geschmerzt als uns!

Mit größter Anstrengung komme ich auf die Beine. Im Hintergrund höre ich eine Explosion, aber darauf kann ich mich gerade nicht konzentrieren...wäre eh nicht rechtzeitig für was auch immer da hinten passiert. Langsam wanke ich auf den starren Gegner zu...da schüttelt er sich, und hinkt in ähnlichem Tempo zu mir. Wenn er noch einen Schlag anbringt, dann sind wir beide Schrott...
Da sehe ich hinter ihm eine Gestalt im Nebel. Ist das...
Isenhart! Ja! Wo war er denn den ganzen Kampf über? Wohl wieder eine günstige Gelegenheit abwarten...welch günstigere könnte es geben als die jetzige? So kann er in Ruhe, ohne dass der komplett fertige Gegner ihn überhaupt bemerken wird, einen Gnadenstoß anbringen, und hat so seine Pflicht erfüllt, sogar mich rettend...
Ich schleife mich weiter. Die Gewissheit, nicht verlieren zu können, gibt mir Kraft; ich könnte wahrscheinlich sogar schon schneller laufen, denn der Pseudoschmerz beginnt abzuklingen, ich gewöhne mich sozusagen an meine neue Kopfform, aber ich will die Präsenz des Söldners im Rücken des Baumes nicht verraten. Wir kommen einander immer näher...die gigantisch aufragende Silhouette verdeckt den dünnen Menschen hinter ihr, aber ich bin zuversichtlich, dass er...

Bist du des Wahnsinns, weg!

Meine dämmrigen Gedanken haben bis gerade nicht registriert, dass ich dem Dämon fast auf den Füßen stehe; genausowenig, dass er mit offenbar gewaltiger Anstrengung seinen Arm gehoben hat...wo ist Isenhart? In einer Kurzschlussreaktion springe ich weg, in der Tat erholter von den gewaltigen Schlägen, als ich dachte, aber aufrecht halten kann ich mich trotzdem nicht. Knapp über meinem Kopf saust die Keule hinweg. Was zur Hölle...? Da sehe ich an dem Prügler vorbei, wie Isenhart, zum Hauptkampf hin, aber von mir weglaufend, einen Blick zurück wirft; wir sehen uns kurz an...er grinst hämisch und verschwindet im Nebel.

„Isenhart, du verdammter Bastard...!“

Gerade wollte mein Gegner mich zerstören; da hält er inne, einen kurzen Augenblick nur, als ich dem Menschen, der rechts hinter ihm entschwindet, meinen Fluch hinterherrufe.

Gib her!

Der Zweite übernimmt, weil ich ihm sofort gehorche, und die eine Schrecksekunde unseres Opponenten wird ihm zum Verhängnis, als tief in das Loch in dessen Seite ein Schwert fährt.
Als die Funken verschwunden sind, sehe ich, wie der Kampf an anderer Stelle verlaufen ist...und es gefällt mir nicht, was ich sehe.
Die Skelette sind alle vernichtet. Weißer Staub bedeckt den Boden um Sturmbaums Stümpfe. Der Meister hat seinen Schild halb erhoben, wohl wissend, dass er Nichts helfen wird. Immerhin, wie mir ein Blick nach rechts verrät, haben die Explosionen gerade zumindest die übrigen Prügler vernichtet. Auch ihr Anführer zollt dem Anerkennung mit einem kurzen Neigen seines Kopfes.

„Mir scheint, Ihr habt keine Krieger mehr, junger Mensch...“

Der Meister zückt das Jade-Tan-Do.

„Wehrlos bin ich trotzdem nicht.“

Ein Knarren dringt aus Sturmbaums tiefer Brust, das ich schon als Lachen kenne.

„Was wollt Ihr mit diesem Zahnstocher erreichen?“

Während die beiden reden, hebe ich vorsichtig und auf Stille bedacht die Holzscheibe auf, die vom gerade zerstörten Prügler übrig ist, und beginne, langsam auf den großen Helden zuzugehen. Isenhart schleicht gegenüber langsam heran; von meiner Präsenz könnte Sturmbaum etwas ahnen...von seiner nicht.
Der Meister grinst, den Kris in großer Pose auf seinen Gegner richtend.

„Komm näher und finde es heraus!“

„Ich denke, genau das werde ich jetzt tun.“

Und damit rennt er los, hart auf dem zum Glück für ihn gepflasterten Boden aufstampfend. Als die ersten lauten Töne aufklingen, hebt der Meister ein klein wenig, als Abwehrgeste getarnt, seinen Schild; aus einem der toten Prügler der zweiten Gruppe entsteht ein Holzskelett, das Knarren dessen Erschaffung verdeckt durch den Lärm des Anführers.
Der Meister lässt sich nicht weiter Zeit, weicht zurück, einen Fuß hinter den anderen setzend, natürlich viel zu langsam...
Da rennt Sturmbaum von der Seite das neu erschaffene Skelett in den Weg. Fast bringt es ihn zum Stolpern...fast. Er tritt es zur Seite, den Schwertstreich gegen sein Bein ignorierend, der in alle Richtungen Blitze freisetzt. Der Meister, trotz des Zurückweichens, wird von einem der wild herumzuckenden Kugelströme getroffen, zischt und lässt unwillkürlich die Wand der Augenlosen fallen; mit ihr klappert sein Stab zu Boden, den er dahinter verdeckt in der Hand hatte. Er dreht sich um und rennt weiter weg. Isenhart ist während der kurzen Atempause, die das Skelett dem Meister verschafft hat, fast zu Sturmbaum aufgeschlossen; jetzt reißt er seinen Prunkschild hoch, und obwohl dieser eigentlich gut leiten sollte, verpuffen die Blitze daran.

Verzaubert? Das wundert mich jetzt.

Ich dachte, er könnte gar nicht...
Er hebt seinen...Lichtbrand...wieder, zögert...und weicht zurück. Feigling! Aber gut, was soll er machen...
Der Meister hält abrupt an. Durch den Nebel sehe ich es erst nicht, aber ich kann mir vorstellen, warum: er ist an der Wasserlinie angekommen. Er dreht sich wieder seinem Feind zu; dieser, Isenhart und mich ignorierend oder von unserer Präsenz gar nicht wissend, geht jetzt langsam weiter, nur kurz anhaltend, um die Wand der Augenlosen und den Stab zur Seite zu treten. Ich muss ihn erreichen, bevor er es zum Meister schafft!

Das schaffst du problemlos, wenn er weiter in dem Tempo geht. Um genau zu sein: Warte.

Was? Der Meister kann ohne Hilfe doch nicht...

Zweifelsohne, aber ich denke nicht, dass wir ihn in einem Schlag töten können. Und einen zweiten bekommen wir nicht.

Und was ist dann dein Plan?

Du Begriffsstutzigkeit in Person...

Er übermittelt mir das Ganze in Kürze. Ich halte intern den Atem an. Wenn er in dem Tempo weiter geht, und nicht einfach losrennt, um den Meister zu erledigen...dann könnte das funktionieren. Wenn. Aber eine andere Chance sehe ich einfach nicht...

„Ihr seid am Ende Eueres Weges angekommen, General. Oder habt Ihr noch irgendwelche Knochendiener in der Hinterhand? Denkt aber daran, wenn sie mich jetzt schlagen, bekommt Ihr die volle Wucht meiner Blitze ab. Also, irgendwelchen letzten Worte?“

Der Meister blickt hektisch nach links und rechts...dann hebt er trotzig den Kopf und seufzt.

„'Fahr zur Hölle' wäre zu klischeehaft, nicht? Es gibt schlimmere Gegner, an denen man scheitern kann, nehme ich an.“

„Zu schade, dass die Umstände mich hierzu zwingen...“

Sturmbaum setzt zum finalen Schlag an.

„Zur Seite weg, Meister!“

Und damit werfe ich die mitgebrachte Scheibe auf ihn. Moment, kann er überhaupt ohne Stab...?
Die Holzleiche explodiert. Er kann. Sturmbaum stolpert nach vorne, sein Schlag geht durch seine Ablenkung ins Leere, der Meister rollt weg...und bekommt in der Tat eine volle Ladung Blitze ab. Er brüllt...aber lebt. Noch. Und hoffentlich ohne bleibende Schäden...
Aber was ist mit unserem Gegner?
Langsam dreht Sturmbaum sich zu uns. Ohne größere Beeinträchtigung seiner Bewegung durch die Explosion. Verdammt...dann wird die nächste Phase des Plans doch deutlich schwerer. Aber Nichts ist verloren...

„Oh, Golem. Wie unerwartet. Zu schade, dass dein Meister sein Fluchfähnchen nicht zur Hand hatte, nicht wahr? Sonst hätte das unangenehmer werden können. So dagegen...war das etwas sinnlos.“

„Ach? Ich hab ein paar naturwissenschaftliche Stunden genommen. Unter Anderem habe ich erfahren, dass sich Strom und Wasser nicht besonders gut vertragen.“

Die gelben Augen des Prüglerhelden blitzen auf, als er – verdammt intelligent, in der Tat – versteht, was ich meine...aber er hat sicher auch nicht damit gerechnet, was ich als nächstes tue. In voller Geschwindigkeit renne ich auf ihn zu, springe hoch und nach vorne, ramme ihm eine Faust in die Brust – Elektrizität umspielt sie, aber nur an manchen Stellen meiner Oberfläche entsteht ein leichtes Kribbeln, wo der Nebel wie bei ihm zu Entladungen führt, denn ich bin in der Luft – und mein Impuls lässt ihn stolpern, außer Balance geraten, und weil er durch die Explosion gerade nach vorne gestoßen wurde, landet sein Fuß im Zurückweichen auf tückischem Ufergrund.
Zusammen stürzen wir in die Flussspaltung.
Ein gewaltiges Zischen dringt aus dem schlammigen Wasser, als die Ladung eines ganzen Gewitters hineinfährt. Ich bin wieder verbunden mit dem Fluss...und durch meinen hervorragend leitenden Metallkörper fährt sämtlicher Strom. Und wie ich schon bei den Seelen feststellen musste: Für einen Stahlkörper bedeutet Strom exakt eines...Schmerz. Als hätte ich Adern und jede einzelne davon würde glühende Lava führen, als wäre mein Körper getränkt in beißende Säure, als würden Milliarden von Klingen meine Haut zerfetzen, fließt unglaubliche Pein durch mein ganzes Dasein.

Wir...dürfen nicht...aufgeben...

Am Rande des Schmerzflusses durch mich hindurch spüre ich, wie ein zuckendes Stück Holz unter mir versucht, sich aufzurichten. Meine unkontrolliert zitternden Hände schlagen nach unten, krampfhaft zu Fäusten geballt, wieder und wieder blind zustoßend, die Quelle meiner Agonie bestrafend. Allmählich, unendlich zu langsam, lässt der Schmerz nach, gewinne ich die Kontrolle über meine Sinne wieder, bis ich direkt vor mir das Holzgesicht unseres Feindes sehe...und darüber tanzende gelbe Fäden.
Der Meister hat es geschafft, sich aufzurichten, seinen Stab zu benutzen und Sturmbaum zu schwächen...sonst wäre ich nicht in der Lage gewesen, ihn unten zu halten. Eine gebrochene Stimme dringt aus dem fast toten Holz vor mir, der tiefer als ich im Wasser war, der die volle Wucht seiner Entladung abbekommen hat – und immer noch am Leben ist.

„Scheinbar...wart Ihr doch stärker...General...das ist es eben, was die Menschen...von uns Verdammten unterscheidet...sie können sich...auf ihre Freunde...verlassen...“

Eine ähnlich bemühte Stimme von hinter mir gibt dem besiegten Gegner Recht.

„So ist es wohl...Sturmbaum...und deswegen werden wir auch...immer gewinnen.“

Ich wende meinen Oberkörper nach hinten...und stelle mit höchster Überraschung fest, dass es nicht der Meister war, der Schwächen geflucht hat; der Stab ist in Isenharts Hand! Das Fähnchen erlaubt ihm das auch? Unglaublich...

„Nun denn...erlöst mich, ich erlaube mir, das zu erbitten...wir sehen uns hoffentlich...nie wieder.“

Der Meister hat ein leichtes Lächeln in der Stimme.

„Vielleicht...ist für ehrliche Seelen...ein Weg nach oben frei. Golem...wärst du so gut...“

Die gelben Fäden werden von einer orangen Flamme ersetzt. Ich nicke unserem so unerwartet höflichem Gegner zu.

„Zu was die Umstände uns zwingen...“

„Warte!“

Ich halte inne. Hm?

„Die Statuen neben dem Tor...es sind Fallen...seid vorsichtig.“

Die Nachricht überwältigt mich leicht.

„Äh...Danke?“

„Ihr habt die Warnung verdient...wenn du nun so gut wärst...“

Wortlos nicke ich nach kurzem Zögern, packe den Holzkopf und breche das geschwächte Genick darunter.
 
Das war in mehrfacher Hinsicht überraschend. Freundliche Verdammte und ein Magier der sich als heimlicher Necro entpuppt ^^

Obwohl ich mich grad frage ob der Golem im Wasser eigentlich noch stomstöße abbekommt?
Eigentlich sucht sich der Strom ja den Weg des geringsten Widerstandes und wenn das Monster unten und er oben ist fließt der Strom ja eigentlich von ihm weg (nach oben und in die Luft kann er ja nicht sondern muss in den Matsch des Flussbodens).
Also rein hypothetisch - hier haben die natürlich Körperkontakt und daher kommt der Strom :)

Aber ich bin froh das nun mal nen paar frische Monster kommen, diese Hyrophanten mit den Blizzards find ich immer extrem nervig, mal sehen wie die Truppe sich bei denen schlagt :D

Du kannst mir nicht verraten, dass dich es völlig kalt lässt, dass der Dschungel aufhört.
-> mir nicht einreden ??

Aber wir hatten genug von ihm, ein für alle Mal
-> haben

Die drei heranrückenden Prügler werden dieweil von den Magiern beharkt
-> derweil
 
Erster post, obwohl ich die Geschichte schon seit der Höhle des Bösen verfolge - sollte dementsprechend verdeutlichen wie absolut genial dieses Kapitel ist.

Danke!
 
Huhu :hy:

Kurz vorweg:
"keine Probleme von hinten, die ich erhören kann" - absichtlicher Wortwitz?

Ansonsten: Oh je. Das ist wieder eins von diesen Kapiteln...
Okay, ich fasse mich kurz.

Erst mal das Eindeutige: Der Zweite hat lediglich dieses eine Kapitel gebraucht, um gewisse, durch vorsichtig ausgedrückt latent frauenfeindliche Sprüche induzierte Missstimmungen meinerseits wieder in vollste "Pseudo-Bewunderung" zu verwandeln. Gut, der Ausdruck trifft es nicht ganz, aber ich habe keinen besseren - zwar teile ich normalerweise nicht diverse Hobbies des Zweiten (kreatives Töten, Metzeln, Verstümmeln, Foltern etc), aber er trifft so oft einfach den Nagel auf den Kopf... ;)
Was nicht so viel bringt. Aber ich sehe auch Nichts.
Du verdammter Optimist.
:lol:
Naja, sämtliche gelungenen Zitate des Zweiten hier zu zitieren sprengt den Post, und ein, zwei andere Sachen wollte ich auch noch loswerden, somit müssen diese drei hier reichen ;)
Die kühle Logik, gepaart mit Zynismus und "hochkonzentriertem Realismus" ist einfach nur herrlich.

Anmerkung: Die Verwendung der Schriftgröße bei laut ausgesprochenen Sätzen des Zweiten kam mir ein wenig inkonsistent vor.

Dann zu dem wandelnden Schnapsglas von nebenan. Eigentlich wollte ich Isenhart noch ein, zwei Kapitel geben, aber trotzdem: Zwar bin ich noch nicht sicher, ob er mal zum Sympathie-Träger ausgebaut werden soll, aber momentan ist er so tief im Minus, was entsprechende Punkte angeht, dass er zumindest aus meiner subjektiven Sicht vermutlich bis Baal (Hölle!) nur Gutes, Lustiges oder Sinnvolles tun müsste, um das wieder auszugleichen.
Oder halt die Sprüche vom Zweiten reißen - aber das würde dann wieder extrem unglaubwürdig wirken...

Gut, er rettet am Ende irgendwie den Tag. Die Frage "wie kann er das überhaupt" ist ja schon angestoßen worden - kommt der Hass auf Totenbeschwörer vielleicht doch aus einer etwas komplexeren Quelle als nur "Äh, die riechen komisch, sehen gespenstisch aus, die mag ich nicht"?
Naja. Auch wenn es etwas abwertend klingen mag:
Und wenn schon.

Kurze Frage zwischendurch:
"So ist es wohl...Sturmbaum...und deswegen werden wir auch...immer gewinnen."
Wer sagt das? Direkt danach schwenkt die imaginäre Kamera auf Isenhart, daher habe ich erst auch den Satz selbst dem Söldner zugeordnet. Allerdings passt dann die Reaktion des Golems nicht ganz, und der Tonfall passt überhaupt nicht.

Wer auch immer den Satz jetzt sagt - er ist ein Beispiel dafür, dass die gleichen Worte aus dem Mund des Meisters passend wirken - und aus Isenharts lächerlich.
Erwähnte ich, dass ich Isenhart nicht mag und noch keinen Grund gesehen habe, meine Meinung zu ändern?

So, und nun zum weniger Eindeutigen (und dem Grund, warum da oben etwas von "Oh je" steht...):
Sturmbaum.

Tja, Glückwunsch (ernst gemeint), das Schema der ein- bis zweidimensionalen Gegenspieler wäre hiermit erfolgreich durchbrochen. Und das ist auch der Grund dafür, dass ich mich der Meinung über mir wenigstens teilweise anschließen möchte und das Prädikat "hervorragend" anbringen will.
Ich hatte mir schon leichte Sorgen bezüglich des wohl drohenden Story-Teil-Endkampfes gemacht (Andariel, Duriel, okay, aber die drei Brüder sind zumindest meiner Sicht nach ein anderes Kaliber), sehe inzwischen aber durchaus Grund zur Hoffnung.
Das soll nicht heißen, dass Mephisto den Leuten erst noch Kaffee und Plätzchen anbieten soll... *Seufz* Aber reines Gemetzel wäre auch etwas... wenig.

Ich sehe daneben allerdings auch noch einen Grund zur Sorge, und um das auch nur halbwegs vernünftig erklären zu können, muss ich zumindest ein klein wenig abschweifen - hoffe, dass mir das verziehen wird.

Früher (also Größenordnung > 10 Jahre) habe ich mit Begeisterung Karl May gelesen. Gerne Indianer-orientierte Geschichten, beinahe lieber jedoch die Orient-Bücher, da hier öfter Edelmut durch Witz verfeinert wurde. Oder so.
Vielleicht sollte ich dazu anmerken, dass es eher die "Frühwerke" des geschätzten Reiseschriftstellers waren, die ich damals in den Händen hatte.
Einige der "Spätwerke" (gut, vermutlich stimmt das noch nicht mal) habe ich damals auch gelesen - an ein gewisses Maß an Irritation kann ich mich sogar noch erinnern. Ich habe dann tatsächlich den Fehler gemacht, und diese Bücher noch einmal gelesen, mit mehr "Lebenserfahrung" (ja, das klingt dämlich... "unter Zehn" oder "Mitte Zwanzig" halt, da gibt es schon ein paar Unterschiede im Zynismus-Faktor).
Kurz zusammengefasst: Karl May bietet wunderbaren Interpretier-Stoff. Aber lesen um des Lesens willen konnte ich den Kram danach nicht mehr. Und seit dem sehe ich lieber nicht mehr in die "Frühwerke" hinein, weil ich da befürchte, ähnliche Tendenzen zu sehen.
Ich mag es nicht, wenn ein Autor die große, dicke Moral-Keule schwingt oder mit deutlich zu dick aufgetragenen Religions-Anspielungen aufwartet. Klar, ist alles Geschmackssache (es gibt einen Grund, warum ich von der Narnia-Reihe nur zwei Bücher kenne...) und möglicherweise sehe ich hier ja nur Gespenster - aber die Sturmbaum-Episode hat ein seltsamen Beigeschmack, der in dieser Dosis völlig in Ordnung ist, aber höher dosiert durchaus Brechreiz auslösen kann.
Sorry für den Textbrei, aber wenn ich nur "drohendes Karl-May-Syndrom, übertreib es lieber nicht" geschrieben hätte, wäre das wohl zu unverständlich gewesen...

Hugh, ich habe gesprochen.

So, gleicher Kapitelteil, aber anderer Aspekt: Das Motiv des ehrenwerten Feindes. Grundsätzlich wohl eher Richtung Fernost anzusiedeln (Erinnerungen an alte Bücher über Samurai-Ehrenkodex etc...), aber durchaus auch "klassisch" - ich komme nur gerade nicht darauf, an was mich diese Szene erinnert.
Star Wars ist es dieses Mal nicht ;) Ein wenig Star Trek, wenn überhaupt, zu einem Klingonen würde manches davon auch passen. Eingeschränkt zumindest.

Schuld und Sühne, Verdammnis und Erlösung, Leben und Tod, Vernichtung und Gnade so dicht bei einander - und, durchschimmernd, die Macht der Freundschaft und Treue, abstrahiert also der Triumph der Liebe über den Hass.
Um nicht missverstanden zu werden: Das kritisiere ich nicht. Im Gegenteil, dieses "seltsame Gefühl in der Magengrube" ist durchaus positiv gemeint.

Dennoch: Übertreibe es bitte nicht.

Seleya
 
Traget Trauer, geht in Sack und Asche, rauft euch die Haare und klaget das Unheil den Göttern: das Herz des Meisters wurde betört, seine Gedanken kreisen nicht weiter um unsere köstliche Qual.
Immerhin wurde Natalya ein irdisches Äquivalent verliehen.

Ach ja, und alles Gute dem zart erblühten Glücke!



edit: Wo ist der blöde Smilie mit den Spannergläsern, verflixt!
 
Zuletzt bearbeitet:
Ihr verdammten Stalker :D.

Aber seid unbesorgt. Das nächste Kapitel ist, in der Tat, schon geschrieben.

...wobei es von meinem Geisteszustand zeugt, dass mir das in DIESEM Moment einfällt. Oh well. Na ja, muss noch kurz eine kleine Sache ganz am Anfang einbauen, weil ich (das aber schon früher) nicht nachgedacht habe. Spoiler: Mir ist klar, warum Isenhart den Stab zum Fluchen nutzen kann. Das liegt aber nur daran, dass ich den Grund erfunden habe, was ihr NICHT wissen könnt. Idiot.

Aber ich muss schon sagen, der Zeitpunkt kommt echt passend. Und ich dachte schon, was kann ich es mir erdreisten, über Liebe zu schreiben, ohne groß Erfahrung auf dem Gebiet zu haben? Kurz bevor ich das tun will (Spoiler!), kommt mir das Leben entgegen. Hach, und die Leute lachen mich aus, weil ich an einen gütigen Gott glaube.

Obwohl ich mich grad frage ob der Golem im Wasser eigentlich noch stomstöße abbekommt?
Eigentlich sucht sich der Strom ja den Weg des geringsten Widerstandes und wenn das Monster unten und er oben ist fließt der Strom ja eigentlich von ihm weg (nach oben und in die Luft kann er ja nicht sondern muss in den Matsch des Flussbodens).
Ich bin total scheiße, was Elektrotechnik betrifft, um genau zu sein HASSE HASSE HASSE ich das ganze Fach, es stößt mich ab...also frag mich nicht, obwohl ich das ein Jahr im Studium hatte, weiß ich überhaupt nicht Bescheid. Da muss einfach künstlerische Freiheit herhalten.

Erster post, obwohl ich die Geschichte schon seit der Höhle des Bösen verfolge - sollte dementsprechend verdeutlichen wie absolut genial dieses Kapitel ist.

Danke!
Ich freue mich, dich in unserer Runde begrüßen zu dürfen, und dann noch mit einem so netten Kommentar von deiner Seite. Vielen Dank dir und den anderen Lobern ;).

"keine Probleme von hinten, die ich erhören kann" - absichtlicher Wortwitz?
Ich denke doch, es sei denn, wir verstehen uns falsch ;).

Anmerkung: Die Verwendung der Schriftgröße bei laut ausgesprochenen Sätzen des Zweiten kam mir ein wenig inkonsistent vor.
Schriftgröße? Ich verändere die grundsätzlich nie.
Hach, der Zweite...na ja. Ein liebenswerter Arsch, wie ich, wenn ich gemein sein will. Dass er frauenfeindlich ist, hab ich übrigens gar nicht in seine Persönlichkeit hineingedacht - ich war nur kurz davor, "Diese Pussy" zu tippen, als mir auffiel, dass das sprachlich irgendwie nicht geht. Also hab ichs umgeändert :p. Die Frauenfeindlichkeit geht da ganz von mir aus, wobei das eine rein gesellschaftliche Beeinflussung durch allgemein benutzte Schimpfwörter ist und nicht im Geringsten meiner Überzeugung entspricht.

Und so.

Wer sagt das? Direkt danach schwenkt die imaginäre Kamera auf Isenhart, daher habe ich erst auch den Satz selbst dem Söldner zugeordnet. Allerdings passt dann die Reaktion des Golems nicht ganz, und der Tonfall passt überhaupt nicht.
Jo, ist der Meister. Sorry, wenn das unklar war, aber das sagt mir zumindest, dass es sonst IMMER klar ist - was mich freut.

Zwar bin ich noch nicht sicher, ob er mal zum Sympathie-Träger ausgebaut werden soll, aber momentan ist er so tief im Minus, was entsprechende Punkte angeht, dass er zumindest aus meiner subjektiven Sicht vermutlich bis Baal (Hölle!) nur Gutes, Lustiges oder Sinnvolles tun müsste, um das wieder auszugleichen.
Haha, keine Sorge, zumindest für den Moment: Ich traue mir zu, Leute sympathisch zu schreiben, wenn sie so sein sollen. Macht daraus, was ihr wollt :p.

Karl May ist großartig, wie ein Actionfilm, der VERSTEHT, dass man als Actionfilm keine Handlung braucht, um gut zu sein. Von Keulen hab ich da nie was gemerkt, vielleicht lese ich nicht kritisch genug :D. Wobei ich persönlich Moralkeulen auch nicht ausstehen kann. Ich bin da imho gut beeinflusst von einem meiner Lieblingsautoren - Piers Anthony - der es sehr, sehr gut versteht, wirklich hervorragende Botschaften in eigentlich in völlig andere Richtungen gehende Handlungen einfließen zu lassen, auch Fragen anstoßen etc., generell eine unterschwellige Vermittlung einer derart vernünftigen Moral zu bringen, dass ich nur immer wieder applaudieren kann.

Er ist übrigens bekennender Atheist, so there.

Ergo, ich hoffe, ihr vertraut mir auch weiterhin, konsistent gut zu sein ;).

...apropos, Nachsatz zur Keule, gar keine Kommentare bisher zum Weihnachtsexkurs? Bin mir sicher, dass Nebensätze nicht als OT-Posts gewertet werden. Aber ich bin euch auch nicht böse, wenns euch nicht gefallen hat: Mir ist das Ding nämlich eigentlich zu süß, zumindest der Schluss. Aber war halt Weihnachten, und ist für die ganze Familie, ne :D.

So, in Bälde gibts ein Kapitel, wenn einer dazwischenpostet, sogar mit extra Kommentar, sonst spar ich mir den, ist eh schon so lang hier ^^.

Simon


EDIT: Tja, dann nicht :p. Wär eh nur "ist nicht besonders, ein wenig Nachbearbeitung halt" gewesen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Kapitel 62 – Willkommen in Kurast

Nachdem ich die Warnung übermittelt habe, schüttelt der Meister den Kopf. Er sitzt noch am Ufer, sich von den gerade erlittenen Schocks erholend; ich habe ihm aus der Rüstung geholfen. Sein Oberkörper hat...interessante Farben.

„Komische Geschichte. Es war ohnehin schon komisch, dass er so bereit war, sich mit uns zu unterhalten, und jetzt auch noch aktive Hilfe...“

Ich drehe prüfend meinen frisch reparierten Hals.

„Die Frage ist, ob wir ihm vertrauen wollen.“

Der Meister wirft einen Blick auf die unschuldig aussehende Holzscheibe, die ich aus dem Fluss gefischt habe: Sturmbaums Überreste.

„Nun, was haben wir zu verlieren, wenn wir um die Statuen vorsichtig sind? Ich bezweifle, dass in ihnen etwas versteckt ist, das wir durch unser Fernhalten verpassen, nicht, dass wir ohne seinen Hinweis auch nur einen halben Gedanken an die Dinger verschwendet hätten. Dazu kommt...er hat uns eigentlich den ganzen Kampf über geholfen.“

Ich lege meinen Kopf schief.

„Wie meinst du das?“

„Überleg mal...“

Er streicht seine Verbrennungen mit Heiltrank ein, während er redet.

„...wären die Drescher Alle gleichzeitig losmarschiert, hätten wir überhaupt keine Chance gehabt. Was auch immer diese Aura bewirkt hat, geschadet wird sie nicht haben, die Skelette sind gut, aber gegen diese Monster wäre Nichts gegangen. Die erste Leiche wäre zwar recht ekelhaft gewesen für sämtliche Gegner, aber zu der wäre es gar nicht gekommen.“

Da bin ich mir gar nicht mal so sicher.

„Und blöd war er definitiv nicht. Ergo: er hat uns bewusst eine Chance gelassen, indem er gleich vorgestürmt ist, was man natürlich als überhebliche Angeberei auslegen kann, aber von der Sorte war er schlicht nicht.“

Gut analysiert.

Ich schüttle den Kopf.

„Aber er wurde trotzdem nicht müde zu betonen, dass er uns töten würde. Heißt das, dass er als dämonische Seele gezwungen war, diesen Auftrag auszuführen – aber so viel als möglich getan hat, um zu scheitern?“

„Sieht fast so aus, nicht? Vielleicht sind manche Leute wirklich zu Unrecht in der Hölle gelandet. Er sah mir wirklich nach einem eigentlich anständigen Kerl aus...von wegen abgelegte Ehre. Das war ein faires Duell. Und den wahren Wert von Unterstützung hat er auch verstanden.“

Mein Blick fliegt zu Isenhart, der etwas weiter hinten sichtlich nervös darauf achtet, dass keine unangenehmen Überraschungen aus dem Nebel auftauchen. Zwei ganz frisch erschaffene Wächter stehen daneben, was ihm eigentlich keinen Grund zur Sorge gibt.

„Im Gegensatz zu manch Anderem.“

Diese letzte ätzenden Bemerkung von mir versteht der Meister natürlich nicht und hebt eine fragende Augenbraue. Ich seufze innerlich. Soll ich jetzt verraten, dass Isenhart mich im Stich gelassen hat? Es hätte gut unser Aller Ende bedeuten können, wenn der Prügler mich erwischt hätte. Der Söldner allein hätte Sturmbaum nie gefällt. Aber würde ich die Sache offenbaren, könnte der Meister unserem neuesten Mitstreiter wohl überhaupt kein Vertrauen mehr entgegen bringen – und wenngleich dieser offensichtlich etwas gegen mich hat, so ist er doch bei Weitem nicht generell unzuverlässig, wie er gerade unter Beweis gestellt hat. Es wäre wohl unratsam, diesen gerade erst zwischen den Menschen hergestellten emotionalen Waffenstillstand zu brechen...wegen einer Sache zwischen dem Kerl und mir.

Du verteidigst ihn ja schon wieder. Was soll der Unfug? Er kann Nichts dafür, dass er Golems hasst, oder was? Mir ist das ja egal, du bist der, der wegen der ach so schlimmen Missachtung der Allgemeinheit so herumweint, aber er hat wegen seiner Ressentiments gerade direkt den Meister gefährdet!

Lass es. Er kommt schon noch zur Vernunft. Ich winke ab, und ernte ein Schulterzucken.

„Er hätte hilfreicher sein können in dem Kampf gerade, ja, aber richtig verübeln kann ich ihm die Zurückhaltung nicht...ich muss dich übrigens wirklich loben für deinen Einsatz, du hast genau das Richtige getan. Nur damit du weißt, dass ich den wahren Wert von Unterstützung auch zu schätzen weiß.“

Ich ernte ein zusätzliches Augenzwinkern.

„Ach, ich weiß doch, dass du weißt, dass du dich auf mich verlassen kannst. Und umgekehrt, nehme ich an.“

Aber mir wird sehr warm in der Brust aufgrund des Kompliments. Er hebt mahnend den Zeigefinger.

„Nein, wirklich, Ehre, wem Ehre gebührt. Ich hätte nie gedacht, dass du diesen Riesen unter Wasser halten kannst...trotz seiner Ablenkung durch die Stromschläge.“

„Na ja, der Fluch half schon.“

Er stutzt.

„Welcher Fluch?“

„Schwächen...hast du nicht gesehen, dass er den abbekommen hat?“

Sein Mund klappt auf.

„Sicher nicht von mir! Und nein, ich habe Nichts gesehen vor lauter Blitzen.“

„Isenhart hat ihn geflucht...“

„Er hat was?“

Wenn ich es recht bedenke...ist das schon ein wenig komisch, ja...

Warum das denn jetzt? Dieses eine Mal hätte ich dir völlig verziehen, dass dir das nicht auffällt, weil es überhaupt nicht komisch ist, jetzt enttäuschst du mich schon wieder. Lass mich mal was demonstrieren.

Verwirrt lasse ich den Zweiten ans Ruder. Er hebt zwei Finger – und den Stab vom Boden auf, wo Isenhart ihn hingelegt hat.

„Das ist eigentlich nicht wirklich überraschend, Meister.“

Ich spüre seine Konzentration. Und in der Richtung, in die meine Stabhand deutet, leuchten gelbe Fäden auf – über dem Kopf eines frischen Skelettes.

„Mit den Fähnchen kann das Jeder.“

Die Augenbrauen des Meisters scheinen seine Stirn nach oben hin verlassen zu wollen.

„Das...aha. Sind die etwa wie...die Ladungen auf meinem Ring?“

„Exakt. Dass er das erkannt hat, beweist zumindest, dass er nicht ganz blöd ist. Wobei ich annehme, dass Ihr eigentlich durch entsprechende Übung in der Lage sein solltet, beide Flüche auch ohne Instrument zu zaubern; nur die Dauer und womöglich die Zielanzahl wird durch den Stab verstärkt werden, da bin ich mir aber nicht absolut sicher. Mein Meister trug nie einen Stab.“

„Hm...“

Eine Handbewegung des Meisters – ohne Stab – später trägt das Skelett eine Krone aus verstärktem Schaden zur Schau.

„Tatsächlich. Dann...Danke, Zweiter.“

„Nur meine Pflicht.“

Und damit bin ich wieder Führer meines Körpers. Was man nicht Alles erfährt so nebenbei...ich widme mich wieder Sturmbaums Leiche, die neben mir liegt.

„Ich würde ihn gerne begraben. Kommt mir irgendwie richtig vor.“

Der Meister wackelt unentschlossen mit dem Kopf.

„Er war der Wächter dieses Tores wider Willen, also legen wir ihn nicht in den Weg. Bring sein Vermächtnis über dem Bogen an! So kann er zusehen, wie unzählige Menschen hindurch schreiten, ungehindert, sobald Kurast wieder aufblüht.“

Ich würde lächeln, könnte ich.

„Gefällt mir...“

„Dann mach dich dran, sobald ich wieder auf den Beinen bin, ziehen wir weiter.“

Schnell laufe ich an Isenhart vorbei, der zusammenzuckt, als ich ihn passiere, und halte, als die Steinstruktur klar sichtbar aus dem Nebel aufgetaucht ist. Dahinter öffnet sich ein größerer Platz, völlig baumfrei, und ich sehe die Silhouetten von Häusern, die darauf stehen. Ja...wir sind dem Dschungel entkommen, endlich! Aber im Moment interessiert mich das Tor. Es wirkt, wie viele der Ruinen weiter draußen, übermäßig verwittert für die kurze Zeit, die es dem Verfall ausgesetzt war, aber der Bogen steht noch. Stellenweise zeichnet Moos eingehauene Muster nach, von ganz oben hängen Ranken herab...die kommen mir gerade recht. Ich reiße eine ab und knote mir die Holzscheibe an das Handgelenk – der Zweite hilft mir wortlos dabei, ich bin deutlich ungeschickter bei so diffizilen Arbeiten als er – und suche mir passende unter den zahlreichen Rissen aus, die das Material durchziehen. Mit nur wenig Mühe erklettere ich das etwa vier Meter hohe Gebilde. Oben stelle ich mich breitbeinig hin und blicke in den Dschungel zurück. Aus dieser Höhe sehe ich, wie der Nebel nach wenigen hundert Metern von unserer Position entfernt wieder verschwindet – und auch jetzt schon ziemlich gelichtet ist, sonst sähe ich das gar nicht. Die undurchdringliche Masse an Baumkronen und Ranken ist ein einziger grüner See, und die Ausstrahlung des Bösen daraus ist fast überwältigend.
Ich hebe beide Mittelfinger in Richtung der Pflanzenhölle. Nachdem ich die Geste für volle zehn Sekunden gehalten habe, die nicht annähernd genug sind, um meine vollen Gefühle auszudrücken, drehe ich mich um. Vor mir liegt also der Hauptteil von Kurast...ein einstiges Armenviertel, das, nach dem, was ich von hier sehe, gar nicht mehr so arm sein kann, und am Horizont heben sich schon vereinzelt gedrungene Tempel in Pyramidenform gegen den Himmel ab. Links und rechts von mir erstreckt sich eine Stadtmauer, die teilweise schon das Aussehen einer Hecke angenommen hat; etwas an Kurast hindert den Dschungel noch daran, es komplett zu verschlingen, aber er gibt sich redlich Mühe. Eigentlich komisch...ist die Quelle des Bösen doch mitten in der Stadt selbst.

Was will Mephisto denn mit lauter Gestrüpp in seinem Nest? Ich wette mit dir, dass Travincal selbst der sauberste Ort überhaupt ist. Der Dschungel ist ein gewaltiges „draußen bleiben“-Schild für Jeden, der meint, er müsste in die jetzt den Dämonen gehörende Stadt eindringen.

Und Massenvernichtungswaffe für die Bewohner der Slums zwischen hier und dem Hafen...
Ich habe genug gesehen. Mit Hilfe der hier reichlich vorhandenen Ranken befestige ich das glatte, unverzierte Emblem Sturmbaums über dem Tor, nicke feierlich und springe dann nach unten, laut auf den Pflastersteinen aufkommend.

Ich schlage vor, dass wir hier auf die Menschen warten, statt zurückzulaufen; dann können wir gleich den Durchgang sichern...und herausfinden, was unser verstorbener Prüglerfreund mit gefährlichen Statuen meinte.

Oh, fast vergessen...

Das dachte ich mir.

Ich wandere ein wenig vom Tor weg wieder in Richtung der Docks. Wo sind denn hier...ah, da. Die Säulen, welche einst eine hübsche Allee bildeten, sind teilweise gesplittert und quer vom Weg weggefallen, und auf jeder von ihr thronte eine kleine Statue, wie die mit dem Affen, die mir vorher aufgefallen ist. Und obwohl deren Unterlage in unregelmäßigen Stücken auf dem Boden liegt, stehen zwei der Götzenbilder seltsamerweise noch mehr oder weniger aufrecht auf der blanken Erde. Heißt das...ich folge der Blickrichtung der toten Steinaugen.
Direkt auf den Durchgang. Bingo.
Langsam schlendere ich auf das Tor zu. Gehe ganz normal hindurch...
Klick.
Eine Stachelkugel trifft mich am Hinterkopf. Mir egal, aber für einen Menschen definitiv tödlich oder zumindest sehr, sehr unangenehm. Und die zweite Statue...?
Grüner Dampf füllt mein Sichtfeld. Oh. Diese langsamer fliegenden Giftgeschosse...teuflisch. Da ich genau wegen solcher Sachen prinzipiell vorgehe, hätte es wohl keinen der Menschen gefährdet, aber das konnte Sturmbaum ja nicht wissen. Seine Warnung war wichtig. Spart immerhin auch etwas Zeit...bis kurz darauf die Anderen ankommen, habe ich bereits ein wenig umdekoriert und die Schusslinien mit Trümmerteilen blockiert. Ich salutiere dem Meister zu.

„Der Weg ist frei!“

Er grinst.

„Dann lasst uns mal in Kurast einfallen!“

Wir tun das.
Ein paar Schritte, begleitet von Blicken in alle Richtungen später, lichtet sich der Nebel komplett. Der Dschungel hat seine Macht verloren. Aber das Böse...es ist immer noch stark. Es ging nie von der Flora selbst aus. Die Quelle liegt vor uns, und wir gehen direkt darauf zu, so schnell als möglich!

Hat sich nicht einmal groß verändert hier. Die häuser sind jetzt aus Stein, aber stringente Planung war noch nie der Leute hier Sache.

Da hat der Zweite Recht; ein ziemliches Chaos an Gebäuden umgibt um, die meisten davon ohne Türen, was aber eher zerstörungswütigen äußeren Kräften geschuldet scheint, alle aus Stein, teils mit eingemauerten Vorgärten, teils nur kleine Hütten, teils richtige kleine Villen. Eine größere Struktur links von uns besteht aus zwei Teilen, verbunden durch ein lederbespanntes Holzgerüst, von dem nur noch eine Hälfte steht. Jeglicher Architekturstil und sämtliche vorstellbaren Grundrisse sind vertreten. Isenhart atmet tief durch.

„Nach der Zerstörung im Dschungel hatt ich gedacht...hier is Alles noch gut in Schuss, das is...gut.“

Der Meister reibt sich das Kinn.

„Könnte man so sagen, ja. Du kennst dich aus?“

Hektisches Nicken.

„Oh ja! Wir wolln zum Basar, dann direkt durch Ober-Kurast nach Travincal, nech?“

Der Meister verzieht das Gesicht.

„Ich schätze deinen Elan, aber die Leute, die tatsächlich aktiv an jedem Kampf teilgenommen haben, fühlen sich doch deutlich ausgelaugt nach dem langen Marsch. Wir sind endlich aus diesem verfluchten Dschungel raus, ich brauch zur Feier des Tages eine warme Mahlzeit und ein Bett...“

Wenn man ihn näher betrachtet, sieht er wirklich nicht allzu fit aus.

Und so viel zum Waffenstillstand. Die Spitze war nicht nötig, wenngleich verdient.

Glücklicherweise lässt Isenhart die Bemerkung fallen. Der Meister hebt die Augenbrauen.

„Ein Wegpunkt soll hier sein, hab ich gehört?“

Wieder antwortet hektisches Nicken.

„Dann ist es an dir, die Führung zu übernehmen. He, Ruhe, ich verlange nicht, dass du voran gehst. Das übernimmt Golem gerne...“

Ich nicke huldvoll.

„...aber dafür musst du ihn eben lotsen. Noch mal, er beißt nicht, also verzeih ihm bitte auch Rückfragen. Auf gehts.“

Der Söldner erhält sogar noch einen Wächter als Begleiter; damit bleibt nur noch ein solcher und ein Magier für den Meister übrig, was mir nicht so Recht ist, aber die Aufteilung ist seine Sache. Nach einer Weile zügigen, aber stets vorsichtigen Vordringens gemäß den knappen Anweisungen von hinten lässt Isenhart sich zu einer gequält lachenden Bemerkung hinreißen.

„Ha, jetzt, wo die Häuser so leer stehen und richtig einladend...der Traum jedes Plünderers!“

Des Meisters Antwort ist knochentrocken.

„Wenn es uns entscheidend voranbringen würde, hätte ich geringste Skrupel, in den Sachen von mit höchster Wahrscheinlichkeit toten Menschen herumzuwühlen. Aber leider haben wir keine Zeit dafür.“

Was mich ein wenig entrüstet.

„Ich denke, man sollte was auch immer sich hier finden lässt, auch eher bewahren, unter den Überlebenden aufteilen und damit dem Wiederaufbau helfen. Die haben ohnehin fast Alles verloren, was sie hatten, das Bisschen, was hier noch an Wert herumliegt, wird eh nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein.“

Isenhart scheint zu vergessen, dass er eigentlich nicht mit mir spricht.

„Quatsch! Die Leute hier warn zwar keine richtig reichen Säcke, aber von denen hat doch Jeder seine Schäfchen im Trocknen gehabt! Ich sags euch, wenn wir hier ein wenig wühlen würden, könntn wir ordentlich was an 'gut versteckter' Penunze gut machen!“

Das lässt mich für einen Moment einen Blick zurück werfen.

Wenn ich je das Glitzern der Gier in einem Auge gesehen habe, dann in diesem.

Des Meisters Stirnrunzeln ist eindeutig meiner Meinung.

„Umso besser für die Überlebenden, nicht? Wirklich zu schade, dass wir keine Zeit haben.“

Was die Diskussion beendet.
Als wir an einem der viele Häuser vorbeigehen, schlägt der Zweite wortlos Alarm. Ich schärfe meine Ohren auf seine Anweisung.

„Halt. Wir sind nicht allein.“

„Klar, du Blechkiste, wir haben genug Klappergestelle dabei, um...“

Isenhart wird zum Schweigen gebracht, als unter ziemlichem Gequietsche eine Horde grünlicher Dinger aus dem Haus strömt. Sie springen übereinander, flitzen in wilder Nichtformation herum und auf uns zu...
He, sind das nicht Wüstenspringer? Was machen die hier im Dschungel?

Ich schätze, das waren einmal Baumhüpfer – kleine Reptilien. Die in der Wüste sind aus Springmäusen entstanden. Beide Grundtiere wurden dann zu den gleichen Dämonen verformt.

Das ist grauenhaft!

Ja. Du solltest keine Probleme damit haben, sie von ihrer verdrehten Existenz zu befreien, wenn du verstehst, was ich meine.

Ich...gebe mir Mühe. Als eines der Monsterchen zu einem gewaltigen Sprung ansetzt, bin ich aber doch etwas überrascht; der feste Untergrund hier erlaubt doch höhere Flüge als Wüstensand! Eigentlich wollte ich ihn aus der Luft pflücken, aber so geht mein Schwert ins Leere. Stattdessen kümmere ich mich mit der anderen Hand um einen auf mich springenden, der offenbar nicht besonders helle war. Die meisten ignorieren mich. Ich drehe mich um und renne den schuppigen Gestalten hinterher, die um uns herum springen, seltsame Geräusche absondern...eines landet trotz hektischen Hin- und Herdrehens seines Opfers auf dem Rücken des Meisters. Das einstigen Reptils Klauen sind offenbar besonders geschärft...aber das Schlangenleder der Rüstung hält. Mit einem Knurren stößt der Meister seinen Dolch nach hinten. Kreischend hüpft sein Angreifer wieder weg, aber das tückische Gift zerfrisst ihn innerhalb von Sekunden. Isenhart schlägt wild um sich...

„Bleib ruhig, Mensch! Je mehr du dich aufregst, desto weniger kannst du machen!“

Aber der Söldner ist in voller Panik. Verdammt...überall erscheinen tiefe Schnitte auf seinen entblößten Hautstellen.

Lass ihn. Er lernt seine Lektion durch Schmerz oder stirbt. Der Meister ist wichtiger!

Ich muss ihm helfen! Wer einen kühlen Kopf bewahrt, hat keine Probleme. Tatsächlich landet nicht weit von mir entfernt eines der schuppigen Tiere...und wird von einem Feuerblitz getroffen, der ein sengendes Loch in dessen Seite reißt und offenbar schon abgefeuert wurde, bevor der Gegner gelandet ist. Der Meister kommt zurecht!
Isenhart ist gestolpert. Ein gutes halbes Dutzend Dämonenbiester schwärmen über ihn, beißen, kratzen, wo immer eine Lücke in seinen verzweifelt hochgerissenen Armen sich öffnet. Seine Bewegungen werden langsamer...
Mein Schwert schießt knapp an Menschenfleisch vorbei, was bedeutet, dass Tierfleisch sich teilt. Mit wenigen Hieben haben ich vier der Viecher getötet, und als würde ich in einem sich rasch bewegenden Wasser Fische fangen, schießt meine Hand vor, packt ein Beinchen, rammt das zappelnde Ding gegen meine Hüfte, was eine hässliche Spur unbeschreibbarer Flüssigkeiten hinterlässt, packt das letzte Tier und bricht ihm schnell das Genick.

„Alles in Ordnung?“

„Lass mich in Ruhe! Fass mich nicht an, du Kreatur!“

Ich weiche zurück, meine Arme ausbreitend.

„Ich wollte doch nur...“

„Ich brauch deine Hilfe nicht! Dämonenbrut...du bist auch nicht besser als sie! Wer bin ich, mir von dir ne Hand geben zu lassen? Lieber steck ich sie in ein Vipernnest! Weg!“

Schäumend ziehe ich mich zurück. Soll der Bastard doch alleine aufstehen, mit seinem blutigen Gesicht und den zerkratzten Händen!

Undank ist der Welten Lohn, hm? Ich hab dir gesagt, dieses Arschloch lohnt es nicht!

Vor mir steht ein kopfschüttelnder Meister. Seine Hand findet meine Schulter, seine Worte sind sanft und leise.

„Mach dir Nix draus...du hast dem Idioten das Leben gerettet, obwohl er Nichts getan hat und weiter Nichts tun wird, was das rechtfertigen wird. Du bist ein besserer Typ, als er je sein wird, Golem, ich möchte, dass du weißt, dass das auch Jemand weiß. Wenn er so weiter macht, wird er schon noch sehen, was es ihm bringt.“

Stöhnend steht das Objekt neuer Wut von meiner Seite hinter mir auf. Ein Seitenblick des Meisters in dessen Richtung verrät nicht mehr als Verachtung. Trotzdem fischt er einen Heiltrank aus seinem Gürtel.

„Bedien dich. Dann hilf Golem, die Viecher zu Haufen zu stapeln, drei von ihnen sollten für ein Skelett genügen. Ich nehme an, du hast jetzt auch Lust auf ein nettes Bettchen?“

Der Ausdruck auf dem Gesicht des Söldners ist Antwort genug.

„Also, beeilt euch, und dann zum Wegpunkt und ab nach Hause.“

Kurz darauf haben wir drei normale Skelette mehr – nach dem Ereignis gerade bevorzugt der Meister wohl Agilität über Schutz. Was auch deren Krummsäbelbewaffnung widerspiegelt. Ein paar Häuserecken weiter sehen wir dann auch schon eine Plattform, auf der einer der saubersten Wegpunkte liegt, den ich je gesehen habe. Abgesehen von den gut erhaltenen in unseren Lagern bisher natürlich...ja, Kurast ist eine unglaubliche Abwechslung gegenüber dem Dschungel. Wenngleich nicht ohne Tücken...wir werden sehen, was die Zukunft bringt.
Der Meister aktiviert die Transportstelle, und wir reisen zu den Docks zurück.
 
Hoffentlich lässt du dich nicht zu sehr vom Schreiben ablenken :)

Gibts in Kurast nicht diese schönen tiefen Wasserbecken, wo man Leute reinschubsen könnte? Fiel mir nur grad so ein, Isenhart geht mir auf die Nerven.


Die häuser - Häuser

Chaos an Gebäuden umgibt um - uns

Das einstigen Reptils Klauen - Des
 
Huhu :hy:

Zugegeben, ich hatte kurzfristig überlegt, selbst Natalya-Vergleiche zu ziehen... Dann wohl Glückwunsch ^^
Und Beileid an sie ;)

Nachtrag letztes Kapitel: Dann war es halt die Schriftart und nicht die Schriftgröße. Auch egal.

Zu Karl May: Kritisches Lesen ist noch nicht mal nötig, wenn du dir beispielsweise die vier Bände "Im Reich des silbernen Löwen" vornimmst. Vielleicht noch nicht Band 1, aber irgendwann ist "Keule" noch verharmlost.

Zu diesem Kapitel: ...
Wann hören die Komiker endlich auf den einzig Normal-Intelligenten in ihrer Mitte?

Seleya

Edit:
Haha, keine Sorge, zumindest für den Moment: Ich traue mir zu, Leute sympathisch zu schreiben, wenn sie so sein sollen.
Okay, das hatte ich zwar nicht überlesen, aber beim Antworten schlicht verdrängt, obwohl ich es kommentieren wollte...
Es würde mich wirklich interessieren, wen du bislang absichtlich sympathisch geschrieben hast.
 
Zuletzt bearbeitet:
Guess who's late and doesn't care :p. Okay, mir tuts schon Leid, aber nicht ZU sehr, hihi.

Huhu :hy:

Zugegeben, ich hatte kurzfristig überlegt, selbst Natalya-Vergleiche zu ziehen... Dann wohl Glückwunsch ^^
Und Beileid an sie ;)

Herzlichen :p.

Nachtrag letztes Kapitel: Dann war es halt die Schriftart und nicht die Schriftgröße. Auch egal.

Jo, sollte eigentlich schön fett, schwarz und groß sein. Es sei denn, du hast die Schriftart nicht am PC. Dann ist sie klein und hässlich :(. Aber da kann ich halt Nix machen.

Zu Karl May: Kritisches Lesen ist noch nicht mal nötig, wenn du dir beispielsweise die vier Bände "Im Reich des silbernen Löwen" vornimmst. Vielleicht noch nicht Band 1, aber irgendwann ist "Keule" noch verharmlost.

Ich kenn nur Winnetou ^^.

Zu diesem Kapitel: ...
Wann hören die Komiker endlich auf den einzig Normal-Intelligenten in ihrer Mitte?

Vielleicht, würden sie das, wenn er nicht ein Soziopath wäre.


Seleya

Edit:

Okay, das hatte ich zwar nicht überlesen, aber beim Antworten schlicht verdrängt, obwohl ich es kommentieren wollte...
Es würde mich wirklich interessieren, wen du bislang absichtlich sympathisch geschrieben hast.
Nun, den Ersten selbst auf jeden Fall, dito Deckard, und seit längerer Zeit den Meister auch. In Akt 1 definitiv nicht, wobei die Charakterisierung da oft deutlich schwammiger war als auf dem Level, wo ich heute bin. Natalya ebenfalls durch die Bank, mit ein paar Ecken und Kanten, besonders was ihre Ansichten zu Ehrlichkeit betrifft; Niemand ist perfekt, ne ^^? Ormus größtenteils, wobei er halt Probleme hat. Alkor...sag ich Nix, kommt nämlich jetzt gleich. Und war bisher sehr wenig im Rampenlicht. Hratli ganz offensichtlich nicht. Sturmbaum auch, so wenig, wie er eigentlich gemacht hat.

Akt 2 - Pratham war grundsätzlich positiv gedacht. Die Katzenfreundin auch. Farah (die kam aber nur sehr wenig vor). Atma. Duriel.

Okay, war nurn Scherz, der Letzte.

Akt 1 - Akara, Kaschya immer mehr, Charsi (Farah-Syndrom, irgendwie da aber eigentlich völlig unwichtig außer halt fürs Schmieden).

Hab sicher wen vergessen. Frag einfach.

Na ja, zu heute ^^. Hab doch noch Nichts aktuell-Inspiratives gebracht, weil das Gespräch länger wurde, als ich dachte (und das Vorgeplänkel dazu auch) - find ich aber ganz gelungen für ein Zwischenkapitel, weil es einige Details aufwirft, die in Zukunft interessant sein könnten, ich hoffe, ihr seid so gespannt, wie ihr sein solltet, danach :p.

Simon
 
Kapitel 63 – Dieses Blitzen in den Augen

Während der Meister sich schon nach Hause begibt, um, wie er sagt, ein wenig salzfreies Wasser an seine Haut zu bringen, begleite ich Isenhart zur Kaserne. Es ist schwer festzustellen, wer von uns beiden das unwilliger tut. An der Tür grüßt Devak mich freundlich, der sich offensichtlich pudelwohl fühlt in den Eisenwolfroben. Ich grüße zurück; Isenhart salutiert knapp. Damit ist Alles an Formalitäten erledigt, und wir sind drin. Sofort verschwindet mein bisheriger Begleiter, hinter die Trennwand, von der er ursprünglich auftauchte, ich dagegen verbeuge mich vor der langsam heranschlendernden Aschara, die sogar ihre Schlange weggelassen hat.

„Golem. Wie ich sehe, sind Alle wieder heil zurück?“

Ich nicke.

„Es war nicht einfach, aber wir hatten Erfolg. Dank der guten Führung Eueres Söldners sind wir dem Dschungel entkommen und können in Bälde Travincal erreichen.“

Das hab ich aber ein wenig anders in Erinnerung. Wie genau hat der Vollidiot uns denn geholfen?

Wir haben den Wegpunkt schnell gefunden...
Sie hebt eine Augenbraue.

„Demzufolge seid ihr vollends zufrieden mit Isenharts Leistungen?“

Immer diese Fangfragen. Ich hebe entschuldigend die Arme.

„Eine Beurteilung steht mir nicht zu. Vielleicht findet der Meister vor der Abreise Morgen kurz Zeit, mit Euch darüber im Detail zu reden, ich kann Euch nur bestätigen, dass wir ihn wieder mitnehmen werden. Im Grunde bin ich nur hier, um die Karte zu holen, sie gehört selbstverständlich wie abgemacht Euch, aber ich würde gerne den Rest des Dschungels eintragen. Unter-Kurast scheint sich nicht groß verändert zu haben, wenn gewünscht, kümmere ich mich aber auch darum.“

Sauberer Themenwechsel. Du bist ja richtig lernfähig.

Sie spitzt anerkennend die Lippen.

„Deine Zeichenkünste sind hervorragend, Golem. Es wäre mir eine Freude, eine aktuelle Kurast-Karte von dir zu bekommen. Wenn du das weiter machst, könnte vielleicht sogar noch etwas für dich herausspringen. Kleine Geschenke unter Freunden, nicht wahr?“

Die hat heute aber gute Laune.

Ob das halb versprochene Geschenk nicht wieder diverse Haken hat...

Wie Isenhart?

Haha, du fängst an, mich viel zu gut zu verstehen.
Das gefällt mir nicht.


Rate mal, wie es mir geht.
Ich bedanke mich unverbindlich, nehme die Pergamentrolle mit und gebe Fersengeld, bevor Aschara mehr Fragen zu Isenharts Leistungen stellt. Meine Lust, zu entscheiden, ob ich ihn wider besseren Wissens als völlig in Ordnung darstellen soll oder aus reiner Antipathie die Beurteilung eher auf die Seite der Wahrheit schwenken soll, hält sich in Grenzen. Das ist nun wirklich Meistersache, weil ich hier wirklich nicht objektiv sein kann.

Wir sollten ihn schlicht und einfach los werden. Seine Nützlichkeit hat sich mit dem Moment erledigt, als wir durch Kurasts Tor geschritten sind.

Und die schnelle Wegpunktfindung?

Scheiß auf den Wegpunkt!

Die selten explizite Ausdrucksweise des Zweiten überrascht mich nun doch etwas. Was ist los mit dir? Du bist sonst deutlich...glatter. Nicht, dass ich ein großer Anhänger deiner grausamen Kälte wäre, aber wenn du die mal fallen lässt, kommt immer nur Mist heraus.

Sag nicht, dass der Kerl dir nicht auf die Nerven geht.

Ich denke, dass es uns als Golem nicht zu interessieren hat, was unsere persönlichen Ansichten sind?

Meine persönlichen Ansichten haben meine Entscheidungen nicht zu beeinflussen, ausschalten kann ich sie leider nicht, hm? Tut mir ja Leid, dass du gelegentlich mithören musst.

Du lässt die Ansicht aber deine Entscheidung beeinflussen. Das heißt, würdest du, wenn du hier drin Entscheidungsgewalt hättest.

Dass Isenhart jetzt nutzlos ist, sagt mir mein Verstand, nicht meine Gefühle.

Wenn du das so sagst, muss es ja stimmen.
Ich halte draußen an, weil jetzt endlich ein wenig Zeit ist und ich das gnadenlos ausnutzen werde, um ein wenig mit Devak zu plaudern.

„Und, wie ist die Stimmung an der Heimatfront?“

Er grinst.

„Angenehm. Wir kommen nicht viel raus, aber seit ihr Jungs diesen Dolch hergebracht habt...die Luft ist irgendwie klarer. Logisch, es zieht immer noch der Gestank aus dem Sumpf hierher, und manchmal ist es so stickig, das man meint, man müsste ertrinken...aber so ein Unterton der Spannung, er ist weg. Ich weiß nicht, ob du das kennst – ein Raum voller Menschen, und du spürst richtig, zwei davon hassen sich, zwei lieben die gleiche Frau und sie ist auch im Raum, einer riecht nicht gut und Keiner mag ihn...und Jemand hat die Tür zugesperrt und Niemand darf raus. So eine Stimmung lag in der Luft. Und jetzt ist sie weg.“

Ich werfe einen langen Blick in den Himmel.

„Ich war nie in so einem Raum...aber gespürt habe ich es auch. Es belastet...die Seele, denkst du nicht? Diese Aura des Hasses. Dringt direkt in sie ein.“

Er hebt die Augenbrauen.

„Denkst du...du hast auch eine? Eine Seele?“

Jetzt geht das wieder los...

„Ich bin fest davon überzeugt. Sonst würde ich das nicht spüren, oder?“

„...vielleicht hast du Recht.“

„Und wie geht es Meschif? Den hab ich länger nicht mehr gesehen.“

Devak zuckt mit den Schultern.

„Ich war beschäftigt heute...meinen alten Platz wieder einnehmen und so. Aber ich denke, nach dem, was er durchgemacht hat, bringt ihn Nichts mehr aus der Ruhe. Vielleicht nehme ich mir bald mal einen Tag frei und wir trinken wieder ein paar Runden auf die Vergangenheit...“

Hoffentlich heißt das nicht, dass er wieder dem Alkohol verfällt...ich dachte, ich hätte ihn davon kuriert...

Ha, wenn das so einfach ginge, dann wärst du sehr begehrt. Wenn einen der Alkohol mal gepackt hat, dann wird man ihn nicht so schnell wieder los. Es ist wie die Liebe zu einer grausamen Frau. Man weiß, sie wird dein Leben zerstören...aber man kann sie nicht verlassen.

Die Liebe...ich wechsle das Thema.

„Das ist...schön. Wir haben jetzt ja einen Begleiter aus eueren Reihen, Isenhart. Kennst du den denn näher?“

Mein Gegenüber klopft sich auf die Brustplatte seiner Rüstung.

„Er hat diese Kiste hier geschmiedet. Mehr weiß ich nicht von ihm persönlich. Ein rechter Eigenbrötler, etwas komischer Typ, wenn du mich fragst. Vanji kennt ihn näher, ist mehr seine Art von Mensch – kein großer Horizont, rau, simpel. Kannst den ja mal ansprechen, wenn du mehr über Isenhart rausfinden willst. Ich hör nur Gerüchte und geb mich damit nicht ab.“

Ich sehe auf meine imaginären Fingernägel, bemüht, meine nächste Frage so unschuldig wie möglich zu formulieren.

„Welche Gerüchte denn?“

Devak sieht sich um, dann beugt er sich verschwörerisch zu mir.

„Wir haben striktes Verbot, truppenintern zu lästern. Wenn Aschara erfährt, dass ich dir sowas erzähle, kostet mich das meinen Kopf, und nach dem, was bisher schon passiert ist, habe ich wirklich keine Lust darauf.“

Enttäuscht richte ich mich auf, aber seine Hand hält mich zurück.

„Pscht. Du bist ein ordentlicher Kerl, hast du bewiesen, also nimm eine Sache mit und halt bloß die Klappe. Ich hab gehört...und du nicht von mir...dass Isenhart vor Kurasts Fall nicht vor Allem Schmied war, sondern Krimineller. Einer von diesen Dieben, die das schnelle Geld mit schlecht gesicherten Lagerhäusern machen wollen, jede dunkle Gasse kennen, und wehe, ein reicher Sack verirrt sich in diese. Darum soll er sich auch besonders gut auskennen.“

Während ich mit dieser Information zu kauen habe, geht Devak wieder in normale Haltung.

„War schön, mit dir geredet zu haben, Golem. Aber ich darf meine Pflicht nicht vernachlässigen, nicht? Vielleicht ergibt sich wann anders eine Gelegenheit zu einem längeren Plausch.“

Meine Stimme ist etwas unsicher, aber ich meine jedes Wort meiner Antwort.

„Natürlich, Devak. Danke für deine Zeit...und ich weiß auch die Diskretion zu schätzen.“

In trüben Gedanken gehe ich von der Kaserne weg, den schönen Sonnenuntergang nicht beachtend...und laufe fast Alkor über den Haufen.

„Oh, Golem, nicht so stürmisch!“

„Himmel, tut mir Leid...wie geht es Euch an diesem schönen Abend?“

„Könnte nicht besser sein!“

In der Tat, der Alte strahlt. Moment...hatte er nicht fast weiße Haare? Und weniger?

Die Asche von Ku'Yleh hat nicht nur dem Meister gut getan, schätze ich.

Oh...ich lege ein Grinsen in meine Stimme.

„Das sieht man! Was machen die Studien?“

Da wird er ernst.

„Schreiten gut voran. Sehr gut sogar. Deswegen bin ich froh, dass ich dich von meinem Haus aus gesehen habe, während du dich mit dem jungen Eisenwolf unterhieltest. Dein Meister ist auch hier, nehme ich an?“

„Hm, sicher?“

„Gut. Ich habe etwas gefunden, dass ihn sehr interessieren dürfte. Wärst du so gut, mich zu euerer Hütte zu begleiten?“

„Aber gern.“

Verwirrung über Verwirrung...

Bei ihm schon. Aber weswegen du in der Causa Isenhart noch unsicher bist, geht mir rein gar nicht ein. Wenn Devaks Gerücht stimmt, und viele Gerüchte haben die hässliche Angewohnheit, einen gewissen Kern Wahrheit zu haben, besonders die schlechten, dann besteht überhaupt keine Frage, was zu tun ist.

Ich hasse Gerüchte. Solche sind es auch, die mich und den Meister in den Augen von Vielen verdammen.

Es ist seine Aufgabe, die Gerüchte Lügen zu strafen. Er macht das bravourös. Was macht Isenhart?

Aschara würde doch keinen Verbrecher einstellen...geschweige denn uns zur Seite stellen.

Wenn sie ihn loswerden will?

Glaubst du Deckards Einschätzung von ihr nicht?

Ich glaube meiner Einschätzung von Isenhart. Der Kerl ist ein Bastard erster Güte, dem trau ich Alles zu. Wir sollten ihn heimlich, still und mit lauten Schreien von seiner Seite an die Dämonen verfüttern. Bei nächster Gelegenheit!

Zu solchen Methoden greifen wir schon gleich gar nicht!
Ich klopfe an die Tür unseres bescheidenen Heims. Gleich darauf öffnet sie ein Skelett. Der Meister sitzt vor einem Glas Wasser und über seiner üblichen Lektüre.

„Was hat dich denn aufgehalten?“

„Entschuldigung, ein nettes und aufschlussreiches Gespräch. Und – Besuch.“

Ich lasse Alkor an mir vorbeitreten und halte mich im Hintergrund. Der Meister steht lächelnd auf, als er unseren Gast sieht, und schüttelt ihm die Hand.

„Oh, was für eine schöne Überraschung. Was führt Euch hierher? Gerade hatte ich mir überlegt, wie viele Tränke ich Morgen mitnehmen will...“

Der Alchemist hüstelt.

„Es ist mir eine besondere Freude, Euer Stammzulieferer zu sein, und dies hoffentlich auch zu bleiben. Jedoch führt mich Anderes hierher. Wie weit, wenn ich fragen darf, seid Ihr denn schon fortgeschritten in Euerer Erkundung des Dschungels?“

Ein schiefes Grinsen auf dem Gesicht des Meisters lässt einen kleinen Teil seiner Freude über den Stand der Dinge durchscheinen.

„Dem Dschungel sind wir entkommen und in Unter-Kurast angelangt!“

Alkor überrascht, als er in die Hände klatscht wie ein kleines Kind, das sich freut.

„Famos! Dann bin ich mit meinen Nachforschungen genau zur rechten Zeit an einem Durchbruch angelangt. Sagt mir, habt Ihr denn schon einmal etwas vom Schwarzen Buch gehört?“

Stirnrunzeln. Wenn ich es könnte, würde ich den Ausdruck des Meisters kopieren.

„Nicht, dass ich wüsste...ist aber auch ein recht, sagen wir, allgemeiner Name. Mit diversen alten Folianten habe ich prinzipiell schon Erfahrung...“

Oh, so allgemein das klingt, wenn es das ist, was ich meine, gibt es in der Tat nur ein Exemplar.

Eh? Alkor kichert. Er ist sehr aufgeregt heute.

„Mit diesem wohl nicht! Viele Geschichten und Legenden ranken sich um dieses Buch, aber die sind wohl nur uns Älteren noch geläufig. Wie so Vieles...hach, die Zeit. Aber ich schweife ab. Das Schwarze Buch! Es heißt in den Erzählungen, in ihm stünde alles Wissen über die Dämonen geschrieben, welches die Menschheit über die vielen Kriege gesammelt hat. Diesen Schatz zu besitzen würde einen gewaltigen Schlag gegen das Böse bedeuten!“

Skepsis ersetzt das milde Amüsement, das sich beim Meister breit eingeschlichen hat.

„Na ja, eine alte Legende...“

„Eine andere solche 'Legende' hat Euch das Leben gerettet, General!“

Bring uns mal zum Schreibtisch.

Warum?

Weil Alkor nicht von mir wissen muss, hm?

Na schön. Als ob ich nur bereits mit der Arbeit beginnen wollte breite ich die Karte dort aus, gestatte dem Zweiten aber dann die Kontrolle über die Arme. Er schreibt unauffällig und in großen Buchstaben. Der Meister hält den Verzugsgrad seines Mundes derweil aufrecht.

„Mag sein, aber ich sehe da irgendwie einen Unterschied. Immerhin war der goldene Vogel schon in unserer Hand, und die Geschichte – welche ja eigentlich Fakt war - ...“

Ich halte den Zettel hoch.

Buch gibt es. Nützlich!
2


Hübsche Unterschrift.

Würde er es anders verstehen, könntest du dir sicher sein, dass sie da nicht stünde. Denkst du, ich verliere durch euere Oktroyierte Numerik das Wissen, wem dieser Körper zusteht?

Natürlich nicht. Wer könnte das auch von dir verlangen?
Der Meister hat die Botschaft bemerkt; sein Redefluss stockt kurz. Hastig zerknülle ich überlaut das Blatt. Alkor dreht sich um, die Stirn gerunzelt.

„Entschuldigung...mein Fehler. Beachtet mich bitte gar nicht.“

Der nicht mehr so als wie er ist Aussehende zuckt mit den Schultern. Sein Gesprächspartner beweist erneut einige sprachliche Gewandtheit.

„...hat sich damit direkt bestätigt. Deswegen will ich nicht in Freudenschreie ausbrechen ob dieser zweifelsohne interessanten Nachricht. Aber was hat die Sache eigentlich mit mir zu tun?“

Weder der Zweite noch ich beginnen mit dem Zeichnen, als der eigentlich wenig charismatische Alkor plötzlich einen Sinn für erstaunlich verschwörerische Dramatik entwickelt und seine Stimme zu einem Flüstern senkt.

„Meinen Informationen zufolge befindet sich das Buch im Herzen Kurasts!“

Das ist interessant.

So mächtig, der Schmöker?

Wie oft soll ich dir das Mantra denn noch einhämmern? Kenne deinen Feind. Was in diesem Buch an Wissen versteckt ist, könnte den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage bedeuten!

Der Meister bleibt skeptisch.

„Moment, das geht mir nicht ein. Kurasts Herz ist verdorben von Mephistos Schergen...warum sollten sie ein für sie so gefährliches Dokument bei sich aufbewahren?“

Ich kann nur Alkors Rücken sehen, bin mir aber sicher, dass er strahlt.

„Weil sie davon nicht wissen! Sie wissen es nicht, aber ich! Es war harte Arbeit...“

Er beginnt, stolz und energiegeladen, im Zimmer umher zu gehen.

„...aber sie hat sich ausgezahlt. Stundenlang habe ich nach Hinweisen gesucht, seit ich den ersten fand, in einer alten Liste eines Lagerbestandes, die ein Flüchtender zusammen mit irgendwelchen anderen Papieren, die er zusammengerafft hatte, auf eine Wunde an seiner Brust gepresst hatte. Immer mehr einst geheimes Material kam zum Vorschein, doch erst seit Kurzem habe ich wieder die Energie, die Ausdauer, die Vitalität, um Alles zu sichten! Unglaublich...Ku'Ylehs Asche, welch Glücksfall für uns Beide...“

Lächelnd legt der Meister dem Alchemisten eine Hand auf die Schulter.

„Denkt Ihr nicht, dass Euere Energie ein wenig in Euch überbordet, Alkor? Setzt Euch hin, trinkt einen Schluck Wasser oder Milch, und wir unterhalten uns in Ruhe über die bisherigen Früchte Euerer Arbeit. Lasst mich aber gleich sagen, wie sehr ich Euere Mühe schätze – es muss eine unglaublich schwierige Aufgabe gewesen sein, aus ein paar besudelten Blättern eine derart wichtige Information zu extrahieren...“

Ich stehe auf, das beginnende Spiel erkennend und mitmachend.

„Was darf ich bringen?“

Kurze Zeit später trinken der älter aussehende junge und der jünger aussehende alte Mann das gleiche weiße Getränk, und des Meisters Charmeoffensive zeigt vollste Wirkung; Alkor ist nahezu nur noch damit beschäftigt, herauszustellen, wie groß seine Leistung wirklich war, während der Meister brav lobt und ihn derweil nach allen Regeln der Kunst ausquetscht – offenbar will er sich sehr sicher sein, dass wir nicht Phantomen hinterherjagen, und wenngleich Alkor sein Leben gerettet hat...trau, schau, wem, nicht wahr?

Zu wahr. Besonders, da er offensichtlich gewaltigst selbst von dem Elixier profitiert hat. Wobei ich nicht bezweifle, dass das Schwarze Buch in Reichweite ist – aber der Meister tut gut darin, ihn zum Reden zu bringen. Ein wenig plump zwar, aber sehr effektiv bei den Narren...was erneut beweist, dass zwischen Intelligenz und Schläue Welten liegen.

„...so zeigt schon der dritte Hinweis auf einen besonderen, wichtigen, und jetzt dezidiert als heilig bezeichneten Ort, dass es nur einer der Tempel sein kann, in dem die Zakarumspriester das Schwarze Buch lagerten – direkt vor vieler Anbeter Nase, unter den Augen Aller verborgen wie ein einzelner Pilz im Wald nicht auffällt!“

„Wirklich geniale Detektivarbeit, Alkor! Noch Milch, mein Freund?“

„Sehr gern! Also, General, an deiner Stelle würde ich sofort danach suchen, wenn du schon so nah dran bist. Diese Gelegenheit ist unglaublich – nicht nur für die nächsten Gegner, sondern für alle zukünftigen.“

„Wenn es gut läuft, erwische ich die drei Großen Übel in Travincal oder, noch viel besser, zwei davon davor. Wobei ich daran nicht wirklich glaube, aber falls sie lange genug Pause machen bei Mephisto...mal sehen. Trotzdem, wirklich nett von dir, dass du mir das mitteilst. Wobei du sagtest 'einer der Tempel'...gibt es denn da mehrere?“

Ich schenke Milch nach und sehe, wie die einst weißen Augenbrauen nach oben wandern.

„Oh, leider ja...und ich konnte leider nicht herausfinden, welcher genau es denn ist. Keiner der Tempel in den höheren Bezirken ist jedoch besonders ausladend, eine Durchsuchung wäre sehr schnell abgeschlossen. Sofern Herold noch ein wenig Macht besitzt in diesen Gefilden, müssten die Dämonen von Seiner Macht auch ferngehalten werden, was die Sache noch mal vereinfacht. Nicht, dass du ein Problem haben dürftest mit der Brut...“

Ein leises Lächeln schleicht sich auf die Lippen des Meisters.

„Du schmeichelst mir. Mit wie vielen Durchsuchungen müsste ich denn da maximal rechnen?“

„Oh, soweit ich mich erinnere, sind es im Basar zwei und in Ober-Kurast noch einmal zwei, also sehr erträglich.“

Zurück zum Schreibtisch!

Ich eile. Der Meister grinst weiter seinen neuen Duzfreund an und stimmt unverbindlich zu, dass das nun wirklich kein Problem zu sein scheint. Hastig malt der Zweite Buchstaben auf ein Blatt und hält es hinter Alkors Rücken hoch.

Zwei mehr Tempel auf dem Damm.
2


Hat er...uns gerade angelogen?

Wenn er sich nicht aus noch zurückgebliebener Senilität irrt, dann hat er die Zahlen beschönigt. Was ich als sehr wahrscheinlich ansehe.

Das Grinsen des Meisters zuckt keinen Millimeter, als er den Zettel liest. Ich mache mich unauffällig. Alkor ist aber ohnehin so in Aufregung, dass er Nichts mehr außer dem Dialog bemerkt. Der Meister nimmt einen langen Schluck.

„Ich denke, mit ein wenig Glück könnte ich bald einen gewissen Folianten in der Hand halten. Nun, mein Freund – ich weiß wirklich nicht, wie ich mich für deinen Hinweis bedanken kann...“

Der Freund winkt ab.

„Ach, dein Dank und das Wissen, einer guten Sache gedient zu haben, ist doch Lohn genug. Wobei...eine Sache, wenn ich erbitten dürfte...“

Jetzt wird es erst richtig spannend.

Der Meister macht eine einladende Geste. Alkor zögert ein wenig, als wäre es ihm peinlich, weiter zu reden.

„Hast du das Buch gefunden, ist es natürlich deines. Aber du bist ja nicht den ganzen Tag in der Lage, darin zu lesen, wenn du weiter zu Mepisto ziehst auf deiner ehrenvollen Mission...wäre zu viel verlangt, mir die Aufgabe zu übertragen, darauf aufzupassen derweil?“

„Und ein paar kurze Blicke hinein zu erlauben?“

„Ich wäre sehr vorsichtig...“

Des Meisters Grinsen wird breiter.

„Aber sicher, Alkor! Vier Augen sehen mehr als zwei, oder? Garantiert findet dein Kennerblick mehr und bessere Informationen darin, die dem Feind ganz besonders schaden, als ich das könnte. Du kannst dir sicher sein, wenn wir den Folianten erst gefunden haben, darfst du ihn verwahren und benutzen, solange ich das nicht will.“

Alkor überschlägt sich in Worten des Dankes.

Damit ist die Katze aus dem Sack...hm...ist es nur Wissbegierde aus reinem wissenschaftlichem Interesse, oder mehr? Gib mir die Gelegenheit, so bald als möglich einen Blick in seine Augen zu werfen.

Ist drin. Kurze Zeit später steht auch schon ein Abschied an, mit noch mehr ausgetauschten teils deutlich aufgesetzten Nettigkeiten – wobei Alkor da viel ehrlicher scheint, er ist wirklich nicht besonders schwer zu manipulieren – und ich geleite ihn zur Tür. Draußen halte ich ihn noch kurz an.

„Vielen Dank auch von mir für diesen Hinweis. Er wird uns unglaublich weiterhelfen, davon bin ich sicher – und Euch auch.“

„Ja...“

Und da sehe ich es, klar und deutlich, weil ich es mittlerweile schon kenne: Das Blitzen in seinen Augen...

Gier.

Du hattest Recht mit deiner Vorsicht...und der Meister auch.

Geh ihn informieren. Wir müssen uns die Sache noch einmal gut überlegen.

Das werden wir...he, Zweiter?

Was denn?

Gut gemacht. Du bist geradezu beängstigend hilfreich in letzter Zeit, es freut mich, dass du dich so nützlich machen kannst, ohne dass wir uns ständig streiten müssen dafür.

...was soll die Bemerkung denn jetzt?

Ich weiß nicht, du meintest doch selbst, wenn Jemand Lob verdient...

Ja, aber ein Lob von dir ist so viel Wert wie ein Schlag ins Gesicht von Jemand, der es wirklich wert ist! Behalt deine Gedanken für dich, ich mach das nur für den Meister, und nicht mal der hat es wirklich verdient.

...schon gut...es tut mir wirklich Leid, dass ich dachte, du könntest dich über etwas freuen.
Ich gehe hinein.
 
Dieser kleine listige ...
Definitiv ein netter Übergang und aufgebaute Spannung was der Kerl wirklich im Schilde führt. :)
 
... Lurch?

Wie auch immer... Auf jeden Fall beides gelungene Kapitel, über den metaphysischen Dornendrescher-Spekulatius schweige ich mich aus vorherigem Konsens heraus aus und nicke denn man nur zustimmend in Richtung Erzählstil. Was mir daran noch immer ungemein gefällt ist einfach, dass die Actionszenen nicht nach ewigem Schema-F laufen, insofern Daumen hoch ;)
 
Huhu :hy:

@Nimduril: So sehr ich deine sonstigen Posts zu schätzen weiß - gegen diese pauschale Verunglimpfung und Beleidigung von unschuldigen Amphibien muss und werde ich mein ausdrücklichstes Veto einlegen!

Obwohl... Ach ne, Veto zurückgezogen, eigentlich wirkt Alkor (zumindest noch) recht witzig. Mal sehen, was der lebensjahr-reiche, immer noch unter zweifelhaften Aufputschmitteln stehende und leicht intrigante Trankmischer noch so alles fabriziert ;)

@Simon: Vielen Dank für das Heraussuchen - eigentlich hätte man meine Aussage auch gut als rhetorische Frage auffassen können... Beim Durchgehen der Liste mit den gewollten Sympathie-Trägern ist mir wenigstens eine Gemeinsamkeit aufgefallen. Duriel war wirklich nett ^^
Habe festgestellt, dass ich zwar den zweiten Teil noch ziemlich gut, den ersten Teil aber eher schlecht in Erinnerung habe.

Ansonsten: Schön gezeichnetes Bild. Der General und der nekro(mancer)phile Alchemist halten Kriegsrat - über einer großen Kanne Milch. Wow.
Kurze Frage: Was für Milch eigentlich? Die Weiden rund um Kurasts Hafen sind gerade nicht in allerbestem Zustand. Oder ist das eine ausgezeichnete Nebenverdienstmöglichkeit für Frost-Eisenwölfe? Milchfrischhalter: Von dem Wiesen Khanduras' direkt in das Herz des Bösens... Oder ist das gar Seekuh-Milch?

Somit bleibt mir schließlich nur noch, das Fazit vom letzten Mal zu wiederholen - mit der leicht irritierten Nachfrage, was denn General und Golem gegen Soziopathen haben...

Nebenbei: Joa, doch... Wenn der Zweite nicht in normalfarbiger Mini-Schrift spricht / schreibt, kommt da gleich eine etwas andere Stimmung herüber ^^
Allerdings sei noch angemerkt, dass er sich als kleine, fiese Stimme aus dem Hintergrund auch hervorragend macht.
Was wohl daran liegt, dass er insgesamt hervorragend ist - wenn er nicht gerade mal wieder dafür sorgt, dass sich mein Mittagessen des vorherigen Tages nach Freiheit sehnt.

Seleya
 
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