Aye, es geht wie weiter.
Kleines Vorwort: Es werden wieder neue Namen eingeführt (
) und ähn.
viel Freude damit
Kapitel 17
Die Zeit hielt ihn fest, wollte ihn scheinbar nicht gehen lassen. Für ihn ging sie aber immer weiter, alle zwei Sekunden schaute er auf die Sonnenuhr und musste sich selber ermahnen, dass es immer noch Vormittag war. Er langweilte sich. Er hatte das Buch längst durchgelesen, mehrmals. Glücklicherweise gab es einen kleinen Brunnen im Raum, jetzt saß er davor und ließ kleine Schiffchen auf der Wasseroberfläche herumtreiben. Ihm sind einige Bogen Wachspapier in die Hände gefallen, als er die Bücherregale nach weiteren Werken durchsucht hatte, die ihn vielleicht interessiert hätten, und jetzt langweilten auch diese kleinen Schiffchen ihn.
Fürst Abiel schritt mit seiner Frau und seinen Leibwächtern durch die etwas besseren Gänge der Arena. Sie rochen würzig frisch und waren mit purpurnen Samtteppichen ausgelegt. Seine Mokassins waren neu und aus weichstem Leder gegerbt. Seine Kleidung farbenfroh und schlackerte kaum am dürren, sehnigen Leib. Seine Frau hatte darauf bestanden ihn zu begleiten. Sie trug einen schweren Halsschmuck auf den Schultern, der bestimmt soviel wog, wie ein Neugeborenes. Ihr Körper war in mehrere Hüllen Seide gekleidet und ihre Schnallenschuhe mit den kleinen Glöckchen klimperten bei jedem Schritt. Sie wurden von einem Großdiener – Abiel wunderte sich immer wieder über die Titelverteilung der Adligen – zum Festsaal auf den höheren Tribünen der Arena geführt.
Der Diener ging zum Ausrufer und flüsterte ihm die Namen des Paars zu.
´Fürst Abiel und Fürstin Merkyria! ´, rief der Mann mit dem massiven Stab und klopfte auf den schon eingedellten Teppich. Man konnte auf jedem Blick sehen, dass diese Adligen hier aus der Westmarch kamen. Ein ergrauter, aber immer noch gefährlich aussehender Adliger kam auf sie zu. Er hatte Strumpfhosen, eine Art Korsett und einen großen Umhang an. Der Adlige wirkte neben Abiel eingedrückt und zierlich. Er breitete seine Arme aus.
´Fürst Abiel! Wir haben sie später erwartet. ´, sagte er und verbeugte sich leicht. Abiel erwiederte den Gruß und lächelte ein wenig.
´Man konnte uns schneller hier herbringen. Die Karawane einer meiner Händler war auf dem Rückweg hierher. ´, antwortete er die halbe Wahrheit.
´Natürlich, natürlich. ´, nickte der Adlige vor ihm. Beide wussten, dass es die halbe Wahrheit war. ´Wir wollen euch und eure Frau mal herumführen. Eure Leibwächter können sich am Büffet gütlich tun. ´, meinte er dann freundlich.
Abiel nickte und schickte beide weg.
´Dann würde ich gerne wissen wer sie sind. ´
Der Adlige guckte Abiel verstutzt an. Dieser grinste nur unter seinem Bart.
´Ich bin Morel, ich dachte – Ach! Ich habe mich ihnen gar nicht vorgestellt! ´, der verbeugte sich abermals. ´Ich bin Morel. Berater unseres Kaisers. ´
Abiel verbeugte sich auch nochmals. ´Abiel, Fürst ohne Land. ´
´Wie bitte? ´
´Ich besitze keine Ländereien, sondern Beziehungen. Der Ältesten Rat in Harrogath, Fürst Jerhyn in Lut Goleihn, mein Neffe, die Führungsschicht auf den Inseln, Fürst Omar von Kehjistan, nur um die Wichtigsten zu nennen. ´, antwortete er auf das verwirrte Gesicht und betrachtete, wie es ein wenig erbleichte. Sein Grinsen unter seinem Bart wurde noch breiter. ´Ich besitze zwar ein kleines Anwesen, aber das ist nicht viel. ´, meinte er darauf.
Morel musste den Drang widerstehen sich über die Stirn abzuwischen. Er hatte hier den potenziell mächtigsten Mann im ganzen Raum vor sich. Er hätte mit einem Wort die ganze Wirtschaft von Sanktuario in den Abgrund stürzen können … und damit Bürgerkriege entfacht. Bürgerkrieg. Er hasste dieses Wort. Mit einem gespielten Lächeln breitete er wieder seine Arme aus und führte seine Gäste herum. Die meisten Adligen interessierten sich kaum für den Fürsten, sondern hatten nur Augen für seine relativ junge Frau mit dem exorbitanten Halsschmuck. Altersgeile Männer, die schon ihren Frühling gesehen haben und sich jetzt an ihre Jugend erinnern wollen. Morel verachtete diese Art von Mensch, obwohl er selber zu der gleichen Schicht gehörte und ihnen eigentlich Solidarität schuldete. Er lächelte wieder, diesmal aufrichtig erfreut, weil er doch nicht so machtlos gegenüber dem Fürsten war, wie er zuerst angenommen hatte. Die Zunft unterstand ihm, er hatte einen Informanten bei den Eidwahrern und die ganze Führungsschicht bis zum Kindkaiser hörte auf seine Worte. Die Beziehung zwischen ihm und seinen Informanten konnte man als Hass-Liebe bezeichnen. Morel hatte die Familie und Turiol das Wissen. Er wusste längst, wo sich die verschiedenen Stützpunkte befanden und kannte jeden beinahe gefährlichen Eidwahrer beim Namen. Klinge und Wetzstein, gefangen bei den Fanatikern, Iunas, eine Oberpriesterin des Rathma Kultes, Peris, mit dem er schon persönlich Erfahrungen gemacht hat, Orthans, auf ihn hatte er schon mehr als zwei Trupps Assassinen angesetzt, mehr als Fleischfetzen und etwas Galle blieb von ihnen nicht übrig. Das waren die im Süden. Im Norden gab es nur Irim, er wurde von den Einheimischen, die ihn während des Unfalls auf dem vorletzten Frühlingsfest gesehen hatten, als Djinn bezeichnet.
Nachdem Morel das Fürstenpaar den wichtigsten Adligen im Raum vorgestellt kam er nochmals auf sie zu.
´Bevor ich es vergesse, heute Abend findet in der Arena ein spezielles Schauspiel statt, ihr seid natürlich eingeladen. ´
Fürst Abiel nickte. ´Wir werden wieder gehen. Die Reise war anstrengend und wir beide sind Müde. ´, erklärte er und verbeugte sich leicht. Er wartete nicht auf die Antwort von Morel sondert ging danach sofort zum Ausgang. Die beiden Leibwächter reihten sich wieder neben seiner Frau ein. Sie hielt ihn kurz an und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
Abiel nickte wieder. ´Ja, das habe ich auch schon befürchtet. ´, meinte er.
Xiral schulterte den Beutel von Azrael und prüfte ob die Tür richtig abgeschlossen war. Hirovs Paranoia hat sich schon wieder gesteigert. Azraels Ausschluss war zwar voraussehbar, aber dann noch Xiral als Beobachter auf ihn anzusetzen. Der Leutnant musste seinen Kopf schütteln. Er hat zuerst gelacht und dann erst das ernste Gesicht von Hirov bemerkt.
Die Straße war wie gewöhnlich überbevölkert und laut. Er sprang auf eine Kutsche, die Richtung Norden fuhr und warf ein paar Münzen in den Schlitz. Jemand tippte ihn auf die Schulter. Er drehte sich um und sah dem narbigsten Gesicht entgegen, das er jemals gesehen hatte. Fragend hob eine Augenbraue.
´Du bist Xiral, oder? ´, fragte der Mann und schob seine Kapuze zurück. Weiße Haare kamen zum Vorschein. ´Ich bin Irim aus der Nordstadt. Dort ist die Lage denkbar schlecht geworden. Fanatiker, Assassinen und ganz neu, Dämonen. Ich muss Hirov oder Azrael sprechen. ´, zischte er ihm eindringlich zu.
Der Leutnant runzelte seine Stirn und guckte sich um. ´Um ehrlich zu sein. Sprich nicht mit Hirov darüber. Sein Verfolgungswahn hat einen neuen Höhepunkt erreicht. ´
´Wo ist Azrael? ´, fragte der vernarbte Eidwahrer sofort.
´In der Arena. Hirov hat ihn den Eidwahrerstatus entzogen. Er ist bei Fürst Abiel als Wächter angeheuert worden. Er gehört zwar noch zu uns, ist aber jetzt ein Söldner. ´, sagte Xiral leise.
Irim lehnte sich kurz zurück. ´Was macht er in der Arena? ´
´Heute Abend gegen einen Assassinen kämpfen. Die Zunft hätte uns sonst ausgelöscht. ´
Xirals Gegenüber rieb sich sein Gesicht und lächelte dann auf einmal. ´Ich hab den Stützpunkt im Norden evakuiert. Sie verlassen gerade die Stadt. Falls das so weitergeht müssen wir Caldeum aufgeben. Sag das Hirov. ´, meinte er.
´Wirklich? ´
´Wir können uns nicht gegen Fünfzigtausend Fanatiker und gleichzeitig Tausenden Assassinen entgegenstemmen. Meine Karawane zieht grad an der Stadtmauer entlang und bereitet sich für die Wüstenwanderung vor. ´, antwortete Irim.
Xiral seufzte und stützte seinen Kopf in seinen Händen. ´Ich gehe gerade zu Azrael um ihn seine Sachen zu bringen. Du kannst mitkommen. ´
Der Eidwahrer lehnte sich zufrieden zurück und zog seine Kapuze wieder ins Gesicht. Das Herz von Xiral raste.
Verdammt … wenn das in Caldeum entartet … Scheiße!
´Irim, bist du dir sicher mit den Dämonen? ´, fragte er den anderen Eidwahrer etwas unsicher.
´Ich könnte dir einen Kopf mitbringen. ´, bot sein Nebensitzer an.
´Du und Azrael könnten Brüder sein. Er hat Hirov auch einen Dämonenkopf vor die Füße geschmissen. ´, meinte der Leutnant.
Irim schnaubte. ´So wie ich ihn kenne hätte er Hirov das Teil eher woanders hochgeschoben. ´
Xiral musste lächeln und lehnte sich auch zurück. ´Wirklich? ´
´Auch wenn er es nicht zeigt, er hasst den Alten. ´
´ … er wurde von ihm aufgezogen. ´
´Aufgezogen und nichts anderes. Gelernt hat er auf der Straße. ´, sagte der Narbige sofort.
Der Leutnant runzelte seine Stirn. ´Was meinst du? ´
´Woher denkst kann er so gut kämpfen? ´, wollte Irim wissen.
Xiral zuckte mit seinen Schultern.
´Assassinen. Sie haben ihn gejagt. Und das manchmal mit Erfolg. Verdammt, ich bin bei einem Auftrag zu jeden Heiler in dieser verdammten Stadt geschickt worden und bei einem lag der Kleine mit einem Rücken auf einer Pritsche, der aussah wie zerhacktes Fleisch. ´, antwortete Irim.
´Du kanntest ihn schon als Jungen? ´
´Mehr oder weniger. Zwei, drei Kämpfe miteinander, die Nacht in der Stadt und andere Gelegenheiten. ´
´Was? Die Nacht? ´, fragte Xiral plötzlich bleich. ´Ihr wurdet- ´
´Ja. ´
Die ´Nacht´ war ein brutaler Initiationsritus zwischen der Zunft und den Eidwahrern. Eine Nacht lang herrschte Waffenstillstand, außer zwischen den Ausgesetzten, die in der Stadt überleben sollten. Zudem gab es immer mehr Assassinen als Eidwahrer. Xiral wurde davon entbunden, weil er für seine Familie zu wichtig war. Die Aufgabe war einfach: überleben und so viele töten, wie möglich. Der Leutnant wischte sich über die Stirn.
´Ich dachte er hätte nur mit den Barbaren trainiert. ´
´Die Nomaden? Bei denen war er jeden Tag. Hat sich ziemlich geschickt mit dem Speer angestellt. ´
´Wie alt ist er eigentlich? ´, wollte Xiral wissen.
Irim runzelte seine Stirn und dachte eine Weile nach. ´Er ist mit fünfzehn aus Caldeum ausgezogen. Den Tag nach der Nacht. Mit fünf hat er bei den Nomaden und bei uns angefangen. Dann ist er jedes zweite Jahr mit seinen Eltern zum Neujahrsfest gekommen, dann ist er vier Jahre nicht gekommen … er müsste ein bisschen älter als siebenundzwanzig sein. ´, rechnete der Narbige vor.
´Er sieht ausgebrannt aus. ´, bemerkte Xiral darauf.
´Auch. ´
Schädelbrecher lag im Stroh und guckte mit pochenden Kopfschmerzen auf die halbwegs beruhigende Decke. Er wagte es nicht Spica anzusehen, das rot bohrte sich in seine Augen und die Goldringe brannten hinten in den Augen. Es gab noch einen anderen Grund warum er lieber an die Decke schaute. Er war wieder dort, wo er es am meisten hasste. Unter der Erde, eingeschlossen, ohne jede Waffe. Und er fühlte sich nackt.
Spica saß neben ihm und wirkte krank, sehr krank. Schwarze Ringe gruben sich unter ihre Augen und sie konnte, wollte, sich nicht bewegen. Die Intoleranz der Assassinen gegenüber Magie war legendär. Schädelbrecher seufzte und setzte sich auf. Er hörte wie sich die Magierin hinter ihm umdrehte.
´Geht’s dir wieder gut? ´
Schädelbrecher schüttelte leicht seinen Kopf. Das widerliche Pochen hat wieder eingesetzt und sein Magen wollte seinen spärlichen Inhalt freigeben.
´Nein, aber ich will nicht länger untätig sein. ´, murmelte er und genoss die Ruhe.
Er wühlte in seinen Gürteltaschen und fischte eine kleine Flasche raus. Langsam zog er den Korken raus und trank den Inhalt mit einem Schluck aus. Dann schmiss er die Flasche gegen die Wand.
´Was war das? ´, fragte Spica.
´Weiß nicht. ´, antwortete er und stand auf. Die Kopfschmerzen waren nur noch ein pochen im Hinterkopf. Mit denen er viel besser auskam. Er guckte sich zum ersten Mal gründlich im Raum um und befühlte die Gitter.
´Was machst du? ´
´Sehen, ob wir hier ohne Hilfe rauskommen. ´
Der alte Soldat klopfte gegen Wände, stampfte auf den Boden, schlug gegen die Stäbe und guckte durch das kleine Fenster in der Wand.
´Wie siehts aus? ´, fragte die Magierin.
´Schlecht. Alles ist intakt und wir befinden und in einem sehr hohem Turm. Ich kann in die Arena sehen. ´, antwortete Schädelbrecher und setzte sich wieder aufs Stroh. Spica rückte neben ihn.
´Was denkst du wird mit uns passieren? ´, fragte sie ihn nach einer Weile.
´Schmerzen, Hunger, Folter, das Übliche, was Assassinen vor Verhörungen machen. ´, meinte Schädelbrecher gelassen.
Die Magierin seufzte. ´Woher weißt du das? ´
´Ich habe meine Quellen. ´
´Wer? ´
´Alle Leute in meinem näheren Freundeskreis haben das schon durchgemacht. Jetzt bin ich an der Reihe. ´
Die verhüllte Gestalt ging mit schnellen, langen Schritten durch die dunklen Gassen, mied andere Leute und befand sich schließlich vor dem Wirtshaus. Sie ging die Treppen runter und drückte die massive Holztür auf. Drinnen schauten ihr bleiche, weißbehaarte Leute entgegen und einige zuckten mit ihren Schultern, verfolgten ihre unterbrochenen Gespräche weiter. Der beleibte Wirt guckte sie skeptisch an und sie stellte sich vor ihn.
´Ich suche einen gewissen Azrael. ´, sagte sie leise. Der Wirt zuckte zurück. Hatte wohl das etwas erschreckend Andere in der Stimme erkannt. Er beugte sich über den Ausschank und zischte ihr unter die Kapuze.
´Wer ist das? ´
´Ihr seid unausstehlich. ´, antwortete sie mit ihrer gewohnten Lautstärke. Der Raum wurde still und sie war sich sicher, dass hinter ihr Leute hinter vorgehaltener Hand grinsten. ´Ihr wisst wen ich will. Falls nicht. ´ Sie legte eine Hand auf den Ausschank und zog sie dann wieder weg. Ein schwarzer Handabdruck blieb zurück. Der Wirt hob eine Augenbraue und guckte sie spöttisch an. Sie lächelte unter der Kapuze und klopfte leicht mit ihrem linken Fuß gegen das Holz. Der Abdruck flammte auf breitete sich über die ganze Fläche aus. Der Mann vor ihr zuckte zurück und sie wischte durch die Flammen. Es verschwand, floss wie Wasser durch einen Trichter in den weiten Ärmel hinein.
´Meine Füße haben auch Abdrücke hinterlassen. ´, bemerkte sie danach.
Der Wirt beugte guckte über ihr Schulter und nickte. ´Er ist in der Arena, im Aufenthaltsraum fünf. ´
Die Gestalt drehte sich um. ´Danke. Ach ja, leicht einzuschüchtern seid ihr auch noch. ´, sagte sie und verließ den getarnten Stützpunkt wieder.
Irim und Xiral sprangen von Wagen und näherten sich der Arena. Verkleidete Assassinen kamen auf sie zu.
´Ahh … hochrangiger Besuch. Der Leutnant und der … ´Djinn´. ´, flüsterte eine.
Der Narbige lächelte gefährlich und zuckte mit seinen Schultern. ´Wir beide würden gerne Azrael besuchen. ´
Die Frau nickte und führte sie in die Gewölbe runter. Schließlich öffnete sie eine Tür. Beide traten ein und Azrael drehte sich zu ihnen um. Er saß in Söldnerkleidung auf einer Bank und hatte einen Gladiatorenpanzer für den linken Arm bekommen. Er nickte beiden zu, zuerst Xiral und etwas zögerlicher Irim.
´Tag, Azrael. ´, begrüßte ihn Irim und streckte seine Hand aus. Azrael schlug ein und schüttelte.
´Wie geht’s dir? ´
´Körperlich, gut. Ansonsten, ich wünschte ich wäre tot. ´, meinte der Narbige.
Xiral trat zwischen die Beiden. ´Ich glaube das wird länger dauern. Ich muss wieder weg. Hier, Azrael. Dein Beutel … und ich hab die Kiste deines Vaters gefunden. Lag unter einer Diele in meinem Zimmer versteckt. ´, sagte der Leutnant und verabschiedete sich.
Azrael nahm den Beutel entgegen und legte ihn neben sich auf die Bank. Er war überrascht, wie viele Freunde von früher ihm in Caldeum begegnet sind. Irim setzte sich neben ihn und lehnte sich gegen die Tischkante.
´Orthans und Peris befinden sich auf einer Barke Richtung Ure. Dort gibt es wieder ernste Angelegenheiten. ´
Azrael hob eine Augenbraue. Irim wunderte sich, dass seine Augenfarbe jetzt schwarz, ein besseres Wort für diese Dunkelheit fiel ihm nicht ein, waren und nicht mehr Blutrot, wie früher. ´So ernst? ´
´Ja wir brauchen jeden, den wir haben. Da Wetzstein und Klinge wohlmöglich tot sind wir unterbesetzt. ´, seufzte der Narbige.
´Um was geht es? Ein gefallener Gott? ´, wollte Azrael wissen
Irim schnaubte. ´Pfft … dagegen ist ein gefallener Gott nichts. Dämonen. Die Hölle hat uns den Krieg erklärt. ´
Azrael erbleichte. Ihn kam wieder ein Satzfetzen vom Tod in den Sinn ´exsphärischer Krieg´. ´Seid ihr euch sicher? ´
´Diese Dämonen haben Rüstungen, Speerschleudern, Disziplin. Sie haben den ganzen Norden überrannt. Die Nordmänner auf der Insel im Arreatkrater halten die Insel noch. Färben das ganze Meer rot. Der breite Grat zwischen den Bergen fällt wohlmöglich gerade in diesem Moment und an den Ufern vom Orealis fließt Blut. Die Dämonen kommen über den Fluss. ´, Irim rieb sich über sein Gesicht. ´Es heißt wieder Krieg. ´
Der Gefallene stützte seinen Kopf in seinen Händen. Er fragte sich ob er die Frage wirklich stellen wollte. ´Gibt es schon Nachrichten von … Engeln? ´
Der Narbige neben ihn fing an heftig zu lachen. ´Azrael? Bist du das wirklich? Du hast noch nie an Religion geglaubt, oder? Warum jetzt auf einmal? ´
Der Gefallene verzog seinen Mund. ´Eigene Erfahrungen. ´, meinte er nur. Irim zuckte mit seinen Schultern.
´Caldeum wird aufgegeben. ´, sagte er dann. Sein Nebensitzer atmete tief ein und noch länger aus.
´Das habe ich befürchtet. ´, antwortete Azrael.
´Wir werden hier nicht mehr gebraucht. Fürst Abiel sollte alles schaukeln. Der Oberpriester hat dir zwei Jahre Urlaub erhandelt. Du wirst mit mir nach Ure gehen und dort gucken wir weiter. ´, erklärte Irim.
´Wie sieht’s mit den Stützpunkten aus? Wann werden die aufgelöst? ´, fragte der Gefallene weiter. ´
´Meiner ist schon auf dem Weg zurück in den Dschungel. Hirov sollte in den nächsten Tagen die Nachricht erhalten und die anderen sind schon längst weg. Wir sind die letzten hier. ´, antwortete der Narbige und lachte leise. ´Als ob wir darauf gewartet hätten hier zu verschwinden. ´
´Warum sollen wir auf einmal Caldeum aufgeben? ´
´Caldeum kann sich selber verwalten. Und die Eidwahrer sind woanders besser aufgehoben. Ure muss verstärkt werden und unsere Städte im Dschungel sind auch nicht mehr die sichersten. ´
Azrael zuckte mit seinen Schultern. Irim fasste es als sein Zeichen der Resignation auf und blieb eine Weile still. Schließlich stand er auf und ging zur Tür hin.
´Es müsste Nachmittag sein, oder? ´, fragte ihn Azrael plötzlich.
Irim guckte ihn zuerst etwas irritiert an. ´J-Ja, warum? ´
Azrael verzog seinen Mund. ´Langeweile. ´
Der Narbige grinste und zog dir Tür auf. Im Gang kam ihm eine verhüllte Frau entgegen. Sie wurde von niemand geführt. Der Eidwahrer hob leicht seine Augenbrauen und erinnerte sich daran, dass er noch andere Sachen zu tun hat.
Die Tür öffnete sich abermals, diesmal kamen vor allem Kämpfer durch. Manche ignorierten ihn, andere nickten ihn zu. Er hob meistens seine Hand und musterte sie eindringlich. Der Raum wurde immer heller, die Sonne schien jetzt genau durch die Fenster. Er schloss daraus, dass er sich im Osten befand und nicht mehr lange warten musste. Die Tür öffnete sich nochmals knarrend und eine Frau trat ein. Sie hatte sich eine weite Kutte umgeworfen und kam genau auf ihn zu.
´Azrael, erinnerst du dich noch an mich? ´, fragte sie ihn.
Die Stimme kam ihn bekannt vor, aber er schüttelte seinen Kopf. ´Nein, leider nicht. ´
Ich treffe zu viele Frauen in letzter Zeit ...
´Sagt dir der Name Serra etwas? ´
Azrael nickte leicht. ´Ihr habt mich im Tempel geheilt. ´
´Genau. Und ich war danach von einem Geist kontrolliert und bis vor kurzem übernommen wurden. ´, sagte sie.
Der Eidwahrer konnte so etwas, wie Hass riechen. ´Habt ihr ein Anliegen hier? ´
´Ja. ´, antwortet sie prompt. ´Ich brauche deine Hilfe. ´
´Bei? ´
´Götter töten. ´
Azrael hob eine Augenbraue und war ehrlich überrascht. ´Warum? ´
´Ich hab gesehen, was Glauben anrichten kann. ´
´Hast du auch gesehen, was sich hinter dem Glauben verbirgt? ´
Er roch Verwirrung und Wut. ´Nein, warum auch? ´
´Glaubt ihr? ´
´Nein. ´
´Wozu wollt ihr dann Glauben auslöschen? ´
´Weil er manipuliert und Leben nimmt. ´
´Woher wollt ihr dann wissen, dass es Götter gibt? ´
´Hast du schon einen gesehen? ´, ihre Stimme wurde immer wütender und sie schien sich an Azraels Ruhe aufzustacheln.
´Ja. Mehr als nur einen. ´
´Wo? ´
´Ihr habt mich noch nicht überzeugt. ´
´Wie kann ich euch überzeugen? ´
´Gar nicht. Ich habe diese Auswirkungen von Eifer schon gesehen … und ich finde es belustigend. Menschen beten ein unsichtbares Wesen an und erhalten dafür keine Gegenleistung. Erbringen Opfer, schlagen sich selber und alles. Lasst sie doch, sie stürzen sich selber in den Tod. Kein Gott kann das verantworten. ´, antwortete Azrael ihr. ´Das ist menschliche Verzweiflung. ´
Serra zischte wütend und stampfte auf den Boden. ´Woher willst du das wissen? Du sprichst so als ob du selber etwas wissen tust. Du weißt nichts! ´, sie fing an zu schreien und Azrael konnte ein paar Mal unter die Kapuze gucken. Er stand auf und ging auf sie zu. Sie schrie weiter, aber Azrael hörte schon lang nicht mehr zu. Schließlich stand er genau vor und schlug mit seinem Handballen gegen die Stirn. Sie klappte zusammen. Er hockte sich neben die verhüllte Gestalt und zog die Kapuze vom Kopf runter. Mit seiner ungepanzerten Hand zog er ihre Augenlieder hoch und guckte sich die Augen an. Er seufzte.
´Blasphemie, komm, sprich mit einem alten Bekannten. ´, flüsterte er und stand auf. Rauch quoll aus Nase und Mund der Frau. Ein nacktes Wesen, undefinierbar als Mann oder Frau erschien vor ihm.
´Azrail! Wie geht’s dir denn? ´, wurde er begrüßt.
Er winkte ab. ´Gut. Aber, was hast du im Geist dieser Frau zu suchen? ´
Das Wesen guckte betreten zu Boden. ´Es sah nach Spaß aus ihre dunkelsten Gedanken anzustacheln. ´
´Was noch wichtiger ist: Wie kommst du hier her? ´ Er hatte Blasphemie in seiner Zeit in der Hölle getroffen. Er wurde mehrmals zum Rat berufen und in die Gruben geschickt.
´Willst du das wirklich wissen? ´, wurde er gefragt.
Azrael nickte. ´Natürlich, ´ Blasphemie war noch ein junges Wesen im Gegensatz zu ihren … Geschwistern trifft es nicht einmal ansatzweise, war aber das beste Wort. Man konnte ihren Geist mit dem eines neunjährigen Mädchens vergleichen, dass das Wissen eines sehr alten Gottes hatte.
´Es hat sich ziemlich viel verändert seit dem du weg warst. Es ist aber vollkommen aus dem Lot geraten als ich … raus gezogen wurde. Die Engel, oder besser ihr Befehlshaber, hat den Weltenwanderer benutzt. ´
Kälte kroch Azraels Rücken hoch und er bekam Gänsehaut, dass es beinahe wehtat. ´Jetzt kommen sie hier her? ´
´Tyrael hat den Weltenstein von Inarius zerstört, dass müsstest du wissen. Sanktuario sollte eigentlich gar nicht existieren, es wurde im Rücken aller Anderen erschaffen. Die Engel und der Rat haben beide … beinahe einstimmig beschlossen, dass hier unser Krieg stattfinden wird. ´, bejahte Blasphemie.
Azrael fasste sich an seinen Kopf und atmete in seine Handfläche aus. ´Du kennst Vassago, oder? ´
´Ja. ´
´Ich zitiere ihn einmal für dich. ´
´Gerne. ´
´Wir beinahe Unsterblichen wissen nicht, wie sterbliche fühlen. Am besten lassen wir sie zufrieden und hauen uns hier die Köpfe ein. ´
Beide blieben eine Weile still.
´Ja, und? ´
Der Gefallene zuckte mit seinen Schultern. ´Nichts wirklich Wichtiges. ´ Er guckte aus dem Fenster, die Sonne verschwand hinter der Mauer, bald. ´Die Menschen werden sich den Engeln anschließen und werden sich wohl gegen euch stellen. Falls sie gewinnen, werden die Menschen von den Engeln abgeschlachtet. ´, prophezeite er.
´Bist du dir sicher? ´
´Ja. ´
´Wehr hat beinahe das gleiche gesagt. Er ist jetzt rechte Hand von Vassago. ´, meinte Blasphemie.
Azrael schnaubte. ´Das kann ich mir vorstellen. ´, antwortete er und setzte sich wieder. Blasphemie guckte auf die Frau hinunter und dann wieder auf Azrael.
´Kann ich dich um etwas bitten? ´, fragte es schüchtern.
Er winkte mit der Hand.
´Hast du irgendetwas, wo ich mich verstecken kann? So etwas wie ein Edelstein, oder… ? ´, wollte es wissen.
Azrael kramte in seinen Gürteltaschen herum und zog einen Splitter Obsidian heraus. ´Das müsste auch gehen? ´, fragte er und warf den Splitter.
Blasphemie fing es auf und beäugte es kritisch. ´Man wird mich leichter finden können … aber bei dir sollte es sicher sein. ´, meinte es und verschwand. Der Splitter blieb am Boden zurück und Azrael steckte es wieder in die Gürteltasche.
Die Magierin beobachtete wie Schädelbrecher in die Zelle getragen wurde. Sie wurde vom Stroh verscheucht und der alte Soldat wurde hingelegt. Es waren junge Mädchen. Beide hatten Mitleid in den Augen. Und Angst. Vor allem Angst. Sie flüsterten miteinander, Spica konnte Fetzten wie ´wütend´ und ´hartnäckig´ raushören.
´Wir werden einen Heiler schicken. ´, sagte beide und verschwanden.
Die Tür wurde wieder geschlossen und Spica rückte neben Schädelbrecher. Er schien zu schlafen. Ihr fiel etwas auf, seine Finger. Sie waren teilweise dunkelblau und hatten Risse in den Gelenken. Vorsicht strich sie über den Zeigefinger der rechten. Schädelbrecher fing an zu schreien. Er zog seine Hand weg und krümmte sich in eine Embryonalstellung und zitterte. Spica fasste an seine Schulter.
´Was ist passiert? ´
´Sie hat mir alles zerdrückt. ´, antwortete er erstickt und die Magierin beließ es dabei. Die Tür wurde wieder aufgezogen. Es kam eine große Frau herein. Sie hatte einen geschorenen Kopf und mehrere Flachen bei sich.
´Jetzt weiß ich, warum du Schädelbrecher genannt wirst. ´, sagte sie anerkennend und öffnete den Verschluss einer Flasche. Sie hielt sich selber die Nase zu und Spica tat es ihr nach. Sie träufelte ein paar Tropfen vor Schädelbrechers Gesicht und er erschlaffte.
´Betäubungsmittel. Keine Sorge. ´, beruhigte sie Spica und drehte den Mann um. ´Hat unserer Merial doch wirklich den Schädel gespalten … ´, flüsterte sie und begann damit den Körper zu inspizieren. Sie zog ihm die Hose runter und zischte.
´Alte Sadistin, geschieht ihr eigentlich recht. ´, meinte die Heilerin. Sie breitete die Flaschen in der dunklen Zelle aus und wählte eine besonders große aus. Sie zog den Stöpsel und schnitt verschiedene Stellen am Körper des alten Soldaten auf. Dann schüttete sie großzügig den Inhalt über den Körper aus und zog ihn wieder an.
´Er müsste ihn ein paar Stunden wieder aufwachen und sich elend fühlen. ´, die Heilerin musterte Spica. ´Hat er dich vergewaltigt oder ähnliches mit dir gemacht? ´, fragte sie dann unverblümt. Die Magierin zuckte geschockt zusammen.
´N-Nein! Wie kommt ihr drauf. ´
´Passiert oft bei uns, wenn wir Frauen und Männer zusammenpferchen. Die Männer haben einfach keine Selbstbeherrschung. ´, meinte die Heilerin und rauchte aus der Zelle.
Serra regte sich langsam und fand sich auf eine Bank sitzend wieder. Sie fasste sich an ihren Kopf und guckte sich um. Neben ihr saß Azrael. Er hatte die Augen geschlossen und schien zu schlafen. Sie hatte vergessen warum sie ihn gesucht hatte. Hilflos saß sie dort und dachte nach, was sie tun sollte. Plötzlich wachte der Weißhaarige neben ihr auf.
´Geht’s dir wieder gut? ´, fragte er und musterte sie.
´Körperlich, ja, sonst, nein. ´
´Du willst flüchten, oder? ´
´Woher weißt du das? ´
´Deine Augen. ´, log er. In Wirklichkeit hat Blasphemie es ihm erzählt. ´Eine Karawane macht sich auf den Weg nach Kehjistan. Sie müssten bald am Südtor vorbeiziehen. Geh zu ihnen und sag ihnen, dass du von Irim geschickt wurdest und er sie bittet dich mitzunehmen. Dieser Stadt und der ganze Subkontinent hier wird sehr ungemütlich werden. Geh in den Westmarch, dort fragst du nach einem gewissen Yurimok. Sag ihm Azrael hätte dich geschickt und er soll dich beschützen. Kein Sorge, er ist ein sanftmütiger alter Zauberer. Ich werde dich dort wohlmöglich aufsuchen. Nein, bestimmt. ´, sagte er. ´Hast du alles im Kopf? ´, fragte er.
Sie nickte.
´Gut, dann geh. ´
´Denkst du, dass es klug war sie zu einem Ausgestoßenen zu schicken? ´, frage Blasphemie nach einiger Zeit.
´Ja, er untersteht jetzt dem Tod, und der Tod ist ein … Freund von mir. ´
´Alle deine Freunde scheinen entweder unsterbliche Halbgötter, blutrünstige Succubi, Herrscher ganzer Sphären oder Bringer der Apokalypse zu sein. ´
´Du hast fast allmächtiges Wesen vergessen. ´, meinte Azrael
´Sie ist deine Schwester, sie zählt zu deiner Verwandtschaft. ´
-TBC-
Öhm... was gibts noch? Ach ja, bei regen Joggen zu gehen ist eine tolle Idee!