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[Story] Saqqara

Gleich ein neues Kapitel in meiner Sammlung hinzugefügt...

Um meiner Begeisterung darüber auszudrücken, über all das, was dein neuestes Kapitel enthält, verweise ich auf meinen Vorredner :D

Ich hab übrigens einen Fehler entdeckt... ;)

Verzweifelt musste sie sein – ohne Hadan, den Wahnsinn oder der Himmel wusste was in die offene Wüste hatte hinausgehen lassen. Mutig war sie auch, mutig jenseits von Vernunft.
 
@Segan: Ich würd's glatt korrigieren - wenn da denn ein Fehler wäre :D
Danke euch Beiden 8]
 
Grml, du verschleierst die Sätze so verflucht geschickt, dass ich sogar Fehler entdecke, wo keine sind...

Aber vielleicht habe ich auch etwas zu genau gelesen :lol:
 
Wow... das ist eigentlich alles, was man dazu sagen kann.

Es ist einfach immer wieder genial, wie Du die Story weiterführst. Einen Gott glaubwürdig zu beschreiben, stelle ich mir schwer vor, aber Du hast es einfach genial gemacht :read:

Zum einen wünsch ich mir, Du würdest das Ende noch weiter hinausrücken, aber gleichzeitig möchte ich doch endlich wissen:
1. was nun Saqqara ist
2. ob das Dämonentor geschlossen werden kann
3. was mit Maysan ist
4. ob alle Gefährten überleben
5. ob es am Ende ein friedlichen Leben geben wird oder doch eine weitere Geschichte (mit dem Zaunspfahl wedel :ww: :D :angel: )
und auch noch vieles mehr, was mir im Moment irgendwie entfallen ist.

Gespannte Grüße

Liska
 
Huhu Reeba wollte nur mal zeigen das ich auch noch da bin....und hin und wieder auch noch mal lese.....................
*grinz*
hab grade alle Kapitel die ich versäumt hatte nachgelesen...........
war wie immer unglaublich fesselnd....
Beweis: Hab irgendwann nicht mehr mitbekommen was ich am Musik hören war, sogar das ich Musik gehört hatte neben bei, weil nachdem ich den letzten Satz gelesen hatte dann doch schwer verwirrt war das ich den Mediaplayer anhatte*lach*..................................

Freu mich schon aufs nächste................
Und muss sagen, dass das immernoch meine Lieblingsstory ist.................

also mach schön weiter so, du bist echt begnadet.....

Mfg Chaos

EDIT: Saqqara ist eine uralte ägyptische Nekropole [bekannter ist vllt die Sechstsufige Pyramide die dort steht].......naja der Tempel von unserem Gott wird wohl darauf abzielen den Haddan bauen soll^^
 
ChaosTheRogue schrieb:
EDIT: Saqqara ist eine uralte ägyptische Nekropole [bekannter ist vllt die Sechstsufige Pyramide die dort steht].......naja der Tempel von unserem Gott wird wohl darauf abzielen den Haddan bauen soll^^

NEIN!

Das hättest du nicht sagen sollen...das klingt so einleuchtend, dass ich ich schon die Lösung der Geschichte sehe und damit die Spannung verliere... ;(
 
@alle: Nochmals danke für eure Rückmeldungen!
@Segan: Natürlich ist es nur ein Klick oder ein kurzes Geblätter im nächsten Lexikon, um auf das zu kommen, was ChaosTheRogue vermutet (ich sage jetzt mal nicht, ob es 100%ig zutrifft ;)), aber keine Sorge, ganz so 'einfach' werde ich es mir nicht machen.
Und ch hoffe, es bleibt trotzdem spannend :kiss:
 
Großartig...

Sry..ich bin platt.... sprachlos..

puh... Das ist wirklich mal ein "Gott".. kein einfach nur ein wenig mächtigeres Lebewesen, sondern ... naja..irgendwie göttlich *g*

Das hat mich doch a bissl mitgenommen...


:hy: Insidias
 
Was für ein Glück, dass ich die Kommentare von unten begonnen zu lesen habe - was auch immer da für eine Prophezeihung gemacht wurde, Segans "NEIN!" hat mich davon abgehalten, das gebrachte Zitat durchzulesen. La, la, la, nichts gehört und nichts gesehen... Besser so, ihr bösen Spoiloranten. :no:

Fantastisch, Reeba, wie immer. Bei dir werden die Superlative schon zur Gewohnheit. ^^ Und trotzdem zeigst du immer von Neuem, dass es noch groeßer, noch beeindruckender geht. Bla, bla. Eben mein übliches gehaltloses Gesülze. Du verstehst mich schon.
 
So ich hab vor ~~20 Tagen angefangen zu lesen und muss sagen die story is echt wie ein gutes Buch

Immer wenn man nix zu tun hat kann man sich stundenlang darin vergraben (besonders bei dem wetter)

Da kann man dir nur gratulieren :top: :top: :top: :top: :top:


Ich hab gedacht dass soviel Talent in eine person garned reinpasst aber naja es funktioniert :D

gestern hab ich dann n bissl im I-net gesurft und bin dann ma wieder auf india hängen gebleiben

nachdem ich dass gesehen hab hätt ich dich echt schlagen können

Denn soviel talent is doch wohl echt zuviel des guten^^

...................



reeba8pd.jpg




Da stellt sich nurnoch die Frage ob das einer der bösen schwarzen Dämonen sein soll, und fals ja wieso du den hier noch nicht gepostet hast:no:


P.s. DU hast nen neuen Leser


Ach ja du bringst doch garantiert zum 2jährigen jubiläum ne doppelfolge raus oder??

(is der 2.10.06)
 
Der kleine dicke da ist nicht einer der Dämonen, sondern Mr. Diablo himself :flame:
Von daher spielt er in dieser Geschichte eigentlich kaum noch eine Rolle, ausser in der Erinnerung der Gefährten natürlich. Da er in seiner Rolle als Obermacker ja bekanntlich schon seit der letzten Geschichte "Gipfel der Welt" das zeitliche gesegnet hat.

mfg holy
 
LPunderground schrieb:
Da stellt sich nurnoch die Frage ob das einer der bösen schwarzen Dämonen sein soll, und fals ja wieso du den hier noch nicht gepostet hast:no:

Willkommen in der Gemeinde der Süchtigen :D .

Der nette Kerl auf dem Bild soll der Dicke himself, seine Majestät Diablo sein und Reeba hat ihn hier gepostet.

Guggst Du hier.

Und hier sind neue Bilder:

Liska
 
@LPunderground: Willkommen an Bord und danke für das reichliche Lob. Wen das Bild oben zeigt, haben dir Liska und holyman ja schon verraten.
@ihr anderen: Ebenfalls vielen Dank. Ich bin tatsächlich rot geworden.

Es geht weiter:
********





LVII. Die rauchende Stadt




Weit unten im Süden des Kontinents warteten die Menschen.
Vor Wochen bereits hatten Abbèsh, die große Siedlung am Südrand der Wüste, und die Küstenstädte Dâurdh und Yadd durch Karawanen und vereinzelte Flüchtlinge vom Krieg in der Marsch erfahren. Bedauerlich wie Kämpfe und Unruhen auch waren, sie betrafen nicht alle Handelsrouten, vornehmlich jene nicht, die in der Wüste selbst, in Sadr Hammath oder Lut Gholein, endeten. So waren denn viele der Züge aus hochbeladenen Kamelen weiterhin nordwärts aufgebrochen, unbeirrt daherschwankend wie seit Jahrhunderten.
Die Städte, aus denen sie fortzogen, wunderten sich andererseits, wie wenig Karawanen zu ihnen kamen. Doch erst, als einige der Händler mit Packtieren und unangetasteten Warenballen dorthin zurückkehrten, wo man erst in vielen Wochen wieder mit ihnen rechnete, ergriff den Süden große Besorgnis.
Was ging in der Wüste vor sich?
Niemand wagte es, Vermutungen auszusprechen. Die letzten Stammesfehden lagen lang zurück, und den Nomaden vertraute man hier kaum. Doch auch die Versuchung, diesen wilden Gesellen näher zu treten, war den südlichen Städten plötzlich genommen, denn sie blieben ebenfalls für Wochen aus, um dann eines Morgens vor den Toren von Abbèsh zu rasten, aber unnahbarer und verschwiegener als je zuvor.
Die Männer der gestrandeten Karawanen hatten nicht viel zu tun. Sie saßen umher und lauschten den Klängen der Saiteninstrumente, während die verderblichen Waren, die sich zu Seiten der aneinandergebundenen Kamele stapelten, langsam verrotteten. Die Nächte dehnten sich endlos aus. Es gab viel Raum für Gerüchte, und die Alten fanden mit einem Mal, dass ihr Wissen über die Legenden der Wüste sehr gefragt war.
Indes waren die Karawanenleute nicht die Einzigen, die sich in Abbèsh sammelten.
Es befanden sich Andere unter dem fremden Volk in der Stadt, die weder hierher noch an sonst einen Ort in der Wüste wirklich gehörten. Eine Handvoll Magiekundiger war da, Stäbe an den bodenlangen Gewändern. Vom Hafen kamen Menschen des Ostens in die sonnendurchglühten Straßen, schwer bewaffnet, schwarzbärtig und in Rot und Kupfer gekleidet. Es hieß, sie seien Abgesandte und Soldaten eines alten Reiches jenseits der See, das nach Jahrzehnte währendem Schlaf wiederauferstanden war, und es hieß auch, drüben im Osten habe sich Vieles geändert.
Weiterhin sah das Volk von Abbèsh zwei- oder dreimal Krieger in den blassen Farben der Marsch. Man wunderte sich, wie sie hierher geraten sein mochten, doch dann erinnerte sich die Bevölkerung daran, dass die Westmarsch Missionen im Osten unterhielt. Nun trieben Versprengte dieser Missionen offenbar auf den Schiffen des anderen Kontinents heran, was bei Licht besehen noch beunruhigender war als die Gruppen von Nomaden, die das Gebiet der Stadt entgegen ihrer Gewohnheiten seit Wochen nicht mehr verließen.
Als schließlich doch wieder eine Karawane Richtung Wüste aufbrach, schüttelten die Leute die Köpfe.
Es war keine große Karawane – dreißig Kamele, ein Dutzend Berdjallas, vier oder fünf Bewaffnete. Kaum jemand in Abbèsh rechnete damit, dass der Lastenzug weit kam, bevor er umkehren musste oder verloren ging wie schon so viele vor ihm.
Doch der Kaufmann, dem die Karawane gehörte, ließ sich nicht abbringen von seinem Entschluss, den Weg nach Lut Gholein zu versuchen.
Er war es leid, hier auszuharren. Nicht einmal verlässliche Nachrichten erreichten den Süden mehr, und als ein Mann, der das Fürstenhaus Lut Gholeins gut kannte, sorgte er sich um die ferne, schöne Stadt. So, nach eingehenden Beratungen mit seinen altgedienten Kameltreibern, gab er an einem bleichen Morgen Befehl, aufzubrechen.
Er würde das Leben seiner Männer nicht willentlich in Gefahr bringen. Doch irgendwann musste es einer Gruppe aus dem Süden gelingen, das ungute Schweigen der Sandmeere zu durchbrechen – herauszufinden, welches Schicksal die Landesmitte seit Tagen und Tagen zu einem verbotenen Gebiet machte. Er hatte sich gut umgehört in den Schenken und Höfen. Vieles sprach für eine ähnlich schicksalhafte Wendung der Dinge, wie die Welt sie vor einem Jahr hatte erfahren müssen.
Badr und Junah gaben keine Antwort, in einer Zeit wie dieser. Nein, man musste selbst hinausziehen und einen Blick in die alte Heimat wagen.
So wand sich die Reihe seiner Kamele still in die Graudämmerung eines neuen Morgens, hoch beladen. Die Männer hockten reglos auf den Tieren, eng in ihre Burnusse gewickelt. Nur eines der Kamele lief neben der Perlenschnur der anderen her, durch ein Seil an das Nachbartier gebunden.
Dies war an diesem Aufbruch, so dachte der Kaufmann insgeheim, die zwei Tiere und ihre Reiter hin und wieder beobachtend, vielleicht das Seltsamste.
Er führte diesmal nicht nur Waren nach Lut Gholein.
Da war vor drei Tagen, an einem lauten, stickigen Mittag in einem Karawansereihof, ein Mann zu ihm gekommen, ein Paladin des Westens. Der Kaufmann erinnerte sich an sein Erstaunen und auch daran, dass er mit jedem Wort neugieriger nach der Begleitung dieses abgerissen und weitgereist aussehenden Lichtkriegers gespäht hatte.
Nehmt sie mit, hatte der Paladin gesagt. Ich zahle Euch, was Ihr verlangt. Ich wage es selbst nicht, sie bei mir zu behalten, denn ich will schnellstmöglich nach Norden, auf Wegen, die ich allein beschreiten muss. Gebt gut auf sie Acht. Ihre Mutter wartet in Lut Gholein. Findet Ihr diese dort aber nicht vor, so lasst das Mädchen zu den Magiekundigen in Sadr Hammath bringen.
Und ein Mädchen war es, acht, neun Jahre alt vielleicht, eine ernste, aufrechte kleine Person, und der Kaufmann hatte – aller Unrast der Zeiten und aller Bedenken zum Trotz – akzeptiert.
Er war kein Narr. Er bereiste den Süden des Kontinents seit drei Jahrzehnten, und dass eine Karawane kein Ort für ein Kind war, brauchte ihm niemand zu sagen.
Doch er hatte angenommen, und nun führte sein Lastenzug mit sich, was nicht unter stinkende Tiere und derbe Männer, sondern in ein weiches Bett oder einen schattigen Schulhof gehörte.
Als am fünften Morgen ihrer Reise Lut Gholein nur noch eine Wegstunde entfernt lag, ahnte der Kaufmann allerdings, dass all diese Dinge – das lange Schweigen der Wüste, die Unruhe seiner Leute, die unerfreulichen Träume der Nachtstunden und auch diese sonderliche kleine Erweiterung seiner Fracht – auf unvorhergesehene Weise zusammengehörten.
Die Kameltreiber hatten seit Tagesanbruch Last mit den Tieren gehabt. Anders als sonst, wenn sie die Nähe einer Siedlung witterten, strebten die Kamele nicht voran, sondern gebärdeten sich störrisch und wild, als röchen sie ein Unheil.
Nur wenige Dünen lagen noch vor der Karawane. Die Ebene vor Lut Gholein musste bald in Sicht kommen.
Doch die Sonne war kaum über den Rand des östlichen Horizonts hinaufgeklettert, als der Zug ins Stocken geriet. Der Kaufmann, zwischen Ärger und einer Wachsamkeit, die er sich nicht erklären konnte, hin- und hergerissen, ritt nach vorn, erbost auf sein Reittier einpeitschend. Die Karawane lag wie ein schlaffes Band halb in einem Tal, halb auf einem Hang zum nächsten Dünenkamm. Er rief nach seinem ersten Berdjalla, aber der Mann zeigte sich nur hilflos und kämpfte mit seinem eigenen, widerborstigen Tier.
Mit einem Mal gewarnt, ließ der Kaufmann die Kameltreiber absteigen. Während sie die Tiere zu einer Herde zusammentrieben, eilte er mit einem Bewaffneten die nahen Dünen hinauf. „Herr“, keuchte der Mann an seiner Seite. „Herr, wir sollten umkehren!“
Er gab keine Antwort. Nicht, bis er den Kamm der schön geformten Düne erreichte, den Säbel in der Faust.
Oben aber erwartete sie kein Feind, kein räuberischer Nomadenstamm, kein Haufen der Sandläufer, wie man hier die raubtierartigen Nachbarn der Menschen nannte, und auch kein warnendes Anzeichen niedergemachter Reiter oder Soldaten.
Der Himmel war es. Verdunkelt, satt vor Rauch.
Lut Gholein brannte.
Umkehrend, die Männer mit Befehlen überhäufend, fühlte der Kaufmann, dass die schwache Ahnung, die er vom Zustand der Stadt erhalten hatte, kaum beschrieb, was hier vor sich ging. Und er war eben erst zurück in der Sohle des Dünentals, als die Männer zu schreien begannen.
Der Kaufmann sollte sich später fragen, wie es ihm gelungen war, eine Flucht zu verhindern, abzuwenden, dass sich Tiere und Reiter blindlings in die trügerische Leere der Wüste stürzten. Er fand nie heraus, welche Stärke ihm in dieser Stunde gebot. Es mochte die verzweifelte Nähe der Stadt sein.
Als schließlich die Erscheinung auftauchte, bekam er es wahrhaft mit der Angst zu tun. Das Umherrennen und Gebrüll brach ab, so plötzlich, dass neue Laute gut zu hören waren, besser, als man es sich wünschen konnte. Die riesenhafte Kreatur, die sich zum Entsetzen aller Anwesenden auf Lut Gholein zu bewegte, füllte die Wüste mit nie vernommenem Gebrüll.
Dem Gebrüll eines Gottes.
Der Kaufmann wusste, was er sah.
Doch obwohl ihn seine Männer anflehten, er möge die Flucht befehlen, blieb er stehen.
„Wartet!“, rief er ihnen heiser zu, halb erstickt vom Rauch, der über die Dünen herankroch. „Wartet!“ Sie gehorchten.
Es ging vorbei. Jenseits der Dünen, unsichtbar, vollzog sich ein ungeheuerliches Geschick, und dann, nach einer Weile, verschwand die Erscheinung. Der Rauch aber blieb.
Ein nur noch mühsam zusammengehaltener Zug jetzt, wand sich die Karawane über den Kamm, hinunter in eine zum Schlachtfeld verwandelte Ebene voller Chaos und Tod.





Mit einem Huschen hatten sie sich dem Platz zwischen den Felsen genähert, vorsichtiger noch als gewöhnlich. Dieser Ort war verflucht, verdorben wie viele ihrer schattigen Heimstätten.
Der braune Dunst hing noch überall. Gestank hing noch überall. Das Fell sträubte sich ihnen, und sie weigerten sich lange, weiterzuschleichen, die Nasen witternd gebläht, dann wieder verschlossen vor dem faulen Atem einer bösen Anwesenheit, von der der Sand ihnen klagend berichtete.
Neugier war es, die sie trotzdem an diesem Ort hielt, dieselbe Neugier wie vor dem Tor unweit ihrer Zuflucht. Das ist schlecht, zischten Viele. Wir gehen fehl. Wir dürfen hier nicht sein.
Doch auch sie blieben an der Seite ihrer Schwestern und Brüder, über und über bedeckt mit klebriger Asche, blutig an Hinterläufen und an den Rissen in ihren bronzenen Schulterpanzern.
Lautlos zog sich ihr Ring um den Fleck zusammen, der sie anlockte. Ach, und wie der Sand sie beschwor, umzukehren. So viele von ihnen waren dem wandelnden Koloss zum Opfer gefallen.
Sie streckten die Köpfe über den Rand der Felsen.
Sie konnten töten, was sie fanden. Es war vielleicht weise. Dank einer uralten Verbundenheit spürte Jede aus ihren Reihen, was in den Köpfen der Anderen vorging, und weitab menschlicher Ohren, kurz nach dem Toben und Zittern des Kampfes, brachen sie in hastiges, dringliches Grollen und Zischen aus.
Es geschieht rasch, meinten Einige. Wir scharren die Quelle zu, aus der das Wesen, das die Schwarzen vernichtet, entspringt.
Andere verneinten, fest der Ansicht, ein Tod werde den Wandel der Welt nicht aufhalten und nicht rückgängig machen, und sie führten an, ihr Oberster, Harebnash, werde sie für solch eine Tat gewiss bestrafen. Er war Freund dieser Menschen.
Gelbe Augen funkelten, ascheumrandet.
Sie waren nicht oft uneins. Es war ihnen neu und unangenehm. Schließlich versickerte der Wille, der sie zum Streiten peitschte, und sie starrten wieder.
Dann, die Speere vorgestreckt, flossen sie auf den Platz zwischen den Steinen hinunter und machten nicht das leiseste Geräusch dabei.
Der weiße Leib im Sand befremdete und schockierte sie, nackt, haarlos, so überaus abstoßend in ihren Augen. Er regte sich nicht. Nach einer Weile, bereit, sofort zurückzuspringen, berührte ihn eine der Katzen mit der Spitze ihres Speers. Als der Mann still und bewegungslos liegen blieb, kamen sie um ihn zusammen, ratlose Blicke tauschend.
Gemeinsam, wie sie alles taten, fällten sie ihre Entscheidung. Sie überwanden sich und tasteten mit den Pfoten widerstrebend nach dem weißen Fleisch. Da war ein Herzschlag, schwach, aber regelmäßig.
Seine Kleidung fanden sie nicht, nur Fetzen. Irgendwo unter einem Felsen entdeckten sie Rüstungsteile, halb zugeweht vom Sand, und einen schwarzen Mantel. Dort hinein wickelten sie den Körper und mühten sich, ihn nicht öfter zu berühren, als unbedingt notwendig war.
Zur Stadt. Es war mittlerweile ein Entschluss, zu dem die Meisten nickten, auch wenn sie sich unruhig über die Lefzen leckten bei der Vorstellung, die grausige Ebene noch einmal überschreiten zu müssen. Wir bringen ihn zurück. Denn immerhin, so tief ihnen der Schreck auch in den Gliedern saß, seltsam eins geworden mit den Prophezeiungen ihrer Anführer, hatte dieser Leib oder was noch in ihm wohnte, die schwarzen Schatten mit furchtbarer Wucht bekämpft.
So hoben sie ihn am Ende auf, unter Schwierigkeiten, denn der Mensch war schwer und ihre Läufe und Klauen nicht zum Tragen von Lasten gemacht. Langsam, von ihren Spähern umrundet, die unablässig nach Anzeichen verbliebener Gegner und anderer Dinge Ausschau hielten, setzten sie sich in Bewegung.





Das Haupttor von Lut Gholein ähnelte einer großen, geschwärzten Wunde.
Alles, dachte Menrad, als er zwischen Ifrah und Eya auf die Stadtmauer zuging, ähnelte einer Wunde – die schlackeverkrustete Ebene, die Züge hinkender Überlebender, die Dächer, die über den Wall hervorspitzten, kläglich wie verängstigte Kinder. Woher er und seine beiden Begleiterinnen die Kraft für ihre Schritte nahmen, war seinem verwirrten Inneren ein Rätsel.
Eben waren sie noch gerannt, kopflos, ohne sich darum zu kümmern, ob sie Waffen oder Ausrüstung unterwegs verloren, Punkte in schreienden Strömen entseelter Leidensgenossen, im Rücken den brüllenden Wahnsinn der Ebene, die unter ihren Stiefeln geschwankt hatte, heimgesucht von –
Heimgesucht von einem Gott.
Erschöpfung und Terror waren zuweilen gnädige Gefährten. Ungefragt deckten sie zu, was ein menschlicher Verstand nicht fassen konnte. Oft zollte man ihnen erst lange hinterher Respekt, gerettet vor einem endgültigen Fall ins Nichtmehrwissen und Nichtmehrsein.
Aber der Paladin bezweifelte nicht, dass die Stunde des Erwachens nahte. Er las es an den Bewegungen seiner Gedanken ab, ganz gleich, wie oft er die Worte herbetete, die ihm über die letzte halbe Stunde geholfen hatten.
Zurück zur Stadt. Erst zurück, dann alles Weitere.
Oh, es gab viel Weiteres.
Menrad rieb sich zum ungezählten Mal Asche und Schweiß aus den Augen. Die eisenverstärkten Handschuhe hatten seine Lider aufgescheuert, oder vielleicht war es Blut aus einer Kopfwunde, das sie befleckte. Er blinzelte nach links.
Neben Ifrahs blassem Profil schleppten sich Männer voran. Sie zogen ihre Waffen nach, Schwerter, Äxte. Paladine, Barbaren, einander helfend, Krieger tragend, die sich nicht mehr rührten.
Paladine. Nicht alle von Adrian Evrens Schar waren gefallen. Doch Menrad fand sich außerstande, zu ihnen hinüberzugehen, sich zu erkundigen, ob sie bereits gezählt hatten, wer noch am Leben war von den ehemals Dreihundert. Er wagte es nicht, ihnen in den Weg zu treten, diesen ausgebrannten Gespenstern in ihren zerstörten Rüstungen, aus Angst, Fragen zu hören, die sich nicht beantworten ließen.
Alles – Verlust, nachzitternde Kampfeswut, zaghaftes Begreifen des vorläufigen Endes der großen Schlacht – war mit der Erscheinung des Gottes behängt.
Himmel, was werden wir tun? Wie sollen wir weiterleben?
Er hörte sich selbst vor dem hallenden Schweigen der Ebene atmen, ein, aus, blechern, obwohl er keinen Helm trug. Um nicht aufzuschreien, heftete er die Augen auf die nahende Mauer.
Sie war halb eingerissen. Zu Seiten des Tors standen noch große Teile mit tiefen Spalten darin, aber an drei Stellen war die alte Anlage so tief eingebrochen, dass ein Mann ohne Mühe über die verbliebenen Reste hinwegsteigen konnte. Die dahinter sichtbaren Häuser standen eigentümlich schräg, zeigten entblößte Dachsparren und klaffende Löcher, und alles rauchte. Schwarzer Qualm verzerrte den Palast zu einem grauen Quader, einem Bildnis vergangener Macht.
Unwillkürlich warf Menrad einen Blick auf Ifrahs Gesicht. Sie schritt mit der Entschlossenheit derer aus, die sich ganz und gar auf das Erreichen eines einzelnen Punktes versteifen, um nicht zusammenzubrechen, und ihre Augen rückten nicht von der rauchenden Stadt ab.
Es war Ifrahs störrisches, bernsteinfarbenes Starren, das Menrads Herzenslähmung vertrieb – zumindest so weit, dass er seinen eigenen Puls wieder fühlte. Lut Gholein steht.
Hatten sie nicht geschworen, dafür ihr Leben hinzugeben, wenn es Not tat? Und da war die Wüstenstadt, und sie lebten immer noch. Sie drei.
Die Regung in seiner müden Brust überraschte Menrad. Er zuckte, dicht davor, die beiden Frauen, die ältere, dunkelhäutige, und die junge, blasse, anzuhalten und in eine Umarmung zu zwingen, wie Schwestern, mit deren Überleben man nicht gerechnet hat. Eine Mittagsstunde an einem östlichen Strom trieb durch sein Bewusstsein. Die Hitze, die Verzweiflung, die Nachwirkungen der schlimmen Gefangenschaft in einem Kuraster Gefängnis, das Gefühl der Verachtung für diese Bande von Streunern, von wurzellosen Abenteurern, die die Unverfrorenheit besessen hatten, ihn in ihre sonderbaren Geschicke hineinzuziehen.
Da gingen sie neben ihm her, und alles, was er fühlte, war unverkleidete Zuneigung.
Mit freierem Kopf nahm der Paladin die Rückkehr um sich herum auf.
Eine elende Rückkehr. Sie hatten viel verloren – er selbst, was ihm vielleicht noch bewusster werden würde, fand er je wieder einen Moment der Ruhe, einen Gutteil seines Glaubens. Genaugenommen hatte es nicht erst hier begonnen. Die schreckliche Ungewissheit in seinem Inneren und unter dem Himmel würde er nie wieder vergessen.
Sie alle zahlten einen hohen Preis für den Eintritt in das neue Zeitalter.
Was würden kommende Generationen zahlen, vorausgesetzt, es war ihnen vergönnt, das Zwielicht dieser veränderten Welt zu erblicken?
Eine Welt ohne feste Grenzen, ohne Mächte, die über uns wachen. Schon einmal hatte er es gedacht – wir sind allein.
Auch Lut Gholein und jede andere Stadt in Sanktuario war auf sich gestellt. Die Menschheit entbehrte Mächtige, die sie einen und notfalls gegen einen Gegner ins Feld schicken konnten.
Und die Gruppe, in der er selbst nun für eine Weile gelebt hatte, war ein Spiegel der Zeit, belastet durch unterschiedliche Erfahrungen und Vorstellungen.
Aber er war es leid, sich über solche Dinge den Kopf zu zerbrechen. Vielleicht hatten die Weisen Sanktuarios dies stets im Sinn, wenn sie zu den alltäglichen Sorgen der Menschen nachsichtig lächelten.
Durch das Haupttor Lut Gholeins strömten die Überlebenden ins Mauerinnere. In Wahrheit gab es nichts Geordnetes und Schweigendes an diesem Bild. Die Wüste blökte ihren Schmerz heraus – zahllose Tote und Verwundete, ein Hafen voller aufgescheuchter Flüchtlinge, ein Labyrinth halb zerstörter Gassen, in denen immer noch Brände die Luft verpesteten.
Der Ort der Heimkehr.
Erst als sie das Tor erreichten, gewahrte der Paladin die Hast in den Bewegungen ringsum. Er erschrak tief. Über seine betäubten Betrachtungen hatte er fast vergessen, was hinter ihnen lag.
„Rasch“, sagte Ifrah rau. „Sie wollen das Tor schließen.“
Warum? Willenlos ließ sich Menrad in die Öffnung hineinlenken, eingeklemmt in plötzlicher Dichte anderer Körper, keuchend, schwitzend, blutend, grausam entstellt von dämonischem Feuer. Warum? Wir können die Türen offen lassen. Es bedeutet nichts mehr.
„Nein“, fuhr neben ihm jemand auf, schrill beinahe. „Lass mich, Ifrah.“
Eya. Als sei er aus einem unguten Wachtraum hochgerüttelt, fasste Menrad die Szene vor sich ins Auge.
Was noch laufen konnte, drängte ins Stadtinnere, verzweifelt bestrebt, die Ebene hinter sich zu lassen. Überall lehnten und standen Krieger, Barbaren, zwischen ihnen Herlac, der mit fester Stimme Befehle rief, Soldaten der Wache, Paladine, hellere Gestalten im Braun und Rot und Kupfer der Menge.
Ein Mensch aber wollte nicht in die Stadt. Die Assassine lehnte an ihrer älteren Gefährtin, so offenkundig zerrissen zwischen Widerstand und Erschöpfung, dass Menrad ihren Anblick als überaus schmerzlich empfand. Sie als Einzige hatte einen Grund, sich gegen Entsetzen und Gefahr noch einmal in die Ebene hinauszuwagen, und sie zitterte, den kleinen Kopf starr erhoben, das Haar ölig glatt von Schweiß und Blut.
Ifrah schien um Worte verlegen. Stumm rang sie mit ihrer Gefährten.
Es war grausam mit anzusehen. Einen sauren Geschmack im Mund, trat Menrad dazwischen.
„Seid nicht töricht“, hörte er sich in Eyas ausdrucksloses Antlitz sagen. „Ihr bringt Euch nur in Gefahr.“
„Das ist mir gleich“, gab die junge Frau leise zurück.
„Eya“, beharrte die Magierin, die stellvertretend für ihre Freundin den Tränen nahe war, „geh nicht. Lass uns... lass uns ein paar Stunden warten. Sehen wir dann immer noch nichts vom Feind, können wir hinaus, um...“ Sie brach ab.
Um was zu tun? Es hing als unausgesprochene Frage zwischen ihnen, als Sammlung aller zerrütteten Hoffnungen.
Menrad erwartete, Eya werde ihnen Beiden bittere Vorwürfe machen, sich loszureißen versuchen, Klagen anstimmen.
Aber nichts davon geschah. Die Assassine schüttelte sich nur kurz, die Augen unverändert leer und geweitet.
Wenn sie doch wenigstens weinen wollte. Wenn all diese Menschen ringsum doch endlich losschreien, zürnen, zusammenbrechen wollten.
Doch als der Paladin den mit Verwundeten vollgestopften Gassen den ersten wirklichen Blick widmete, fand er, dass er sehr wohl einen Zusammenbruch sah. Nur ging er unendlich langsam vor sich.
Es war den Soldaten der Stadt und namentlich den verbliebenen Befehlshabern hoch anzurechnen, dass sie sich der Lage annahmen, kaum dass sich das Tor geschlossen hatte. Männer teilten die wunden Haufen in drei Gruppen ein: Schwerverletzte, mäßig Verletzte, Arbeitsfähige.
Die Verwundeten bettete man mitten auf den Gassen, längs der Häuser, zur Ruhe, in Ermangelung besserer Möglichkeiten. Frauen, sofern sie nicht auf Knien lagen und in ihrem Kummer unerreichbar waren, gingen umher und verteilten Wasser, Brot, Verbandszeug, das sich noch finden ließ. Die Wachen bestiegen mit müden Schritten neue Posten auf dem Wall.
Die Barbaren erwiesen sich erneut als mit übermenschlicher Standfestigkeit gesegnet. Sie trugen und wuchteten, was man ihnen zeigte: Körper, Bottiche, Holzplanken zur Abstützung von Häusern und Mauern. Doch die Hünen, die sonst bei jeglicher Arbeit gern lautstarke Reden und Scherze im Munde führten, waren jetzt stumm und verbissen am Werk, Schatten ihrer Selbst.
Das Licht wurde schwächer. Unbemerkt hatte sich ein rauchiger Abend genähert.
Fackeln, beleuchtete Gesichter. Herlac, der kurz bei ihnen stehen blieb und ein paar matte Worte mit ihnen wechselte. Paladine, die hohl klingende Bemerkungen zum Zustand der Wehranlagen machten.
Die Gefährten standen beisammen und ließen alles mit sich geschehen.
Mit einem Rest Schuldbewusstsein gewahrte Menrad, dass er froh war, in dieser bitteren Stunde kein Anführer zu sein. In Shanghar waren ihm die immer wieder erwarteten Worte der Ordnung, der Ermutigung, leicht von den Lippen gekommen. Hier aber hätte er keine gewusst.
Er verfolgte die Umhergehenden mit Augen, die selten blinzelten, den Kampfhammer immer noch lose in der Faust. Über der Stadt hing trotz allem ein sonderliches, unzerstörbares Schweigen.
Ich weiß, dachte er vage. Es ist wegen Pakhra.
Sogar er bedachte das erschienene Ding mit einem Namen und kannte ihn. Von jetzt an für immer. Es war erheiternd, dass sich der Boden unter seinen Füßen noch nicht geöffnet hatte. Jeden dritten, vierten Augenblick zitterte das Gesehene aus der Verstandesstille herauf.
Schließlich ereignete sich etwas, das ihn und die Gefährten ein Stück weit zu sich brachte.
Die Flüchtlingsschiffe kehrten sämtlich in den Hafen zurück, und mit ihnen Marej.
Übergangslos, so kam es Menrad vor, stand die Druidin, die Gefährtin des gefallenen Urel, an Herlacs Seite, der mit einem wuchtigen Arm auf ihre Dreiergruppe wies. Da war sie, ein offenes Gesicht voller Fragen, ein rasches Hinzutreten. Menrad hörte zu, wie Ifrah sie über das Vorgefallene aufklärte. Einiges aber hatte Marej sich selbst zusammenreimen können.
„Ja“, sagte sie einfach, „wir sahen den Gott des Ostens, von den Booten aus.“ Sie sagte nicht Hadans Gott, und sie verlor auch kein Wort über das Entsetzen unter den Flüchtlingen zur Stunde der furchtbaren Erscheinung. Es war nicht notwendig.
Ihre eigene Trauer, bemerkte Menrad mit einem Anflug ernsten Respekts, hinderte sie nicht daran, den aus der Schlacht Zurückgekehrten beizustehen. Er selbst empfing einen Becher Wasser aus ihren Händen, den sie von irgendwo herholte, und verfolgte dann, dass sie nach ein paar geflüsterten Worten mit Ifrah zu Eya ging.
Die Assassine hatte sich niedergesetzt, mitten auf die Straße, ihnen zu Füßen. Ihre Arme waren um die angezogenen Knie geschlungen, ihr Kopf hing steif auf halber Höhe. Marej ließ sich neben ihr nieder.
Beide Frauen hatten ihren Gemahl verloren. Dass die Eine in Kriegsausrüstung und die Andere zum Abseitsstehen verbannt war, zählte ebenso wenig wie ihre unterschiedliche Herkunft.
Erst die abwesende Betrachtung dieser beiden Frauengestalten mitten im Chaos der verwundeten Stadt schob Menrad den einen Namen zu, den sein Inneres seit Stunden beharrlich gemieden hatte.
Frevler. Verfluchter Bastard.
Der Welt eine Wesenheit wie diese in der Ebene zuzumuten, sie aus der Vernichtung zu reißen und dabei gleichzeitig alles Alte zu vernichten... Dass du es gewagt hast! Und ich weiß nicht, ob ich bedauern soll, dich nicht erschlagen zu haben, als ich die Gelegenheit dazu hatte, oder ob ich dankbar dafür sein muss, es nicht getan zu haben.

Ihm ging auf, dass er sich wünschte, Hadan wäre noch bei ihnen.
Er hatte ihn nicht sonderlich geschätzt, nicht einmal nach Beilegung ihrer anfänglichen, gefährlichen Zwistigkeiten – zumindest nicht wie einen Freund geschätzt. Vielleicht aber auf andere Weise.
Wir waren wie zwei Seiten. Dunkelheit und Licht. Jetzt, da ich nicht mehr behaupten kann, noch für das Licht zu stehen, jetzt, da es weder Dunkelheit noch Licht mehr gibt, kommt es mir so vor, als hätten wir einander in vielen Dingen sehr wohl verstanden.
Menrads Blick richtete sich auf die Assassine, die ihn daran gehindert hatte, sein Ordensgewand wegzuwerfen, vor vielen Tagen, in der Westmarsch.
Er empfand Mitleid und Trauer, nach Monaten unfreiwillig geteilter Pfade. So war es, so einfach und so endgültig.





Noch bevor die Nacht sich anschickte, den unheilvollen Tag zu verdunkeln, gelang es ihr, aus der Stadt zu kommen.
Sei es, weil auch Andere – vereinzelte Barbaren und Soldaten, die Mutigsten, die sich ein Bild von der Lage Lut Gholeins verschaffen wollten – die trügerische Sicherheit des Mauerinneren zu Streifzügen verließen, sei es, weil ihnen keine Worte mehr eingefallen waren: Ifrah, Menrad und Marej hatten sie gehen lassen.
Allein. Darauf hatte sie bestanden.
Um Himmels Willen, Eya, sei vorsichtig. Nicken. Soll ich dich nicht doch begleiten? Lass mich nur noch einen Schluck Wasser trinken, dann komme ich mit. Kopfschütteln.
Nach ein Dutzend Mal wiederholten Versprechen, sofort umzukehren, sobald sie etwas Bedrohliches wahrnahm oder meinte, Hilfe zu brauchen, war sie schließlich fortgegangen, auf tauben Beinen, mit tauben Sinnen, nur ein großes Brennen und Schweigen in der Brust.
Lut Gholein kauerte im Wundfieber. Niemand von den Menschen in den Gassen oder unter den Soldaten auf den Mauern kümmerten die Gestalten Derer, die es unter ihnen nicht mehr aushielten.
Der sterbende Tag stank nach Asche und verbranntem Gestein.
Und so düster es in Eya war, so düster empfing sie die Ebene. Der Atem des Feuers hatte die Toten, ihre Züge, ihre Menschlichkeit, verdorren lassen, so dass nicht einmal die Geier viel fanden, und das war das einzig Gelinderte eines kaum erträglichen Anblicks.
Die junge Frau wusste der Welt nichts mehr entgegenzusetzen.
Die Stadt hinter sich wie eine letzte lebendige Hand, die sich noch eine Weile nach ihr ausstreckte und dann wartend sank, tappte sie über den Schrecken der vergangenen Tage, zu Stein geworden, unbegreiflich verewigt.
In der Gemeinschaft des assassinischen Ordens sprachen die Meisterinnen ohne große Betroffenheit von der Nähe des Wahnsinns zu Rausch und völliger Aufgabe in eine Tat. Doch erst hier, an diesem Punkt ihres Lebens, begriff Eya, dass jene Frauen in ihrer kühlen, grausamen Stellung abseits der anderen Menschen leicht reden hatten.
Harrogath fiel ihr ein. Ein Abend in Vorahnung von Schnee, ein Krug Wein, Urel, der ihr geraten hatte, sie solle sich entscheiden zwischen der Einsamkeit der Kriegerin und dem Dasein einer Liebenden. Ohne klare Worte hatte er ihr zugeredet. Urel. Kurz darauf, und die Erinnerung ließ sie taumeln, war Hadan zu ihr getreten, ein Fremder noch damals und dennoch gegenwärtig in jedem ihrer scheuen Herzschläge.
Dazu war sie also noch in der Lage. Zu Erinnerung. Sonst gab es nichts mehr, nicht einmal das befreite Wüten der Trauer. Alles in ihr wandte sich verzweifelt davon weg.
Eine Bewegung auf dem Schlachtfeld zog ihre Aufmerksamkeit an.
Sie war nicht der einzige Mensch hier draußen.
In verziehendem Rauch seltsam unfeste Gestalten teilten ihre Einsamkeit. Eine davon, nur fünfzig oder weniger Schritte entfernt, erschien ihr vertraut.
Die brennenden Augen auf den kräftigen Umrissen, stieg Eya über geborstene Steine und flache Hügel aus zäher Asche.
Herlac. Der Anführer der Barbaren war gleich ihr in die Ebene hinausgegangen.
Über ein Schwert gebeugt, stocherte der Hüne in der gemarterten Erde, angestrengt, als grabe er nach etwas.
Er richtete sich auf, als sie näher kam, und erwartete sie. Seine groben, Ehrfurcht gebietenden Züge entspannten sich, aber in all ihrem eigenen Elend sah Eya doch, dass die Schlacht ihre Spuren darauf hinterlassen hatte. Urplötzlich zum Kriegsherrn der Nordländer aufgerückt, wirkte der Mann gealtert. Gealtert wie jeder von uns.
„Assassine“, grüßte er sie, die Hände auf den Knauf seines Schwerts gestützt. Überkreuz in einem Rückenhalfter trug er noch zwei Äxte – Ausrüstung eines vorsichtigen Barbaren.
Eya wollte seinen Gruß erwidern, doch da erkannte sie, was Herlac tat.
Er stand auf den Überresten eines Dämons. Das untere Viertel seiner Waffe stak dort, wo der gegnerische Leib zu Lebzeiten in Hals und Schultern übergegangen sein musste.
„Was tust du da?“ Mit neugeborenem Grauen starrte Eya auf den schwarzen Klotz zu Füßen des Nordländers – kein Fels, wie zuerst gedacht, sondern Schädel einer Kreatur aus jener Welt, die sich in Sanktuarios Nachbarschaft begeben hatte. Die Hörner waren abgebrochen, doch noch erkennbar. Augenhöhlen klafften schwarz in einem schwarzen Haupt, das die Zahnreihen bleckte – eine Drohung über den Tod hinaus.
Herlac blickte auf den Dämonenschädel hinunter. „Das“, er ruckte an seiner Waffe, „werde ich mitnehmen.“
„Mitnehmen?“, fragte Eya zitternd.
Vielleicht malte sich etwas von ihrem Unverständnis auf ihren Zügen, denn Herlac hielt erneut inne. „Als Trophäe“, knurrte er dumpf. Seine gutmütigen, braunen Augen funkelten grimmig. Dann wurden sie plötzlich matt. „Oben im Norden, den wiederzusehen ich sehr hoffe, warten meine Leute auf eine Erklärung. Seit Monaten warten sie schon darauf. Sehen sie dies, werden sie unseren Berichten vielleicht eher Glauben schenken.“
Gewiss, das leuchtete ein. Eya nickte.
Immer noch bebend, ohne die widerwärtige Wärme der Wüstendämmerung zu fühlen, löste sie den Blick mit Überwindung von dem Dämonenleichnam und schaute an Herlac vorbei in die Ebene.
Die Sonne stand zwischen tiefhängenden, dünnen Wolkenstreifen, klar umrissen wie seit Tagen nicht mehr und gleichzeitig sonderbar fern. Abendlicht senkte sich über das Land, nicht leicht und selbstverständlich nach Art dieser Gegend, sondern so, als müssten seine Farben die Glocke verschleierter Luft über dem Wüstental Zoll für Zoll kämpfend durchbrechen.
„Und du?“ holte die Stimme des Barbaren Eya aus dem schrecklichen Schweigen, das erneut nach ihr fasste. „Was hat dich hierher geführt? Solltest du nicht in der Obhut deiner Gefährten sein?“
Eya begegnete seinen Augen.
Sie sah, dass er trotz seiner Fragen verstand.
„So ist das.“ Herlac senkte leicht den Kopf, musterte sie aber weiterhin, und der Ausdruck auf seinem breiten Gesicht hatte nun etwas sehr Bekümmertes. Sie wünschte, er möge sie nicht mit diesem schmerzhaften Mitleid anblicken, und vor allem nicht weitersprechen. Aber er tat es, durch und durch Barbar. „Du willst ihn suchen.“
Sie flüsterte eine Zustimmung.
„Er hat Großes vollbracht“, sagte Herlac. „Doch es mag wohl sein“, er zögerte kurz, „dass er wie andere Männer über den Rand unserer Welt gestürzt ist.“ Mit unnachgiebiger Freundlichkeit schaute er auf sie hinunter. „Meine Krieger sichern, sofern sie es vermögen, den Bereich, den die Blicke von hier aus noch durchstreifen. Was aber jenseits liegt, scheinen nicht einmal die Menschen der Wüste zu wissen. Du solltest nicht weitergehen.“
In diesem Augenblick fand Eya heraus, dass es die Worte eines beinahe Fremden waren – weil er ein wenig abseits der besorgten Gefährten stand und die Ansicht eines ruhigeren Beobachters äußerte – die ihre Beherrschung zunichte machten.
Das Taube, Aufgewühlte, das sie immer noch weiter aufrecht gehalten hatte, zerfiel und zerstäubte zu Nichts.
Sie wollte Herlac etwas erwidern, aber ihr Mund brachte keinen Ton heraus. Dann kamen Tränen. Vornüber gebeugt versuchte sie, den Ausbruch des wilden Schmerzes zu verbergen, und wusste doch, dass sie noch nie in ihrem Leben so sehr geweint hatte, allein vor einem Barbaren, in der Weite des Schlachtfelds.
Knirschende Schritte. Herlac war zu ihr getreten.
Eine schwere Hand senkte sich auf ihre Schulter. Mit tränenblinden Augen sah sie auf. Über ihr schwebte das Gesicht eines Volkes, das Schwäche wenig Platz einräumte, doch zu ihrer Überraschung war es duldend und traurig. „Weine nur, kleine Frau“, brummte der Hüne.
Und das tat sie.
Herlac wartete schweigend, bis sie sich wieder halbwegs gefasst hatte. Dann trug er ihr auf, zu warten, hebelte den Schädel des Dämons mit einem fürchterlichen Ruck los, warf ihn in einen Sack und geleitete sie sanft, aber unmissverständlich zurück über das geschwärzte Feld.
Die Unebenheiten des Bodens behinderten jeden Schritt, doch auch ohne das, spürte Eya, wäre sie langsam gegangen.
Die stille, abendliche Wüste zerrte mit einer Gewalt an ihr, die unsichtbare Wunden riss.
Nein, sie würde sich Herlac nicht widersetzen. Später konnte sie erneut hinausgehen, und dann endgültig.
Hadan.
Es mochte sein, dass sie ihn nicht fand. Ihr Inneres schrak erschauernd vor den Bildern eines Körpers zurück, der in einem unvorstellbaren Akt, in einer Aufwärtsbewegung von Wind und Fleisch und Magie, zermahlen wurde, und aus dem Stöhnen ihrer Seele trat Hadan. Er beschenkte und verurteilte sie mit all den geteilten Erinnerungen. Mehr behielt sie nicht zurück, keinen Platz für eine Heimkehr, kein Kind aus seinen und ihren Lenden. Auch kein Kleinod bis auf die silberne Kette und die Hälfte des Bands, das Gabe der Gefährten gewesen war.
Sie hatten es nach einiger Überlegung in der Mitte durchtrennt, Hadan und sie. Falls wir uns einmal aus den Augen verlieren, Shatryindjah, hatte er gesagt und gelacht, als sei die bloße Vorstellung irrsinnig.
Vielleicht war es falsch gewesen, das Band zu durchtrennen. Vielleicht hatten sie damit heraufbeschworen, was geschehen war.
Eya richtete den Blick auf das näherrückende Tor.
Sie hatte Eines vergessen. Sie besaß noch etwas. Ihre Klingen staken fest und scharf in ihren Lederscheiden, eng an ihrem schmutzigen Leib.





In der Abenddämmerung glich Lut Gholein einem Kessel voller Lichter. Die Furcht davor, dass ihr Schein feindlichen Augen zeigen musste, wie viele Menschen sich in der Stadt zusammendrängten, hatte die Befehlshaber zögern lassen, doch die Pflege der verwundeten und die notdürftigen Arbeiten verlangten Licht. So waren, als das blutunterlaufene Auge Junahs hinter die westlichen Hügel sank, Fackeln, Windlaternen und die großen Lampen der palastnahen Häuser entzündet worden.
Ifrah schritt langsam durch die überfüllten Straßen.
Wie viel argloses Leben hatte sich hier sonst getummelt, und wie elend ging Lut Gholein nun aus dem zweiten Kriegstag hervor. Körper ruhten, wo zu besseren Zeiten Maultiere und Lastenträger mit Banden von Kindern und strenggesichtigen Wachen um Platz stritten.
Durchmischt mit teilnahmslosen oder starr vor sich hinwerkelnden Bewohnern zogen sich Reihen von Soldaten, Barbaren und Paladinen durch die Straßen. Männer standen umher. Viele besprachen die Lage, auf ihre gesplitterten Waffen gestützt. Andere aber saßen auf Treppen oder lehnten unter gelben Laternen, als habe sie ein letzter Lebensfunke hier abgestellt und dann vergessen, zu ihnen zurückzukehren. Aus vielen Häusern drang leises Weinen.
Auch die Gefährten setzten Trauer und Erschöpfung kaum mehr Widerstand entgegen.
Die kleine Gruppe befand sich noch an dem Platz, an den das Hineindrängen der Massen sie gespült hatte, und es war ja auch einerlei, wo sie lagerten. Bis auf Marej waren sie sämtlich verwundet, äußerlich verwundet. Die inneren Verletzungen, zu denen keine Hand hinreichte, taten ihre Verheerungen im Verborgenen.
Größte Sorge bereitete der Magierin Eya. Nach ihrer Rückkehr vom Schlachtfeld hatte die Assassine sich scheinbar bereitwillig neben Marej niedergelassen. Eine bange Stunde war das her, und dort hockte sie immer noch, ohne zu sprechen, nahm Brot oder Wasser nur an, wenn es ihr aufgezwungen wurde.
Es tut mir so Leid, Liebes.
Nach einigen Worten mit Marej hatte Ifrah sich überwunden, selbst aufzustehen. Lange wollte und durfte sie nicht von Eyas Seite, aber ohne wenigstens einen Rundgang, fühlte sie, konnte sie diesen Abend nicht ertragen.
Brauchte es überhaupt einen Überblick? Kaum.
Schlechter hatte es um Lut Gholein nie gestanden. Die Zerstörung von Mauern und Häusern war noch zu verschmerzen. Tausendmal schlimmer war der Zustand des Heers und der Bewohner.
Ifrah kam an, so schien es ihr, einem endlosen Reigen gebeugter Häupter und sacht bewegter Schatten vorbei, im schwachen Licht, das die blutigen Verbände und den geprügelten Ausdruck der Augen dennoch erreichte.
Ihre Kehle brannte. Sie konnte sich kein Gebet denken, und schwerlich irgendeinen Trost.
Der Preis für Lut Gholeins Überdauern, nur bis hierher, war grausam hoch.
Knapp dreihundert Männer der drei größten Gruppen des Verteidigerheeres sahen das Innere der Mauern wieder, und stündlich starben von diesen Dreihundert Weitere. Paladine, Barbaren, Söhne der Stadt gingen an ihren Wunden zugrunde. Ein einziger Asket aus dem fernen Pundar war noch da, ein einzelner, alter Mann. Von den Druiden hatten sich zwei in die fremde Bebauung zurückgeschleppt. Von den Pundarkriegern indes lebte keiner mehr. Bis auf die magere Besatzung des Schiffes, auf dem sie ihrem Tod entgegengesegelt waren, lag auch dieses verwaist im Hafen.
Weiter kam Ifrah in ihren bedrückten Aufzählungen nicht.
Das Schiff. Erbarmungslos spann sich die Gedankenkette weiter. Der Osten. Hadan.
Sie hielt sich die Hand vor den Mund, um ein Aufstöhnen in Trauer zu ersticken. Plötzlich war sie nur noch eine nicht sehr hochgewachsene Frau in voller Rüstung und mit Tränen in den Augen.
Du warst ein guter Freund. Du hättest noch ein Leben vor dir haben können, ein ganz anderes Leben, zurückgezogen endlich, an Eyas Seite, noch nicht zu alt für eine Familie.
Oft hatte sie ihm dies sagen wollen, ermutigt durch die gewachsene Vertrautheit. Nun war es dafür zu spät, und weder der Nekromant, der das Unglaubliche vollbracht, noch der Mann, der sich dahinter versteckt hatte, waren mehr da, um ihre Worte zu hören.
Urel hatte sie verlassen, und Hadan war ihm gefolgt. Zwei Männer, die fehlten, und eine Lücke, die niemand würde schließen können.
Im Krieg ist es oft so, wies sich Ifrah in der Sprache der hilflosen Feststellungen Zurückgebliebener zurecht. Wir Frauen bleiben übrig.
Aber sie musste ihre Tränen trocknen, ehe sie wieder zu den Anderen ging. Eya durfte sie so nicht sehen.
Als sie sicher war, dass ihre Züge den größten Schmerz nicht mehr zeigten, setzte die Magierin ihren Weg fort.
Wenigstens der Stadt war das Überleben geglückt.
Indes fehlte es an allem: An Nahrung, an Arzneien, an Stoffen und anderen einfachen Dingen. Das kriegsbedingte Ausbleiben von Warenlieferungen war bereits vor der ersten Schlacht zu spüren gewesen, und änderte sich die Lage nicht bald, würde neue Not Lut Gholein heimsuchen. Nicht einmal einer reichen Stadt wie dieser blieben Hunger und Seuchen erspart, und es mochte sein, dass sie an ihrem eigenen Charakter zugrunde ging, hockend auf nutzlosen Schätzen, auf Bergen von Edelsteinen, Gewürzen, Sandelholz und Wein.
„Magierin“, schreckte eine Stimme Ifrah aus dem dumpfen Brüten, das sie wiederum hatte innehalten lassen.
Sie war nun nahe des Haupttors. Auch hier lagen die Verletzten dicht an dicht. Nur vor dem Tor gab es einen freien Platz, als halte der dem Holz anhaftende Schrecken die Leute davon ab, dort ebenfalls Lager aufzuschlagen.
Vor Ifrah neigte eine füllige, in feine, aber verschmutzte Gewänder gehüllte Lut Gholeinerin den Kopf. Fragende Augen suchten vorsichtig die ihren, und sie war erstaunt, dass eine Fremde sie ansprach.
„Woher kennt Ihr mich?“
„Von einer Gefährtin aus Eurer Schar, Magierin“, antwortete die Frau. „Sie war mit mir auf einem der Boote... Mein Name ist Hasibah.“
Sie musterten einander. Hasibahs Augen, offenbarte der Schein einer nahen Lampe, waren rotgeweint. Ihre Stimme aber klang fest. „Ich weiß wohl, dass dies nicht der rechte Zeitpunkt dafür ist“, sagte sie, „doch ich wollte Euch danken. Ihr habt in der Schlacht neben den Männern gekämpft.“ Sie tat eine kleine Geste in Richtung des Palastes, der trotz der Dunkelheit deutlich sichtbar und unverrückt über den Dächern aufragte. „Und ich bin mir sicher, die Stadt.... Nun, es gab noch nicht viel Gelegenheit für Dank.“
„Dank ist nicht notwendig“, hörte Ifrah sich tonlos antworten. Es dauerte sie, dass ihre äußerliche Nüchternheit das freundliche Gegenüber vielleicht einschüchterte, doch sie wusste es nicht zu ändern. „Noch haben wir keinen Sieg errungen“, setzte sie hinzu.
„Ach“, seufzte Hasibah. „Da mögt Ihr Recht haben.“ Dann, zögernd, als wisse sie nicht, ob sie die fremde Kriegerin mit weiteren Sorgen belasten durfte, sagte sie: „Ganz gewiss fehlt es uns an vielen Dingen....“ Sie schaute umher, etwas wie Scham auf den rundlichen Zügen. „Reich, wie wir waren, stehen wir nun arm da, wenn es an Hilfe für die Leute geht. Es heißt, man habe bereits damit begonnen, die Lasttiere zu schlachten, aber genug Fleisch wird es nicht sein. Was an Stoff in den Häusern war und gerettet werden konnte, wurde verwendet, aber das Tuch geht uns bereits aus.“
„Ich weiß“, murmelte Ifrah.
Hasibahs Augen betasteten sie scheu. „Warum ich Euch auch ansprach... Nun, die Leute sagen, unter Euren Gefährten sei ein Mann, der ein Heilkundiger ist. Nach der ersten Schlacht behandelte er viele Menschen, so auch meinen Bruder.“ Wieder stockte sie. „Doch wo ist er jetzt?“
Eine kalte, innere Leere presste Ifrah das Herz gegen den Käfig ihrer Brust. „Es tut mir Leid, Hasibah.“ Steif kam die Erwiderung, aber die Andere hatte gewiss wenig Mühe zu hören, dass ihre Stimme schwankte. „Ich wäre sehr froh, ihn sofort zu Euren Familien schicken zu können, aber ich kann es nicht. Er fiel in der Schlacht.“
Das Gesicht Hasibahs zeigte so aufrichtige Bestürzung und auch Ahnungslosigkeit, dass es Ifrah in der Kehle würgte. „Oh... Magierin, bitte verzeiht. Ich wusste nichts davon.“
Ifrah nickte, außerstande, ein Wort hervorzubringen.
In diesem Augenblick kam Bewegung in die Wachen auf der nahen Mauer.
Die Frauen wandten sich gemeinsam nach dem Füßescharren und den gedämpften Rufen der Männer oben um. Sofort sprang Angst unter die Menschen auf dem Torplatz.
„Bei Badr!“ Hasibahs Stimme brach. Ein neuer Angriff, zuckte es durch ihr aufwärtsgekehrtes Gesicht.
Auch Ifrah hatte sich gestrafft, verzweifelt überschlagend, was, was beim Himmel getan werden konnte, kehrte die Plage der so viel stärkeren Gegner zurück, jetzt, da Lut Gholein auf Knien lag.
Neben ihr stimmte Hasibah das der Wüste eigene, monotone Klagen der vom Schicksal Gebeutelten an.
„Still!“, zischte Ifrah. „Wartet!“ Ein Heer hätten die Wachen doch sehen müssen. Junah, lass es alles sein, nur kein neues Heer.
Die Frauen standen und lauschten, während die anwesenden Männer, unter ihnen auch einige von Herlacs Kriegern und zwei oder drei Paladine, ihre Waffen zogen, die Rücken gegen die Häuser gewandt, Verwundete zu Füßen, die sich mühselig aufrichteten, aus ihrem Dahindämmern aufgeschreckt.
Auf der Mauer drehte sich eine der Wachen um. „Sorgt euch nicht, Männer!“, kam es unterdrückt, aber mit unleugbarer Erleichterung. „Es sind nur einige Sandläufer.“
Sandläufer. Ifrah blinzelte. Säbelkatzen.
Von draußen wurde an das Tor gepocht. Die Anwesenden erstarrten. Es war ein seltsamer kleiner Laut in der gebannten Stille, und ein noch seltsameres Ding, sich auszumalen, dass auf der anderen Seite eines der Halbtiere aus Harebnashs Volk den Vorderlauf hob und gegen das Holz schlug, eine menschliche Bitte um Einlass nachahmend.
Rumpelnd öffnete sich das Tor.
An Männern vorbei, die an den schweren Flügeln wuchteten, schaute Ifrah auf die kleine Schar vor dem Hintergrund der dunklen Ebene.
Licht fiel auf gelbliche Leiber, elf, zwölf Säbelkatzen vielleicht, bewaffnet und, auch wenn die Tiergesichter noch nicht zu erkennen waren, zweifellos unruhig ob der Nähe der Menge.
Doch die schlanken Wesen waren nicht allein. Sechs von ihnen trugen etwas, das einem großen Stoffbündel glich.
Bevor Ifrah ganz begreifen konnte, warum die Säbelkatzen sich offensichtlich ohne eine warnende Botschaft nach Lut Gholein hineinwagten, bevor ihr Herz einer unmöglichen Ahnung Platz einräumte und sie in ein Blitzfeuer der Hoffnung verwandelte, waren sie und Hasibah mit einem Mal umringt von Gestalten. Paladine, unter ihnen Menrad, schritten heran, während die Neuigkeit über die nahen Dächer reiste, und ein schmaler, schwarzer Umriss streifte Ifrah kurz.
Dann, als die Säbelkatzen ihre Last ablegten, erkannte Ifrah, was sie hergetragen hatten.
Der Augenblick zerschmolz zu vielen einzelnen Scherben. Menrads unrasierte, fassungslose Züge. Herlac, der herandrängte und Aufklärung verlangte. Und Eya, die einen einzigen Ton ausstieß, halb Klage, halb Freudenschrei, und vorwärts stürzte und sich zu Seiten des Bündels auf die Knie warf.
Ifrah löste den Blick von den weißen Haarsträhnen auf dem schwarzen Stoff des Bündels. Sie begegnete Menrads Augen.
Ohne die Umklammerung ihres Verstandes, der den umhergeworfenen Scherben noch hinterherhinkte, hätte die völlige Entgeisterung in seinem Ausdruck sie auflachen lassen. Der Paladin würgte sichtlich an einem Wort, mitten unter Menschen, die zögerlich erleichtert aufatmeten, so wie Herlac, oder nur starrten, über alle Maßen verwirrt, weil sie den Mann, den die Säbelkatzen der menschlichen Gemeinschaft zurücküberantworteten, nicht einordnen konnten.
„Ich dachte schon öfter“, sagte Menrad schließlich mit einem leichten Kopfschütteln, das weder seine Erleichterung noch seine Bewegung verbergen konnte, „dass er ein zäher Hund ist.“
Darauf fiel Ifrah keine Erwiderung ein. Sie entdeckte, dass sie wieder weinte, diesmal gleichzeitig lächelnd.
Über ihnen auf der Mauer entstand erneut Unruhe. Die Menschen griffen sie auf wie eine zu straff gespannte Trommelhaut.
Ein Wächter bellte einen Befehl in den Torplatz hinunter. „Platz da! Schafft die Leute aus dem Weg!“ Trotz der üblen Lage der Stadt klang die Stimme des Mannes jedoch bereits kräftig und froh, noch ehe er weitersprach. „Eine Karawane kommt!“
„Eine Karawane?“ Ifrah suchte nun nicht nur Menrads Blick, sondern die Blicke aller Umstehenden, bass erstaunt. Noch immer, gefangen zwischen Freude, Sorge und schierer Verwirrung, hatte sie keinen Schritt zu Eya getan, die über dem Körper ihres Gefährten kauerte und schluchzte. Noch immer haderte ihr Verstand mit den jüngsten Launen des Schicksals.
Welcher Reisende konnte an solch einem Tag eine Karawane nach Lut Gholein führen? Doch als sei dieser Abend dazu entschlossen, sie noch etwas weiter herumzustoßen, erschienen tatsächlich die vertrauten Umrisse von Lasttieren vor dem gähnenden Tor, begleitet vom Rülpsen der Kamele und erschöpften Kommandos ihrer Treiber.
Mittlerweile hatte sich die halbe Stadt eingefunden, verstopfte die Straßen und starrte auf die ersten Menschen, die Lut Gholein in diesen Tagen aus freien Stücken erreichten und keine Krieger waren. Die Kamele passierten das Tor, und ein beachtlicher Tumult hob an. Er war begreiflich. Mit einem Lastenzug mochten wertvolle Güter kommen, allem voran Nahrung.
Ifrah stand betäubt neben Menrad und sah zu, wie das vorderste Kamel, sicherlich das Tier des Eigners, unweit von ihnen und dem Rund der Zuschauer anhielt.
Ein Reiter glitt herunter. Indes wandte er sich den Einwohnern nicht sofort zu. Stattdessen streckte er die Arme aus und hob eine zweite, sehr viel kleinere Gestalt aus dem Sattel.
Abgestellt, schwankte die Gestalt kurz.
Dann schaute sie sich um.
Aber da war Ifrah schon an Menrad vorbei, über den Boden des Platzes hinweg. Ihr überfordertes Bezeugen der Ankunft verloren Geglaubter hatte sie bei dem Paladin zurückgelassen.
Rechts neben ihr, wo man die Säbelkatzen, ihre Last und auch Eya hinbeordert hatte, beugten sich Menschen fragend und helfend über die Zurückgekehrten.
Sie aber riss den kleinen Schatten hoch, fühlte das vertraute Gewicht, roch den vertrauten Schweiß junger Haut.
„Maysan!“
Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis sie das Gesicht aus dem Haar ihrer Tochter lösen konnte. Das ist doch nicht möglich. Sie schaute sie an. Maysan hatte Dreck auf den Wangen.
„Maysan“, gelang ihr ein Stammeln. „Mein kleiner Stern!“ Dass ich dich wiederhabe. „Du bist ja ganz schmutzig.“ Du lebst.
Anders als sie weinte Maysan nicht. Aber ihre Stimme wackelte. „Es war auch sehr schmutzig unterwegs.“
Sie war es wirklich, mit Haut und Haar, ihre tapfere, oft so überaus vernünftige Tochter mit ihren würdevollen Aussagen.
Maysan wandte den Kopf. Ifrah tat es ihr gleich.
Ein in einen schwarzen Burnus gehüllter Mann ragte über der Szene des Wiedersehens auf, hielt höflichen Abstand, hatte aber augenscheinlich darauf gewartet, dass man ihn wahrnahm. Jetzt zeigte er ein Lächeln auf dunklen, bärtigen Zügen, deren oberflächliche Blässe von Entbehrungen und Anspannung sprach.
„Ihr seid“, erkundigte er sich, „die Mutter dieses Kindes?“
„Ja.“ Mit jubelndem Herzen richtete sie sich auf. Maysans Hand lag warm, klebrig von Schweiß, auf der schmalen Stelle, die ihre Armschoner noch freiließen. „Ja, die bin ich.“
„Nazeem Ibn Rafid, Kaufmann aus Dâurdh“, stellte der Mann sich vor. Unablässig lächelnd nahm er ihren Namen entgegen, schaute sich dann um. „Wie ich sehe, haben die Mauern Lut Gholeins den Sturm überstanden.“
„Das...“ Ifrah schluckte. „Das ist richtig.“ Sie musste sich räuspern. „Wie kann ich Euch nur danken? Wie geschah es, dass Ihr meine Tochter in Eure Obhut nahmt?“
Doch bevor der Karawaneneigner antworten konnte, war Menrad hinzugetreten, vorsichtig, aber mit einer unleugbaren, persönlichen Wachsamkeit, die Ifrah tief rührte. Er musterte den Mann im Burnus, dann schaute er auf Maysan hinunter, und ein seltenes Lächeln spann sich über seine kantigen Züge.
„Binjawl, Maysan.“ Er grüßte sie mit dem Wort der Wüste.
Maysan erwiderte das Lächeln, aber es hatte etwas Zerstreutes. „Binjawl, Paladin“, sagte sie, und die artige Förmlichkeit klang merkwürdig und amüsant aus einem Kindermund. „Ich soll dir Grüße ausrichten von Bruder Evan.“ Sie runzelte die Stirn. „Er hatte es furchtbar eilig zuletzt. Aber er hat mir Zuckerdatteln gekauft.“ Die grünen Augen beschauten die mitgenommene Gestalt des Paladins, sein beschädigtes Kettenhemd, die Blutflecken auf seinem Ordensgewand.
Menrads Lippen zuckten. „Wenn ich“, gab er, einen erheiterten Blick mit Ifrah und dem Kaufmann tauschend, zurück, „hier irgendwo Zuckerdatteln auftreiben kann, werde ich dir auch welche kaufen.“
Er nickte dem Kaufmann zu, bevor er sich entfernte, um nach Eya und Hadan zu sehen.
Zuckerdatteln. Ifrah gewahrte, dass der Kaufmann sie und Maysan eingehend betrachtete, offenkundig versuchend, die gerüstete Kriegerin und das kleine Mädchen zu einem befriedigenden Bild zusammenzufügen. Zuckerdatteln als Lohn für Wochen und Wochen dauernde Reisen, als Lohn für ein Kind, das überstanden hat, was außerhalb der Möglichkeiten eines Kindes liegt. Und sie ist noch ganz sie selbst.
Um sich von der vollkommen unverhofften Gegenwart Maysans und Hadans abzulenken, fragte sie den Kaufmann: „Hat Eure Karawane Schwierigkeiten gehabt, bis zu uns vorzudringen?“
Nazeem Ibn Rafid schüttelte den Kopf. Hinter ihm warteten seine Männer auf Befehle, doch er schien geneigt, sich Zeit für diese Begegnung zu nehmen. „Wir sahen die Spuren der Schlacht, als wir uns der Ebene näherten. Das und auch etwas Anderes, sehr Eigentümliches.“ Er hatte keine Ahnung, dass der Mann, dem das ‚Eigentümliche’ zuzuschreiben war, unweit auf der Erde lag, vielleicht mehr tot als lebendig. „Lut Gholein, sehe ich, kann Waren gebrauchen.“ Er schaute sich ein weiteres Mal um, rasch, doch gründlich.
„Das kann es“, hörte Ifrah sich antworten.
„Wir haben hauptsächlich Tuchballen und Hirse aus Dâurdh dabei“, sagte Nazeem Ibn Rafid, immer noch lächelnd. Neben dem ihrer Tochter war sein Gesicht das Wunderbarste, das Ifrah seit Tagen erblickt hatte. „Ich verliere gewiss Einiges an Geld für diese Reise, aber so soll es sein. Was die Kamele tragen, werden wir dem Stadtoberhaupt zu geringen Preisen überlassen.“





Blendendes Licht. In Ringen um eine übermächtige Sonne Hitze, strahlend, gnadenlos. Ihr Flimmern senkte sich in seinen klopfenden Schädel. Er lag auf geradem, festem Grund, auf heißem Sand, und das Brennen war sogar erträglich, ein naher, lebendiger Schmerz.
Ohne auf seine unendlich verlangsamte Wahrnehmung zu warten, veränderte sich die Helle.
Eine Berührung, viele Berührungen, schüttelten das Fleisch, das sich zutraulich an seine Knochen hängte.
Nach einer Weile ohne Gefühl für Zeit oder Ort löste blaues Halbdunkel das Licht ab, und er ließ es zu, getragen zu werden. Er hatte auch keine Wahl, gelähmt, wie er war. Gelähmt, hilflos. Neugeboren.
Die Seele kämpfte lange, um durch ein Fenster nach außen zu schauen, aber das Fenster erwies sich als versperrt. In einem Nachklang unverwandter Größe bedauerte ein Teil seiner Selbst die Zerbrechlichkeit, die Hinfälligkeit und Schwäche dieses Körpers. Dann, während die Welt schaukelte und nach Asche und Tieren stank, löschte eine gnädige Dunkelheit das matter gewordene Licht aus.
Im Vergessen lauerte große Zufriedenheit. Sich ihm hinzugeben, war leicht – abgelöst vom Gewicht der Taten, der Entscheidungen, des Lebens.
Dennoch war er zugegebenermaßen froh, als er die Härte eines Bodens wieder unter sich spürte. Keine Helle diesmal, kein Rauch eines gewaltigen Bewusstseins, das sich in die Zwischenwelt zurückbegab.
Er lag still.
Ausgesandte, widerspenstige Sinne. So hilflos war er tatsächlich nie gewesen. Es tat eigenartig wohl.
Steinkühle, sammelte er alles zusammen, das Flackern von Feuern durch geschlossene Lider hindurch, rauer Stoff auf der bloßen Haut. Menschenstimmen, kaum sehr weit entfernt, Laute, Gerüche, das ganze belebte Sein eines beliebigen Ortes unter vielem Volk.
Ein kleines Licht stand neben seinem, jung und rein, wo er sich alt und verdorben fühlte. Nach Ewigkeiten gelang ihm, es zuzuordnen. Ein fast vergessener Name tauchte aus der Dunkelheit, Vorreiter anderer Namen, und hätte er gekonnt, er hätte aufgestöhnt vor Erleichterung und auch Verwunderung.
„Maysan“, sagte er schließlich. Dann noch einmal, „Maysan“, denn selbst für seine Ohren klangen die Laute von seinen kraftlosen Lippen ungeschlacht, unzureichend für eine Stunde wie diese.
Jemand rührte sich. Dank der Sinne eines Nekromanten fühlte er den Kinderkörper an seiner Seite. Sicher sah sie nun auf ihn herunter, erschrocken, weil der in Tuch gewickelte, lang ausgestreckte Mann neben ihr sich zu bewegen versuchte, und er wollte nicht, dass sie sich fürchtete.
Nicht nach.... Bei allen Heiligen, wie viele Wochen muss das her sein.
„Du bist aufgewacht“, stellte eine Stimme fest.
„Gewissermaßen“, gelang ihm eine Antwort.
Schweigen. Dann, leise: „Möchtest du etwas Wasser haben? Hier ist ein ganzer Krug. Und Fleisch.“
Bei dem bloßen Gedanken an Nahrung, an ihre Gerüche, oder auch nur an Flüssigkeit, schnürte sich ihm die Kehle zu.
„Nicht jetzt“, krächzte er. „Später vielleicht.“
Jedes Wort zog ihm Kraft aus den Knochen. Er regte sich wieder, aber es gelang kaum. Die Hand jedoch, die sich unter einer Decke zur Faust ballte, einen Hüftknochen streifte, gehörte wenigstens ihm, wie es aussah, und gehorchte halbwegs. Und er war nicht länger nackt. Jemand hatte ihn bekleidet.
Jemand. Eya. Shatryndjah.
“Du siehst gar nicht gut aus“, verriet ihm seine kleine Wächterin.
Ohne lachen zu können, fühlte er ein Lachen in sich. „Vielen Dank, meine Dame.“ Nein, sie sollte sich nicht fürchten.
Wieder bewegte sie sich. Leinen kratzte an Sandboden, sehr nah. Er brauchte nur die Hand auszustrecken. Aber er lag da und ließ sich davon überzeugen, dass es wenig Sinn hatte, so sehr es ihn auch nach einer menschlichen Berührung verlangte.
„Maysan“, brachte er heraus, als er wieder zu sprechen imstande war.
Die kindliche Stimme machte ein versicherndes Geräusch, dass sie noch da sei.
„Tust du mir einen Gefallen?“
„Ja.“
„Steh auf und such einen von den Großen“, bat er. Er war in Lut Gholein – so weit reichte die Rückkehr ins Leben bereits, trotz der alles verschlingenden Schwäche. Er war in Lut Gholein, mitten unter anderen Überlebenden, und Maysan war bei ihm.
Die Kinderstimme ertönte wieder, bevor er einen weiteren Namen formen konnte. „Ich weiß schon.“ Sie erhob sich. „Madji ist hier in der Nähe. Eya auch. Ich hole am besten beide.“
Hadan versuchte zu lächeln, hinauf in die Dunkelheit, die Adern wie Feuerströme im Leib, sicherlich fiebernd, und aufrichtig dankbar dafür, dass das Kind ihm keine Fragen stellte wie am Arivati. Er hätte sie nicht beantworten können.
Ehe er dazu kam, ihr zu danken, war sie fort, munter, den Göttern sei Dank. Ihre raschen Schritte verklangen in seinem ausgehöhlten Bewusstsein, als er einschlief.
 
So läuft also alles wieder zusammen.
Und auch einige Flüchtigkeitsfehler hast du gemacht, wohl, um deinen Lesern zu etwas Arbeit zu verhelfen? :D

Andere aber saßen auf Treppen oder lehnten unter gelben Laternen, als habe sie ein letzter Lebensfunke sie hier abgestellt und dann vergessen, zu ihnen zurückzukehren.
Da ist ein "sie" zuviel. Glaube ich zumindest.

„Von einer Gefährten aus Eurer Schar, Magierin“, antwortete die Frau.
"Gefährtin", nehme ich mal an.

Und die Gruppe, in der er selbst nun für eine Weile gelebt hatte, war ein Spiegel der Zeit, uneins, schnell zerstritten, belastet durch unterschiedliche Vorstellungen.
Da bin ich mir nicht sicher. Bisher hast du sehr oft das genaue Gegenteil von dem behauptet, was man dort oben lesen kann. Die Gruppe als Spiegel der Zeit? Mir schien es immer so, dass sie allen Vorgängen der Welt zum Trotz zusammenhielten. Schnell zerstritten? Ist doch noch nie passiert, und ich könnte mir auch nicht vorstellen, dass es passieren könnte. Die Gefährten sprechen so wenig(als Leser bekommt man zumindest wenig mit), da meint man fast, die hätten eine Art gemeinsames Bewusstsein. Und "belastet durch unterschiedliche Vorstellungen", nun gut, das trifft wohl auf Menrad selbst zu.
Mich hat dieser Satz jedenfalls sehr verwundert und mein Bild der Gruppe stark erschüttert.
 
Undead Poet schrieb:
Die Gruppe als Spiegel der Zeit? Mir schien es immer so, dass sie allen Vorgängen der Welt zum Trotz zusammenhielten. Schnell zerstritten? Ist doch noch nie passiert, und ich könnte mir auch nicht vorstellen, dass es passieren könnte. Die Gefährten sprechen so wenig(als Leser bekommt man zumindest wenig mit), da meint man fast, die hätten eine Art gemeinsames Bewusstsein. Und "belastet durch unterschiedliche Vorstellungen", nun gut, das trifft wohl auf Menrad selbst zu.
Mich hat dieser Satz jedenfalls sehr verwundert und mein Bild der Gruppe stark erschüttert.

Hi UndeadPoet 8] Danke für das Aufspüren der zwei Fehler, da muss ich meinen Betaleser wohl mal slappen :D
Sind berichtigt.

Zu Obigem:
Selbstverständlich ist die Gruppe ein Spiegel der Zeit, ihre Mitglieder repräsentieren (obwohl sie teilweise Aussenseiter sind) Völker, die nicht zusammenhalten. Du musst bedenken: Menrad betrachtet die Gruppe in diesem Moment aus dem Blickwinkel eines Mannes, der sich Sanktuarios Uneinigkeit bewusst macht.
Dass die Gefährten füreinander einstehen, ist 'nur' ein Ergebnis ihres gemeinsamen Weges (und das war auch oft genug Gegenstand der Gedanken aller Gruppenmitglieder). Auch gestritten oder sich zumindest unwohl miteinander gefühlt haben sie sich oft.
Also den persönlichen Zusammenhalt der Individuen nicht mit den 'gesamtgesellschaftlichen' Problemen, die sie verkörpern, durcheinanderbringen. ;)
 
Reeba schrieb:
Also den persönlichen Zusammenhalt der Individuen nicht mit den 'gesamtgesellschaftlichen' Problemen, die sie verkörpern, durcheinanderbringen. ;)
Aber genau auch diese Probleme würde ich als Teil des "Spiegels" ansehen, den du erwähnst. Als Leser kann man nicht differenzieren, welche Details dazugehören und welche nicht. Obwohl - das kann man schon, und das habe ich zuerst auch, nur wird man dann stark vom restlichen Satz verwirrt: "[...]uneins, schnell zerstritten, belastet durch unterschiedliche Vorstellungen."
(Und falls sich diese Beschreibungen alle auf die Zeit und nicht auf den Spiegel, und damit die Gruppe, beziehen, dann kannst du gleich getrost den Rest meines Beitrags überlesen. ^^
Wäre aber dennoch sehr verwirrend.)
Das "schnell zerstritten" würde ich als Kleinigkeit abtun, aber, gemessen an dem bisherigen Inhalt von Saqqara, ist es einfach nicht wahr. Und wenn doch, dann solltest du den Zwist vielleicht ab und zu deutlich machen. So tief, wie du in die Charaktere hineinleuchtest, müsste das aufgefallen sein, ich kann mich aber an nichts erinnern.
Auch "uneins" finde ich ein zu starkes Wort. Schließt man Menrad(der wohl kaum von seinem Verhältnis zu den anderen Mitgliedern auf deren Verhältnis untereinander schließen wird) einmal aus, dann ist die Gruppe doch alles andere als uneins. Sie haben immer zusammengehalten und es ist auch noch nie vorgekommen, dass einer "Da mache ich nicht mit!" gesagt und trotzig davonstolziert ist. :D

Vielleicht ziehe ich mich da auch unnötig hoch, aber mich hat der Satz ganz schön ins Schleudern gebracht. Ich sehe die Gruppe jetzt jedenfalls anders.
Mal schauen, was der Rest der Leserschaft dazu sagt. :read:
 
@UndeadPoet: Satz wurde verändert. Ich hab gerade nicht so Zeit für und Lust auf lange Diskussionen (erinner dich mal an die Anfangsmonate von Saqqara - brrrr), daher *schwupp*.
Satz neu: 'Und die Gruppe, in der er selbst nun für eine Weile gelebt hatte, war ein Spiegel der Zeit, belastet durch unterschiedliche Erfahrungen und Vorstellungen.'
Gruß, Reeba :hy:


/edit: He, andererseits: So kommt der Thread evtl. doch noch auf tausend Posts :D
//edit2: Müst, du hast Recht, das langt nicht mehr. Und als Buch, na ich weiß nicht... Erstmal die revisierte Edition, das ist im Mom genug Arbeit :D
 
*schwupp* Ja, ja, verstehe.
Also, mir gefällt der Satz so besser. Auch, wenn ich ihn vorher falsch verstanden habe - das zeigt doch, dass man ihn durchaus falsch verstehen kann. So gibt es da keine Mißverständnisse mehr mit den minderbemittelten Lesern. :D

1000 Posts... ausgehend von dem Fall, dass du pro Kapitel ca. 10 Kommentare bekommst, sind das noch zwanzig. :D
Und danach bringst du dein Werk als Buch 'raus. Einen Lektor musst du erst gar nicht bemühen, weil du deine Beta-Leser hast. Und schon liegt dein Buch bei den Händlern aus und *schwupp* bist du berühmt. Oder hast zumindest von jedem ind2.de-Forenbenutzer ein Exemplar abgenommen bekommen.
 
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