Lampe: Ich hab zwar deine Ansicht "gerafft", aber das Bild, das du von der Bundeswehr malst, passt so auch nicht. Es hängt sehr stark davon ab, wo man stationiert ist, welche Art von Kompanie, welche Art von Dienst man macht und wie man allgemein drauf ist. So pauschal kann man nicht von abwechslungsreich reden. 5 langweilige Tätigkeiten sind nicht "abwechslungsreich". Das heißt aber auch nicht, dass Caros Ansicht vom "nur Rumbasteln" überall gelebt wird. In technischen Einheiten kann man tolle Sachen machen.
Mein Alltag bestand aus Kaffee kochen, die Vorschriftenstelle hüten und ab und zu mal Wache halten. Meinen LKW-Führerschein habe ich quasi nie benutzt und eine Grundausbildung im Gelände habe ich dank gebrochenem Fuß nie gehabt. Bei den zwei Manövern, die ich mitgemacht habe, bestand meine Aufgabe in der Verköstigung der Kameraden mit Süßwaren, Kippen und Dosengetränken, die sie bei mir zum EK kaufen konnten.
Zu deutsch: Was die Tätigkeiten angeht, war der Aufenthalt vollkommen für den Arsch. Nichtsdestotrotz bin ich nicht böse über diese Zeit, weil ich dort gereift bin. Das lag nicht etwa an der Bundeswehr, sondern ich bin schlichtweg ein Jahr älter geworden, bevor ich mich ins Berufsleben gestürzt habe. Der Bund hat zu meiner Reife höchstens durch Negativbeispiele beigetragen.
Und so hängt es eben davon ab, ob man in einer Kampfeinheit ist oder vielleicht beim Nachschub, ob man dauernd um sich ballert und jeden Strauch der Umgebung kennt oder nur das Offizierscasino fegen darf. Ob man bei -20 Grad ein Treibstofflager bewachen muss oder doch Rosenmontag frei hat.
Genauso hängt es davon ab, wo du stationiert bist, ob deine Kameraden nach Dienstschluss alle nach Hause fahren. Es gibt da nun mal ein starkes Süd-Nord-Gefällt, was dazu führt, dass zwar viele Süd- und Westdeutsche nach Norden (und Osten?) in die Kasernen müssen, aber kaum jemand von dort nach Süden. Das führt zwangsläufig dazu, dass Kasernen in West- und Süddeutschland nachts leergefegt, in Norddeutschland aber Freizeitstätte sind. Und dass Jugendliche zwischen 18 und 23 in ihrer Freizeit gerne einen Saufen ist weder neu noch unüblich. Viele Alternativen hat man nicht, wenn man in Schwanewede stationiert ist. Lanx wird das bestätigen können.
Meine Erfahrungen kann man genausowenig wie deine verallgemeinern wie auch das gesamte Thema hier viel zu sehr verallgemeinert wird. Und das gilt auch für den Zivildienst. Es wird nun mal nicht jeder Altenpfleger, manche können sich sogar auf ihren Wunschberuf vorbereiten, während das als Wehrpflichtiger eher schwierig ist, wenn man nicht gerade da bleiben will.
Und wo ich gerade dabei bin: Den Betrieb aufrecht erhalten, während die Berufssoldaten im Einsatz sind, klingt erst mal toll, aber der übrige Betrieb dient zu einem hohen Prozentsatz der Ausbildung von Wehrpflichtigen, ist also quasi reiner Selbstzweck. Spezialisierte Tätigkeiten dürfen Wehrpflichtige gar nicht übernehmen, deshalb scheiden viele Tätigkeiten von vornherein aus.
Dann hatte ich noch dieses "ich muss nicht schießen": Wenn dein Offizier sagt, du sollst als Wachsoldat auf das Auto schießen, das gerade dabei ist, die Schranke zu rammen, neben der du Wache stehst, hast du ein Problem. Als Wachsoldat hast du scharfe Munition im Gewehr. Sich darauf verlassen, dass man diese nicht benötigt, ist zumindest sehr kurzsichtig gedacht.
Und als letztes: Es ist genauso naiv zu glauben, es ginge (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt) ohne Armee, wie dem Ansatz zuzustimmen, man müsse unbedingt Wehrpflichtige haben. Die meisten haben schlichtweg keinen Bock auf diese "Nähe zum Volk". Was nicht heißt, dass eine ordentlich bezahlte Berufsarmee keinen Zulauf hätte. Es ist schlichtweg viel zu kompliziert, als dass man sich die Sache so einfach machen könnte. Einbindung in die Nato ist nur ein Thema, Steuergeldverschwendung ein ganz anderes. Einsatzfähigkeit, Modernisierung, Spezialistentum, Katastrophenschutz, Kameradschaft und persönliche Entwicklung, Gewissen, Auslandseinsätze, Gehorsam, Völkerrecht usw usw sind Stichworte, die die meisten hier thematisch vielleicht mal hauchdünn angekratzt haben und nun versuchen, sich gegenseitig auf diesem Niveau zu beeinflussen. Das wird nicht funktionieren. Der "militante Pazifist" scheitert dabei genauso wie der Befürworter.
Jetzt hab ich doch was zum Thema gesagt
Genusswaren setzen Serotonin frei, damit sind die Soldaten besser drauf 