Heute bei der Arbeit im Pflegeheim gab es eine sehr schlechte Nachricht für mich. Meine Lieblingsbewohnerin - die einzige auf die ich mich wirklich emotional eingelassen habe - ist heute verstorben, im Alter von 64 Jahren. Ich konnte wegen meines Unfalls nicht einmal bei ihrer Geburtstagsfeier dabei sein, weil ich da im Krankenhaus lag. Als ich wieder auf der Arbeit war, habe ich erfahren, dass sie im Krankenhaus liegt wegen den Folgen einer Lungenentzündung, außerdem hat sie einmal aspiriert. Habe sie dann auch besucht und sie war wirklich sehr mitgenommen, total abgemagert, fast nur noch Haut und Knochen, am ganzen Körper hat sie gezittert. Sie wollte nichts mehr essen aus Angst, noch einmal zu aspirieren und hat daher dann auch eine Magensonde gelegt bekommen. Sie hat sich so gefreut, als ich sie im Krankenhaus besucht habe (das war vor zwei Wochen etwa), aber hatte immer die Angst geäußert, dass sie sterben muss.
Jedenfalls, heute morgen um 8:15Uhr ist sie dann gestorben. Ich bin vorhin mit zwei Pflegerinnen mit, die sie noch anziehen wollten, damit sie auch schön aussieht (darauf hat sie immer viel wert gelegt). Wir sind dann im Krankenhaus in den Aufbewahrungsraum und haben sie aus ihrer Kühltruhe geholt. Die Pflegerinnen haben sie angezogen und dann haben wir uns verabschiedet. Es war das erste Mal, dass ich einen toten Menschen wirklich vor mir gesehen und auch berührt habe. Ihre Haut war schon ganz bleich und sie war natürlich kalt vom Kühlschrank und schon relativ steif. Aber es war schön. Sie sah echt wunderschön aus, hatte Blumen in der Hand und es war auch schön, ihre Hand noch ein letztes Mal zu halten. Sie sah so friedlich aus. Keinerlei Angst mehr im Gesicht zu sehen und ganz ruhig. Was das betrifft, ist der Tod gar nicht so schlimm. Eher ein Geschenk, das ihren Leidensweg beendet hat. Ich hatte schon Angst, dass ich mich gar nicht mehr von ihr verabschieden kann, weil sie wohl erst nächste Woche beerdigt wird und ich da auf einem Seminar in Neckarzimmern bin.
Hach, sie war ein toller Mensch. Ich habe es immer genossen mit ihr Zeit zu verbringen im Heim. Bin gerne zu ihr gekommen und habe mich mit ihr unterhalten, mit ihr gespielt, ihr vorgelesen. Aber die Gespräche waren am schönsten. Das war das tolle an der Arbeit mit ihr: Abgesehen von ihrer Schizophrenie und ihrer Bettlägerigkeit war sie ein vollkommen klarer und fitter Mensch, der einem auch zeigen konnte, wie sehr er sich darüber freut, dass man sich mit ihm beschäftigt. Sie hat mir so viel von sich erzählt und mir auch so viel Freundschaft gegeben, es war wirklich eine tolle Zeit mit ihr, auch wenn es aufgrund ihrer Krankheit so manche Höhen und Tiefen gab. Wie gesagt, sie war die einzige Bewohnerin im Heim, auf die ich mich wirklich emotional eingelassen habe. Daher trifft mich ihr Tod schon hart, aber die Möglichkeit sich zu verabschieden und ihr noch alles Gute zu wünschen nimmt viel von der Trauer.
Ich werde sie immer in guter Erinnerung behalten!
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Machs gut, Heide! Ich wünsche dir eine gute Reise! Es war toll, dich kennen gelernt zu haben!
Auch wenn es vielleicht keinen interessiert, ich musste es doch einfach jemandem mitteilen. Es tut gut, sich Dinge von der Seele zu schreiben.