Kapitel 80 – Der gute Rat
Der Meister zuckt zurück, aus der halben Umarmung Gelebs heraus, zur Seite und hebt defensiv die Hände. Er ist immer noch in Reichweite des Gegners, wenn er jetzt rennt, erwischt der ihn sicher...aber dafür gibt es ja noch mich. Schon habe ich zwei Schritte auf Geleb zugetan, da dreht sich dieser so, dass er uns beide sehen kann und weicht schnell zurück.
„Bitte, tötet mich nicht, auch wenn ich es verdient hätte, hört mich an. General, Ihr dürft Euere Skelette die Schwerter an meinen Hals legen lassen, falls das Euch sich sicherer fühlen lässt.“
„Das macht der Golem, ich weiß, was ihr Dämonen mit meinen Skeletten anstellen könnt! Bitte. Also, dann rede, was soll das bedeuten? Warum verrätst du deine eigenen Leute? Ist das irgendein Trick?“
Ich fahre meine Schwerter aus, laufe zu Geleb und stelle mich hinter ihn, sie so an seinen Hals legend, dass ich ihn im Grunde mit einem Schulterzucken köpfen könnte. Er hält sich völlig still, ein wenig dumpfer redend, weil ich seinen Kiefer behindere. Es ist mir egal.
„Kein Trick. Ihr habt jeden Grund, mir zu misstrauen, aber bedenkt bitte folgende Umstände: Ich habe das grausige Spektakel vor der Tür angeordnet, nur aus dem Grund, dass Ihr Leichen zum Verwerten habt, ohne hätten Euch die Skelette von hinten gerade nicht retten können. Meine Hydren haben Euch fast nie getroffen, den Golem auch nicht. Ich hätte Toorc sofort heilen können, nachdem du ihm die Hand abgeschlagen hattest, Golem, aber ich habe mir bewusst viel Zeit gelassen und dich noch gewarnt vorher. Ihr habt es Euch fast selbst vermasselt, aber letztlich nur dank mir überhaupt überlebt. Geschweige denn Euch aus der Situation gerade befreien können.“
Der Meister hat den Kris aufgehoben und deutet nun auf Gelebs Brust damit.
„Das ist ja sehr nett von dir, aber die Frage nach dem Warum steht irgendwie immer noch im Raum.“
Ich spüre, wie seine Schultern sich heben, als er seufzt.
„Dazu muss ich etwas ausholen.
Wie die anderen Ratsmitglieder wurde ich auch immer mehr von Mephistos erstarkender Präsenz beeinflusst, nach und nach wuchs der Hass in unseren Herzen, als er sie aus den Tiefen seines Gefängnisses heraus streichelte. Ich denke, irgendwann hat Jeder begriffen, was geschah, dass das Siegel immer schwächer wurde, Herolds heiliger Schutz versagte, aber sobald es so offensichtlich geworden war, war es schon zu spät, und man war bereits auf seiner Seite. Jeder wartete nur noch mit größter Vorfreude darauf, dass Mephisto die Macht übernehmen und Alles um uns herum in den Feuern der Hölle vergehen würde.“
„Ich verstehe nicht, wie das passieren konnte. Wie ich es erlebt habe, benötigt Mephistos Einfluss immer eine Grundlage – einen Anfangsfunken des Hasses, den er zum lodernden Feuer anfachen kann. Wo war denn bei euch dieser Funke? Ihr hattet es doch extrem gut hier, eine starke Religion mit vielen frommen Gläubigen, allein diese Tempel hier...“
Geleb packt plötzlich den Flegel an seiner Hüfte, ich bin kurz davor, ihn wegen der abrupten Bewegung zu köpfen, aber er hält ihn nur in der verletzten Hand mit so festem Griff, dass seine Knöchel weiß werden. Etwas Blut läuft über das verzierte Holz. Der Meister ist unwillkürlich einen Schritt zurückgewichen; als Geleb weiterspricht, ist seine Stimme ein Knurren.
„Ja, diese wunderschönen Tempel, gute Symbole für das eigentliche Problem. Diese Prachtbauten, ihre Verzierungen, das ganze Gold und die seltenen Steine – Blendwerk! Wahrer Glaube braucht keine stundenlangen Zeremonien, kein rituelles Beten im Tempel, er ist ehrliche, private Hingabe, die Menschen selbstverständlich verbinden sollte. Dieses Gefühl sollte nicht erst dann entstehen, wenn man in großer Masse heilige Gesänge rezitiert.“
Zwei meiner Finger klopfen träge gegen den Hals des Rates, als ich dem Zweiten erlaube, einen Gedanken auszusprechen, den ich auch hatte.
„Das klingt tatsächlich nach dem Ideal, das Religionen immer erreichen wollen, aber gerade deren Führer sind es doch, die diesem nie folgen, oder? Du willst doch nicht erzählen, dass du als Mitglied des Hohen Rates nicht mehr Spaß daran hattest, wenn Spenden in deine Tasche flossen, als wenn du dich deinem Gott nahe fühltest? Ihr badetet doch Alle in der Glorie euerer Zeremonien!“
Geleb seufzt.
„Euer Golem hat uns durchschaut, General. Genau in diese Falle waren wir getappt, hatten uns einlullen lassen vom Luxus, der Macht und den Kern unseres Glaubens aus den Augen verloren. Nur noch durch Blendwerk hielten wir unsere Gläubigen bei uns, durch das wir übertünchten, wie leer unser eigener Glaube geworden war.“
„Und ihr habt erkannt, dass das so war, und begonnen, euch selbst dafür zu hassen...“
„Nein, General, viel schlimmer. Wir haben es eben nicht erkannt, wir waren blind in unserem Hochmut, haben im Grunde bewusst die Augen verschlossen vor der Lüge, deren Vertreter wir waren. Jemand musste uns erst fast gewaltsam die Augen öffnen – und es war einer von uns, der Beste von uns.“
Gelebs Schuldgeständnis jagt mir Schauer über den Rücken – nicht, weil es so besonders entsetzlich wäre, eigentlich habe ich so etwas schon erwartet gehabt, nach dem, was ich aus dem Zynismus des Zweiten als wahren Kern filtern konnte. Nein, es ist die Art, wie er es erzählt – es liegt nicht in seiner Stimme, was ich erwarten würde, nämlich Reue, Trauer, Schmerz...er wirkt mehr...genervt. Als wäre die ganze Angelegenheit eine lästige Fliege, die er erschlagen hat und deren Überreste er jetzt mit einem Ausdruck leichten Ekels entfernen muss.
„Der Beste von euch...es war Khalim, oder?“
„Ja. Ich weiß nicht, ob wir ihn aus schlechten Gewissen gewählt haben oder ob es doch eine Weisung von oben war – eine grausame, wenn man bedenkt, was passiert ist – aber wir haben ihn zum Que-Hegan gemacht, und er begann auf seine ruhige, aber bestimmte Art, zu versuchen, unsere Religion wieder auf einen Kurs zu führen, der ihrem eigentlichen Sinn entsprach.
Der Tenor der Predigten änderte sich. Unnötige Zeremonien wurden entfernt. Die Ausgaben für neuen Pomp wurden gekürzt, dann gestoppt. Spenden wurden explizit für wohltätige Zwecke genutzt. Und wir begannen, unsere Fehler zu erkennen. Er musste uns gar nicht direkt darauf hinweisen: Die Ereignisse taten es. Die Gläubigen begrüßten die Änderungen, als die alte Fassade aufbrach, wurde klar, wie viel Unzufriedenheit darunter versteckt gewesen war.
Khalim hatte uns ohne ein einziges Wort deutlich gemacht, dass unser altes System im Interesse der Gläubigen weichen musste, unsere Erhabenheit und Unnahbarkeit waren überholt. Wir durften uns nicht mehr Alles erlauben.“
„Und ihr habt ihn dafür gehasst, dass er euch diese Bequemlichkeit genommen hat?“
„Nein, General! Lasst mich ausreden!“
Wieder umklammert er den Flegel, dann atmet er tief durch.
„Gut, manche von uns sahen es vielleicht so. Die Narren. Aber Khalims wahre Größe bestand eigentlich darin, uns nicht das Gefühl zu geben, uns würde etwas genommen...er hatte die Überzeugungskraft, den nötigen Wandel als Prozess zu verkaufen, bei dem alle Beteiligten – wir und die Gläubigen – nur gewinnen konnten. Was Jeder mit etwas Vernunft einsah, zähneknirschend vielleicht, aber wir nahmen es hin, und bald gerne.“
Diesmal unterbreche ich, völlig verwirrt.
„Aber woher kam dann der Hass?“
„General, maßregelt eueren Golem, er ist viel zu aufmüpfig!“
„Der Golem darf so aufmüpfig sein, wie er will. Red weiter.“
Er zögert kurz; ich verspanne mich, mehr als bereit, seinen Kopf zu entfernen...
Nein. Golem, zügle deinen Hass, seine Verachtung dir gegenüber muss dir egal sein! Verdammt, wir sind Mephisto zu nahe...
Geleb bemerkt meinen kurzen inneren Konflikt zum Glück nicht.
„Na schön. Ein Todgeweihter darf wohl nicht wählerisch sein. Wir waren also tatsächlich nicht unzufrieden mit der Entwicklung; Khalim gab uns wirklich das Gefühl, dass es die einfachste Sache der Welt sei, das ganze System zu ändern. Dafür brauchte es nur die Idee, zurück zu den Wurzeln zu gehen.
Und das war sein Ende. Er war zu gut. Denn als wir erkannten, wie falsch wir die ganze Zeit gelegen hatten, dass wir uns ständig selbst belogen hatten, und dass es nur einer einzigen Stimme bedurft hatte, um das zu erkennen, begannen wir Alle die Last unseres Versagens zu spüren. Die Schuld erdrückte uns, die Scham quälte uns, und so kam es, wie es kommen musste: Wir begannen die Stimme zu hassen, die uns unsere Fehler aufgedeckt hatte.“
Und Nichts als Wut liegt in seiner Stimme, als er weiter erzählt.
„Es dauerte nicht lange, bis wir uns zusammenfanden, spontan, ohne Absprache, und gemeinsam Khalim töteten, Toorc, Ismail, Bremm, Maffer, Wyand und ich. Das Schlimmste war eigentlich, wie gelassen er dies hinnahm – als hätte er es schon erwartet, als hätte er sich schon vor langer Zeit mit seinem Schicksal abgefunden. Ich war es, der seinen eigenen Kultflegel nahm und ihm damit den Schädel einschlug, seine Seele entgültig aus dem geschundenen Körper befreite...
Und mein unglaublicher Fehler wurde mir schlagartig bewusst. Khalim hatte nur Recht gehabt, und wir wussten das sogar, warum taten wir das? Aber die Antwort war klar, gewusst hatten wir es Alle, es war Mephisto. Doch der Hass hatte uns vergessen lassen, was für Folgen unsere Tat haben würde, und plötzlich sah ich durch dessen Schleier, kam zur Vernunft. Ich fragte mich, ob es Khalims Einfluss noch über den Tod hinweg sein könnte, ob seine Seele uns auf dem Weg in den Himmel etwas mitgegeben hatte...aber die anderen fünf waren in reinster, gehässigster Freude vereint, genossen das Töten und zeigten nicht das geringste Bisschen Reue. Schnell schloss ich mich ihnen an, bevor sie etwas merkten, und ich musste mit mildem Erschrecken erkennen, dass es mir nicht besonders viel Mühe bereitete.
Ja, wir waren von Mephisto verdorben worden – und es gab kein Zurück mehr. Mir war völlig gleichgültig, dass es geschehen war, ich spüre nicht einmal große Schuld, aber meine Vernunft sagte mir, dass ich nicht zulassen durfte, dass Mephisto gewann. Denn wenn ich etwas nie ausstehen konnte, war es, Andere Macht über mich haben zu lassen. Meine Rebellion begann mit Khalims Tod, und glücklicherweise stellte ich schnell fest, was bei mir anders war als bei meinen Mitverschwörern; ich hatte Khalims Kultflegel geführt.
Als unser inoffizieller Anführer – ich war immer als aussichtsreicher Kandidat für die nächste Wahl zum Que-Hegan gehandelt worden, nach Sankekur natürlich – konnte ich meine Theorie überprüfen, indem ich Khalims Leiche für mich zum Schänden forderte. Tatsächlich gewann ich eine geradezu beängstigende Klarheit, als ich mich alleine mit ihr auf engstem Raum befand...ich umarmte seinen toten Körper und weinte das letzte Mal in meinem Leben.
Da wusste ich, was zu tun war. Nur Khalim hatte die Macht besessen, durch Mephistos Betrug zu sehen; er würde noch im Tod helfen können, diesen aufzuheben. Bevor Sankekur nicht mehr verbarg, dass er zu Mephisto geworden war und der Hohe Rat nur noch zu einer kompletten Marionette verkam, ließ ich Khalims Leiche zerstückeln und sein Auge, sein Hirn und sein Herz gut verstecken. Mephisto wusste natürlich davon, dass er sich immer seinem Einfluss entziehen konnte, deswegen hatte er uns ja auch eingegeben, ihn zu töten; ich rechtfertigte meine Tat also damit, kein Teil von Khalim in der Nähe der Tempelstadt haben zu wollen und ließ sie von starken Dienern bewachen.“
„Du hast die Organe versteckt? Und...es sind drei Stück?“
„Ja. Der Rest des Körpers wurde verbrannt.“
Der Meister fasst sich an die Stirn.
„Scheiße. Aber halt, es ist hervorragend, dass wir dich hier haben – wo ist das Herz?“
„Ihr wisst das nicht? In meiner Nachricht waren auch die Orte verzeichnet!“
„...welche Nachricht?“
Geleb atmet kurz tief durch, dann gibt er zwischen zusammengebissenen Zähnen eine Antwort.
„Ihr wollt mir nicht sagen, dass Ihr quasi zufällig die anderen beiden Organe gefunden habt? Und offenbar wisst Ihr auch von ihrer Wichtigkeit?“
„Nun, Deckard Cain hat uns den Weg gewiesen.“
„Oh.“
Geleb überlegt.
„Der Mensch hat seine Quellen...eigentlich hatte ich einen anderen Empfänger vorgesehen gehabt...aber in den Unwägbarkeiten der heutigen Zeit kann ich froh sein, dass sie überhaupt angekommen ist. Ihr habt Auge und Hirn also bei Euch, ja? Zark und Endugu waren hoffentlich keine großen Probleme.“
Der Meister hüstelt.
„Na ja. Wie mans nimmt. Was ist jetzt mit dem Herzen?“
„Es liegt in der Kanalisation. Bewacht von Eisfalke Riftflügel. Er ist ein Düstertier, marginal intelligenter als die anderen Biester seiner Art. Ihr solltet es schnell beschaffen können, denn die Zeit drängt.“
„Das ist ja beruhigend. Nun...den Flegel werden wir auch brauchen können, oder?“
„In der Tat. Deswegen müsst Ihr mich nun töten.“
Eine Sekunde lang ist es völlig still.
„Bitte wie?“
„Es ist doch wohl logisch, General! Nur durch das Halten dieses Gegenstandes kann ich Mephistos Einfluss überhaupt so weit widerstehen, dass ich meine Rebellion aufrecht erhalten kann. Ich habe vor meiner Transformation – seit ihr muss ich das zum Glück nicht mehr – mit ihm in der Hand geschlafen, ihn nie von meinem Gürtel weggelegt, als Trophäe angeblich, aber immer, wenn der Hass mich übermannte, musste ich ihn bereit haben, sonst wäre ich erneut verloren gewesen.
Wenn ich ihn also an Euch abtrete, werde ich verloren sein, endgültig verdammt. Mephisto wird erkennen, was ich getan habe, und mich sofort dazu bringen, Euch zu töten. Ihr könntet mich natürlich fesseln oder Ähnliches, aber um ehrlich zu sein will ich so nicht weiterleben. Ich habe lange darüber nachgedacht – die Zeit hatte ich – und es ist nicht so, als würde ich Ekel verspüren, Selbsthass oder dergleichen, aber wenn ich rational darüber nachdenke, ist es schon schrecklich, was mit mir geschehen ist. Irgendwie.“
Der Meister flüstert eine Frage.
„Es ist, als würde dich Nichts mehr auf der Welt kümmern, als wäre dir Alles egal?“
Geleb ist spürbar überrascht.
„Ja...ja, genauso ist es. Spürt Ihr etwa Ähnliches?“
Der Meister lässt den Kopf hängen.
„Ich...weiß nicht. Vielleicht bin ich auf einem solchen Weg. Ist es...schlimm für dich?“
„Nein. Natürlich nicht. Es ist leer. Ich denke, meine Seele ist längst verdammt, dieser Körper ist nur noch eine Hülle, voller Gedanken, aber ohne Gefühle. Wie schon gesagt, wenn ich nicht wüsste, dass Khalim es ist, der mich stützt, wüsste ich nicht einmal, warum ich Euch eigentlich helfe. Die Erkenntnis allein, dass ich aktiv mitgeholfen habe, dem Bösen zum Sieg zu verhelfen, hätte nicht gereicht, um mich dazu zu bringen. Es wäre mir eben völlig egal gewesen.“
Der Meister ist bleich.
„Was für ein schreckliches Schicksal...“
„Nun, es ist gar nicht so schrecklich, zumindest fühle ich mich ja nicht schlecht. Was letztlich meiner Entscheidung den Ausschlag gegeben hat...ich habe mich erinnert, bevor ich Priester wurde, war ich in ein Mädchen verliebt. Eine Jugendsache, über die ich hinweggekommen bin, musste ich ja für das Gelübde, und ich habe mich immer daran gehalten.
Gestern habe ich ihre Leiche auf einen der Stapel da draußen gelegt. Ich sah ihr Gesicht, erkannte es wieder, hielt kurz inne, und dachte daran, wie ich früher für sie empfunden hatte. Was fand ich? Nichts. Ich wusste, dass es schön gewesen war, aber meine Erinnerung war wie ein abstraktes Gemälde, das einen Geruch darstellen soll – man kann nicht durch die Augen riechen. Ich warf sie zu den anderen und empfand echtes Bedauern, dieses Gefühl von damals nicht mehr nachvollziehen zu können. Da stand mein Entschluss fest, ich würde den Flegel Euch nur übergeben, wenn Ihr mich tötet.“
Der Meister hat betroffen die Hand vor den Mund geführt.
„Ich habe sie getötet...und womöglich sogar ein Skelett aus ihrer Leiche gemacht...“
Nein...vermutlich habe ich sie getötet. Himmel...
„Es ist mir egal. Vielleicht sollte ich Euch dafür hassen, aber Khalims Einfluss sorgt dafür, dass ich nur leichten Ärger verspüren kann. Bald ist auch das vorbei und ich kann in den Feuern der Hölle wieder echte Reue spüren. Ich freue mich geradezu darauf. Bevor ihr mich ins Jenseits befördert, ein paar Hinweise. Für unseren Verdienst, Khalim zu töten, sind uns sechs spezielle Fertigkeiten verliehen worden, in Korrespondenz zu unseren Titeln. Wie Ihr bemerkt haben werdet, waren nur drei von uns gegen Euch hier oben aufgestellt – Bremm, Wyand und Maffer warten im Kerker auf Euch. Seid extrem vorsichtig. Damit Euere Chancen steigen, könnt Ihr Travincal plündern – neben einer Menge nutzlosen Tands gibt es ein Gebäude, in dem Heilelixiere gelagert sind. Es ist das kleine Gebäude schräg links von hier, erkennbar an dem Totenkopf innen über dem Eingangstor. Mit Edelsteinaugen, wenn Ihr die braucht, brecht sie heraus, Kurast ist besser dran ohne die Symbole der Fehler der Vergangenheit.“
„Ich...ich weiß nicht, was ich sagen soll, Geleb.“
„Dann lasst es. Tötet mich einfach. Ich für meinen Teil habe Nichts mehr zu sagen.“
„Aber ich kann doch nicht...“
Ich schon.
Du wirst aber nicht.
Ha, denkst du, du kannst das?
Nein! Er ist völlig hilflos, ich kann ihn doch nicht einfach...exekutieren!
War seine Geschichte so rührend? Er ist böse, seine Seele ist längst verdammt, er will sterben, wie viel mehr braucht es noch? Wann wirst du begreifen, dass manche Dinge getan werden müssen?
Aber solche Dinge...
Der Meister atmet tief durch. Geleb bleibt ganz ruhig.
„Ihr könnt, nicht wahr?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht. Aber...ich will nicht töten können.“
„Nun, Ihr habt keine Wahl, nicht? Lasst es aber den Golem machen...wenn ich sterbe, werde ich explodieren.“
Der Meister sieht uns schief an.
„Der Golem...soll nicht töten. Er hasst das. Und das ist gut so.“
„Ihr habt eine Kampfmaschine, die nicht töten will? Ganz abgesehen davon...er ist doch nur da, um Eueren Willen auszuführen, was soll das also?“
„Der Golem ist mehr als das, Geleb! Er hat seinen eigenen Willen! Und ich weiß, dass er nicht gerne tötet, also muss ich das eben tun! Mich stört es ohnehin weniger als ihn. Die Skelette, die haben keinen eigenen Willen. Sie können als mein verlängerter Arm fungieren.“
Es stört ihn weniger als mich...aber das ist ja das Schlimme. Und er erkennt auch, dass es nicht richtig ist.
Das heißt...
Ach, verdammt.
„Gibt es nicht noch irgendeine Möglichkeit? Geleb, Ihr könnt sicher noch gerettet werden!“
„Nach dem, was ich getan habe, Golem? Ha! Meine Seele ist für die Hölle bestimmt, mein Körper wäre ohnehin entstellt. Nein...spart mir das Gerede, gebt mir ein schnelles Ende.“
„Es gibt immer Hoffnung...“
„In zehn Sekunden werde ich Euch den Flegel zuwerfen, General. Dann bricht Mephistos Einfluss über mich herein, und ich werde versuchen, Euch zu töten. Dann habt Ihr keine Wahl mehr, ist Euch das lieber? Wenn Ihr aber Pech habt, schaffe ich es noch, Euch Schaden zuzufügen, das sollte Euch bewusst sein. Viel Erfolg auf Euerem Weg, Ihr habt einen harten gewählt, mögt Ihr ihn bezwingen, nicht er Euch.“
Der Meister tritt einen Schritt zurück...und die Skelette treten heran.
„Nein...nein, ich erfülle Eueren letzten Wunsch, Geleb. Auch, wenn mir das gar nicht gefällt.“
Das...das darf er nicht! Nein! Noch ist er völlig hilflos, und...der Meister lenkt zu schnell ein...
Er ist eben vernünftiger als du, sieh es ein.
Vernunft? Soll ich dir was sagen über Vernunft? Du kannst dir deine Vernunft sonst wohin stecken, hier geht es um einen Kampf der Gefühle! Wenn der Hass gewinnt, haben wir Alle verloren. Und der Meister geht nicht auf diesen Weg!
„General, ruf die Skelette zurück. Du tötest keinen hilflosen Gefangenen.“
„Golem...du hast ihn gehört, er will es so, und ich sehe wirklich keine Möglichkeit...“
„Ich eben auch nicht mehr. Aber wenn hier Jemand ein Verbrechen begeht, dann einer, der nur Diener ist, nicht Meister.“
Und damit reiße ich meine Schwerter auseinander und köpfe Geleb Flammenfinger.