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So... da ist es!
Kurz noch ein Wort zum weiteren Verlauf der Story:
Ich werde definitv weiterschreiben, aber wegen der Klausuren (zieht sich bis Juli) werden die Updates eher sporadisch werden.
Im Garten sprießt auch fleißig das Unkraut, dass ist bei all der Lernerei irgendwie ein besserer Ausgleich
Aber egal, hier erstmal:
„Sag schon, wo wird Sadira versteckt?“
Ivon hielt es vor lauter Ungeduld kaum noch auf seinem Sitz aus.
Auch Skadhi hatte sich in Erwartung gespannt nach vorne gelehnt und taxierte die Schlange mit ihrem Blick.
Es schien, als würde ein breites Grinsen über das schmale Maul der Schlange gleiten.
„Nun, bevorrr ichhh Euchhh dassss sssage, müsssst Ihhhrrr etwasss fürrr michhh errrledigen.“
„Was?“, schrieen Skadhi und Ivon wie aus einem Mund.
„Hör mal“, setzte Skadhi an, „es geht hier um unsere Freundin, die wahrscheinlich in großer Gefahr ist, und du...“
„Du willst uns noch vorher gemütlich durch die Gegend schicken?“, vollendete Ivon den Satz.
„Jede Sekunde zählt!“, ergänzte Skadhi.
Das Reptil blinzelte unberührt.
„Ohhhne dassss, worrum ichhh Euchhh bitten will, werrrdet Ihrrr nichhht einmal in Sssadirrrasss Nähhhe kommen! Ssselbsst, wenn ichhh Euchhh den Namen dess Orrtess nenne, wüssstet Ihhrr nichht, wo Ihhrr mit dem Sssuchhhen anfangen sssolltet.“
Entspannt lehnte sich die Priesterin des Sonnenkultes in ihre Polster zurück. Scheinbar gelassen erwartete sie eine Antwort.
Ivon und Skadhi tauschten kurz Blicke.
„Worum geht es?“, fragte Ivon schließlich mit barscher Stimme.
„Ihhhrr kennt die Zssitadelle?“, entgegnete die Schlange.
„Das große Gebäude mitten in Lut Gholein?“, versicherte sich Skadhi.
„Ja.“
Die Schlange nickte.
„Ihhrr sssollt einen Weg fffinden, einen Gefffangenen zssu befffrrrreien.“
„Aber...“, hub Ivon an.
Energisch schüttelte Sssslarrrk den Kopf, so dass ihre Kapuze mitschwang.
„Ichhh dulde keinen Widerrrsprrruchh“, erklärte sie, „sssehht esss alsss Bewähhrrungssprrobe. Wenn Ihrr diessse Auffgabe nichht errrfffüllen könnt, dann werrdet Ihhrr auchh Eurre Fffrrreundin nichht rrretten können!“
Betreten wechselten Ivon und Skadhi Blicke.
Ungerührt fuhr Sssslarrrk fort: „Die gesssuchhte Perrrssson beffindet ssichh im unterrrsssten Verrliesss derrr Zssitadelle. Esss wirrd nichht leichht sssein, in die Zssitadelle zu gelangen, dochhh wenn Ihhhr errrssst einmal drrinnen ssseid, werrdet Ihhrr nurrr aufff wenige Wachhen sstosssen!
„Am bessten wärre esss, wenn Ihhhrr Euchhh sssogleichhh aufff den Weg machhht! Ihhhrr hhabt keine Zsseit zssu verrlierren.“
„Tja, dann...“
Ivon fühlte sich überrumpelt, aber Skadhi und er würden wohl tun müssen, was die Sssslarrrk von ihnen verlangte.
Er erhob sich von seinen Polstern.
„Eine Frage noch, Sssslarrrk!“
Die Schlange züngelte, vollführte aber dann eine Geste, die wohl ein menschliches Kopfnicken imitieren sollte.
„Wohin sollen wir dir die Person dann bringen, sobald wir sie haben?“
Ivon legte seine Stirn fragend in Falten
„Ihr Ausbruch wird wahrscheinlich nicht lange unentdeckt bleiben“, vermutete Skadhi.
Langsam wiegte sich das Reptil hin und her, so, als würde es nachdenken.
Schließlich erklärte es: „Errrzssähhhlt derrr Perrssson von Eurrem Prroblem, denn sssie isst diejenige, die Euchh am bessten hhelfffen kann!“
„Einss noch...“, sagte Sssslarrrk unvermittelt und glitt in den hinteren Teil des Raumes. Sie schien etwas aus den dort gelagerten Körben zu nehmen, dann näherte sie sich wieder Ivon an.
Als sie direkt vor ihm stand, erkannte er erst, wie groß die Schlange war: sie überragte ihn bestimmt um mehr als eine Kopfeslänge.
Aus den Falten des Umhangs löste sich eine Klaue: giftgrüne, mit braunen Flecken übersäte Schuppen zierten sie. Kurze, gebogene Finger hielten etwas Kleines.
Ssslarrrk streckte die Klaue aus und hielt den kleinen Gegenstand Ivon hin.
„Dasss issst Eurresss, wenn ichhhh michhh rrrrechhht errrinnerrre“, erklärte sie bestimmt.
Als Ivon das kleine Stäbchen mit der Kristallkugel obendrauf, welche sich sofort zu einem satten Orange verfärbte, ergriff, erkannte er, dass die Schuppenhaut des Reptils an manchen Stellen matt und grau aussah.
Er hatte keine Chance, die befallenen Schuppen genauer zu betrachten, denn blitzartig hatte Sssslarrrk ihre Klaue wieder unter den schweren Stoff der Kutte geschoben.
Erst dann erkannte Ivon, was er in den Händen hielt.
„Das ist ja Eschutas Temperament!“, rief er aus.
„Gott sei Dank“, ertönte Skadhis Stimme neben ihm, „ich habe mir schon solche Vorwürfe gemacht, dass ich es fallen gelassen habe!“
Sssslarrrk nickte sanft.
„Und ichhh hhhabe essss aufffgehhoben“, erklärte sie schlicht.
„Jetzsst machht, dasss Ihhhrr Eurre Auffgabe errfffüllt. Euchh bleibt nurrr wenig Zsseit!“
Mit diesen Worten schob die Schlange Ivon und Skadhi zur Tür hinaus.
Kaum waren beide auf der Straße angelangt, schloss sich die brüchige Tür auch schon wieder hinter ihnen.
Skadhi kratzte sich nachdenklich am Kopf.
„Hm, am besten ist wohl, wir kehren in die Herberge zurück und packen das Nötigste zusammen. Vielleicht verwahrt der Wirt unser restliches Gepäck – und vielleicht können wir irgendwann hierher zurückkehren und es wiederholen.“
Entschlossen setzte sich Ivon in Bewegung.
„Na, hoffentlich finden wir hier jetzt aus diesem Straßengewirr hinaus!“
Sie fanden.
Sie gingen einfach den Weg zurück, den sie bei der Verfolgung der Schlange gegangen waren.
Doch anstatt dass sie sich in dem verfallenen Elendsviertel wiederfanden, führte sie dieselbe Straße auf einen der belebten kleinen Marktplätze, die es zuhauf in den Vierteln der normalen Bevölkerung gab.
„Es ist schon seltsam...“ fing Skadhi völlig verwirrt den Satz an, doch Ivon unterbrach sie abrupt: „Lass es einfach, Skadhi. Ich will gar nicht wissen, wie das jetzt wieder vonstatten gegangen ist...“
Schweigend liefen sie durch die Straßen zum Wirtshaus.
Dort angekommen, ging jeder in sein Zimmer und packte in aller Eile das Nötigste zusammen, den Rest verwahrte ihnen ihr Wirtsherr für einen geringen Obolus in seinem Kellergewölbe.
Schweren Herzens ließ Ivon auch seinen Zweihänder zurück; war er mit ihm doch noch nicht so geschickt wie mit Schild und Schwert.
Außerdem würde ihn die große Klinge nur auf der Flucht aus Lut Gholein behindern.
So um ihr Gepäck erleichtert, trafen sich Ivon und Skadhi im Schankraum.
Skadhi, trotz des rechten Arms in der Schlinge, hatte ihren Speer mitgenommen und hielt ihn fest in der unversehrten linken Hand.
Ivon runzelte bei ihrem kampfbereiten Anblick die Stirn, sagte aber nichts dazu.
Die beiden schulterten ihre Bündel, bezahlten die noch ausstehende Zeche und machten sich auf den Weg zur Zitadelle.
Varla stieß sie mit einer Härte von sich, dass Naeemah mit dem Kopf voran gegen die Wand stolperte.
Betäubt sackte sie zusammen; vor ihren Augen tanzten grelle Lichtpunkte. Ihr Blick verschwamm und die Welt trübte sich ins Schwarz.
Nur am Rande bekam Naeemah mit, wie Varla und ihre Wachen die Zelle verließen.
Sie wusste anschließend nicht mehr, wie lange sie am Boden gelegen hatte, doch als sie sich immer noch benommen aufrichtete, stachen ihr helle Lichter in die Augen.
Außerdem fühlte sich ihr Kopf ungewohnt leicht an, als hätte man ihr ein großes Gewicht abgenommen.
Ihre tastende Hand erfühlte als erstes eine Schwellung auf dem Kopf, die sich mit Sicherheit noch in eine schöne Beule verwandeln würde.
Als sich ihre Hand suchend ihrem Nacken näherte, erstarrte Naeemah mitten in der Bewegung.
Unfähig, das Ertastete richtig zu begreifen, zog sie die Hand zurück, nur, um sie ein weiteres Mal nach ihrem Nacken auszustrecken.
Doch das Ergebnis blieb dasselbe: Ihre schlanken Finger tastete zwar noch eine Fülle von seidig weichen Haaren, doch die Länge stimmte nicht mehr.
Varla hatte ihr das Haar knapp unterhalb der Schultern abgetrennt und sie somit zu einer Entehrten gemacht.
Naeemah hatte, wie jedes hochrangige Mitglied ihres Ordens, ihre Haare seit dem Beginn ihrer Novizenzeit nicht mehr gravierend gekürzt und dadurch ihren Status als wichtigste Kriegerin unterstrichen.
Der Verlust ihrer Haare machte Naeemah nicht nur ihre ausweglose Situation deutlich, er unterstrich noch einmal Naeemahs gesellschaftlichen Tod: In ganz Sanktuario würde sie jeder Eingeweihte als Ausgestoßene erkennen und durfte sie wie ein Tier hetzen und zur Strecke bringen, sollte sie jemals wieder aus diesem Kerker herauskommen.
Naeemah unterdrückte das Seufzen in ihrer Kehle, ergriff zaghaft eine abgetrennte Haarsträhne, die Varla wohl nachlässig zu Boden hatte gleiten lassen, und kuschelte sich so gut es ging an die kalte Steinwand an.
Unter dröhnenden Kopfschmerzen wünschte sie sich nichts sehnlicher als Mellilahs Anwesenheit, bis sie schließlich durch einen leichten Dämmerschlaf von ihren Gedanken erlöst wurde.
„Was hältst du davon, wenn wir unsere Sachen erst mal hier in diesen Busch legen?“, fragte Skadhi nachdenklich Ivon, der konzentriert auf die dicken Mauern der Zitadelle starrte.
Beide hatten ohne Probleme den großen Vorplatz erreicht; in ihrer Reisekleidung waren sie trotz Bewaffnung nicht aufgefallen, weil gerade allem Anschein nach eine Karawane mit vielen Reisenden angekommen war.
Skadhi und Ivon hatten sich mühelos unter den Strom Menschen mischen können, der sie durch die Hauptstraßen zur Zitadelle führte.
Dort hatten sie sich an eine der Bepflanzungen gesetzt und versuchten nun, wie erschöpfte Reisende auszusehen.
„Überhaupt keinerlei Schwachpunkt im Wachwechsel zu erkennen“, murmelte Ivon in Gedanken versunken vor sich hin.
Erst auf einen Ellenbogenstoß von Skadhi schreckte er hoch.
„Bitte, Skadhi? Was hast du gesagt?“
Belustigt blickte die junge Frau Ivon an.
„Ich sagte, Herr hakim, dass es unter Umständen klug wäre, wenn wir unser Gepäck ganz unauffällig unter das Gebüsch hier schieben. Es ist so dicht, dass niemand unsere Sachen sehen wird – und uns behindert dann kein sperriges Bündel auf dem Rücken, falls es zum Kampf kommt. Und der nächste Ausgang der Stadt ist sowieso diese Hauptstraße hinunter...“
Skadhi wies mit dem Finger in eine Richtung.
„Demzufolge kommen wir sowieso hier noch einmal vorbei und können unsere Habe dann mitnehmen.“
Verblüfft sah Ivon Skadhi in die Augen. Daran hatte er noch gar nicht gedacht.
„Das ist sogar eine sehr gute Idee!“, lobte Ivon, „schaffst du es, die Bündel in das Unterholz zu schieben?“
Skadhi nickte kurz.
„Ja, aber am besten ist, wir warten noch etwas, bis die Dämmerung einbricht. Ich bin auch der Meinung, wir sollten unser Vorhaben erst umsetzen, wenn die meisten Leute schon schlafen, dann haben wir weniger Zeugen.“
Ohne Ivons Antwort abzuwarten, legte sie ihren Kopf auf seine Schulter und schloss schläfrig die Augen.
Sie würde es nie zugeben, doch die Verletzung hatte ihrer Kondition mehr zugesetzt, als sie geglaubt hatte.
Ihre Linke war nicht darauf trainiert, den schweren Speer zu tragen, doch ohne Waffe fühlte sie sich so nutzlos.
In dieser Position verharrten beide bis kurz nach Einbruch der Dämmerung.
Als das Zwielicht die Stadt in seinen grauen Nebel tauchte und die Menschen in ihre Häuser eilten, schob Skadhi flugs die zwei Bündel unter die dichtbelaubten Äste des Busches in ihrem Rücken.
Endlich erhob sich Ivon und reichte dann Skadhi seine Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen.
Doch Skadhi schlug seine Hand aus und stützte sich stattdessen mit ihrem Speer vom Boden hoch.
Mit einem Seitenblick auf die gut gerüsteten Torwächter der Zitadelle fragte Ivon: „Und, hast du eine Idee, wie wir da jetzt hineinkommen? Ich fürchte, ein direkter Angriff erregt zu viel Aufsehen, und ein schnelles Ausschalten wird wegen der Anordnung der Mauern her nicht möglich sein.“
Skadhi biss sich auf die Unterlippe.
„Hm, lass uns mal da hinüber gehen...“
Sie zeigte auf eine kleine Mauernische, welche durch die Ausbuchtungen der Schießscharten am Torbogen und an der Außenmauer entstand.
Ivon folgte Skadhi in einem weiten Bogen; so konnten sie sich unauffällig in die dunkle Ecke drängen.
„Und nun?“, wisperte Ivon gespannt.
„Psst, Ivon, ich muss mich mal ein paar Minuten konzentrieren. Das ist jetzt wirklich schwierig für mich!“, flüsterte Skadhi zurück.
„In Ordnung“, stimmte Ivon zu.
Skadhi lächelte ihn noch einmal flüchtig an, dann lehnte sie sich gegen die Sandsteinmauer der Zitadelle und schloss die Augen.
Kurz noch ein Wort zum weiteren Verlauf der Story:
Ich werde definitv weiterschreiben, aber wegen der Klausuren (zieht sich bis Juli) werden die Updates eher sporadisch werden.
Im Garten sprießt auch fleißig das Unkraut, dass ist bei all der Lernerei irgendwie ein besserer Ausgleich
Aber egal, hier erstmal:
Kapitel IX - Teil IV
„Sag schon, wo wird Sadira versteckt?“
Ivon hielt es vor lauter Ungeduld kaum noch auf seinem Sitz aus.
Auch Skadhi hatte sich in Erwartung gespannt nach vorne gelehnt und taxierte die Schlange mit ihrem Blick.
Es schien, als würde ein breites Grinsen über das schmale Maul der Schlange gleiten.
„Nun, bevorrr ichhh Euchhh dassss sssage, müsssst Ihhhrrr etwasss fürrr michhh errrledigen.“
„Was?“, schrieen Skadhi und Ivon wie aus einem Mund.
„Hör mal“, setzte Skadhi an, „es geht hier um unsere Freundin, die wahrscheinlich in großer Gefahr ist, und du...“
„Du willst uns noch vorher gemütlich durch die Gegend schicken?“, vollendete Ivon den Satz.
„Jede Sekunde zählt!“, ergänzte Skadhi.
Das Reptil blinzelte unberührt.
„Ohhhne dassss, worrum ichhh Euchhh bitten will, werrrdet Ihrrr nichhht einmal in Sssadirrrasss Nähhhe kommen! Ssselbsst, wenn ichhh Euchhh den Namen dess Orrtess nenne, wüssstet Ihhrr nichht, wo Ihhrr mit dem Sssuchhhen anfangen sssolltet.“
Entspannt lehnte sich die Priesterin des Sonnenkultes in ihre Polster zurück. Scheinbar gelassen erwartete sie eine Antwort.
Ivon und Skadhi tauschten kurz Blicke.
„Worum geht es?“, fragte Ivon schließlich mit barscher Stimme.
„Ihhhrr kennt die Zssitadelle?“, entgegnete die Schlange.
„Das große Gebäude mitten in Lut Gholein?“, versicherte sich Skadhi.
„Ja.“
Die Schlange nickte.
„Ihhrr sssollt einen Weg fffinden, einen Gefffangenen zssu befffrrrreien.“
„Aber...“, hub Ivon an.
Energisch schüttelte Sssslarrrk den Kopf, so dass ihre Kapuze mitschwang.
„Ichhh dulde keinen Widerrrsprrruchh“, erklärte sie, „sssehht esss alsss Bewähhrrungssprrobe. Wenn Ihrr diessse Auffgabe nichht errrfffüllen könnt, dann werrdet Ihhrr auchh Eurre Fffrrreundin nichht rrretten können!“
Betreten wechselten Ivon und Skadhi Blicke.
Ungerührt fuhr Sssslarrrk fort: „Die gesssuchhte Perrrssson beffindet ssichh im unterrrsssten Verrliesss derrr Zssitadelle. Esss wirrd nichht leichht sssein, in die Zssitadelle zu gelangen, dochhh wenn Ihhhr errrssst einmal drrinnen ssseid, werrdet Ihhrr nurrr aufff wenige Wachhen sstosssen!
„Am bessten wärre esss, wenn Ihhhrr Euchhh sssogleichhh aufff den Weg machhht! Ihhhrr hhabt keine Zsseit zssu verrlierren.“
„Tja, dann...“
Ivon fühlte sich überrumpelt, aber Skadhi und er würden wohl tun müssen, was die Sssslarrrk von ihnen verlangte.
Er erhob sich von seinen Polstern.
„Eine Frage noch, Sssslarrrk!“
Die Schlange züngelte, vollführte aber dann eine Geste, die wohl ein menschliches Kopfnicken imitieren sollte.
„Wohin sollen wir dir die Person dann bringen, sobald wir sie haben?“
Ivon legte seine Stirn fragend in Falten
„Ihr Ausbruch wird wahrscheinlich nicht lange unentdeckt bleiben“, vermutete Skadhi.
Langsam wiegte sich das Reptil hin und her, so, als würde es nachdenken.
Schließlich erklärte es: „Errrzssähhhlt derrr Perrssson von Eurrem Prroblem, denn sssie isst diejenige, die Euchh am bessten hhelfffen kann!“
„Einss noch...“, sagte Sssslarrrk unvermittelt und glitt in den hinteren Teil des Raumes. Sie schien etwas aus den dort gelagerten Körben zu nehmen, dann näherte sie sich wieder Ivon an.
Als sie direkt vor ihm stand, erkannte er erst, wie groß die Schlange war: sie überragte ihn bestimmt um mehr als eine Kopfeslänge.
Aus den Falten des Umhangs löste sich eine Klaue: giftgrüne, mit braunen Flecken übersäte Schuppen zierten sie. Kurze, gebogene Finger hielten etwas Kleines.
Ssslarrrk streckte die Klaue aus und hielt den kleinen Gegenstand Ivon hin.
„Dasss issst Eurresss, wenn ichhhh michhh rrrrechhht errrinnerrre“, erklärte sie bestimmt.
Als Ivon das kleine Stäbchen mit der Kristallkugel obendrauf, welche sich sofort zu einem satten Orange verfärbte, ergriff, erkannte er, dass die Schuppenhaut des Reptils an manchen Stellen matt und grau aussah.
Er hatte keine Chance, die befallenen Schuppen genauer zu betrachten, denn blitzartig hatte Sssslarrrk ihre Klaue wieder unter den schweren Stoff der Kutte geschoben.
Erst dann erkannte Ivon, was er in den Händen hielt.
„Das ist ja Eschutas Temperament!“, rief er aus.
„Gott sei Dank“, ertönte Skadhis Stimme neben ihm, „ich habe mir schon solche Vorwürfe gemacht, dass ich es fallen gelassen habe!“
Sssslarrrk nickte sanft.
„Und ichhh hhhabe essss aufffgehhoben“, erklärte sie schlicht.
„Jetzsst machht, dasss Ihhhrr Eurre Auffgabe errfffüllt. Euchh bleibt nurrr wenig Zsseit!“
Mit diesen Worten schob die Schlange Ivon und Skadhi zur Tür hinaus.
Kaum waren beide auf der Straße angelangt, schloss sich die brüchige Tür auch schon wieder hinter ihnen.
Skadhi kratzte sich nachdenklich am Kopf.
„Hm, am besten ist wohl, wir kehren in die Herberge zurück und packen das Nötigste zusammen. Vielleicht verwahrt der Wirt unser restliches Gepäck – und vielleicht können wir irgendwann hierher zurückkehren und es wiederholen.“
Entschlossen setzte sich Ivon in Bewegung.
„Na, hoffentlich finden wir hier jetzt aus diesem Straßengewirr hinaus!“
Sie fanden.
Sie gingen einfach den Weg zurück, den sie bei der Verfolgung der Schlange gegangen waren.
Doch anstatt dass sie sich in dem verfallenen Elendsviertel wiederfanden, führte sie dieselbe Straße auf einen der belebten kleinen Marktplätze, die es zuhauf in den Vierteln der normalen Bevölkerung gab.
„Es ist schon seltsam...“ fing Skadhi völlig verwirrt den Satz an, doch Ivon unterbrach sie abrupt: „Lass es einfach, Skadhi. Ich will gar nicht wissen, wie das jetzt wieder vonstatten gegangen ist...“
Schweigend liefen sie durch die Straßen zum Wirtshaus.
Dort angekommen, ging jeder in sein Zimmer und packte in aller Eile das Nötigste zusammen, den Rest verwahrte ihnen ihr Wirtsherr für einen geringen Obolus in seinem Kellergewölbe.
Schweren Herzens ließ Ivon auch seinen Zweihänder zurück; war er mit ihm doch noch nicht so geschickt wie mit Schild und Schwert.
Außerdem würde ihn die große Klinge nur auf der Flucht aus Lut Gholein behindern.
So um ihr Gepäck erleichtert, trafen sich Ivon und Skadhi im Schankraum.
Skadhi, trotz des rechten Arms in der Schlinge, hatte ihren Speer mitgenommen und hielt ihn fest in der unversehrten linken Hand.
Ivon runzelte bei ihrem kampfbereiten Anblick die Stirn, sagte aber nichts dazu.
Die beiden schulterten ihre Bündel, bezahlten die noch ausstehende Zeche und machten sich auf den Weg zur Zitadelle.
Varla stieß sie mit einer Härte von sich, dass Naeemah mit dem Kopf voran gegen die Wand stolperte.
Betäubt sackte sie zusammen; vor ihren Augen tanzten grelle Lichtpunkte. Ihr Blick verschwamm und die Welt trübte sich ins Schwarz.
Nur am Rande bekam Naeemah mit, wie Varla und ihre Wachen die Zelle verließen.
Sie wusste anschließend nicht mehr, wie lange sie am Boden gelegen hatte, doch als sie sich immer noch benommen aufrichtete, stachen ihr helle Lichter in die Augen.
Außerdem fühlte sich ihr Kopf ungewohnt leicht an, als hätte man ihr ein großes Gewicht abgenommen.
Ihre tastende Hand erfühlte als erstes eine Schwellung auf dem Kopf, die sich mit Sicherheit noch in eine schöne Beule verwandeln würde.
Als sich ihre Hand suchend ihrem Nacken näherte, erstarrte Naeemah mitten in der Bewegung.
Unfähig, das Ertastete richtig zu begreifen, zog sie die Hand zurück, nur, um sie ein weiteres Mal nach ihrem Nacken auszustrecken.
Doch das Ergebnis blieb dasselbe: Ihre schlanken Finger tastete zwar noch eine Fülle von seidig weichen Haaren, doch die Länge stimmte nicht mehr.
Varla hatte ihr das Haar knapp unterhalb der Schultern abgetrennt und sie somit zu einer Entehrten gemacht.
Naeemah hatte, wie jedes hochrangige Mitglied ihres Ordens, ihre Haare seit dem Beginn ihrer Novizenzeit nicht mehr gravierend gekürzt und dadurch ihren Status als wichtigste Kriegerin unterstrichen.
Der Verlust ihrer Haare machte Naeemah nicht nur ihre ausweglose Situation deutlich, er unterstrich noch einmal Naeemahs gesellschaftlichen Tod: In ganz Sanktuario würde sie jeder Eingeweihte als Ausgestoßene erkennen und durfte sie wie ein Tier hetzen und zur Strecke bringen, sollte sie jemals wieder aus diesem Kerker herauskommen.
Naeemah unterdrückte das Seufzen in ihrer Kehle, ergriff zaghaft eine abgetrennte Haarsträhne, die Varla wohl nachlässig zu Boden hatte gleiten lassen, und kuschelte sich so gut es ging an die kalte Steinwand an.
Unter dröhnenden Kopfschmerzen wünschte sie sich nichts sehnlicher als Mellilahs Anwesenheit, bis sie schließlich durch einen leichten Dämmerschlaf von ihren Gedanken erlöst wurde.
„Was hältst du davon, wenn wir unsere Sachen erst mal hier in diesen Busch legen?“, fragte Skadhi nachdenklich Ivon, der konzentriert auf die dicken Mauern der Zitadelle starrte.
Beide hatten ohne Probleme den großen Vorplatz erreicht; in ihrer Reisekleidung waren sie trotz Bewaffnung nicht aufgefallen, weil gerade allem Anschein nach eine Karawane mit vielen Reisenden angekommen war.
Skadhi und Ivon hatten sich mühelos unter den Strom Menschen mischen können, der sie durch die Hauptstraßen zur Zitadelle führte.
Dort hatten sie sich an eine der Bepflanzungen gesetzt und versuchten nun, wie erschöpfte Reisende auszusehen.
„Überhaupt keinerlei Schwachpunkt im Wachwechsel zu erkennen“, murmelte Ivon in Gedanken versunken vor sich hin.
Erst auf einen Ellenbogenstoß von Skadhi schreckte er hoch.
„Bitte, Skadhi? Was hast du gesagt?“
Belustigt blickte die junge Frau Ivon an.
„Ich sagte, Herr hakim, dass es unter Umständen klug wäre, wenn wir unser Gepäck ganz unauffällig unter das Gebüsch hier schieben. Es ist so dicht, dass niemand unsere Sachen sehen wird – und uns behindert dann kein sperriges Bündel auf dem Rücken, falls es zum Kampf kommt. Und der nächste Ausgang der Stadt ist sowieso diese Hauptstraße hinunter...“
Skadhi wies mit dem Finger in eine Richtung.
„Demzufolge kommen wir sowieso hier noch einmal vorbei und können unsere Habe dann mitnehmen.“
Verblüfft sah Ivon Skadhi in die Augen. Daran hatte er noch gar nicht gedacht.
„Das ist sogar eine sehr gute Idee!“, lobte Ivon, „schaffst du es, die Bündel in das Unterholz zu schieben?“
Skadhi nickte kurz.
„Ja, aber am besten ist, wir warten noch etwas, bis die Dämmerung einbricht. Ich bin auch der Meinung, wir sollten unser Vorhaben erst umsetzen, wenn die meisten Leute schon schlafen, dann haben wir weniger Zeugen.“
Ohne Ivons Antwort abzuwarten, legte sie ihren Kopf auf seine Schulter und schloss schläfrig die Augen.
Sie würde es nie zugeben, doch die Verletzung hatte ihrer Kondition mehr zugesetzt, als sie geglaubt hatte.
Ihre Linke war nicht darauf trainiert, den schweren Speer zu tragen, doch ohne Waffe fühlte sie sich so nutzlos.
In dieser Position verharrten beide bis kurz nach Einbruch der Dämmerung.
Als das Zwielicht die Stadt in seinen grauen Nebel tauchte und die Menschen in ihre Häuser eilten, schob Skadhi flugs die zwei Bündel unter die dichtbelaubten Äste des Busches in ihrem Rücken.
Endlich erhob sich Ivon und reichte dann Skadhi seine Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen.
Doch Skadhi schlug seine Hand aus und stützte sich stattdessen mit ihrem Speer vom Boden hoch.
Mit einem Seitenblick auf die gut gerüsteten Torwächter der Zitadelle fragte Ivon: „Und, hast du eine Idee, wie wir da jetzt hineinkommen? Ich fürchte, ein direkter Angriff erregt zu viel Aufsehen, und ein schnelles Ausschalten wird wegen der Anordnung der Mauern her nicht möglich sein.“
Skadhi biss sich auf die Unterlippe.
„Hm, lass uns mal da hinüber gehen...“
Sie zeigte auf eine kleine Mauernische, welche durch die Ausbuchtungen der Schießscharten am Torbogen und an der Außenmauer entstand.
Ivon folgte Skadhi in einem weiten Bogen; so konnten sie sich unauffällig in die dunkle Ecke drängen.
„Und nun?“, wisperte Ivon gespannt.
„Psst, Ivon, ich muss mich mal ein paar Minuten konzentrieren. Das ist jetzt wirklich schwierig für mich!“, flüsterte Skadhi zurück.
„In Ordnung“, stimmte Ivon zu.
Skadhi lächelte ihn noch einmal flüchtig an, dann lehnte sie sich gegen die Sandsteinmauer der Zitadelle und schloss die Augen.