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[Story] Afterwards...

So, korrgiert ist. Danke dir Skuhsk :kiss:

An sich hat Naeemah wirklich nichts getan, außer für eine kleine Ohrfeige ist sie für nichts verantwortlich.
Ich glaube, diese Szene beschreibt den Charakter einer Assassine und gerade Naeemahs besonders gut - sie verfolgt ihre Ziele, auch wenn die Mittel nicht unbedingt die schönsten sind.
Als gelernter Meuchelmörder sollte man solch eine Situation rational abschätzen, der Gefangene stellt auf einer Wüstenreise nicht nur ein Hindernis, sondern sollte er zu Kräften kommen (was er bei Ivons Gluckenartigkeit würde), auch eine Gefahr dar, somit sollte man ihn, sobald er seinen Zweck erfüllt hat (er nennt nützliches Details oder weigert sich halt) "aus dem Weg schaffen".
Klingt kalt, ist aber das einzig richtige logische vorgehen - und wird von der Menschheit seit Jahrhunderten praktiziert. Spätestens bei der Ankunft am Reiseziel wird der Mann zur Last, man muss ihn ständig beobachten, damit er einem nicht in den Rücken fällt, bzw. die Fliege macht.

Mich freut aber, das du, -G4nd4lf-, tief genug in die Erzählung eingestiegen bist, um so mitzufühlen :)

Und morgen ist ja wieder Samstag!
 
Kapitel V - Teil III




Als sie endlich im Lager eintraf, war es schon tiefe Nacht. Trotzdem löste sich ein Schatten aus dem Feuerschein – Ivon erwartete Naeemah am Ende des Lichtscheins.
Stirnrunzelnd betrachtete er die näher kommende Reiterin, das Fehlen des Mannes fiel ihm schon von Fern ins Auge. Entschlossen trat er Naeemah in den Weg, griff selbstbewusst in die Zügel des Kamels und brachte es zum Stehen.
„Wo ist der Mann?“, fragte Ivon scharf. Kritisch betrachtete er das Gesicht der Kriegerin, versuchte sich keine Regung ihrer Gesichtszüge entgehen zu lassen.
„Welche Hälfte von ihm meint Ihr?“, entgegnete Naeemah gelassen und entriss Ivon mit einer geschickten Bewegung die Zügel. Sie trieb das Kamel zum Weiterlaufen an und bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Ivon angewurzelt, fast wie erstarrt, stehen blieb.
 
Kapitel VI



Missmutig vor sich hin pfeifend stand sie vor ihrer kostbaren Truhe und versuchte, die Kratzer, die die Klinge des Diebes hinterlassen hatte, wegzupolieren.
Sadira hatte aber auch allen Grund schlecht gelaunt zu sein. Eigentlich hatte sie ja ihren Söldner mit der wichtigen Aufgabe betraut, aber dieser faule Hund hatte sich, kurz nachdem das Zelt aufgebaut war, im schemenhaften Halbdunkeln verdrückt. Nicht einmal Essen hatte er ihr gebracht und dabei knurrte ihr Magen fürchterlich – sie hatte seit dem Morgen nichts mehr gegessen.
Allmählich fragte sie sich, was sie hier überhaupt tat. Diese ganze Reise, all die Strapazen waren bis jetzt ziemlich sinnlos gewesen und dabei hatten ihre Ordensschwestern ungemein wichtig getan, als sie ihr ihren ersten Auftrag verliehen.
Sie konnte sich erinnern, als ob es gestern gewesen wäre, damals, als sie vor gut 4 Monaten in die Heiligen Hallen der Vollversammlung gerufen wurde, sie, eine junge Novizin, die gerade erst ihren Abschluss bestanden hatte.
Sie war sehr nervös gewesen an diesem Tag, ihr ganzer Körper prickelte vor Erwartung, was die Ältesten von ihr wollen konnten. Möglicherweise war es aber auch der grobe Wollstoff des Sackkleides gewesen, welches sie vor den alten Schwestern hatte tragen müssen.
Obwohl die Vereinigung der Schwestern nur selten zusammentraf, weil sich die mächtigsten Frauen des Landes eher ungern mit ihren Konkurrentinnen umgaben, wurden die alten Rituale doch um so mehr gewahrt. Und eben diese Rituale schrieben vor, dass die Auserwählte in einem hässlichen, grauen Sackkleid in die Heiligen Hallen vor die Gemeinschaft der Mächtigen trat.
Langsam und zögerlich hatte Sadira einen Fuß vor den anderen gesetzt, ihre Schritte hallten auf dem hellen Marmorboden wieder und betrachtete nur durch die Wimpern hinauf ihre Umgebung. Der Raum war sehr prächtig, mit Säulenspalieren und Wandfliesen aus ebenso hellem Marmor, welche mit feinen Goldmalereien ziseliert waren. Hohe Buntglasfenster zierten die rechteckige Halle und das Licht fiel in farbigen Flecken auf den Boden.
Am schmalen Ende des geweihten Raumes saß die Gemeinschaft der Schwestern, sechs an der Zahl, je eine präsentierte eine Ecke des Symbols der weißen Magie.
Das war der erste und einzige Tag in ihrem Leben gewesen, dass Sadira eine Hohe Schwester gesehen hatte, aber sie erwartete, sie bei ihrer Rückkehr wieder zu sehen. Aber wie sollte sie ihnen erklären, dass ihr Auftrag gescheitert war?
Ausgewählt hatte man sie, eine der Besten des Jahrgangs, um auszuziehen und das freigesetzte Übel zu jagen. Hartnäckig hatte Sadira das große Übel verfolgt, vom Kloster der Jägerinnen, durch Sumpfstädte und Tempelanlage bis hin ins Hochland der Barbaren.
Doch wie schnell sie auch vorankam, irgendwer war immer schneller als sie. Die Jägerinnen des verborgenen Auges hatten die Auswüchse des Bösen bereits besiegt und waren gerade dabei in ihr Kloster zurückzusiedeln. Immerhin erleichterte dies Sadiras Reise, denn eine gutmütige, seltsam gekleidete Frau namens Akara schloss ihr bereitwillig das Tor zur Passstrasse nach Lut Gholein auf, und war dabei voll des Lobes über eine Gruppe Krieger, die sie in ihrem Kampf gegen die verdorbenen Schwestern unterstützt hatten.
Als Sadira nach einer langen und anstrengenden Reise endlich in der Wüstenstadt eintraf, stieß sie auf eine feiernde Stadt. Zwar war die Stadt und ihre Gebäude an vielen Stellen zerstört und es stank nach Verwesung, aber die Menschen feierten ausgelassen „die Befreiung von ihrer Bürde“, so hieß es, auch wenn viele Verluste zu beklagen waren.
Sadira wurde für ihren Geschmack zu lange in Lut Gholein aufgehalten, zuerst versuchte der dortige Hauseunuch sie mit einem schmutzigen Trick in den Harem zu locken und dann lag nicht einmal ein Schiff im Hafen.
Tagelang saß Sadira in einer zwielichtigen Spielunke mit ungenießbarem Essen und halbwegs sauberen Betten fest, immer bemüht, den dortigen Trunkenbold abzuwehren, und wartete ungeduldig auf das Transportschiff.
Sie war die erste die an Bord des Schiffes ging und auch die erste, die es wieder verließ.
Im Hafen der Südmetropole Kurast verließ sie die Planken und auch hier waren die Aufbauarbeiten in vollem Gange. Arbeiter rieten ihr, sich im schwarzen Tempel, dem ehemaligen Gefängnis Mephistopheles umzusehen, denn dort waren wohl die geheimnisvollen Kriegerinnen zuletzt hingereist. Angeblich sollte es dort auch ein Portal zu Mephistopheles Bruder Diablo geben, doch dies konnte man ihr nicht bestätigen.
Man wusste inzwischen von der Verbannung des Herren des Terrors und auch die bösen Kreaturen zogen sich allmählich aus der bewohnbaren Sumpfregion zurück.
Hier und da erspähte Sadira einen kleinen Schinder, doch ein Feuerball tat sein übriges, um die ansonsten sehr goldigen Lebewesen wieder ins Unterholz zu scheuchen.
Die Tempelanlage in Travincal war kaum der Rede wert. Natürlich war sie viel größer und besser ausgebaut als die Heiligen Hallen des Schwesternbundes, doch die travincalischen Tempel strahlten einfach keine Würde aus und bei Sadira stellte sich nur schwerlich das Gefühl der Erfurcht ein.
Gerade in dem Moment, als Sadira die ersten Stufen zum schwarzen Tempel hinabsteigen wollte, traf sie eine Welle freigesetzter Energie.
Die Wucht warf sie weit zurück zwischen die Wasserbecken des Vorplatzes, zwar schmerzte ihr Körper, doch ihr Geist schrie jubelnd auf. Wie elektrisiert fühlte sich Sadira, die Energie durchströmte sie von den Füßen bis zu den Haarspitzen, knisterte am ganzen Körper und wurde schließlich von Sadira absorbiert.
Mit einer schlechten Vorahnung betrat sie den Tempel und eilte hinunter.
Auf dem Weg zum letzten Stockwerk verlief sie sich zu allem Überfluss noch in den labyrinthartigen Gängen des Tempels. Ihre Unruhe steigerte sich bis ins unermessliche, misstrauisch grübelte sie darüber nach, was so einen gigantischen Energieausstoß hatte erzeugen können. Es musste etwas sehr mächtiges und wichtiges gewesen sein!
Neugierig betrat sie schließlich nach einigen Irrungen das letzte Stockwerk und fand es, wie erwartet, leer vor. Doch auch vom Portal war nichts zu sehen, nur ein runder Steg mündete in ein ausgetrocknetes Wasserbecken.
Wenn es dort unten je ein Portal gegeben hatte, dann war es nun nicht mehr dort.
Enttäuscht hatte sie die Ruinen des Altarraumes näher untersucht und auf dem auffällig angelegten Steg fand sie tatsächlich Spuren von dämonischer Portalmagie. Frustriert, wieder einmal zu spät gekommen zu sein, wollte sie sich mit einer Stadtportalrolle zurück ins Handelsviertel von Kurast transportieren, doch die Portalmagie versagte als sich die Rolle entfalten wollte, implodierte und hinterließ – nichts.
Erstaunt und aufs Höchste erzürnt hatte sie den Tempel per pedes verlassen.
Gerüchte im Händlerviertel umschwirrten Sadira wie Bienen den Honig, laut den kursierenden Meinungen sei Diablo, Herr des Schreckens, von zwei Kriegerinnen zur Strecke gebracht und verbannt worden.
Sadira hielt diese Erklärung für plausibel, denn der Tod Diablos konnte genug Energie freisetzten, um ein Portal zu sprengen.
Wenige Tage später kam ihr zu Ohren, dass Ba’al den Tod seiner Brüder rächen wollte und mit unverminderter Härte die Städte der Barbaren, insbesondere Harrogath, die Pforte ins südliche Land, angriff.
Sadira hatte sich unverzüglich auf den Weg gemacht, doch auch hier war sie zu spät. Auf dem Bergpfad, der zu den Hochebenen, traf sie eine weitere, wenngleich um einiges stärkere Energiewelle, die sie beinahe in den Abgrund schleuderte. Kurz darauf bebte die Erde und vom Gipfel des höchsten Berges schien ein geisterhaftes Licht.
In diesem Moment hatte Sadira genug, sie fühlte sich von den geistigen Führerinnen des Schwesternordens ziemlich an der Nase herumgeführt und beschloss in einem Anflug aus jugendlichem Elan, nur noch heimzukehren und den Hohen Schwestern gehörig die Meinung zu geigen.
Über letzteres würde sie eventuell noch einmal nachdenken, aber jetzt, wo sie hier mitten in der Wüste, mit dem schlimmsten Sonnenbrand ihres Lebens und einem widerspenstigen Söldner festsaß, flammten die Wut und die Frustration erneut auf.
Wütend rieb sie auf dem Schloss der Truhe herum, obwohl dieses schon funkelte und strahlte.
Geräuschvoll machte sich ihr Magen bemerkbar und so beschloss Sadira, sich etwas zu Essen zu besorgen. Als sie die Zeltplane des Einganges hob, traf sie auf Ivon, der wohl gerade auf dem Weg zu ihr gewesen war.
Sie mochte Ivon irgendwie – seine ruhige zurückhaltende Art fand sie angenehm und eines Mannes angemessen.
Deshalb fiel ihre Begrüßung auch etwas herzlicher aus, als sie es anderen Menschen zukommen lies: „Ivon, schön euch zu sehen! Wie geht es euch?“ Ivon antwortete nicht, sondern schüttelte nur traurig den Kopf.
 
Ich muss jetzt doch auch mal meine Rolle als stummer Mitleser verlassen und mein Lob über diese Story loswerden. Es ist ziemlich interessant, wie sich Sanktuario nach Baals Tod deiner Meinung entwickelt.
Bin schon gespannt, was dieses komische Vieh in der Kammer des Weltsteins war, dass sich die eine Assasine geschnappt hat. :read:

Und ein Fehler ist mir noch aufgefallen:
Auf dem Weg zum letzten Stockwerk verließ sie sich zu allem Überfluss noch in den labyrinthartigen Gängen des Tempels.
statt dem "verließ" sollte da wohl eher "verlief" hin, oder?

/me wartet schon auf das nächste Update :kiss:
 
Hey Engel,

erst mal respekt für deine Pünktlichkeit. Finde ich sehr cool, dass man deine Updates immer so schön regelmäßig erwarten kann. Danke dafür.

Gerade ist mir nur eine kleine Sache aufgefallen: per pedes - das passt finde ich nicht wirklich in diese Geschichte hinein. OK ich gebe zu der blick ins lexikon hat geholfen aber meiner Meinung nach gehören in eine Fantasy Story nicht unbedingt solche Fremdworte mit hinein. Mag sein, dass es Leute gibt, die da anderer Meinung sind.

lg, Gandalf
 
Hallihallo Engel!


… vor sich hinpfeifend stand sie … würde ich auseinander schreiben

… dabei hatten ihre Ordensschwester ungemein … Plural

… wurde, sie, eine junge Novizen, die gerade … Feminin

… alten Rituale doch um so mehr … zusammen?

… Schritte hallten auf den hellen Marmorboden wieder... Flüchtigkeit

… verfolgt, von Kloster der Jägerinnen, durch … Flüchtigkeit

… Männer gerade dabei in ihr Kloster zurückzusiedeln. Komma?

… bereitwillig zum Tor zur Passstrasse … Flüchtigkeit

… schwarzen Tempel hinabsteigen, traf sich eine Welle… hinabstieg, traf sie?

… Söldner festsaß, flammte die Wut und die Frustration … Plural?

So, das waren mal wieder die flüchtigen Fehler. :D

War mal eine kurze Übersicht, warum die kleine Zauberin immer so frustriert ist. :lol: Und erklärt ja ihre abweisende Haltung. Mal schauen, wie es weiter geht. Ist ja etwas kurz geworden. Und das nur, weil einige unbedingt am Mittwoch einen Teil haben wollten. Aber egal. Besser wenig als nichts.

Bis dann denn
Skuhsk

P.S.: Habe gerade Gandalfs Post gelesen. Lese immer erst die Geschichte und dann die Kommentare. Tschuldigung, aber ich fand den Ausdruck nicht unpassend. Hoffentlich denkst du nun nicht, dass ich etwas gegen dich habe?!wenigstens nichts wirksames :D
 
Ich fände es ja sehr interessant, wenn sich Ivon jetzt auf Sadiras Seite schlagen würde (oder umgekehrt, je nachdem wie man es betrachtet). Bin mal aufs nächste Kapitel gespannt :)
 
So, ihr Lieben!

Erstmal danke für das Aufzeigen der Fehler! :kiss:

Ansonsten kann ich eine frohe Botschaft verkünden: Ich bin euch gut und gerne zwanzig Seiten voraus, bedankt euch bei meinem Arbeitgeber, dass ich so schön viel Schreiben kann :)
Ergo wird es am Samstag wahrscheinlich eine etwas größere Portion geben.
Freut euch! ;)
 
Kapitel VI - Teil II






"Ach", erwiderte Ivon, "die Kriegerin, sie ist vorhin mit dem Dieb aus deinem Zelt weggeritten und ohne ihn wiedergekommen, sie hat mir dann auch ganz seltsam auf meine Frage geantwortet, wo er denn nun ist. Ich mache mir schreckliche Vorwürfe, Sadira, ich hätte sie aufhalten müssen! Ich glaube, dem Mann ist etwas Schreckliches zugestoßen! Es ist einfach grässlich!"
„Der Gefangene, der meine kostbare Truhe aufbrechen wollte, ist weg?“, fragte Sadira.
Na, Gott sei Dank, verdient hat es der Mistkerl ja! Dieses Ekelpaket.. eigentlich hätte ich ihn ja selber gerne geröstet, aber das ihn mir diese seltsame Frau aus dem Weg geschafft hat, ist mir gerade recht. Anscheinend hat eine Kriegerin auch ihre positiven Seiten... Sadira hing ganz ihren Gedanken nach und bemerkte Ivons Redeschwall, Ausdruck seines Bedauerns, praktisch gar nicht mehr.
Gemeinsam liefen sie den Weg zum Nahrungslager, dort gab ihnen der dortige Aufseher die ihnen zustehende Portion menemen und so ließen sich der junge Ritter und die Zauberin gemeinsam zum Abendessen nieder.
Die nackten Füße in den noch warmen Sand vergraben hatten sich die Zwei auf alten Teppichen niedergelassen und aßen ihr Eiergemüse.
Durch einen plötzlichen Anfall von Geselligkeit kehrte Sadira nicht direkt nach dem Essen in ihr Zelt zurück, sondern blieb noch bei Ivon sitzen und lauschte im Schein des Lagerfeuers den musizierenden Karawanenbegleitern.
Lange konnten sie ihre Pause aber nicht genießen, denn die Nacht war jung und die Karawane wollte weiterziehen.
So trennten sich Ivon und Sadira wieder, um ihr Habe wieder einzupacken und abreisefertig zu sein.
Doch bereits kurz nach Aufbruch der Karawanen fanden sie wieder zueinander, um die Mühen des beschwerlichen Marsches durch Gespräche zu verkürzen. Außerdem nahm Sadira dankbar auf Ivons Karren platz, ihr Kamel war sie schon lange leid und ließ es nun angebunden, am Ende des Karrens, schwer beladen hinterher laufen.

Der Rest der Reise verlief sehr eintönig.
Tagsüber schlafen und die matten Füße pflegen, nachts weiterreisen.
Die Landschaft wandelte sich nur allmählich, die hohen Dünen wurden von den Flacheren verdrängt, welche das Laufen angenehmer machten. Auch der Boden gewann wieder an Festigkeit. Nur der Sand und der nicht vorhandene Bewuchs wandelten sich nicht.
Die Wasser- und Nahrungsvorräte gingen zur Neige und eines Abends, als die Karawane gerade wieder loszog, verkündete Faruq, dass es nun nur noch wenige Stunden bis nach Lut Gholein, der Stadt im Herzen der Wüste, war.
Tatsächlich erreichten sie den Vorhandelsplatz der Stadt kurz nach Morgengrauen, wo sich der lange Lindwurm aus Menschen und Tieren versammelte. Waren wurden abgeladen, die Tiere in die am Rande des rechteckigen Platzes befindlichen Stallungen der Karawanserei gebracht und schließlich nahmen die Reisenden Kurs auf die hohen Stadttore Lut Gholeins.
Die dort positionierte Stadtwache prüfte genauestens die Angaben der Reisenden und so bildete sich in der aufsteigenden Mittagshitze eine schier endlose Menschenschlange.

In dieser Schlange knapp hinter Ivon und Sadira stand Naeemah und grübelte. Zwar hatte sie wieder das schwarze Kopftuch angelegt, doch sie wollte nur ungern einer Kontrolle unterzogen werden. Allein schon die vielen Giftfläschchen und die exotischen Waffen würde die Wächter, wenngleich Naeemah auch nichts Illegales tat, aufmerksam machen. Es würde getratscht und Gerüchte gestreut werden und dem wollte sie in jedem Fall aus dem Weg gehen.
Als ein schwerfälliger Marktkarren mit Obst und Gemüse an ihr vorbeiratterte, witterte sie ihre Chance.
In der Glut des Mittags waren sowieso fast alle Leute dösig und schauten auf den Boden, um ihre Augen vor der Sonne zu schützen. So gelang es Naeemah sich unbemerkt mit ihrem Gepäck unter die Ladefläche des Karren zu schieben, als dieser zum Stehen kam, und sich an den Achsen festzuhalten.
An den Füßen der Menschen erkannte sie, dass gerade Ivon und die Zauberin am Einlass standen und kontrolliert wurden, doch schon rumpelte ihr Gefährt an den Stadtwachen vorbei, der nun zufrieden an einer saftigen Frucht knabberte. Nach der ersten Biegung beschloss Naeemah, ihre Mitfahrgelegenheit wieder zu verlassen und ließ sich in der nächsten Biegung, als der Karren umringt von einer Menschenmenge war, fallen.

Ivon und Sadira fühlten sich, als würden sie schon ewig in dieser Schlange stehen. Die Sonne schien unbarmherzig auf die Köpfe der Menschen herab und es war keine Seltenheit, dass irgendjemand vor Erschöpfung umkippte.
Sadira hatte nach der Kriegerin Ausschau gehalten und sie auch etwas weiter hinter sich entdeckt. Doch auf einmal war das ungute Gefühl weg, welches sie immer in der Nähe der Frau befiel, und verwundert schaute sich Sadira noch einmal um, konnte sie aber nicht mehr entdecken.
Sie hatte nicht die Möglichkeit, sich groß darüber Gedanken zu machen, denn ein Soldat der Stadtwache kam auf sie zu, ließ sich das Gepäck zeigen und befragte Sadira und Ivon genau, was sie in Lut Gholein wollten.
Ivon überließ den Karren und das Zuggespann den Stadtsoldaten, sie hatten bereits einen Laufjungen beauftragt, die Angehörigen des verstorbenen Pärchens zu holen, Ivon nahm nur sein kleines bisschen Gepäck mit, welches ihm geblieben war.
Gemeinsam traten sie durch das hohe Steintor, welches wahrlich einen gewaltigen Anblick darstellte. Sieben Meter war der äußere Ring der Stadtmauern dick, aus robusten Granitblöcken erbaut und gründlich verfugt, dennoch hatten sich über den Köpfen der Reisenden bereits grünliche Moose am Stein festgesetzt. Vereinzelte Spinnenweben hingen am Fallgitter aus massivem Stahl, doch das Holztor an sich sah noch sehr stabil aus.
Während sie noch staunend die Mauern und den kleinen Wasserspeier betrachteten, der mit grimmigem Gesichtsausdruck über dem Torbogen wachte, wurden sie von einer Horde Kinder umringt.
Schon hingen die Kinder an den Ärmeln, zogen am Rock und lotsten Ivon und Sadira immer weiter von der Hauptstraße weg. Die Finger der Kinder waren überall, doch es war nahezu unmöglich, sich ihrer zu erwehren. Als ein besonders schmutziges kleines Mädchen Sadiras Hand ergriff und sie in einen Hauseingang ziehen wollte, trat eine Figur aus dem Schatten.
„Hinfort, Zigeunerpack! Macht, dass ihr Land gewinnt“, fauchte der Schemen die Kinder an, welche unverzüglich in alle Winde auseinander stoben.
„Und ihr, ihr solltet besser darauf achten, wohin ihr geht. Hättet ihr dieses Haus betreten, ihr wäret nur schwerlich wieder hinausgekommen – von euren Eigentum ganz zu schweigen!“
Der Schemen löste sich allmählich aus dem Schatten und die verblüffte Sadira erkannte die Kriegerin aus der Karawane.
„Aber es sind doch nur Kinder, Kriegerin“, wandte Ivon ein.
„Eben drum“, erwiderte diese, „tastet doch mal nach euren Taschen, ob ihr noch alles habt...“
Ivon und Sadira befolgten den Rat und mussten schmerzlich den Verlust ihrer Essmesser und Wasserflaschen feststellen.
„Ich wäre mit ihren Komplizen schon fertig geworden“, Sadira schimpfte wie ein Rohrspatz über Gastfreundlichkeit und Lumpenpack und Ivon versuchte verzweifelt, sich den Weg zur Hauptstrasse wieder einfallen zu lassen.
„Beruhigt euch“, lachte Naeemah zynisch auf, „ich werde euch zum Hauptverkehrsweg zurückbringen. Folgt mir einfach.“

In einem zügigen Tempo liefen die Drei durch ein wahres Wirrwarr aus schmalen Gassen, die kaum Sonnenlicht auf den Boden ließen, so hoch waren die Häuser. Das hier eindeutig das Armenviertel war, war Ivon vorher gar nicht aufgefallen, so sehr hatten ihn die Kinder abgelenkt.
Kaum betraten sie die breite, ebenfalls mit Granitblöcken gepflasterte Hauptstrasse, stürmte eine Horde Händler auf sie zu und hielt ihnen Dolche, Helme, Schwerter und Tand unter die Nase.
Eines der Schwerter gefiel Ivon besonders, es war zwar ein Einhänder, doch wunderschön gearbeitet und lag gut in der Hand. Ivon war schon drauf und dran es zu kaufen, als Naeemah ihn zurückhielt: „Ivon, in eurem eigenen Interesse, lasst es besser sein. Die Händler hier im äußeren Ring verkaufen mindere Qualität – dieses schöne Schwert würde beim Aufprall auf ein Schild sofort in tausend Teile zerspringen.“
Protestierend fuhr der Händler dazwischen, doch wie zum Beweise schlug Naeemah das Schwert mit der flachen Klinge leicht gegen die Wand und wirklich, es zeichnete sich sofort ein leichter Riss im Metall ab. Eilig zog sich der Händler und seine zwielichtigen Freunde zurück.
„Danke, Kriegerin, auch für die Rettung vorhin“, sagte Ivon erleichtert, beinahe hätte er es gänzlich vergessen!

Naeemah schaut Ivon kritisch von der Seite an.
„Nun, Ivon, die Städte des Südens können für Neuankömmlinge sehr verwirrend sein. Es ist gut, wenn man jemanden dabei hat, der sich hier auskennt.“
Dann wandte sich Naeemah an ihre beiden neuen Begleiter: „Am besten begeben wir uns auf den Marktplatz, dort könnt ihr euch ausrüsten und ein Quartier für die Nacht suchen.“
„Ja, das wäre wirklich fantastisch“, stöhnte Sadira, „diesen elenden Sand habe ich wirklich satt – ich will endlich wieder in einem richtigen Bett schlafen!“
Naeemah führte die Zwei geschickt durch die verwinkelten Gassen nebst den Hauptstrassen, dabei passierten sie zwei weiter Stadtmauern, deren Tore aber nicht mehr so stark kontrolliert wurden.
Als sie durch das letzte Tor traten, konnte man die wahre Pracht der Stadt erkennen.
Den Namen „Herz der Wüste“ hatte sich Lut Gholein wahrlich verdient.
Das scharfkantige Kopfsteinpflaster wich einer sauberen Pflasterung mit ebenso gepflasterter Unratrinne in der Mitte der Straße, welche von den Straßenfegern sauber gehalten wurde.
Die Häuser waren prunkvoll und reich verziert. Die vorherrschenden Motive des Südens waren die kunstvollen Zwiebelbögen, welche mit reichen Ornamenten ausgeschmückt waren.
Außerdem waren die Gebäude im oberen Teil der Stadt nicht aus gebrannten Lehmziegeln, sondern aus Stein erbaut, welcher eine angenehme Kühle auf die Menschen auf der Straße warf.
Besonders auffallend war, dass die Straße mit dunklen Steinen gepflastert war, aber die Häuser aus hellem Stein errichten worden waren.
Die helle Wüstensonne erwärmte die dunklen Steine der Strasse schneller und somit auch die darunter verlegten Wasserleitungen, wohingegen die hellen Wände der Häuser das Licht besser reflektierten und so die Hitze etwas abhielten. Zusätzlich dazu verschluckten die hellen Wände nachts nicht so viel Licht der Lampen, so dass die Strassen in der Dunkelheit besser beleuchtet waren.

Gelegentlich gelang Sadira ein Blick in einen Innenhof – verschwenderisch mit Marmor ausgelegt und mit Wasserbassins oder Brunnen strahlten sie eine verlockende Kühle aus. Oft standen auch Aprikosenbäume im Spalier und lockten mit prallen, saftigen Früchten und obwohl sie den Anblick der Stadt schon kannte, so war ihr dieser Stadtteil vollkommen fremd.
Ivon starrte ungläubig nach oben und verschlang die für ihn ungewohnte Form der Architektur förmlich mit den Augen.
Schließlich traten sie auf einen gut belebten, aber sehr ausladenden Platz auf dem sich Marktstände nur so tummelten.
Naeemah riss sich das Niqab herunter und atmete geräuschvoll auf.
„Das ist der souk, hier werdet ihr fast alles kaufen können, was ihr benötigt. Seht ihr die Händlerin dort hinten rechts? Das ist Farah, bei ihr bekommt ihr gute, wenn auch recht gewöhnliche Waffen. Auf der anderen Seite des Platzes ihr gegenüber steht Lysander, er ist etwas verschroben, verkauft aber so ziemlich jeden Trank, den ihr gebrauchen könnt. Der Marktstand für Zauberstäbe und ähnliches liegt etwas außerhalb des Marktplatzes, Drognan, der Eigentümer, braucht etwas Ruhe vor dem Trubel.
Und das hier“, Naeemah wies auf ein kleines Wirtshaus im Osten des Platzes, „das ist Atmas Gasthaus. Dort haltet ihr euch besser fern. Die alte Witwe hat seit dem Tod ihres Sohnes keine Ahnung mehr von Sauberkeit und Ordnung. Besser, ihr sucht euch ein kleines Gasthaus jenseits der großen Strassen, sie sind vielleicht etwas teurer, aber dafür kein solcher Massenbetrieb.“
Ivon und Sadira, noch gänzlich beeindruckt von der Flut an Sinneseindrücken nickten schweigend.
Auf einmal gab es in der Mitte des Platzes einen Menschenauflauf, als sich ein dunkel gekleideter, bärtiger Mann in Uniform auf ein Podest stellte, welches seine Bediensteten mitgebracht hatten, eine Papyrusrolle fachgerecht entsiegelte, entrollte und den Inhalt vorlas.
Leider waren Ivon, Sadira und Naeemah zu weit entfernt, so dass sie durch das Gemurmel der Menge nur Wortfetzen verstanden.
„...Verrat am Volke...“
„...politische Morde verübt hat...“
„...und deshalb als gefährlich eingestuft...“
„Sultan Jehryn ordnet ihre Festsetzung an...“
„...lebendig... hohe Belohnung..“
Dann rollte der Sprecher sein Schriftstück wieder zusammen, schlug einen anderen Zettel am dort befindlichen Nachrichtenbrett an und verließ den Platz.
Die Menschenmenge drängte sich näher zusammen, um die neue Nachricht selber in Augenschein nehmen zu können.
Auch Sadira und Ivon drängten sich nach vorne. Am öffentlichen Anschlagsbrett tummelte sich eine Vielzahl an Schriftstücken, die meisten in einer fremdartigen Sprache verfasst, so dass sie weder Sadira noch Ivon entziffern konnten. Das neuste Objekt schien das Bildnis der gesuchten Person zu sein.
Es war eine grobe Graphitzeichnung auf ebenso groben Papyruspapier, der Maler war kein großer Künstler, denn das Portraits war in flüchtigen und unsauberen Strichen geführt und vermittelte dadurch nur einen sehr vages Bild der dargestellten Person.
 
Nettes Geburtstagsgeschenk, Engel \o/ xD

Wenn ich nächste Woche Zeit finde werde ich mich mal ranmachen (an dich... an die Story meine ich ;)), Lob und so wird dann hier reineditiert, man will ja nicht spammen... :D
 
Ich hätte es beinahe vergessen :eek:

Also das Posten, Gratuliert habsch ja schon ;)

Viel Spaß beim Lesen!
Kommentar kannst auch nochmal posten, sonst vergesse ihc, in den Post da zu gucken :D
 
Hmm, wer mag die mysteriöse Gesuchte wohl sein... :D

"Anfall von Geselligkeit" fand ich recht lustig formuliert übrigens, hehe.
 
Gefällt mir auch wieder sehr gut. Was ist denn dieses menemen? Hab ich noch nie gehört. Wer das wohl sein mag? Vielleicht sogar welche von den dreien?

lg, Gandalf
 
menemen ist ein arabisch/türkisches Gericht.
Kurz gesagt: Omlett aus Eiern mit Gemüse :)
 
Hallihallo Engel!


… nach und bemerkte Ivon Redeschwall, Ausdruck … mit s?

… auch nichts illegales tat, aufmerksam … Groß

… waren sowie so fast alle … zusammen?

… und ließ sich der nächsten Biegung in … fehlt ein Wort

… in dieser Schlangen... Flüchtigkeit

… mit, welches im geblieben … Flüchtigkeit

… Männer nebst den Hauptstrassen, dabei... ß?

Straßenfegern sonst hier auch mit ss?

… war, dass Strasse mit dunklen Steinen … fehlender Artikel

Naeemah riss sich das Niqab herunter und geräuschvoll atmete auf.[/B … Satzstellung

So, etwas später als gewohnt, komme ich zum Vergnügen, den Fortgang der Geschichte zu verfolgen. Ich finde, du hast die Atmosphäre in der Stadt sehr schön beschrieben. Man konnte sich das Getümmel dort richtig vorstellen. Weiter so.

Kommen wir zu dem Offenen Ende. Ich bin ja der Meinung, dass man anhand der Wortfetzen auf Naeemah als Gesuchte schließen könnte. Das würde doch eigentlich ganz gut passen. Wieder ein Hindernis, dass sich in den Weg stellt.

Bis dann denn
Skuhsk
 
Kapitel VI - Teil III





Ganz klar ließ sich aber erkennen, dass das Antlitz einer Frau gehörte.
Einer schwarzhaarigen, leicht schlitzäugigen Frau mit hohen Wangenknochen und vollen Lippen.
„Meine Güte, das ist doch wirklich das Gesicht eines Verbrechers!“, stellte Sadira fest, „mehrere Regierungsbeamte und Großhändler soll die Frau, Naeemah heißt sie, auf dem Gewissen haben, steht hier... Außerdem sind hunderttausend dukai Belohnung auf ihre lebendige Ergreifung ausgesetzt... Nicht schlecht!“
Sadira nickte bewundernd mit dem Kopf und schaute Ivon an: „Was meinst du, Ivon, das Geld könnten wir gut gebrauchen – sollen wir die Frau suchen?“
Ivon, der die Intention des Maler besser interpretierte als Sadira, sagte zu ihr: „Sadira, wir müssen hier rasch aus den Leuten raus. Setz bitte noch mal deine Ellenbogen ein“, dabei riss er das Blatt unbemerkt bei einem weiteren Menschenandrang auf die Nachrichtentafel ab und versteckte es unter seinem Wams.
Sadira hatte davon nichts bemerkt, denn sie war bereits dabei, sich und Ivon kräftig Raum zu machen. Ivon hatte kaum Mühe, ihr zu folgen, denn die Leute wichen ihr schnell zu Seite und machten auch ihm in seiner Rüstung bereitwillig Platz, über die Schulter hinweg rief sie Ivon zu: „Gute Idee, Ivon, lasst uns gleich mit der Suche anfangen und keine Zeit verlieren! Die Belohnung könnten wir wirklich gut gebrauchen... Ich brauche neue Kleidung und alles, alles stinkt nach Kamel!“
Ivons Augen suchten die Kriegerin, die seit ihrer Ankunft in Lut Gholein bereitwillig den Führer gespielt hatte. Nur mit Mühe entdeckte er die Frau einer etwas dunkleren Ecke des Marktplatzes neben einem älteren Mann, mit dem sie sich angeregt unterhielt.
Energisch schnappte er Sadira an einem ihrer langen Trompetenärmeln und zog sie, kleine Umwege gehend, mit sich zu der Kriegerin.
Überrascht versuchte die junge Magierin zu protestieren, doch Ivons entschlossener Gesichtsausdruck tat sein übriges.
Als sie dort endlich angekommen waren, war der ältere Mann bereits verschwunden und Naeemah sah die beiden Neuankömmlinge belustigt an: „Ivon, was lauft ihr für Schlangenlinien, wollt ihr euch Verfolgern entledigen?“
Ivon schüttelte den Kopf, zog das Blatt mit dem Konterfei unter seinem Wams hervor und hielt es Naeemah direkt unter die Nase: „Nein, Kriegerin, ich habe keine Verfolger abzuhängen. Ihr schon eher, wie es aussieht.“
Naeemah legte überrascht den Kopf schief und betrachtete das Bildnis genau und fasste sich mit der rechten Hand unwillkürlich an die Nase.
„Meine Güte, habe ich wirklich so eine riesige Nase? Ich sehe ja aus wie eine Angehörige der Wüstennomade – wirklich, den Portraitierer sollte man feuern!“, belustigt beobachtete Naeemah Sadiras Reaktion, als diese begriff, dass das viele Geld die ganze Zeit vor ihrer Nase gewesen war. Aber sie traute sich nicht, Naeemah zu verraten, denn ihre Handgelenke schmerzten immer noch vom letzten Vorfall mit der Kriegerin und sie hatte keine Lust, wieder blaue Flecken auf ihrer sonst so makellosen Haut zu sehen und zu guter Letzt verrät man niemanden, der einen gerettet hat, also schwieg sie.
Ivon sah Naeemah fordernd an: „Und, was wollt ihr nun tun? Hier könnt ihr ja wohl nicht bleiben. Habt ihr denn überhaupt all diese Straftaten getan, die euch zur Last gelegt werden?“
Naeemah seufzte laut und erwiderte Ivons Blick fest: „Ja, Ivon, ich habe in der Tat all diese Dinge getan. Es ist nur, nun, etwas komplizierter als es dort steht.“
Ivon hielt es nicht mehr aus: „Ihr habt wirklich an die zweihundert Menschen in zwei Jahren ermordet oder gefoltert, nebenbei gut fünf Dutzend Anschläge durchgeführt und vier Karawanen überfallen? Meine Güte, wie könnt Ihr nur ruhig schlafen? Ihr seid ein, ein Monster, Naeemah!“
„Warte doch mal ab“, fuhr Sadira ihn an, „vielleicht hat sie ihre Gründe gehabt! Wenn du wüsstest, was ich schon alles angestellt habe – nicht jeder ist so ein Heiliger wie du, Ivon.“
„Ausgerechnet du machst dich für sie stark, Sadira? Du? Hast du ihren Angriff auf dich vergessen?“, ereiferte sich Ivon.
„Nein, das habe ich nicht“, sagte Sadira und rieb sich das Handgelenk, „aber sie hatte ihre Gründe und wenn sie etwas erfahren hat, so hat es sich doch gelohnt...“
„Zuallererst, bitte sprecht beide etwas leiser, der halbe Marktplatz ist schon auf uns aufmerksam und außerdem ist diese ganze Geschichte nur zum Bruchteil so unkompliziert, wie es hier dargestellt wird und...“, Naeemah brach ihre Erklärung ab und beobachtete misstrauisch eine Gruppe Menschen beim Brunnen.
Diese gestikulierten wild und warfen dabei immer wieder unauffällige Blicke in Richtung Naeemah.
„Es ist definitiv Zeit zu gehen“, stellte Naeemah fest, packte betont ruhig ihre Tasche und verließ den Marktstand ohne sich weiter um Ivon und Sadira zu kümmern.
In dem Moment brach der Tumult los.
„Da ist sie, lasst sie nicht entkommen!“, brüllte ein Mann und zeigte auf Naeemah.
Wie ein aufgeschrecktes Tier setzte diese zu einem Sprint an und bog in die nächste Abzweigung ein. Ivon und Sadira hatten größte Mühe, der Fliehenden zu folgen, aber noch schwerer hatten es die aufgewühlten und untrainierten Bürger der Stadt.
Die Miliz aber hatte die Aufschreie der Menschen gehört und verfolgten Naeemah nun gleichermaßen.

Flink lief sie durch die Gassen, die sie schon seit ihrer Jugendzeit kannte, sie wusste genau, wo sie hinwollte. Rechts, links, dann der Strasse nach in die Unterstadt und wieder links. Gleichmäßig sprintete sie durch die immer enger werdenden Straßen, spürte ihren schnellen Herzschlag, ihr Atem ging schwer.
Sie war tatsächlich etwas aus der Kondition gekommen!
„Da wirst du hart dran arbeiten“, schwor sie sich und beschleunigte noch einmal ihre Gangart.
Sie hatte wirklich keine Lust in Fürst Jehryns dreckigem Gefängnis unterzukommen, dort zu versauern und auf ihre Hinrichtung zu warten.
Wenn schon sterben, dann so, wie ich es will
Beinahe lautlos flüchtete sie über den weichen Schlammboden der Unterstadt, hier kümmerten sich die Menschen kaum um Verfolgte, denn diese waren an der Tagesordnung.
Naeemah orientierte sich an einem besonders baufälligen Haus und bog nach rechts – und stand vor einer Sackgasse.
„Verdammter ...! Haben diese Idioten denn nichts Besseres zu tun, als dauernd irgendwelche Gebäude zu bauen?“ Ihre Augen glitten über die Wand des Hauses, die vorwiegend aus mit Lehm überzogenem Stroh bestand, welches sie nicht tragen würde. Prüfend schlug sie mit der Hand gegen die Wand und just klaffte ein großes Loch in ebendieser.
Ein paar erstaunte Augen schauten sie aus dem Inneren des Hauses an.
„’tschuldigung“, nuschelte Naeemah, als sie kehrt machte, um sich einen neuen Fluchtweg zu suchen.
Der Aufenthalt hatte Zeit gekostet und sie kein Stück weitergebracht, nur ihre Verfolger profitierten davon! Als sie die Gasse verließ, konnte sie die aufgebrachte Meute, Ivon und Sadira vorneweg, bereits sehen. Ihre Jäger schöpften dadurch wieder neuen Mut und rannten gröhlend auf sie zu.
Fluchend suchte sich Naeemah einen neuen Weg zwischen den Bewohnern des Viertels, konnte aber nicht verhindern, einem ärmlich gekleideten Bauern und seinen Marktkarren mit halb vertrockneten und verschrumpelten Melonen umzurennen. Die Melonen polterten vom umgestürzten Karren und zogen die Aufmerksamkeit sämtlicher Einwohner auf sich, die sich ohne Halt sofort gierig auf das Obst stürzten. Hilflos musste der Bauer zusehen, wie sein einziges Hab und Gut in den Händen von anderen verschwand, während die Verfolger Naeemah nur mühselig folgen konnten.
Diese hatte dafür andere Probleme. In der Zeit ihrer Abwesenheit hatten die Menschen das Bild der Stadt so vehement verändert, dass ihr eine Standortbestimmung nur sehr mühsam gelang.
Schließlich entschied sie sich an einer kleinen Kreuzung, nach rechts in eine besonders verwinkelte Gasse abzubiegen.
Sie wusste, sie würde diese Hetzjagd nicht mehr lange durchhalten, ihren Verfolgern würde es aber wahrscheinlich nicht anders gehen.
Die kleine Gasse bot aber auch keine geeigneten Verstecke an, hier und da war eine kleine Nische zwischen den Häusern, aber sie waren zu offensichtlich, um als Versteck dienen zu können. Naeemah musste wohl oder übel ihren Weg fortsetzen, doch hinter der nächsten Biegung geschah es dann: Die Gasse war eine Sackgasse.
Hohe Wände machten das Entkommen genauso unmöglich wie die ihr nachsetzenden Verfolger, die sie schon am Eingangsbereich der Gasse vermutete.
Naeemah sah sich um, nicht gewillt, hier dem pöbelnden Mob in die Falle zu gehen. Sorgsam betaste sie die Wand vor sich, die Wand, welche ihr den Weg in die Freiheit versperrte.
„Naeemah!“
Sie drehte sich um. Um die Biegung kamen schnaufend und hustend Sadira und Ivon, welche sich beim Anblick der Kriegerin erstmal auf den Knien abstützten und keuchten.
„Ach, seid ihr auch schon da?“, stellte Naeemah zynisch fest, „ihr habt aber auch gar keine Kondition!“
„Und jetzt“, fragte Sadira, „willst du dir Flügel wachsen lassen?“
Ivon, wieder etwas zu Kräften gekommen, trat vor und sagte: „Ich werde sie schon aufhalten, versteckt Ihr euch doch in dieser Nische dort!“
Er zeigte auf einen kleinen Spalt in der Wand, welcher gerade groß genug war, dass ein Kind hindurchschlupfen konnte.
„Ivon, sei nicht albern“, schimpfte Sadira, „sie passt da nie durch!“
Naeemah hatte sich derweil niedergekniet und wühlte in ihrer Tasche. Es musste doch irgendwo hier sein, sie wusste genau, dass sie es eingepackt hatte!
„Was suchst du“, fragte Sadira neugierig.
„Meinen Lippenstift, damit ich wenigsten gut aussehe, wenn sie mich enthaupten“, knurrte Naeemah und mit einem Seitenblick auf den entsetzten Ivon, der die Frauenwelt gar nicht mehr verstand, fügte sie hinzu, „Nein, ich lasse mir, wie vorgeschlagen, Flügel wachsen.“
Dabei zog sie, mit einem triumphierenden „Hah!“, zwei kleine Krallen aus der Tasche und streifte sie sich jeweils über eine Hand.
Die Krallen waren aus recht dicken, sehr stabil aussehendem Metall und so gebogen, dass sie von der Handfläche weg nach unten ragten.
Dann trat sie an den Spalt heran, vergrößerte ihn etwas durch gezielte Tritte und legte ein abgerissenes Stück Stoff ihrer Gewandung auf den Boden vor das Loch.
„Das sind Steigeisen“, erklärte Naeemah dann, „und so funktionieren sie.“
Sorgsam setzte sie ihre rechte Hand an der Wand an, stach mit einem kräftigen Ruck die kleinen Krallen in die Lehmziegel und zog sich hoch.
Dann setzte sie die linke Hand nach, verfuhr ebenso wie bei der Rechten und stütze sich mit den Füßen an der Wand ab.
„Betet, dass das ganze Haus aus Lehmziegel ist und keine Strohfüllungen aufweist!“, rief Naeemah Sadira und Ivon zu, „sagt, ihr hättet mich bis hierher verfolgt und dann nicht mehr gefunden - Ich bin durch diesen Spalt da geschlüpft!“
„Aber, aber... wo gehst Ihr hin? Wie sollen wir Euch finden?“, stotterte Ivon überrascht, der es nicht gewohnt war, dass Leute Wände hinaufkletterten.
„Ich finde euch, so ich will“, rief ihnen Naeemah noch vom Dach zu, auf dem sie endlich angekommen war. Dann ging sie in Deckung.
 
Hallihallo Engel!


… wie eine Angehöriger der Wüstennomade – wirklich, … Flüchtigkeit

… laut und erwiderte Ivon Blick … Flüchtigkeit

… Wenn schon sterbe, dann so, wie ich es will … entweder ich oder sterben

… und ließ sich der nächsten Biegung in … fehlt ein Wort

… rannten gröhlend auf... Flüchtigkeit

… dass ein Kind hindurchschlupfen konnte.… üpfen :D

So, das waren die kleinen Flüchtigkeiten. Das mit der Straße habe ich jetzt nicht noch einmal erwähnt. Habe gesehen, dass du nun zwei Versionen benutzt (ss und ß).

Ansonsten eine schöne Beschreibung der Verfolgungsjagd. Mal schauen, wie es jetzt weiter geht. Bin schon gespannt.

Bis dann denn
Skuhsk
 
"Wo gehst Ihr hin?" - Heh, der gute Ivon weiß wirklich nicht mehr, wie er zu ihr stehen soll :D
Daß die beiden die Gesuchte derart decken hätte ich zugegebenermaßen nicht erwartet; andererseits würde es mich doch sehr wundern, wenn sich das Thema so leicht erledigt hätte...
 
So ähnlich hatte ich mir das schon vorgestellt... :) Aber trotzdem ein sehr schönes update. Weiter so. Ich bin mal gespannt, was noch für eine Story hinter Naeemahs überfällen liegt. :)

lg, Gandalf
 
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