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[Story] Saqqara

omg, ich wollt dich fragen, ob du nicht ein bisschen wirr im kopf bist, ein einzelner mensch kann ja gar net so viel schreiben :eek: echt genial und iweter so :top:
 
:hy: ihr,
danke für die Antworten und das Aufzeigen des Fehlers *korrigier*.
@Segan: Ein paar mehr Wortmeldungen seitens der Leser wären schön (es ist merkwürdig, in ein 'Vakuum' hineinzuschreiben), aber ich hoffe einfach, dass das Schweigen Zufriedenheit mit dem Abgelieferten bedeutet.
@Ash: Deine Story habe ich bereits erspäht und werde sie lesen, sobald ich Zeit habe. Du legst aber auch ein ganz ordentliches Tempo vor ;)
 
@Segan & Reeba
Eine Wortmeldungen sollte auch einen Inhalt haben, den möglichst keiner vorher bereits geprostet hat, daher bedeutet zumindest mein Schweigen Zufriedenheit mit dem Abgelieferten und freudige Erwartung des kommenden.
Rechtschreibfähler halte ich eines Posts für unwürdig, denn diese Geschichte ist zu gut, um sich an Marginalien aufzuhängen und rumkrakeelen.

Wenn ich schon mal meine Faulheit überwinde und schreibe :
Wann gibt's das nächste Up ?
 
darf ich mich mal selber qouten? :

Ash-Nazg schrieb:
und wenn man dann direkt neben reeba ist, ist sie ungefähr so wie ein riese zu ner fliege ( gut schlechter vergleich: wie ein doppelter riese zu einem nanometer!)

bah, weiß gar net ob ich weiterschreiben soll, meine story ist irgendwie langweilig, es kommt nicht genug schwung rein, es ist zu wenig, mein stil gefällt mir nicht (welcher stil? :rolleyes:)... usw und so fort

€ muss ja fast ein fluch sein, oder? so verdammt gut zeichnen zu können und so verdammt gut, story schreiben zu könnne ;)

verdammt, verdammt (verdammt noch ungefähr 30 mal wiederholen) very (very noch 30 mal wiederholen) nice work :kiss:
 
Also das ist doch Quatsch, sry.
Danke für das enthaltene Lob :kiss: , aber ich mag solche Vergleiche überhaupt nicht. Das FAS hat viele gute Autoren, die alle sehr unterschiedlich schreiben, und erstaunlich gut schreiben vor allem die Jüngeren (ich bin beispielsweise etwa doppelt so alt wie du).

Zurück zum Tagewerk: Das neue Kapitel hängt noch beim Betaleser fest.
Spätestens am Wochenende sollte es aber da sein.
 
Jaaa, ohne Selbstkritik bringt man es zu nix :kiss:

Mal :top::top::top::top::top: und noch Extrapunkte :top::top: für deine Arbeit :)
 
So, da ist es.
:hy:



*******



IL. Angriff





Menrad schrak aus seinem Dämmerzustand, als der Reiter durch den Torbogen jagte. Gedehnte Alarmrufe empfingen und begleiteten sein Ankommen.
Der Paladin sprang auf die Füße. Mechanisch, noch bevor sich seine Benommenheit verflüchtigt hatte, tastete er nach dem Sitz seiner Waffen. Rings um ihn beugten sich Soldaten über die Brüstung des Walls. Er starrte auf den Fleck, auf dem er gehockt hatte und schließlich doch eingenickt sein musste.
Die Luft war lau. Der Morgen kam. Über die Kuppel des Palastes wanderten bereits grau rosige Streifen und zogen blasses Blau hinter sich her, schwache Sonnenstrahlen, Vorboten erst, doch viel zu friedlich und hoffnungsvoll war das Licht, das sie im Gefolge hatten und das den gewaltigen Bau aus dem Häusermeer heraushob.
Wieder ein Alarmruf. Dutzende, dann nicht mehr zu zählende Stimmen nahmen ihn auf. Die Stadt besaß plötzlich eine einzige, erschrockene Kehle.
Ohne sich noch einmal umzusehen, hastete der Paladin die Stufen der steilen Wehrtreppe hinunter, stolperte, stürzte um ein Haar. Unten angelangt, rannte er um die schwarzschattige Ecke der Torummauerung. Mit einem hölzernen Ächzen begannen sich die Flügel des Tores zu schließen, zugedrückt von mehr Männern, als nötig war.
„Halt!“ Er stieß sich durch Gewänder und bestürzend fühlbare Leiber darin. „Lasst mich hinaus!“ Fern, eher als er aus der Stadt gelaufen, eilte ein einziger Schatten in die Richtung des Heeres.
Hinter Menrad schloss sich der Spalt. Erzene Riegel rasteten ein, Stützbalken dröhnten. Der Klang hallte in seiner Körpermitte wider, doch er war draußen, plötzlich umgeben von grauem Licht und dünner Luft. Die Ebene sah ihm entgegen. Sie erschien riesig und zugleich zusammengedrückt zwischen den Hügeln und der Stadt, und auch vom Licht wusste er nicht, ob es zu rasch durchsichtig wurde oder höhnisch gemächlich die Dunkelheit der letzten Stunden in Sicherheit vertrieb.
Die Linie des Heeres wirkte starr. Als er näher kam, begann sie sich zu schütteln, Umrisse von Bewegungen auszuspeien – Krieger, die sich vorbereiteten, sich zu Truppen und Formationen häuften. Befehle durchzogen die gespenstische Ruhe, lauter, in kürzeren Abständen. Dann war er bei ihnen und hastete an rotem Stoff, an braunen Gesichtern und Kupfer vorbei zu der Stelle, an der die Schwingen eines Nordmannhelms alles andere überragten.
„Nach links!“ polterte Urels tiefe Stimme weithin hörbar. Massen verschoben sich gehorchend. „Sie kommen!“
Jeder der Barbaren hatte die Waffen blankgezogen. Metall kratzte über Schilde. Die schwarzen Lanzen der Pundarkrieger zuckten steif und wehrhaft, die Spitzen gen Himmel gerichtet. Im Staub, der unter aberhundert Stiefeln langsam aufwirbelte, verschwand alles, was von der Nacht und den Tagen des Wartens noch übriggeblieben war: Feuerstellen, Krüge, Planen.
Menrad hatte, wie die Gefährten mit Ausnahme von Urel, keinen festen Platz in der Heerordnung. Mitten durch die Massen zogen sich Linien, die sie in die breiten, mehrfachen Reihen der Barbaren teilten, Front der Verteidigerstreitmacht, flankiert und teilweise durchmischt von Säbelkatzen zur Rechten und Pundarkriegern zur Linken. Körper, so weit das Auge reicht. Die nach Lut Gholein hin innerste Reihe schließlich bestand aus Soldaten der Stadt und aus den schwächeren und teils nicht gerüsteten Asketen und den angekommenen Druiden. Der Osten sang, doch die Nekromanten, dreißig Männer, wenn es hoch kam, gingen wie ihre Stimmen beinahe vollkommen unter.
Keine Berittenen. Keine Signaltrompeten. Keine Ersatztruppen.
Es war ein großer, starker, entschlossener Menschenauflauf.
Es war das verzweifeltste und unzureichendste Heer, das Menrad je gesehen hatte.
Er schlug die Himmelsgeste vor Stirn und Brust und blickte zu den Hügeln. Hunderte taten es ihm gleich, ihre eigenen Gebete oder die Namen ihrer Götter und Ahnen auf den Lippen.
Winzige Gestalten flohen von der Schwelle der Erde. Zittrig und kraftlos kam der Klang einer Trompete von den Stadtmauern hinter dem Heer.
Lut Gholein blieb ohne Stimme bis auf diesen Ton, starr in seinem Lehm, seinen Befestigungen und Ziegeln und Balken, starr mit Tausenden in Angst und Unausweichlichkeit.
Unter den Menschen, die Menrad umstanden, mochte es einige geben, deren innere Sicht sich wie ein Vogel über das Land aufzuschwingen imstande war und von oben Zeuge einer dunklen Flut wurde, die sich aus der Tiefe der Wüste heranwälzte. Er selbst sah es nur im Geiste und mühte sich, Gewalt über seine flatternd aufgespannten, erregten Sinne zu erlangen. Das ferne Donnern und Rollen konnte auch ein Gewitter sein, irgendwo draußen über dem Meer, oder die Brandung. Doch es tat ihnen nicht den Gefallen, abzuebben. Es nahte und musste kaum sehr viel eindringlicher werden, um sich mit der Ahnung ihrer Herzen zu vereinigen, die sich nicht mehr täuschen ließen.
Über dem Hügelkamm stieg Dunkelheit auf.
Furcht wogte durch das Heer, einmal, zweimal, ein Schlag, unter dem die Menschen wankten.
Um Menrad herum pressten die Barbaren die Lippen zusammen und starrten fest auf den nahenden Feind.
Gemächlich fast erklomm die Schwärze den Hügel, und es schien, als rege sich niemand mehr. Banner hingen matt. Losgelöst von seinem Willen, begann die Haut des Paladins zu kriechen. Er biss die Zähne aufeinander. Beim Licht, ich werde nicht weichen.
Furcht ruckte an den im Dämmerlicht düster blitzenden, gepanzerten Hünen.
„Singt“, sagte jemand leise. Das Wort erreichte Menrad, ohne dass er es begriff. „Singt“, wiederholte ein Zweiter kräftiger.
„Singt!“ Urels Stimme, scharf und deutlich in der Stille. „Wir dürfen keine Angst zeigen!“
Die Dunkelheit überwand den Kamm. Schneller werdend floss sie zu ihnen hinab in die kleine Ebene vor Lut Gholein und war plötzlich kein lebendiges Gewölk mehr, sondern Hunderte und Hunderte von Gestalten. Nachtschwarz und aschfahl schoben sie sich ins Tal. Über ihnen flirrte die Luft wie über einem Steppenbrand.
Wir dürfen keine Angst zeigen.
Die Barbaren stimmten einen Schlachtgesang an, erst vereinzelt, dann wilder und lauter mit mehr Einfallenden.
So erwarteten sie den Gegner.
Die letzten Augenblicke verstrichen im Flug. Bestürzt wurde Menrad gewahr, dass er kein Wort mehr mit den Gefährten gewechselt hatte, keinen Wunsch, ihnen möge das Glück beschieden sein, diesen Tag zu überleben. Hastig suchte er nach ihren Gesichtern, aber sie sahen nicht her, behielten schweigend das Kommende im Auge.
Jemand rief den heranziehenden Dämonen etwas entgegen, ein unsichtbarer Krieger, und es war eine erste und einzige Warnung. Sie wurde im Dröhnen auftretender Füße, unklarer, dumpf metallischer Klänge und einem Brausen ausgeblasener Feuerluft begraben. Aus den Füßen wuchs, was die Wüstenwanderer kaum deutlich gesehen hatten. Das Dämonenheer entkleidete sich nun zuvorderst in ein ausladendes Hörnergeflecht, einen Reigen fratzenhafter Gesichter und lichtloser Augenkugeln, eine Welle breiter, entsetzlich starker Leiber.
Der Gesang schwoll an, endete in Schreien, und krachend prallte der Feind auf die Frontlinie der Scharen, die Lut Gholein verteidigten.
Der Wind des Chaos fegte Ordnung und fest gesetzte Bilder auseinander und brach mit einem Toben über die erste Stunde der Schlacht herein, die sich in nichts und in allem von den ersten Stunden aller Schlachten unterschied, doch noch während er auf die Reihen blickte, die sich unter dem Ansturm des Gegners dehnten und zurückkrümmten, erreichte Menrad von hinten ein Raunen. Eher noch war es eine Insel der Stille.
Er tat einen Schritt nach vorn, zuckte im Aufbrüllen der Menge zusammen. Gleichzeitig zwang ihm den Kopf noch einmal herum, was sich von hinten Einlass ins Heer verschaffte.
In einem Pulk von Lanzenträgern, zu Fuß, gekleidet in das Blau und Weiß seines weit hinter den Mauern liegenden Palastes, schritt der Fürst von Lut Gholein mitten unter die Verbündeten. Es war ein ruhiges, rasches Kommen. Eisern entschlossene Züge eines nicht mehr jungen Mannes, der sehr viel weniger maß als seine Leibwächter, ein Turban, ein Krummsäbel in einer Faust – das war alles, was der Paladin von Jerhyn erblickte. Die Menge schloss sich um die kleine Gesandtschaft und nahm sie mit in den Kessel des Krieges.
Menrad folgte.
Vor ihm stemmte sich die Front gegen den Feind. Die schiere Wucht der Massen verzerrte die Reihen, und er drängte hindurch. Der plötzliche Drang zu urinieren, kalt ausbrechender Schweiß – er kannte die letzten Äußerungen des Lebens, das sich freiwillig dem Tod gegenüberstellt. Die Furcht aber war in Hass erstickt.
Um ihn zerbarst die Menge in Köpfe, zuschlagende, grobe Klingen, in eine wütende Dichte, die eigenen Regeln gehorchte. Über allem stieg das Wetterleuchten eines Blitzes auf. Wie ein zackiger Arm tanzte er von dort aus über die Häupter der Gegner, wo Ifrah stehen musste, untergegangen in den Kriegern. Das Krachen ließ die Luft knallen, als rissen Dutzende von Bogensehnen, dann wölbte sie sich aufstöhnend unter einem nekromantischen Fluch.
Ein Stoß, ein Stolpern, und der Paladin stand vor seinem ersten Widersacher.
Leibhaftig, grundgütiger Himmel. Er hob den Schild aus Santére.
Es mochte beinahe ein Glück sein, dass Gedränge, Not und Staub die riesige Gestalt verwischten, die ihn wahrgenommen hatte und auf ihn zuschritt. Das Aufsetzen der gespaltenen Hufe ließ den Boden erzittern. Augen sahen auf den kleinen, erbleichenden Paladin, ohne zu blinzeln – Kugeln schwarzen Öls. Pupille oder Iris fehlten, und nur ein roter Schimmer ließ ihre Blickrichtung erahnen.
Mehr erkannte Menrad nicht. Es war nur sehr wenig Zeit vergangen, Zeit für ein hastiges Luftholen und nichts sonst, und doch hatte er schon zu lange gezögert.
Sausend hieb eine ungefüge Klinge gegen seinen Kopf los. Im Grollen, das den Schlag überlagerte, riss er den Schild hoch. Er bewahrte ihn davor, enthauptet zu werden, aber der Paladin konnte nicht umhin, durch das Krachen des Treffers hindurch gequält aufzustöhnen. Die Rückseite des Schildes wurde ihm nah ans Gesicht gepresst. Er drehte den unbehelmten Kopf, halb in die Knie gegangen, und betete, sein Arm möge nicht brechen.
Der Stoß trieb ihm den in gerader Linie gegen den Dämon ausgestreckten Oberarm in die Schulter. Die Knochen hielten, aber er verlor um ein Haar den Halt. Stiefel scharrten im Staub. Augenblicklich folgte der zweite Hieb, erneut gegen den Schild, ohne Versuch, eine andere Stelle, eine Deckungslücke zu treffen.
Menrad duckte sich unter die Wucht und den erbebenden Schild, als könne er dadurch Gnade vor der fürchterlichen Kraft des Gegners erflehen, wissend, dass es kein Entrinnen gab.
Er wurde gegen einen anderen Menschen gedrückt, schrie seine Wut und Angst in den dritten Schlag, verlor an Boden. Schmerz explodierte in seiner gesamten linken Körperhälfte.
Das Entsetzen öffnete sich wie ein Höllenschlund. Ringsum kreiste der Reigen anderer Köpfe, der plötzlich brüllende Lärm der Schlacht, in deren Mitte er nur ein vergänglicher Punkt war, bis zum Hals in einem rostroten Feld, bewachsen mit Kriegern anstatt mit Kornähren, und einen winzigen Fleck Erde verteidigte.
Und der Hammer hatte noch nicht einen Feind gestreift.
Menrad hob den Schild, soweit er es wagen konnte, und schlug blindlings in die Richtung, aus der die Schläge herabfielen. Der Hammerkopf sirrte über eine Waffe, dann über raue Oberfläche und traf auf Widerstand.
Das Grollen des Gegners veränderte sich. Ein Treffer. Das Herz des Lichtkriegers machte einen Satz.
Doch einen Atemzug später zerfraß das unheilverkündende Zischen die staubgeschwängerte Luft, das er bereits im Tal der Magier mehrfach gehört hatte. Instinktiv, mit geschlossenen Augen und taub murmelnden Lippen, kauerte er sich hinter dem viel zu kleinen Schild zusammen. Ein Druck ließ die eisenverstärkte Barriere erbeben. Er riss die Augen auf.
Der Boden. Fortwirbelnder Sand. Feuer.
Feuer! Es wurde über ihn hinweggeblasen, tanzte in Flammen am Rand des Schildes vorbei. Die Hitze war so gewaltig, dass sie ihm den Atem raubte. Menschen schrieen unsichtbar.
Da, ratlos, was er sonst tun konnte, um nicht fliehen zu müssen, sprang Menrad vor, mit dem brennenden Schild als einzigem Schutz in die feindliche Lohe hinein, tauchte durch schieres Glück unter einer dunkel pfeifenden Klinge entlang und führte den Hammer ein zweites Mal gegen den riesigen Leib, gegen den er jetzt halb prallte. Entsetzen sträubte ihm das rauchende Haar.
Der Hammerkopf aus der Soldatenschmiede einer engen Gasse zu Fadraîs blieb stecken. Menrads Rechte empfand zu spät den beißenden Schmerz. Mein Handschuh steht in Flammen, aber stärker war der Antrieb, den Waffenstiel nicht loszulassen. Er zuckte. Die Hammerspitze musste dem Dämon in den Leib gedrungen sein.
Wild nahm er den Schild fort, starrte in verebbendes Feuer, in ein darin gefangenes Alptraumantlitz, das die fahlen Hauer zusammengebissen hatte wie er seine Zähne, und sah der Hölle einer anderen Welt direkt in die Augen. Wahnsinn und Jubel des Herzens. Das hörnerbewehrte Haupt war über seine Waffe gebeugt. Sie hatte einen Spalt in kohlfarbene, fette Dichte geschlagen wie in eine Decke aus schwarzem Eis, unter der jetzt zähes, rotes Wasser hervorquoll.
Der Bastard blutete. Er verlor Blut wie jede lebende Kreatur.
Kurz war alles in Reglosigkeit erstarrt, in fremdem Grollen und eigenem, jappendem Luftholen, dann straffte ältere, noch arbeitende Schulung den Leib des Lichtkriegers. Mit einem Ruck zog er den Hammer aus dem Leib des Feindes und lenkte ihn gegen den Schädel. Er legte alle Kraft in diesen Schlag.
Die Augenkugeln erzitterten, als der Hammer die Schläfe des Dämons traf, viele Handbreit über der Höhe eines großen Mannes. Nimm das. Plötzlich war er wieder der junge Auszubildende in einem sehr fernen, feuchten Steinhof der alten Königsstadt, tief befriedigt über das Wanken der Trainingspuppe aus Holz und Sackleinen, hinter der ein sie führender Mann wohlwollend die Zähne bleckte.
Noch hatte er den Dämon nicht überwunden, doch ein fremdes Axtblatt, aus einer brüllenden Gestalt herabfahrend, trennte die Hörner und das Alptraumantlitz vom dazugehörigen Leib. Menrad taumelte zurück, wieder gegen Andere.
Die Menge verschob sich unausgesetzt, fing das Vordringen der feindlichen Front auf, dehnte sich wie ein Band. Männer ließen sich töten, damit es nicht auseinander ging.
Es war wenig Zeit für das Begreifen, dass der erste Gegner enthauptet im Sand der Ebene landete und der atmosphärische Schrei, der einem Hirn und Mark zerrüttete, die Klage des verrauchenden Lebensfunkens war. Böse hob sie sich über die Köpfe.
Keuchend hastete Menrad drei, vier Schritte vor, hinein in die erbärmliche Lücke, die entstanden war, bevor sie sich wieder füllen konnte.
Ihn trennten doppelte Reihen von der Front des Verteidigerheers. Namentlich Barbaren kämpften dort, doch von ihnen sah er nur unter Helmen hervorschauende, fliegende Haarquasten und dumpf aufleuchtende Klingen, die in ein Meer der Dunkelheit hackten. Ohrenbetäubend hatte sich der Lärm entfesselt.
Die entscheidende Schlacht.
Noch hielten die Reihen der Verteidiger. Als Menrad sich mühsam weiter vordrängte, erreichten ihn aber mehr und mehr Laute aus dem Toben, die er gefürchtet hatte: Todesschreie, eine ganze Borte qualvoller, oft auch wütender letzter Stimmenäußerungen, die über die verbündete Streitmacht zurückwogten. Hier und da schleuderten Kämpfe, die im Griff der Schlacht nebelhaft blieben und untergingen, Blut in die Höhe.
Wir dürfen keine Angst zeigen.
Dennoch war es die Angst, die ihn beflügelte, die seinen Griff um den Hammerstiel wieder festigte. Vorübergehend machte sie ihn unempfindlich – unempfindlich gegen das Grauen dicker Tropfen, die auf sein Gesicht fielen wie Regen. Blut. Das Feuer der Dämonen ließ Asche entstehen, Berge von Asche, in die gewiss jetzt schon Fleisch der Krieger gemengt war - Krieger, die Menrad vor Augenblicken noch hatte schreiten und drohen sehen. Fauchend senkte sich der Dunst auf die Scharen zusammengewürfelter Menschen und Halbtiere. Vereinzelt spaltete der Feind die Verteidigung Lut Gholeins bereits mit erbarmungslos dumpfer Gewalt und schälte den Mut der verzweifelten Gegner von ihrer Standhaftigkeit wie blutige Rinde.
Das Letzte, was Menrad noch in Gedanken fasste, war, dass er die Gefährten nicht mehr erreichen konnte. Sie waren verloren im Sturm der rostroten Felder, fortgetrieben, ganz wie er.





Der Strudel losdrängender Massen hatte sie auseinandergerissen. Gebt auf euch Acht.
Menrad war längst von ihrer Seite verschwunden, hineingesogen in die Masse von Kriegern, die den ausgedörrten Boden vor der Stadt verteidigten. Urel hörte sie gelegentlich noch, seine tiefe Stimme, weit vorn Befehle brüllend. Hadan war am einfachsten wahrzunehmen anhand der Schauer herabsinkender Flüche, die mit ihm durch die Schlacht reisten, und nah bei ihm würde Eya sein, viel zu schmal und verwundbar in dieser Lawine wuchtiger Waffen und Leiber.
Ifrah stand allein, die letzten Worte der Männer im Ohr. Rückzug, wenn deine Magie gegen den Feind nichts ausrichten kann. Urel. Geh mit den Göttern, Svasdaana-La. Opfere dich nicht. Die Stadt braucht dich noch. Hadan.
Die Schlacht schleuderte ihr die Wucht der endlichen Begegnung ins Gesicht. Sie atmete die zerfetzte Luft hastig ein und verbiss sich die Tränen puren Entsetzens, das zuletzt in der Weltensteinfestung, vor Baals Dienern, so groß gewesen war. Ihr zu Seiten warfen sich die Barbaren in den Kampf, auf den sie so lange gewartet und für den sie ihre Heimat verlassen hatten, zahllose Meilen gewandert, bis hierher. Ihr Wille, ihre Kraft mussten sie mitreißen. Doch sie ängstigten sie auch. Allerorts, jetzt schon, fielen die Nordmänner. Gewiss, sie hatten es gewusst. Für viele von ihnen war die Wüste der Tod.
Ifrah sah sich rasch um. Den Stab in der Rechten, stand sie noch tatenlos inmitten zäh vordringender Reihen. Ihr erster Blitz war eine schwache Erinnerung.
Sie beschwor sie herauf. Im Gefüge der Welten, das einst die Erzdämonen und ihre Brut über Sanktuario ausgegossen hatte, und auch unter den Menschen, gab es zwar Einzelne und Gruppen, die der Magie eine nicht geklärte Widerstandskraft entgegensetzten. Doch die Schulen bereiteten ihre Adepten ohne besondere Bedenken auf diesen Umstand vor. Denn der Menschen, die sich gegen die Elemente unempfindlich zeigten, waren es nicht viele, und selbst die Dämonen besaßen selten eine gefährliche Immunität.
Ihr Blitz hatte Opfer gefunden.
Was zögerst du noch? Die Magierin huschte zwischen tobenden Gestalten hindurch.
Die Frontlinie war plötzlich sehr nah, ein dünnes Netz gegen die Flut der Eindringlinge, die die Ebene zu füllen begannen. Hinter Ifrah lag, vom Kampfgeschehen durch vielleicht tausend Schritte noch getrennt, die Stadt.
Kämpfende versperrten ihr den Weg. Entschlossen teleportierte sie – hinein in die erstbeste Lücke im Gedränge, die sie aufzuspüren imstande war.
Dicht beim vordersten Spalier der Verteidigung auftauchend, bereute sie es beinahe augenblicklich. Hier landete sie nicht unter herbeiströmenden, doch verdutzten Widersachern und in der Freiheit eines Flecks aus Stein, wie er in Travincal oder sonst wo ergeben ihr Auftauchen hingenommen hatte. Hier endete ihr Teleportschritt mitten im Grauen einer nie da gewesenen Schlacht.
Hitze stets aufs Neue ausgeblasener Feuerlohen heftete sich an Ifrahs Gesicht, den offenen, stumm schreienden Mund, die verdunstende Schweißschicht auf ihrer Haut.
Was Mensch und Verbündeter und Dämon war, fegte mit irrsinniger Gewalt ineinander. Der Feind wütete entsetzlich unter den Verteidigern. Sie duckten sich unter dem Hagel der Hiebe weg, wichen blind aus, versuchten ihn mit erhobenen Waffen und Schilden zu dämpfen.
In Ifrahs Nachbarschaft hatte sich ein unbesetzter Platz gebildet, und hier begegnete ihr in aller Deutlichkeit, was in dieser Stunde mit den Verbündeten geschah.
Ein riesiger Dämon stand frei, ein Ungetüm, gekrönt von über viele Fußbreit ausladenden Hörnern, hinter sich die Flut seiner Verwandten, und schwang eine mannslange Klinge. Unter der Kreatur, zerschlagen, niedergetreten, regten sich aschegeschwärzte Körper schwach im Staub. Barbaren und Säbelkatzen drangen auf den Überwinder ihrer Gefährten ein.
Aber weder die Kraft des Nordens noch die Gewandtheit der Katzen rettete die Einen oder die Anderen.
Ifrah sah die großen Krieger in die Bahn des Dämonenschwerts laufen, vergebens ihre Schilde dagegenhaltend, sah sie mit zerborstenen und eingedrückten Rüstungen fallen, während die Waffe fast ungebremst weiterschwang. Und was die Barbaren niedergehauen hatte, traf die leichteren Säbelkatzen wie ein klingengesäumter Rammbock. Das gellende Jaulen der ersten Drei oder Vier, die den Menschen hatten zur Hilfe eilen wollen, bohrte sich der Magierin in Ohr und Herz, und das Fürchterlichste war, dass die gelbe Masse, plötzlich in viel zu viele Teile zersprungen, mit der gegnerischen Waffe weitergerissen wurde und unter ihre Artgenossen fuhr. Sie wurden von den Läufen gefegt, fortgewirbelt, als seien sie Blätter in einer Windbö. Ihr Kreischen musste bis in den Himmel hinaufschallen. Eines der Halbtiere flog viele Schritte weit, krachte gegen die Wand der seitlich herandrängenden, schwarzen Kolosse, wurde zertrampelt, war Blut und Fleisch und Sand, ehe sein Klagelaut vollends abriss.
Ihr guten Gestirne. Tränen stürzten der Magierin aus den Augen. Der freie Fleck wanderte näher zu ihr, ein Mann rempelte sie an – dann stand sie an seinem Rand.
Sie hob die Hände, den Stab in der Rechten, und ballte beide Fäuste. Der Gewitterwind brandete gegen die lähmende Aura des Übels an, tanzte durch den Sand, ein unsichtbarer Derwisch.
Ihr Entsetzen verwandelte sich in Zorn.
Der mühelose Zugriff auf ihr Element, entfesselt wie zuletzt in Kurast, erreichte sie kaum. Die Magie indes durchfuhr sie mit einer Wucht, dass es ihr ein Stöhnen entlockte.
Das Rostrot des Schlachtfelds ging aus, auch die Aschewolken, auch die metallenen Töne der Waffen und Rüstungen. Gleißendes Licht strahlte auf.
In das einstimmige Aufschreien alles Lebendigen hinein entsandte Ifrah einen Blitzast. Er entwand sich ihrer Kontrolle, entfaltete sich zu einem Baum knisternder Energie. Sie ließ ihn umstürzen, mit flatterndem Schurz, mit stummen Worten auf den Lippen, die sie selbst nicht kannte und die doch einen einzigen Wunsch enthielten. Die Hölle der anderen Welt durfte der Magie ihrer eigenen nicht entrinnen.
Zuviel hing jetzt an ihr.
Die Verbündeten im Umkreis duckten sich atemlos, als die Magierin Zentrum einer haushohen Lichtsäule wurde. Das Heer schien sich rings um den kleinen, freien Platz flachzulegen, dann zurückzuwogen, als es sich vom Schreck erholte.
Im Krachen der Entladung sprangen die Säbelkatzen, die der Dämon fortgeschleudert hatte und die noch zu einem neuen Angriff fähig waren, auf die Riesengestalt los. Alle Geräusche waren wie ausgelöscht. Lautlos tobten die Wüstengeschöpfe, auf dem gelben Fell Mäntel ihnen freundlich gesonnenen Weißfeuers.
Mit dem plötzlichen Gestank verkohlten Fleisches kehrte der Lärm zurück. Die Magierin schwankte. Rasch blinzelte sie schmutzige Tränen aus den Wimpern.
Der Dämon, den die Blitze zuvorderst getroffen hatten, stand noch, doch die Kraft seiner Bewegungen war ermattet, die Oberfläche seines Leibes nicht länger nur von ihrer Eigenfarbe schwarz. Seine hornige Haut bröckelte, rauchte. Die Speerspitzen der Katzen und selbst ihre Krallen, die sie zur Hilfe nahmen, wo ihre Waffen an der fremden Panzerung zersplittert waren, fanden Einlass durch dunkelrote Stellen. Sie platzten auf wie schlagartig erblühende Blumen. Feuer fürchtete diese Haut vielleicht nicht, aber Ifrahs Element lernte sie fürchten.
Die Bestie zögerte zu lange, benommen vielleicht, vorwärtsgeschoben von nachdrängenden Dämonen, denen die Blitze Augen und Vorderseiten zerstört hatten, die aber noch weiterschritten, getragen vom eigenen Schwung Wie ein gelber Insektenschwarm fielen die Säbelkatzen über den Gegner her.
Ifrah hielt sich nicht damit auf, zuzusehen, wie sie den schwarzen Berg zerfetzten, rasend, wild wahnsinnig, nicht länger die sachten Sandwanderer und lautlosen Nachtmahre der ersten Begegnung.
Die Magierin lief so nah an die Frontreihe heran, wie sie es wagen konnte.
Keine der beiden Seiten gebrauchte Bögen, und die Wurfspeere der Katzen prallten wirkungslos von den Gegnern ab. Das Dämonenheer jedoch blies seinen Widersachern Feuer entgegen. Hier vereinzelt, dort zahlreich, klappten Rachen auf, Löcher in eine wahrhaftige Hölle. Flammenzungen begleiteten die vorrückende Masse. Sie waren die düsteren Fanale eines Vernichtungszuges gegen die erste Ansiedlung der neu betretenen Welt.
Selbst geschlossenen Auges ließ sich die Macht des Übels nicht länger leugnen.
Längst dröhnte der Boden der Ebene unter den Tausenden von Füßen seiner Träger wie unter rollenden Wagen. Was zuletzt als anwachsendes Unbehagen in allen Seelen gelauert hatte, zerfraß den Widerstand des Geistes, den die Kämpfer so bitter benötigten.
Wir dürfen keine Angst zeigen. Vor Ifrah aber hatte die Angst sich alles Lebendigen bereits bis zur Verzweiflung bemächtigt. Einzig Zusammenhalt und Zorn mochten bewirken, dass sich noch nirgends unter dem Verteidigerheer Scharen zur Flucht wandten. Vielleicht war es auch nur die Enge, die eine Flucht unmöglich machte. Wer zauderte, den erfasste der Pulk und trieb ihn erbarmungslos in den Feind.
Nein, niemand, der mutig genug war, bis zu diesem Morgengrauen vor Lut Gholein zu bleiben, entgeht dieser Stunde jetzt noch.
Die Magierin teleportierte in unmittelbare Nachbarschaft roter Gewänder, die sie unter den Barbaren hatte aufleuchten sehen.
Als sie erschien, hieb ihr um ein Haar das Ende einer Lanze ins Gesicht. Schiebende Leiber, Gebrüll. Kreischendes Metall. Schweiß und Rauch, dick wie eine verdampfende Suppe.
Überrumpelt gebar sie aufs Geratewohl einen einzigen Blitz in Richtung geschwungener Hörner, dann ließ sie sich von der magischen Bewegung an den Ort zurücktragen, an dem sie zuvor gestanden hatte. Doch der Fleck war nicht mehr. Auch hier wälzten sich die Massen, dicht an dicht.
Sie stolperte und hielt schützend die Arme vor die zusammengekniffenen Augen.
Närrin! Dummes Weibsbild! Mitten unter den Kriegern war sie schlecht aufgehoben in dieser Schlacht. Es gab nicht genug Platz für eine gezielte Nova. Zudem fürchtete sie, unsicher über die schnelle Wirkung, die sie vor einem Hieb der Dämonenklingen gegen ihren Kopf bewahren musste, zu wenige von ihnen zu erreichen und getötet zu werden, sinnlos, ohne eine Schar von ihnen mitnehmen zu können.
Verzweifelt reckte sie den Hals. Sie war zu klein, sie sah mit Mühe den schwarzen Wald aus Hörnern und davor zahllose Häupter, Helme, Waffen.
Wieder rempelte ein Mann sie versehentlich an. Blut platzte aus ihrer Unterlippe, die sie sich an den Zähnen aufgescheuert hatte.
„Magierin!“ Eine Hand packte sie bei der Schulter. Ein Helm füllte plötzlich ihr Blickfeld.
Bostac. Sie erkannte seine eisblauen Augen durch den Sehschlitz. Der junge Krieger hielt sie fest, beinahe wie ein Mann, der sein Kind in einer aufgebrachten Menge vor fremden Knien und Stößen schützen will, und zerrte sie, trug sie fast, zwei Schritte weit auf einen Fleck, der sich auftat. „Du musst vorsichtiger sein.“
Im Toben der Schlacht war er kaum zu verstehen, auch wenn er brüllte. Sie dankte verworren und schöpfte keuchend Luft, solange seine breite Gestalt sie ein wenig abschirmte. In der Nähe sank ein Regen finsterer Funken herab, dann ertönte ein widerwärtiger Laut zerreißenden, harten Fleisches.
Hadan tauchte neben ihnen auf. Sein weißes Gesicht und das schneeige Haar leuchteten noch bleich, bis zur Kehle hinauf aber war der Nekromant mit Blut besudelt, als habe er darin gebadet. Die böse Befriedigung auf seinen Zügen wechselte gegen Besorgnis. Eya war an seiner Seite und atmete hektisch. Rote Sprenkel zierten ihre Wangen.
Hastig tauschten die Gefährten Worte.
„Ich komme nicht nah genug an die vorderste Reihe heran“, vernahm Ifrah ihre eigene Stimme, überschnappend, dünn und schrill. Die Panik drohte sie zu überwältigen. Und ich darf doch nicht versagen.
„Bostac“, wandte sich Hadan an den Barbaren, der unbeirrt die Anderen davor bewahrte, umgestoßen zu werden, „kannst du sie decken?“ Ich weiß, dass das von einem Krieger wie dir viel verlangt ist, sagten die Augen des Nekromanten.
Der Nordmannhelm nickte.
„Wir bleiben zusammen“, befahl Hadan. Er mochte sich damit auch an die Assassine richten, die mit blassen Lippen ebenfalls den Kopf beugte. Ifrah durchzuckte es kalt. Eya erschien fürchterlich schmal und zerbrechlich inmitten all des dichtgedrängten Wahnsinns – ein Treffer gegen ihre nur von Leder und ein wenig Eisen umschlossene Gestalt würde ihr feines Knochengerüst zerschmettern wie Glas. Hadan spähte unterdessen suchend über die Menge, als seien die Frauen nicht die Einzigen, die er im Auge behalten wollte.
Bevor sie Gelegenheit zu weiteren Worten oder Taten hatten, ließ eine Bewegung in ihrer Nähe die Gefährten herumfahren. Bostac spannte sich und knurrte eine Warnung.
Doch der Keil aus Feinden, denen es offensichtlich daran gelegen war, die Front des Verteidigerheeres endlich zu zersplittern, bohrte sich bereits vernichtend gegen ihren Standort vor. Barbaren und Pundarkrieger versuchten, den Boden nicht preiszugeben, gerieten unter einen Hagel so mächtiger Hiebe, dass sie wie herabgezogen einfach verschwanden, und man hörte das grausige Schmettern und Sterben bis hierher.
Zu geschwind für ein gemeinsames Zurückweichen sprangen die Dämonen auf sie zu.
Wenige Schritte vor Ifrah fiel ein Mann, dann ein zweiter. Das Letzte, was sie sah und erlauschte, waren Bostacs aufblitzende Klingen und eine Verwünschung aus dem Munde Hadans. An dem Barbaren vorbei, rauchgekrönt wie eine makabre Gottheit, bahnte sich eine große, schwarze Gestalt einen Weg zu ihr.
Ifrah stemmte die Stiefel in den Boden. Aus dem Augenwinkel sah sie Hadan Eya hinter sich ziehen, den Nekromanten die Arme ausbreiten, in der Rechten ein Kurzschwert, die Assassine ihre Großkrallen abwehrend vorstrecken – dann trennten sie weitere Feinde. Alles war Dunkelheit, mitten darin ein niedergestreckter Körper, strauchelnd, fallend, und ein langgezogenes, knotiges Antlitz, ähnlich dem eines grob und entsetzlich falsch in Stein gemeißelten Rindes. Es starrte sie an. Zahnreihen klafften auf.
Die Magierin ließ sich fallen. Staubiger Felsboden stieß sie halb bewusstlos, aber noch im blinden Herumrollen klammerte sich ihr Ohr an das Fauchen feuerverdrängter Luft.
Ein Spalier aus eisernen Wadenschützern und Stiefeln war da, als sie die Augen wieder aufsperrte. Trampeln, Schreie, körniger Staub. Ihr Lendentuch, eingeklemmt unter einem Fuß, ging in Fetzen, als sie mit kreisendem Kopf auf die Beine sprang.
Verzweifelt suchte sie im Gedränge, direkt am Rande des Kampfes der Menschen gegen die Zerstörung ihrer geschlossenen Schlachtordnung, nach ihren Freunden. Ein Strom von Gestalten schwemmte vorbei.
Hadan und Eya waren fort. Bostac war noch da.
Der junge Barbar lag im Staub, verwischt zu erkennen durch hackende Schwerter, durch Leiber und stinkende Rauchschwaden hindurch, und die Hand seines linken Arms, zusammen mit der Schulter vom Körper abgetrennt, hatte sich im Augenblick des Todes in den blutbesudelten Sand gekrallt.





Sie hatte den Hieb nicht kommen gesehen.
Erst als Hadan, der schützend und Flüche auswerfend vor ihr aufragte, sich umwandte und sie hochzog, brachte ein glühender Schmerz in ihrer Schulter böse Gewissheit. Das Gelenk war nicht mehr zu bewegen, ausgekugelt, vielleicht sogar gebrochen. Das Leder stand offen und war nass. Eya verbiss sich jeden Laut, stolperte vor dem Nekromanten her durch den Pfad, den er mit Rufen und Gesten in das Schlachtenmeer trieb.
„Schau nicht zurück!“ herrschte er sie an, da sie, an die verloren gegangenen Gefährten denkend, ihre zitternden Beine kaum zur Eile zwingen konnte.
Lärm lag wie eine Kuppel über der Menge. Die Sicht war schlecht, rauchgeschwängert die Luft und so dick, dass man ihr jeden Atemzug abtrotzen musste. Mit rasendem Herzen lief die Assassine weiter, ausweichend, hin- und hergestoßen, wo Hadan es nicht verhinderte. Gesichter zogen vorbei. Augen starrten fiebrig hinter sie.
Sie gelangten zu einer Art freiem Platz, wo die Asketen standen. Freiwillige und Männer, die bereits verwundet worden waren, schützten ihn gegen die Menge und mögliche, bis hierher durchbrechende Feinde. Von hier aus war das Kriegsgeschehen noch leidlich zu überblicken.
Eya drehte sich um und hielt den Atem an.
Zwischen den Hügeln und der Frontreihe, die schon an mehr als einer Stelle aufgespaltet und kaum noch als solche zu erkennen war, war die Ebene schwarz – ein schwarzes Feld, darüber Zäune schwankender Hörner. So musste der Ausbruch eines Vulkanberges verschreckten Siedlern erscheinen, nur dass sich keine Schicht geschmolzenen Steins und siedender Schlacke auf Lut Gholein zuschob, sondern eine Flut lebender Kreaturen. Sie stießen Flammen aus, und es wirkte, als stünde unter einer Aschekruste die Welt in Brand.
Rauch trieb in schrägen Bahnen über die Ebene.
Die Assassine konnte fühlen, wie das neue Übel seinen Terror vorauswarf, und es war anders als die erinnerte Gegenwart der Aura um die Erzdämonen und ihre Diener – kälter, fremder, ungerührter, weniger einfältig, weniger listenreich.
Weniger verwandt.
Nicht in ihren unglücklichsten Stunden hatte sie sich je vorzustellen vermocht, sie würde einst, so wie jetzt, beinahe mit einer Regung der Vertrautheit an das alte Böse zurückdenken.
Und sie begriff, was am Kommen der Dämonen die Menschheit so ängstigte. Keine Durchtriebenheit anderer Eroberer reiste vor ihnen her und hatte ihr Nahen angekündigt, keine versammelte Weisheit und Magie hielt sie auf, fast, als gebe es zwischen Diesseits und Jenseits nichts, das sie fürchten mussten. Sie begriff auch, dass die Vorgänge in Kurast einzig der Geisteshaltung des Ostens und einem Zufall entsprungen waren.
Das Tor steht beliebig irgendwo auf Sanktuario. Es hätte sich ebenso gut auf Camdra oder an jedem anderen Ort öffnen können.
Ratlos und verstört zuckte ihr Blick über die Gesichter der Asketen, die Beschwörungen murmelten, wie Hadan es tat, wenn er einen Gegner verfluchte. Doch das Chaos der Schlacht verbarg, ob die nekromantische Macht hier noch wirkte. Schleichend, aber unaufhaltsam rückte die schwarze Flut gegen die Mitte der Ebene vor.
Die Hand des Nekromanten senkte sich auf ihre unverletzte Schulter. „Bleib hier“, tönte seine Stimme durch das nahende, an- und abschwellende Geschrei. Er war in Eile. Er musste zur vordersten Linie zurück. „Du kannst so nicht weiterkämpfen.“
„Doch“, fuhr sie auf. „Doch!“ Sie hob den Arm, die Hand mit der Großkralle unter Schmerzen und starrte ihn bittend an. „Sag mir nicht, was ich –„
„Du bleibst hier!“
Sie schrak zusammen. Hadan wurde selten laut. Jetzt aber sah sie, dass es ihm bitterer Ernst war, und sein Gesicht hatte sich wieder von ihr in die Maske hinein entfernt, die es im Kampf verfremdete. Noch herrschte Perlmutt in seinen Augen vor, doch es begann zu verschwinden. Öl kroch auf die punktartige, schwarze Iris zu.
„Bitte, Eya“, fuhr er fort, nur wenig ruhiger. „Ich muss Ifrah suchen. Ich habe geschworen, Urel nicht allein zu lassen, und es ist schon geschehen.“ Bestürzt erlauschte sie Verzweiflung in seiner Stimme. „Ich will dich nicht verlieren. Dich so weit in die Schlacht zu lassen, war ein Fehler... nicht mein einziger, wie es aussieht...“. Das Letzte sagte er so leise, dass sie die Worte kaum noch verstand.
Er wartete ihre Erwiderung nicht ab. Der blutbesudelte Handschuh streifte ihre Wange, dann war er verschwunden – beinahe so rasch wie ein Attentäter. Wankend entdeckte sie die Bahn seiner Rückkehr zum Mittelpunkt der Schlacht nur anhand weißen Haars. Rauchschwaden und Borten tanzender Waffen schoben sich dazwischen.
Mich nicht verlieren? Sie verharrte reglos inmitten der monoton und schauderhaft heiser und kehlig singenden Asketen. Und was, wenn du mir heute verloren gehst?
Ein Aufbrüllen aus der Menge zerstäubte den Kloß in ihrer Kehle. Sie reckte den Hals, die Hand auf der treulosen Schulter, die sie an den Rand des Geschehens verbannt hatte.
Rotgewandete Männer stolperten aus dem Gedränge. Einem hatte ein Hieb das rechte Auge für immer geschlossen, doch er bewegte sich weiter, als sei es nicht seine halbe Sehkraft, die ihm in Blut und Gallert aus dem Gesicht lief. Ein Anderer schrie die Assassine an.
Erst als er seine Worte wiederholte, löste sich ihre Starre. „An den Rand! Alle Verwundeten an den Rand!“ Aus dem Kreis der Männer, die die Nekromanten schützten, kam wohl Widerstand, denn der Pundaranführer brüllte: „Seid keine Narren! Sterben könnt ihr noch früh genug! Ihr sollt kein Reißaus nehmen, sondern euch zusammenflicken lassen. Rasch jetzt!“ Der Sprecher machte eine herrische Geste.
Der Kreis rührte sich, langsam vor den Reihen zurückweichend, die jetzt vom Gegner nach hinten getrieben wurden.
Das Heer der Verbündeten begann Boden zu verlieren.
„Los, los!“ Die Stimme des Befehlshabers war schrill, nackte Not und Angst. „Sie versuchen, die Streitkräfte zu umgehen!“ Der Mann blieb stehen, blickte zurück, und kurz ließ der Lärm der Schlacht ihn gewähren, als er leise, mehr zu sich selbst, hinzufügte: „Es sind so viele... so viele...“
Das, was Eya sah, bestätigte seine Worte.
Das Dämonenheer spaltete die Verteidigerlinien auf. Sie hatte es selbst bezeugt: Gegen die brutale Wucht des Feindes waren sogar die Barbaren und die Säbelkatzen, deren Zahl so hoffnungsvoll unüberschaubar geschienen hatte, fast machtlos. Wild drängte der Ansturm ihre Gefährten und Verbündeten zurück, weiter, immer weiter auf die verletzliche Stadt zu. Was die Verteidiger so entschlossen niedermachte, würde sich von einer Mauer nicht aufhalten lassen. Es würde nicht zu einer Belagerung kommen.
Keuchend hastete Eya den Pundarkriegern und Asketen hinterher. Letztere bewegten sich widerstrebend, als ahnten sie, dass einer von ihnen noch mitten im Kessel der Kämpfe zurückblieb, oder als binde sie eine Trance. Ausgefranst empfing der Rand der Schlacht die Fliehenden.
Die Assassine mühte sich, keinen zu genauen Blick auf die verbrannten, schreienden, böse zugerichteten Männer zu werfen, die sich bis hierher zurückzogen, oft genug nur noch, um zu sterben.
Donner und Rauch.
Ihre eigene Haut klebte von Schweiß und dünner, zäher Asche. Sie ließ sich nicht abwischen.
Magere Gestalten beugten sich über Verwundete, immer die nahende Linie der Schlacht im Blick. Auch sie waren unsicher, was getan werden konnte, und vor allem, las die Assassine in ihren verschleierten Augen, was zuerst – neue Verwünschungen gegen den fremden Widerstand ausstoßen oder jene unterstützen, die noch nicht unrettbar im Kampf gefangen und zertreten waren?
Erst eine Stunde des Morgens war vergangen, vielleicht nicht einmal soviel. Die Sonne kletterte weit über der Welt ungerührt an den Himmel, doch sie war kaum noch zu erkennen: Ein kränklicher Fleck in einem Brodem aus Rauch und Asche.





Ihr Hauptanteil war bereits die Hänge hinuntergestiegen. Geduldig bohrte er sich in das Leben, das ihnen aufgeschreckt entgegenrannte, aber immer noch kam ihr Heer, ihnen nachfolgend, über den Hügelkamm. Unten eine weiße Ebene und die Stadt, nicht besonders groß, und dahinter ein ausgedehntes, unangenehmes, aber bedeutungsloses Wasser.
Hell war es in dieser Welt. Auch heiß war es, bereits kurz nach dem Verstreichen der Nachtstunden. Die Hitze störte sie nicht. Das neue Land würde wahre Hitze erst kennen lernen.
Leer lag es da, bereit, übernommen zu werden. Wo zuallererst, zählte kaum. Auf der anderen Seite seines Weltenrundes waren schwüle, dämmrige Nebel und wuchernder Bewuchs, und auch dorthin würden sie gelangen. Die Meisten von ihnen kümmerte die löchrig gewordene Hülle, die Grenze dieser Welt, nicht sehr.
Diese Welt war ein Trittstein.
Mochten sich ihre Bewohner in Winkel der Erde, die ihr schwächliches Geschlecht trug, zurückziehen und eine Weile dort noch piepsend umherkriechen und sich verstecken, während der Besitz an Andere überging – der Durchgang. Ein leichter Weg, so viel leichter als andere Pfade über andere Welten.
Hier herrschte einzig die Vergänglichkeit, die nur von sich selber wusste und nichts von den Mysterien und der Vielfalt abseits ihrer kleinen Spanne. Hier gab es Borne der Magie, doch nur kümmerlich entfaltet, noch im Stadium zwischen Entdeckung und Erkundung.
Hier hatten sie nichts zu befürchten.
Diese Welt war verlassen. Spuren Größerer, einstmals vielleicht gereizt von einem Versuch, sie sich untertan zu machen, bedeckten sie schwach. Und noch Größere würden auf ewig von ihr getrennt bleiben. Ihre Gegner älterer Zeiten schienen erneut nicht erpicht darauf, sich für diese Länder zu opfern. Das gereichte ihren eigenen Absichten zum Vorteil. Der Befehl lautete, nicht länger zu warten. Die Zeit war gekommen.
So schüttelten die schwarzen Krieger ihre Hörner, senkten die breiten Stirnen und gingen daran, die Saat der Angst über das hiesige Leben zu werfen, auf dass sie es vergifte.
Es gelang leicht. Befriedigt erbebte das versammelte Bewusstsein. Achtlos fuhren sie über den Gegner hinweg. Er bewegte sich uneinheitlich, als verbände seine Kreaturen wenig. Aber es war anders: Mit jedem Gefällten fügte man ihnen mehr Schaden zu als erhofft. Es mochte sein, dass sie sich an ihre Vergänglichkeit und an eine sonderbare Verwandtschaft miteinander klammerten, und es hieß, eine andere Kraft gebe ihnen ihr Dasein – nicht jene, der die schwarzen Krieger selbst zur Stunde ihrer Entstehung begegneten.
Starr bewegten sie sich ins Tal. Auf ihnen lasteten weder Angst noch Verlust. Sie waren viele, und mehr würden folgen, benötigte es einen zweiten Sturm auf die Stadt, die zu ihnen hinüber- und hinaufblickte, lächerlich aus Lehm und brüchigen Steinen erbaut, holzgedeckt, hinfällig, ein Opfer für den ersten großen Brand auf dieser Welt.
Sie waren viele, und die Zeit war auf ihrer Seite.
Das Feuer ihrer Heimat im Geleit, trieben sie Keile in die Menge der Verteidiger, fegten das kreischende Getier von den Füßen, das vergeblich versucht hatte, die Wüste vor ihnen zu bewahren, knickten die Klingen der anderen Gegner. Ordnung und Wille der Menschen waren leicht zu unterspülen. Unter ihren eigenen Kämpfern reisten solche mit, die einen Auftrag im Geist hielten: Hinter dem Gegnerheer niederzureißen, was es beschützen wollte. Rechter Hand gelangten die ersten Knoten zusammengeballter Dämonen bis zur Mitte der Ebene.
Dort hielten sie an, flankiert vom unüberwindbaren Schutzgeleit, zu zahlreich für die fremden, dunklen Sprüche, die verwirrend auf sie niedersanken, herübergeschickt von einzelnen, dünnen, schlecht bewachten Gestalten. Ein Haufen wurde gegen sie losgeschickt, um sie zum Schweigen zu bringen. Die anderen Dämonen warteten auf die erste Attacke gegen die Stadt, und als sie kam, zogen sie weiter.
Brüllend erhob sich die Feuerkugel aus ihrer Mitte. Sie zog einen Rauchfaden quer über die restliche Distanz zwischen ihnen und den Mauern. Noch bevor sie dahinter niederging, folgte eine zweite, dann eine dritte, in diesem Land ohne Niederschlag ein Regen, der auffuhr, um es für alle Zeit zu verändern.
 
erste *lalalalalla* so und nu ruhe ich muss lesen *fg*

edit: so habs gelesen... o_O

1. poese poese reeba wie kannst du nur mitten in der schlacht aufhoern zuerzaehlen :P das is sowas von gemein *grrrrrrrrrrrr* ^^

so und nun zur geschichte: gscheit spannend ... hui.. vor allem ganz am schluss der wechsel zu "sicht der daemonen" ich war begeistert! genaler geniestreich :)
Die schlacht selbst is so gut beschrieben, irgendwie zittert man richtig selbst mit... nuja.. ich kanns kaum erwarten wies weitergeht :))))


so nur eins hat mir net so gfallen: "die lanzen zuckten steif und wehrhaft" irgendwo am anfang bei der schlachtaufstellung... das klingt irgendwie komisch *gg*

so und mehr fallt mir nimmer ein ausser weiter so!!!!!

:kiss: tigerle
 
danke für das up. ich habe es grade gelesen, obwohl ich überhaupt keine zeit dazu habe.

es ist wieder super-spannend. dasch schicksal der gefährten ist bis jetzt alles andere als klar.

diese unterbrechung an dem punkt wo alles verloren scheint ist fast nicht zu ertragen.

Ich freue mich wahnsinnig auf das nächste up und wünsche dir bis dahin eine gute zeit.

Gruß, Helldog
 
Während noch bei der Schlacht im Osten die Lage verzweifelt, aber nicht hoffnungslos war, scheint es nun, als müßten wir alle Hoffnung fahren lassen. Sehr schön wird die bedrängte Lage der Verteidiger vermittelt. Ungewöhnlich ist diesmal, wieviel wir von den Plänen, Absichten und anscheinend auch vom Wesen des Feindes erfahren. Läßt es hoffen, daß auch andere Mächte noch eingreifen und den verteidigenden Völkern zu Hilfe eilen? Ungeduldig erwarten wir ein Update.

Kleinigkeit:

Über dem Hügelkamm steieg Dunkelheit auf.
 
oh, oh, böse schauts aus in Sanktuario :(
Haben unsere Gefährten überhaupt eine Chance bei dieser Übermacht?

Schaurig beschrieben, in einer sehr erdrückenden Spannung, die ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit hinterlässt.

In Erwartung auf ein baldiges Up - :hy: Insidias
 
Uh, schon fast auf Seite 2. Ich tue mal uppen, damit dieses Meisterwerk nicht noch weiter abrutscht. :)

Hoffentlich geht es bald weiter...
 
Übrigens, der Beschreibung von Reebas Dämonen zufolge erinnert mich das Ganze sehr an die Mondfürsten aus Akt 5.

Was meint ihr? Vielleicht wird Reeba uns noch eine saftige Hintergrund-Geschichte über die berüchtigten Minotauren von Baal um die Ohren bzw. um die Augen hauen.


Ach ja, damit das nicht auf Seite 2 abrutscht.


:top:
 
hm... mich haben diese Dämonen eher an die Giftfürsten aus Akt 4 erinnert, vor allem wegen dem Feuerspucken...
 
Ich glaube die sind was ganz anderes....die ganzen Dämonen aus Akt4/5 kennen die Gefährten doch schon.
 
*snyff* ungeduldig wart... mach shcon reeba mach schon! gib deinen beta lesern die peitsche! +fg*

:kiss: tigerle
 
Hoert auf, hier staendig reinzuspammen. Immer wenn hier ein neues Posting drin steht, schau ich mir den Thread voller Vorfreude an, nur um festzustellen, dass wieder jemand nicht warten konnte.

In dem Sinne, weiter so, Reeba :cool:
 
Danke für die Fehlerhinweise :hy:
Entschuldigt bitte das kürzlich schwächelnde Tempo. Das RL schlägt mit Hochzeiten und allerhand anderen Feiern gerade kräftig zu, daher bitte ich um etwas Nachsicht.
Hier aber als Entschädigung und Dank für das geduldige Warten ein neues Kapitel:


*******


L. Das neue Übel




Mit der Morgendämmerung war der erste Alarmruf gekommen.
Eilig hatten die noch im Hafen vertäuten Boote abgelegt und waren zu den anderen aufs Meer hinausgerudert.
Hier lagen sie jetzt, fünf oder mehr Bogenschussweiten vom Ufer entfernt. Das Meer trug sie ruhig, als unterschiede sich der Tagesanbruch nicht von anderen, als handle es sich bei der kleinen Armada von Schiffen um einen großen Fischzug oder eine Vergnügungsfahrt. Aber es fehlten die Möwen, die sich sonst so zahlreich um die Boote versammelten.
Es fehlten auch die arbeitsamen, frohen Stimmen der Fischer.
Verstummt und voller Angst starrten die Menschen zur Stadt hinüber.
Lange regte sich nichts. Dichtgedrängt standen oder kauerten die Frauen Lut Gholeins an der Reling ihrer Gefährte. Selbst von den Kindern hörte man keinen Laut in der stillen, bedrückenden Weite.
Sie hatte kaum Zeit gehabt, sich die anderen Menschen, mit denen der mittelgroße Kahn überfüllt war, anzusehen. Auch jetzt hingen ihre Gesichter, teils verschleiert, seltsam gleichförmig in Marejs Augenwinkeln.
Schwanken, kleine Wellen, die gegen den Bootsrand plätscherten, ein einzelner, klagender Vogelschrei aus der Ferne. Reglos behielt die Druidin das langsam aus der Dämmerung tretende Dächergewirr im Blick Die Goldkuppel des alles überragenden Palastes leuchtete heller und heller, glänzte auf, als die ersten Sonnenstrahlen sie berührten.
Ein Raunen oder Seufzen ging durch die zusammengepferchte Menge. Der nächste Alarmruf kam, da riss es ab.
Marej machte kaum die Mauer oder die winzigen Bewegungen auf ihr aus, und ihre Augen waren doch so gut. Das Heer vor der Stadt war vom Ufer aus nicht zu sehen. Dennoch starrte sie, bis die Anstrengung und das Horchen ihr das Gefühl für die Wirklichkeit nahmen. Nur Stille und das leise Schwanken blieben. Die Gefährten waren weit fort, jenseits der Mauern, und irgendwo unter ihnen Urel.
„Nicht so weit“, sagte eine Frauenstimme neben ihr. „Beug dich nicht so weit vor, Fremde, oder willst du herausfallen?“ Erst die vorsichtige Berührung holte Marej zurück.
Sie schaute nach unten. Eine bemalte, ringgeschmückte, rundliche Hand lag auf der ihren. Die zugehörige Frau trug ein Kopftuch, das ihr volles Gesicht einrahmte. Die Brauen waren schmerzlich verzogen.
Marej lehnte sich wieder etwas nach hinten. Den Mann, der bereits andere Frauen davon abzuhalten versuchte, sich gefährlich dicht an der niedrigen Reling zu drängen, hatte sie kaum bemerkt. Nachdrücklich zog er Uneinsichtige Richtung Bootsmitte. Er war im Recht. Der Schwerpunkt des Gefährts hatte sich bereits verlagert, jetzt richtete es sich ächzend und wankend wieder etwas auf.
Doch viele der Frauen mussten so wie sie selbst empfinden. Ihre Gesichter, die Marej zum ersten Mal deutlich wahrnahm, verrieten es.
Hätte sie gekonnt, sie wäre ohne zu zögern ins Wasser gesprungen und ans Ufer zurückgeschwommen, unbekümmert um die Torheit einer solchen Tat. Sie mochte es nicht, auf Gewässern gefangen zu sein. Den Boden, die Erde, nicht unter den Füßen spüren zu können, machte ihr Angst.
Ihre Nachbarin, vielleicht verunsichert durch das Schweigen der Druidin, fuhr mit zitternder Stimme fort: „Hast auch du einen Gemahl unter den Kämpfern? Mein Mann und mein Sohn sind bei der Stadtwache. Sie...“ Sie brach ab und zog ihr Kopftuch am Hals zusammen, die Augen wieder auf Lut Gholein geheftet.
Mitgefühl dämmte Marejs eigene, erdrückende Sorge. „Mein Gemahl führt die Barbaren aus dem Norden an.“ Sie nannte der Anderen ihren Namen und erfuhr, dass diese Hasibah hieß.
Die Frauen verstummten wieder.
Es war unerträglich still. Einzig das Morgenlicht hob die Stadt aus einem trügerisch friedlichen Traumbild. Weder Rufe noch andere Geräusche waren von hier aus mehr zu vernehmen. Auch auf den Schiffen herrschte lautloses Warten.
Wie lange, wusste Marej nicht.
Das Kind regte sich in ihrem Bauch. Sie legte die Hand darauf, um ihm Ruhe zu übermitteln, die sie selbst nicht empfand. Hasibahs sprechendem Blick zu ihrer Bewegung wich sie aus.
Mit der steigenden Sonne ebbte der Wind ab.
Er war vom Meer gekommen, und nun, da er fehlte, trug sich endlich etwas herüber.
Etwas wie leiser, ferner Donner.
Tausend Ohren lauschten.
Es klang wie die Brandung. Aber das Meer leckt doch ganz ruhig am Ufer. Marej beugte sich wieder vor, den Pulsschlag in der Kehle. Diesmal hielt sie niemand zurück. Alle Menschen auf den Schiffen waren in wachsender Ahnung vereint und erstarrt.
In den Jahren ihrer Aufgabe als geistige Führerin ihres Dorfes hatte Marej zahllose Nacht- und Tagwachen erlebt, gelegentlich zu Mehreren, oft auch allein. Gelassenheit und Geduld im Einswerden mit den Erdkräften waren, so die Ältesten, immer ihre Stärke gewesen. Hier aber gab es keine Waldesdichte, die mit ihr wachte, kein Rascheln und Blätterzucken, keine tröstliche, beruhigende Umarmung der Bäume, die die Menschen versteckten. Sie war freiwillig aus der Geborgenheit fortgezogen.
Urel. Sie rief sich sein Gesicht in Erinnerung.
Ja, jetzt hörte man es ohne Zweifel. Das Donnern oder Grollen kroch in die windlose Stille, doch anders als der abgeflaute Wind wuchs es an.
Die entstehende Unruhe zu ihren Seiten und auf den benachbarten Schiffen zeigte der Druidin, dass auch dort gesehen wurde, was ihre überanstrengten Augen zunächst für einen Trug hielten: Eine anfangs dünne, dann dichtere Linie aus Schwarz legte sich über die Umrisse der Stadt.
Wir haben es gewusst, fielen ihr die Worte der angekommenen Druiden wieder ein. Unsere Welt steht an der Schwelle zu einem Wandel. Es war dumm zu glauben, er rühre nur von den ruheloseren Geistern der Menschen her. Er naht aus der Wüste, wo deine Vertrauten den Riss im Sein entdeckt haben, den es nicht geben dürfte.
Sie schloss die Finger fest um das Holz der Reling.
Dämonen.
Die Zeit der Irrtümer war vorüber.
Hier, auf dem fremden Schiff einer fremden Stadt, holte sie ein, was vorbereitet gelegen hatte und was sie nicht hatte begreifen können, nicht einmal nach der Offenbarung oder den Berichten der Gefährten. Sie war zum Warten verdammt. Ihre Keule ruhte irgendwo bei einem zurückgelassenen Bündel zwischen den Häusern dort drüben.
Ihre Liebe, ihre neuen Freunde, gingen ohne sie in den Krieg.
Die Schlacht hatte begonnen.
Man musste nicht länger auf das Donnern hinhorchen, in das sich nun, dünn und unendlich weit weg, kaum mehr als ein Verdacht, der Ton einer gemeinsam aufbrüllenden, losstürzenden Menge mischte.
„Sie sind da.“ Die Stimme ihrer Nachbarin wankte, und auch das Schiff wankte mit den aufbrechenden, wirren Bewegungen seiner unglückseligen Passagiere.
Verzweiflung öffnete Marejs Lippen. „Und wir können gar nichts tun!“
„Nein.“ Hasibahs Stimme wurde von anderen zunehmend überdeckt. „Nur beten.“ Angst sperrte ihre braunen Augen weit auf.
Irgendwo auf dem Schiff hielt es eine der Frauen nicht mehr aus. Sie begann laut zu klagen. Marej erzitterte. Andere brachten die Frau zum Schweigen, selbst atemlos und fast verrückt vor Furcht. Ihre halbwegs geschützte Position wandte sich nun gegen sie, denn auch nach Jahrhunderten ihres Daseins, das Handel und Wohlstand bestimmten, hatten die Lut Gholeiner die Achtsamkeit der Nomadenvölker, von denen sie abstammten, nicht vollends verloren.
Und um wahrzunehmen, was aus der Wüste nahte, brauchte es nicht einmal so viel.
„Seht!“ Ein überschnappender Ausruf.
Marej und Hasibah folgten den zeigenden Fingern.
Aus dem unsichtbaren Schlachtfeld stieg Rauch in Schwaden empor, als habe die Ebene vor Lut Gholein zu brennen begonnen. Schräg zog er in den Himmel, wurde dicker, dunkler, führte Asche mit sich.
„Bete mit mir.“ Wieder berührte Hasibah Marejs Hand.
„Ich weiß keine Worte“, brachte die Druidin heiser hervor, und es schien ihr alle Verzweiflung und Hilflosigkeit zu enthalten, die an ihr zerrten. „Ich weiß die Worte eurer Gebete nicht.“
„Dann sprich mir nach“, sagte Hasibah erstickt, und ohne die Stadt aus den Augen zu lassen, kniete sie sich an der Reling nieder.
„Die Stadt wird brennen!“ jammerte eine Frau in der Nähe. „Unsere Habe, unsere Häuser!“
„Halt den Mund“, schimpfte eine Andere, aber es klang, als sei sie den Tränen nahe. „Denk lieber an unsere Männer!“
Hasibahs Blick an ihr hinauf, nass, bittend, zog Marej nach unten.
Die Lut Gholeinerin legte die bemalten Hände vor der Stirn zusammen, und in all dem fernen Donnern und Tosen und dem Geschrei auf den Schiffen mühte sich die Druidin, den Worten zu folgen, die aus der Gemeinsamen Sprache in das Djaddh überwechselten, das sie nur schlecht beherrschte.
“Ihr Gläubigen, glaubt an die Güte des Himmels.
Er hat sich mit seinen Wächtern über uns gehängt,
und ihre Namen sind Badr und Junah.
Glaubt an ihre Güte und das Kommen des neuen Morgens...“

„...an das Kommen des neuen Morgens“, hörte Marej sich wiederholen. Die Gestalten der Gefährten ließen sich nicht mehr fassen. Einmal noch möchte ich euch wiedersehen. Urel. Woher soll ich die Kraft für einen weiteren Weg nehmen, wenn nicht von dir? Unerbittlich zog sich eine Schlinge um ihren Hals zusammen. Über der Reling tanzte die Stadt.
“Glaubt an die Macht, die uns gegeben wurde,
uns, die wir leben.
Nehmt euer Herz in beide Hände und wehrt die Feinde ab,
die Feinde der Welt, die Feinde des Vertrauens.“

Ein neuer Schrei schreckte die Frauen auf. Lauter und lauter klang das Klagen und Rufen über die Schiffe hin. Entsetzt, im Weinen der Kinder, starrte alles auf den Rauch.
Hier lautlos, für die Menschen auf den Mauern aber sicherlich ein brüllender Auftakt drohender Verheerung, wanderte eine Kugel aus loderndem Rot und Gelb über die Linie der Dächer. Sie kam vom Schlachtfeld. Dann, niedriger, eine zweite, eine dritte – ein ganzer Hagel. Der Feind schleuderte Feuerbälle gegen die Stadt.
„Feuer!“ gellte jemand.
Marej stand auf. Gewiss, es war zu erwarten gewesen. Nun aber, da sie es leibhaftig sah, mit taub gewordenen Beinen und wild pochender Brust, sprang ihr Bewusstsein über die glatte Meeresfläche zurück in die bedrängte Stadt. In den Gassen, ahnte sie, rannten die Männer schon und rissen die Bottiche hoch, mitten in anhebendem Chaos, den Feind vor den Toren, die Angst im Nacken.
Noch während Marej schaute und um sie immer neue Stimmen das Wort herausschrieen, stieß eine große, helle Flammenzunge kurz und steil empor und kündete von den ersten Dächern, die Feuer gefangen hatten.





Auf den Mauern der Stadt drängten sich die Soldaten, mit Säbeln, Lanzen und Kurzbogen bewaffnet. Während die dunklen Feindesheere erschienen und in die Ebene hinabstiegen, war es hier und in den Gassen ruhig geblieben. Angesichts der schieren Menge der Gegner fassungslos, aber beherrscht, wenngleich Viele mit bebenden Knien zu beten begonnen hatten, beobachtete Lut Gholein die Bedrohung, die aus der Wüste nahte.
Mit der Erkenntnis, dass die Verkündung von einem Krieg nicht den zweifelhaften Befürchtungen einiger dahergelaufener Fremder und einheimischer Schwarzseher entsprungen war, traf die Stadt nun jedoch der Verlust des Vertrauens in ihr Umland. Ungefährlich war es nie gewesen, aber was hatten sich die Menschen nur zuschulden kommen lassen, dass das Schicksal sich so bösartig gegen sie wandte?
Festere, Grimmigere beruhigten die Anderen. Noch war nichts verloren.
Doch auch sie, die besten Soldaten und die kampferprobtesten Haudegen unter den Söldnern, verstummten nach und nach mit dem Fortschreiten der Schlacht. Sie schauten auf die Heere der Verteidiger und die Linie der Front, die von hier aus nur mehr einem helleren Band vor einem aschefarbenen Wimmeln ähnelte, das die Ebene ausfüllte, so weit das Auge reichte. Sie sahen, wie es sich spannte, eine Weile in Reglosigkeit zu verharren schien, ohne dass zu ihnen mehr heraufdrang als das verworrene Toben zahlloser, nicht deutlich zu erkennender Kämpfe, und dann riss.
Unruhe erfasste die Soldaten. Wie ein Wind flog sie durch die wartenden Reihen. Die Befehlshaber hatten alle Hände voll damit zu tun, die Männer im Zaum zu halten und durften doch nicht zu viel von dem, was sie mit ansahen, in die Straßen weitergeben.
Die Unruhe schlug in Entsetzen um, als sich aus den zusammenklebenden, wogenden Flecken vor der Stadt Inseln lösten – durchbrechende Feinde. Das Heer krallte sich an ihnen fest, zwang sie zurück, aber ebenso oft, wie ihm dies gelang, splitterten neue Versuche die Felder auf. Bogensehnen knarrten. Das Geräusch stand einsam über dem Wall und den blassen, schweißbedeckten Gesichtern.
Alarmrufe. Erste Feinde erreichten die leere Region vor den Mauern, unmittelbar unter ihnen, fürchterlich anzuschauen.
Ein Hagel von Pfeilen ging auf den schwarzen Pulk nieder, der immer noch Verfolger abschüttelte, richteten kaum Schaden an. Gelb und kupferbraun hängten sich die Verteidiger an die Angreifer, unter Ersteren zahlreiche Säbelkatzen, wie die Soldaten betroffen bemerkten, und nun hörte man – mehr als man es sah – die entfesselte Wucht der Kämpfe auch hier oben. Die Schreie und das Klirren der Waffen schwappten über die Mauer in die Gassen. Alles Lebendige darin erschauerte und duckte sich.
Knarrend schnalzte eines der großen Katapulte und schleuderte armlange Bolzen in die Dämonenhorden. Einige wurden umgerissen. Jubel, dann erneute, verstörte Alarmrufe, hastende Füße von Männern, die frische Bolzen einspannten. Selbst dort, wo die ungenauen Katapulte trafen, wo die Soldaten beobachten konnten, dass die eisenverstärkten Geschosse den leibhaftigen Teufeln quer im Leib staken, ermattete das zähe Leben der Feinde oft nicht. Viel zu langsam nahm die Zahl der durchgebrochenen Horden ab.
Das Haupttor Lut Gholeins dröhnte, als sich Dämonen dagegen warfen. Sie führten keine Rammen mit sich. Nur mit dem Gewicht ihrer Leiber drückten und prallten sie dagegen, und die Menschen auf den umgebenden Mauern zauderten noch fassungslos, während vom Tor eine Erschütterung emporkam, die ihnen in die Beine fuhr.
Die Ebene kochte jetzt. Aschewolken, Flammentürme wanderten mit den Feinden heran. Längst war der Morgen nicht mehr licht und durchsichtig blau. Rauch, erst in Schwaden, dann wie ein aufsteigender, widerwärtiger Nebel, verfinsterte die Luft, und selbst Badrs großes Antlitz verschwamm in Schmutz und schwarzen Schleiern.
Als etwas in diesem Brodem plötzlich aufflammte, glaubten Viele, die Sonne sei neu erstanden und luge doch noch durch die Finsternis, um sie nicht allein zu lassen in dieser Stunde. Doch das Flammen wurde zu einem Lichtpunkt. Er raste heran, begann zu brüllen. Mit empor gekehrten Gesichtern begriffen die Mauertruppen, die seine Hitze anfiel, obwohl er Dutzende Schritte entfernt über ihre Häupter hinwegflog, dass es ein Geschoss war.
Einige Männer hatten noch Zeit, die Menschen in den Gassen und die aufgereihten Wasserbottiche in den entsetzten Blick zu bekommen. Dort unten konnte die ausharrende Bevölkerung nicht mitverfolgen, was in der Ebene geschah, und vielleicht war dies besser so für sie. Jetzt aber, schon zusammengeschreckt durch das Erzittern des Tores, musste sie schlagartig überfallen, wie gnadenlos rasch Lut Gholein an den Rand seiner Vernichtung rückte.
Der erste Feuerball zerbarst mit einem Geräusch, als breche die Erde unter der Stadt entzwei, um sie in ihre tief verborgene Schlacke zu ziehen. Funken, Flammen stoben empor. Das Angstgeheul verwandelte sich in schrille Schreie. Unglückliche stolperten lichterloh brennend von den unmittelbar neben ihnen zu Asche Verkohlten fort, fielen übereinander, gaben den tödlichen Fluch weiter.
Lut Gholein erhob sich ins Chaos.
Den zweiten Einschlag hörten die Mauertruppen schon kaum mehr, denn er ging im Brüllen der Lohe unter, mit dem ein Haus wie eine Fackel entflammte. Direkt daneben stürzte ein anderes ein. Das ausgetrocknete Holz und der Lehm und das Feuer griffen ineinander, selbst dort, wo die Dächer unter dem Gewicht der brennenden Geschosse nicht sofort nachgaben.
Hin- und hergejagt zwischen den Flammen und neuen Stößen gegen das Tor und die Westmauer, die Stützbalken polternd umwarfen oder in die schwachen Wände angrenzender Hütten drückten, rannten die Menschen um ihr Leben. Bevor Geistesgegenwärtige sie zu Löschversuchen sammeln konnten, hatte sich innerhalb der Mauern ein Ring brennender Häuser gebildet, ein Ring aus tobender Hitze und zerplatzenden Ziegeln. Schneller als die Füße der Bevölkerung gelangte er ins Innere der Stadt.





Von weit hinten, durch einzelne Stimmen Zurückblickender herangetragen, sprang die Nachricht über das Heer hinweg bis ins Zentrum der Schlacht.
Lut Gholein brennt.
Urel aber wandte nicht den Kopf, und nach einer Weile verebbte die Neuigkeit. Gern wäre er überall zugleich gewesen. Doch sein Platz war hier.
Einbildung oder nicht, er war im Mittelpunkt der Schlacht und er wurde eins mit ihm, beseelt vom Antrieb, andere Krieger mitzureißen, ein für allemal wahrer und würdiger Kriegsherr zu sein, ebenso schrecklich für die Gegner wie sie für ihn und seine Art. Atmete er nicht gerade die nötige Luft aus Rauch und Hitze oder presste die Zähne unter der Wucht eigener und feindlicher Hiebe zusammen, brüllte er nach Leibeskräften. Worte waren es nur teilweise noch.
Nicht abreißend traten die schwarzen Gestalten vor ihn hin, nun wirklich eine Flut mit allen Ausformungen der Hölle, und er hielt sich weder damit auf, sich ihre Fratzen und aufragenden Hörner einzuprägen, noch damit, was an den Rändern des Schlachtfelds geschehen mochte.
Er wollte wie ein Keil unter die Dämonen fahren. Harrogath fand in seine Erinnerung zurück, Fetzen des damaligen Geschehens. Dort hatte es den Sieg gebracht – sich einen Weg durch die Massen der Gegner zu hauen, stetig hinauf, eine Schneise bis zu ihrem Anführer. Hatte er damals überhaupt Zeit daran verschwendet, sich den Willen vorzustellen, der sie lenkte? Nein, gewusst hatte er es, einfach und klar: Durchtrenne ihr Rückgrat, schlag den Kopf des Körpers ab, den sie gemeinsam bilden.
Fällt er, fallen auch sie.

Gelegentlich zogen sich der Lärm und die Lawine der Bilder so weit von ihm zurück, dass er sich in einem großen Schweigen wähnte, in dem alles langsamer vonstatten ging, ohne dass er selbst aufhörte, wie rasend dreinzuschlagen. Doch die Stille war nicht von Dauer. Unvermutet fielen sie wieder über ihn her – grelle Schreie beschwänzter Geschöpfe, knirschende Verwünschungen seiner Männer, zischende Feuerlohen. Dazu das Krachen und Sausen der Waffen. Es war eine gierige Musik ohne Takt.
Der junge Barbar setzte über einen gefällten Gegner hinweg, weiter, hielt die Pavese in einen waagerecht ausgeblasenen Flammenstoß, nur halbherzig, weiter, und tauchte vor den Gestalten hinter dem Flammenstoß auf, nur Schatten in wabernder Luft. Das Fauchen Blasen werfenden Metalls erklang dicht an seinem Ohr. Seine Rüstung hielt, was kümmerte ihn die Hitze. Der Zweihänder, Verlängerung seines Arms, fuhr seitlich dorthin, wo Hörner und grobe Klingen aus dem Gemenge stachen.
Jeder Schlag traf. Er musste nicht einmal zielen. Die flüchtige Verwunderung darüber, dass die Dämonen seinen und den Hieben seiner Männer nicht auswichen, die Beunruhigung angesichts der Weise, in der sie stritten und die bedeutete, dass sie sich auf ihre Masse verließen, hatten ihren Schrecken eingebüßt. Das Schwert aus den nördlichen Wäldern widerstand ihrer Panzerung, ging durch ihr zähes Fleisch, das er in den Treffern fühlen konnte.
Er spürte keine Erschöpfung.
Glatt enthauptet fiel der nächste Dämon. Ihre gewaltigen Schädel waren zu hart, um sie zu zertreten, was zu tun ihn reizte. So stieg er über den Leib hinweg, hielt inne, suchte nach einem neuen Ziel, wurde wieder schneller. Ihn würden sie nicht von den Füßen werfen, ganz gleich, wie viele ihm zwischen Lut Gholein und dem verfluchten Tor entgegenschwemmten.
Ein Hieb gegen die Pavese, den er nicht hatte kommen sehen, erschütterte seinen Armstumpf, der zwischen den Lederriemen pulste, und seine gesamte linke Seite. Den rechten Stiefel in den Staub gestemmt, lehnte er sich dagegen und schüttelt roten, schwarzgefleckten Nebel aus den Augen. Er fing die gegnerische Waffe ab, lenkte sie nach unten. Das Grollen aus dem Rachen jenseits seines Helmschlitzes verstummte gurgelnd, als er dem Dämon die Klaue abschlug. Wie ein Stein polterte sie zu Boden.
Sie waren schwer wie Statuen, und auch diese Bestie stürzte nach seinem antwortenden Treffer und brachte die Erde zum Erzittern.
Warum ausgerechnet diese unter ungezählten Begegnungen ihn kurz zur Besinnung brachte, wusste Urel nicht zu sagen. Aber er stand, nutzte die knappe Atempause für ein stöhnendes Luftholen und einen genaueren Blick.
Es war seltsam – die gefällten Feinde, ihre Leichen, lagen nicht einfach umher. Nicht so wie meine Männer. Schmerz verdüsterte sein Hinsehen. Er zwang sich dennoch dazu. Ihre finstere Magie musste es bewirken. Sie verschmolzen mit dem Boden.
Es war kaum vorstellbar und doch wahr. Schlacke oder sonst einem dunklen Auswurf des Feuers ähnelnd, erstarrten ihre Leiber, ihre Überreste, und vereinigten sich mit dem Fels der neuen Welt, auf die sie hinübergetreten waren, ganz so, als bestünden sie selbst im Inneren aus Stein. Pechschwarz bedeckte eine Schicht an vielen Stellen den Boden des Schlachtfelds, verschwand unter Kämpfenden, veränderte sich aber nicht mehr.
Der Rauch, der die Ebene füllte und in den Himmel stieg, als stünde Sanktuario in Brand, rührte nicht einzig von ihrem feurigen Atem her.
Sie verheeren das Land.
Wut nahm ihm beinahe die Sicht.
Hier wird nie wieder etwas wachsen. Hier wird nie mehr ein Hirte seine Tiere entlang führen können.
Urel fuhr auf. Gebrüll schallte blechern in seinem Helm wider, sein eigener Zornesausbruch. Dieser eine Blick hatte genügt, um ihm zu zeigen, dass jeder Moment des Ausharrens ein Fehler war.
Die Bande seiner Beherrschung zerrten sich aus seiner Hand. Dann ließ er sie los.
Angst zog in Wellen auf die Stadt zu, die nicht fallen durfte, und in einem rasch zusammenschrumpfenden Winkel seines Bewusstseins litt er kurz mit den hinter den Mauern verschanzten Menschen. Könnten sie nur sehen wie er, dass die Angst zerstob, wenn man sich mitten hineinwagte!
Die Regung verging. Die Worte und Pläne, das Warten und die Versprechungen hatten ihn klein gehalten, aber jetzt stand der Berserker auf und trat sie nieder. Er brauchte weder Worte noch Bindungen an die Menschen mehr. So war das Letzte, an das der Barbar dachte, die Position seiner Gefährten. Lebten sie noch? Er sah sie nicht, nur Herlac den Großen, der in einiger Entfernungen unter den Feinden wütete, seine Krieger im Gefolge.
Mochten die Ahnen sie alle beschützen. Urels Faust schloss sich fest um den Schwertgriff, riss die Waffe zu ihren wuchtigen Schwüngen empor. Wenn sie sich wiedertrafen, würde Hadan sehen, dass er sich ganz umsonst gesorgt hatte.
Die Schlacht floss um den Barbaren zusammen. Mit Macht drängten die gegnerischen Heere sich gegenseitig in Splitter Angreifender und Zurückweichender, stockten, wo sie sich ineinander verbissen. Er bahnte sich seinen Weg hindurch, befreit vom Gewicht der Zweifel, die ihn über ein Jahr hinweg gequält hatten. Immerhin eins verdankte er dem Feind und dem ausgebrochenen Krieg. Seine Vertrauten hatten mit ihrem guten Zureden Recht behalten.
Nicht er war es, der die Welt in Brand gesetzt hatte. Die Dämonen waren es.
Er vergaß die Bedrängnis seiner Männer, vergaß, dass sie und seine alten Wegbegleiter vielleicht in dieser Stunde fielen oder bereits gefallen waren, und dass Vergeltung sie nicht wieder lebendig machen würde.
Rache führte sein Schwert. Aber um solche Dinge kümmerte sich ein Berserker nicht. Und was vom kühleren Umherstreifen seiner Gedanken noch übrig war, heftete sich grimmig an die Reihen nachtschwarzer Gegner.
Unter ihnen musste es Einzelne geben, die die anderen lenkten. Anführer. Kriegsherren.
Die Schar von Dämonen, die er angriff, eine unklare Anzahl von Männern hinter sich, die sich in seinem Schatten mit voranwagten, wich zäh auseinander. Er schlug einem der Gegner den Arm ab, schnitt zwei weiteren mit demselben Hieb rauchende Wunden in Hälse und Leiber. Blut und bröckelndes Feuer qualmten hervor, weitergerissen von seiner Klinge. Hartnäckig versuchten sie, ihn niederzustoßen, und er wurde gegen andere Menschen zurückgetrieben, brüllte, fluchte, sprang wieder vor. Sein verstümmelter Arm war längst taub, abgeschnürt von den Bändern des Schildes, der fortgesetzt Treffer abfangen musste. Die Pavese hielt, mehr war nicht von Bedeutung.
Die Länge seiner Waffe verschaffte ihm immer neuen Platz.
Die Schar war zerfallen, zwei oder drei der Schreckgestalten, die durch den Rauch an ihm vorbeizogen, gerieten unter die Schwerter und Äxte der nachfolgenden Barbaren.
Dann, blinzelnd mit im Aschedunst tränenden Augen, sah er es.
Was er verdrängt hatte, gab eine Lücke frei, fast einen Pfad, und doch ballte sich das feindliche Heer hier in entschlossener und seltsamer Weise fester zusammen, als stoße man auf den Kern einer Herde. Bedrohlicher noch als anderswo, stapelten sich die wuchtigen Bewegungen in seinen suchenden Blick. Fratzen wandten sich ihm dutzendfach zu, grollend, aber noch ohne das alarmierende, zischende Luftholen, das dem Ausblasen ihres Feuers voranging.
Knurrend schaute er sich rasch um. Zehn oder mehr Krieger waren noch bei ihm, blutend, keuchend, aber kampffähig, auch zwei Säbelkatzen. In einer davon erkannte er durch den roten Schleier seiner abnehmenden Menschlichkeit Harebnash, und unweit hackte sich Herlac wild von einer anderen Seite heran. Befriedigt bemerkte Urel das aufspritzende Blut und die Asche- und Metallfetzen, die der Hüne aus dem Schlachtenwahnsinn empor fegte.
Gut. Kommt.
Kommt alle.

Hier entschied es sich. Dort stand ein Dämon inmitten der Mauern seiner Artgenossen, der sich in Größe und Bewaffnung kaum von ihnen unterschied. Die Aura aber, unerklärlich vielleicht, die ihn umgab, zeigte Urel, dass er das Gesuchte vor sich hatte – eine Kreatur unter Tausenden, in der sich ein Wille verbarg. Einen ihrer Anführer.
Es war keine Zeit mehr für Befehle an die Verbündeten. Sie hätten ihn ohnedies nicht gehört. Als sei man inmitten eines Sturms, übertönte das Brausen der Schlacht alles andere.
Er schüttelte das Flüstern hinter seiner Stirn ab, zog die Pavese dicht an den Leib, trat vor, erst behutsam und lauernd, dann mit unaufhaltsamen Schritten.
Der Kreis um den Heerführer floss heran. Kurz besah sich der Berserker das Aufwallen der gegnerischen Verteidigung, das seine Witterung nur bestätigte. Das Schwert wirbelte wie gewichtslos um ihn, eine vernichtende Bahn. Vorstürmende schwarze Gestalten liefen sich daran wund. Die Mühe, die es kostete, sie zu erschlagen, die schlechte Sicht, sein hämmerndes Herz, die knapper werdende Atemluft – nichts davon erreichte Urel mehr.
Er war eins geworden mit seiner Bestimmung. Im Innern der ersten Schlacht Sanktuarios gegen das neue Zeitalter, dort, wo die Wege seiner Gefährten strandeten, wo Verzweiflung auf ihrer aller Welt hinunterblickte, befreite sie ihn.





Es dauerte eine Weile, bis sie das Entsetzen, die Anderen verloren zu haben, überwand.
Die Strömungen der Schlacht hatten sie von dem jämmerlichen Fleck weggerissen, an dem Bostac, der fröhliche, junge Nordländer, tot auf der Erde lag. Mehr Lohn als Stiefel und schrecklichere, schwerere Füße, die ihn zertrampelten, würde er nicht erhalten.
Im Diesseits nicht mehr.
Übelkeit schnürte Ifrah die Kehle zu. Ihr Speichel schmeckte bitter und eisenhaltig vom Blut ihrer Lippe und von der Asche, die auf alles niederging. Auffahrend, spuckte sie aus.
Dass kein Gegner ihr Verharren ausgenutzt und sie niedergestreckt hatte, war pures Glück. Angewidert, Wut in den Adern wie Feuer, zollte sie der Grausamkeit des Geschehens innerlich Tribut.
Menschen schirmten sich gegenseitig ab, wild durcheinandergeworfen, ohne Ordnung. Übersicht hatte gewiss kaum noch jemand. So weit sie sehen konnte, war die Verteidigungsstreitmacht zerfallen – auseinandergesprengt, innerhalb von vielleicht zwei Stunden störrischer, mutiger Gegenwehr. Allerorts hatte sich das Heer der Verbündeten zu Flecken wahnwitzig Kämpfender zerfasert, und seine Farben durchzogen Flüsse und Sümpfe aus Schwarz. Noch aber gab es, fern von ihr, eine Verteilung. Noch überwog auf dem Teil der Ebene, der Lut Gholein von den Feinden trennte, das Bunt der versammelten Verteidiger, und auf der Gegenseite das aschespeiende Dunkel.
Rauch verbarg die Sonne. Es war finster wie zu Zeiten der Dämmerung. Die Luft war kaum noch zu atmen. Sie schnitt die Menschen mehr und mehr von ihren Kraftreserven ab. Halb blind wogten sie gegen das neue Übel.
Ifrah raffte sich auf. Was für alle galt, die auf genaues Maßnehmen für einen Hieb und auf einen Boden, der ihre Standbeine noch sicher trug, angewiesen waren, galt nicht für sie. Shanghar und Kurast hatten sie Merkwürdiges über ihre Elementarkraft gelehrt, und es zählte nicht, dass sie sich nicht erklären konnte, warum die gewohnten Widerstände von Fleisch und begrenzter Konzentration so weit gesunken waren.
Sie musste die Angst, die sie in ihre Stiefel und ihre Rüstung nagelte, überwinden. Sie tat etwas Seltenes – zischte eine Verwünschung.
Plötzlich war Maysan da.
Du sollst doch nicht fluchen, kleiner Stern. Wo hast du das nur wieder her? Von den durchreisenden Karawanen? Ich werde ein ernstes Wort mit Basilissa und Tahani reden müssen. Ich will so etwas nicht wieder hören.
Nein, ich kann nicht bleiben, Liebes. Ich muss wieder fort.

Maysan.
Wie schon im roten Gefunkel der Weltensteinkammer schaute das zarte, blasse Gesicht des Mädchens sie an, ein wenig vorwurfsvoll, Trotz auf der kindlich geschwollenen Unterlippe, doch jetzt, hier, offener, zutraulicher. Versöhnt. Musste sie, Ifrah, nicht über alle Maßen dankbar sein für dieses Geschenk?
In einem Kind, ihrem Kind, sammelte sich alles, für das zu kämpfen sich lohnte, sogar der Wert dessen, was sie und ihre Mitstreiter und Verbündeten zu verteidigen geschworen hatten: Der Wert der Stadt, der sich in Angst und Grauen allzu leicht dem Zugriff entwand.
Es war ja nicht nur eine Stadt – Lut Gholein mit seinem jahrhundertealten Fürstengeschlecht, seinen Soldaten und gekauften Söldnern, seinem zweischneidigen Handel, seinen Huren und Dieben. Es war auch, was sich zu Seiten der Wüstensiedlung und durch sie zäh behauptet hatte – überliefertes Wissen, Schriftgut, das Schwirren seiner Lauten, all seine melancholische, unterdrückt kriegerische Musik, der Blick aufs Meer, die alten Häuser, Läden, Schmieden, Ergebnis der arbeitenden Hände seiner Einwohner.
Doch als die Magierin ins Kampfgetümmel zurückstürzte, fielen Angst und Entsetzen wieder über sie her, als hätten sie unterdessen auf der Lauer gelegen, um sich zu formieren, während sie ihre Entschlossenheit zusammengerafft hatte.
Hastig passte sie ihre Wahrnehmung an. Ein Rausch bedeutete Unvorsichtigkeit. So grausig er war, der Anblick des wunden Heers rüttelte sie wach.
Die Hauptmasse der Dämonen hatte den Widerstand noch nicht durchdrungen, er hielt, aber er lag schon halb auf Knien. Sie konnte es in der Verzweiflung sehen, mit der die sonst so unerschütterlichen Barbaren, die Pundarkrieger und die übrig gebliebenen Säbelkatzen sich in die Hagelschauer gegnerischer Hiebe stemmten, vor allem Letztere schon stark zusammengeschrumpft in ihrer Zahl.
Der Boden war übersät mit Toten, und wo sich Dämonen unter ihnen befanden, war er schwarz. Eine schlimme Fügung bewirkte, dass die Ebene vor Lut Gholein ein neues Kleid bekam – ein Kleid aus Sackleinen und Asche. Sie qualmte wie brennende Felder. Hustend stolperte Ifrah über Körper und konnte nicht verhindern, dass ihr Blick nach unten irrte. Sie taumelte über eine Schicht aus Leibern, uneinheitlich gleich einem flachen, zerklüfteten Felsenufer, verschmolzen, hart geworden – Menschen, dazwischen das dunkel verschmorte Fell getöteter Säbelkatzen, Dämonen, ineinandergeschoben in einem riesigen, entsetzlichen Sterben. Schlimmer waren nur noch die umherliegenden, kleineren Haufen. Waffen. Gliedmaßen. Köpfe.
Das Blitzinferno tanzte bereits auf ihrer Haut und in ihrem gesträubten Nackenhaar, als sie in eine Horde Verbündeter rannte, die sich erbittert gegen einen Ring von Dämonen zur Wehr setzte. Nun war der Schrecken so nah, nicht länger beiseite gestellt durch den Nebel fehlenden Begreifens. Eine Blase aus Hitze und Lärm schluckte die Magierin. Sie beugte sich vor, als müsse sie erbrechen.
Dann gebar sie einen Sturm faustgroßer, gleißender Funken. Ihr Herz und ihr Magen hoben sich, heiß umspült.
Die Wirkung übertraf ihre Erwartungen. Schwach blinkte die Erinnerung an ein abgebrochenes Gespräch in Kurast herüber. Ifrah stand und sah den Funkenteppich sich ausbreiten, nicht wie ehedem, sondern mit gleißenderem Licht und mehr krachenden Entladungen als jemals zuvor.
Ist es das, worüber Hadan nicht weiter sprechen wollte? Sie trat vor, hinein in den Fächer sich duckender Verbündeter und fauchender Gegner. Konnte es wahr sein, dass der Verlust der Barriere zwischen dieser und allen anderen Welten auch für die Magie eine nie da gewesene Epoche eingeläutet hatte? Beunruhigend zogen nur halb wahrgenommene Standbilder einer geachteten, aber bis heute nicht als weiser eingeordneten Weltgegend vor ihrem geistigen Auge vorbei. Die Götter?
Verwirrt, vollkommen im Zweifel mit sich, übergab Ifrah ihre Gewalt an den Teil ihrer Selbst, der wie aus einem Turm auf die Menge der Feinde schaute. Ihre Masse wogte zurück, dick und bedrohlich. Gut, ein Angriff richtete hier wenig aus.
Plötzlich zog ihre Angst von dannen. Der Rausch, dem sie misstraute, war wieder da, doch nachsichtig, als sei einer Schutzmacht daran gelegen, die Magierin durch die Schlacht zu führen. Beherrschung war ihr Zeit ihres Lebens und während ihres nicht sehr langen Aufenthalts in der Magierschule gepredigt worden, denn die Magie zielte nicht zuvorderst auf das Kriegshandwerk ab. Jetzt ließ sie die Beherrschung fahren. Rings um sie erstreckte sich, was Beherrschung betraf, eine wirkliche Wüste. Mit Berechnung und planvollem Vorgehen war dem neuen Übel nicht beizukommen.
Tote, eingesunkene Augen starrten von unten her zu ihr hinauf, als sie weiterschritt. Der nächste Blitz war ein sich spaltender Ast. Ifrah konnte seine Verheerungen nicht bezeugen, die Umgebung erstarrte in weißem Licht und schlagartig darüber fallendem, wolkigem Rauch. Sie wünschte sich einen Schlachtgesang, ein trotziges Lied, um es den Eindringlingen entgegenzuschleudern.
Wohin nur mit dem Stab? Er war ein Relikt. Sie brauchte ihn nicht mehr, dieses gütige, polierte Holz. Sie hätte gern beide Hände frei gehabt für eine wirkliche Waffe, so wenig sie mit dieser anfangen konnte.
Ein Blitz warf Schatten um. In seinem Widerschein bückte sich Ifrah nach unten. Der Säbel, den sie aufhob, war schwer und fremd, keine Menschenarbeit. Unweit rauchte ein beschwänzter Körper. Ihm mochte er gehört haben.
Die Waffe in der Linken, den Stab in der Rechten, ging sie weiter. Ringsum hatte etwas wie ein ehrfürchtiges Raunen angehoben, vielleicht nur eine flüchtige Stille, die sich im Lärm überklar hervorschälte. Nein, da schrie jemand. „Kadhjal!“
Ifrah atmete tief ein. Schon mehrmals zuvor war der Name der Kriegsgöttin aus Hadans Heimat in ihrem Beisein gefallen, als verglichen die Menschen des Ostens sie mit ihr. Endlich war sie von Nutzen. Ihre Leibesmitte zuckte finster und wohlig mit der ersten Nova. Sie stand nah genug am Feind.
Der Schlag schnalzte, dehnte sich krachend aus.
Bevor er ganz verhallte, dumpf und untergründig im Lärm der Schlacht, war sie schon am Rand seiner Auswirkungen. Und hier endete ihr Weg vorerst.
Eine dichter gedrängte, grollende Flut von Dämonen tauchte aus dem Ascheregen auf. Sie musste achtsamer handeln, um nicht in die Flammenstöße zu geraten, die sie vereinzelt, aber mit Gewalt hervorbrachten. Sie war im Zentrum der Schlacht angelangt. Nach hastigem Luftholen entlud sie eine neue Nova, wartete vergebens auf Erschöpfung.
Ihr schien kurz, sie könne einen ganz bestimmten Nordmannhelm im Chaos erspähen, doch bevor sie mehr als einen Blick darauf geworfen hatte, war er wieder fort, untergetaucht, weggerissen.
Hadan hatte versucht, die Gefährten zusammenzuhalten, und es war ihm nicht geglückt. Vielleicht gelang es ihr. Sie vermutete, Urel würde geradewegs gegen die Anführer der Dämonen vorgehen, soweit er es vermochte. Es war wenig zweifelhaft, dass hinter den zielstrebigen, beinahe geisterhaft fließenden Bewegungen des feindlichen Heers Einzelne, Höhere steckten. Wie viel Macht aber mussten sie besitzen, wenn selbst die, die man als Fußsoldaten bezeichnen konnte, Mensch und Halbtier, Nahkämpfer und Magier derart verheerten, und gleichermaßen den Boden des Landes?
Viel Macht.
Vielleicht zu viel für Urel.

Mit diesem Gedanken, der an vergangene Beobachtungen finster anknüpfte, fühlte Ifrah Schreck sie kalt durchzucken.
In fliegender Hast machte sie einen Satz, direkt auf eine Mauer feindlicher Gestalten zu.
Der Überraschungsmoment und die Rauchschwaden bewirkten, dass die erste, fast mannslange Klinge sie verfehlte, dicht über ihr Haupt hinwegpfiff. Goldblitzend duckte sie sich. Ein zweiter Hieb krachte gegen ihre Seite, dass es sie beinahe umwarf. Nur nicht fallen. Nicht zu Blut und Staub zertreten werden. Für ihren dünnen Schrei war im Tosen der Schlacht kein Platz, doch ihre antwortende Nova endete mit dem üblichen, bösen Knall der Entladung. Wanken, Grollen, schwächere Schläge gegen ihre Hüfte, gegen Schultern und Beine. Sie spürte das Schwertblatt kaum, das ihr in den Schenkel schnitt, wo er nicht durch Beinschoner geschützt war.
Hinkend eilte sie weiter. Die Mauer war zerbrochen, sie passte hindurch, aber sie sah immer schlechter, wohin sie lief. Einen Teleportschritt wagte sie nicht mehr, hier am Steilhang der Verteidigung.
Sie war am Boden das Kessels der Schlacht. Halb formlose Schatten in Rauch und orangefarbenem Licht, Gewitter hackender Klingen und Hitzewellen umgaben sie auf allen Seiten. Und sie fand den Nordmannhelm nicht wieder, so verzweifelt sie auch umherspähte, weiterlaufend, ausweichend, alle sechs oder sieben Schritte eine Nova freilassend.
Sie sah auch nicht, und es hätte nur ein Vogel vermocht, die Bahn, die ihre kleine, leuchtende Gestalt, ein Goldpunkt in einem Strudel aus Schwarz und Rot, in die Schlacht bohrte – und auch nicht, dass das Vordrängen der Dämonen zum Stehen gekommen war. Sie wusste, dass am Rand der Heere und überall sich die Erschlagenen häuften, Verluste um Verluste, Felder aus Leid und Tod, die den Verbündeten bereits jeden zweiten Kämpfer entzogen hatten.
Aber das Heer der Verteidiger wurde nicht hinweggefegt.
In der Mitte der Ebene ballte es sich immer noch zusammen, wie ein Ringer, der sich in einen ebenbürtigen Kontrahenten keuchend verwickelt hat. Links und rechts waren Teile weggebrochen. Dämonen hatten Lut Gholein erreicht, und die am dichtesten bei der brennenden Stadt Eingesetzten warfen sich ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben diesen Scharen in den Rücken, stellten sie vor den Mauern, von denen es Pfeile und Steine regnete.
Langsam, schleichend, schien sich das Blatt zu wenden.
Die Magierin sah es nicht. Sie hörte nur von sehr weit weg eine schwache Trompete schrillen. Der Ton zitterte erschreckt über der Schlacht, aber er war unverkennbar.
Die Stadt verkündete, dass sie noch stand, und scheuchte alle Kämpfenden auf, das Schicksal, das über ihnen hin- und herschwankte, in einer gewaltigen Kraftanstrengung zu ihren Gunsten zu kippen.
Zögernd zuerst in ihrer Bedrängnis, schenkten die Verbündeten dem keine Beachtung. Dann aber zog etwas wie ein Lufthauch über die rauchenden Felder. Die Befehlshaber brüllten sich die Kehlen heiser. Im gelichteten Chaos war auszumachen, dass die Umarmung der Bedrohung, an der sie wild verzweifelt waren, nicht vollends versagte. Der Hauch zog weiter. Stimmen schälten sich heraus, ein Wort, viel zu früh und fast ein Hohn in all dem Schlachten und Sterben, aber andere griffen es auf, trotzig, am Ende ihrer Kräfte.
„Sieg!“
Das Tosen der Kämpfe riss das Wort hinweg, dann kehrte es zurück, starrsinnig, freudlos und begeistert zugleich.
„Sieg!“
Ifrah fuhr herum.
Undeutlich wurde ihr bewusst, dass sie den Säbel immer noch in der Linken hielt und ihren Stab wie einen Speer, abgestützt an ihrer pochenden, übel zugerichteten Hüfte.
Zwischen Erde und Himmel lagerte nichts als Rauch. Der Himmel war nicht länger blau über dem geschwärzten Land, sei es durch die zahllosen Flammen, sei es durch Magie. Der Schimmer, der aus Asche und orangefarbener Trübe herüberfunkelte, konnte die Kuppel des Palastes sein, doch alles andere war untergegangen. Ihr Herz flatterte. Der Ruf eilte auf sie zu, wurde schwächer mit der hier abnehmenden Zahl menschlicher Kehlen.
Warum er sie ängstigte, mit einem Mal so entsetzlich, dass ihre aufgeflackerte Hoffnung wie ausgetreten verkohlte, zu Nichts zerschrumpfte, konnte sie nicht sagen. Sie war allein inmitten gegeneinander wütender Schatten, und eine ungute Ahnung, die weder den Schlachtausgang im Ganzen noch die augenblicklich unsichtbaren folgenden Stunden betraf, begleitete sie plötzlich.
Kurz stand die Magierin wie erstarrt. Dann wandte sie sich um, weg von dem närrischen Hoffnungsruf Lut Gholeins, und tauchte in neue Reihen des Kessels, in dem noch nichts entschieden war.
 
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