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[Story] Saqqara

Das Forum lahmt offenbar etwas, daher der übliche Doppelpost.
:hy:
 
Wie schön, ein neues Kapitel. Ich drucke ihn grad aus.



Edit: Die Schlacht wird immer spannender. Vor allem die Entwicklung von Urel und Ifrah sind sehr interessant.
Nicht nur Sanktuario ändert sich, auch die Gefährten.


Um es kurz zu machen: Perfekte Arbeit!
 
gaaaaaaaaaah ein neues kapitel *rks* und ich bin a woche weg *gmble* na mal guggn vllt komm i nu zum lesen dann :)

lg tigerle
 
ich komme leider in unmittelbarer zukunft nicht zum lesen.

ich danke aber trotzdem für das neue up.

wenn ich es gelesen hab werde ich mich wieder melden.

Gruß, Helldog
 
Hier geht's ja richtig ab...

Wer kommt den zuerst mit Verstärkung
- Der Fürst aus der Stadt
- Dämonenlegion 2

Ich freue mich auf's nächste UP !
 
Erstaunlich! Was mag den Ausruf in der Stadt bewirkt haben? Worauf sind Ifrah und Urel gestoßen? Wer hat sich augenscheinlich hier in Bezug auf die Wesen von Sancturario verkalkuliert? Wann geht es weiter?


Und wer gibt Ifrah schnell ein paar Blitzfacetten?
 
Ich bin auch noch hier! :hy:

In den letzten Tagen habe ich mich glatt durch alle neuen Kapitel gearbeitet. Meine Meinung spare ich mir an dieser Stelle, du kennst sie doch ohnehin. :D
Trotz aller blinden Begeisterung ist mir ein kleiner Fehler aber nicht entgangen:
Sie war am Boden das Kessels der Schlacht.
Aus dem neuesten Kapitel.

Ich sehne mich nach einer Weiterführung!

MfG,
Poet
 
Das RL schlägt anscheinend mit brutaler Gewalt zu..

oder ist etwa ein Cliffhänger wie bei "rostig unad alt" geplant ?
 
sooo jetzt bin ich auch endlich zum lesen gekommen *froy*

was gibts zu sagen.. hmm.. genial wie immer :) :top: nur leider zu kurz *hmpf*

hopp reeba beeilen ;) will wissen wies weitergeht!!! :)
 
Systemerror schrieb:
Das RL schlägt anscheinend mit brutaler Gewalt zu..

Das tut es tatsächlich, ich habe zur Zeit nicht die richtige Ruhe, um weiterzuschreiben.
Aber keine Sorge, in der Luft hängen bleiben wird Saqqara nicht. Das neue Kapitel ist beinahe fertig. :)
Bitte habt noch ein wenig Geduld mit mir, und sry an alle, die gehofft haben, hier nun einen neuen Teil vorzufinden. Er kommt, versprochen.
Gruß, Reeba
 
Ich habe sie auch schon einmal gefragt, woher sie diesen unglaublichen Stil genommen hat. Das heißt, wie sie ihn sicher mühsam aus ganz unterschiedlichen Literaturgenres zusammengeflickt hat.

Aber der Zauberer verrät seine Geheimnisse auch nach der Vorstellung nicht. Und eine Zauberin, das ist sie doch, unsere Reeba. ;)
 
Da werde ich doch langsam nervös, wenn ein Versprechen alt wird...
Ist das nächste Kapitel immer noch fast fertig ?




Folgt diesem Up auf Seite 1 auch ein Up in der Story ?
 
Hallo Systemerror (und ihr anderen wartenden Leser);
leider war ich bis vor zwei Tagen zusätzlich zum derzeitigen RL-Stress auch noch bettlägrig, daher die erneute Verzögerung. Dickes sry nochmals.
Das neue Kapitel geht spätestens übermorgen zum Betaleser, so dass ihr dann vermutlich Ende dieser Woche mit einer Fortsetzung rechnen könnt.
Gruß, Reeba
 
so maln :top: einwerf damit reeba uns nit vergisst ^^

lg tigerle

p.s. an alle die sich jetzt wegen meinem post aufn neues kapitel gefreut haben *aetsch* .. geht mir auch imma so dass ich dann ganz zerknirscht bin wenns keins is *fg*
 
Und nach langer Pause geht es weiter.
Gruß, Reeba


*************



LI. Blut und Asche





Ein Feuerstoß versengte ihm den Arm und das Bein derselben Seite. Haut rauchte zusammen, platzte auf, ohne Blut, das verzischte, bevor es laufen konnte. Der Schmerz kroch matt seitlich an seinem Bewusstsein entlang, aber er fühlte mit fluchender Befriedigung, dass seine Glieder hielten, dass sie sich weiterbewegten, Fleisch, Muskeln, Knochen.
Urel schlug die letzten Gegner brüllend nieder, die ihn noch vom Ziel trennten. Vor seinem Zorn halfen ihnen weder ihre Waffen noch ihre mächtige Statur noch ihre Magie mehr, und sie teilten sich wie auseinandergeschobenes Gestrüpp. Der Weg war frei.
Er fasste die alles beherrschende Gestalt des Dämons ins Auge und krampfte das Gemenge aus Eisen und bröckelnder, heißer Substanz um den Schwertgriff. Sein Brustkorb hob und senkte sich rasselnd im Rauch. Er keuchte hinein, spuckte aus. Was vom Geschehen ringsum noch übrig gewesen war – Verbündete und Dämonen in wahnwitzigen Kämpfen, auf beiden Seiten gegen die Schwelle aufgetürmt, auf der die Entscheidung schwankte – sank in Nebensächlichkeit zurück. Wie viele Männer noch in Urels Nähe waren, wusste er nicht, aber es war auch nicht länger von Bedeutung.
Der einzelne, auf gespaltenen Hufen dastehende Dämon stach aus der Welt hervor.
Er trug einen gewaltigen, aschefarbenen Hammer, und von ihm ging in Wellen aus, was die Verteidigung fortgesetzt unterspülte und den Mut aller, die ihm zu nahe kamen, vergiftete: Sammlung. Macht. Bedachtsamkeit, gepaart mit einem unpersönlichen Hass, so finster wie die Schatten einer höllischen Geisterstadt. Und der Rest an Zweifeln darüber, dass diese Kreatur wirklich ein Heerführer war, verrann, als Urel sie sprechen hörte.
Er starrte noch durch den freiliegenden Pfad, von der plötzlichen Einfachheit des Ziels bestrickt, als der Dämon die Kiefer öffnete.
Eine unverständliche Sprache fiel heraus, und die Stimme, menschenähnlich und doch wieder nicht, mit Feuer grollend, tiefer, würgend, teilte sich. Das Hörbare, ein Befehl, endete. Doch ein zweites Organ betrat Urels Geist, ich verstehe dich, bei den Ahnen, ich verstehe, und im selben Augenblick wandte sich der Dämon ihm zu.
Sie sahen einander an.
Ich habe auf dich gewartet. Du bist bereit.
Aber wäre es nicht besser, zu fliehen, zurück zu euren in Flammen aufgehenden Heimstätten und Mitstreitern, Mensch?

Urels Inneres erzitterte, einmal, vernichtend, nah an einem Sprung in den Wahnsinn.
Wo aber der Mensch sich mit ausgebreiteten Armen ins Nichts hätte fallen lassen mögen, schüttelte sich der Berserker. Seine Kraft zog Urel hoch, drückte ihn in eine Form.
Dröhnend trieben ihm Pulsschläge Blut in den Schädel.
Seine Stiefel hatten sich keinen Fingerbreit verschoben. Halb betäubt lauschte sein Geist der abebbenden Stimme nach, verschloss sich dann störrisch. Keinem Versuch, ihn zu verwirren, wollte und würde er sich beugen. Jetzt nicht mehr.
Jetzt sah er klar in den Zweikampf – Kriegsherr gegen Kriegsherr.
In ihnen Beiden schritten die Welten aufeinander los. So und nicht anders fügte sich alles.
Er setzte sich in Bewegung.
Der Andere, was auch immer er war, erwartete ihn ohne das geringste Zurückweichen, auch wenn seine Artgenossen Urel inzwischen hatten Achtung zollen müssen.
Der junge Barbar starrte in das hässliche Antlitz, das sacht bebte, Beweis der ungeheuren Kraft der darunter liegenden Glieder. Sein Blick glitt an den lichtlosen Augenkugeln ab, ihrem hassenswerten, dumpfen, sprechenden Ausdruck, doch er zwang ihn wieder hin.
Worte formten sich hinter seiner Stirn nur noch mit Mühe. Das war gewiss besser so. So konnte niemand sie lesen und gegen ihn verwenden.
Aber eine siedende Flut von Empfindungen stieg neben der Kampfeslust des Berserkers in ihm empor, namentlich Hass und triumphaler Zorn. Ohne ein weiteres Blinzeln, mit gebleckten Zähnen, griff Urel an.
Sein Schwert erzitterte beim ersten Aufschlag. Es ging alles sehr rasch, und er sah erst, als sie dicht voreinander standen und grollten, dass der Kriegsherr der Dämonen die Schneide mit dem Arm abgefangen hatte.
Gut, durchzuckte es den Barbaren. Du bist also aus härterem Stoff als deine Diener.
Die Kreatur verlagerte ihr Gewicht, während sie sich anfunkelten. Dann schwang der Hammer vor. Verächtlich verweigerte Urel das Ausweichen.
Eine Erschütterung wie von fallendem Fels ruckte an seinen Stiefeln, raubte ihm den Atem. Seine Sohlen rutschten im blutbesudelten Staub, und er lehnte sich in die Wucht und den Schmerz des Aufpralls, um dem Feind zu bedeuten, dass die Zeit des Wegduckens vorbei war, dass er, Urel, ebenso viel Standfestigkeit und Kraft in den Kampf mitbrachte.
Kaum war der Hieb verebbt, spannte er sich und schlug zurück, rascher, ungezielter. Den Kopf des neuen Übels einfach abzuhauen, oder wenigstens einen seiner Köpfe, den Leib in rauchende Fleischtrümmer zu zerhacken – welch ungeheure Befriedigung.
Das Geschehen ringsum war von ihm abgerückt. Er nahm nur noch wie durch eine staubige Luke wahr, dass die schwarzrote Dichte des Schlachtfelds längst Lücken bekommen hatte. Nur der Wind des Wandels, der durch diese Lücken strich, erreichte ihn noch.
Der Sieg war so nah.
Er riss die Pavese hoch, um den aschefarbenen Hammer abzulenken. Die Oberfläche des Schildes ächzte, dann knackte es, scharf und laut, ein Peitschenknall im Keuchen und Scharren.
Gewalt türmte sich in allen Bewegungen auf, müheloser, drängender. Einmal noch musste er fluchend das Gesicht abwenden, um einem Schwall aus Hitze und Feuer zu entgehen. Schmerz krallte sich in seine wunde, linke Körperhälfte, und schwach ahnte er, dass die Verbrennungen beträchtlich waren. Aber seine Sicht hatte die Flammenattacken unbeschadet überstanden, seine Augen, sein gesunder Arm taten ihren Dienst weitab von Not und Erschöpfung. Jahr um Jahr seines Lebens, der ungezählten Kämpfe, die ihn zum stärksten Krieger weit und breit hatten werden lassen, Jahr um Jahr der bezeugten Bedrängnis seiner Welt – er zahlte sie der Fratze und dem gewaltigen, fremden Wesen dahinter heim.
Unbekümmert um die Schattenseiten der Rache. Lachend über die Angst seiner Mitmenschen vor dem abwärts verlaufenden Pfad des Berserkers.
Werde niemals zu dem, was dein Feind ist, sonst verlierst du, für was zu kämpfen du ausgezogen bist, hieß es in den Langhäusern. Ein Hieb ließ ihn wanken, zornig brüllen. Mussten sie sich nicht herschenken, wenn sie siegen wollten?
Wut und etwas, das mehr war als Entschlossenheit, verschleierten ihm die Sinne. Wild hieb er zu, hineingezogen in einen Wirbel schwarzer Formen und kreischender Waffen.
Schon, die flüsternde Vorsicht vergessend, sah er sich in der Stunde nach der Schlacht zurückkehren, befriedigt und eine große, stolze Leere im Innern, in die er die nebelhaften Gesichter und Worte seiner Gefährten zurückbitten würde wie eine Kette von Segnungen, dunkles Blut an der Klinge – er, der Einarmige, Verteidiger Sanktuarios.
Von fern nahte eine Aura der Bestürzung, aber es war unklar, ob sie ihm galt.
Bald würde er sich nach ihr umwenden, das Schlachtfeld überblicken.
Mit einem dumpfen Sausen drang der Hammer des Dämons auf ihn ein, und er strauchelte um ein Haar. Sein Helm erzitterte, wurde ihm fast vom Kopf gerissen.
Plötzlich trübte Blut seinen Blick. Er keuchte. Die Welt, Umrisse, Laute, alles verschwamm tückisch, Zukunft, Gegenwart, alles verschwamm, alles, alles.
Das Schwert. Taumelnd hielt er es wie einen Speer vor sich, gegen den verhassten Leib gerichtet, spannte die Muskeln, setzte sich den Knauf auf die Brust. Sein Helm erzitterte erneut, diesmal vernichtend, und dann war er fort. Das Schwert traf.
Widerstand. Sein Herz jubelte. Blind ließ er sich nach vorn fallen.
In diesem Augenblick hörte er das Sausen zum dritten Mal.






Er war auf einem Kamm, schwindelnd zwischen zwei Schicksalen der Welt.
Wie ein Bergsteiger, der einen schmalen Felsengrat mit letzter Kraft erklommen hat und in atemloser Erwartung Tiefe und Weite dahinter sich auftuender Lande vermutet und sie ziehender Wolkenfetzen wegen noch nicht deutlich erblickt, wankte Menrad am Ende einiger stolpernder Schritte auf einem bedauernswerten Fleck.
Hitze und Rauch hatten ihn fast blind gemacht. Die Luft brannte in seinen Lungen, in seinen Augen. Er hustete und starrte stumpf, dann fassungslos nach vorn. Sein letzter Zweikampf, eine Erinnerung aus splitterndem Metall und Holz, aus Schreien und verbissenen, immer beliebigeren Hieben, hatte seine Aufmerksamkeit beansprucht. Nun sah er zum ersten Mal bewusst in ein verändertes Land.
Der Anblick forderte seine Weigerung heraus, für bar zu nehmen, was sich rings um ihn erstreckte, aber er träumte nicht, oder der Traum spiegelte seine Schmerzen und jeden Zoll seines Körpers, der noch fühlte, sehr wahrheitsgetreu wider.
Die weiße Ebene und der blaue Himmel waren schwarz und gelb. Über dem verbrannten Boden erstreckte sich eine düstere, orangefarbene Dichte bis dort hinauf, wo das Auge nicht mehr hinreichte. Rauch zog in Schwaden darüber hin oder stand in dichten Türmen, unbeeindruckt vom Wind. Wie ein widerwärtiger Regen fiel immer noch Asche herab, wölbte sich über Brände, so erstickend, dass sie die Atemluft verdarb.
Nur wenige Dutzend Schritte weit reichte die Sicht, stellenweise nicht einmal das, andernorts gab es Lücken, durch die ein Durcheinander verzerrter Formen und Farben schaute, sich bewegte, dann wieder verweht wurde. Schatten flossen hierhin und dorthin. Die Klumpen, von denen dumpfes Gebrüll und vereinzelte, metallische Klänge herüberkamen, mochten Kämpfende sein.
Vergebens suchte der Lichtkrieger nach der Menge der Verteidiger. War das Heer weitergezogen, in eine bestimmte Richtung, einer Verfolgung wegen oder einem Befehl verbliebener Heerführer gehorchend? Sammelte es sich an anderer Stelle wieder? Doch er hätte es hören müssen.
Er stand noch, atmend, keuchend, als er endlich begriff.
Das Heer hatte sich nicht verlagert.
Es gab kein Heer mehr.
Er ließ den Blick sinken. Sein Herz hämmerte schmerzhaft. Der Schild aus Santére hatte einen der zahllosen Hiebe nicht überstanden. Am Griff hing nur noch die Hälfe der eisenverstärkten Holzfläche, zersplittert, blutbespritzt. Übergraust warf er den Schildrest weg.
Sein rechter Handschuh brannte nicht länger. Er war dunkel – ob von Asche, Blut oder verkohltem Leder, das sich in seine Haut gefressen hatte, wusste er nicht, aber er spürte keinen starken Schmerz, nur seine Finger, die den Hammer fest umklammerten. An den Hieb, der den Stiel der Waffe zerbrochen hatte, erinnerte sich der Paladin nicht. Immerhin waren noch zwei Drittel davon übrig und der Hammer weiter zu gebrauchen.
Erneut mühte er sich damit ab, den Rauch und die gelbe Luft zu durchdringen, und sei es nur, um die lähmende Stille in seinem Innern abzutöten, in die sich ein fürchterlicher Verdacht Einlass verschaffte.
Nach einem Ruck hastete er weiter, aufs Geratewohl hinein in das Chaos, das sich vor ihm auftat. Er war sich nicht einmal sicher, in welche Richtung er sich bewegte, nur, dass die Stadt irgendwo hinter ihm lag.
Die Stadt. Ein Stein sackte in seinen Magen. Er widerstand dem Impuls, sich umzudrehen und die Mauern zu suchen. Standen sie noch? Er hatte nichts mehr vernommen, keine Trompete, kein Gebrüll möglicher Verteidigertruppen, nicht einmal das ferne, hoch über den Häuptern der Kämpfenden hinwegrasende Feuerfauchen der gegnerischen Geschosse.
Noch böser war die Angst, die Gefährten, die er im Verlauf der Schlacht verloren hatte, nicht mehr wiederzufinden. Plötzlich eiliger, das linke Handgelenk gegen den Rauch vor Mund und Nase gedrückt, stolperte er weiter, verfluchte den Dunst, der alles unkenntlich machte. Diesmal bedeutete, sie nicht wiederzufinden, kaum mehr die Möglichkeit ihrer überraschenden Rückkehr, er wusste es und bewegte die Lippen mit ihren Namen, immer wieder von verzweifeltem Luftholen unterbrochen. Einmal, schien ihm, leuchtete sehr weit entfernt etwas auf, heller als der Fieberatem der gemarterten Erde, doch bevor er genauer hinsehen, geschweige denn hineilen konnte, war der Fleck, das Funkeln, wieder fort. Ifrah? Er strengte seine Beine an. Erschöpfung hing an jedem Schritt, je mehr er mit ihr kämpfte, desto schwerer.
Wohl kam er an getöteten Feinden vorbei, starren, verdreht daliegenden Haufen, Schlackefelsen ähnelnd, aber es war nicht auszumachen, ob ein Blitz, ihre eigenen Flammen oder ihr eigenes Ableben, das sie in Stein verwandelte, sie verkohlt hatte. Wieder blieb er stehen, keuchend, lauschend.
Sein Gehör schälte sich widerwillig aus dem Pulsen seines Blutes und der entsetzlichen Stille. Er vernahm Schreie, Laute letzter Kämpfe, die gewiss zu den wilden Bewegungen gehörten, die hier und dort dieses Geisterfeld aufwühlten. Das Schlachtfeld besaß noch eine Stimme. Sie irrte schwach und zerrissen umher, um oft gänzlich abzuebben und sich dann wieder neu zu melden, untermischt mit einem Hauch aus der Ferne hinter Menrad, der vielleicht von Bränden kündete.
Wohin hatte es die Anderen verschlagen? Ihre Gestalten erschienen deutlich in seinem Geist, aber die Umgebung spuckte sie nicht aus, nicht ihre wehrhafte, seltsame Viererreihe, nicht ihre vertraut gewordenen Gesichter.
Viele der Toten, die hier lagen, würde man nicht bergen können. Das Heer gab es nicht mehr.
Gütiges Licht. Zweitausendfünfhundert. Wo waren sie geblieben?
Doch, da.
Längs seines ungeraden Weges häuften sich die Toten. Wie auf dem Schlachtfeld in der Marsch geleitete ihn ihr Entsetzen, weiter, weiter an schwarz gewordenen Gesichtern entlang, an Stümpfen, die in die Luft ragten, vielleicht Glieder, vielleicht Hörner oder Waffen. Ihr Schweigen narrte ihn, denn selbst die klarer Umrissenen schliefen nicht, sie übersäten das Schwarz des Bodens mit helleren Flecken, dem Flammeninferno entronnen, nur um kurze Zeit später zu fallen und sich zu den Aschegerippen ihrer Mitstreiter zu gesellen.
Das Entsetzen ließ sich Zeit mit ihm.
Erst nach Stunden des Dahinhastens, so erschien es Menrad, ballte es sich zu einem Schrei.
Er stand still, zitternd, und ließ ihn frei.
Der Schrei versackte dünn in der Trübe, und er wusste nicht, ob es ein Name gewesen war oder überhaupt etwas Artikuliertes.
Von links ein Ruf, der zunächst wie eine Antwort klang.
Doch als der Paladin ihm folgte, sah er, dass der Ruf nur zu einem Trupp von Gestalten gehört hatte, der sich dichtgedrängt bewegte, stoppte, in ein Gemenge scharrender Bewegungen auseinanderbrach. Menschen – aber sie bemerkten ihn nicht, und er erkannte nicht, wer sie waren oder was sie taten, ob sie kämpften, Verwundete bargen oder sich nur ihrem Wahnsinn überantworteten.
Trotz der Hitze überlief es ihn kühl. Schweiß rann über seinen Körper wie saures Wasser.
Er hatte nicht einmal einen Anhaltspunkt, wohin er sich wenden sollte. Der Nachhall einer großen Angst stieg aus dem Boden. Er fühlte sich krank.
Jemals wieder an einer Kochstelle zu sitzen, raues, duftendes Brot in den Händen oder einen Becher Wein, sich schlafen zu legen mit keinem weiteren Gedanken als den an die Morgenkühle und ein paar Wegstunden und gewechselte Worte, ganz gleich mit wem – ihm war, als seien solche Dinge übertriebene Erinnerungen an eine auf immer vergangene Zeit, einen Traum. Er war wach und allein auf dem Schlachtfeld seiner Ära.
Beinahe erleichtert und sehr langsam wandte er sich um, als die Gegenwart von etwas Lebendigem ihn erreichte, von hinten, schwer auftretend.
Die Welt konnte noch so verdunkelt sein – der Dämon, der aus gelbem Dunst auftauchte, stach alle Schatten aus.
Seltsamerweise wartete Menrad vergebens auf ein Aufflackern von Furcht.
Vielleicht hatte die Furcht sich abgenutzt, vielleicht war auch sie es müde, an seinem wankenden Bewusstsein zu nagen.
Er schlug die Lichtgeste, das nahende Ungetüm im Auge, das eine schreitende Bildsäule war, in der Augenkugeln wie dunkle Monde glänzten und aus der ein riesiges, schartiges Schwert hing. Er suchte rasch am Boden, hob, ohne genauer hinzusehen, einen Schild auf und nahm in fest in die Linke. Kupfer, gewiss aus dem Osten, legte sich an seinen Unterarm.
„Komm“, sagte er in das fratzenhafte, näherrückende Antlitz. Feuchte Linien zogen sich von handlangen Fängen zurück. „Komm ruhig.“
Die Felder und Gassen seiner Jugend lagen in weiter Ferne.
Es musste bald Zeit für die Ernte sein, doch womöglich kam in diesem Sommer niemand mehr dazu.
Fadraîs. Du stehst allein, so wie ich.
Ich habe es nicht gewollt, aber du, du wolltest es nicht anders.

Gleichzeitig griffen sie an.
Menrad gelang es, den fremden Schild in die Bahn des Dämonenschwerts zu reißen. Das Kupfer verformte sich, er spürte es am Arm. Sein Hammer drang in einen festen Fleischberg. Grollen. Ihm tanzte alles vor Augen, seine Kraft war dahin. Dies würde sein letzter Kampf sein.
Doch merkwürdig – auch sein Gegner erschien ihm schwach. Vielleicht hatte dieser ebenfalls in zahllosen Begegnungen an Kraft verloren.
Matter Zorn fachte Menrads Energie noch einmal an. Mit einem Ruck befreite sich der Dämon von der Hammerspitze, klappte die Kiefer auf, ohne mehr auszustoßen als ein schwelendes Glühen.
Der mächtige Hieb, den der Paladin, plötzlich hellwach, nach unten ablenkte, zerstörte den Schild. Er stöhnte auf. Die Waffe krachte gegen seine Hüfte, er fühlte, wie sie das Kettenhemd zerschnitt und die Ringe aus Pundar dort, wo sie noch hielten, in sein Fleisch presste. Eingeknickt über explodierenden Schmerz, holte er zähneknirschend aus. Der Hammer surrte dunkel, und noch während der Paladin seine Bahn verfolgte, huschte im äußersten linken Winkel seines eingeschränkten Blickfelds wieder das helle Fleckchen durch die schwarzgelbe Welt, das er zuvor schon einmal erspäht zu haben gemeint hatte.
Schneller als vermutet war der Kampf vorüber.
Polternd fiel ihm der Dämon vor die Füße, vor die Scheinbeine, so dass er beinahe umgestoßen wurde.
Menrad atmete tief ein, aufkeuchend, als sich seine Lungen gegen die erstickende Luft wehrten. Er begriff nicht. Er war sicher gewesen, seinem Tod gegenüberzutreten, hatte ihn halb gefürchtet, halb aber und beinahe dringend ersehnt. Nun war der Gegner überwunden – hatte er sich in der Wahrnehmung der seltsam verrinnenden feindlichen Kraft noch getäuscht, ohne Hoffnung, wie er sich wähnte? War die Phalanx der Feinde, ihre bestürzende Menge, tatsächlich aufgelöst, vertrieben?
Zusammenfahrend, an den Lichtfleck erinnert, schaute er sich um, aber der Rauch – oder die Wirklichkeit – hatte ihn geschluckt, nichts zurückgelassen bis auf einen Namen.
Er starrte ein weiteres Mal, drehte sich halb um die eigene Achse, den Mund offen, Unterbrechungen der Ascheschicht nur dort im Gesicht, wo Schweiß und Speichel sie aufweichten. Nichts.
Zu seinen Füßen lag immer noch der Dämon. Während der Paladin noch hinuntersah, bröckelten die finstere, körnige Haut, das zur Seite gewendete Gesicht, brach das Horn, das in den Staub gebohrt war, entzwei, überzog den gesamten, fürchterlichen Leib ein lautloses Kriechen und verwandelte ihn in Stein.
Ohne zu wissen, was er tat, packte Menrad den Hammer und hieb ihn in die nach oben blickende Rippenseite des Gegners, stieß mit einem Wutstöhnen nach, befriedigt, als die Spitze der Waffe einsank. Möge deine verfluchte Art an Sanktuario ersticken wie an einem zu großen Bissen. Mit Mühe hebelte er die Waffe wieder heraus. Ein Zerren am Hammerkopf verriet ihm, dass er es eben noch rechtzeitig getan hatte, bevor der Stein, zu dem das Unwesen wurde, ihn auf ewig mit einschloss.
Er richtete sich auf.
Das flüchtige Hochgefühl des fiebrigen Siegesrausches verschwand wie weggewischt. Er musste sich nicht erneut dem Anblick der gemarterten Ebene aussetzen, um zu wissen, dass kein Anlass zur Freude bestand.
In diesem Augenblick erbebte das Land.
Es war ein Erbeben ohne fühlbare Stöße, ohne Geräusche, mehr eine Welle, eine Nova von der Ausdehnung eines ganzen Tals. Sie nahte wie ein Geistersturm, innerhalb eines Blinzelns losgebrochen, fuhr durch ihn hindurch, durch ihn und alles, was noch atmete.
Der Hammer wollte sich aus seiner Faust winden. Er hielt ihn fest, mit erschlaffenden Fingern, krumm wie ein Greis, die Augen aufgerissen, das Herz im Mund.
Krachend, doch immer noch lautlos, prallte die Welle weit hinter ihm auf, gegen die Stadt, an die Küste vielleicht. Dann zog sie sich, blitzartiger noch, zurück, streifte ihn ein zweites Mal und fegte ihn von den Füßen.
Es war keine Entladung von Energie, nicht für sie, die Menschen, und auch Worte waren es nicht.
Doch auf welchem Wege es auch geschah: Es ließ eine Drohung zurück.
Menrad rappelte sich auf. Nun bebte er am ganzen Leib.
Wie weise Männer in ihrer selbstgewählten Einsamkeit vielleicht Visionen als Geschenke einer höheren Welt empfingen, doch ohne das Hohe, Gnadenvolle eines Geschenks, hatte die Erscheinung ihm das Wissen eingeprägt, in das die Drohung sich verwandelte, und die Drohung sprach von Rückkehr.
Davon, dass der Angriff nur der erste seiner Art gewesen war.
Das Aufleuchten des kleinen Flecks aber lebte hinter Menrads Stirn fort, und während überall auf dem Schlachtfeld die Überlebenden, die er nicht sah, innehielten und fassungslos bezeugten, wie ihre verbliebenen Gegner ihre festen Umrisse verloren, in denen allein sie den Menschen zusetzen konnten, und sich in Rauch verflüchtigten, hastete er weiter, achtete nicht auf das Hämmern in seiner Brust und die Schmerzen aus seiner Hüfte, die ihn zwangen, zu hinken.
Vor ihm lichtete sich der schwarzgelbe Dunst.
Er war am rechten Rand des Schlachtfelds ausgekommen, weitab von dem Ort, an dem zu sein er geglaubt hatte.
Irgendwann während der Kämpfe hatte er diesen Fleck flüchtig gesehen. Hier hatten die Nekromanten aus Pundar gestanden und die Verteidiger mit ihren Flüchen und wer wusste was für anderen dunklen Ritualen unterstützt, aber auch hier fand er nur noch Tod und Verheerung. Leichen lagen umher, Krieger in einem lockeren Ring, entsetzlich zugerichtet, dahinter magere Gestalten mit noch zu erkennenden Bärten und bloßen Gliedern.
Auch die Macht aus Pundar war hinfort. Der Nachhall ihres Zorns hing noch über diesem Fleck, und Menrad beeilte sich, weiterzukommen.
Er wusste nun, wo Lut Gholein lag. Von fern, aus eben dieser Richtung, kam ein schwacher Ruf.
Sieg!
Übelkeit überfiel den Paladin.
So schleuderte die Stadt der Drohung, die sie erreicht haben musste, verzweifelt und trotzig ihren Ruf hinterher, Narren allesamt. Selbst wenn man diese Stunde des Schreckens zur Stunde des Sieges erkor, war der Sieg doch zu knapp, hatte zu viele Leben gekostet, und vielleicht ganz vergebens.
Menrad schlug einen Bogen zur vermuteten Mitte des Schlachtfelds. Seine Gedanken rasten.
Viel Zeit hatte er auf ein Begreifen der Organisation des Gegners nicht verschwendet, nur niedergemacht, was ihm vor den Hammer gelaufen war, ganz wie ein guter Soldat. Bedeutete der Rückzug, dass die Verteidiger mit letzter Kraft einen Nerv getroffen hatten, ein gemeinsames Rückgrat, geballt in einigen Wenigen? Hatte es jemand vollbracht, diese Wenigen zu erschlagen und das, was man bei Menschen Kampfesmoral nannte, zu zerstören?
Übergangslos dachte er wieder an die Gefährten.
Er musste sie finden.
Er würde im Suchen nicht nachlassen, jede einzelne der Leichen nach ihren Zügen absuchen, nach ihren Rüstungen forschen, knietief im Grauen, nach ihren Schmuckstücken.
Und noch während er entgegen schwindender Kraft diesen Entschluss fasste, war ihm, als rufe ihn etwas, von sehr weit weg, aber vertraut, zweifellos vertraut und bedrängt, voller Zorn und dann, plötzlich, voll einer großen Klage.
Er war am Leben. Einen Grund dafür würde er noch finden.






Jeder Atemzug ein Brennen, jeder Schritt ein Schritt durch alte Alpträume, in neue hinein.
Die Kriege im Osten, von denen er Eya manchmal erzählt hatte, ohne die mit ihnen verknüpfte Seelenlast dadurch erleichtert zu finden, waren übel gewesen, Monate währende, ganz Landstriche verwüstende Machtproben verfeindeter Fürstentümer. Er erinnerte sich: An die ineinanderkrachenden Heere und das Geschrei hinauf zu den mit Beobachtern besetzten Hängen, an die gellenden, verstümmelten Verwundeten, an von grün zu rot verfärbte Reisfelder und blutdurchsetzten Schlamm, an die klagenden Augen fliehender oder erbarmungslos in Mitleidenschaft gezogener Bauern, an Blicke zu ihm, und an sich selbst, versteinert in Entschlossenheit und Selbsthass.
Dieser Krieg war schlimmer.
Hadan stockte. Er musste innehalten, sich über eine schmerzende Brust vorbeugen, Atem schöpfen. Die Luft, ein graugelber, stinkender Brodem, machte es ihm nicht leicht, und er fühlte wie selten zuvor, dass er nicht mehr jung war. Seine Kraft verbrauchte sich, selbst bei aller Zähigkeit, die der in seinem Leib eingeschlossene Minotaur vergab.
Rechts von ihm, als er sich aufrichtete, lag der Platz, an dem die Asketen gestanden und an den er Eya gebracht hatte. Die Asketen waren fort – nicht geflohen, sondern eins geworden mit der Schlacke des zerstörten, überrannten Weltteils. Aber die Trauer des Nekromanten ging in Sorge unter, denn auch Eya war nicht mehr hier.
Shatryindjah. Wo bist du?
Unsinnig, die Stiefel auf ehemals gelben oder weißen, jetzt schwarz verfärbten Boden setzen zu wollen. Man trat auf Körper, wohin man sich auch wandte.
Kurz verließ ihn das Gefühl für Gegenwart und Vergangenheit. Die Leichenteppiche ähnelten dem, was die Sprengungen in Kurast unter den Menschen angerichtet hatten. Und waberten dort im Rauch nicht festere, dunkle, halb eingestürzte Quader der göttlichen Heimstätten?
Hadan blinzelte, schüttelte den Kopf.
Nein. Das war ein anderer Ort.
Beim nächsten Schritt verfing sich sein Mantel und hinderte ihn am Weitertaumeln, und als er sich umdrehte, um das vermaledeite Kleidungsstück loszureißen, sah er, dass es Hände waren. Tote Hände und zersplitterte Speerspitzen hielten seinen Mantel fest, als wolle die ganze, grausige Schicht der Verheerung ihn daran gemahnen, dass er schon viel zu weit über die ihm im Guten zugeteilte Spanne des Lebens hinausgeschritten war.
Welcher Rasse die Hände angehörten, welche Hautfarbe sie hatten, ließ sich nicht erkennen. Er ruckte am Mantel, kam frei, wandte sich wieder nach Westen.
Ein paar Schritte entfernt stieß er auf einen Körper in blutbefleckten, ehemals weißen und blauen Gewändern – die Gewänder des einzigen Menschen, der diese Farben in der Schlacht getragen hatte, müde, krank, aber stolz.
Jerhyn.
Der Fürst war rasch gefallen, auch daran erinnerte der Nekromant sich vage. Ein barmherziges Ende im Austausch für beträchtlichen Mut. Pundar hatte den Sohn seines alten, in Kurast gefallenen Herrschers als neuen Fürsten, aber wer würde Lut Gholeins verwaisten Thron bestiegen, nun, da dieser Marmorsitz nicht mehr bloß die Hand auf der reichsten und lebendigsten Stadt des Kontinents bedeutete?
Es war still, und doch wieder nicht. Matter Wind quirlte den Brodem der Luft durcheinander, zog Rauchschwaden gleich schwarzen Vorhängen über das Feld, und darunter, unter dem kaum wahrnehmbaren Flüstern des Windes, lag ein zweites Geräusch. Hadan lauschte, ein angewidertes, verzerrtes Lächeln auf den Lippen. Dann, als er es eingeordnet hatte, blickte er nach oben, in den Himmel, der noch verhüllter war als das Schlachtfeld vor der unglücklichen Stadt.
Pakhra, wusste er als sein Jünger, regte sich in seiner unmenschlichen Sphäre. Der Gott witterte all das dicht benachbarte Überleben und den Tod, den Aufschrei aus Tausenden von Kehlen, dieses Stöhnen und Knirschen des übriggebliebenen Funkens im Fleisch, das hier noch umherkrabbelte.
Pakhra war Pundar, war die hehre Stille der alterslosen Tempel, war auch Hilfe für Kranke und für Niedrigste der Kasten, und auch der Blick über das immergrüne, dampfende Land, und er, Hadan, liebte seinen Gott. Aber Pakhra war auch all dies hier. Er unterschied nicht zwischen Gut und Böse, zwischen in Verteidigung des Lebens Hingemachten und entfesselt Mordenden, nicht zwischen Leid und Loslassen, und dafür hasste er ihn.
So war es immer – Liebe und Hass, und ich weiß, dass es dich nicht stört.
Ich bin nur ein Kanal deiner Macht. Warte ab, ich werde benutzen, was ich bin.

Und in diesem Augenblick suchte den Nekromanten das Bewusstsein seiner Entscheidung vor wenigen Tagen heim wie ein kaltes, giftiges Erschauern.
Es war ein Fehler gewesen. Er stand knietief in den Auswirkungen dieses Fehlers.
Der Herz zog sich ihm zusammen. Ein zweites Mal werde ich diesen Fehler nicht machen. Hätte er am vorigen Tag nur noch genauer alles heraufbeschworen, was ihn an seinen alten Plan band – die Stimmen und Gesichter seiner Gefährten, die jungen Soldaten auf den schwachen Mauern, das fahle Leuchten des Spalts weit dort draußen in der schutzlosen Wüste.
Durch das leise, verzweifelte Stöhnen, das er nicht unterdrücken konnte, erreichte ihn die Erschütterung.
Sie kam und ging wie ein böses Versprechen.
Sein Weg hatte ihn wieder zur Mitte des Schlachtfelds getragen. Irgendwo hier, er wusste es noch, war ein großer Dämon gefallen – im finsteren Gesang des Fluchs auseinanderplatzende Panzer, stürzende, wuchtige Formen, Augen, die verlöschend an seinen eigenen gehangen hatten, begreifend, erkennend. Doch dieser Dämon war nicht der einzige Heerführer gewesen.
Mit ganzer Seele tastete er der Erschütterung hinterher. Der Fluch seiner Gabe, verstärkt eben dort, wo sich Vertrautes an sein unfreundliches Inneres angelehnt hatte, schallte daraus zurück.
Plötzlich hastig, den Namen rufend, der als Leuchtfeuer in seinem Bewusstsein aufflammte, überwand Hadan die nächste, aus Körpern und verbranntem Boden geformte Schwelle, fegte Speere beiseite, die eine Laune als makabren Zaun mitten ins Nichts gestellt hatte, setzte über geborstene Schilde hinweg.
Er kam auf etwas aus, das einem flachen Hügel glich.
Ein Hügel des Todes.
Er qualmte noch verheerender als die restliche Umgebung, so als bedecke er Hitzequellen, aus denen pechschwarzer Rauch dünne Säulen in die gelbfleckige Weite stellte. Hier, schien es dem Nekromanten, war inmitten schlimmer Orte der schlimmste, und obwohl Hast und verpestete Luft ihm die Augen mit einem Schleier überzogen, erkannte er nach zwei, drei Atemzügen des Suchens und Starrens, warum.
Der Strudel der Schlacht, die Gewalt des Gegners, die zu zahlreichen Verantwortlichkeiten, hatten sie schließlich doch auseinandergerissen.
Ich werde dir in der Schlacht den Rücken decken, Krieger.
Noch ein Versprechen – gebrochen? Noch ein Fehler.
Den Boden bedeckte ein wirres Durcheinander zerstörter, nordländischer Rüstungen. Die klassischen Flügelhelme der hohen Bergwälder spitzten überall hervor. In ein paar Dutzend Schritten Entfernung hockte eine im Rauch fast nicht zu erkennende, menschliche Gestalt, saß einfach da, schwankte sacht vor und zurück, vielleicht im Schmerz, vielleicht im Wahnsinn. Aber Hadan wandte seine Schritte nicht zu ihr oder den noch weiter entfernten Schatten Überlebender.
Was ihn gerufen hatte, befand sich an der Spitze des Totenhügels.
Er erklomm ihn mit zentnerschweren Gliedern, ahnend, was er vorfinden würde.
Dann fand er Urel, und das Schlachtfeld versank in Bedeutungslosigkeit.
An der Seite des jungen Barbaren lag ein riesiger Dämon, tot, aber noch im Tode mit allen Anzeichen eines Heerführers behangen. Der gewaltige Zweihänder stak in der Mitte des schwarzen Leibes. Die Spitze war abgebrochen, die schartige Klinge mit öligem, dunklem Blut wie mit einer Schlammschicht überzogen, die schon verkrustete. Hier hatte der Zorn des Nordens das feindliche Rückgrat an einer entscheidenden Stelle durchtrennt. Die wichtige, große Tat.
Die letzte Tat des jungen Kriegers.
Hadan stand eine Weile, schwankend. Dann zog es ihn in die Knie.
„Urel“, sagte jemand. Es dauerte ein wenig, bis er die Stimme als seine eigene erkannte.
Zwei Schritte weiter lag die Pavese. Ihre Bänder waren zerfetzt und blutig. Der Lederschutz des verstümmelten Arms war abgerissen worden.
Urel ruhte auf dem Rücken und blickte in den Himmel.
Sah er ihn noch mit diesem einen, unversehrten Auge? Denn das zweite war blind, untergegangen in einer blutigen Masse. Ein Hammerschlag vielleicht. Da war der Helm, der alte, vertraute Flügelhelm, geborsten, fortgeschleudert unter einer entsetzlichen Wucht.
Das heile Auge wanderte langsam, langsam.
„Urel“, wiederholte Hadan rau. Alter Freund. Er legte dem Barbaren die Rechte auf den Arm. Er brauchte sich die eingedrückte Rüstung kein zweites Mal anzusehen, um Gewissheit zu haben.
Das Auge, braun, frei von Wut und Arglist, wie es bis fast zuletzt immer gewesen war, fraß sich an ihm fest. Die blutigen, starken, bärtigen Lippen bewegten sich.
„Da bist du ja“, kam es matt, zischend in roten Blasen. „Haben wir... gesiegt?“
„Ja“, antwortete der Nekromant heiser. „Wir haben gesiegt.“ Es würgte ihn in der Kehle.
„Gut.“ Stille.
Dann rührte sich der Barbar noch einmal – er, der sich eigentlich nicht mehr rühren konnte, und Angst flackerte um seine gefällte Gestalt auf.
„Marej... mein Kind...“
Von irgendwoher stellten sich Worte ein. „Für sie wird gesorgt sein, Urel.“ Der Wind strich leise um den Hügel.
Der ungeheuren Kraft des Barbaren gelang es, seinen zerstörten Kopf nicken zu lassen. Das Zerrbild eines Nickens. Kurz verlosch das Flackern der Angst um ihn.
Doch es kehrte zurück, unbarmherzig, und nichts existierte mehr außer diesem einen, braunen Auge. Es sah den Nekromanten an, und vielleicht hob sich dahinter noch eine tödliche Schicht vom Begreifen.
„Ich habe versagt.“ Kaum ein Flüstern.
Hadan musste alle Beherrschung aufbieten, um sich ruhig, vertrauenerweckend über seinen alten Mitstreiter zu beugen, ein letzter, guter Schatten zu sein. „Nein, Urel. Du hast nicht versagt.“ Scharfer Schmerz drängte sich durch seinen Hals aufwärts.
Was, bei allen Göttern, kann ich dir mitgeben?
Langhäuser, auf die Kämme moosiger Hügel gebaut, Rauch aus ihren Dachluken in kühle, graue Morgenluft entlassend. Wie aus Holz gehauene, schlichte Gesichter, beängstigend für ihre Gegner, geliebte Sitze festen Zusammenhalts von Gemeinschaft und Familie für die Augen ihrer Verwandten. Pfade hinauf ins Bergland, in das Ideal einer immerwährenden Freiheit, die mit allen Menschen geteilt wurde, sofern sie sich nicht unrechtmäßig in die Länder der Clans vorwagten. Lagerfeuer, mündlich weitergegebene, über Generationen bewahrte Lieder und Geschichten aus rauen Männerkehlen.
„Du hast nicht versagt.“ Hadan schloss die Finger um das Handgelenk des Barbaren. Sie umfassten es nicht einmal ganz. „Du wirst zu Seiten der Ahnen sitzen, großer Krieger. Alle Menschen des Nordens und aller freien Lande werden deinen Namen in einem Atemzug mit ihren Namen nennen und sich erinnern.“
Das braune Auge ging zu.
Urel atmete aus. Einmal, mühsam, lange.
Verlass uns nicht.
Schwarze Verzweiflung überfiel den Nekromanten.
Und er musste dem unsteten Umhertasten des vertrauten Seelenlichts doch ganz andere Dinge sagen. Die Welt brennt. Es hing selbst jetzt noch um Urel.
„Das Feuer ist aus“, flüsterte Hadan, sich weiter vorbeugend. Sein Haar streifte das stille Antlitz. „Alles ist gut. Du kannst gehen.“
Er nahm die große Hand in seine. Wartete.
Über ihnen, weit oben, riss das kranke Gelb und Grau der Welt auf. Hell blinkte ein Stück Himmel.
Jerhyn war verraucht, leicht, fast wie ein Flügelschlagen in lang ersehnte Ruhe hinein. Urel aber kämpfte – bis zuletzt. Seine Seele krallte sich zäh an die Welt, für die er immer noch nicht genug getan zu haben meinte, hing fest, focht, wütend und verzweifelt.
Hadan hockte reglos, noch, als das starke, erbitterte Flattern sich über den Hügel hinaufgehoben hatte und verwehte. Vielleicht war Urel bereits kämpfend zur Welt gekommen. Er, der es am meisten verdient hatte, erhielt kein Friedensgeschenk.
Du wirst in allen Ehren bestattet werden. So, wie es sich für Einen deines Volkes geziemt.
Dann, den Kopf gesenkt, nur die Hand in der seinen, weil der große Leib im Tode zu schwer geworden war, um ihn anzuheben und in die Arme zu schließen, ließ er ihn gehen und weinte.
 
erste!!!!!!!!!!


buhuhuhuhuhu :cry: poese reeba poese poese reeba :P

nu stirbt einfach urel, und was mit den andern is bleibt auch offen *mecker* must dus imma so spannend machen? ;)

sonst einfach grossartig :)

lg tigerle
 
:cry: :cry: :cry: :cry:

Das ist doch jetzt nicht wahr wie kannst du ihn sterben lassn*schnief heul taschentücher hol*

Aber super geschrieben wie immer!

Aber weheeeeee du lässt Eya sterben*kampfzwerg stellt sich drohent hin*^^
Bin aufjedenfall gespannt wie es weiter geht!
 
Ein weiteres beispielloses Kapitel eines Meisterwerkes...

Die Beschreibung der Schlacht hat Monumental-Charakter...man wähnt sich in einem gewaltigen Epos, und ich fühle mich hier wie ein kleiner Fisch, der von einem tosenden Strom mitgerissen wird...

Umso mehr nehme ich es dir übel, dass du Urel hast sterben lassen...er, der den grössten Schaden an Leib und Seele genommen hat, fand nicht einmal am Ende seines Wegen Frieden... :(
 
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