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[Story] Saqqara

Wieder eine schöne und spannende Fortsetzung.
Hat richtig Spass gemacht das Lesen und das Öffnen neuer Weiten (der Süden) verheißt noch einiges an Erkenntnissen und Neuigkeiten.

Ich wünsch Dir eine gute Reise und ein gutes Heimkommen, ebenso wie fruchtbare Gedanken und eine flotte Feder.

:hy:

DV
 
klasse fortsetzung, bin mal gespannt ob se wirklich verbündete finden und wer hinter den kindsgott steckt
 
Huhu Reeba,

danke, dass du das update so schnell geschrieben hast. Dann bist du ja doch nicht so grausam :D Erhol dich gut auf deinen Reisen. Viel Spaß

Gandalf
 
Freude! :angel:
Ein Kapitel, genau nach meinem Geschmack und auch ein wunderbarer Zeitpunkt für eine etwas längere Pause.
Außerdem ein Lob für die gelungene Beschreibung der Kadaverexplosion. Gerade in dem Kampf hatte ich erwartet, da etwas kritisieren zu können - aber anscheinend hast du dir meine frühere Kritik zu Herzen genommen, was mich sehr freut.

Auch von mir eine schöne Reise! :hy:
 
Ich hab die Story vor ein paar Tagen etndecktr, und hab sie inziwschen ganz gelesen.....das einzige was mir zu sagen bleibt:
Ich will ein Update!!! Und zwar jetzt :)
 
Das wird wahrscheinlich noch etwas dauern, da die Autorin ferien macht. Aber auf Reeba kann man sich verlassen. Sie wird die story so bald wie möglich fortsetzen :)
 
Also ich melde mich zum ersten Mal hier im Forum, bin sozusagen ein leiser Mitleser, und bin auch erst in Kapitel 4, nachdem ich erst noch die Vorgeschichte lesen musste.

Du schreibst sehr schön. Das Du es manchmal etwas zu "bunt" mit deinen Beschreibungen meinst, wurde ja schon erwähnt. Insgesamt einfach wunderbar plastisch und lebendig. Man kann sich gut in die Protagonisten hineinversetzen und deren Gefühle nachleben. Auch hast du ein feines Händchen für die Spannung.

Mir als altem Assassinenfan ist natürlich die Figur der Eya sehr ans Herz gewachsen und als altem PvP-Zocker hätte ich mir gewünscht, dass zumindest einige Ihrer subtileren Fähigkeiten (wobei sie ja ansatzweise beschrieben werden) zumindest in der ersten Geschichte noch etwas deutlicher sichtbar geworden wären. Ist aber natürlich für die Story nicht von Belang und Superheldencomics gibts bei Marvel und nicht hier.

Insgesamt für mich die schönste Story aus der Diablo2 Welt und wenn ich wüsste, dass die Autoren jener Bücher ähnliche Qualitäten aufweisen wie Du, würde ich glatt in Versuchung kommen, wieder Fantasy und SF Serienromane zu kaufen.

Danke dafür.
 
Hallo Supergoof,
es gibt mittlerweile eine überarbeitete Fassung, bei welcher ich viele der Beschreibungen - die mit etwas Abstand zur Sache auch mir zuviel waren - rausgenommen habe. Ich werde diese Fassung hier reineditieren, habe nur gerade nicht einmal dazu die nötige Stunde Zeit.
Wer von den Nachzüglern (evtl. gibt es noch mehr) also noch einen oder zwei Tage warten kann, würde dann überall die editierte Fassung zu lesen kriegen.
Ansonsten danke für dein Interesse :)

@alle Leser: das RL haut mächtig zu im Mom., daher für das Up plz noch ein wenig Geduld. Es sollte aber spätestens am WE erscheinen :hy:
Gruß, Reeba


/edit: die editierte Fassung ist da.
Zur sprachlichen Überarbeitung noch einmal Danke an die Kritiker.

//edit2: für das Up muss ich leider noch um etwas Geduld bitten.
 
Ich merke grade dass dies die einzige Internetseite ist die ich täglich besuche um ja nicht das Releasedatum der Fortsetzung zu verpassen :rolleyes:
 
Und da ist das Up, sry für die Verspätung :read:





XVII. Das Wegende im Eis





Draußen in der Weite war seine Farbe Weiß.
Nur vorn noch verschmutzt vom Grau einer unregelmäßigen Linie, zog es das Auge hinaus, immer weiter, bis das Entsetzliche seiner Grenzenlosigkeit den Schauenden erstarren ließ wie die Kälte. Und es hieß, der, der es zu lange ansah, müsse erblinden. Das Eis.
Wo der Mann stand, hatte es sich zu Klippen aufgetürmt, die jäh auf einen letzten dunkleren Streifen hinabstürzten. Die Steilküste ragte im frostigen Wind auf, so weit der Blick reichte.
Böen rissen pfeifend an seiner Bekleidung, aber der Mann rührte sich nicht. Weit draußen auf der Ebene zogen Lichtflecke über das Weiß und über Stellen, an denen das bleierne Wasser durch die Schicht des küstennahen Eises schimmerte.
Auf den Klippen war nur der Wind zu hören. Er schien das einzig Lebendige neben der reglosen Gestalt. Deren Augen jedoch fanden nach einer Weile zu einem Haufen sich bewegender Punkte, die bald das feste Ufer erreichen würden.
Langsam machte der Mann sich an den Abstieg. Unter seinem Gewicht spalteten sich Eiskeile von der Oberfläche des behelfsmäßigen Pfades ab, und schließlich trat er fehl und kam ein Stück abseits in losem Gestöber unten auf. Er zog seine Kapuze zurecht und bewegte sich dann über den dunklen Uferstreifen auf die Punkte zu.
Von hier unten aus erschien das Eis endgültig grenzenlos. Die Menschen, die ihm aus seiner Öde entgegenkamen, wirkten davor wie winzige Schatten, Sinnestäuschungen. Erst im Nahen entpuppten sie sich als riesige Männer, hünenhafte Gestalten in unförmiger Fellkleidung. Ein halbes Dutzend von ihnen trug einen großen Kajak zwischen sich, immer wieder einsinkend, aber sich ihm, dem Einzelnen, unermüdlich nähernd.
Dann hielten sie an. Raue Stimmen standen in der dünnen Luft, und nun wurden auch Frauen sichtbar, kleiner, mit helleren Rufen. Die Rufe galten einander, nicht ihm. Ihn beachtete man höchstens nebenbei.
Die Jagd war erfolgreich gewesen, nun ging es ans Zerteilen der Beute für den Aufstieg zum Rand der Steilküste. Die Gruppe sammelte sich um den Kajak und den Fang, von dem die Frauen bereits das wenige Unbrauchbare wegschnitten, zum Hier lassen oder für die Hunde im Dorf, das weiter im Inland lag.
Schon näher, erkannte der Mann den kegelförmigen Leib eines Eiswals. Eine gute Jagd. Die Zufriedenheit der fellvermummten Gestalten war spürbar. Unwillkürlich ballte er die Linke, und die Vergeblichkeit der Bewegung traf ihn wie ein Hammerschlag.
Sich einredend, dass es der unbarmherzige Frost sei, der seine Augen reizte, ging er an der Gruppe vorbei auf zwei etwas abseits Stehende zu. Bei jedem Schritt sog sich das Eis an seinen Stiefeln fest.
Die Gestalten trennten sich.
Außer Hörweite der Jäger traf der Mann mit der einzeln Stehenden zusammen.
Sie erwartete ihn, hoch, selbst für eine Frau seines Volkes groß gewachsen, das helle Haar im eisigen Wind lose um den Kopf flatternd, von dem sie die Kapuze weggezogen hatte. In ihre Augen kehrte trotz der frohen Stunde ein Ernst ein, der die Bedeutung ihrer Begegnung erfasste.
Für Augenblicke standen sie nur voreinander. Dann wies der Mann auf die nebenan beschäftigten Gestalten. „Eure Jagd war erfolgreich. Ein guter Tag.“
„Das ist er“, antwortete sie schlicht. Da sie seinem Blick gefolgt war, konnte er sie ungestört kurz ansehen. An der wortkargen, starken Frau war wenig, was ihn noch an seine ältere Schwester erinnerte.
Ihrer beider Atem bildete blasse Schleier, weißlich auch diese, wie alles hier draußen, wo selbst das Fell der Kleidung mit dem Reif seine Farbe verlor.
Esra begegnete seinem Blick wieder. Die Art der Männer und Frauen, die Schritte entfernt Fleisch und Fett in große Blöcke schnitten, war längst zu der ihren geworden. Den Mann, der oben auf der Klippe nicht gefroren hatte, fröstelte es. Sie waren Geschwister und sich darin treu, aber die lange Zeit der Trennung hatte sie in ihrem eher wohlwollenden als zärtlichen Verhältnis noch weiter entfremdet.
Hier, am Nordmeer, am äußersten Rand der bewohnten Welt, begriff er es. Ohne Groll, und so war auch das Frösteln nur die Kälte seiner eigenen Einsamkeit.
Auch sie schien so zu denken. „Du wirst wieder gehen. Du kannst hier nicht bleiben, Urel“, sagte sie.
Der Barbar antwortete nicht. Ich weiß, dachte er, im Augenwinkel die arbeitenden Jäger.
Sie waren Nordmänner.
An den zerklüfteten Küsten, im menschenfeindlichen Eis lebten sie, die zähesten aller Barbaren – Hünen, Jäger, Bezwinger der nördlichen See. Den Menschen der restlichen Welt galten sie als halbe Legenden. Weitab von den Hochlanden befuhren sie das launische, bitterkalte Meer, stellten ihre Langhäuser in den Windschatten von Schneeverwehungen, jagten Robben und Wale. Die Ahnen waren ihnen heilig, aber fremder als den Inlandbarbaren. Sie hatten zwischen dem hallenden Packeis und den Eisbergen eigene Gottheiten gefunden, Wind und weiße Riesen und gewaltige Tiere, die sich nur jenen als Beute opferten, die die Jagd überleben konnten.
Alles, was für ihr entbehrungsreiches Leben zu schwach, zu alt oder zu krank war, wiesen sie ab. Über den Wert eines Menschen entschied in einer Welt, in welcher der Ausfall eines Jägers eine Tragödie war, einzig sein Überdauern. Das Eis kannte kein Mitleid, und auch sie leisteten sich es nicht.
Die weiße Ebene, in Wahrheit das Meer, schien zu leuchten, als aus dem hohen grauen Himmel Licht hervorbrach.
Urel begegnete den Augen Esras. Ein Schimmer von Besorgnis trat hinein, als er antwortete.
„Ja, ich werde wieder gehen. Darum habe ich auf eure Rückkehr gewartet.“
Seine Schwester nickte und erwiderte nichts. Schweigen, unbewegt das Schicksal akzeptieren – darin glich sie den Menschen hier schon sehr. Die Jahre des Lebens in ihrer Mitte hatten sie herb und duldsam gemacht.
Als ganz junge Frau war sie aus freien Stücken mit einem Nordmann mitgegangen, der durch ihr Dorf gekommen war, nachdem mit ihrem und Urels Vater das letzte Familienmitglied gestorben war. Das letzte bis auf ihren jüngeren Bruder, der in die Männergemeinschaft des Clans eingehen würde, sie nicht brauchte. Sie war des Nordmanns Frau geworden, Mutter seiner Kinder, draußen am Rand der Welt. Man hatte sie aufgenommen.
Urel spürte das Schneiden des Windes an Mund und Wangen. Ihn würden die Nordmänner nicht aufnehmen.
Ein Mann mit nur einer Hand konnte kein Ruder halten, keinen Speer führen, keinen Schlitten lenken. Die Nordmänner wussten von einem Barbaren, der in der fernen Bergwelt um den Arreat den letzten der großen Dämonen getötet und dabei die linke Hand verloren hatte. Als Urel bei ihnen aufgetaucht war, hatten sie nicht daran gezweifelt, dass dieser Barbar vor ihnen stand. Er trug die Begegnung mit den Schrecken aus den jüngsten aller Legenden um die Schultern wie einen Mantel.
Respekt verwehrten sie ihm nicht. Seine Tat verdiente es, in die Annalen der Menschheit einzugehen. Aber was sie über seine Anwesenheit dachten, drückten sie in wenigen Worten aus. Was willst du bei uns? Du kannst an der Jagd nicht teilnehmen.
Im eisigen Wind sahen die Geschwister sich an.
„Willst du noch die Jagd mit uns feiern?“ Esra strich sich eine Haarsträhne aus den Augen.
„Nein.“ Urel blickte ein letztes Mal in die farblose Unendlichkeit. Die Küste war der Ort, um Abschied zu nehmen, alles im Inland würde es härter machen, sich gegen ihn zu wappnen. „Nein, ich breche gleich auf.“
„Ich werde Bokrul und die Kinder von dir grüßen.“ Die Stimme seiner Schwester klang leiser. Aber das konnte auch vom Wind kommen. „Mögest du deinen Weg finden“, sprach sie die Abschiedsworte der Nordmänner, um dann nach einem Zögern hinzuzufügen: „...und einen Platz, wo es Frieden für dich gibt.“
Der junge Barbar blinzelte. Wärme, wenn sie denn beabsichtigt war, gab es nur in Esras Worten. An ihrer hohen Gestalt, wie sie dort stand und dem beißenden Frost trotzte, war nichts Warmes.
Es passt alles, dachte er und nahm die Leere, die sich in ihm ausbreitete, mit bitterem Einverständnis an. So will ich sie in Erinnerung behalten.
Mehr gab es nicht zu sagen. Sie kannten einander kaum noch, und an die verlorenen Tage ihrer Jugend war nicht mehr anzuknüpfen. Früher hätte ihn das nicht weiter bekümmert, hätte er ein weiteres Mal im Dorf vorgesprochen, ob er nicht doch bleiben, sich nützlich machen könne. Aber jetzt nicht mehr.
Ohne ein weiteres Wort nahm er Abschied.
Als er sich abwandte, schien es ihm, dass von den Hünen nahebei sich einige aufrichteten und herübersahen. An den aufgeregten Stimmen aber, die der betäubenden Kälte die Freude über die geglückte Jagd entgegensetzten, änderte sich nichts.
So ging Urel.
Seine Kleidung verschnürte er fester für den Weg ins Inland. Langsam blieben die Menschen hinter ihm zurück. Er sah sich nicht mehr um, weil er die Kraft zum Fortgehen brauchte.
Dies war der letzte Ort gewesen, den die Welt für ihn noch enthalten hatte. Und hier, nach beinahe sechs Monaten der Wanderung, lag das Ende des Weges. Von hier aus gab es nichts mehr zwischen ihm und endgültiger Verlorenheit. Im Grunde seines Herzens hatte er es vorher gewusst, war ohne die Beschwingtheit eines Mannes, der an die Richtung seiner Schritte glaubt, durch den Schnee hinter den Hochlanden gereist.
Im Nebel seines warmen Atems stieg er zum Grat der Steilküste hinauf, den Nachhall der Weite hinter sich. Er richtete den Blick fest auf seine Stiefel. Erklomm die Küste am Rand des Nordmeers und machte sich daran, in den Schneefeldern den Pfad zurück in die Hochlande zu finden.
Zur selben Zeit, in den ersten Tagen des neuen Jahres, schreib Ifrah im fernen Selthe die Briefe an ihre alten Gefährten. Keiner von ihnen ahnte, wie ähnlich ihre Gefühle sich vielleicht waren.




Nach einer Woche einsamen Wanderns gelangte Urel wieder in die Bergwelt des westlichen Hochlandes.
Die Kälte war hier weniger streng. Schnee lag hoch, aber von Sonne beschienen auf den dichten Tannenwäldern und Bergrücken, und letztere waren leicht zu übersteigen.
Er war ohne Hast gegangen, manchmal zögernd, manchmal entschlossener, wenn sein alter Wille durchbrach, der Untätigkeit schlecht ertrug. Akal, das Dorf seiner Kindheit und Jugend, lag nur eine Handvoll Tagesreisen entfernt. Es zog ihn an, ja. Aber er würde dort nur weitere Leben vorfinden, die nicht seine waren. Nur weitere geliehene Bestimmungen.
So stapfte er langsam in ein Tal hinunter, in dem die Morgensonne Birkengehölze und Hänge mit gelbem Gras beschien, das unter dem Schnee hervorsah.
An einem Bach hielt er an.
Meist gelang es ihm, den Verlust der linken Hand wegzudrängen. Er war jung und stark, ausdauernd, kampferprobt. Doch in Augenblicken wie jetzt, beim Abladen des Gepäcks, beim Trinken und Waschen, bei einfachsten Verrichtungen, endete seine ganze Kraft in dem Stumpf, in den sein Körper auslief.
Unbewegt kniete er eine Weile an dem schmalen Gewässer, das zwischen überhängenden Schneerändern dahingurgelte. Die Zeit, in der er an einen Sprung vom nächsten Grat gedacht hatte - ein schneller Tod und auch nicht ehrloser als das Leben, das er jetzt führte – war vorüber. Etwas hielt ihn noch auf dieser Erde fest.
Die Brauen des jungen Mannes zogen sich zusammen, erst schmerzlich, dann finsterer. Freunde hätten ihm sagen können, er sei zu jung, um dem Leben den Rücken zu kehren. Vieles hatte er weder gesehen noch gefühlt, aber er selbst vermochte sich nicht als einen Menschen zu begreifen, dem das Leben noch etwas schuldete.
Am Ende seiner Weisheit kam dem jungen Mann seine Bescheidenheit nicht zupass, aber auch das war ihm nicht bewusst.
Eure Welt wird brennen, Barbar.
Aus einer verschütteten Erinnerung schlug plötzlich eine Stimme an sein inneres Ohr, und der helle, kalte Morgen verfiel zu nichts. Ohne Vorwarnung überkam es ihn wie die Splitter einer anderen Wirklichkeit, die heraufdrängte. Dass er noch klar sah und hörte, schliff ihre Spitzen nicht ab.
Die dünne Schicht des neu versuchten Lebens hob sich bereitwillig von den älteren, mitgetragenen Empfindungen. Elend kniete Urel am Bach, halb vornüber gebeugt und lauschend. Er sah es nicht, aber aller Gleichmut, der sie etwas sanfter machte, schwand aus seinen kantigen Zügen.
Ich habe versucht, es zu verdrängen. Aber wie viel kraftvoller sind die dunklen Erinnerungen, und wahrer. Gewalt und Wahrhaftigkeit – was die Gefühle anging, schien das Eine das Andere zu beweisen.
Hör auf zu suchen.
Mit einer schweren, wuchtigen Bewegung stand er auf. Die verschneite Umgebung hatte etwas von einer Täuschung, und den alten Bedeutungen der Himmelsrichtungen durfte er nicht länger anhängen. Er wusste jetzt, was er zu tun hatte. Wie es beginnen sollte, war unwichtig. Plötzlich veränderte sich die taube, widerwärtige Schwere des verstümmelten Arms in dumpfes Pochen.
Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Süden. Im Süden, in den Hochlanden, war Unruhe. Also würde er dorthin gehen. War er nicht auch damals selbstverständlich dorthin gezogen, wo Krieg herrschte?
Ein Knacken ließ ihn zusammenfahren.
Die Rechte am Kurzschwert, das er an der Seite trug, suchte er den Urheber des Geräuschs. Kaum ein Feind. Das Tal war friedlich.
Es war eine Frau.
Lumpig, abgerissen, duckte sie sich auf der anderen Seite des Baches an das nahe Birkengehölz. Vielleicht zwanzig Schritte entfernt, äugte sie ängstlich herüber. Sie musste versucht haben, sich an dem in Gedanken versunkenen Fremden vorbei unbemerkt in das Wäldchen zu schleichen. In der Helle des Morgens ein unsinniges Unterfangen, aber als Urel sie näher ins Auge fasste, begriff er.
Ihre Lumpen waren gute, durch irres Umherstreifen zerrissene Kleidung. Ihr graues, abgezehrtes Gesicht trug alle Spuren der Not, die das Alter unbestimmbar und den Notleidenden unvorsichtig macht. Was sie auf dem Arm hielt, war ebenso wenig Gepäck, wie das Huschende an ihrem Rock eine Bewegung ihres Beins war.
Eine Flüchtige. Und sie hatte zwei Kinder dabei.
Ohne nachzudenken, machte er einen Schritt nach vorn. Es mochte allein seine Größe sein, die sie einschüchterte, so dass sie sich aus ihrer Starre losriss und zurückwich. Wer weiß, was ihr widerfahren ist. Aus welchen Gebieten mag sie kommen? Urel hob langsam die Rechte. Das Schwert hatte er in den Schnee fallen lassen.
Da floh sie. Über das Bündel an ihrer Brust gebeugt, huschte sie herum, das zweite Kind, ein Häuflein aus halbnackten Gliedern und wirrem Haar, mit sich ziehend. Das gelbweiße Gewirr der Birken nahm sie auf. Bald erahnte man die Gestalt nur noch vage zwischen den Stämmen.
Regungslos sah er ihr nach, und blickte noch in den lichten Wald, als sie längst außer Sicht war. Was ihn abhielt, ihr zu folgen, obwohl sein Herz der mitleiderregenden Erscheinung kurz und impulsiv entgegengeschlagen hatte, wusste er auch später nicht genau.
Hin- und hergerissen stand er am Ufer des Baches.
Du kannst hier ja doch nichts tun. Wie sie muss es Unzählige geben. Bedauern und ein Anflug von Mutlosigkeit streiften ihn. Dann stülpte sich die erwachte Entschlossenheit darüber, grimmiger, als es seinem Innersten wirklich entsprach. Mit so etwas darf ich mich nicht mehr aufhalten, zwang er sich.
In Gedanken wischte er das Bild der Frau weg. Es tat nur kurz weh.
Dann hob Urel sein Schwert auf, zurrte die Riemen seiner Kleidung fest, schulterte den Reisesack und wandte dem Bach den Rücken zu.
Nach Süden. Er war überrascht, wie mühelos ihn seine Beine die Hänge hinauftrugen, hinaus aus dem Tal. In seiner Brust ballte sich ein fester Kern zusammen. Er wog nicht leicht, aber er bewirkte, dass er sich nach langer Zeit wieder lebendig fühlte.
Seine Stiefel wirbelten den Schnee auf. Die einmal eingeschlagene Richtung schien ihn plötzlich anzuziehen, weiterzuziehen, vorbei an seinem Geburtsort, an den er nicht einmal mehr klar dachte. Vom Grat des Bergrückens aus konnte er weit sehen, und seine Züge nahmen, unbemerkt von ihm selber, einen ungewohnten Ausdruck an.
Im Süden kreisten Vögel.




Tage später erreichte er das zweite Dorf auf dem Weg ins Hochland, und bereits hier begegnete ihm der Krieg.
Schon Monate zuvor, als er in umgekehrter Richtung durch diese Gegend gezogen war, war sie unruhig gewesen. Friedlos. Keiner der Barbaren oder Siedler hatte ihm Näheres sagen können. Nach alten Streitigkeiten hatte es damals geklungen, die hin und her durch die Hochlande geisterten. Die Menschen, bei denen er genächtigt und mit am Feuer gesessen hatte, hatten härtere Worte über ihre Nachbarn gesprochen. Und die Türen ihrer Häuser am Abend fest verschlossen.
Nun war aus den Landen, die unbestimmt friedlos gewirkt hatten, ein Randgebiet ernster Auseinandersetzungen geworden.
Das Dorf lag an schroffen Berghängen und blickte auf tiefer gelegenen Wald und aus dem Grün herausragende Felsformationen, Ausläufer des Gebirges, die weit ins Land hineinliefen.
Der Himmel war weit und klar. Die Luft aber roch nach Rauch.
„Du siehst unten die Hütten, die dem letzten Angriff zum Opfer gefallen sind, Freund.“ Dem Sprecher, einem jungen Barbaren mit langem Haar, prangte eine Wunde quer über Nasenwurzel und Braue. Doch seine blauen Augen sahen Urel offen an.
Die Männer lehnten an einem Zaun, der höher gelegene Häuser einfasste.
Urel konnte bei genauerem Hinsehen verkohlte Überreste menschlicher Behausungen zwischen den ersten Bäumen des Waldes ausmachen. Er runzelte die Stirn.
Im Morgengrauen hatte er das Dorf erreicht.
Aufgeschreckt und wütend, erholten sich die Bewohner eben von einem nachts erfolgten Angriff. Man war ihm misstrauisch begegnet, hatte ihn aber sofort ins Vertrauen gezogen, als er sich als Angehöriger des Kupferclans zu erkennen gab. Mit seinem Namen wussten sogar einige Bewohner etwas anzufangen, denn Akal war nicht sehr weit.
„Und die Leute sind sicher, dass es Druiden waren?“ Urel wandte die Augen vom Waldrand ab.
„So sicher, wie die Ahnen unsere Vorfahren sind.“ Die Stimme des jungen Mannes neben ihm klang bedauernd, aber mehr noch entschlossen.
Wenn selbst die Bedachtesten zum Krieg bereit sind, ist die Zeit tatsächlich gekommen, dachte Urel. Viele Dorfbewohner waren weit erregter, ja, sie schienen auf einen Vorfall wie diesen regelrecht gewartet zu haben – als gebe er einer verborgenen Gier Anlass, sich endlich entfesseln zu können.
Und doch, so hatte sein Begleiter Urel aufgeklärt, war der nächtliche Überfall nur ein weiteres Glied in einer Kette von Kampfhandlungen. Vor sechs Monaten hatte es begonnen. Niemand schien wirklich zu wissen, wie.
Aber der Barbar sah, dass die Menschen hier längst im Feuer entzündeter Konflikte gefangen waren und nicht mehr nach dem ersten Funken fragten.
„Willst du uns nicht helfen, gegen die Südlichen vorzugehen, Freund?“ Sein Nachbar riss ihn aus der Nachdenklichkeit, in der er über die Wälder geblickt hatte. „Ein Kämpfer deines Schlages würde unsere Kraft vervielfachen und uns ehren.“
Urel antwortete nicht. Die Südlichen.
So nannten die nördlicheren Barbarenstämme die Druiden und die weiter südlich lebenden Barbaren, von denen es hieß, sie hätten begonnen, sich mit den Wechselbälgern zusammenzutun, ja, sich sogar mit ihnen zu vermischen. Auch wenn es noch hinter vorgehaltener Hand geschah oder es die Zornigen in ihre Bärte brummten, war die Rede von Verrätern, denen nur ihr dünn gewordenes Blut eingegeben haben konnte, mit dem Druidenvolk gemeinsame Sache zu machen.
Das ist die Sprache des uralten Zwistes.
Der junge Barbar senkte brummend den Kopf, ein anerkanntes Zeichen, dass er nachzudenken wünschte. Blut. Land. Plötzlich zu Feinden werdende benachbarte Völker. Das klang nach den alten Zeiten der Trennung, der Blutrache und Clankriege. In seinem Inneren, das sich trotz seines kriegerischen Weges ein bedächtiges, mitfühlendes Gemüt bewahrt hatte, regten sich Zweifel, eine Ahnung, dass die Menschen im Hochland in etwas zurücksanken, etwas wieder heraufbeschworen. Und es ist nichts Gutes.
Daran aber, dass tatsächlich südlicher lebende Menschen das Dorf fortgesetzt attackierten, gab es nichts zu rütteln. Er hatte die Verwundeten gesehen. Was half es da, dass er nicht herausfinden würde, welche Seite den ersten Schritt in den Konflikt getan hatte, was half es, zu wissen, dass der nächtliche Angriff eine Vergeltung für zuvor im Wald getötete Männer der Gegenseite gewesen war? Die geplante Gegenattacke konnte er als Außenstehender kaum in Frage stellen.
Denn losziehen und kämpfen mussten sie. Und ein Marsch auf die Gegner zu musste noch kein Rachefeldzug werden, er konnte immer noch Klärung bringen, vielleicht einen Waffenstillstand und Verhandlungen.
Die Hälfte der Menschen hier schien dies immerhin noch nicht vollständig auszuschließen.
„Euer Dorf hat sich mit dem Kupferclan zusammengetan“, sagte er, ohne sich dessen recht bewusst zu sein.
„Ja“, antwortete sein Nachbar, erfreut über Urels Reaktion. „Ein Zusammenschluss dreier Stämme. Es sind überwiegend die jüngeren Männer, die dies vorantreiben, aber mit der Zustimmung der Clanältesten.“ Eifrig wandte er sich dem Neuankömmling ganz zu. Selbst ein stattlicher Mann, reichte er Urel nur bis ans Kinn. „Begleite uns! Kämpfe mit uns! Vielleicht könnten wir uns bald Brüder nennen – Waffenbrüder. Und du hast nicht verhohlen, dass du ein Mann bist, der wandert und ein neues Ziel sucht.“
„Waffenbrüder.“ Urel wandte die Augen zu Boden, als denke er nach. In Wahrheit wollte er verbergen, wie die Erinnerung sie trüben musste. „Eine Waffenschwester hatte ich einst...“ Zuletzt war es nur ein Murmeln.
Sein Begleiter achtete indes nicht weiter darauf. „Kämpfe mit uns“, bat er erneut und unverhohlen, ein Beweis für seine Offenheit.
Zumindest das. Urels massige Brust hob und senkte sich mit einem tiefen Atemzug.
„Es ist auch deine Heimat, die bedroht wird“, fuhr sein Nachbar fort. Sein Gesicht zeigte keine Spur von Hinterlist.
Er missversteht mein Zweifeln, dachte Urel. Um das Gespräch auf jeden Fall von den Bedenken abzubringen, die ihn bewegten, hob er die Linke. Er war sich bewusst, dass sein Schweigen fast schon eine Einwilligung bedeutete.
Sei es drum. Die frische Luft der Bergwälder wehte ihn an. Sein Körper streckte sich fast ohne sein Zutun, hinaus aus der Beklemmung der Ungewissheit. Hör auf zu suchen.
„Das steht noch zwischen mir und meiner Bereitschaft“, sagte er.
Der Armstumpf ragte zwischen die beiden Männer, ein grotesker Anblick, egal, wie oft man hinsah. Die Augen des Anderen zeigten Mitleid, aber Urel fand, seltsam berührt, dass es nicht abfällig oder aufdringlich war.
„Dafür wird sich eine Lösung finden“, kam es, und ein Tabu unter ihrem gemeinsamen Volk wurde geringer unter dem Druck der Zeiten. „Ein... Verlust muss einen Krieger nicht kampfunfähig machen.“ Die Augen des jungen Dorfbarbaren leuchteten. „Es wäre eine Verschwendung. Ich bin froh, dass der größte Sohn des Kupferclans sich an unsere Seite stellt.“
Urel erwiderte nichts. Auch wenn es ihm als Unhöflichkeit ausgelegt werden mochte – Worte waren ihm in diesen Tagen zutiefst zuwider. Ihre bindende Natur hatten Andere besser im Griff, und als er dies dachte, streifte ihn noch einmal ein Bild vergangener Tage. Ein leichenblasser Mann sah her, und eine kleine Frau mit schwarzem Haar lächelte ihm zu. Aber die Gefährten von einst waren fort, und er wollte frei sein. Nichts weiter. Frei sein, auch vom Gestern, und wieder atmen können.
Der Andere schwieg jetzt, vielleicht aus Respekt vor dem Augenblick der endgültigen Entscheidung. Gleichwohl war das Ergebnis abzusehen. So dachte der junge Dorfbarbar, in dessen Welt sich alle Menschen in Verbündete oder Feinde teilten, und in der Zweifel abgeschüttelt wurden, weil von unten, aus der Seele, etwas Dunkles herauflangte, dem sehr leicht zu folgen war. Und dieser da, dieser legendäre Fremde, so spürte er richtig, war schon beinahe auf seiner Seite.
Da bedeutete es nur noch eine ohnehin erwartete Zustimmung, als dessen tiefe Stimme aus den sich aufklärenden Zügen tönte. „Also gut. Ich gehe mit euch.“
Von den unteren Häusern, als sei ein Moment auf den anderen abgestimmt, winkten gerade die Älteren herauf, ein Zeichen, dass die Krieger sich sammeln sollten.
 
Zu so später Stunde noch ein Update. :eek: Und wie es nicht anders zu erwarten war, schlägt die Geschichte wieder einen völlig unerwarteten Haken. :D Ich zumindest habe nicht damit gerechnet, an dieser Stelle einen alten Bekannten wiederzusehen und, so wie aussieht, für längere Zeit zu begleiten.

Das einzige, was mir nicht gefällt, ist, daß es mal wieder arg kurz ist; weißt du eigentlich, was du bei deinen Lesern anrichtest, wenn du sie so mitten im Lesefluß plötzlich wieder verläßt? ;)
 
Lanx schrieb:
Das einzige, was mir nicht gefällt, ist, daß es mal wieder arg kurz ist; weißt du eigentlich, was du bei deinen Lesern anrichtest, wenn du sie so mitten im Lesefluß plötzlich wieder verläßt? ;)

spannung natürlich :D
is doch total schön, wenn die story unterbrochen wird, denn in der wartezeit bis zum nächsten update fragt man sich immer wieder, was als nächstes passieren wird, dadurch hat man weniger langeweile als der alltag normalerweise bietet :top:
 
WOW!

Das ist eigentlich das erste, was mir nach dem Lesen eingefallen ist. Ich lese schon länger mit, habe auch schon den 1. Teil verschlungen und muss sagen, dass Dein Schreibstil sich sehr verbessert hat.

Anfangs war er, wie einige hier schon erwähnt haben, etwas komplex, man musste sich 100%ig konzentrieren um nichts Wichtiges zu "überlesen". Seit einigen Updates schaffst Du es, Deine Gedanken in wunderschöne Worte zu kleiden, die einfach zu lesen sind, aber keinesfalls ihre Wirkung verfehlen.

Ein Update zu schreiben, in dem eigendlich nichts passiert als die Einleitung einer "neuen" Figur, dass aber trotzdem Gänsehaut verursacht, ist schon eine Meisterleistung.

Ich weiss ja nicht, ob Du auch Ambitionen zum Schreiben "richtiger" Geschichten hast, aber ich würde es an Deiner Stelle auf jeden Fall versuchen.
 
Hallo Reeba,

ich habe mich nur wegen deine Story hier im Forum angemeldet und so sollt du nun auch meinen ersten post erhalten. ich finde deine Story einfach supergenial und würde mich freuen wenn du sie mir in irgendeiner form am stück bis zum aktuellen stand übermitteln könntest (z.b. als word- oder pdf-file)

habe einen kumpel der kein i-net hat aber diablo-fan ist und selbst ne story schreibt. ich habe ihm so viel vorgeschwärmt, dass er mich gebetenb hat ihm die story zu laden. es ist abersehr aufwendig, die einzelnen kapitel aus dem forum zu suchen und in ein word-file einzfügen. diese arbeit werde ich mir natürlich machen, wenn es dir zu viel aufwand macht.

bin schon gespannt auf das letzte update. hatte noch keine zeit es zu lesen (bin zur zeit im büro ;( ) und werde es aber auf jeden fall heute abend lesen.:read:

Gruß, Helldog

p.s.: das ich so lange gebraucht habe von anmeldung bis zum ersten post liegt daran, dass ich ne weile krank war und daher nicht im netz war.
 
@Helldog, kein Problem, schick mir einfach die e-mail-Adresse(n) : )
Danke für die ersten Replies!
 
nettes update ^^ vielleicht sollte sich unser starker barbar einfach nen fettes schild an den linken arm kleben ^^
 
juhu das warten hat sich gelohnt! wie immer ein genuss zu lesen, weiter so und nicht aufhören
 
Huhu Reeba,

schön, dass du wieder ein update geschrieben hast. Kritik ist mir beim durchlesen keine aufgefallen. Eher das Gegenteil ist der Fall: Ich finde es geradezu genial, wie du urel wieder mit rein bringst und auch seine gedanken und gefühle beschreibst. Irgendwie kommen mir diese bekannt vor... Ein gutes Update

mfg, Gandalf
 
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