Metallica - St. Anger
Der erste Song
"Frantic" und der schon seit längerem rotierende Titeltrack (bis auf einige gediegene Rap-Strophen die zum Glück nicht oft vorkommen) sind wirklich Hammertracks und erinnern an gute alte Zeiten, als rückenfüllende Aufnäher an Jeansjacken noch Kult waren. Der momentane Hype um Metallica ob des musikalischen Outputs scheint damit erst einmal gerechtfertigt, so läßt sich Headbangen. Die zwei folgenden Tracks
"Some Kind Of Monster" und
"Dirty Window" sind dann aber irgendwie nicht mehr ganz so spannend. Das Riffing ist teilweise ein wenig zu simpel und die dauernden Breaks und Wechsel dürften, zumindest die old-school Fans gehörig nerven. Die Songs wirken zu dem seltsam in die Länge gezogen, so als ob um jeden Preis die 7 bis 8-es Minutengrenze erreicht werden mußte. Mir kommt es jedenfalls vor, dass in diesen Songs bereits spätestens nach 5 Minuten alles gerifft und gehört wurde, was von Belang wäre. Gerade bei
"Some Kind Of..." fällt dem Zuhörer dann auch der Rote Faden in Form von diesem mid/high Gemisch auf, welches ständig nach dem gleichen Prinzip abläuft. Der Rest rattert irgendwo zwischen gut und befriedigend mit einigen netten Einfällen.
Nüchtern betrachtet kling das Album hart, modern, die Snare extrem beschissen (was schon was heißen will, ich liebe diesen Sound speziell auf Helmet´s Betty. Offenbar fehlt Lars Ulrich das gewisse Etwas im Vergleich zu John Stanier), die Produktion seltsam rau aber gut und (vorerst) alles ein bißchen zu konstruiert. Es sind Bands wie Slayer (wegen der Riffings), System Of A Down (wegen der ständigen Wechsel) und Machine Head (wegen des zeitgemäßen Sounds) die einen als erstes durch den Kopf schießen. Mit den "alten" Metallica hat das alles, wie vorab oftmals zu lesen war, aber rein gar nichts zu tun. Klassiker wie "Lightning", "Puppets" und "Justice" sind hinsichtlich Sound und Atmosphäre nie wieder zu toppen, dafür war die "gute alte" Zeit einfach zu speziell, ein unmögliches Unterfangen. Zum Abschluß sei noch die der Erstauflage beiliegend DVD lobend erwähnt, denn endlich scheinen die Verantworlichen zu begreifen, dass auf dem Silberling durchaus mehr Speicherplatz vorhanden ist als für ein, zwei Videoclips. Zu sehen gibt es alle Songs, live gespielt im Studio mit beeindruckender Soundqualität, also über 70 Minuten Material, so sollte das eigentlich bei jeder Bonus-DVD sein, denn wer will da noch brennen?
"St. Anger" ist kein Meilenstein geworden, was aber auch nicht wirklich zu erwarten war. Das Album hat seine guten Momente, ist wesentlich näher dran am Anfang als alles was nach "Justice" veröffentlich wurde. Es bleibt Geschmackssache.
7/10
Hörproben
Neurosis - Times Of Grace
Neurosis, ohne Zweifel eine der ganz großen Institutionen in Sachen Doom-Core. Zäher und langsamer als alle Type O Negatives dieser Welt zusammen, zimmern diese Jungs nun schon seit fast 17 Jahren Doom-Core Bretter, die lauter und schmerzvoller nicht sein können. Extreme Weltuntergangselgien von ungeahnten Ausmaße.
Steve Albini, Produzent auf diesem Album, läßt den Bandsound wesentlich transparenter, dabei aber auch wütender und druckvoller klingen als noch auf den Vorgängeralben. Was weiterhin auffällt, ist der für Neurosis Verhältnisse sparsame Einsatz von Samples und anderen elektronischen Hilfsmitteln.
Stattdessen kommen so ungewöhnliche Instrumente wie eine Tuba, Cello, Violine etc. zum Einsatz. Diese Gerätschaften erzeugen eine ganz eigene Art von "Noise" und stehen dem Neurosis "Wall Of Sound" ziemlich gut zu Gesicht. Was weiterhin auffällt ist die Sperrigkeit der meisten Songs. Abgesehen von dem auch schon als Video bekannten
"Scratch the Surface" (übrigens mit wirklich beeindruckenden Tribal Drumming) befindet sich kein Lied auf der Scheibe, welches sich schon nach dem ersten hören, als Hit entpuppt. Nach mehreren Hördurchgängen stellen sich aber Songs wie das mit fetten Gitarren unterlegte
"The Doorway", das über 9 min lange Ungeheuer
"The Last You'll Know" sowie das ziemlich getragene mit Klavier angereicherte
"Away" als absolute Highlights in der Neurosis Geschichte heraus. Das Meisterwerk schlechthin auf dieser Scheibe, ist dann der Titeltrack, ein düster doomig schleppendes Riffmonster, welches in nur 7 Minuten klar stellt, um was es bei Neurosis im Endeffekt geht. Pures Armageddon.
"Times Of Grace" stellt nicht die einzige Kaufempfehlung, es ist auch nicht unbedingt die beste Scheibe. Sondern einfach nur einen meiner persönlichen Favoriten, aus dem derzeitigen Fundus, dieser wirklich herausragenden Band dar. DoomCore at its Best.
9/10
Hörproben
The Mars Volta - De-loused In The Comatorium
Das ist es also. Omar A Rodriguez-Lopez und Cedric Bixler Zavala, früher mal Köpfe des wohl besten Hc Projektes des Jahres 2000
"At The Drive- In", haben Wort gehalten und nach ihrem Jahrhundertalbum etwas völlig neues gemacht. Nicht schlechter, nein, vielleicht sogar noch besser.
"... Led Zeppelin wurden nur so gross weil sich die Yarbirds für sie opfern mussten"... In dieser einfachen Aussage steckt sicher ne menge Wahrheit. Und endlich wird klar, warum dieser Split so nötig war...
The Mars Volta sind wie eine Art von verrücktem Jahrmarktsfahrgeschäft, bei dem vielen Besuchern schon alleine vom Hinsehen schlecht wird. Mit unglaublicher Energie schleudert diese Band die mutigen Interessenten von rechts nach links, setzt sie Überschlägen und Steilen, Rasanten Abfahrten aus, nur um ihnen dann zwischendurch mit sanften Gleitpassagen immer mal wieder ein Gefühl trügerischer Sicherheit vorzugaukeln. Es komprimiert, polarisiert, erdrückt und entgleitet bisweilen in unkontrollierte Gefilde, die entweder zutiefst anwidern oder restlos faszinieren.
Das Album, von Starproducer Rick Rubin produziert, ein sperriges Werk aus Versatzstücken von Rock, Hardcore, Dub, Art-Rock, Prog/Krautrock, und New Wave. Ein Konzept-Album (mit dem Omar und Cedric den Selbstmordversuch und anschliessenden Tod eines Freundes thematisieren, der noch einige Zeit im Koma lag.), das sich nicht so ohne weiteres in einzelne Songs tranchieren lässt, das stattdessen konzentriert und en bloc gehört werden will - und das dann auch seine hypnotische Wirkung entfaltet. Ein Album wie ein Film, das eine Geschichte erzählt, auch wenn man die Texte nicht mitliest. Und kein Album mit Kloppern für die "New Rock"-Disco um die Ecke.
Die Songs einzeln in ihrer ganzen Vielschichtigkeit zu beleuchten würde bedeuten diese Rezi bis ins unerdenkliche zu dehnen ... also vergesst es.
Bis jetzt und in meinen Augen, das Album des Jahres 2003 neben der neuen Radiohead. Eine unglaubliche Ansammlung von Variations und Stilvielfalten die ein aufmerksames Ohr benötigt um sich voll entfalten zu können. Dieses Album wird was bewegen in der Musikwelt, ganz sicher.
10/10