A Tribute To Judas Priest - Legends Of Metal
k, reden wir mal über Cover-Versionen und Tribute-Alben. Da mir die Veröffentlichungssituation der hier vorliegenden drei CDs nicht ganz geheuer ist, handle ich sie mal in einem Abwasch ab.
Sicher ist, dass es sich um eine vom Magazin Rock Hard unterstützte und von Götz Kühnemund - als Metaller sollte man diesen ulkigen Vogel kennen - kompilierte Auswahl handelt. Tipton und Downing schreiben ein paar warme Worte im Booklet, also kann man auch davon ausgehen, dass hier alles mit dem Segen Judas Priests vonstatten geht. Schauen wir uns die einzelnen Tracklisten mal an:
A Tribute To Judas Priest - Legends Of Metal, Vol. I
Helloween - The Hellion / Electric Eye
Ganz okay, eine saubere Sache. Gut produzierter, fetter Mid-80er Metal performt einen der "Hits" von Judas. Was hier vorliegt, ist sozusagen Variante 1 einer Cover-Version: Der identische Klon. Es gibt keinerlei musikalische Abweichung vom Original und mit Andi Deris singt auch noch jemand, der als Halford-Imitator durchgehen könnte. Daher - und weil Halford eigentlich keine Imitatoren verträgt - ist die Version auch letztlich uninteressant.
Fates Warning - Saints In Hell
Schon ganz was anderes.
Saints In Hell entstammt der
Stained Class von 1978 und ist daher einer der älteren Priest-Songs. Da
Stained Class doch schon ein bisschen angestaubt klingt, ist die Blutauffrischung durch Fates Warning hochwillkommen. Da FW eine technisch sehr talentierte Band ist, gelingt ihr auch die komplexe Rhythmik des Songs hervorragend. Und Ray Alder ist einfach ein geiler Shouter. Er kann extrem klar und hoch singen, was der Song auch braucht. Alles richtig gemacht, Daumen hoch!
Gamma Ray - Victim Of Changes
Vom Original sind ja sowohl die Studio-Version von
Sad Wings Of Destiny (1976) als auch die Live-Version von
Unleashed In The East hochinteressant, da total verschieden. Gamma Ray covern eher die Studio-Version und auch sie machen wie Helloween eigentlich alles richtig. Der Song ist allerdings auch unzerstörbar und von höchster Klasse. Ein bisschen fehlt allerdings auch hier die Überraschung - Klon, aber guter Klon.
Devin Townsend - Sinner
Sinner ist in der Studio-Version eigentlich ein bisschen schlaff, in der Live-Version aber umso mächtiger. Konsequenterweise tut auch alsso auch HevyDevy's Version so, als sei sie live. Klar ist, dass Devin an Halfords Gesang um Längen nicht heranreicht, aber das muss ja auch nicht sein. Was Devin aber natürlich drauf, ist die Wiedergabe des Ozeanischen, des Orgiastischen der Vorlage. Das lange, atonale Solo von KK, der spacige Mittelpart - "The Sinner is near!" - der Charakter des Songs ist voll getroffen. Schwachpunkte sind die etwas lahmen Drums - hier trommelt ein gewissen Marty Chapman - und die laue Produktion. Das Original ist besser.
Mercyful Fate - The Ripper
Da ich eine Schwäche für King Diamond habe, mag ich auch diesen Song gern. Des Kings Gekreische passt hervorragend zur Killer-Thematik des Songs. Ansonsten wird hier halt die erstklassige Priest-Komposition abgespielt, aber der letzte Refrain macht mich erzittern. So schön schreit der King hier.
Rage - Jawbreaker
Klarer Fall: Schwach. Ich halte eh nicht viel von Rage, obwohl ich anerkenne, dass es brave deutsche Metal-Arbeiter sind. Aber Peavys Gesang ist einfach zu schlecht für diesen Übersong. Und das Solo ist einfach lächerlich. Hey, KK's
Jawbreaker-Solo ist IMHO eins der besten Metal-Solos ever. Was KK hier im Original macht - dieses gedehnte, laszive Ausbrechen und Zucken des Monsters, das hier besungen wird - kann nicht annähernd reproduziert werden.
Radakka - Night Crawler
Die Band kenne ich nicht, und das Original ist von
Painkiller, einer IMHO schlechten Judas-Platte. Uninteressant.
Doom Squad - Burnin' Up
Das Original von
Killing Machine (1978) finde ich extrem geil, aber das reicht bei weitem nicht, diese Version gut zu finden. Doom Squad sind eine eigens für dieses Projekt zusammengestellte Band mit Scott Ian und Jörg Fischer an den Gitarren, aber das war's dann auch schon. Der Laut-Leise-Wechsel, den Judas im Mittelteil des Songs genial vollziehen, wird von Doom Squad einfach durchgescheppert, da geht die Dynamik natürlich über die Wupper.
Lions Share - A Touch Of Evil
Weder das Original, noch das Cover geben mir irgendwas. Weitergehen, meine Damen und Herren, hier gibt es nichts zu sehen.
Testament - Rapid Fire
Hehe, cooler Song. Hier liegt ein klarer Fall von Cover-Typ 2 vor: Die Vereinnahmung. Das heißt, es handelt sich hier um einen Testament-Song. Klar, das Original bietet sich für eine Übernahme durch eine Thrash-Band an, aber Testament übernehmen so komplett, dass es ein eigener Song sein könnte. Nur beim ersten Solo erkennt man einen Fremdkörper, der Rest ist relaxtes Durchdeklinieren der Testament-Trademarks. Gut so!
U.D.O. - Metal Gods
Hmm. Udo Dirkschneider & Band. Ich finde keinen einzigen Song, den Udo in der Phase nach Accept gemacht hat, wirklich gut, und auch hier geht eigentlich alles daneben.
Metal Gods von Judas lebt extrem von dem starren Rhythmus, aber vor allem von Halfords majestätischer Aggression. Davon hat Dirkschneider schlicht gar nichts. Überflüssig.
Saxon - You've Got Another Thing Comin'
Hmm. Auch so ein Song. Schon im Original mag ich ihn nicht besonders. Zu sehr auf Hymne komponiert, zu wenig echter Metal. Passt gut zu Saxon, könnte man sagen, und so kommt Mittelmäßigkeit zusammen und vereinigt sich zu Belanglosigkeit.
A Tribute To Judas Priest - Legends Of Metal, Vol. II
Iced Earth - The Ripper
Von Iced Earth würde ich glatt sagen, dass ihre wahre Bestimmung im Erstellen von Cover-Versionen liegt. Die Band kann einfach keine eigenen guten Lieder schreiben, aber technisch haben sie alles drauf. Tighter Groove, astreiner Shouter - aber eben keinen Komponisten in der Band. Macht ja nix, dafür gibt's ja die Mighty Priest.

Solide Sache, und ein bisschen anders interpretiert als King Diamond beim selben Song auf CD 1.
Blind Guardian - Beyond The Realms Of Death
Ich weiß, dass es echte, heiße BG-Fans gibt, aber ich gehöre nicht dazu. Bei mir läuft jeder Versuch dieser Band unter "gut gemeint". Das gilt auch für diesen Song, der ja nun wirklich ein Highlight des Priestschen Schaffens ist. Aber an die Macht der Vorlage kommen Blind Guardian niemals auch nur im Ansatz heran. Bei Priest ist das Ende des langen Gitarren-Solos, wo der letzte Ton im Feedback gen Himmel entschwindet, ein Moment großen Zaubers, aber hier passiert gar nichts. Und vom Gesang wollen wir mal gar nicht reden. Aber eins wird doch klar: Judas waren eine große Band!
Heavens Gate - The Sentinel
Saugeil! Einer meiner Favorites auf diesen CDs. Heavens Gate ist so eine Band, die in der Lage ist, ihren ganz eigenen Spirit diesem schon im Original großartigen Song einzuflößen. IMHO ist die Band ohnehin total unterschätzt - vor allem im Vergleich mit Blind Guardian, die im Prinzip dieselbe Zielgruppe bedienen. Auf jeden Fall ist die hervorragende Priestsche Gitarrenarbeit hier exakt nachvollzogen, der Gesang passt - alles bestens.
Nevermore - Love Bites
Tja, das hier ist vielleicht der beste Song überhaupt. Warum? Weil er nun wirklich ganz anders ist als der Priest-Song. Der Text ist derselbe, aber ansonsten bleibt kein Stein auf dem anderen. Das Riff ist bis zur Unkenntlich verfremdet, der Gesang ist eigentlich ein Hauchen und Stöhnen - aber der Charakter des Songs - das Eindringen der Gefahr ins Vertraute - ist perfekt und ganz eigen realisiert. Großartig!
Gamma Ray - Exciter
Für
Exciter gilt dasselbe wie für
Victim Of Changes: Alles gut gemacht. Schon erstaunlich, wie exakt Ralf Scheepers hier die Stimmlage von Halford trifft. Die Gitarrenarbeit ist perfekt, Kai Hansen ist eben ein Guter. Die Originalität kommt vielleicht ein bisserl zu kurz, aber einer feiner Song von einer feinen Band bleibt's trotzdem.
Forbidden - Dissident Aggressor
Nun, es gibt ein Cover dieses Songs von Slayer, das ist einfach besser. Das ist vielleicht mein Hauptproblem mit diesem Song. Lassen wir's mal dabei.
Angra - Painkiller
Yeah! Alles gut hier.
Painkiller, IMHO der einzige gute Song auf
Painkiller, trifft hier Gesinnungsgenossen. Dieser Song ist nun echt nicht leicht zu singen, aber Andre Matos hat das drauf. So entsteht hier ein weiterer 1:1-Klon, vor allem beim Gitarrensolo.
Overkill - Tyrant
Beschissen produziert, beschissen performt. Ein echter Tiefpunkt.
Kreator - Grinder
Grinder ist schon ein merkwürdiger Song, weil er so stur ist, so stupide. Aber Judas machen das irgendwie charmanter. Aber da Kreator eh eine total uncharmante Band ist, kann man hier wohl nicht viel erwarten. Ich hätte Grinder an Milles Stelle nicht gecovert.
Skyclad - Dreamer Deceiver
Nein, so nicht. Die Vorlage ist vielleicht kein ganz großer Song, aber doch ein sehr interessanter Ausflug von Judas Priest in die Balladenwelt. Aber wo Rob Halford mit Gefühl, Ausdruck und Stimme singen kann, kommt hier gar nichts. Damit ist der Kern des Songs zerstört.
Stratovarius - Bloodstone
Das Auftakt-Riff spielen sie ganz schön, aber danach ist der Song langweilig. Weiter.
Virgin Steele - Screaming For Vengeance
Eine Band ohne Eigenschaften spielt einen Song ohne Eigenschaften. Da kommt natürlich nicht viel bei rum. Kann sein, dass jemand, der das Original mehr schätzt als ich, hier etwas ernten kann. Ich kann es nicht.
Leviathan - Night Comes Down
*hust* Foreigner? Dieser Song ist im Original schon ein bisschen kitschig, aber in kitschigen Momenten ist er halt groß. Davon bleibt hier nichts übrig, sondern hier ist alles Schmalz und Butter. Schwach und unerfreulich.
So, und nun gibt es noch diese komische rote Version. Die heißt einfach nur Legends Of Metal und soll wohl ein Best-Of der beiden Vorgänger sein. Ist sie aber nicht, denn sie bietet nicht nur nicht das Beste, sondern auch noch einen ganz neuen Track:
Strapping Young Lad - Exciter
Also noch mal Devin mit einem der ekstatischsten Priest-Songs. Diesmal ist es wohl eine echte Live-Version - ich habe leider das Booklet meiner Digi-Pack-Version verschlampt - und das tut dem Song gut. SYL spielen sehr exakt an der Vorlage und rocken dabei wie die Sau. Gute Version, aber natürlich macht ein Song noch keinen Sommer, bzw. gibt noch keinen Grund, diese CD zu machen. Der Rest der Tracklist sieht so aus:
Helloween - The Hellion / Electric Eye
Testament - Rapid Fire
Fates Warning - Saints In Hell
Mercyful Fate - The Ripper
Strapping Young Lad - Exciter
Doom Squad - Burnin' Up
Nevermore - Love Bites
Overkill - Tyrant
Kreator - Grinder
Iced Earth - The Ripper
Fazit? Keine Lust mehr, der Text ist eh viel zu lang. Danke für die Aufmerksamkeit.
