fancything
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Pain Of Salvation – BE
Daniel Gildenlöw ist ein extrem kluger Kopf. Jedes Pain Of Salvation Album glänzt nicht zuletzt durch ausgeklügelte Konzepte mit extrem viel Tiefgang. Doch der neueste Output übertrifft sie alle. Gildenlöw versucht dem Hörer mit diesem Album einen Einblick in sein Verständnis unserer Existenz zu geben. Nach eigenen Angaben packten ihn diese Gedanken seit 1996 und liessen ihn nie mehr wirklich los. Ihm ist durchaus bewusst, dass sich seine Gedanken und Überlegungen niemals auf einem einzelnen Album darstellen lassen: „All-in-all, I have tried to give you a sort of blueprint, a rough map suggesting some different routes down which you may want to begin your own journey through „BE“ – and trust me, the journey can be as long as you desire. As for myself, I am happy to hand over this torch, and leave it on your doorstep with weary hands. I have been living with it since 1996. I need to sleep“.
Viel mehr, als das, was Gildenlöw im Booklet notiert hat, weiss ich auch nicht über das Konzept. Ich hab mich noch zu wenig mit den Lyrics und den Gedanken auseinandergesetzt, um etwas gehaltvolles darüber aussagen zu können. Alles was ich sagen kann ist, dass es sich bei „Be“ um mehr als nur ein weiteres Konzept-Album handelt. Man sollte vielleicht eher von einem „Projekt“ mit musikalischer Untermalung sprechen. Dies ist auch der Grund, warum es so schwer fällt, das hier dargebotene irgendwie einzuordnen. Da fühlt man sich manchmal an ein Hörspiel oder Broadway-Musical erinnert. Dann scheint wieder etwas „klassisches“ Pain Of Salvation-Material durch um im nächsten Moment wieder in Kevin Moore’sche Klangtexturen zu zerfallen. Tatsächlich fühlt man sich gelegentlich etwas an Chroma Key erinnert. Doch der Reihe nach.
Das Album beginnt mit einem gesprochenen Intro. Danach folgen typische PoS-Klänge. Die Atmosphäre erinnert sofort an Remedy Lane. Allerdings wartet man vergeblich auf einen Gesangseinsatz. Die Instrumente werden wiederum nur von Sprachsamples begleitet. Man beginnt sich zu Fragen, was das denn soll. Es folgt ein folkiger Song, der ein wenig an Chain Sling erinnert, ebenfalls vom Vorgänger-Album. Der Song gefällt auf Anhieb und bleibt auch sofort hängen. Doch schon ist es wieder vorbei mit der Herrlichkeit. Ein 5 Minütiges Piano Stück folgt. Nicht wenige sprechen von einem dramaturgische Fehlgriff par excellence. Ich hab auch nach dem 10ten Durchlauf den Sinn dieses „Zwischenspiels“ noch nicht verstanden. Es folgen wieder etwas vertrautere Klänge. Wieder viele Sprachsamples, trotzdem typisch PoS. Vor dem nächsten Track graust es mich hingegen auch jetzt noch. Komische Chorgesänge, nur von einer Slide-Guitar unterlegt. Das zieht sich auch wieder über fast 4 Minuten dahin, bevor der Track wiederum in ein paar Sprachsamples übergeht. Diese leiten allerdings das erste Highlight des Albums ein. Dea Pecuniae ist ein 10 minütiger O(h)rgasmus. Gildenlöw in Hochform. Dieser Song ist schlussendlich nicht unwesentlich für die Musical-Referenz verantwortlich. Abwechlungsreich, bombastisch, schlichtweg genial. Was folgt, ist wieder eine Art Zwischenspiel. Menschen sprechen zu Gott, unterlegt von Piano-Klängen. Diffidentia klingt dann wieder nach PoS wie wir sie kennen. Allerdings bin ich mir nicht so sicher, ob auf den Vorgänger-Alben schon Streicher eingesetzt wurden....whatever . Nihil Morari schlägt ungefähr in die selbe Kärbe. Wiederum viele Sprachsamples. Auf diese beiden „richtigen“ Tracks folgen wieder zwei kürzere Zwischenspiele. Latericius Valente ist hauptsächlich Instrumental, von den schon gewohnten Sprachsamples abgesehen, und auf Omni gibt’s Gildenlöw’scher Flasetto-Gesang, begleitet von einer Kirchenorgel.
Und dann folgt ein dermassen genialer Track, dass ich ihm sogar einen eigenen Abschnitt widme . Ich wage mal zu behaupten, dass Iter Impius das beste ist, was jemals aus den Federn Gildenlöws entstanden ist. Der Song entwickelt eine unglaubliche Dynamik. Anfangs nur Gesang, Piano und ein paar Streicher, ein genialer Refrain und abschliessende 2 Minuten, die wahre Freudensprünge provozieren. DAS Highlight des Albums! In Martius/Nauticus II wiederholen sich nochmal ein paar Themen und Melodien, bevor das Album in der selben Art und Weise, wie es begonnen hat, abschliesst.
Ich muss gestehen, auch nach mittlerweile an die 20 Durchläufen, kann ich nicht wirklich sagen, was ich von dem Album halte. Musikalisch gesehen ist es immer noch nicht mehr als ein Stückwerk. Ein Totalausfall, 2 wirklich GORSSE Songs und der Rest irgendwo dazwischen. So ganz zusammenpassen will es nicht. Gildenlöw scheint dem Konzept an sich absoluten Vorrang gegeben zu haben. Das soll nicht heissen, dass es sich hier um ein schlechtes Album handelt, im Gegenteil. Es bietet sehr viel Abwechslung, genialer Gesang (Gildenlöw besser denn je, meiner Ansicht nach), ein sehr interessantes Konzept, eine hohe Wiederspielbarkeit...uvm. Trotzdem, kein leichtes Album, bei weitem nicht. Ich hab noch bei keinem Album so lange auf den endgültigen Klick gewartet (irgendwie warte ich immernoch darauf). Eins ist allerdings sicher, dieses Album wird noch lange Zeit von sich reden machen, in welcher Hinsicht auch immer. Ich sehe mich ehrlich gesagt nicht in der Lage, dem Album eine endgültige Note zu geben.
? / 10