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Trang-Ouls Triumph [Ich denke, also bin ich: Teil 5]

Und das nächste Kapitel ist noch nicht fertig ;).

Ab jetzt muss ich nämlich leider auf "it's done when it's done" schalten - mein Puffer ist aufgebraucht, und ihr müsst unbestimmte Zeiten zwischen den Updates warten. Tut mir Leid, aber das ist halt so...

Simon
 
huhu,

wie sieht's denn dieses Wochenende mit einem Update aus?
 
Keine Ahnung! Vielleicht schreibe ich das Kapitel fertig, vielleicht auch nicht...

Die Chancen stehen zumindest gut, dass ich überhaupt was schreib ;).

Simon
 
Und da haben wirs! Eigentlich war das schon länger fertig, aber ich wusste nicht, ob ich nur zwei weitere Seiten oder so weiterschreibe und alles in der Stadt damit erledigt habe...

Haha, natürlich sind daraus sieben geworden, also ist das nächste tatsächlich auch schon fertig. Hurra!

Viel Spaß mit dem zunächst :).

Simon
 
Kapitel 16 – Harrogaths Verluste



Deckard Cain betritt raschen Schrittes die Schankstube. "Wie lange habe ich geschlafen?", fragt er knapp.
"Nur etwas mehr als zwei Stunden", höre ich mich sagen. Der Zweite hat übernommen, während ich immer noch nicht klar denken kann – oder weiß, was ich überhaupt denken sollen. Der Meister hat sich von mir verabschiedet. Als er den Helm aufgesetzt hat, ist er zu jemanden geworden, der nichts mehr mit dem zu tun hat, den ich so lange kannte. Ich habe es schon länger geahnt, je mehr er sich in das Sammeln der Teile des Trang-Oul Sets gesteigert hat, aber ich wollte es nicht wahrhaben.
Jetzt weiß ich, dass er es selbst bemerkt hat, diese Veränderung, die in ihm vorging – und er hat sie ignoriert. Oder will ich nicht lieber denken, dass er es in Kauf genommen hat, ein Opfer gebracht? Wie seine jetzt verkrüppelten Hände. Kann man so etwas wirklich zur Seite wischen, als wäre es völlig egal? Nur im Namen der Funktion? Es ist immer die Mission, immer nur die Mission...und was ist mit dem Menschen dahinter? Muss er denn sterben, um zu dem Helden zu werden, den wir brauchen?
So ist mir dann doch klar, was der eigentliche Gedanke sein muss, und welche Frage beantwortet werden muss: Ist er wirklich für immer verloren, oder kann ich ihn zurückholen? Bekomme ich den alten General, meinen Freund, aus der Hülle dieses abartigen Seelengefängnisses heraus, oder wird er immer weiter erdrückt werden, bis es zu spät ist?
"Dann ist wenigstens nicht zu viel Zeit verloren gegangen", brummt Deckard. Ha, welch Ironie. Ich will herausschreien, wie verrückt alles geworden ist – diese Stunde, die vielleicht für die Mission zu verschmerzen war, aber den Meister so viel gekostet hat, weil wir die Handschuhe gewonnen haben.
Kannst du mir dein Melodrama endlich mal ersparen? Falls es dir nicht aufgefallen ist, diese Handschuhe haben es ihm erlaubt, mit einer einzigen Attacke Azmodan selbst auszuschalten und damit Belial in der Hölle garantiert ebenfalls Probleme zu bereiten. Das ist ein voller Erfolg, und alles andere ist die ekelhafteste Schwarzmalerei von deiner Seite. Warst du nicht der von uns beiden, der immer so vor Optimismus getrieft hat?
Er hat sich...verabschiedet...
"Und ein wenig gewonnen habe ich auch. Rufst du nun Tyrael?"
Deckard hebt eine Augenbraue. "Plötzlich so forsch, junger Freund? Aber natürlich freue ich mich, dass Ihr bereit seid, nun schnellstmöglich zu handeln. Tyrael habe ich noch informiert, bevor..."
Plötzlich ist der Raum von Licht erfüllt, weit heller, als die Reflexion der Wüstensonne auf dem weißesten Sand es je zustande bringen könnte. Dennoch blendet es nicht. Im Zentrum dieser Explosion an dem Gegenteil aller Farben schwebt der Erzengel über dem Boden, das Gesicht unsichtbar, im Schatten hinter seiner Kapuze; es versetzt mir einen kurzen Stich durch die Körpermitte, als ich erkenne, dass es hinter dem lose fallenden braunen, so bescheiden und deswegen so unpassendem Stoff, genauso aussieht wie hinter den Augenhöhlen des Schädels, den der Meister trägt.
Persönlichkeitslose Schwärze. Die hell strahlend goldene Rüstung des Engels und die dunkelgoldene des Menschen täuschen beide. Ich mochte Tyrael noch nie, geschweige denn habe ich ihm vertraut, aber jetzt packt mich ein fürchterliches Gefühl; und weil ich gerade, wohl immer noch im Schockzustand, in messerscharfer, abgehobener Klarheit denke, weiß ich auch, wie dieses Gefühl zu nennen ist: Paranoia. Wenn mein eigener Meister sich selbst verrät...wem kann ich denn dann noch trauen?
Mir, natürlich.
Diese Gedanken waren nicht für dich bestimmt! Halt dich aus meinem Kopf raus!
Dafür ist es ein klein wenig zu spät, nicht wahr?
Aber...ich konnte dich doch immer ausschließen...
Ein Rasseln wie von Ketten an den Geistern verhungerter Gefangener erklingt; der Meister klatscht träge in die behandschuhten Hände. "Ein schöner Auftritt, Tyrael. Aber übertreibst du nicht ein wenig? Was sollen die Leute denken?"
Mein Auge für Details stellt kühl fest, dass draußen auf der Straße niemand das Leuchtfeuer an zur Schau gestellter Heiligkeit in der Taverne zu bemerken scheint.
Der Erzengel ignoriert die Frage. "General. Ich bin froh, dass Ihr zugestimmt habt, Euch erneut mit mir zu treffen. Wie Euch Deckard Cain sicher mitgeteilt hat, möchte ich mich in aller Form für mein vergangenes Verhalten entschuldigen. Als Geste guten Willens werde ich Euch weitere Gespräche mit dem Totenbeschwörer Tenarion ermöglichen, gerne sofort, und Euch so gut auf Euerem weiteren Weg unterstützen, wie es mir möglich ist."
Das...hat er schön gesagt. Ich weiß nicht, ob er das vorher mit Deckard einstudiert hat, aber selbst wenn...die scharfen Kanten meines Misstrauens bröckeln etwas.
Jetzt lässt du dich auf einmal einlullen? Du bist wirklich komplett durch den Wind, oder?
"Also nicht wirklich, oder? Bis jetzt warst du ja auch nur eine eher periphere Hilfe. Aber gut, zumindest die schnelle Reise nach Harrogath ist deutlich mehr wert als alles, was du sonst für uns getan hast. Ich nehme dieses Angebot an. Gerne, wie du sagtest, sofort."
Er steht auf.
"Und was ist mit Tenarion?", werfe ich hastig ein, bevor Tyrael einen Kommentar zu der Unverschämtheit des Meisters machen kann.
"Weißt du, Dorelem, ich glaube einfach, dass er mir nicht mehr besonders helfen kann – hat er nicht selbst des Öfteren gesagt, dass ich ihn schon vor den ganzen Ereignissen der letzten Monate deutlich an Stärke übertroffen hatte? Nein, wir müssen das nicht mehr herauszögern. Deckard hat ja ganz Recht. Mein Weg führt nach Norden, und der meines Dolches in das Herz von Baal."
Eisige Stille nach gleichwarmer Rede. Dann breitet Tyrael die Arme aus, hinter denen die Tentakel-artigen Lichtflügel träge dahinwabern. "So müssen wir denn nicht warten. Ihr seid wirklich bereit für die Reise?"
"Ja."
Tyrael winkt mit einer Hand, und ein rotes Portal erscheint im Raum. Sofort wird es merklich kälter.
"Dahinter liegt Harrogath, die letzte und dennoch schon verlorene Bastion der Menschheit."
"Es ist doch immer schön, etwas zu tun zu haben", sagt der Meister trocken.
Für einen winzigen Moment zögert er, bevor er hindurchschreitet. Atma steht am Fuß der Treppe; seine Ersatzmutter umklammert das Geschenk, das er ihr gegeben hat, den unendlichen Milchsack, als wäre es ein geliebtes Kleinkind. Die Blicke von Mutter und Sohn treffen sich für diesen wortwörtlichen Augenblick des Zögerns. Was sieht sie hinter seinen schwarzen Augenhöhlen? Den Grund, weswegen sie kein Wort herausbringt, als sie den Mund öffnet zum Abschied, schwach die Hand hebt? Oder einen Grund, es zumindest zu versuchen, obwohl er nichts sagt?
Wir sind am anderen Ende der Welt, ein Golem, der sich so schwach und verletzlich, ja, verletzt fühlt wie selten zuvor, und darum irgendwie auch unglaublich menschlich; eine Armee stummer Skelette; ein ebenfalls deutlich stiller gewordener Horadrim-Weiser, der Wohlmeinendste von uns allen; und zuletzt der Held, der seine Menschlichkeit immer seiner Aufgabe untergeordnet hat...

Das ist also Harrogath. Wir sind an einem relativ hohen Punkt durch das Portal gekommen, sodass ich einen recht guten Überblick habe. Das Städtchen besteht aus genug Häusern für etwa tausend Menschen, einem kleinen Markt mit dem einzigen offenerem Platz, ansonsten ist alles sehr kompakt, und einer hohen Mauer um jedes Gebäude. Diese sind größtenteils gedrungen, mit Ausnahme von einigen Türmen, die von innen über die Befestigungen blicken. Auf einen Blick zu erkennen ist, dass sie von außerordentlicher Qualität sind – sie wirken exakt so undurchdringlich, wie sie vermutlich auch sind. Wie die Wohnhäuser selbst: grober Stein, aber perfekt verfugt, wenig Holz, feuersicher – kein Schmuck, kein Verputz, die Form folgt der Funktion. Mit einem Wort: Eine Festung. Ich sehe Menschen auf der Straße, auffallend wenig Männer, aber die Frauen sehen nicht weniger zäh aus. Ein kantiges und hartes Volk, zumindest hier, direkt unter dem heiligen Berg Arreat...
Mein Blick wandert nach oben. Dort thront er, ein gewaltiges Gebirgsmassiv, etwas, das ich so noch nie gesehen habe. Es sollte mich also mehr beeindrucken, aber irgendwie wirkt es dafür zu...bekannt?
Schnell durchforste ich meine Erinnerungen, da stoße ich darauf – oder hat mir der Zweite nachgeholfen? In dieser fürchterlichen Episode aus seinem Leben, die er mir aufgezwungen hat, als er für eine Weile die Kontrolle übernommen hatte, um mich mit den Bildern zu foltern...als er die Frau eines der Gegner seines Meisters brutal ermordete, und nur ganz knapp nicht auch noch ihre Kinder mit meuchelte...
Am Horizont, was ich damals vor lauter Schock gar nicht registriert hatte, der Arreat.
"Bei Bul-Kathos' Schwertern! Deckard Cain."
Von hinter dem Portal ist eine Frau hergeeilt. Sie ist alt, sicherlich über siebzig Jahre. Dennoch ist das einzige Zeichen von Schwäche in ihrer Haltung, dass sie leicht vorgebeugt dasteht. Die weißen und braunen Roben, die sie trägt, wirken nicht besonders gut geeignet, die Kälte zurückzuhalten, aber kein Zittern ist in ihren greisen Händen. Ihre farbfreien Haare sind in einem strengen Dutt zusammengehalten, der zu ihrem Ausdruck passt: in Falten des Alters mischen sich eindeutig solche der Sorgen, und ihre grünen Augen wirken unglaublich müde. Als sie den Namen des Horadrim-Weisen ausspricht, leuchten sie jedoch für einen Moment auf; Hoffnung und...noch etwas anderes?
"Malah. Es ist mir die höchste Freude, dich wieder und wohl zu sehen."
"Wohl? Nicht im geringsten. Schon gar nicht, wenn ich höre, dass du immer noch unnötig geschwollen daher redest. Wie lange ist es her, dass du damit angefangen hast, und wie lange habe ich dir schon gesagt, du sollst dir den Unfug sparen?"
Malahs raue Stimme ist steinhart wie der Rest von ihr, aber trotz ihrer jetzt fast aufrechten Haltung, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, geht die Milde darin nicht vollkommen unter. Deckard lächelt ein warmes Lächeln.
"Viel zu lange, Mädchen", gibt er zurück, und dann umarmen sich die beiden alten Menschen. Er keucht etwas. Nach dieser herzlichen, aber knappen Geste trennen sie sich schnell wieder; der Weise ist fast gleich groß wie die Barbarin, und Deckard ist kein kleiner Mann, zumal er immer noch sehr aufrecht geht.
Etwas peinlich langgezogenes Schweigen kommt auf. Es ist offensichtlich, dass Malah und Deckard sich schon sehr lange kennen; wer weiß, warum sie nicht sofort mehr Worte füreinander finden? Der Meister gibt sich derweil zufrieden damit, die Augen über die Dächer der Stadt schweifen zu lassen; ab und an bleibt er an einem kleinen Detail hängen. Ich folge seinem Blick; da! Dieses Haus scheint eingestürzt, fast hätte ich es übersehen. Die Rauchsäule da hinten...sie kommt nicht aus einem Kamin. Und ist die Stadtmauer in Richtung Norden...?
Plötzlich donnert ein Projektil gegen die hohe Mauer, lässt Steine absplittern in einer Explosion aus leuchtendem Feuer. Die Flammen zischen noch lange nach, während der Schnee darauf fällt, ohne Hoffnung auf schnelles Löschen. Ein weiteres Geschoss fliegt auf die Mauer zu, etwas höher gezielt; es prallt an der Innenseite ab, rollt nach unten, eine grüne Kugel; beim Aufprall auf den Boden wird eine Giftwolke frei, sie füllt die Gasse zwischen Häusern und Mauer. Kein Rauch aus diesen Kaminen, kein Feuerschein hinter den Fenstern...in weiser Voraussicht befindet sich dort niemand, und kein Bewohner betritt noch den Weg, wo das Geschoss gelandet ist. Verteidiger laufen jetzt auf den Rand der Mauer, begutachten den Schaden; schnell, bevor ein weiterer Schuss abgefeuert wird, beschließen sie, dass die Barrikade hält – noch – und verschwinden wieder in Sicherheit. Die meisten von ihnen sind noch sehr jung.
"Ihr seid schwer in Bedrängnis", stellt Deckard schließlich fest. "Wie lange werdet ihr noch aushalten?"
"Bis die Welt stirbt. Harrogath wird nicht fallen. Aber das ist nicht das Problem, nicht wahr?"
"Nein. Ist es nicht."
"Du wirst bemerkt haben, von welcher Seite die Angriffe kommen."
Cain wird bleich. "Von den Bergflanken."
"Genau, Deckard", sagt Malah, mit Verachtung und Enttäuschung im Ausdruck. "Baal hat längst gesiegt. Wir konnten ihn nicht aufhalten. Wochenlang sah es so aus, als ob wir bestehen könnten, auch ohne Hilfe. Alle waren zu stolz, um um Hilfe zu bitten. Aber ich wusste, dass wir nicht gewinnen konnten. Ich nutzte Wissen, das du mir vor so langer Zeit verraten hast, kontaktierte Tyrael. Er versprach, für Unterstützung zu sorgen. Ist sie das? Dieser...dieser eine Mensch und diese Dinger?"
Vielleicht meint sie nur die Skelette...nein, natürlich nicht. Aber was soll ich mich beschweren, diese erste Reaktion auf mich ist zumindest nachvollziehbar. Nein, ich werde ihr nicht böse sein, bevor sie mich näher kennen gelernt hat. Vorverurteilen tun die anderen.
"Es sieht ganz danach aus. Es ist mir eine Freude, Eure Bekanntschaft zu machen, Malah. Man nennt mich den General. Mögen Euer Herd mit Wärme und Eure Familie mit Stolz erfüllt sein."
Oh, sind wir heute aber formell.
Ist das eine klassische Begrüßung, oder wie?
Sie runzelt kurz die Stirn, dann seufzt sie. "Und Euer Feuer ewig leuchten und...deine Familie...irgendetwas mit Ehre? Junge, ich bin wirklich zu müde, um hier um den heißen Brei herumzureden. Wer bist du, und warum hat man dich geschickt?"
"Ich bin der, der Mephisto und Diablo besiegt hat. Ich werde auch Baal besiegen."
"Du, ganz allein?", fragt Malah ungläubig. Deckard nickt bedächtig. "Er, ganz allein. Malah, ich habe vollstes Vertrauen in seine Fähigkeiten."
"Das ist natürlich wunderbar." Ihre Stimme verrät, dass sie das überhaupt nicht wunderbar findet. "Aber, und die Frage erlaube ich mir jetzt, warum kommt er erst jetzt? Tyrael ist ein Erzengel! Das ist ein einziger Mensch! Er hätte ihn doch längst holen können, und nicht volle fünf Tage, nachdem ich in höchster Verzweiflung um Hilfe gebeten habe!"
"Es war... etwas komplizierter", versucht Deckard lahm zu beschwichtigen, aber Malah ist längst nicht fertig.
"Zwei weitere Tage haben wir durchgehalten, Deckard. Stets in der Hoffnung, dass der Rest der Welt von unserer schrecklichen Lage erfährt, denn ein Erzengel weiß ja Bescheid, und er hat versprochen, dich sofort zu alarmieren, und du kennst jeden Herrscher der Welt persönlich!"
Himmel, ist sie wütend. Wenn ich jetzt bedenke, dass der Meister meinte, es kann ja nicht so unglaublich eilen, und ein halber Tag Verspätung ist kein Problem...ich verstehe jetzt auch, warum Deckard so frustriert war, dass er uns so lange nicht gefunden hat. Was denkt der Meister darüber? Keine Ahnung – hinter den schwarzen Augenhöhlen ist sein Ausdruck unlesbar.
"Malah...ich will nicht sagen, dass Tyrael, ich, oder sonstwer alles richtig gemacht haben. Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Mephisto und Diablo haben ihr Bestes getan, um die Welt ins Chaos zu stürzen, in der kurzen Zeit, die sie frei waren – die Herrscher dieser Welt sind mit sich selbst beschäftigt. Waren sie viel zu sehr, bevor dieser ganze Wahnsinn begonnen hat, um etwas dagegen unternehmen zu können, und sind es jetzt mehr denn je. Oder tot. Kehjistan ist in weiten Teilen verwüstet, überall wo Diablos Weg hindurchführte. Lut Gholein ist politisch instabiler, als es je war, mit einem Jerhyn an der Spitze, der nicht einmal mehr in seinem eigenen Palast wirkliche Macht inne hält. Kurast ist weg. Die Stadt ist vom Erdboden verschwunden, Malah. Ich weiß, dass ihr es auch nicht leicht hattet, aber bitte, versteh auch ein wenig den Ernst der Lage anderer."
Da ist er aber sehr großzügig dem Meister gegenüber – immerhin ist der ganz und gar nicht unschuldig daran, dass es so lange gedauert hat...
Malah schließt die Augen und strafft sich. Dann flüstert sie: "Weißt du, was hier vor drei Tagen passiert ist?"
Deckard gibt ihr keine Antwort, und nach kurzer Zeit redet sie tonlos weiter. "Die Ältesten hatten einen magischen Schutzschild gegen Baals Angriffe aufgebaut. Wie geplant, war er ausgezeichnet geeignet, der Macht der Dämonenarmee zu widerstehen. Sie mussten sich auf ihre Armee verlassen, und es war eine gewaltige Menge, aber wir waren ihnen gewachsen. Harrogath hat sich seit Jahrhunderten auf so einen Angriff vorbereitet. Es sah so aus, als könnten wir Monate aushalten. Fast dachte ich, meine Sorgen wären unbegründet.
Und dann versagte der Schild. Es gab eine Rückkopplung."
Deckard streckt den Arm aus, hält aber inne, bevor er ihre Schulter berührt. "Sag mir nicht, dass Aust..."
Malahs Stimme bricht. "Bis auf einen sind alle..."
Der Horadrim-Weise lässt den Arm sinken, hilflos.
Heiser fährt Malah fort. "Nachdem die Barriere gebrochen war, regneten die Katapulte die Hölle auf uns nieder. Ihre magischen Geschosse haben die Häuser größtenteils intakt gelassen, aber uns so viele Leben gekostet. Die von uns, die verschont geblieben sind, haben sich zurückgezogen, auf den Angriff gewartet...aber er kam nicht. Stattdessen sind die Dämonen über die Bergflanken gezogen, haben die Stadt ignoriert – wohl wissend, dass wir sie im Häuserkampf aufgerieben hätten. Jetzt stehen ihre Katapulte auf dem Vorgebirge, sie haben den ganzen Berg befestigt..."
"Das verstehe ich nicht ganz", meldet sich auf einmal der Meister. "Sie haben die ganze Armee über den Pass geschafft, weil Harrogath den direkten Weg blockiert – wozu? Sie hätten die Stadt genauso von Süden aus bombardieren können."
"Baal will nicht, dass wir ihm folgen!", zischt Malah. "Jeder Krieger, der noch stehen kann, weiß, was unsere Aufgabe ist. Wir dürfen ihn nicht zum Weltstein gelangen lassen. Die Belagerungsarmee will ihm den Rücken freihalten, nichts weiter. Ob wir fallen oder nicht, ist für ihn doch völlig egal. Also müssen wir sie schlagen, koste es, was es wolle. Ihre Katapulte vernichten, seine Truppen vernichten, den Arreat erklimmen und ihn daran hindern, den Weltsteinturm zu erreichen. Sicher arbeitet er bereits daran, das Siegel der Urahnen zu brechen. Das darf nicht geschehen! Koste es, was es wolle..."
Mit Bestürzung blickt Deckard sie an, hat die Verzweiflung aus ihrem Tonfall gehört. Sie beißt die Zähne zusammen.
"Ja, auch Bannuk."
"Malah..."
"Ich will nichts hören, Deckard!", schnappt sie. "Ich bin so stolz auf meinen Sohn. Er hat sich der unmöglichen Aufgabe gestellt, diese Dämonen vom heiligen Boden zu entfernen, und er hat so viele von ihnen mitgenommen wie wenige andere. Wenn es sein muss, nehme ich selbst ein Schwert, eine Axt, einen verdammten Hammer in die Hand und jage sie zur Hölle. Bis der letzte von uns sein Blut auf den Hochlanden vergossen hat werden wir kämpfen!"
Ihre Augen sind trocken. In ihnen lodert ein Feuer, eine Leidenschaft, die ich bewundere. Die letzten Minuten hat Deckard immer betretener, voller Scham zu Boden gesehen. Jetzt lässt er sich auch anstecken. Erwidert ihren Blick. Und diesmal schafft er es, sie zu berühren, und sie akzeptiert seine feste Umarmung, in der er nicht keucht.
"Wir werden dafür sorgen, dass all die Opfer nicht umsonst waren, Malah. Das verspreche ich dir."
"Wenigstens weiß ich, dass ich dir mehr vertrauen kann als dem Engel, alter Narr", haucht sie. Dann löst sie sich wieder, sieht den Meister an. "Was ist also mit dir? Willst du auch gegen diese Monster kämpfen, deinen Beitrag leisten?"
"Ich werde keinen 'Beitrag' leisten. Ich werde den Berg besteigen und Baal vernichten", erklärt der Meister ruhig.
Die alte Frau schnaubt. "Ha! Wir planen für morgen einen Ausfall. Rede mit Qua-Kehk, unserem Truppenführer. Vielleicht erlaubt er dir, mit zu kämpfen. Aber du wirst schon sehr überzeugend sein müssen. Niemand hier wird Hilfe von außen annehmen, zumindest nicht offen."
"Für wann ist dieser Ausfall angesetzt?", fragt der Meister.
"Eine Stunde nach der Dämmerung, wenn die aufgehende Sonne schon etwas nach Süden gewandert ist und damit die Angreifer blendet."
"Wunderbar. Dann brauche ich bis morgen natürlich eine Bleibe."
"Das werden wir hinbekommen", sagt Malah. Dann dreht sie sich zu dem Gebäude hinter ihr und brüllt plötzlich gellend: "Anya!"
Kurz darauf tritt eine schwarzhaarige Frau aus dem steinernen Türrahmen. Sie hat das gleiche Grün wie Malah in ihren großen Augen, und auch ihre ähnlichen Gesichtszüge verraten die Verwandtschaft. Beide Barbarinnen haben das harte Kinn, das hier vorzuherrschen scheint, und wie gemeißelt wirkende Wangenknochen. Anya ist bei weitem nicht so drahtig wie Malah, aber nicht ansatzweise dick – nur breiter, Hüften wie Schultern. Die leichte Fülle lässt sie gesünder wirken, wobei auch bei ihr eine tiefliegende Trauer zu erkennen ist. Dennoch setzt sie ein fröhliches Lächeln auf, als sie uns sieht. "Was gibts, Mama?", fragt sie Malah, während sie ihre Hände an der groben Lederschürze abwischt, die sie trägt. Diese und ihre Unterarme bis zum Ellenbogen sind komplett blutverschmiert.
"Wie geht es Wulfgar?"
Anyas Lächeln wird noch etwas breiter. "Er kommt durch, da bin ich mir ganz sicher!"
"Großartig, Mädchen", sagt Malah, Erleichterung in der Stimme. "Dann solltest du Zeit haben, dich um unsere Überraschungsgäste zu kümmern. Kennst du Deckard noch?"
"Deckard? Tatsächlich! Ich glaub es ja nicht! Wie lange ist das jetzt her?", ruft Anya, streckt die Arme aus, aber überlegt es sich schnell anders, als sie ihre blutigen Hände sieht.
"Etwa sechzehn Jahre", antwortet der Horadrim-Weise. "Du warst bei meinem letzten Besuch nicht da."
Anyas Ausdruck wird leer, dann wendet sie ihren Blick hilfesuchend an Malah. "Als du beim Meister in Sescheron gelernt hast."
Deckard lächelt Anya wohlwollend an. "Dass du wieder zurück bist, heißt hoffentlich, dass deine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen ist?"
Sie strahlt. "Ja! Ich kann mein Talent endlich voll nutzen! Ist auch bitter nötig..."
Malah legt ihr eine Hand auf die Schulter. "Tochter, erzähl ihnen das auf dem Weg. Sie brauchen jeweils eine Unterkunft – findet sich schnell, leider – und du kannst ihnen auch die Stadt zeigen, was noch davon übrig ist. Ich kümmere mich weiter um unsere Tapferen."
"Alles klar! Na, dann kommt mal mit. Wer bist du eigentlich?", fragt sie den Meister.
"Ich bin der General. Wenn alles gut läuft, werde ich Baal für euch los."
"Ach wirklich? Das wäre fantastisch! Freut mich, dich kennen zu lernen!" Enthusiastisch streckt Anya ihre Hand aus. Hat sie das Blut schon wieder vergessen?
Ohne zu zögern schüttelt der Meister sie. "Ebenfalls."
Malahs Tochter blickt leicht geschockt, als sie ihren Fehler bemerkt, wischt sich die Hand etwas erfolglos an der hoffnungslos verdreckten Schürze, wird zerknirscht, als sie merkt, dass der Meister das auch falsch interpretieren könnte; schließlich zuckt sie verschämt die Schultern, und wendet sich mir zu. "Und du?"
Ich bin für einen Moment überrascht, dann verbeuge ich mich leicht. "Dorelem. Sehr erfreut."
"Ah, der kann ja reden! Neuestes Modell?"
"Guter Meister", sage ich, den Daumen auf eben jenen gerichtet. Sie kichert. "Das lässt ja hoffen!"
Die Frau ist mir sympathisch.
Ihr seid beide leicht dämlich, also wundert mich das nicht.
Nur, weil sie etwas tolpatschig ist?
Und "etwas" naiv, so wie es scheint.
Ja, das bin ich auch, aber gerne.
"Also, dann kommt mal mit", ruft Anya und geht los. Wir steigen eine Treppe herab, vor derem Fuß links ein Gebäude steht, und vor diesem ein Mann mit gewaltigen Muskeln. Er hämmert gerade auf ein rotglühendes Stück Metall ein. Sein Kopf ist fast komplett haarlos; das allerdings nicht absichtlich, wenn ich seine vielfach hässlich gerötete Haut richtig interpretiere. Der nackte Oberkörper glänzt im Feuerschein der Schmiede vor Schweiß, seine Zähne sind zusammengebissen; er muss aufgrund der Belagerung seit Tagen die ganze Zeit am Arbeiten sein.
"Ho, Larzuk!", ruft unsere Führerin. Er schmiedet einfach weiter, grunzt aber etwas Unverständliches zurück als Zeichen, dass er sie gehört hat. Für eine Weile stehen wir geduldig da, während er das aktuelle Eisen vollendet; der Meister blickt sich derweil mäßig interessiert die Reihen an Schwertern und Schilden, Rüstungen und Kettenhandschuhen an. Schließlich lässt Larzuk das heiße Metall zischend in einen Eimer fallen und wendet sich uns zu. "Hallo, Anya. Du willst deine Sachen abholen? Ich bring sie dir gleich."
"Ach, bist du schon fertig?"
"Seit Stunden. Wo warst du die ganze Zeit?" Sein Blick fällt auf ihre blutigen Arme. "Ah...Malah aushelfen? Das ist natürlich eine gute Entschuldigung."
Anya verzieht das Gesicht. "Danke für die Erinnerung." Sie deutet fragend auf den Eimer, den Larzuk gerade zum Kühlen des Metalls benutzt hat, und er nickt. Darin wäscht sie sich das Blut weg.
"Nicht besonders sauber", murmelt der Meister. "Tatsächlich Barbaren."
Ich zucke mit den Schultern. Während Anya sich notdürftig reinigt, spricht der Schmied den Meister an: "Und du bist?"
"Das sind der General und Dorelem", antwortet Anya für uns. "Sie wollen was gegen die Belagerung unternehmen!"
"Was? Die ganz allein?"
"Das zu hören langweilt mich langsam...", wirft der Meister ein. Anya kichert und geht in das Lager der Schmiede.
Larzuk schnaubt. "Na ja, schaden werdet ihr sicher nicht. Braucht ihr irgendwelche Waffen? Rüstung? Wenn ja, könnt ihr es bezahlen? Alles hier ist für unsere Krieger reserviert. Aber ich mache eine Ausnahme, wenn es mir Material verschafft."
"Eigentlich...", beginnt der Meister, dann sieht er, wie Anya mit einem gewaltigen Stapel wacklig balancierter Ausrüstung zurückkommt und unterbricht sich. "Darf ich fragen, was du damit vorhast, Anya?"
"Ich verstärke es durch...hoppla..." Fast fällt ihr eine Axt auf den Fuß, aber sie fängt sie gerade noch ab. Ich trete hinzu und nehme ihr wortlos etwas ab. "Danke! Verstärke durch Verzauberungen. Mama hat ein Talent fürs Heilen, aber ich bin eher aufs Grobe veranlagt. Wenn man Magie überhaupt so nennen kann, ha! Äh, gibt es noch was zu bereden hier oder können wir weiter gehen?"
Der Meister reibt sich das Kinn, wirft mir einen seltsam langen Blick zu, dann sagt er: "Ja. Aber vielleicht komme ich noch auf euch beide zurück."
Harrogath ist wenig größer als ein Dorf, jedoch deutlich imposanter aufgrund der Befestigung – und der hoch aufragenden Bergflanken des Passes, den es eigentlich blockieren soll. So gehen wir von Larzuks Schmiede aus nur eine etwas breitere Straße entlang und dann links, um innerhalb von nur wenigen Minuten Anyas Haus zu erreichen. Sie hat mehrere Stände davor aufgebaut, auf die sie das von Larzuk erhaltene Rüstzeug jetzt verteilt. "So. Die bearbeite ich später, dauert zum Glück nicht so lange wie das Schmieden, darum kann ich Mama mit den Verwundeten helfen. Oder euch etwas rumführen, schätze ich. Suchen wir als nächstes mal nach einer Unterkunft..."
Sie kratzt sich am Kopf, dann zuckt sie mit den Schultern. "Warum nicht, das spart Arbeit. Hier entlang..."
Die Hütte, zu der sie uns führt, ist für Harrogather Verhältnisse recht imposant. Neben der Tür sind sogar grobe Holzstatuen aufgestellt, recht hässliche Totems, aber sicher den Barbaren sehr wichtig. Im Halbdunkel des Innenraums – die Fenster sind eng, damit sie sich gut mit Holzläden verschließen lassen – sehe ich, dass die relative Größe des Gebäudes daher rührt, dass es ein weiteres halbes Stockwerk über dem auf Bodenniveau besitzt, ein Holzboden in etwa zwei Metern Höhe, erreichbar über eine Leiter.
"Hier willst du uns unterbringen?", frage ich etwas ungläubig. Sie wirkt verletzt, deswegen rede ich schnell weiter. "Ich meine, das ist ja ein wirklich tolles Haus! Eines der schönsten hier!"
Ich spüre den verärgerten Blick des Meisters geradezu, aber das ist mir nicht so wichtig im Moment – Anya wirkt beruhigt. "Hat es auch jedes Recht zu sein! Es ist...oder besser war...das meines Bruders."
Bestürzt halte ich mir die Hand vor den Mund. "Oh Himmel, das tut mir Leid."
"Bannuk ist gut gestorben", sagt sie tapfer, aber ich höre den Schmerz aus ihrer Stimme. "So oder so hat es keinen Sinn, seinen Herd kalt zu lassen. Und da es ohnehin schon für einen Gast bereitet war..."
Jetzt ist es die Stimme des Meisters, die bemüht emotionslos ist. "Welcher Gast denn?"
"Eine Frau namens Natalya", erklärt Anya unschuldig. Ich halte innerlich den Atem an. "Wir dachten die ganze Zeit, sie wäre nur eine harmlose Botschafterin aus dem Osten, bis sie nach dem Fall des Schutzzaubers auf einmal erklärt hat, dass sie in Wirklichkeit eine Assassine ist! Sie hatte zumindest eine ähnlich beeindruckende Rüstung wie du, General, also haben wir sie gerne mitkämpfen lassen. Was sie wirklich gut gemacht hat! Bis sie...allein zurückgekommen ist, nur mit der Nachricht von Bannuks Tod."
"Und was hat sie dann getan?", presst der Meister hervor.
Anyas Gesicht nimmt einen seltsamen Ausdruck an. Wundert sie sich über die Frage, ist sie verletzt, dass der Meister den Tod ihres Bruders ignoriert? "Sie ist einfach verschwunden", sagt sie dann.
Lüge.
Sicher?
Wie Lettern auf Pergament, würde ich sagen, wenn die hier oben wüssten, wie man schreibt.
"Wann?", fordert der Meister halb verzweifelt.
"Äh...vorgestern?", sagt Anya unsicher.
Die behandschuhten Fäuste des Meisters zittern, so fest ballt er sie zusammen. Sein Mund ist eine Grimasse des Schmerzes. So knapp...
Bist du dir sicher, dass es nur das ist, oder auch der Umstand, dass sie offenbar die ganze Zeit, wo sie hier war, im Haus eines starken Barbarenkriegers übernachtet hat?
Meinst du wirklich...
Ich meine hier überhaupt nichts, wichtig ist, was er meint. Oder...eigentlich nicht. Mir zumindest nicht.
"Kanntest du sie denn, General?", versucht es Anya. Der Meister starrt für einen langen Moment in die Ferne.
"Ja. Wenn ich mich beeile, dann...", sagt er schließlich. Sein Gegenüber macht einen Schritt nach vorne und streckt die Hand aus, aber bevor wir herausfinden, was sie vorhat, redet der Meister weiter. "Zunächst muss ich hier ankommen. Dorelem, wärst du so gut, unsere Sachen zu holen? Die Truhe ist ja noch in Lut Gholein, wehe, Tyrael hat sein blödes Portal geschlossen..."
"Wir sind an einem Wegpunkt vorbeigekommen", biete ich an. "Den kann Deckard sicher aktivieren, wenn das Federhirn wieder nicht an uns gedacht hat."
"Gut, gut...", winkt er mich hinaus. "Also, Anya, wo finde ich alles?", höre ich ihn dann noch sagen, bevor ich aus dem Haus bin, und ich habe gerade keine Lust, mein Hörvermögen anzustrengen, um mehr mitzubekommen. Natalya...sie war hier...wenn wir nicht nach diesen verfluchten Setteilen gesucht hätten...verdammt! Hoffentlich tut es dem Meister so Leid wie mir! Hoffentlich bittet er Larzuk darum, sie zu Staub zu zermahlen!
 
:top:
tolles Kapitel, danke :) und endlich wieder was von natalya, bin schon gespannt wie das wiedersehen aussehen wird^^
 
sehr schönes kapitel.
baust du eigentlich nihlathak ein? der ist mir auch immer wie ein Necro vorgekommen, zumindest sah der so aus und konnte die explosion. das könnte in der stadt ein spannendes treffen sein.
 
ich nehme an, dass anya irgendwie über nihlatak weiß, dass golems bewusstsein haben. ist ja nicht soo unwahrscheinlich, dass der selber mal einen hatte/ noch hat, wenn er selber ein nec ist (womit du afaik recht hast).
oder natürlich das war natalya, die von ihren abenteuern mit dem general und dorelem erzählt hat, aber die war ja immer recht verschwiegen damit, von früheren abenteuern zu erzählen und sowas wie 'ich hab schon viel von dir/euch gehört' hat keiner zum general gesagt
 
Ich werd euch nicht zu viel verraten, gerade, was eure Spekulationen angeht, aber ihr könnt davon ausgehen, dass Nille eine prominente Rolle spielen wird ;). Er war einer der schwersten Charaktere zu schreiben bisher, aber ich glaub, dass ich die richtige Richtung für ihn eingeschlagen hab. Seht ihr dann nächstes Mal!

Simon
 
Ich nehme an, die Hoffnung, das heute noch was kommt wird zerschlagen hm? :D

ich nehme an, dass anya irgendwie über nihlatak weiß, dass golems bewusstsein haben. ist ja nicht soo unwahrscheinlich, dass der selber mal einen hatte/ noch hat, wenn er selber ein nec ist (womit du afaik recht hast).
oder natürlich das war natalya, die von ihren abenteuern mit dem general und dorelem erzählt hat, aber die war ja immer recht verschwiegen damit, von früheren abenteuern zu erzählen und sowas wie 'ich hab schon viel von dir/euch gehört' hat keiner zum general gesagt
das mal weiter gesponnen:
Ich schätze mal das er das letzte Trang Oul Setteil hat ... vielleicht auch schon etwas sehr viel länger ... und das dadurch der Seelenteil des Generals aus diesem schon etwas die Kontrolle über ihn übernommen hat
 
Wie sieht es denn mit einem Update aus? Wir waren alle sehr geduldig und brav^^ Ich wette du hast bestimmt schon wieder 2-3 Kapitel in der Hinterhand, hast aber nur drauf gewartet, dass wir nachhaken, nicht wahr? *nachhark*
 
Eins hab ich.

Denke, das kann ich euch geben...später heute, das erhöht die Vorfreude, ha!

Simon
 
Kapitel 17 – Kriegsunrat






Das Portal war tatsächlich noch offen. Ich fragte Malah, ob es in Ordnung sei, die Armee hindurch zu führen; trocken meinte sie darauf, dass wenn die Leute mich schon rumlaufen sähen, würden sie ein paar Skelette auch nicht mehr groß kümmern. So liefere ich jetzt also Skelette, Wächter, Magier und die Truhe mit dem Besitz des Meisters auf einmal ab.
Anya hat ihn offenbar schon verlassen. "Stell sie da hinten ab, Dorelem", weist mich der Meister an. Ich nicke. "Deckard richtet sich auch gerade irgendwo ein", informiere ich. "Komisch, dass er nicht das schöne Haus bekommen hat..."
Der Meister zuckt mit den Schultern.
Vielleicht darf Deckard ja bei Malah übernachten.
Was bringt dich denn darauf?
Egal.
"Jetzt ist das Portal übrigens zu", füge ich noch hinzu, während ich unser spärliches Gepäck verstaue. Der Meister prüft das Bett auf Bequemlichkeit; dass er das in voller Rüstung beurteilen kann...dennoch sehe ich in seiner Pose, zwischen die Kissen gefläzt, immer noch den viel zu jungen, viel zu naiven, aber so hoffnungsvollen Menschen, der mich damals mit größter Unsicherheit im Blick beschworen hat. Auf das surrealste zerstören die goldene Schädelmaske, die Schuppenrüstung, der Kettengurt und die Handschuhe über verbrannten Fingern das Bild. Hat er sie immer noch nicht ausgezogen? Ich frage ihn.
"Gleich, nachdem Anya gegangen ist, habe ich mich darum gekümmert. Meine Finger werden schon wieder."
"Solltest du das nicht einem Heiler überlassen?"
"Die haben hier wohl Besseres zu tun."
"Und warum lässt du uns nicht einmal einen Blick darauf werfen? Der Zweite kennt sich medizinisch ausgezeichnet aus. Hast du Angst, in weniger als voller Montur in meiner Gegenwart zu sein?"
Ich bilde mir ein, dass, wenn ich eine Chance haben will, ihn aus diesem goldenen Käfig zu befreien, ich es immer wieder versuchen muss. Er dreht sich zu mir, hat aber nur ein sardonisches Grinsen für die Frage übrig.
Da stupst der Zweite mich innerlich an, und ich hebe zwei Finger. "Was ist eigentlich mit dem letzten Teil, Meister? Spürt Ihr es nicht?", fragt er.
Das Lächeln verschwindet. "Trang-Ouls Flügel sind in der Nähe, Zweiter. Dessen bin ich mir sicher. Aber wo genau...ich kanns nicht sagen! Als ob etwas meine Sinne trübt!"
Der Zweite streicht sich über unser Feuerkinn. "Ich wünscht, ich könnte Euch da helfen. Nach dem bisherigen Muster...Bischibosch, Endugu und Kaa waren die ursprünglichen Träger ihrer Setteile. Samora, die damit nach Kehjistan ging, hat ihres offenbar vererbt, bis Blutrabe die Rüstung erhielt. Aber Borom? Er bekam den Schrumpkopf, weil er Barbar war und unter diesen – zumindest damals – Totems nicht weiter auffallen würden. Dass Ihr die Flügel hier spürt, bedeutet, dass Borom wohl nicht mit ihnen sein Heimatland verlassen hat. Aber ob er Samoras Weg ging und sie weitergab, oder ob er wieder die anderen drei zum Dämon wurde und es in dieser Form bewacht..."
"Mir wäre Zweiteres lieber", sagt der Meister nach kurzer Überlegung. "Wir marschieren ohnehin ab morgen diesen Berg voller Monster hoch – die Chancen stehen gut, dass eines von ihnen ein dämonischer Borom samt Trang-Ouls letztem Teil ist!"
Bevor ich meine Hoffnung, dass wir es nie finden werden, ausdrücken kann, springt der Meister auf. "Ausruhen kann ich mich, wenn ich tot bin! Lass uns mit diesem Qua-Kehk reden, damit wir morgen nicht zu spät kommen, wenn diese Narren sich die Köpfe an den Dämonen einrennen."
Wir gehen zunächst die paar Schritte zurück zu Anyas Haus, vor dem sie schon geschäftig Waffen und Rüstungen verzaubert; sie scheint nicht mehr zu tun, als jedes Teil für eine Weile in die Hand zu nehmen und es dann wieder hinzulegen, aber nach jedem von ihnen steht ihr mehr Schweiß auf der Stirn als Larzuk beim Schmieden.
Ich nehme das gerade bearbeitete Schwert in die Hand, wiege es und schwinge es probeweise ein paar Mal.
"Liegt gut in der Hand! Was kann es?"
"Keine Ahnung", grinst Anya. "Was denkst du? Ich muss hier so viel wie möglich schaffen, eine richtig saubere Waffe mit ausgewählten Eigenschaften geht nicht so auf ein paar Minuten. So kann ich die Rohlinge nur irgendwie besser machen, das Resultat ist reines Glücksspiel."
"Gib mal her", befiehlt der Meister. Ich reiche ihm die Klinge, er schwingt sie auch grob hin und her – und stößt sie mir plötzlich in den Bauch. Eisige Kälte breitet sich von der Spitze her aus, verästelter Schmerz wie brennende Blitze aus Frost, und ich keuche lungenlos.
"Was sollte das denn?", protestiere ich. Anya wirkt auch leicht frappiert.
"Hast du was gespürt?", fragt der Meister. Ich zische: "Ja! Einen Mückenstich!" Aber er scheint meinen Seitenhieb auf seinen alten Spitznamen nicht zu bemerken.
"...und es ist kälteverzaubert", füge ich knurrend hinzu.
"Na also, und ich würde schätzen, dass es den Träger etwas geschickter im Umgang macht. Da haben wir die Eigenschaften! Vielleicht kann Dorelem ja..."
Bevor ich lautstark protestieren kann, winkt Anya hastig ab. "Nein...das ist schon in Ordnung, danke. Ich werde später einfach Deckard bitten, sie zu identifizieren."
Mein Feuerauge funkelt den Meister wortlos an. Mir einfach so...
Hör auf zu weinen. Das geht viel schlimmer.
"In Ordnung, wegen Waffen bin ich ohnehin nicht gekommen", sagt der Meister unbekümmert. "Deine Mutter meine, ich sollte mich mit einem gewissen Qua-Kehk unterhalten..."
Anya beißt sich auf die Unterlippe. "Oh, ob du da nicht etwas ungünstig dran bist? Der müsste gerade Kriegsrat halten..." Sie unterbricht sich und winkt jemanden hinter uns zu. "Oder auch noch nicht!"
Der weißhaarige, alt und verbraucht wirkende Mann, der zu uns schlendert, wirkt so gar nicht barbarisch. Er ist groß, hager, blass und wenig muskulös; seine Nase hat einen deutlichen Haken, sein Kinn ist spitz, die Wangenknochen klar sichtbar unter eingefallener, faltiger Haut.
...unheimlich.
Was denn? Sein freundliches Lächeln?
Du hast gerade den Meister beschrieben.
Schnell überschlage ich noch einmal die Gesichtszüge, die mir gerade besonders aufgefallen sind. Tatsächlich...
Natürlich sieht der alte Mann in vielen Details anders aus; die langen Haare im strengen Pferdeschwanz, die für hier etwas opulent wirkenden schwarzen Roben mit Fellsaum, ein Luxus, den der Meister nie zur Schau getragen hat – und natürlich das beträchtlich höhere Alter...
...Moment. Dein oder mein Meister?
"Nihlathak, darf ich Euch den General vorstellen? General, Ältester Nihlathak", sagt Anya steif.
"Ah, ein Totenbeschwörer!", ruft der Älteste mit dünner, aber nicht unangenehmer Stimme. "Ich hatte Gerüchte über einen Krieger von fern gehört, der unseren Kampf gegen Baal unterstützen wollte, aber nichts über seine Profession. Sehr erfreut." Er schüttelt dem Meister die Hand, seine eigene in Schuhen aus dünnen weißem Leder.
"Ebenfalls", antwortet der Meister freundlich. "Ich muss sagen, den Empfang hier hatte ich mir schlimmer vorgestellt. Niemand scheint wirklich zu stören, dass ich den gesegneten Fluch besitze."
"Wir haben gerade wenig Zeit für Vorurteile", sagt Nihlathak, sein Lächeln verschwunden. "Apropos...gab es etwas, über das Ihr mit mir reden wolltet, werte Anya? Ich wollte mich nur kurz vorstellen, bin auf dem Weg, um mich beim Kriegsrat zu beteiligen."
"Genau darum ging es mir, Ältester – meine Mutter schlug dem General ein Treffen mit Qua-Kehk wegen morgen vor, da dachte ich, er könnte vielleicht gleich mitkommen?"
"Deine arme Mutter...", seufzt Nihlathak. Anyas Miene wird schmerzerfüllt, aber der Älteste spricht weiter. "Ich kenne ihr Leid ja aus erster Hand, und jeder kennt unsere Lage. Dennoch...ist sie wirklich verzweifelt genug, einem komplett Fremden sofort Zutritt zu einer so wichtigen Besprechung zu gewähren?"
Die Magieschmiedin versteift sich. "Das...war meine Idee."
"Ach so!" Nihlathak lächelt den Meister an. "Nichts für Ungut. Du vertraust ihm also, Anya?"
"Deckard Cain hat ihn geschickt", erklärt sie mit fester Stimme, als ob das eigentlich alles sagen würde – und das stimmt ja auch.
"Das ist natürlich ein Argument. Aber selbstverständlich, Anya..." – der Älteste legt ihr väterlich die Hand auf die Schulter – "...wäre ich deinem Wunsch ohnehin nachgekommen. Du hast durch schon zwei fehlgefasste Pläne Vater und Bruder verloren, und doch nie die Hoffnung aufgegeben – das ist bewundernswert, wirklich. Und dieser Plan, wenn ich mir den Burschen so ansehe – wer weiß? Kommt mit mir, General. Ich werde Euch Zutritt verschaffen."
"Wunderbar!", ruft der Meister, aber er legt wenig Emotion in den Ausruf. Ist er, wie ich, nur leicht verwirrt? Oder, wie Anya ins Gesicht geschrieben steht, verletzt?
Wir folgen dem alten Mann. Anya packt sofort die nächste Waffe und stürzt sich in die Arbeit.
Ja, nicht besonders taktvoll von dem Greis, seine Finger so in ihre frischen Wunden zu legen. Wird er schon senil, dass er das nicht merkt?
Ich weiß nicht...er schien es zumindest nett genug zu meinen. Und immerhin hilft er uns, also will ich mal nicht so sein...
"Wenn Ihr mir eine Frage gestattet, Ältester: Verirren sich denn ab und an Totenbeschwörer in diese doch etwas abgelegene Ecke der Welt? Ihr hattet keine Probleme, mich auf einen Blick richtig einzuordnen", beginnt der Meister auf dem Weg ein Gespräch.
"Ach, dafür genügte eigentlich ein Blick auf Euren Golem. Ein ganz wundersames Konstrukt, wie das Feuer in diese Gestalt gezwungen wird – fantastisch! Viel Gelegenheit, solche Magie mit eigenen Augen zu sehen hatte ich in der Tat allerdings noch nicht, wobei ich mir doch einbilde, als Ältester etwas weltoffener zu sein als manche hier. Aber bitte, spart Euch ruhig den Titel."
"Leider ist der meine ein Name, also kann ich den Gefallen nicht zurückgeben, Nihlathak. Auch für die Unterstützung stehe ich in Eurer Schuld."
Der ist aber freundlich.
Schadet ja wirklich nicht, sich bei einem der Mächtigen etwas einzuschmeicheln, oder? Der Rat der Ältesten hat in jeder größeren Barbarensiedlung Entscheidungshoheit über alles, was nicht direkt den Krieg betrifft – und man hört ihnen auch in diesen Dingen sehr gerne zu, war doch quasi jeder männliche und auch viele weibliche Barbaren einmal selbst Krieger.
Mich wundert nur, dass er anscheinend doch ganz leicht seine Herablassung ablegen kann. Seit er den Helm trägt, ist das fast seine übliche Haltung geworden. Warum ist er nicht einmal zu uns freundlich?
Du hast schon ein hartes Leben. Oh warte!
Ach, fangen wir nicht wieder damit an...
"Wenn Ihr tatsächlich etwas gegen die Belagerung ausrichten könnt, wäre ich bereit, jegliche Schuld als beglichen zu betrachten, Junge", lacht Nihlathak. "Das wäre auch ein schönes Beispiel für manche unserer ungestümeren jungen Krieger. Ehre bedeutet nicht viel, wenn ein Pfeil das Ende ist! Mehr Rüstung sollten sie tragen, Ihr macht das genau richtig. Wer hat denn Euer herrliches Exemplar geschmiedet, wenn ich fragen darf?"
"Der Nekromant, dessen Erbe ich beschlossen habe, anzutreten", erklärt der Meister. Erst nach ein paar Sekunden wird Nihlathak klar, dass die Aussage endgültig war und er keine weiteren Details zu erwarten hat.
"...hoffentlich ein würdiges, General. Nun, wir sind bald in der Halle der Ältesten angekommen. Wobei wir sie umbenennen könnten", seufzt er tief.
"Wie geht Ihr mit der Bürde um, der letzte von ihnen zu sein?", fragt der Meister, was mich etwas kalt erwischt.
Zur Hölle, das kleine Detail hätte ich ja beinahe übersehen. Damit ist es ja noch viel wichtiger für den Meister, sich extrem gut mit ihm zu stellen!
Nihlathak wirft ihm einen unlesbaren Seitenblick zu. "Ihr habt davon gehört? Von Malah, nehme ich an. Nun, ich versuche, mein bestes zu geben, das bin ich den anderen schuldig. Der Berg behüte ihre Seelen. Zunächst habe ich die Halle den Kriegern zu Verfügung gestellt und ihnen mehr Mitsprache eingeräumt, weil ich mir nicht herausnehmen wollte, von nun an allein für den Rat zu entscheiden...ich hoffe, ich tue das Richtige. Aber das könnt Ihr ja gleich mit entscheiden."
Haha, natürlich tust du das Richtige...
Klingt für mich zunächst recht anständig.
Und für mich nach genau der Art von politischen Intrigen und Machtgeschachere, die du nur so liebst, also bleib weiter bewusst naiv und überlass mir das Denken. Jetzt bin ich natürlich sehr gespannt, wie Nihlathaks Verhältnis zu den Kriegern ist...
Die Halle der Ältesten ist ein rundes Gebäude, relativ breit, aber einstöckig. An einer Seite ist das Dach eingestürzt, vermutlich durch den Einschlag eines Katapultgeschosses. Wir sind recht nahe an der Stadtmauer...
Ich bleibe ungefragt zurück, als sich der Meister und Nihlathak nähern; die Barbaren mögen überraschend tolerant sein, aber ich will ihre Gastfreundschaft nicht überstrapazieren. Der Meister allein bekommt schon genug misstrauische Blicke.
Alles hören kann ich natürlich trotzdem. Wie ein rumpelndes "Wer ist das denn?", als der Meister eintritt. Nihlathak stellt ihn ruhig vor und erklärt, dass der Älteste die Anwesenheit des Totenbeschwörers ausdrücklich erbittet.
"Wir halten hier den wohl wichtigsten Rat, den Harrogath je hatte, und Ihr ladet einen Diener der dunklen Künste dazu ein? Wir könnten gleich den Dämonengeneral Schenk selbst mithören lassen, das wäre sicherer! Seid Ihr des Wahnsinns, Nihlathak?", ruft die gleiche Stimme, heiser und kehlig voller Zorn.
"Allein aufgrund der Tatsache, dass ich noch am Leben bin, bilde ich mir ein, mich bester geistiger Gesundheit zu erfreuen, Qua-Kehk", gibt der Älteste ruhig, leise und eiskalt zurück. "Stets war ich gegen die Idee, den Schutzschild zu errichten, und als er kollabierte, war ich als einziger weise genug, nicht davon mitgerissen zu werden. Willst du also wirklich mein Urteil in Frage stellen, Kind?"
Mit den letzten Wort könnte man Äpfel vierteln.
Ja, er nutzt seine Position gnadenlos aus. Was passiert ist, wird jeder hier noch ganz genau wissen, aber ich denke, es kann nicht schaden, es den Kriegerschädeln immer wieder einzuhämmern.
Für einen Moment ist das Schweigen mit den Händen greifbar. Dann schnaubt Qua-Kehk herablassend, sagt aber nichts, und ich muss mir vorstellen, dass er vielleicht auf einen leeren Stuhl in einer Ecke deutet, oder an einen freien Stehplatz an der Wand. Möglich, dass der Meister sich scheinbar höflich verbeugt, aber er sagt auch nichts.
"Gut, dann können wir ja beginnen", erklärt Qua-Kehk. Dann wird er sofort laut, erregt und spricht mit Feuer in der dunklen Stimme. "Ich werde es euch gleich sagen, und ihr könnt das gerne an euere Männer weitergeben: ich glaube, wir müssen morgen gewinnen, weil wir keine weitere Gelegenheit dazu mehr bekommen werden. Jeder bisherige Ausfall hat uns überhaupt nichts gebracht, außer mehr und mehr Verluste. Wir haben einfach nicht mehr genug Männer, um so weiter zu machen. Eine Tatsache, der wir uns stellen müssen. Aber wir werden daran nicht verzweifeln! Das Gegenteil ist der Fall! Wir wissen, dass wir gewinnen müssen, also werden wir gewinnen. Jeder einzelne Krieger wird morgen beim ersten Sonnenlicht den Berghang erstürmen. Das Licht wird sie blenden, aber wir werden unsere Gegner klar vor uns sehen, ein Zurück gibt es nicht. So beenden wir die Belagerung, mit einem Schlag, und graben uns auf den Hochebenen ein. Wenn wir endlich eine richtige Front haben, können wir unsere Stärken ausspielen, und diese Monster von unserem heiligen Land wegfegen!"
Die anwesenden Krieger – wohl Anführer kleinerer Abteilungen, wenn ich das richtig verstanden habe – brüllen für eine Weile ihre Zustimmung heraus. Qua-Kehks Rede hat sie offenbar sofort überzeugt...mich nicht.
Na ja, welches Mehr an Taktik hast du von Barbaren erwartet?
Als die Lautstärke im Raum wieder normales Niveau angenommen hat, redet Qua-Kehk, jetzt wieder ruhiger, weiter.
"Sind euere Männer bereit und sich im Klaren darüber, welche Aufgabe ihnen morgen bevorsteht? Dass sie all ihren Zorn den Dämonen entgegenwerfen müssen, dass es keine Alternative mehr gibt?"
Eine Welle eher schwacher Zustimmung erfüllt die Halle. Dann meldet sich aber doch jemand. "Ich bin mir da nicht einmal so sicher. Es sind schon zwei von ihnen auf mich zugekommen und meinten, dass sie eigentlich keine Lust haben, Bannuks Schicksal zu teilen."
"Seinem Schicksal?", donnert Qua-Kehk. "Seinem Vorbild sollten sie folgen! Kein ehrenvollerer Tod, als auf dem Schlachtfeld zu fallen, wie er – gegen einen übermächtigen Feind anstürmend! Wir sind nur daran gescheitert, dass wir nicht genug waren. Jetzt sind wir in die Ecke gedrängt, und sie werden sehen, was für ein Fehler das war. Wir alle zusammen brechen aus, keine Reserven, keine Entschuldigungen!"
"Es ist trotzdem die reinste Scheiße, den Hügel hochzulaufen, über enge Brücken, und links und rechts von dir sterben deine Freunde, ohne dass sie irgendwas dagegen tun können. Es landet ein Feuerbrocken in deiner Nähe, und zwei weitere sind tot, nichts mehr von ihnen übrig, nur noch Stückchen von ihnen auf dir verteilt." Die Stimme des Sprechers klingt so ruhig, als würde er erzählen, was es vorgestern zum Abendessen gab.
"Emund, wenn dir die Sache zu viel wird...", knurrt Qua-Kehk.
"Ich bin dabei morgen. Was gibt es sonst zu tun?", sagt Emund. "Aber ich verstehe jeden, der meint, sich diesen Unfug nicht antun zu wollen. Wir wissen doch alle, dass das nur etwas schnellerer Selbstmord ist, als hier herumzuhocken. Auf die Ehre geschissen."
Ein Raunen geht durch die Menge. Eine Faust landet auf Holz. "Sowas ist das letzte, was jeder hier hören will, Emund!"
Es ist nicht Qua-Kehk, der das sagt, und viele scheinen zuzustimmen. "Wir brauchen die Truppe bei bester Moral, sonst gibt es wirklich keine Chance auf Sieg!", ruft ein anderer.
"Hier die Moral zu untergraben war nicht meine Absicht. Aber meine Meinung – und was ich für die Wahrheit halte – zu sagen ist noch erlaubt, ja?", kontert Emund.
"Ob die Wahrheit auszusprechen nicht manchmal auch schadet?", ertönt plötzlich die Stimme des Meisters. Damit scheint er für einen Moment alle zu verwirren, aber der erste, der reagiert, ist Emund selbst.
"Ich sehe, sogar der Fremde ist also der Auffassung, die Augen zu verschließen und zu hoffen, dass wir auf die Tatsachen scheißen können, nur weil wir so unglaublich überzeugt von unserer Sache sind, ist der beste Weg? Wunderbar, dann gibt es für mich hier nichts mehr zu besprechen." Ich höre einen Stuhl rücken.
"Emund...", beginnt Qua-Kehk gefährlich, aber der Ermahnte schneidet ihn ab. "Keine Sorge, ich gehe jetzt schnurstracks zu meinen Jungs und füttere ihnen Dreck. Sage, dass wir morgen früh da hoch laufen, weil wir es müssen, und weil mir auch nichts besseres einfällt. Hätte ich eh, sie müssen nicht die letzten Stunden ihres Lebens damit verbringen, sich einzupissen. Aber ihr solltet langsam alt genug sein, die Dinge beim Namen nennen zu können."
Kurz darauf kommt er aus der Tür. Er ist, wie man sich einen stolzen Krieger vorstellt: groß, muskulös, aufrechten Ganges und stolzer Haltung. Außerdem ist er nicht einmal dreißig Jahre alt – bis auf seine Augen. Die sind viel, viel älter. Und als er mich aus dem Augenwinkel sieht, fährt er zusammen, herum, sein Schwert schießt aus der Scheide; er ist, wie jeder hier, immer bewaffnet, immer bereit.
"Ich bin Diener des Totenbeschwörers", sage ich vorsichtig. "Ich bin keine Gefahr."
Nur langsam entspannen sich seine weißen Knöchel. "Hätte ich wissen sollen", murmelt er, und marschiert davon, der leere Blick in weite Ferne gerichtet.
Qua-Kehk findet nun wieder Worte: "Dann wäre das ja geklärt. Gibt es noch irgendwelche Fragen?"
"Sollten wir diesmal nicht mehr Rüstung tragen?", schlägt jemand vor.
"Es gilt morgen mehr als je, dass es sich damit zu langsam läuft, und dann sterben wir auf den ersten Metern", winkt Qua-Kehk ab.
"Und doch ist Bannuk nicht an einer Katapultkugel gestorben, sondern von Tentakeln durchbohrt worden...", meldet sich Nihlathak. Qua-Kehks Antwort ist entnervt. "Von unten, ja. Dagegen helfen nicht viele Rüstungen."
"Und Waffen? Werden wir diesmal wenigstens wissen, welche Verzauberungen sie haben? Wenn ich gewusst hätte, dass meine Axt leichter ist, als sie sein sollte, hätte ich zwei mitgenommen!"
"Ich glaube nicht, dass Anya uns da groß helfen kann."
"Deckard Cain aber", widerspricht der Meister. "Anya meinte, dass sie mit Hilfe des Horadrim-Weisen, der mit mir angekommen ist, alle ihre Kreationen identifizieren kann."
"Du bist nicht hier zum Reinplappern, Totenbeschwörer! Verdammt!"
Qua-Kehk nimmt sich die berechtigte Kritik aber schwer zu Herzen.
Dann wird er bald noch deutlich mehr zu kauen haben, wenn der Meister ihm sagt, dass er seine Leute besser gleich zuhause lassen sollte und wir das alleine machen.
Denkst du nicht, dass die uns helfen können?
Haha.
Der Axtträger hat offenbar weniger Probleme mit den Zwischenrufen. "Wenn das so ist, dann sollte ich gleich sicherstellen, noch eine solche Wunderwaffe zu reservieren! Gibt es denn noch etwas zu besprechen?"
Der Kriegsrat ist jetzt so unruhig wie bisher noch nicht; ich tue mir etwas schwer, die einzelnen Gesprächsfetzen zu entwirren. Mein Hörvermögen ist ohnehin schon angestrengt. Aber die Anwesenden scheinen sich sehr darüber zu freuen, bald Blitzspeere, Feuerschwerter oder besonders scharfe Kriegssensen in Händen halten zu können.
"Ruhe!" Qua-Kehks Faust fährt erneut herab. "Nein, es gibt nichts mehr zu besprechen. Wir sehen uns morgen bei Tagesanbruch, und dann stürmen wir das Vorgebirge! Besorgt euch Waffen, trinkt euch meinetwegen noch Mut an, küsst eure Frauen zum Abschied und macht sie am nächsten Tag so stolz, wie sie es noch nie waren!"
Stühle werden gerückt, da zerschneidet die Stimme des Meisters die Aufbruchsstimmung. "Halt! Ist das etwa alles?"
"Ich habe genug von deinen Zwischenrufen!", donnert Qua-Kehk. "Du wirst deine Klappe halten, sonst prügle ich dich persönlich aus der Stadt!"
Verhaltene Zustimmung wird laut, aber der Meister nicht leise: "Ich bin Gast an eurem Herd, wurde in dieses Treffen geladen, in dem nicht nur Krieger anwesend sind, das macht es zu einem offenen Thing. Ihr dürft mir nicht den Mund verbieten."
"Du wirst schon sehen, was gleich offen ist...", knurrt Qua-Kehk, und ich mache einen ersten Schritt auf die Tür der Halle der Ältesten zu.
"Halt inne, Kind, wenn dir deine Ehre lieb ist!", ruft da Nihlathak. "Der General hat völlig Recht. Es ist Tradition, und ich werde nicht zulassen, dass du sie brichst."
Was zur Hölle ist ein Thing?
Eine Versammlung, in der zum Beispiel neue Älteste bestimmt werden. Dazu muss ein männlicher Angehöriger jeder Schicht anwesend sein. Die offene Variante wird tatsächlich, wie der Meister korrekt festgestellt hat, praktiziert, wenn etwa hohe Gäste empfangen werden und vom ganzen Dorf begrüßt werden sollen. Er hat sich einfach kurzerhand als solcher definiert – auch nicht zu Unrecht – und damit stehen ihm gewisse Recht zu.
Und woher weiß er das?
Man muss sich schon mit den Bräuchen der Primitiven auskennen, wenn man sie beherrschen will, hat mein Meister immer gesagt.
Das beantwortet meine Frage nicht!
"Also, General, was ist dein Anliegen?", sagt Nihlathak, nachdem sich die Versammlung etwas beruhigt hat. Der Meister räuspert sich. "Ich will nicht respektlos erscheinen, aber euer Schlachtplan kommt mir etwas zu grob gefasst vor. Ihr habt völlig recht, Qua-Kehk, wenn Ihr sagt, dass man mit Mut und Überzeugung so schnell wie möglich den Berg erklimmen muss, um die stete Barrage der Katapulte zu beenden. Aber das kann doch nicht alles sein. Das Vorgebirge ist sicher keine etwas geneigte Ebene. Es wird freie Stellen geben, aber auch Pässe, die die Katapulte nicht gut erreichen könne. Ich habe etwas von engen Brücken gehört – sollte man die eher vermeiden, sollte man sie bevorzugen, sollte man sie zerstören?"
"Wir kennen diesen Berg besser als uns selbst, Totenbeschwörer! Jeder einzelne Krieger weiß genau, was er tut!"
"Das schließt mich aber nicht ein. Und ich wage zu behaupten, dass dies das Bild etwas ändert."
"Ha!", höhnt Qua-Kehk. "Willst du dich wirklich auch vor die Tore Harrogaths wagen?"
"Ich werde mich bis auf den Gipfel des Arreats wagen. Dafür werde ich mir aber eine Taktik überlegen, die über 'stürmen' und 'Ehre' hinausgeht. Werdet Ihr mit mir darüber reden oder nicht?"
"Niemals wird der Arreat einen wie dich auf seinen Hängen akzeptieren!", schreit einer.
"Das lasst dir Sorge des Bergs sein, nicht euere. Ich habe fünfzehn Skelette, einen Golem und unzählige Zauber eurer Stärke hinzuzufügen, wollt ihr das wirklich abschlagen? Wie viele seid ihr denn überhaupt noch?"
Qua-Kehks Stimme trieft vor Verachtung. "Als ob wir einem Sklaven der schwarzen Kunst dies sagen würden."
"Ich schätze, etwa fünfzig Krieger sind in Kampfform", informiert Nihlathak ruhig. Ich kann die Empörung der Runde von hier draußen spüren.
"Und wie viele wart ihr bei euerem letzten Versuch?", fragt der Meister unschuldig.
Anklagend antwortet der Älteste: "Gut das dreifache."
"Das ist unser Berg! Wir werden die Dämonen nicht mit Dämonen bekämpfen!", wird der Rufer von vorhin wieder laut.
"Untote, bitte", ätzt der Meister.
"Schieb dir deine Untoten sonst wohin!" Ein Stuhl wird umgeworfen.
Jetzt reicht es aber. Ich eile hinein. Ein bulliger Barbar stürzt auf den Meister zu, Faust erhoben. Man bemerkt mich, mit teilweise großem Schreck, aber die sollen nur versuchen, mich aufzuhalten.
Der Meister dreht sich zu mir und hebt die Hand. "Bleib zurück, Dorelem."
Ich renne gegen eine unsichtbare Wand. Verdammt, seit wann zieht seine Kontrolle so schnell? Hilflos muss ich zusehen, wie der Wildgewordene auf ihn zurennt, zuschlägt...
Ein schwebendes Schild aus ätherischen Knochen fängt die Faust ab. Der Angreifer zuckt zurück, schüttelt seine Finger, versucht es mit einem Schwinger der Linken, scheitert auf gleiche Weise. Der Meister hat ihn nicht mehr angesehen, seit er mir den Befehl gegeben hat.
"Du verdammter...", schreit der Barbar, will es wohl erneut versuchen, da wachsen Knochen wie große Zähne aus dem Boden; ich erschauere kurz, sie sind eine Kopie des Gefängnisses, das Diablo damals einsetzte, um den Meister zu fangen.
"Bitte lass das", sagt der Meister nach hinten, den Blick auf den Barbaren gerichtet, der am Kopfende des Tischs steht, um den die Versammlung bis gerade noch gesessen ist. "Du wirst deine Fäuste morgen brauchen, ich will sie nicht verletzen."
Der, den er ansieht, muss Qua-Kehk sein. Er ist, wie alle hier, wuchtig gebaut, extrem muskulös, trägt einfaches Leder, aber zusätzlich dekorativ wirkende Pelze und Knochenteile, die seinen Status als Truppenführer betonen. Sein Gesicht ist überzogen von Narben, vermutlich Brandwunden, manche wirken sehr frisch. Der Griff eines gigantischen Breitschwerts ragt über seiner Schulter nach oben.
Es ist totenstill im Raum. Da klopft Nihlathak, der als einziger noch auf seinem Platz ist, auf das Holz vor ihm.
"Ich glaube nicht, dass Bannuk wollen würde, dass sein Nachfolger unsere Krieger in den fast sicheren Tod schickt. Und das, ohne Alternativen wenigstens in Betracht zu ziehen."
"Wenn wir die Waffen des Feindes benutzen, sind wir nicht besser als sie!", donnert Qua-Kehk.
Seltsam, ist das nicht etwas, was du sonst immer zu sagen pflegst? Wie einfach es sich manche Leute doch machen...
Nihlathak steht auf, geht langsam auf den Truppenführer zu und flüstert ihm etwas ins Ohr. Selbstverständlich kann ich jedes Wort verstehen.
"Du wirst nicht beweisen, dass du deinen Posten verdient hast, indem du auf Stolz und Ehre pochst. Du wirst das tun, indem du deine eigenen Entscheidungen triffst. Die richtigen, gegen die falschen der Vergangenheit."
Qua-Kehk beißt die Zähne zusammen. Für einen Moment hängt der Kriegsrat in der Schwebe. Dann spricht er, mit hart bemühter Ruhe. "General, du...Ihr meintet, dass der Unterschied zwischen Dämonen und Untoten wichtig ist?"
"Meine Macht hat absolut nichts mit der der Hölle zu tun. Ich muss es wissen, ich war dort", antwortet der Meister, mit echte Ruhe. Ein Raunen geht durch die Versammlung. Wobei ich die Zahl der Anwesenden etwas überschätzt habe – es sind nur noch fünf andere Barbaren außer Qua-Kehk und Nihlathak im Raum.
"Still! Was soll das heißen?", rumpelt der Truppenführer.
"Ich tötete Mephisto, um ein Portal in die Tiefen des Infernos benutzen zu können, das die Großen Übel geöffnet hatten. Unten kämpfte ich mich bis zu ihrem unheiligsten Ort vor und vernichtete Diablo."
Ungläubiges Lachen von manchen. Erhobene Augenbrauen von Nihlathak. Qua-Kehk hat sich unter Kontrolle, äußerlich zumindest. "General, bitte lasst Hoku frei."
Mit einer Geste des Meisters zerfällt das Knochengefängnis zu Staub. Er hat sich immer noch nicht umgedreht.
"Hoku, du hast unseren Gast angegriffen", fährt Qua-Kehk fort. "Verlass uns, und mach es morgen wieder gut."
Der Barbar, der den Meister angegriffen hat, war keiner von denen, die gelacht haben. Er macht keine Anstalten, zu protestieren, und geht kommentarlos.
"Ich weiß nicht, wie viel von Euren angeblichen Taten stimmen", erklärt Qua-Kehk weiter. "Aber ich bin bereit zu akzeptieren, dass Ihr die Dämonen bekämpfen wollt, könnt und solltet. Morgen bei Sonnenaufgang. Wir werden nicht auf Euch warten."
"Und wollt Ihr noch etwas eingehender Strategien mit mir besprechen?"
Der Truppenführer funkelt ihn an. "Der Kriegsrat ist endgültig beendet. Kommt uns nicht in die Quere, ich werde mich persönlich von Eueren Fähigkeiten und Einstellungen überzeugen, vielleicht überdenken ich meine Haltung dann noch. Aber nicht früher."
Alle gehen. Ich schließe mich dem Meister an, und Nihlathak gesellt sich zu uns. "Erneut danke für die Unterstützung", sagt der Meister.
"Ihr habt wirklich getan, was Ihr behauptet habt, oder?", fragt der Älteste. Seine Antwort ist ein einfaches Nicken.
"Dann weiß ich, dass Ihr diese Belagerung beenden könnt und ich das Richtige für Harrogath getan habe. Der größtmögliche Dank für mich."
Wir sind an einer Kreuzung angekommen; links geht es zu Anyas Haus, und dann weiter zu unserer Bleibe. Nihlathak bleibt stehen. "Ich wohne gleich rechts von hier, vorhin kam ich von einem Gespräch mit einer armen Witwe. Wenn wir uns bis morgen nicht mehr sehen, nehmt meinen herzlichsten Wunsch für Euren Erfolg mit, General."
Der Meister grinst schief. "Ein schönes Kompliment, dass Ihr mir kein Glück wünscht. Schlaft Euch aus, Nihlathak – wenn Ihr aufwacht, ist Harrogath sicher."
Damit trennen wir uns von dem Ältesten. Als er außer Hörweite ist, spricht der Meister mich an. "Was denkst du von ihm, Dorelem?"
Ich bin etwas überrumpelt. "Hm, er hilft uns, wo er kann, und hat uns gewaltige Probleme mit den Kriegern und besonders ihrem Anführer erspart...ich denke, er wird ein guter Verbündeter sein?"
"Zweiter?"
"Das denke ich auch, Meister. Aber ich wäre extrem vorsichtig. Er weiß ganz genau, welches Privileg seine Position bietet, und nutzt voll aus, dass er Recht hatte, und die anderen Weisen nicht. Auch Qua-Kehk hatte er gleich überzeugt, indem er ihm gesagt hat, dass Bannuk nur wegen eines hirnlosen Plans gestorben ist...ohne natürlich diese Wilden direkt zu beleidigen."
Der Meister nickt. "Ich würde auch sagen, dass den Guten nur manipuliert hat. Und sich sicher auch einbildet, uns nach seiner Pfeife tanzen zu lassen – wir retten seine Stadt, das ist, was er will, weil er in diesem Drecksloch jetzt die absolute Macht hat. Ich sage, das darf er machen, solange es uns in die Hände spielt. Bis er uns krumm kommt, sind wir seine besten Freunde."
"Himmel, seid ihr zynisch", werfe ich ein.
"Wenn du dich nicht vorzeitig verabschiedet hättest, Dorelem, dann wüsstest du, dass im Vergleich zu den Intrigen bei den Totenbeschwörern diese Überlegungen absoluter Kinderkram sind", gibt der Meister zurück.
"Wir sollten noch herausfinden, was Anya über Nihlathak denkt", schlägt der Zweite vor. "Sie ist zwar auch simpel gestrickt, aber dass er ihren toten Vater und Bruder als Waffen benutzt, um..." Er hält kurz inne. "Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, warum er es getan hat. Gerade deswegen ist sie ein guter Ansatzpunkt, um mehr über den letzten Ältesten herauszufinden."
Ein weiteres Nicken. "Aber das verschieben wir auf nach dem Angriff. Wenn wir das souverän genug hinbekommen, fressen uns die eh aus der Hand, dann erfahren wir gleich noch mehr."
"Ihr macht mich manchmal echt krank", seufze ich resigniert. Was der Meister natürlich ignoriert. "Ich will morgen etwa zwei Stunden vor Sonnenaufgang geweckt werden. Bekommt ihr das hin?"
"Natürlich", antwortet ihm der Zweite. "Was, warum so früh?", hake ich sofort nach.
Ich könnte schwören, dass die Augen hinter dem Goldschädel herablassend blicken. "Weil wir nicht mit diesen Narren zusammen da hoch laufen. Die Dämonen werden keinen Angriff im Dunklen erwarten, aber ich habe eine lebende Fackel und eine Rüstung, die wenig schimmert. Du ziehst ihr Feuer, die Skelette und ich sind damit sicher und die Sache ist vorbei, bevor auch nur ein Barbar sterben muss. Ein Satz, unendlich klüger als die ganze Rede über Mut und Ehre und Opfer, die man eben bringen muss, was für ein Unfug."
Ich will protestieren, aber...er hat auch Recht. Ohne großen Plan das Vorgebirge zu stürmen ist Selbstmord, und wir haben Soldaten, die leicht zu ersetzen sind. Wenn wir Leben retten, indem wir Qua-Kehk und seine Krieger komplett ignorieren, dann muss mir das genügen.
"Ich bin dabei", sage ich deswegen.
"Natürlich bist du das."
Wir sind an Bannuks Haus angekommen. "Wirst du mich heute Nacht brauchen?", frage ich.
"Du bist frei, bis du mich weckst", antwortet der Meister. Also verabschiede ich mich.
Was hast du denn vor?
Anya und Malah werden alle Hände voll zu tun haben, die Verwundeten der letzten Schlacht zu versorgen. Du kennst dich exzellent mit Feldmedizin aus, und wir müssen nicht schlafen.
Wir werden die Nacht im Spital verbringen und so gut helfen, wie wir können. Keine Widerrede.
Warum? Das ist ein guter Plan. Zumindest Malah war noch recht misstrauisch, so gewinnen wir auch sie für unsere Seite. Kannst sie und ihre Tochter ja gleich ein wenig über Nihlathak aushorchen.
Das ist das Letzte, was ich heute tun werde...Himmel, was habe ich getan, dass ich mit diesen zwei Wahnsinnigen zusammenarbeiten muss, und warum kann ich nichts tun, um auszubrechen?
 
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natürlich lässt du uns mal wieder hängen kurz bevor es losgeht...argh^^

Mehr infos zum trangoulisierten general, bitte. Ich war ganz leicht überrascht, als er Dorelem ein schwert in den wanzt rammte Oo
 
Könnten wir uns - anstatt alle zwei Wochen - wenigstens auf einen monatlichen Upate-Zyklus einigen, ja?
Bitte? Bittebittebittebitte!

Ich will ungern bis zur nächsten Bundestagswahl warten.
 
Na rate mal, was ich gerade am Vorbereiten war.

Es gibt leider garantiert keine regelmäßigen Updates in naher Zukunft - ich bin mitten in der Lernphase für die Masterprüfungen. Ihr habt Glück, dass ich die letzten zwei Wochenenden daheim war (zum Wählen, u.A.) und jeden Abend genutzt habe ;).

Viel Spaß hiermit, auf jeden Fall!


EDIT: Ganz vergessen zu erwähnen...falls sich jemand gewundert hat: "blasiert" heißt herablassend. Ich meinte frappiert im letzten Kapitel. Whoops! Danke an Tom für die Hinweise.
 
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Kapitel 18 – Der erste Anstieg






Es wird Zeit.
Du wirst mir noch fünf Minuten gestatten.
"Die Wunde ist leider wieder aufgegangen", erkläre ich ruhig. "Aber das haben wir gleich."
Der Barbar, der gerade unter Schmerzen aufgewacht ist, nickt stoisch. Mit der Erfahrung allein dieser Nacht ist es für mich ein Kinderspiel, den frischen Verband zu greifen, mit meinen warmen Feuerhänden derweil seine Adern abzudrücken, und an der richtigen Stelle neuen Stoff zu wickeln. Dass ich dafür eine dritte Hand wachsen lassen kann, hilft natürlich ungemein.
Malah schläft seit Stunden. Zuerst war sie skeptisch, aber sie hat schnell erkannt, wie wertvoll ein unermüdlicher Helfer mit übermenschlicher Geschicklichkeit in einem Feldspital sein kann; wir haben mehr Verwundete versorgt, als sie alleine in einer Woche schaffen könnte. Die Kenntnisse des Zweiten über Medizin und Anatomie – ich möchte, so dankbar ich bin, nicht wissen, wie er sie erlangt hat – und die Erfahrung der Heilerin haben sich ausgezeichnet ergänzt. Dass ich keinen Schlaf brauche, hat sich ebenfalls sehr ausgezahlt. Hier zu helfen hat mir ein warmes Gefühl tiefster Zufriedenheit gegeben, das ich lange nicht mehr hatte; mit Blut und Schmerzen kann ich problemlos umgehen, und es ist so schön, einmal für weniger davon zu sorgen statt sie immer nur vermehren zu müssen. Außerdem musste ich die ganze Nacht nicht darüber nachdenken, dass der Meister immer mehr seiner Menschlichkeit verliert, und nichts dagegen zu tun wollen scheint.
Jetzt habe ich doch wieder darüber nachgedacht. Aber...der Zweite hat Recht, und schon spüre ich wieder den Zug des Befehls, das über meinem Kopf hängende Schwert der Schmerzen, die mich foltern werden, bis ich gehorche. Hastig verabschiede ich mich mit ein paar hohlen Worten, von denen ich hoffe, dass sie aufmunternd genug sind, und laufe durch die dunklen Straßen von Harrogath. Grüppchen von weiblichen, jungen und greisen Barbaren mit Fackeln unternehmen Kontrollgänge, sodass es viel belebter ist, als es um diese Zeit normal wäre; jene, die nicht kämpfen können, tun ihren Teil um die zu schützen, die sich für die Schlacht morgen ausruhen.
Wenn wir unsere Sache gut machen, wird es keine Schlacht geben.
Ich schlüpfe in unser zeitweiliges Heim, erhelle den Raum mit meiner Präsenz. Für einen Moment schockt mich das Bild, das sich mir bietet: Der Meister liegt wie aufgebahrt in voller Rüstung auf dem Bett, keine Decke über sich, die behandschuhten Hände gefaltet.
"General?", hauche ich.
Sofort setzt er sich auf. "Guten Morgen, Dorelem. Es ist also so weit?"
"In etwa zwei Stunden vor Sonnenaufgang, ja. Du schläft in der Rüstung?"
"Offensichtlich." Sein Ton sagt mir, dass er dazu nicht mehr zu sagen hat.
Hilflos hebe ich die Arme zum Himmel. Er ignoriert mich und nimmt einen Schluck Wasser. "Warte draußen. Ich bin in fünf Minuten fertig."
Muss er das fürchterliche Set doch für eine kurze Weile loswerden, um sich zu waschen? Warum will er nicht, dass ich dabei bin? Aber meine Fragen werden sicher wieder auf taube Ohren stoßen...soll ich ihn einfach hereinplatzen, wenn er doch einmal aus seinem goldenen Käfig entkommen ist?
Natürlich. Er wird besonders redebereit sein, wenn du ihn in Unterhosen überrascht.
Hoffnungslos...
Nach fünf Minuten und zehn Sekunden steht er auf der Straße. Wir machen uns auf den Weg.
Als wir nur noch einen Häuserblock von der Stadtmauer entfernt sind, hebt der Meister die Hand und wir halten an.
"Ein wenig Fackelschein auf den Straßen ist ja nichts Ungewöhnliches, aber jetzt wirst du mir zu hell", sagt er zu mir.
"Was meinst du damit?"
"Sie werden sicher nicht das Stadttor nur für mich aufmachen", antwortet er. "Darum schleiche ich mich über die Mauer. Wenn ich drüben bin, rufe ich dich wieder."
Mein Blick wandert zu den hohen Steinwällen. "Wie willst du das denn hinkriegen?"
"Wachturm hoch, Knochenrüstung an, springen. Alles geplant und durchdacht. Bis gleich."
Bevor ich irgendetwas sagen kann, bin ich weg. Nach unendlich langer und unbemerkbar kurzer Schwärze stehe ich plötzlich meterweit vor den Toren Harrogaths. Die Armee ist um ein Skelett verringert, ansonsten vollständig. Die Stadt ist still.
"Willkommen zurück. Deine Rolle beim Erstürmen des Vorgebirges ist klar?"
"...ja", antworte ich zögerlich. "Alles in Ordnung bei dir?"
"Warum sollte es das nicht sein? Geh vor, die Armee ist direkt hinter dir und ich kümmer mich schon darum, dass die Geschosse hinfallen, wo ich nicht bin."
Dem Befehl kann ich mich nicht verweigern und schreite brüsken Schrittes los. Der Meister folgt...und schafft es nicht ganz, ein Humpeln zu verhindern. Ja, die Teile von Trang-Ouls Avatar scheinen ihm gewaltige Macht zu verleihen. Aber er überschätzt sich, wie damals, als der die Haut des Vipernmagiers bekam; das kostete Pratham das Leben. Heute steht nur sein eigenes auf dem Spiel...aber ist das nicht auch irgendwie schlimmer?
Die Gegend hier ist ganz offensichtlich schon immer rau gewesen, aber der nur wenige Wochen dauernde Krieg hat bereits so viele Spuren hinterlassen, dass es unmöglich zu sagen ist, was hier noch ist wie immer. Der Anstieg ist nicht steil; oft flacht das Gebiet sogar komplett ab, formt eine flache Ebene ohne viel Vegetation. Nur magere Büsche, mit viel Glück, halten sich hier und dort noch, trotzen wie die menschlichen Einwohner dieser Gegend auch den Widrigkeiten der Witterung und dem Wüten der Dämonen. Diese haben jeden Zentimeter, der ihnen dafür als nützlich erschien, befestigt; Gräben noch und nöcher durchziehen in scheinbar zufälliger Anordnung jede halbwegs flache und einige zu steil wirkende Stellen, mit kruden Holzbrücken darüber, oder auch nicht, manchmal sind angespitzte Pfähle unten, manchmal die Wände mit Brettern verstärkt, manchmal mit Steinen, oft mit nichts, und teils sind sie schon wieder eingestürzt. Es ist ein fürchterliches Chaos, das gerade deswegen beeindruckend wirkt, weil es den Horden Baals offenbar völlig egal ist, ob ihre eigenen Leute die Befestigungen überhaupt nutzen können; es hält die Barbaren von unten auf, verlangsamt ihren Ansturm, das genügt. Derweil können die Katapulte von oben Verderben regnen.
Überall liegen Leichen, menschliche wie dämonische; es ist schwer zu sagen, von welchen es mehr sind. Gehört dieser groteske Fleischhaufen zu einem einzelnen mächtigen Dämon, oder sind mehrere von ihnen gleichzeitig ins Kreuzfeuer ihrer eigenen Kriegsmaschinen geraten? Ich beschäftige mich nicht zu lange mit der Frage. Der Meister ersetzt sein fehlendes Skelett, sicher auch ohne mit der Wimper zu zucken. Wir sind hier, um all das zu beenden, sage ich mir immer wieder.
Wie lange, bis sie unsere Gegenwart bemerken? Ich und die Skelettmagier, weit entfernt vom Standpunkt des Meisters, strahlen hell genug. Nervös blicke ich immer wieder gen Himmel, wo die Sterne nicht hinter den Schneewolken hervorfunkeln können, wann die erste Kugel aus Feuer oder Gift herabstürzt.
Ich teste gerade eine Brücke auf Festigkeit, bin dabei mich zu entscheiden, ob sie glitschig ist oder nicht für jemanden ohne Feuerfüße, da bemerke ich die Bewegung. Ein Rascheln dringt zeitgleich an meine metaphorisch gespitzten Ohren. Bevor da jemand denkt, mich überraschen zu können, forme ich einen Feuerball in meiner Linken und werfe ihn in die tanzenden Schatten hinein, die mein eigenes Licht erzeugt.
Ein Schrei ertönt, weitere gesellen sich hinzu, und in Augenblicken erfüllt Chaos die Nacht. Von hinten höre ich noch mehr Bewegung; wollten sie uns in die Zange nehmen? Zu schade, dass dort hinten der Hauptteil unserer Armee ist. Hier...bin nur ich.
Und da sehe ich sie schon heranstürmen. Die Dämonen sind kleine, gedrungene Wesen, die im schlechten Licht die Farbe heller Erde haben. Sie besitzen eine harte Haut, fast ein Panzer, im Rücken zu niedrigen Dornen gewölbt; ihr Gesicht ist wie aus Lehm halb geformt, dann als gut genug befunden und zum Trocknen in einen Sandsturm gestellt. Die groben Züge scheinen in einer ewigen Grimasse von blinder Wut gefangen zu sein. In den aufgedunsenen Händen halten sie primitive Waffen, zumeist nur Keulen aus Holz und ab und zu Stein, manche scheinen sich Äxte und Beile von gefallenen Barbaren geholt zu haben, wobei ihnen Schwerter oder gar Sensen wohl zu schwierig zu führen waren. Sie stürmen auf mich zu, über die Brücke, ohne Sinn und Verstand; einer wirft den anderen sogar in den Graben hinein, so gierig sind sie darauf, ihre Waffen in mich zu versenken.
Der erste führt einen mächtigen Überkopfschlag, schneller als ich dachte, aber dennoch nicht ansatzweise schnell genug für mich. Ein halber Schritt zur Seite, meine Feuerfaust fährt auf seinen Schädel herab. Er geht in die Knie – aber ist nicht besiegt. Bevor ich das ändern kann, springt ein zweiter auf den Rücken seines Kameraden, reißt seine Axt hoch in die Luft, versucht, mich mit voller Wucht anzuspringen – ich hämmere ihn in die Seite, sein eigener Schwung trägt ihn nach unten, wo der vorhin gefallene Kollege sich gerade erst aufgerappelt hat. So kann ich mich wieder dem ersten stellen, der seine Waffe wieder ergriffen hat, aber zu spät; Zweiter, schnell, was tun wir?
Der Bauch scheint weniger geschützt, sonst könnte er sich nicht so weit aufbäumen. Feuerlanze, mitten hinein.
Dreckig. Aber effektiv. Ich ramme ihm meinen Arm bis zum Ellenbogen in die Seite, und Rauch dringt aus seiner Kehle; er vergeht. Meine Finger spreizen sich in ihm, unnatürlich lang, und ich schwinge seine Leiche wie einen Morgenstern, Stacheln inbegriffen, um einem weiteren von ihnen den letzten Kinnhaken seines Lebens zu verpassen.
Da reißt ein Seil und die schwache Brücke mich mit ihn den Graben. Plötzlich bin ich unter dreien von ihnen. Aber ich habe keine Knöchel, die ich mir verstauchen kann, und was gerade noch Rücken war, auf dem ich landete, ist nun schon wieder Bein. Ich mache einen Arm zum Schwert, führe eine hauchdünne und weißglühende Klinge über den ledrigen Hals des nächsten, und dunkles Dämonenblut spritzt zur Belohnung auf mich; es verdampft.
Bevor ich mich den anderen widmen kann, zerreißt es die frische Leiche, und es ist Ruhe.
"Keine Probleme, Dorelem?", ruft der Meister. "Nicht ein bisschen!", antworte ich. Ich will nicht überheblich sein, aber auch in Massen sollten diese...
Baal gibt seinen Fußtruppen keine bestimmten Namen. Es sind einfach nur seine Sklaven.
...Krötensklaven, also, beherrschbar sein. Sicher wären sie dies aber auch für die Barbarenstreitkräfte. Also welche schlimmeren Baalstruppen warten noch auf uns? Es wird immer klarer, wie närrisch es von Qua-Kehk war, nicht mehr ins Detail zu gehen.
Ich hieve mich aus dem Graben, bemerke dann aber, dass die nächste Brücke nicht in Sicht ist.
"Wie kommst du jetzt rüber?", rufe ich dem Meister zu. Er winkt ab, hebt seine Hand, und aus dem Boden wächst eine solide Wand aus leicht durchscheinenden Knochen. Ohne Eile schreitet er hinüber, während hinter ihm das geisterhafte Material schon wieder zerfällt.
"Na los, weiter!", spornt er mich an. Ich zucke mit den Schultern und laufe vor.
Nach links!
Natürlich war es genau in diesem Moment der Unaufmerksamkeit, als die Katapulte das Feuern begannen! Nur knapp rechts von mir, weil ich reflexhaft auf die Warnung des Zweiten reagiere, landet eine Kugel aus waberndem bläulichen Material; als sie zerplatzt, dringen daraus tanzende Kugelblitze, von denen mich manche treffen, weh tun, aber dauerhaft nur meinen Stolz verletzen.
Das war ein kurzer Flug.
Der Hügel da hinten?
Nachsehen kostet nichts. Wir führen die Prozession.
Ein Wink von mir macht die Richtung klar, dann mache ich mich daran, die schnellste Route über die künstlich zerklüftete Landschaft zu planen. Nun, wenn der Meister die Gräben ignorieren kann, dann kann ich das auch. Ich springe in eine Grube hinab.
Unten sehe ich sofort wieder nach oben. Tatsächlich – ein weiteres Katapultgeschoss. Ich rolle mich zur Seite, und die Feuerkugel zerplatzt weit entfernt. Dabei erhellt sie jedoch eine Ecke, in die mein Licht bisher nur schwach vorgedrungen ist. Und darin sehe ich meine nächsten Gegner. Im Gegensatz zu den bulligen Sklaven sind diese groß und schlaksig, die Haut ähnlich gefärbt wie die Erdwände hinter ihnen, nur spitze weiße Zähne in lippenlosem Mund grinsen leuchtend hervor. Auch sie sind ledrig wie Echsen, mit einer harten Schale wie Rüstung an strategischen Stellen. Knochenweiße Stacheln dringen aus ihrem Buckel hervor. Der, der mir am nächsten ist, bewegt sich nicht, und als der Lichtblitz der Feuerkugel verglimmt, bleibt nur sein hässliches Grinsen noch klar sichtbar.
Was machen die hinter ihm? Gib Feuer!
Ich tue instinktiv etwas, das wie das Anspannen von Muskeln ist, die ich nicht habe. Es ist anstrengend und ich kann es nicht zu lange aufrecht erhalten, für den Moment aber genügt es: mein Körper erhitzt sich, die Flamme wird heller und das Bild vor mir klarer.
Die Dämonen in den hinteren Reihen haben ihre Arme in den Boden gebohrt. Das verrät zumindest eine gewisse Kraft, ist die Erde doch hier überall gefroren. Aber warum...
Nicht blöde Fragen stellen, ausweichen!
Diesmal kommt der Zweite zu spät, und ich bemerke auch erst im letzten Moment, wie die Erde vor mir aufgeworfen wird, als etwas unter ihr rapide auf mich zu kommt.
Vier Spitzen schießen von unter mir hoch und durchbohren mich bis auf Schulterhöhe.
Oh diese Bastarde, mitten durch die Weichteile!
Aus den Löchern in der dünnen Schicht reiner Willenskraft, die mich zusammenhält, lodern Flammen mehrere zehn Zentimeter weit. Das ist wohl das einzige, was mich rettet. Die Tentakel, denn das sind sie, grotesk verlängerte Gliedmaßen der Dämonen vor mir, zucken zurück, fahren wieder in den Boden, und ihre Besitzer schreien vor Schmerzen. Ich breche zusammen, schrumpfe im Volumen, als ich hektisch versuche, meinen Körper an der Desintegration zu hindern; krampfhaft klammere ich mich an die humanoide Form, um zumindest diese Konstante zu haben, während ich die Explosion zurückhalte, die aus mir hervorzubrodeln droht. Mit größter Mühe hebe ich mich auf ein Knie, mit der Faust gegen den Boden gestemmt...
Oh-oh.
Der Anführer der Gegner steht immer noch ruhig da, grinst mich an...aber diesmal hat er den Arm erhoben. Er endet in einer grausamen Spitze aus immer kleiner werdenden Schuppen, die kegelförmig zulaufen. Diese ist genau dahin gerichtet, wo meine Augen wären, wenn ich welche hätte.
Eine halbe Sekunde später sind diese Spitzen ein gutes Stück vor meiner hinteren Schädeldecke.
Ich hoffe, dass ihm meine Explosion wenigstens ordentlich weh tut.

Als ich wiederkomme, befinde ich mich in einem Schlachtfeld. Links von mir landet eine Kugel aus magischem Eis, die einen Nebel aus Frost freigibt, der mich sofort einhüllt. Bis in den Kern durchzieht mich der Frost und verlangsamt all meine Bewegungen. Als wäre ich in dicken Pudding gehüllt, versuche ich, aus der sich träge ausbreitenden Wolke zu entkommen. Ich sehe, wie der Meister mit raschen Gesten in alle Richtungen Zauber wirft; die Armtentakel eines der Monster prallen vom Boden ab, als es den Schwächen-Fluch erhält. Eine Knochenwand schießt vor ihm in die Höhe, und mehrere Sklaven rennen mit voller Wucht dagegen, kommen nicht zu ihm durch. Mehrere Explosionen detonieren an verschiedenen Stellen. Skelette springen über die frische Mauer, stürzen sich auf die Gegner dahinter. Über der dunkelgoldenen Rüstung des Meisters schimmert geisterhaft eine aus Knochen. Sein Schild fährt nach oben; eine Giftkugel zerplatzt daran, die tödlichen Schwaden wabern daran herunter, er nimmt einen tiefen Atemzug, bevor sie ihn erreichen.
"Da oben auf der Kuppe, verdammt! Brenn es nieder!", schreit er. Mein Blick folgt seiner deutenden Hand: Da ist es, von meinem frischen Feuerschein erleuchtet: ein Katapult, schnell aus unbehandelten Holzteilen zusammengebaut, nur die Schale, von der die teuflischen Geschosse nach oben geworfen werden, ist blitzblank poliert. Und vorne an der Kriegsmaschine ist ein geschnitztes Gesicht, grobe Züge grotesk verzerrt, nur noch vage menschlich, als wäre die Haut nach hinten gezogen worden und zu wilden Fleischhaaren geformt worden. Und doch...kommt es mir vage bekannt vor.
Tal Rasha.
Du meinst, das ist Baal?
Sind seine Truppen.
Dann lass uns ihm persönlich ins Gesicht schlagen. Ich springe über eine Holzmauer hinweg, schwinge mich an einem angespitzten Pfahl nach unten und lande vor einem verdutzten Dämon, einem wie die, die mich vorhin vernichtet haben. Meine Faust landet auf seiner flachen Nase, und sein Kopf schnappt mit einem befriedigenden Knacken zurück. Noch einmal überrascht ihr mich nicht! Zwei weitere rammen ihre Hände in den Boden, die Verwerfungen kommen auf mich zu. Mein Arm schießt hoch, ein Feuerball daraus lässt einen der beiden zurückstolpern, weil seine Arme noch im Boden sind, fällt er hin. Die Tentakel des anderen erreichen mich, aber ich bin schon weg, laufe auf ihn zu; schon hat er sich entschieden, wo er seine Spitzen nach oben fahren lassen will, zu weit hinter mir. Er stirbt schnell. Seine Leiche bleibt aufrecht, verankert, ich springe auf seine Schultern, von da aus weiter und lande auf dem Plateau, wo das Katapult steht. Gerade sehe ich noch, wie komplett aus dem Nichts eine Blitzkugel auf der Wurfschale erscheint; dann ramme ich mit aller Gewalt meine Faust in Baals Gesicht.
Die Maschine geht in Flammen auf, die aus ihrem eigenen Inneren kommen. Innerhalb von Sekunden ist nichts mehr davon übrig, keine Wurfschale, kein Schnitzwerk.
Mehr Detonationen, dann für einen Moment Stille.
"Sehr gut, Dorelem! Gleich weiter!", tönt der Meister. Ich springe seitlich herab und suche mir neue Ziele. Es gibt noch viel mehr Katapulte; wollen wir sie alle zerstören, oder möglichst schnell das Vorgebirge erklimmen? Die Frage gebe ich an den weiter, der hier die Entscheidungen trifft.
"Nach oben! Die Dinger können sie nicht umdrehen!"
Also weiter. Nächster Teil der Strecke – Zweiter?
Ich bilde mir ein, dass wir nach links müssen. Es gibt auf halber Strecke einen Pass, der führt an einem Massiv vorbei, das der Armee zu steil sein wird.
Mit dieser Information ändere ich meine Pläne leicht, winke die Armee auf neuen Kurs. Mein geschlagener Haken zahlt sich sofort aus, als mehrere Geschosse gleichzeitig niederkrachen, wohin ich gerade noch gehen wollte. Verdammt noch mal, wo kamen die denn jetzt her?
Die Wolken sind hier zu niedrig – oder besser, wir sind zu hoch. Sie schießen da rein, und ich seh sie nicht kommen!
Gib dir mehr Mühe, ich bin hier für die Improvisation zuständig, du machst die Frühwarnung!
Hinein in die Gruben, da können sie mich schlechter treffen! Dennoch versuchen sie es, wie auch immer die unbeweglichen Katapulte ohne Mannschaft zielen. Die Feuerkugeln explodieren nur kurz, das wollen sie nicht. Eis- und Giftwolken wabern durch die engen Gänge, oft genug muss ich aus den für mich nicht mehr erträglichen Bedingungen fliehen...aber nie nach hinten. Die Barbaren wären stolz auf mich. Unter mir ersticken Dämonen an den Gasen ihrer eigenen Kriegsmaschinen.
Und dann schneiden Skelette hindurch, töten wen noch steht, völlig unbeeindruckt von Gift und Eis. Die Armee ist durch meine Ablenkung nicht völlig sicher vor dem Regen der Elemente, aber sie müssen sich entscheiden, wo sie fallen wollen. Nahezu gar nicht auf den Meister, der quasi unsichtbar von Kampfherd zu Kampfherd huscht, die Gegner mit Flüchen aufleuchten lässt, die Feuerkugeln durch Kadaverexplosionen vor Neid erblassen lässt. Seine Knochenwände trennen massierte Sklavenfronten, er sperrt die Tentakeldämonen in Gefängnisse ein und röstet sie dann mit einem Inferno. Nie fällt das Licht direkt auf ihn, und Baals Horden verlieren mehr von ihren Leuten durch eigenes Feuer, als sie an schnell wieder ersetzten Skeletten erwischen.
Aber sein müheloses Umgehen mit dem Feind bringt mir nicht viel. Gerade bin ich exponiert – keine Deckung weit und breit. Von links laufen Sklaven heran, und rechts stehen die anderen mit ihren Tentakelarmen...wenn ich auf die zulaufe, machen sie Schaschlik aus mir, so viele kann ich nicht gleichzeitig dazu bringen, vorbei zu zielen. Also...die andere Richtung. Ich sprinte den Keulenschwingern entgegen, welche mich nur zu enthusiastisch begrüßen wollen. Die ersten von ihnen schwingen niedrig, ich springe darüber, auf ihre stachligen Rücken und weiter, mitten unter sie. Jetzt schwingt doch eure Knüppel!
Ob sie es wirklich interessieren wird, dass sie ihre eigenen Leute treffen könnten?
Als Antwort hebt sich einer von ihnen vom Boden weg, gurgelnd, weil Tentakel ihn von unten aufgespießt haben. Himmel.
Mitleid mit dem?
Mit den Barbaren, die an diesen Monstern gestorben sind! Das ist so...perfide.
Psychologisch sehr vernünftig vom lieben Herrn der Zerstörung...
Ich reiße Bäuche auf, drehe Hälse um und versuche, in Bewegung zu bleiben. Mehr als einmal erwischt mich eine Spitze, aber solange es nur kleinere Verletzungen meiner Hülle sind, ist das schnell behoben. Es tut auch kaum weh, rede ich mir ein. Hab schon Schlimmeres durchgestanden. Dem Himmel sei Dank, dass ich kein Blutgolem bin.
Bald sind keine Sklaven mehr übrig. Was schlecht ist, denn jetzt können die Pfähler besser zielen. Wie soll ich mit denen umgehen?
Bleib weg vom Boden.
Eine gute Idee, ich werde mir dann mal Flügel wachsen lassen.
Aber gut – ich lasse mir etwas einfallen. Schnell. Denn schon kommen die ersten Erdhügel auf mich zu. Ohne den Boden zu berühren...dann muss ich umdenken. Ich forme meinen Körper zu einer langen, dünnen Feuersäule und springe mit ihr nach vorne. Links und rechts von meiner neuen Form schießen die Spitzen der überraschten Gegner nach oben, aber ich winde mich um sie herum wie Wolle um Stricknadeln. Dann lande ich zwischen ihnen, schlinge einen eigenen Tentakel um den Hals eines der schlanken Monster, werfe ihn gegen einen anderen. Sie heben jetzt ihre Arme, wollen die beliebig ausfahrbaren Spitzen daran im Nahkampf benutzen. Ich weiß jetzt, wie schnell diese vorschießen, wenn der harte Boden sie nicht behindert; darum kommen sie auch fast sofort von unten hoch. Das heißt aber auch, dass...ich ziehe mein Gesicht auseinander, mache ein Loch in die Mitte. Und tatsächlich, ich habe die Flugbahn richtig vorausgesehen. Der Tentakel schießt widerstandslos durch mich hindurch, meine Hülle wird nicht beschädigt, und ein Brüllen von hinter mir verrät mir, dass der Gegner hinter mir erwartungsgemäß keine Chance mehr hatte, auszuweichen. Ich fahre herum, bevor er sich von der Überraschung der plötzlichen Schulterwunde erholen kann, und töte ihn. Da trifft meine eigene Schulter ein Schlag von hinten, weil einer der vorhin Umgeworfenen sich erholt hat. Ich stolpere nach vorne, bis mir einfällt, dass ich nicht auf meine Beine angewiesen bin. Stattdessen nutze ich den Schwung und packe einen dürren Ast ein paar Meter von mir entfernt – wer sagt, dass nur die ihre Arme verlängern dürfen? Ich ziehe mich hoch, lasse auf halber Höhe los und lande auf dem, der mich gerade verletzt hat.
Schon kommen mehr Gegner an, aber während meines Kampfes haben die Skelette aufgeholt. Verstärkter Schaden lässt die frischen Feinde erstrahlen, und als wäre das ein Signal gewesen, zerplatzt eine Feuerkugel zwischen ihnen.
"Lernt zielen!", rufe ich in die Ferne, und wie als Antwort landen zwei mehr direkt in meiner Nähe. Ich zucke kurz zusammen.
Es gibt nur den Weg nach vorne.
Dass ich in letzter Zeit immer weniger Wahl habe, gefällt mir immer weniger!
Linkes oder rechtes Katapult zuerst? Du darfst ganz frei entscheiden!
Na wunderbar. Sind sie etwa auf gleicher Höhe?
Gib mir noch einen Schuss...
Ich mache etwas langsamer, während der Zweite den Himmel beobachtet.
Nein, schneller!
Sofort springe ich nach vorne und rolle mich ab, dann muss ich erneut springen, um der Welle an heranrollenden Kugelblitzen entkommen.
Etwa gleiche Höhe, ja.
Wie findest du da heraus?
Die Wolken lichten sich langsam.
Wunderbar. Also ignorieren wir das rechte Katapult und kümmern uns gleich um das, was auf dem Weg zum Pass liegt.
Eine weitere Brücke wird von Sklaven bewacht, aber die ignoriere ich einfach. Statt mich ihnen zu stellen, hüpfe ich in den Graben, zwischen angspitzten Pfählen; das macht mir nichts aus, ich verlängere und verschlanke einfach meine Beine.
"Kommt doch!", rufe ich nach oben, aber sie zögern. Da fallen die Skelette über sie her. "Viel Spaß!", verabschiede ich mich, schlängle mich zwischen dem Holz hindurch und springe wieder nach oben.
Eine schäbig aufgeworfene Erdtreppe später sehe ich das Katapult schon. Es ist nicht, wie ich erwartet hatte, auf einem Hügel etwas weiter hinten; sie haben es auf eine flachere Stelle gestellt, wohl, weil es ihnen zu viel Aufwand gewesen wäre, den Boden oben zu begradigen. Das macht die Sache natürlich leichter. Ich fließe niedrig um die Stützen herum, und zerschmettere es von unten, als wäre ich ein Pfähler. Kein Dämon in der Nähe, um mich zu stoppen; die Wachmannschaft ist vorgestürmt, um die Hauptarmee zu beschäftigen, mit erwartungsgemäßem Resultat.
Wo das Katapult restlos in Flammen verging, warte ich auf den Meister.
"Der Pfad wird enger da vorne", berichte ich. "Wir erreichen bald einen Pass an diesem Vorgebirge vorbei."
Er nickt. "Weiter vor. Es gibt keinen Grund, sich hier mit Kleinkram aufzuhalten. Durch die Bergflanke sollten wir für eine Weile sicher vor Beschuss sein, also bleib in meiner Nähe."
"Auf dem Hügel!", ruft der Zweite. Links über uns sind plötzlich Pfähler über der Kuppe erschienen. Ich weiß, wie weit ihre Tentakel reichen – und mit diesem Körper kann ich mich nicht schützend vor den Meister stellen!
Dessen Schädelhelm dreht sich leicht zur Seite. Fast unbeteiligt hebt er seine Hand, aus ihr löst sich ein Knochenspeer, wirft den führenden Dämon zurück, sodass er jetzt in einer Reihe mit den anderen steht. Blitzschnell wächst hinter ihnen eine Wand aus undurchdringlichem Gebeinwerk hoch. Sie drehen sich verwirrt um, dann verdeckt eine zweite Wand meinen Blick auf die Gegner.
Zwischen den Wänden schlagen Flammen hoch.
"Danke für die Warnung", sagt der Meister kühl.
Himmel. Er ist so stark geworden. Wie viel davon sind die paar Wochen Ausbildung bei den Totenbeschwörern, wie viel ist dem Trang-Oul Set zuzuschreiben?
Ist das nicht völlig egal?
Wenn er es einmal ablegt und dann entscheidend geschwächt ist?
Und, legt er es je ab?
Das bringt mich zum Schweigen. Ich marschiere im Tempo der Restarmee los, natürlich immer noch an der Spitze. Nach überschreiten weniger Befestigungen, die absolut kein Hindernis für uns darstellen, erreichen wir den Pass. Das erste Mal führt der Pfad aus natürlich gewachsenen Steinen uns für mehr als nur ein paar Meter abwärts, bald aber wieder von einem breiteren, von hier gut überschaubarem Abschnitt aus, wieder nach oben.
"Dass sie diesen Weg hier überhaupt nicht bewachen...", wundere ich mich laut. Der Meister bleibt stumm, aber ich sehe, wie seine Skelette etwas näher um ihn herum zusammenrücken.
Es wundert mich denn auch nicht wirklich, als sobald wir die Mitte der kleinen Ebene erreichen, tatsächlich etwas passiert. Was dies hingegen ist...mit dem Geräusch vieler kleiner Verpuffungen, wie platzende Schweineblasen, blühen Feuerkränze in einem groben Ring um die Armee herum auf. Im Zentrum jedes dieser sich rapide verziehenden Lichtblitze steht ein kleiner Dämon. Sie sind nicht viel größer als Schinder, jedoch mit viel längeren Gliedmaßen. Ihre Gesichter sind völlig falsch proportioniert: riesige Nasen, kleine Ohren, winzige Knopfäuglein unter überhängenden Stirnkämmen. Ihre Schädel sind kahl bis auf einen Haarkranz, der ihnen den schmächtigen Rücken hinabhängt und seitlich zu dreckig-weißen Zöpfen geflochten ist. Die über scheinbar direkt darunter liegende Knochen gespannte Haut ist dunkelgrün – bis auf die von einem, der einen hellen Erdton besitzt.
All diese Beobachtungen haben mich die halbe Sekunde zwischen ihrem Erscheinen und dem Zeitpunkt gekostet, wo alle ihre Arme vorstrecken. Zwischen den Spinnenfingern formen sich Feuertränen, die blitzschnell losfliegen. Um das erwartete orange-rote Glühen wabert eine bläuliche Aura, die mir in der kurzen Zeit, bevor mich der des Anführers in der Hüfte trifft, überhaupt nicht gefällt.
Als das Geschoss einschlägt, breitet sich sofort eine intensive Kälte in mir aus, wie vor Kurzem, als der Meister mir ein Kälteschwert in die Seite rammte. Meine reflexartig erhobene Hand fühlt sich an, als wäre sie in Gelee eingebettet.
Dann beweg sie nicht!
Ohne, dass er es aussprechen muss, verstehe ich, worauf der Zweite hinauswill. Ein eigener Feuerball, unbeeindruckt von dem Frost, löst sich von mir; doch bevor er einschlagen kann, ist mein Ziel schon wieder verschwunden, ein kurzes Nachbild als Schatten im Teleportschein hinterlassend.
Der Meister ist durch den Schutz der Skelette von der ersten Salve unbeschadet geblieben. "Näher zu mir, Dorelem! Absorbier ihre Geschosse!", brüllt er. Dass die verdammt unangenehm sind für mich, ignoriert er natürlich. Aber vielleicht weiß er es nicht...
So oder so, besser wir als er.
Ja. Ich wende mich ihm zu, da treffen mich zwei weitere Frostflammen. Eigentlich sollten sie sich ja selbst aufheben, aber dennoch beißt die Kälte wie Säure. Gerade so schaffe ich es zum Meister, um eine Hand zwischen seinen Kopf und einen weiteren Schuss zu halten. Meine Finger verkrampfen sich unwillkürlich, und ich verliere Gefühl in den Kuppen. Ein geschockter Blick verrät mir, dass das daran liegt, dass diese einfach verloschen sind. Meine Hand ist kleiner geworden.
Bevor ich wirklich verstehen kann, was das bedeutet, hat der Zweite die Zügel an sich gerissen und mit schierer Willenskraft unseren Körper zur Seite bewegt, um zwei weitere Angriffe abzuwehren. Ich keuche, als die Kältewelle bis in meinen Kern resoniert.
Von hinter mir, unerreichbar, schießt ein Blitz heran und zerplatzt an der Brustplatte des Meisters. Er zuckt nur kurz mit dem Kopf zur Seite, da sein ungeschütztes Kinn die Hitze – oder Kälte – spüren muss, aber von Verlangsamung durch den magischen Frost ist bei ihm nichts zu bemerken. Konstant werden die kleinen Kobolde von ihm verflucht, sodass ein Hieb eines Skeletts auf jeden Fall tödlich wäre, wenn diese es denn schaffen würden, schnell genug auf die hin und her teleportierenden kleinen Monster zu reagieren. Beide Hände des Meisters sind in ständiger Bewegung, in alle Richtungen dringen Knochenspeere aus ihnen, welche durch unsere Skelette fliegen als wären diese Luft, aber Baals Diener schmerzhafte Wunden zufügen, wenn sie diese denn erreichen. Durch das geübte Auge des Zweiten bekomme auch ich mit, dass der Meister hier sein Bestes gibt, aber das ist nicht ganz gut genug; er hat keine Erfahrung mit dieser Art des Kampfes, bisher den Fernkampf allein den Skelettmagiern oder mit als mobilstem Mitglied der Armee übertragen. Dazu kommt, dass selbst wenn ein Speer trifft, er einfach nicht die zerstörerische Kraft einer Kriegerwaffe oder gar einer Kadaverexplosion hat. Noch ist keiner der Angreifer gefallen. Pausenlos explodiert Eis in mir, und ich muss zusammen mit den Zweiten alles tun, einfach nur um meinen Körper unter Kontrolle zu bekommen. Nur, damit er wieder und wieder in die Schusslinie kommen kann. Wenn ich getroffen werde, löscht dies an der Einschlagstelle für einen Moment die Flammen meines Körpers, und ich wechsle mich mit dem Zweiten ab, um so schnell als möglich das Loch in meiner Hülle zu stopfen, bevor ich dem Meister um die Ohren fliege.
Dessen Blick landet auf mir. "Himmel, Dorelem, reiß dich zusammen! So nützt du mir nichts!", ruft er, hebt dann den Arm, an dem sein Schild hängt, und blockt gerade noch so selbst einen Feuerball auf Augenhöhe.
Moment, ist der gerade über meinen Kopf hinweg geflogen?
Mit Entsetzen stelle ich fest, dass ich um gut ein Drittel meiner Masse geschrumpft bin. Das Feuer vergeht nach und nach, und ich habe keinen Ersatz!
Da teleportiert sich der Held der Kobolde direkt vor mein Gesicht, hängt dort für einen Augenblick in der Luft. Ich starre in seine schwarze Seele, dann ist er wieder weg, ab die fast völlig aus Eis bestehende Kugel, die er hinterlassen hat, nicht.
Die Lidlose Wand senkt sich zwischen mich und dem direkt auf meinen Kopf gezielten Geschoss. Ich sehe, dass der Meister deswegen beide Hände frei hat, weil der Schild sich selbst an seinem Arm fest hält; der Griff ist eine Skeletthand. Er muss den untoten Schutz erweitert haben, als ich gerade nicht bei ihm war.
Endlich stirbt irgendwo ein unvorsichtiger Kobold. Das verrät mir der charakteristische Klang einer Kadaverexplosion. Der Meister flucht jedoch; kein neues Opfer unter den Gegnern. Sie sind zu schnell. Ich versuche, mich wieder zu alter Größe aufzubauen, aber ich weiß nicht, woher ich die Stärke ziehen soll; ich fühle mich schlapp und ausgebrannt, als wäre ich Asche, nicht Feuer.
Da kommt mir eine Idee. "General...kann du einen Feuerball in mich schießen?"
"Eine Sekunde...", murmelt er. Steht still da. Ich strecke mich nach einem weiteren Frostfeuerblitz, denn irgendwas muss ich tun, auch wenn ich kurz davor bin, einfach zu verlöschen. Bewegungslos steht der Meister da, die Finger um den Griff seines Dolches geklammert, und ich kann mir nur vorstellen, dass seine Augen voller Anspannung hin und her wandern.
Da erscheint ein Kobold aus einem Teleport nicht weit von ihm entfernt, und er fährt herum, obwohl er ihn sicher nur am Rande seines Blickfelds gesehen hat. Knochendornen schießen aus dem Boden, formen das Gefängnis, das er von Diablo kopiert hat, und spießen die Kreatur zwischen ihnen auf. Der Gegner quiekt, der Meister springt, und bevor das kleine Monster sich sammeln kann, hat es eine tiefe Schnittwunde vom Jade-Tan-Do in der Seite.
Es entkommt aus dem Gefängnis, teleportiert sich wohl instinktiv weg, taucht einige Meter entfernt wieder auf, mit den Spitzen der Dornen noch in seiner Haut...und fällt auf die Knie. Beide Hände auf die Wunde gepresst, gibt er ein immer höher werdendes Heulen von sich, verstummt aber plötzlich, als die Fäulnis des seelenstehlenden Giftdolches seine Kehle erreicht.
Für einen Moment blicken seine Kameraden mit Entsetzen auf die zerfallende Leiche; da spüre ich die Berührung von Kettengliedern, die, unmöglich!, sich weit kälter anfühlen als alles, was ich gerade eben durchlitten habe, zusammengenommen. Doch bevor ich vor ihnen zurückschrumpfen kann, fährt aus beiden behandschuhten Handflächen des Meisters ein Feuerball, und gierig schlucke ich ihre Wärme. Mein Körper streckt sich, größer und weiter, und sofort packe ich einen der Kobolde mit einem Feuertentakel um den Hals.
Er teleportiert sofort. Aber ich halte fest...und spüre, wie das Ende meines Körpers, das um ihn geschlungen ist und so im Lichtkreis des Transportfunkens war, mit ihm mitkommt. Es ist ein kleines Fragment, aber meinen Körper zu teilen ist ja keine neue Erfahrung für mich.
So zerquetsche ich mit meinem neuen Homunkulus-Körper eine Koboldkehle, während der Zweite die frisch erstarkte Hauptmasse weiter dazu nutzt, den Meister vor der schlimmsten Barrage zu schützen. Der wird besser; endlich trifft ein Knochenspeer tödlich. Ein schneller Lerner war er ja immer...aber die vielen Fehlschüsse im andauernden Kampf zollen ihren Tribut. Seine Schläfen hinunter rinnt der Schweiß, charakteristisch dafür, dass sein Mana zuneige geht. Bald wird er nicht mehr zaubern können, und das könnte tödlich sein.
Zweiter, schafft er noch eine Explosion?
Die Frage wird schnell weitergeleitet und knapp bejaht. Ich lasse meinen Plan weitersagen, forme meinen zeitweiligen Extrakörper zu humanoider Gestalt und packe die Leiche des Erwürgten. Na komm schon, irgendwo wird doch einer mal für einen Moment still stehen...
Da! Ein Kobold macht sich bereit zu feuern, und er ist nicht weit weg. Mit aller Kraft, die ich in dieser kleinen Form aufbringen kann, werfe ich seinen toten Kameraden auf ihn.
Die Explosion zerfetzt beide, als der Meister die Leiche sprengt. Kurz darauf bin ich wieder mit dem Zweiten in einem Körper, als zwei andere mein Fragment unter Beschuss nehmen und auslöschen.
Es sind nun deutlich weniger Kobolde als vorher dabei, überall herumzuhüpfen und auf uns zu schießen, wenn die Skelette sie gerade nicht zum erneuten Teleportieren zwingen. Dafür hat der Meister aufgehört, zurückzufeuern; er muss seine Zauberkraft wieder regenerieren. Die Wächter können nun einen Großteil meiner Schutzfunktion übernehmen, und ich halte die gelegentlichen Treffer gut aus.
Ein Kobold erscheint in meiner Nähe. Ich will mich auf ihn stürzen, da stolpert er, hustet, würgt und ist schnell still; ein Giftmagier hat ihn erwischt. Viele sind nicht mehr da. Wo ist der Held?
"Rückzug!", schrillt da plötzlich eine Stimme über den Bergpass. Auf einem Steinhaufen links von uns steht der, den ich gesucht habe, und simultan landen seine vier noch lebenden Diener neben ihm.
"Du hast diesmal Glück gehabt, Mensch!", ruft der Kobold, mit zitterndem Finger auf den Meister deutend. "Aber Dac Farren wird dich noch kriegen!"
"Versuchs ruhig", ätzt der Meister, wobei er es jedoch nicht völlig schafft, die Erschöpfung aus seiner Stimme zu verbannen. Sein sardonisches Grinsen sitzt jedoch perfekt.
Ein Spiegelbild erscheint plötzlich auf Dacs Gesicht. "Früher als du denkst!", schreit er, und verschwindet. Als hätte mich ein Frostblitz getroffen, durchfährt mich Eiseskälte. Wohin...
Nebeneinander erscheinen die Diener direkt hinter mir. Bevor ich reagieren kann, haben sie gleichzeitig vier Nadeln aus reiner Gletscheressenz in mich gejagt. Ich stolpere nach vorn, breche in die Knie...da landet ein sanftes Gewicht auf mir.
Dac Farren kichert von meinem Kopf aus dem Meister an. "Wie wär es mit jetzt?", schreit er, hebt die Hände, und eine Frostkugel wächst zwischen ihnen...
Zentimeterweise hebt sich meine Hand, um irgendwas zu tun...wenn er mich damit trifft, kann ich meine Kontrolle über diesen Körper vergessen, und der Meister ist direkt vor mir! Erst werde ich ihm buchstäblich ins Gesicht explodieren, und dann ist die Schussbahn frei für die anderen Kobolde...
Die Skelette sind völlig außer Reichweite, der Meister hebt schneller als ich, aber immer noch zu langsam, die Schildhand...
Eine schlanke Wurfaxt gräbt sich in Dac Farrens Rücken.
 
Das einzige was ich an dieser Story noch mehr hasse als die langen Wartezeiten sind die Cliffhänger, die diese Wartezeiten unerträglich machen ...

Du hast es wirklich drauf deine Leser zu quälen :D
Das hier ist wie eine Sucht :(
 
Ich bitte dich, jetzt hab ich extra keinen harten Cliffhanger eingebaut, und du beschwerst dich trotzdem noch :D?

(ich hab mir ernsthaft überlegt, den letzten Satz wegzulassen, aber das wär mir zu billig gekommen)

Simon
 
Uiuiuiuiuiuiui,

wenn ich raten müsste würde ich sagen Natalia kommt zurück, es sei den für sie gibt es einen großen extra Plot für die Rückkehr.

Die zweite Möglichkeit ist ein Barbaren Follower



.....


oder vielleicht jemand noch exotischeres ?

Jemand eine Idee?


mfg Soveregin
 
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