• Herzlich Willkommen!

    Nach der Schließung von inDiablo.de wurden die Inhalte und eure Accounts in dieses Forum konvertiert. Ihr könnt euch hier mit eurem alten Account weiterhin einloggen, müsst euch dafür allerdings über die "Passwort vergessen" Funktion ein neues Passwort setzen lassen.

    Solltet ihr keinen Zugriff mehr auf die mit eurem Account verknüpfte Emailadresse haben, so könnt ihr euch unter Angabe eures Accountnamens, eurer alten Emailadresse sowie eurer gewünschten neuen Emailadresse an einen Administrator wenden.

Trang-Ouls Triumph [Ich denke, also bin ich: Teil 5]

Ich hatte Spaß, vielen Dank für die Mühe! Würde lieber erst mal noch andere zu Wort kommen lassen, bevor ich im Detail darauf eingehe ;).

Derweil...he, wo kommt denn das neue Kapitel her?
 
Kapitel 34 – Meister






Sie nannten mich den Zweiten, aber natürlich ist das lachhaft; wenn, dann wäre ich der Erste, und selbst das ist Unfug. Ich bin der Golem, besser, ein Golem, denn man würde ja auch nicht sagen, dass ist der Hammer, den ich mir gekauft habe, sondern ein Hammer.
Ein austauschbares Werkzeug also, das man vielleicht auf die Dauer zu schätzen weiß, weil es zuverlässig ist, aber mehr emotionale Bindung wäre einfach komisch; darum ist es auch kein Problem, das Werkzeug einmal von jemand anderen benutzen zu lassen, wenn der es dann nur am Ende zurück gibt.
Das ist nun also geschehen, und es ist völlig egal, was das Werkzeug darüber denkt.
Der Meister, glorreich dreißig Zentimeter über dem Boden schwebend, lässt die Knochenwände zerfallen, die den Platz eingeschlossen hatten. Die Menge an Harrogather Bürgern, wahrscheinlich jeder von ihnen, der sich überhaupt bewegen kann, weicht kollektiv zurück. Vor ihnen hängt eine ghoulische Erscheinung in der Luft, deren letzter Rest Menschlichkeit durch die überbetonte Knochenrüstung verdeckt ist, aus deren Schädeltiefen es rot schimmert; daneben steht eine eigentlich bekannte Figur, eine Mordmaschine aus Stahl, Ton und Feuer, die aber durch die völlig andere Situation in ganz anderem Licht erscheint.
"Mitkommen, Golem", befiehlt der Meister, und ich folge ihm. Aber da stellen sich uns drei Personen in den Weg, die bisher glaubten, uns am besten hier zu kennen, und deswegen wohl am meisten verwirrt und überrumpelt sind von der Rückkehr des alten Generals.
"Was ist gerade passiert?", stößt Anya entgeistert hervor.
"General...seid Ihr noch...Ihr selbst?", fragt Deckard vorsichtig.
"Was glaubst du eigentlich, was du hier tust?", herrscht Malah.
"Nichts als das, was ihr ohnehin von mir erwartet. Ich werde zum Gipfel des Arreat reisen und Baal töten, weil er eine Gefahr darstellt. Dann werde ich ein weiteres Mal triumphierend wiederkehren, und ihr dürft mir dann in Ruhe huldigen."
Er schwebt einfach weiter.
"Du gehst nirgendwo hin!", ruft Malah.
"Golem", sagt der Meister ohne besondere Betonung; es ist kein Befehl, aber es macht wirklich keinen Unterschied. Wenn ich nicht tue, was er will, und ich weiß, was er will, werden die Schmerzen schlimmer sein, als die Beherrschung es je zustande bringen könnte. Blitzschnell packe ich Malah an der Kehle, hebe die kleine Frau mühelos aus dem Weg, und der Meister kann weiter schweben. Deckard keucht, Anya packt sofort ihren Hammer und stürmt auf mich zu, aber ich hebe nur eine Hand und wackle warnend mit dem Zeigefinger.
"Ich habe kein Interesse daran, das zu tun, aber euch ist schon bewusst, dass ich euer ganzes dreckiges Dorf von der Landkarte fegen könnte, wenn ich das wollte, ja?", erklärt der Meister. Sein Tonfall ist bestenfalls leicht amüsiert.
"Gegen eine Stadt voller Barbarenkrieger? Du darfst es gerne versuchen!", spuckt Malah. Ich erhöhe den Druck auf ihren Hals, bis sie unwillkürlich zu würgen beginnt.
"Ich bin mir sicher, dass ihr mir einen schönen Kampf liefern würdet", lacht der Meister. "Und vielleicht, eine solche Möglichkeit besteht natürlich immer, würdet ihr es schaffen, mich zu töten – unter erheblichen Verlusten. Und dann, hm? Wer tötet dann Baal? Bring sie her."
Ich trage Malah zu ihm. Anya und Deckard laufen uns hilflos hinterher.
Jetzt hält der Meister an, und ich halte die Barbarin vor sein Gesicht.
"Ihr braucht mich", erklärt er, und jetzt liegt Drohung in seiner dunklen Stimme, die ich so jugendhaft schon lange, lange Zeit nicht mehr gehört habe. "Genauso, wie ihr mich immer gebraucht habt, weil ihr alleine noch nie in der Lage wart, für Ordnung zu sorgen. Ihr nutzlosen Parasiten wart schon immer so unglaublich stolz darauf, wie wild und frei ihr doch seid, und nie hat es euch mehr eingebracht als wohlverdiente Verachtung von allen auch nur halbwegs zivilisierten Nationen. Für jeden vernünftig denkenden Menschen seid ihr Hofnarren, als Volk samt und sonders, das einzige Potential außer Amusement, das in euch wohnt, ist euere zugegebenermaßen beachtliche Stärke. Mit der richtigen Führung könnte man euch eventuell sogar als nützlich bezeichnen, mit viel Fantasie. Ohne sie seid ihr wie ein seit Jahrhunderten in einer Ecke verrottendes Skelett, das einem Menschen gehörte, der offenbar an seiner eigenen Dummheit gestorben ist. Mit eiserner Hand regiert erreicht ihr beinahe den Status eines Skelettes in meiner Armee: garantiert nicht in der Lage, für sich selbst zu denken, aber in manchen Situationen hat es den Anschein, als ob ihr zumindest eine kleine Rolle in meinem wohlchoreographierten Stück tanzen könnt.
Golem, Ohrfeige."
Ich verpasse Malah einen schallenden Rückhandschlag.
"Lass sie fallen."
Sie landet am Boden wie eine einstürzende Burgruine. Er schwebt über sie hinweg.
"Wenn ihr Glück habt, vergesse ich die Existenz dieser morastigen Provinzpfütze, sobald meine Macht absolut ist."
Wir haben den Wegpunkt erreicht. "Weg der Urahnen", intoniert der Meister, und der Teleportstein bringt uns in eine Eishöhle, die nicht viel anders aussieht als die, welche wir durchquert hatten, um zum Frostfluss zu gelangen. Aber wir befinden uns sicher nahe dem Gipfel, wenn man der Wegbeschreibung trauen kann; und die hat man uns schließlich verraten, als die Menschen in Harrogath noch glaubten, der Meister hätte tatsächlich ihre besten Interessen im Sinn.
Um uns herum liegen die Leichen eines heftigen Kampfes; Sklaven und langbeinige untote Krieger mit übergroßen Zweihändern, die der Meister ohne mich bezwungen hat auf dem Weg hierher von der Abkürzung nach dem Frostfluss.
Durch die Teleportation ist nun auch der Rest der Armee aus Nihlathaks...aus des Meisters Hallen von Vaught mitgekommen, überraschend wenig sogar. Es müssen manche der Skelette versucht haben, durch das rote Portal nach Harrogath zu kommen, aber die Barbaren werden diese vernichtet haben, und der Meister war vom Kampf gegen Nihlathak zu abgelenkt, um sie vernünftig zu steuern.
All dieser Verluste werden nun schnell ersetzt; ohne hinzusehen erschafft er alle fehlenden gleichzeitig, während er auf mich zuschwebt. Was nun?
Er stemmt die Fäuste in die Seiten. "Was für eine himmlische Ruhe. Endlich Zeit, die Früchte meiner Arbeit zu genießen! So jung habe ich mich seit Jahrhunderten nicht gefühlt."
Betrübt blickt er auf seine Finger, die sich nicht völlig spreizen lassen. "Aber irgendwie hat dieser Narr es geschafft, sich beim Wirken der einfachsten Zauber zu verbrennen...unglaublich. Hättest du das nicht verhindern können?"
Ich arbeite hart daran, meine Miene und meine Stimme zu kontrollieren, besonders angesichts der Tatsache, dass der Meister sich seine Finger damals genau auf die gleiche Weise verbrannt hat wie der General.
"Ich wusste nicht, dass er diese Fähigkeit mitten im Kampf gegen Azmodan in Kaas Körper erlangen würde, Meister. Es tut mir sehr Leid."
"Kaa...möglicherweise erinnere ich mich sogar vage, dass dies passiert ist. Egal, wenigstens bin ich es so gewohnt. Das leicht verkrüppelte Bein hingegen...wann ist das passiert?"
"Als er noch sehr unerfahren war, wenige Tage nach meiner Erschaffung."
"Kein Regenerationstrank?"
Wie soll ich das jetzt erklären, ohne zu lügen, aber ohne, dass er mich bestraft? Ich bin schon viel zu sehr außer Übung! Immerhin weiß ich, dass den Meister "er meinte, dass Frauen auf die Narben stehen würden" nicht amüsieren wird.
"Er dachte vermutlich, dass die Verletzung nur zu Narben, nicht zu dauerhaften Beeinträchtigungen führen würde", antworte ich also nach hoffentlich nicht zu langer Denkpause.
"Bei einer solchen Einstellung kann ich ja froh sein, dass nicht mehr kaputt gegangen ist. Andererseits, nur der Pöbel benutzt seine Beine."
Der Meister spannt seine Armmuskeln an.
"Hat er sich ernsthaft Zeit genommen, an seinem Körper zu arbeiten?"
"Das ist vor allem einem speziellen Trank zu verdanken."
"Ach? Ist die Alchemie schon so weit? Warum hat er nicht genug davon getrunken, um Dämonen mit bloßen Händen zerreißen zu können?"
"Der Erfinder des Tranks ist leider tot."
"Und das hat einen Totenbeschwörer aufgehalten? Wenn wir hier fertig sind, wirst du mich zum Grab des Alchemisten führen. Ich werde ihm das Rezept abpressen, verfeinern und benutzen! Vielleicht könnte man es sogar mit meiner Seelenmagie mischen..."
Er hält plötzlich inne und sein verklärtes Lächeln verschwindet.
"Freust du dich denn nicht für mich, Golem?"
Oh Hölle, ich kenne diesen Tonfall nur zu gut. Was...was habe ich getan? Ich versuche, mir mein bestes Lächeln aufzulegen. Aber nicht zu eifrig, das mag er auch nicht...
"Wenn Ihr es mir erlaubt, Meister, dann selbstverständlich!"
"Oh, das erlaube ich aber überhaupt nicht!", spuckt er. "Auf die Knie!"
Ich falle zu Boden. "Meister, wenn ich Euch..."
Er ohrfeigt mich, und ich bin still. Dann packt er mich am feurigen Kinn.
"Ein Gesicht? Was bildest du dir ein?"
Nein, nein, nein! Natürlich hasst er das, natürlich ist es falsch! Dorelem, du verdammter...
"Meister, bitte, ich hatte völlig vergessen, dass er..."
Er treibt seine Finger plötzlich tief in meine Augenhöhlen und ich kann nur noch schreien.
"Aber Mienenspiel hast du nicht vergessen? Das treibe ich dir gleich aus! Lippenstift auf einem Streitkolben!"
Langsam, bewusst, als wäre es tatsächlich Haut, reißt er die Feuerhülle von meinem Metallschädel. Vor Schmerz funktionieren meine Gedanken nicht mehr, die...Schwärze...
Mein Gesicht verpufft zwischen seinen Fingern. Die scharfe Kälte der Eishöhle sticht wie in einer frischen Wunde.
"Gewöhn dir sowas nur ganz schnell wieder ab!", brüllt der Meister mit erhobenem Finger. "Ich hätte nicht übel Lust, dich hier und jetzt zu vernichten! Und glaub ja nicht, dass ich dich so sehr brauche, dass du erst einmal sicher bist. Auf! Wir haben einen Berg zu besteigen! Einen Gipfel zu erobern! Ein großes Übel zu vernichten! Ich will keine Fehler mehr sehen!"
"Jawohl, Meister", krächze ich, stehe auf und versuche verzweifelt, dabei nicht zu torkeln. Es ist nichts, Golem. Er droht dir immer mit Vernichtung. Ignoriere es, ertrage den Schmerz, es ist ja nicht so, als ob er noch nachklingt. Du hast ja keinen Körper aus Fleisch, nur einen aus Elementen und Magie. Kein Leben, um das man sich fürchten müsste, keine Gefühle außer vorgegaukelte, nur dazu da, um zu verstehen, worüber Menschen reden...
Einfach Befehle befolgen, nicht denken, alte Routinen wieder finden, dann bestehst du weiter, kein Problem.

Der Meister erklärt mir knapp, welchen Weg er vom Ende der Abkürzung aus dem Frostfluss genommen hat, damit beginne ich wieder, im Kopf eine Karte zu zeichnen. Sicher finden wir so den Aufgang zu Gipfel bald. Aber was dann? Er will Baal töten, so viel habe ich mitbekommen. Was auch schon immer sein Plan war, früher oder später, der Pakt mit dem Großen Übel war gedacht, ihm Zeit zu gewinnen, um stark genug dafür zu werden.
Nun, egal – es hat mich nicht zu interessieren. Er wird mir sagen, was zu tun ist, und denken gehört nicht dazu.
Nach ein paar Minuten schüttelt der Meister auf einmal irritiert den Kopf. "He, Golem. Ich quetsche meinen Wirt gerade mehr und mehr aus, bald habe ich Zugriff auf seine letzten Erinnerungen, und nicht mehr lange danach werde ich den letzten Rest von ihm ausgelöscht haben. Was ist mit diesem 'Dorelem' in dir – machst du das Gleiche mit ihm?"
Der neue General ist noch nicht komplett verschwunden? Aber so, wie ihn der Meister im Griff zu haben scheint, ist das nicht einmal der Ansatz einer Chance. Die habe ich schon vor Jahrhunderten verloren...oder nie gehabt.
"Meister, seit Ihr Dorelem befohlen habt, in meinen Erinnerungen zu verschwinden, habe ich ihn nicht mehr gespürt", gebe ich ehrlich zu.
Er schwebt zu mir. "Ach?" Packt mich am Hals. "Sicher?" Drückt zu. Hebt mich vom Boden.
Es gibt körperlich keinen Sinn, aber halb drängt mich der Schmerz dazu, halb weiß ich, dass er das erwartet: meine Stimme ist ein Gurgeln. "Ja, Meister. Ich kann euch nicht anlügen, Meister."
Er lässt mich runter. "Leg deine Hand um deinen Hals, drück so fest zu wie ich gerade." Ich folge; es tut genauso weh.
"Dorelem, hörst du mich?", brüllt mich der Meister an. "Wenn ja, dann schließe jetzt deine Faust. Beende euere Existenz!"
Zur Hölle...wehe, wehe du bist wirklich noch irgendwo...wenn du mir das antust...
Zucken meine Finger? Sieht der Meister es? Nein! Was kann ich tun?
Da helfen mir meine jahrzehnte lang trainierten Instinkte, jedes Wort von Befehlen zu lesen.
Dorelem! Er hat "jetzt" gesagt, aber wenn du in meinen Erinnerungen bist, ist mein "jetzt" schon Vergangenheit! Du musst ihm nicht gehorchen!
Sekunden vergehen...
"Na, dann war das ja zumindest erfolgreich", schnaubt der Meister. "Du kannst loslassen und dich reparieren."
Meine verbogenen Halswirbel glätten sich. Ich atme innerlich auf, sage nichts; ich wurde nicht gefragt.
Ich mache mich wieder daran, den richtigen Weg zum Gipfel zu finden...da erschüttert plötzlich ein Beben den Berg. Bevor ich ernsthaft stolpere, hört es auf. Meine Hand bleibt noch am kalten Stein der Wand neben mir...und mir ist, als würde ich ein erbarmungswürdiges Heulen hören, das Geräusch von hilflosem Schmerz eines Verlusts, der nie wieder gut zu machen sein wird. Ich zucke zusammen, tief getroffen, aber der Schrei klingt nach, verursacht ein Echo tief in mir...oder hört er einfach nicht auf?
Was war das?
Ein schneller Blick zurück verrät mir, dass der Meister nichts bemerkt hat – er schwebt schließlich. Und er wirkt ein wenig mit sich selbst beschäftigt.
Statt weiter darüber nachzudenken, beeile ich mich, voranzuschreiten, bevor er doch etwas bemerkt, denn das kann nicht gut sein.
Einige Abzweigungen und Sackgassen später, überlege ich mir kurz, den Meister in die Irre zu führen; niemals kennt er sich noch aus. Sofort töte ich diesen Gedanken und entsorge die Leiche. Es würde nichts ändern, nur verzögern; und je schneller wir wieder an einem Punkt ankommen, wie es früher war, desto schneller kann ich mich wieder in meine alte Rolle finden. Es war fast schmerzlos, zumindest für längere Strecken, immer mal wieder.
Als der Meister wieder aus heiterem Himmel irritiert dreinschaut, eine Grimasse schneidet, den Kopf schüttelt und sich dann gegen den Helm klopft, erlaube ich mir allerdings doch die Frage, ob er je wieder wird wie früher. Nicht, dass ich das gut fand, aber...
Still, Golem! Du hast nichts zu finden!
...aber er war berechenbarer. Das hat nichts damit zu tun, dass ich ihn irgendwie manipulieren würde, Diablo bewahre mich vor solchen Ideen, aber wenn man immer gehorchen muss, hilft es, die Befehle zumindest in Teilen kommen zu sehen.
Ist es nur der General, dessen Seele der Meister in seinem neuen Körper noch nicht komplett ausgelöscht oder übernommen hat, die ihn so instabil machen? Oder hat seine eigene Seele doch Schaden genommen nach der Verteilung auf fünf Setteile, und natürlich nach all den Beschwörungen von...mir...
Nein, das ist natürlich Unfug.
Aber Spuren hinterlassen werden sein Tod und seine Wiedergeburt vielleicht doch...
Golem! Du denkst schon wieder über Dinge nach, die dich nicht zu interessieren haben! Wer hat dir befohlen, zu denken? Wer hat es dir erlaubt? Zeichne die Karte im Kopf, führe den Meister, das ist deine Aufgabe, der Rest ist überflüssig. Welchen Floh hat dir Dorelem nur ins Ohr gesetzt? Du weißt, wozu solche Gedanken führen. Hoffnung, von der du weißt, dass sie sinnlos ist – der Beweis schwebt hinter dir, in diesem Moment! Was brauchst du mehr, um zu schweigen, grausames Hirn? Bei den Tiefen der Hölle! Wie sehr ich dich hasse, für jeden Moment, in dem du deinen Unsinn auf mir abgeladen hast, Dorelem! Kannst du mich hören? Du bist an allem schuld...ich...ich glaube, wenn du wenigstens auch dabei verschwindest, könnte ich es sogar akzeptieren, vom Meister vernichtet zu werden!
Nein, nein, nein! Zumindest daran sollst du nicht schuld sein dürfen...diesen letzten Verrat, an mir selbst, werde ich garantiert nicht begehen. Ich weiß nicht, was über mich gekommen war, damals...Monate der Schwäche...
"He, Golem. Warum hast du eigentlich im Schinder-Dungeon versucht, mich umzubringen?", schneidet der Meister meine Gedanken entzwei.
Ich bleibe vor Schock einen Moment stehen.
"Mephistos Einfluss hat mich beeinflusst, Meister", stoße ich hervor. Was, versichere ich mir, nicht falsch ist.
Er schwebt näher. Zu nahe.
"Mephisto weckt den Hass in den Seelen der Menschen. Bist du ein Mensch, Golem?"
"Nein", krächze ich.
"Nein, Meister", knurrt er. Ich spüre seinen Atem über meinen Kopf streichen, er schwebt hoch genug. Meine Beine haben sich automatisch wieder in Bewegung gesetzt, zur Hölle, wenn er jetzt gegen mich stoßen sollte...
"Nein, Meister, es tut mir Leid", entschuldige ich mich mit eisernem Griff um meine Stimme. Kein Zittern, keine Angst darin. Angst ist etwas, das Menschen haben, Angst steht einem Werkzeug nicht, ein Werkzeug mit Angst ist defekt, defekte Werkzeuge werden aussortiert...
"Hast du eine Seele, Golem?", haucht der Meister über mich.
"Selbstverständlich nicht, Meister", erkläre ich tonlos. Wollte er dieses Wort hören? Habe ich übertrieben?
"Ja, das wäre doch wahnsinnig", lächelt er. Obwohl er hinter mir ist, kann ich sein Gesicht natürlich sehen. Er legt seine Hand auf meine Schulter, und von ihr geht eine Kälte aus, die das Feuer sofort löscht. Seine Finger ruhen auf dem Ton darunter, graben mühelos Furchen hinein, und es fühlt sich an wie die Klauen einer Bestie, die mich verschlingen will.
"Das wären die Gedanken eines Dieners, der für mich wertlos geworden ist, nicht wahr? Willst denn nichts wert sein, Golem?"
Kein. Verräterisches. Zittern. Obwohl mein Körper danach schreit...obwohl es keinen Sinn ergibt, ich habe keinen Körper, hatte nie einen, nur eine leere Hülle, mit keiner Füllung, warum fühle ich überhaupt? Das ist so...so unfair! Bist du das, Dorelem?
"Ein Diener hat keinen Willen, Meister."
Er schwebt um mich herum, legt beide Hände auf meine Schultern und starrt auf mich herab. "Das heißt, es ist dir egal, wenn ich dich hier und jetzt vernichte...?"
Warum tut er das? Warum spielt er mit mir?
Golem!
Ruhe!
Es hat dich nicht zu interessieren, warum! Er tut, was er will, ganz besonders mit dir, hat das schon immer, und es wird nie enden. Wenn du es richtig machst, wird es nie enden. Antworte einfach weiter! Denke nicht!
"Meister, wenn es Euer Wille ist, dann vernichtet mich."
"So, wie es dein Wille war, mich zu vernichten...als wärst du der Meister gewesen in diesem Moment?"
Hölle hilf mir, er hat sich komplett verbissen in diese Erinnerung, die nicht einmal seine eigene ist!
"Meister, in diesem Moment war euer...Wirt...so schwach wie nie zuvor. Euer Befehl war, Euch zurückzubringen. Den stärksten Totenbeschwörer, der je existiert hat und je existieren wird. Nicht ein von den Mächten der Hölle nach Belieben benutztes Wrack, das kaum in der Lage war, eine Höhle voller winziger Puppen zu durchschreiten! Ich fühlte mich...ich war gezwungen, dafür zu sorgen, dass ein anderer, stärkerer Wirt für Euch kommen würde!"
"Und doch hättest du damit meine Wiederkunft verhindert!"
"Wie hätte ich das wissen sollen, Meister? Ich bin nur ein Golem!", rufe ich, und hoffe, ja, hoffe, dass er meine Verzweiflung nicht hört.
Da sehe ich das Zucken seines Mundwinkels, ein Zucken, das ich kenne. Ein Zucken, das er immer hatte, wenn vor ihm jemand brach, seine Familie verriet, ihre größten Geheimnisse ausbreitete, oder einfach nur noch betteln konnte.
Die Momente, in denen er der Meister war über diese Menschen. Die er immer, ohne es jemals zuzugeben, aber ich wusste es seit dem ersten Mal, seit meiner Erschaffung, am meisten genoss von allen Momenten seines langen Lebens.
Er spielt mit mir, weil er Spaß daran hat. Er hat dies schon lange, lange Zeit nicht mehr getan, weil er wusste, dass ich längst gebrochen war, und so viele andere Menschen unter sich hatte, die es noch nicht waren. Aber jetzt hat er gerade niemand, darum muss ich herhalten.
Ist es nun vorbei? Kam der Moment und ging wieder? Bin ich ihm schon genug gebrochen, zum erneuten Mal?
Kann ich das überhaupt sein, wo ich doch immer noch klar analysieren kann, was er tut?
Ist er in seinem aktuellen Zustand überhaupt in der Lage, aufzuhören, oder genießt er sein neues Leben einfach zu sehr, um mich in absehbarer Zeit jemals vom Haken zu lassen?
Da sehe ich etwas, das eine viel brennendere Frage aufwirft.
Ein Monster stürmt heran. Ein gigantischer, drei Meter hoher Koloss aus Muskeln, Hörnern und einer blutroten Rüstung. Ein stierköpfiges Ungetüm, in jeder Hand eine Axt, unter seinen Füßen eine leuchtend rote Aura, die ihm die Geschwindigkeit eines Sprinters mit einem Zehntel seines Gewichts verleiht. Mit deren Hilfe er durch einen engen Gang fliegt, der fast nicht in der Lage ist, ihn überhaupt aufzunehmen.
Der Meister wird ihn niemals rechtzeitig bemerken, da er ihn nicht sieht. Vielleicht erreicht das Schleifen von Hufen auf dem Eisboden, das metallische Schaben von Rüstungsteilen aneinander und das Schnauben und Stampfen des halben Dutzend anderer Dämonen hinter ihm gerade erst seine Ohren, vielleicht wird er sich in einer weiteren halben Sekunde langsam, viel zu langsam umdrehen.
Und von den beiden Äxten, Knochenrüstung hin oder her, zu einem feinen roten Nebel verarbeitet werden.
Und dann?
Freiheit von seinem Wahnsinn? Kein Ventil mehr für seinen Sadismus, kein Werkzeug seiner perversen Machtgelüste...
Keine Existenz mehr...
Schwärze...
Blitzschnell packe ich ihn an den Hüften und reiße ihn zur Seite. "Passt auf!", schreie ich dazu, trete nach vorne, dem Monster entgegen, und etwas in mir geißelt mich, verflucht meine Schwäche, meine Angst vor der Schwärze, meine gefühlte Verantwortung vor etwas, das ich nicht definieren kann, nie konnte...nie wollte.
Aber dafür habe ich jetzt keine Zeit, nicht wahr?
Ganz kurz fühle ich mich noch wie ein Hase vor einer unkontrollierbar heranstürmenden Horde wilder Tiere. Woher hat Baal diese Monster? Sie kommen mir nicht bekannt vor...und die meisten seiner Truppen hat Baal nur von existierenden Dämonen seiner Brüder kopiert.
Egal, Golem. Hör auf zu denken.
Ich bin eine Kampfmaschine, ein Werkzeug des Todes. Ich weiß genau, was ich zu tun habe, es gibt keinen Platz für Zweifel...im Kampf. Und sonst auch nicht.
Als die erste Axt herabsaust, entschlüpfe ich ihr, denn bei einer solchen Geschwindigkeit nach vorne kann er schlecht zur Seite korrigieren. Er hat sie zu früh gehoben – so wusste ich, dass er mit der rechten Hand schräg von oben nach unten zuschlagen wird, in voller Erwartung, dass ich ihm nie entkommen würde und er jetzt durch meine beiden Hälften weiterlaufen kann.
Aber ich stehe noch. Und seine zweite Axt wird von der ersten blockiert. Er ist natürlich auch im Reagieren extrem schnell; bleibt stehen, schlittert nur ganz leicht auf dem gefrorenen Boden, dreht sich so um, dass er mit der zweiten Axt aus der Bewegung zuschlagen kann...
Zu spät, meine Faust hat bereits seine Seite gefunden. Er trägt schwere Rüstung, die meine Klauen nie durchdringen werden können; aber das muss er spüren. Es lässt ihn zusammenzucken, nur kurz, aber wieder lange genug. Ich packe die Axt direkt unterhalb der Klinge am Griff; lasse mich mitreißen, ohne die Kontrolle zu verlieren, weil sein Schlag nicht mehr die volle Wucht seiner dämonischen Stärke hinter sich hat.
Ich schwinge mich um den Griff, die Beine nach oben und umschere seinen Hals. Beinahe schaffe ich es nicht, meine Füße zusammenzubringen, so dick ist sein Nacken. Mit ihm selbst als Stütze reiße ich an der Waffe, während ich Ton- und Feuertentakel aus meinen Händen wachsen lasse, um seine Hände zu verbrennen, die Finger wegzuschlagen; es ist ein gewaltiger Kraftakt, aber er lässt los, und ich besitze ein Mordinstrument mit einer Zwillingsklinge, die halb so groß ist wie ich.
Er lässt die zweite Axt hochfahren, aber ich pariere mit meiner eigenen. Seine freie Hand greift nach mir...und ich lasse ihn. Er zieht mich von seinem Rücken weg, will mich werfen...
Mit beiden Händen, sonst könnte ich die gigantische Waffe gar nicht führen, spalte ich ihm den Schädel.
Derweil sind zwei seiner Kumpanen an mir vorbei gelaufen, aber gegen eine Wand aus Skeletten geprallt. Für einen Moment halten die Wächter sie ab; doch mit jedem Schlag ihrer Äxte werden die Monster schneller, bis ich überhaupt nicht mehr erkennen kann, wo die Klingen sich gerade befinden. Unter dem gewaltigen Ansturm der gegnerischen Raserei knicken sogar die mächtigen Diener des Meisters ein...
Ein genau gezielter Knochenspeer durchdringt das Auge eines der Monster. Sofort explodiert die frische Leiche und wirft den zweiten aus dem Gleichgewicht. Die noch intakten Skelette stürzen sich auf ihn...
Er fegt sie weg; sie kamen nicht durch seine Rüstung.
Ich hingegen...
Werde fast gezweitelt. Mit einer Rolle, gerade noch rechtzeitig, bringe ich mich in Sicherheit vor den Gegnern von hinten. Aber ich musste kurz inne halten, damit sie stehen bleiben, um die Äxte zu schwingen. Jetzt bin ich nahe an dem von der Explosion abgelenkten Minotauren. Ein Klauenhieb zerfetzt seine Achillessehne, er brüllt, fällt, ich tanze aus dem Weg, bringe seinen Körper zwischen ihn und die wieder nahenden anderen Angreifer, hole mit meiner freien Faust aus, forme eine Feuerlanze vor ihn und finde die Schwachstelle seiner Rüstung zwischen seinen Beinen. Mein Schlag lässt Rauch aus seinen Augenhöhlen quellen. Was ist mit den anderen...? Haben sie erkannt, dass ich eine große Gefahr bin, wollen sie mich ausschalten? Sind sie noch schlauer und steuern stattdessen auf den Meister zu?
Da erhebt sich der gerade von mir Ausgeschaltete plötzlich wieder. Was zur Hölle, wie ist er daran nicht...?
"Kümmere dich um den Helden!", schreit mir der Meister da zu, und ich verstehe. Der frisch Wiederbelebte packt mich...und wirft mich weit nach hinten, über die Köpfe zweier anderer Monster hinweg. Ich habe zum Glück immer noch Ton und Feuer um die Axt gewickelt...das Gefühl beschleicht mich, dass ich sie brauchen werde.
Als ich lande, entsteht hinter mir eine Knochenwand. Der gegnerische Held war zurück geblieben, womöglich um in Sicherheit zu garantieren, dass die Diener für den ganzen Kampf die Vorteile seiner Aura genießen können, aber jetzt muss er sich um mich kümmern...und muss weder auf Überraschungen von hinten achten noch darf ich auf Hilfe hoffen.
Er ist noch größer als seine Untergebenen, trägt scharlach schimmernde Rüstung über obsidianem Fell, seine Hörner sind Elfenbein. Die Zwillingsäxte sind aufwändig ziseliert, die Aura unter seinen Füßen macht ihn gottgleich erhaben.
Und ich muss ihn fällen. Sofort suche ich nach Schwachstellen in seiner Rüstung; eine offensichtliche habe ich ja gerade schon gefunden, ebenso wie die nackten Hufe und ihre Sehnen. Sein Hals ist zu breit, um ordentlich geschützt zu sein. Doch wie den Kampf beginnen?
Ich kann es kaum glauben, aber ich versuche eine Taktik von Dorelem...und rede mit ihm.
"Und mit wem haben wir hier die Ehre?", spotte ich, während ich in einem langsamen Halbkreis vor ihm schreite, die Axt wiegend.
"Wir sind die Fürsten des Mondes", donnert er. "Baals Triumph hat uns erweckt, und als seine ersten Heralde werden wir Zerstörung über den Arreat bringen!"
"So, wie ich das sehe, muss Baal erst noch mit uns klar kommen, bevor er wirklich endgültig gesiegt hat."
"Ach? Ist nicht die Korruption des Weltsteins bereits sein Triumph, alles danach an Widerstand aufsteigende nur hilfloses Winden bereits zertretener Würmer?"
Der Weltstein...ist bereits korrumpiert?
Wir sind zu spät?
Das Beben durch den ganzen Berg gerade eben! Nein...wir waren so nah!
Ich beiße meine Metallzähne zusammen. Das hat mich nicht zu interessieren, nicht im Geringsten. Die ganze Mission war von vorneherein nur ein Vorwand, um den Meister zurück zu holen. Für ihn ist es jetzt viel schwieriger, Baal zu schlagen – aber das ist sein Problem. Dunkel bezweifle ich, dass es ihn sonderlich kümmert. Er ist schon jetzt viel mächtiger, als er je war. Das würde er sicher nie offen zugeben, aber der junge General war auch ohne Trang-Ouls Setteile bereits ein unglaublich talentierter Nekromant. Sobald ich das erkannte, wollte ich ihn ja eigentlich auch...
Vorbei und zu vergessen. Was zählt, ist der letzte Befehl...immer nur das und nichts anderes.
"All dies mag sein", antworte ich also dem Mondfürsten. "Aber an diesen Würmern kannst du immer noch ersticken, und damit wird sich deine Rückkehr in Minuten messen."
Ich hole mit der Axt weit aus, beide Hände am Griff, schwinge sie in der Luft, einmal, zweimal drehe ich mich – und werfe sie dann. Habe mich geirrt vorhin...sie würde mich nur belasten.
Er wehrt sie natürlich ab, aber schon bin ich hinterhergestürmt, und er hat die Waffen erhoben. Ich werfe mich nach vorne, zwischen seinen Beinen hindurch, springe auf und...
...muss ausweichen. Hölle! Diese Geschwindigkeit muss von seiner Aura stammen, oder hat er meine Taktik kommen sehen?
Ein Hieb der anderen Axt, ich ducke mich erneut. Da kommt schon wieder die erste...schneller und schneller werden die Klingen. Hastig schlage ich ein Rad zur Seite, so agil war ich früher nicht! Aber ich habe es auch nicht gebraucht. Und so ungern ich es zugebe, Dorelems Unerfahrenheit kommt mir nun sehr zugute – er hat immer wieder neue Ideen in unsere Kämpfe gebracht, und irgendwie habe ich mich daran gewöhnt.
Meine Hand aus Feuer und Ton löst sich von den Knochen darunter, streckt sich vor und schnappt die Axt wieder. Ich ziehe sie heran, gerade rechtzeitig, um eine von denen des Mondfürsten abprallen zu lassen. Und den zweiten Hieb...ich ändere den Winkel...lasse ich abgleiten.
Ein Mensch könnte dies nicht, oder nur nach Jahrzehnten des Trainings, aber ich kann den Griff meiner Axt natürlich einfach in meinen Händen drehen, weil ich keine Haut habe, die Fest an den Muskeln darunter haftet. So verteidige ich mich, Hieb um Hieb, aber bald wird er mir zu schnell. Ich kann kaum mehr sehen, woher sein nächster Schlag kommt. Das weiß er auch, ein bestialisches Grinsen breitet sich in seinem Stiergesicht aus.
Aber das heißt, er verlässt sich darauf, mich einfach zur Geschwindigkeit zu übertrumpfen...
Er wird also nicht aus seinem Rhythmus brechen. Aber ich kann das! Wie hingegen? Verdammt, ich hätte nicht gedacht, dass ich Dorelems wahnsinnige Ideen so schnell vermissen würde!
Ach was! Das bekomme ich auch hin. Vor mir ist absolut kein Durchkommen, ich kann nicht springen, ich kann nicht zur Seite, weil seine Schwünge zu weit sind. Hinter mir...
Die Knochenwand ist weniger als zwei Meter entfernt.
Ich lasse aus meinem Rücken eine Feuerpeitsche wachsen, länger, länger, schneller! Kaum komme ich mit der Abwehr nach, da, endlich, findet der tastende Tentakel Halt zwischen Knochenfragmenten.
Eine Axt saust durch die Luft, wo gerade noch ich war, als ich mich nach hinten weg ziehe. Der Mondfürst stolpert, weil er Widerstand erwartet hat, entweder von meiner Axt oder von meinen Metallknochen...
Ich lande genau richtig, winkle die Beine an und schieße wieder weg von der Knochenwand. Seine andere Axt ist noch erhoben, bereit für den nächsten Schlag. Mit den Fäusten voran pralle ich gegen die sie haltende Hand, breche ihm einen oder zwei Finger, und im Fallen packe ich sie für mich.
Jetzt habe ich zwei, und er eine. Aber auch meine Golemstärke ist nicht in der Lage, beide gleichzeitig vernünftig zu halten. Kurz ist der Titan noch abgelenkt; was jetzt?
Die Schwachstelle suchen! Ich nehme die leichtere Axt seines Dieners und schwinge sie schräg nach oben. Da dreht er sich weg, ich ändere den Kurs...und sie bleibt zwischen zwei Platten seiner Rüstung in seinem Rücken stecken.
Er greift mich der verletzten Hand nach mir, aber sein Ducken lässt den Axtgriff hochschwingen, und ich halte ihn noch, also bin ich gerade so außer seiner Reichweite.
"Du Pest!", brüllt er.
Eines seiner Hörner ist in Griffweite! Ich bekomme es schwach zu fassen, bevor er sich wieder aufrichtet. Blöde glotzt er mich an, als ich plötzlich vor ihm hänge. Meine Faust landet schwer auf seinen Nüstern, aber davon falle ich wieder, weil mein Griff nicht fest genug war. "Also Mörder von Millionen?", schreie ich zurück – er soll richtig rot sehen.
Und tatsächlich kommt da der nächste Axtschwung, aber nur mit einer Hand, also kann ich auf seine waffenlose Seite ausweichen.
Doch da hat er natürlich noch einen Arm, und damit packt er mich am Schädel.
"Ich werde dich zerquetschen!", schreit er. Das ist eine Drohung, die ich wirklich noch nie gehört habe. Er würde es wahrscheinlich auch schaffen, in wenigen Sekunden sogar, aber eben nicht sofort – denn seine Hand ist verletzt! Der Druck auf meinen Schädel steigt, doch ich spüre ihn zucken, als der Schmerz in seinem Hirn ankommt. Da landet ein Feuertentakel auf dem Schutz seines anderen Arms, und ich stecke alle Hitze hinein, die ich noch habe.
Das Fell unter dem Metall explodiert sofort in Flammen. Mit einem Schrei, der mir kurz Sorgen wegen Höhleneinstürzen bereitet, lässt er mich los.
Ich gleite um ihn herum, packe die Axt, die noch in ihm steckt, und klettere seinen Rücken hoch. Mein langer Griff erreicht eine seiner zu Boden gefallenen Waffen. Mit den Beinen um seinen Hals geschlungen halte ich mich fest, und die Klinge saust herab...
Er fällt in die Knie und ich rolle davon. Drehe mich zu ihm um, stehe auf...und er auch. Die Axt steckt im Fleisch seines Nackens fest, Blut fließt an ihm herab, aber er ist noch am Leben, deutlich sogar. Er bückt sich nach seiner zweiten Waffe, wild schnaubend, was den Rauch von seinem Arm zerstäuben lässt.
"Genug", schneidet da die Stimme des Meisters in die momentane Ruhe. Der Mondfürst fährt hoch; ich zucke auch leicht zusammen. Wie lange sitzt der Meister da schon auf einem ätherischen Sessel aus Knochen, der in der Luft schwebt? Er legt seine Fingerspitzen zusammen.
"Deine Diener sind alle tot und mein Golem alleine ist dir über. Du wirst mir einige Fragen beantworten, und wenn ich zufrieden bin, werde ich dich schnell in die Hölle zurück schicken."
"Du kannst dort auf mich warten!", brüllt das Monster und läuft los...da stürzen zwei seiner ehemaligen Diener neben dem Meister hervor, schwingen ihre Äxte und treffen zielsicher die Kniescheiben der Rüstung ihres Helden. Ein hässliches Knirschen donnert durch den Raum, und Stierhörner bohren sich in den Boden. Ich gleite elegant zur Seite, um nicht zerschmettert zu werden.
"Hoch mit ihm, Golem!"
Ich steige über den Kopf des Mondfürsten hinweg, mit Krallen ausgestreckt. Meine Fußspuren brennen sich in das Fell. Der Meister will es so und nicht anders, das weiß ich natürlich...etwas in mir tut so, als wäre mir das unangenehm. Aber das ist natürlich Unfug, Quatsch, absurd, lächerlich. Werkzeug...Werkzeug.
Meine Beine landen hart im Rückgrat des Monsters, ich packe seine Hörner und reiße den Kopf nach oben, damit er den Meister ansehen kann.
"Wer bist du?", fragt der Meister.
"Dein schlimmster Alptraum!"
Eine Kopfgeste des Meisters zu mir. Ich wechsle meine linke Hand von Horn zu Axtgriff und drehe ihn etwas in der Halswunde. Der Minotaur zuckt unter mir, aber bleibt stumm. Der Meister seufzt. Verstärkter Schaden erscheint über dem Kopf des Monsters. Ich reiße die Axt aus ihm und ramme stattdessen meine Klauen in ihn. Mehr Kontrolle.
Er bäumt sich auf, aber die Hufe der Wiederbelebten halten seine Schultern auf dem Boden fest.
"Lister. Man nennt mich Lister", gibt er schließlich zu.
"Sehr schön. Lister, du hast gesagt, dass Baal den Weltstein schon korrumpiert hat. Das war keine Lüge?"
"Nein. Er hat bereits gewonnen, und ihr habt keine Chance mehr, ihn..."
Der Meister schneidet ihm mit einer seitlich gewischsten flachen Hand das Wort ab. So weit ist er schon? Lister wird nicht mehr lange durchhalten.
"Mehr Druck, Golem." Als der Meister das sagt, greifen die Minotauren nach den Hörnern, damit ich die Hände frei habe. Listers Kopf ist jetzt völlig unbeweglich. Also nehme ich die andere Hand, greife um seinen Kopf und lasse ihm die Klaue sehen. Sehr, sehr nahe an seinem Auge. Dann heize ich sie auf, bis sie rot glüht.
"Wenn sie weiß glüht, wirst du geblendet. Sobald du nichts mehr siehst, wird sie in deinem Schädel landen", erkläre ich.
Der Meister nickt. "Also fasse dich kurz. Baal hat den Weltstein korrumpiert?"
"Ja!"
"Warum hat es dann doch so lange gedauert? Ich hatte nicht den Eindruck, dass wir ihm wirklich dicht auf den Fersen waren."
"Er musste warten, bis jemand für ihn das Siegel brach...das Siegel, das den Turm versperrte!"
"Aha. Nun, noch ist nichts passiert, was ich bemerken würde. Also ist Baal noch nicht fertig damit, den Weltstein für sich einzunehmen?"
Lister zögert, bis ich meine Faust in ihm balle.
"Nein! Nein, ist er nicht! Ihr könnt ihn noch aufhalten!"
Meine andere Klaue wird heißer und heißer...ich spüre, wie Listers Fell sich vom Schweiß anfeuchtet. Sein Schmerz wird noch zusätzlich vom Fluch des Meisters verstärkt. Die gewaltigen Muskeln beginnen unter mir zu zittern. Der Meister bleibt stumm...
"Was wollt Ihr denn noch?", brüllt Lister verzweifelt.
Die Mundwinkel des Meisters zucken.
"Ich bin der General, was du wüsstest, wenn du nicht wertloses Exkrement wärst. Baal kennt mich hingegen gut, ich war sein treuer Diener. Das werde ich wieder sein. Überbringe ihm diese Nachricht. Oder brenne für immer in der Hölle, deine Entscheidung."
"Ich...ich werde es ihm sagen! Lasst mich los, und ich bringe Nachricht von Euch!", bettelt Lister. Meine Klaue verliert an Farbe...sein Auge verliert an Licht.
Der Meister blickt abwesend drein. "Ach, aber wie sollst du auf diesen Beinen Baal vor uns erreichen? Denkst du überhaupt einmal nach?"
"General, ich...", keucht Lister.
Langsam schwebt der Meister näher, unterbricht Lister mit einer erhobenen Hand. Wirft einen schnellen Blick auf meine Klaue; wieder das Zucken der Mundwinkel. Er richtet sich glatt auf, benutzt seine Beine für die letzten Schritte, kniet sich nieder, um Lister in das verbliebene Auge zu blicken.
"Natürlich wirst du einen kleinen Umweg machen. Schrei laut genug, damit Baal dich hört. Oder brenne für immer da unten. Hast du mich nicht klar genug verstanden?"
"Nein...!"
Der Meister steht auf und schwebt wieder hoch, dann an Lister vorbei. "Doch. Golem, bring ihn zum Verstehen."
Die Klaue landet in Listers Gehirn.

Wenige Minuten später haben wir den Aufgang zum Gipfel gefunden. Es ist eine etwas unscheinbare Treppe, aber helles Sonnenlicht zeigt sie uns. Natürlich ist der Arreat über den Wolken...wie hoch ist der Meister nur gestiegen in der recht kurzen Zeit, wo er alleine unterwegs war?
Wir treten aus einer Einhausung, ein Quader aus groben Steinen, der die Stufen vor Witterung schützt. Frische Fußspuren zeichnen sich im leuchtend pulvrigen Schnee ab, und auch sonst ist dieser alle andere als ungestört; es gab hier einen heftigen Kampf! Als ich weiter hinaus auf das überraschend flache Gipfelplateau trete, sehe ich, wie der Schnee überall zerwühlt ist, bis hinunter auf den blanken Stein. Zwei Reihen Steine ragen parallel aus dem Boden, führen nach hinten, von ihnen ist sogar einer zerbrochen. Zwischen ihnen zwei Torbögen, kunstvoll gemeißelt und verziert, und zwischen diesen eine erhobene, kreisrunde Plattform, mit in den Boden eingelassenen Ornamenten. Vier flache Stufen führen hinauf.
Hinter all dem, ein gewaltiger Turm – der Weltsteinturm. Ein Steinmassiv, klar funktionelle barbarische Architektur. Aber zunächst nicht wichtig. Auf der Plattform stehen fünf Objekte. Ein Steinblock in der Mitte, runische Schrift darauf eingemeißelt, schräg erhoben als wäre es ein Buchständer. Auf neun, zwölf und drei Uhr davon jeweils eine Statue aus Stein, von drei Barbarenkriegern; ein Schwertträger, dessen Waffe für die meisten Menschen zweihändig wäre, aber er hat ein Schild dazu. Ein Führer einer gewaltigen Hellebarde. Und schließlich ein Axtwerfer, wie Emund es war.
Aber es ist noch eine vierte Statue, fast genau auf sechs Uhr.
Ein Eisblock, aber darin eingefroren eine menschliche Gestalt...
Oh, es ist Natalya.
 
Unglaublich, wie du den inneren Konflikt des Zweiten beschreibst.
Die ganze Grausamkeit des alten Generals steht so klar im Raum, der Zweite kämpft nicht dagegen an, sondern gegen den Wunsch dagegen anzukämpfen, weil es so sinnlos erscheint auch nur Gedanken daran zu verschwenden.
Die immer wieder auftauchenden Gedanken an Dorelem halten den Köder der Hoffnung aufrecht und den Leser sicher an der Angel, während du uns quälst und die Beschreibung der Foltermethoden des alten Generals selbst als Folter einsetzt.
Das schnelle Vorankommen der Gruppe erhöht in gleichem Maße Hoffnung auf den Sieg über Baal, der bald stattfinden müsste, weil er sonst zu stark wird, und Angst darum, ob der gute General zurückkehrt, bevor der alte zu große Macht erlangt und ihn komplett auslöscht. Zwischenzeitliches erwähnen des Fortschritts bei der Seelenauslöschung durch den alten General erhöht natürlich die Gedult...

Während des letzten Absatzes habe ich mich die ganze Zeit gefragt, ob ich den Gipfel des Arreat oder die Anzahl der Urahnen falsch in Erinnerung habe... Schön wär's!

Der letzte Satz hat eine Durchschlagskraft... Gerade dadurch, dass er so trocken gedacht wird.... "Oh, es ist Natalya." - keine lange, dramatische Ausführung von Gefühl, Bedeutung oder Hintergrund könnte so Einschlagen, wie diese seelenlos-pragmatische Feststellung. Ich habe bestimmt eine Minute lang nur auf diesen letzten, kurzen Satz gestarrt, während diverse Gedankenstränge sich in meinem Kopf aus ihren gewöhnlichen Plätzen entfernten und eine seltsame Schlacht aufführten, wobei ich vorerst keinen davon wirklich fassen konnte.

Inzwischen haben sich zwei als etwa gleichstarke Sieger hervorgetan:

1. Das ist, worauf wir alle so lange gewartet haben.
und
2. Das ist die ultimativie Negierung all dessen, worauf wir alle so lange gewartet haben.


1. geht davon aus, dass - vor oder nach dem Kampf mit den Urahnen - der alte General Natalya irgendwelche Grausamkeiten antun möchte (warum? weil er es kann!). Dadurch wird der zurückgezogene Rest der Seele des guten Generals so erschüttert und wütend gemacht, dass er es (unter Umständen mit Hilfe durch die Urahnen? wer weiß schon, wozu die Fähig sind? vielleicht lassen sie ja auch den bösen General gar nicht in den Weltsteinturm.) schafft die Fesseln des Seelenkäfigs oder auch nur der Seele des alten Generals zu sprengen und somit entweder die Rüstung selbst, oder den negativen Einfluss loszuwerden.
Damit hat die Liebe gesiegt; er rettet Natalya; die Golems dürfen Namen, Gefühle und Seele besitzen; zusammen besiegen sie Baal; und Meister wie Golem leben glücklich mit ihren Frauen/Freundinnen zusammen (spätestens nach Baals Tod, vielleicht auch schon direkt, nachdem der gute General wieder übernommen hat, kehren sie nach Harrogath zurück und versöhnen sich mit Allen)

2. geht davon aus, dass - vor oder nach dem Kampf mit den Urahnen - der alte General Natalya irgendwelche Grausamkeiten antun möchte (warum? weil er es kann!). Der gute General versucht vielleicht, sich aufzubäumen, schafft es aber nicht, oder er ist bereits zu schwach/ vernichtet um irgendwie in Erscheinung zu treten. Der alte General tötet/foltert/vergewaltigt/*andere gruselige, eklige Ideen* Natalya. Der Golem kann nur zusehen, wird vielleicht vernichtet, als er versucht ihr zu helfen. (Der Gedanke, der alte General könnte selbst irgendwie auch nur weniger schlecht werden hat nich lange überlebt - Ich gehe davon aus, dass er 100% Böse ist (ja großgeschrieben) und selbst, wenn wir Gründe für die Bosheit erfahren würden und sie nachvollziehen könnten, würde es vermutlich nichts daran ändern, weil es lange zu spät ist, ihm zu helfen.)
Der alte General besiegt Baal - nur, um dessen Platz als Herrscher der Welt einzunehmen. Er ist mindestens so schlimm wie Baal selbst. Sanktuario steht unter einer fürchterlichen Schreckensherrschaft. (Vielleicht führt er auch noch Krieg gegen Himmel/Hölle)


Ich hoffe wirklich, dass sich 1. durchsetzt.



PS: Ich lese relativ viel, aber ich kann mich an keine Geschichte, kein Buch, keinen Bestseller erinnern, der mich so mitgerissen hätte, wie deine Quintologie (nennt man das so?). Du stehst in der Liste meiner Lieblingsautoren an oberster Stelle - über Tolkien, über George Martin, über Stephen King...
Natürlich kenne ich Diablo II und der Wiedererkennungseffekt bei Personen und Orten ist toll, aber "Ich denke also bin ich" ist in sich schlüssig und kann durchaus ohne das Spiel selbstständig bestehen.
Wenn das copyrighttechnisch geht, bzw. wenn Blizzard zustimmt, solltest du die Story, wenn sie fertig ist, an Verleger schicken, oder was man genau machen muss, um ein physikalisches Buch daraus zu machen (vielleicht macht Blizzard ja sogar mit und unterstützt dich - wäre nur klug).
Das hier ist eine der wenigen Geschichten, für die ich den Neupreis Zahlen würde (der bei 5 Büchern vermutlich bei über 100 € läge).

PPS: Mann ist das viel Text geworden...
 
wie wärs mit einer 3. Theorie?
Wieso sollte sich der Alte General für Natalia überhaupt interessieren? Selbst wenn er die Erinnerungen ausgequetscht hat, ein kleines Liebestechtelmechtel sollte eigentlich wenig interessant für ihn sein ... und wieso sollte ihn die Gestalt da überhaupt interessieren, quälen ist in diesem gefrorenen Zustand relativ kompliziert kann ich mir da vorstellen ...

Nein, was erstmal passieren wird ist, dass Natalia mit nichtbeachtung gestraft wird, allerdings erst nachdem sie registriert wird. Insgeheim ist meine Theorie ja schon länger, dass sich der Junge General die ganze Zeit über volkommen bewusst ist was die Seele des alten Generals mit ihm anstellen würde. Evtl ist der Plan einfach der, mit Hilfe der Macht Baal zu überrumpeln und sich danach aus eben jener zu befreien ... weil er wie auch immer vorkehrungen getroffen hat, weis der Geier wie :D
Letzten Endes wird es vielleicht eher darauf hinauslaufen, dass der Junge den Alten doch etwas unterschätzt hat und sich die Befreiung als schwierig erweist ... wobei dann Natalia wieder ins spiel kommt und irgendwie was rüttelt
 
Andererseits wäre es am sichersten, wenn sich zweiter darum gekümmert hätte(oder hat jemand in der Hölle(Azmodan, Belial? bin zu faul den richtigen Namen rauszusuchen) etwas damit zu tun?). Damit wäre fast sichergestellt, dass der General nichts mitbekommt und bekanntlich sollte zweiter dabei helfen den General zurückzuholen, aber da stand nicht für wie lange.

Ich habe ein paar Ideen wie, aber die sind eigentlich zu weit hergeholt. Eine davon möchte ich euch aber nicht ganz vorenthalten. Ein Teil der Idee ist den neuen General dazu zu bringen, den alten General abzulenken, aber wie geht das am zuverlässigsten? Ganz klar durch Natalyas Tod.:ugly:
 
Vom Bein dürfte er eigentlich nichts mehr spüren oder hat die Asche damals darauf doch nicht so ganz gewirkt wie beschrieben

„Meine Gedanken rasen wie mein Herz! Ständig fallen mir Dinge ein, schießen mir Ideen durch den Kopf, dieser Knochenthron, deine Finger, mehr, als ich spontan aufzählen kann, aber ich will sie testen! Dieses Elixier...es hat nicht nur die Krankheit entfernt, verstehst du es nicht? Ich bin gesund, so gesund, wie es nur gehen kann! Schau dir mein Bein an!“

Er krempelt seine Hose hoch. Die Narben, wo der Streitkolben des Ziegendämons einst Alles zertrümmerte – sie sind noch da...aber ich weiß genau, wie sie immer aussahen, ihre Struktur ist anders. Und da erinnere ich mich an mehr – wie er jetzt geht. Er läuft nicht, er springt – auf dem linken Bein...

„Es ist...darunter völlig in Ordnung?“

Das rechte Bein in die Höhe haltend, springt er auf dem vernarbten herum.

„Mehr als das, wie jeder andere Teil von mir. Die Narben sind reine Kosmetik, jede Bewegungsfreiheit, die sie mir genommen hatten, weil die Haut sich nicht so gut spannte, ist zurück! Auch die auf meiner Stirn ist nicht mehr so tief, vielleicht schließt sie sich sogar, wenn die Hornhaut nachwächst. Alle Spuren jeder Verletzung, die ich je hatte, weg!“

Ansonsten schönes Kapitel, zum spekulieren find ich vll morgen Zeit.

Gruß
Maragan
 
destrution schrieb:
Wieso sollte sich der Alte General für Natalia überhaupt interessieren? Selbst wenn er die Erinnerungen ausgequetscht hat, ein kleines Liebestechtelmechtel sollte eigentlich wenig interessant für ihn sein ... und wieso sollte ihn die Gestalt da überhaupt interessieren, quälen ist in diesem gefrorenen Zustand relativ kompliziert kann ich mir da vorstellen ...

Gerade wurde beschrieben, dass die Augenblicke in den der alte General einen Menschen innerlich bricht, seine schönsten sind. Also würde es ihm vermutlich grossen Spass bereiten Nat zu erwecken und ein bisschen zu quälen. Vor allem auch um den jungen General zu peinigen.
Erwecken funktioniert (natürlich?) genau so wie bei den Urahnen (klick mit der Maus auf den Altar :p).

Zum weiteren Verlauf hoffe ich, dass das erscheinen von Natalya irgendeinen Effekt auf einen der beiden im Geist eingeschlossenen hat...Dorelem ist ja immer noch irgendwo da, und auch den jungen General gibt's noch.

Allerdings ist da immer noch die Zeile mit "nur noch Eskalation", und diese lassen die Hoffnungen auf das Happy End schon arg schwinden.

Zitronenfalter schrieb:
PS: Ich lese relativ viel, aber ich kann mich an keine Geschichte, kein Buch, keinen Bestseller erinnern, der mich so mitgerissen hätte, wie deine Quintologie (nennt man das so?). Du stehst in der Liste meiner Lieblingsautoren an oberster Stelle - über Tolkien, über George Martin, über Stephen King...
Natürlich kenne ich Diablo II und der Wiedererkennungseffekt bei Personen und Orten ist toll, aber "Ich denke also bin ich" ist in sich schlüssig und kann durchaus ohne das Spiel selbstständig bestehen.
Wenn das copyrighttechnisch geht, bzw. wenn Blizzard zustimmt, solltest du die Story, wenn sie fertig ist, an Verleger schicken, oder was man genau machen muss, um ein physikalisches Buch daraus zu machen (vielleicht macht Blizzard ja sogar mit und unterstützt dich - wäre nur klug).
Das hier ist eine der wenigen Geschichten, für die ich den Neupreis Zahlen würde (der bei 5 Büchern vermutlich bei über 100 € läge).

Ich stimme dir zu. Nur müsste man, jedenfalls im ersten Teil, relativ viel neu schreiben. Man erkennt beim wiederholten Lesen aller Teile äusserst gut wie die Schreibqualität wächst. Besonders gefallen hat mir der Abschnitt wie der General die Barbaren beschreibt. Und auch der innere Konflikt des Zweiten...

Grosses Kino!!! Apropos, wann kommt die Verfilmung? :D
 
Zuletzt bearbeitet:
[...]

PPS: Mann ist das viel Text geworden...
Vielen Dank für deine Mühe, deine Gedanken in Worte zu fassen! Besonders freut mich, wie beeindruckend du den letzten Satz fandest. Der war mir wichtig, und es ist sehr schön, dass meine "Ausrufezeichen oder nicht? Wie den Satz davor neutral genug formulieren, damit es eine Überraschung bleibt? Ist der Zweite schon wieder abgestumpft genug, oder..." Überlegungen Früchte getragen haben. Diese Bedeutungen zwischen den Zeilen durch nur wenige Wörter zu wecken ist eine große Kunst, und dass ich es in diesem Fall geschafft habe, bedeutet mir viel mehr als wieder mal ein cliffhanger (wobei ich die, zugegebenermaßen, gerne schreibe...weil Kapitel imho einfach besser mit einem Knall enden).
Trotzdem müssen wir nicht übertreiben.

Ich stimme dir zu. Nur müsste man, jedenfalls im ersten Teil, relativ viel neu schreiben. Man erkennt beim wiederholten Lesen aller Teile äusserst gut wie die Schreibqualität wächst.
Das ist nämlich absolut richtig - ich finde eigentlich nur den letzten Teil zufriedenstellend, allein schon deswegen, weil es erst seit Akt 5 wirklich meine Geschichte ist. Es hat mir wahnsinnigen Spaß gemacht, die völlig neue Handlung in Nekropolis zu planen, neue Charaktere einzuführen und so weiter - das müde Abhandeln von Quests ging mir spätestens Ende Akt 3 gehörig auf den Geist, weswegen Akt 4 auch so lange gedauert hat.
Oh, und wenn es wirklich gut wäre, dann würde ich auch besser planen, mehr Notizen machen und gewaltige Plotlöcher wie das erwähnte mit dem gesunden Bein vermeiden. Hoppla! Es ist nicht wirklich relevant (spoilers: es wird keine Szene geben, wo der alte General stolpert, weil er vergessen hat, dass sein Bein kaputt ist), darum änder ich es jetzt nicht, aber eigentlich ist das peinlich und muss auch nicht sein. Wie gesagt, wenn man einen Masterplan hätte und nicht einfach drauf los schreibt.

Abgesehen von meiner Selbstkritik gibt es natürlich auch noch etwas anders zu bedenken: ich werde sicher nicht bei Blizzard anrufen und ihnen sagen, ich hab da eine Fanfiction in deutscher Sprache, die ist seit zwei Jahren echt gut, versprochen, gebt ihr mir bitte bitte euren Segen, damit sie geschätzt 20 Leute auf einem sterbenden Internetforum in gedruckter Form kaufen können? Kriegt auch die Hälfte!

Ich meine, ich liebe euch und so, aber man muss realistisch bleiben, nicht ;)? Wenn das hier fertig ist, kann ich mir vorstellen, mir ne deutsche Fanfiction-Seite (oder eine internationale, wos auch deutsche Kategorien gibt) zu suchen und da zu veröffentlichen, weil Aufmerksamkeit ist gut und ich mag sie, mehr aber nicht.

DENNOCH, und das möchte ich auch fest halten, finde ich dass der Stoff Potential hat, gerade eben alles, was meins ist, und deswegen spiele ich seit Längerem mit dem Gedanken, mir eine eigene Welt mit eigener Geschichte und eigenen Charakteren zu bauen, die grundlegende Story ganz vage zu übernehmen und dann von vorne alles neu zu spinnen, aber jetzt in gut in vor allem Eigen. Dann allerdings auch auf Englisch, weil ich mich für nicht gut/glücklich genug halte, in dem doch übersichtlichen deutschen Markt einen vernünftigen Vertrag oder wie auch immer zu bekommen, weil ich gar keine große ZEIT habe (ich arbeite ja auch was Brotbringendes), mich mit sowas zu beschäftigen et cetera. Hingegen kann ich eine englische Geschichte grad weiß wo veröffentlichen, viel mehr Aufmerksamkeit bekommen, vielleicht dann sogar crowdfunden und es gibt wirklich irgendwann eine gedruckte Version. In noch mal 10 Jahren oder so, wenn DAS dann fertig ist.

Aber erst mal hier fertig werden, nüsch :D?

Als Letztes noch: spekuliert gerne weiter, aber ihr müsst euch nicht an dem einen Wort "Eskalation" aufhängen - ich wollte damit vor allem ausdrücken, dass wir nicht die nächsten 10 Kapitel über Eiswüsten stolpern, sondern dass der Plot jetzt so richtig anfängt, sich zu überschlagen. Das, glaube ich, ist zur Genüge passiert ;). Wann und wie das aufhört...zugegeben, das ist für euch noch komplett offen :D.
 
So ich muss mich auch wieder zu Wort melden, da ich jetzt alle bisherigen Kapitel gelesen habe. :)

- Das letzte Kapitel ist ... schwierig. Ich denke nicht dass unser General seine Beziehung zu Malah (inklusive Anya) wiederherstellen kann, bzw hasst Malah ihn schon wegen der Sache mit dem Geheimgang, und Deckard wird ihm eine gewaltige Rede über seine Dummheit, das Set zu sammeln, vortragen, der der General zuhören muss, weil er wieder ,,normal" ist. (Nachdem Baal besiegt, und der General vom Einfluss des TO Sets befreit ist.)

- Meine Theorie ist, dass der (böse) General noch nicht am Gipfel d. A. besiegt wird, sondern erst im Kampf gegen Baal, denn Baal wird dem (bösen) General sehr stark ins ,,Gewissen" reden; hat der noch ein Gewissen? Irgendwo hin wo es etwas hilft eben. ;)

-Ich glaube auch dass der (egal welcher) General nicht alleine gegen Baal kämpfen muss, sondern dass er von Natalya oder anderen Personen unterstützt wird. Mein Geheimfavorit ist Valtores ;)

- Uuuund zu guter Letzt noch mein Gequatsche zu der Buch-Idee: Dafür hast du zu viele (und zu gute) Cliffhanger, sie funktionieren in Büchern leider nicht. Da muss man nur umblättern und schon wird der Cliffhanger gelöst.


Ich bitte um (Gegen-) Meinungen

Liebe Grüße,
Kilian
 
Tatsächlich hab ich die Idee, jedes Kapitel mit einem prägnanten Satz zu beenden, aus Büchern.

Um ehrlich zu sein, weiß ich grad nicht mehr, wessen Autors Buch mich tatsächlich darauf gebracht hat, so zu schreiben. Aber irgendwann vor ein paar Jahren hab ich mir beim Lesen mal gedacht "Mensch, der steht WIRKLICH drauf, jedes Kapitel möglichst bombastisch/poignant/witzig/trocken zu beenden" und als nächstes "eigentlich find ichs geil".

Ken Follett vielleicht? Ich müsste Die Nadel noch mal lesen, soweit ich weiß hatte das die richtige Mischung aus vielen kleinen Kapiteln, jeweils packenden Schlusssätzen und der richtigen Lesezeit meinerseits, um zu passen.

Das funktioniert durchaus. Wobei man (wenn es das Buch war) bei Die Nadel noch dazu sagen sollte, dass es zwischen drei Erzählperspektiven gewechselt hat, also ein Cliffhanger für zwei weitere Kapitel hing - was bei mir seit dem letzten Kapitel möglich ist ;) - aber nicht vorher.

Ne, aber es haben sicher 50% eure Reaktionen dazu beigetragen, dass ich SO VIELE geschrieben habe. Wobei ich es sehr, sehr elegant finde, ein Kapitel einprägsam zu beenden - wozu ich das letzte Ende sogar zählen würde...es ist eine Überraschung, aber es ist kein "oh GOTT was passiert jetzt", weil Eisstatue ist erst mal geduldig :D.
 
Wobei man (wenn es das Buch war) bei Die Nadel noch dazu sagen sollte, dass es zwischen drei Erzählperspektiven gewechselt hat, also ein Cliffhanger für zwei weitere Kapitel hing - was bei mir seit dem letzten Kapitel möglich ist ;) - aber nicht vorher.

*mich an dem letzten Satz aufhäng* Soll das bedeuten Natalya ist in dem nächsten Kapitel nicht von Bedeutung? Erst bei der Rückkehr vom Weltsteinturm(hieß der so? lange nicht mehr gespielt)?
 
Nein...seit dem letzten Kapitel hab ich ne andere Erzählperspektive!
 
Bevor du das:
Das funktioniert durchaus. Wobei man (wenn es das Buch war) bei Die Nadel noch dazu sagen sollte, dass es zwischen drei Erzählperspektiven gewechselt hat, also ein Cliffhanger für zwei weitere Kapitel hing
geschrieben hast wollte ich schon antworten "in nem buch geht's aber im nächsten Kapitel gleich weiter und nicht erst 2-4 Wochen später :motz: ;) :kiss:

Klar geht's im nächsten Kapitel wieder in Dorelems Sichtweise weiter....oooooder aber, wir lernen noch eine neue Sichtweise kennen? Allerdings hast du diese nie gewählt, also denke ich das ist eher unwahrscheinlich...passt auch nicht in die Geschichte wenn ich mir's recht überlege. Aber der neue General muss ja noch irgendwo verborgen sein?!
 
Angefangen ist das nächste Kapitel schon, aber ich hatte nicht so viel Gelegenheit zu schreiben. Bald gibts aber wieder lange Zugfahrten (von Österreich nach Bremen und zurück!), wenn dabei nix rumkommt, weiß ich auch nicht ;).
 
Es wurden 10 Seiten :O.

Dachte zuerst, die Ereignisse auf dem Gipfel könnten ein Kapitel werden - aber das ist doch genug Stoff für zwei (und 2 Seiten hatt ich auch schon geschrieben).
Ich werd euch nicht beide auf einmal geben :p. Aber das kommt euch zugute, dann les ich das nächste nämlich noch mal gegen (mach ich sonst nicht, natürlich weil ich sofort perfekt bin...oder faul, sucht es euch aus). Hat es verdient. Wird das wichtigste der ganzen Story :D.

Zunächst aber eines, das sicher auch nicht unwichtig ist?! Viel Spaß!
 
Kapitel 35 – Das Geheimnis der Urahnen






Der Meister steht vor der in einen Eisblock gesperrten Gestalt der in ihre schwarze Rüstung gekleidete Assassine. Durch diese ist ihr Körper halb durchsichtig, noch vager zu erkennen hinter den Wänden ihres Gefängnisses; aber sie ist es, ohne Zweifel. Lange waren wir auch auf ihrer Spur, wohl wissend, dass sie das gleiche Ziel wie wir hatte. Der neue Meister liebte sie, oder glaubte das zumindest immer. Dennoch, durch Nihlathaks Einmischung und die Chance, Trang-Ouls Avatar zu vereinen, verlor sie an Priorität. Oder...?
Immer noch hat der Meister sich nicht bewegt. Er starrt mit seinen hinter den glühend roten Punkten und der Schwärze des Helmes verborgenen Augen in die ihren, welche genauso viele Schleier vor sich haben.
Ich warte, und warte...
...und treffe eine Entscheidung. Ich sollte das nicht, das weiß ich doch. Aber irgendwie...mag ich Natalya. So Leid es mir tut, dieses Gefühl an mir nagen zu haben.
"Meister, wenn dieses Eis nicht magisch ist, sollte ich es schnell zerstören können. Bei Anya habe ich es geschafft."
Sein Blick schießt zu mir, und ich frage mich, wie viele Schmerzen ich mir gerade wieder verdient habe.
"Das Eis ist natürlich magisch."
Er legt die Hand so, als würde er Natalya über die Wange streicheln. Ein Klirren ertönt.
"Aber ich bin auch ein Feuermagier."
Der Meister sinkt zu Boden. Seine Knochenrüstung zerfällt, das Glühen vor seinen Augen verschwindet. Er verschränkt die Arme und blickt zu Boden.
"Tu es."
Vielleicht schneller und eifriger, als ich das wirklich will, trete ich vor den Stalagmiten, finde die Schwachstellen, und schlage zweimal gezielt zu.
Natalya stolpert nach vorne, ich bin bereit, sie aufzufangen; aber sie braucht mich nicht. Nach zwei schweren Atemzügen steht sie sicher.
"Golem? General? Seid ihr das wirklich?", fragt sie mit fester Stimme.
Der Meister...lächelt. Warm.
"Ja, wir haben uns ein wenig verändert, nicht wahr? Aber jetzt haben wir es geschafft."
"Und gerade rechtzeitig!" Sie läuft zum Meister und umarmt ihn. Er klopft ihr auf den Rücken, ungeschickt.
"Bald wäre ich einfach erstickt. Meine Rüstung hat mich vor der Kälte geschützt, aber nicht davor, komplett eingeschlossen zu sein..."
Sie löst sich vom Meister und dreht sich weg.
"Dieses Ende hätte ich mir nicht gewünscht", sagt sie leise. "Aber ich weiß nicht, ob ich es nicht doch verdient hätte."
"Weil du dich im Eis einschließen hast lassen?", fragt der Meister grob.
"Weil ich Baal den Weg geöffnet habe", entgegnet sie finster. Ohne unsere Überraschung auszukosten, fährt sie fort.
"Ich habe dich damals verlassen, weil die Vizjerei mich kontaktierten. Golem, du hast ihm hoffentlich gesagt, wie sehr mir das Leid tat?"
"Wortreich", entgegne ich lakonisch.
"Gut. Mein plötzlicher Auftrag war, hier in Harrogath einen vermuteten Magier namens Nihlathak zu beobachten. Ich quartierte mich unter dem Vorwand, eine Söldnerin auf der Suche nach spiritueller Erfüllung zu sein, bei den Barbaren ein; so musste ich meine Rüstung diesmal nicht verstecken. Nachdem ich Bannuk, den Sohn Malahs, im Duell besiegte, hatte ich ihren Respekt. Ich durfte sogar bei ihm wohnen."
Sie hält kurz inne. Bedeutungsschwanger? Aber der Meister kommentiert nicht, und ich werde mich natürlich ebenfalls hüten.
"Bald fand ich heraus, dass Nihlathak tatsächlich ein gutes Ziel zur Beobachtung war, vermutlich sogar eines der wenigen wirklich lohnenden bisher – er hatte Kontakt mit Baal! Das linderte meinen Schmerz darüber, wegen einer vermeintlich wieder sinnlosen Observierung ans Ende der Welt geschickt worden zu sein...weg von dir."
"Aber du hast ihn am Leben gelassen", bemerkt der Meister.
"Das ist das Seltsame!", gibt Natalya zu. "Ich meldete meine Entdeckung natürlich sofort meinen Vorgesetzten, aber ich bekam die strikte Auflage, weiter zu beobachten. Immer nur beobachten, beobachten, nichts zu unternehmen. Während diese Schlange dunkle Pakte schmiedete!"
"Also schon bevor die Belagerung begann?", wage ich einzuwerfen.
"Korrekt, Golem. Warum?"
"Er hat uns belogen, bevor wir ihn töteten, schlicht und einfach", winkt der Meister ab.
"Nihlathak ist tot? Die erste gute Nachricht seit Wochen! Denn wie gesagt, ich durfte nichts unternehmen. Bis plötzlich die Belagerung begann, und ich half natürlich bei der Verteidigung. Dann brach die Barriere zusammen, alle Weisen bis auf Nihlathak starben...was für ein Zufall...und wir wurden überrannt. Beziehungsweise umgangen."
"Nihlathak hat uns gegenüber offen gestanden, dass er natürlich für den Tod der anderen Ältesten verantwortlich war", bestätigt der Meister.
"Nun, wer hätte das gedacht. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich ihn wirklich gerne getötet, aber ich dachte mir die ganze Zeit, wenn die Vizjerei mir ständig befehlen, das nicht zu tun, wird es wohl irgendeinen guten Grund dafür geben? Abgesehen davon ignoriert man Befehle der Vizjerei nicht. Das hätte Konsequenzen."
Ich erlaube mir ein kleines, vorsichtiges, aus ganzem Herzen mitfühlendes Nicken.
"Also informierte ich sie über die neusten Entwicklungen. Und bekam einen neuen Auftrag: Ich sollte verhindern, dass Baal den Weltstein erreicht, indem ich persönlich zuerst dort hinginge. Denn der Weltstein-Turm ist versiegelt, und niemand weiß, wie man das Siegel bricht, außer den Barbaren. Nicht einmal die Vizjerei wussten es. Baal würde also vor verschlossenen Türen warten müssen, bis er eine Lösung fände, und ich könnte ihm in den Rücken fallen; oder ich könnte gar schnell genug sein, um den Weltstein-Turm vor ihm zu betreten, und ihn noch direkter verteidigen. Vielleicht durch simples Legen von Fallen, worin ich sehr gut bin, oder sogar indem ich für meine Organisation vor Baal die Kontrolle über den Weltstein übernehmen würde, wenn möglich.
Denn ich war in der einzigartigen Lage, das Vertrauen des Sohnes eines Ältesten zu haben, während der schlimmsten Krise, die der barbarische Auftrag, den Arreat zu schützen, je hatte – und so erfuhr ich das Geheimnis des Siegels."
"Und du hast es gebrochen, und dann ist Baal dir in den Rücken gefallen", schließt der Meister schonungslos.
"Das hätte niemals passieren dürfen", gibt Natalya zerknirscht zu. "Ich war hier oben völlig alleine, ich hatte alles mit Fallen gesichert. Ich brach das Siegel – und sofort war er da. Er muss gewartet haben, versteckt, um mich dann mit einer Attacke auszuschalten...lange geplant."
Sie seufzt.
"Irgendwer hat mich verraten. Baal wusste genau, dass ich kommen würde, was ich vorhatte...verdammt! Ich handelte auf Befehl, ich traf alle Vorkehrungen, ich weiß, man kann mir keine wirklichen Vorwürfe machen. Aber doch bin ich schuld daran, dass Baal jetzt im Turm ist."
"Wer könnte dich verraten haben?", fragt der Meister. "Wir haben Nihlathak getötet, und davor war er länger nur mit uns beschäftigt. Bannuk ist auch schon lange tot, wir haben ihn nicht einmal kennen gelernt..."
"Bannuk ist tot?", ruft Natalya. Der Meister nickt. Sie vergräbt ihr Kinn in einer Hand.
"Von ihm hätte ich als letztes erwartet, dass er stirbt..."
"Es tut mir Leid", sagt der Meister tonlos.
Ist er gerade zu schwer damit beschäftigt, sich zu überlegen, wie eine angemessene menschliche Reaktion – von jemand, der diese Frau liebt, ganz zu schweigen – aussehen soll? Nur das könnte erklären, dass er überhaupt die Barbaren ins Spiel bringt. Oder möchte er nicht, dass sie auf den Gedanken kommt? Leider kommt mir dieser Gedanke erst, als ich schon zu reden begonnen habe.
"Natalya...", werfe ich ein. "Du hast niemandem erzählt, dass du auf einer Mission für die Vizjerei warst, und was du für sie tun musstest. Niemand konnte Baal deinen Plan verraten...außer denen, die ihn formuliert haben."
Ihr Kopf schießt hoch. Sie starrt mich an. "Die Vizjerei? Niemals!"
Aber da wird sie still.
"Antolov hingegen..."
"Dein Vorgesetzter?"
"Ich hatte direkten Kontakt zu ihm...und nur zu ihm!"
"Da hast du deine Antwort", erklärt der Meister mit einer abweisenden Handgeste.
"Ich glaube es nicht!", ruft sie. "Soll ich etwa die ganze Zeit für ein Großes Übel gearbeitet haben, weil meine anderen Vorgesetzten zu blöd waren, um Antolov selbst genau genug zu beobachten?"
Der Meister streckt halbherzig eine Hand aus. "Lass dich deswegen nicht unterkriegen. Wir müssen..."
Sie packt seine Hand, statt sie auf ihrer Schulter zu akzeptieren. "Unterkriegen? Ich bin stinksauer! Wir werden jetzt das Siegel erneut öffnen, den Turm hinunter marschieren, Baal vernichten und dann Gnade ihnen zuhause der Himmel, wenn sie danach nicht auf mich hören. Ich werde dieses fette Stück Dungpott persönlich von Hals bis zu den Füßen aufschlitzen!"
Ein Grinsen erscheint auf dem Gesicht des Meisters. "Da stimme ich gerne...", beginnt er, aber ihr heftiger Kuss unterbricht ihn. Etwas in mir schreit auf – sie weiß nicht, auf welchen Menschen sie gerade ihre Lippen presst...aber was soll ich tun? Ihr zurufen, dass dieser General nicht ihr General ist? Wie sollte sie mir das glauben...schnell genug, um vorsichtig zu sein? Denn sofort würde der Meister sie dann töten oder zumindest betäuben, mich auf sehr unschöne Weise vernichten, und ihr dann das Geheimnis des Siegels abzupressen versuchen. Ob mit Erfolg oder nicht, dahingestellt; Endresultat für mich: ich fand unter grauenhaften Schmerzen mein Ende, Natalya vermutlich auch, und Baal wurde auch nicht aufgehalten. Oh, und ganz abgesehen davon: was denke ich überhaupt, ich Werkzeug, ich?
"Wir tun es", strahlt Natalya am Ende ihres langen Kusses. "Zusammen!"
Der Meister lächelt, sichtlich bemüht, die Kontrolle zu behalten. Über was?
Sie schreitet auf den Altar in der Mitte des Plateaus zu. Dreht sich um, spricht im Rückwärtsgang zu uns.
"Das Siegel zu öffnen ist ganz einfach. Das Problem ist, was dann kommt. Die Urahnen verteidigen den Weltstein-Turm – ihre ewige Aufgabe. Nur, wer sie besiegen kann, darf den Turm betreten."
"Aber du hast das Siegel schon geöffnet?", fragt der Meister.
"Ja, und sie besiegt. Sobald der letzte von ihnen fiel, muss Baal mich überwältigt haben."
Der Meister deutet auf die drei Statuen. "Das sind die Urahnen? Alle drei? Du allein?"
Sie sieht ihn schief an. "Natürlich! Falls es dir hilft, ich bin natürlich auch nicht blöd. Und kann Fallen stellen."
Offenbar befriedigt das den Meister irgendwie. Natalya dreht sich wieder um und legt beide Hände auf den Altar.
"Urahnen! Ich bin hier, um Euch herauszufordern! Tretet vor mich!"
Von jeder der Kriegerstatuen geht gleichzeitig ein Licht aus. Es überstrahlt kurz alles, und als es verglüht ist, treten drei mächtige Barbaren von ihren Sockeln. Sie sind leicht durchscheinend, aber ihre schweren Schritte verraten, wie materiell ihre Körper sind.
Der vom mittleren Sockel, mit dem mächtigen Schwert, beginnt donnernd zu sprechen.
"Assassine! Du hast uns bereits herausgefordert, und du hast gesiegt. Du bist würdig, den Weltsteinturm zu betreten. Warum weckst du uns erneut?"
"Ich weiß, dass ich in den Turm ziehen kann", entgegnet sie. "Aber würdig fühle ich mich nicht."
"Wir haben gesehen, was passiert ist. Wir konnten es nicht verhindern. Dich trifft keine Schuld, einzig wir sind es, die nicht würdig sind. Wir sind gescheitert in unserer Aufgabe. Und dennoch sind wir weiterhin an sie gebunden. Geh! Trete durch das Tor, besteige den Turm, und halte Baal auf. Wenn es nicht schon zu spät ist – aber wenn jemand das Unmögliche schaffen kann, dann du!"
Natalya verbeugt sich. "Ich danke Euch für Euer Verständnis, Talic. Erlaubt mir also, diese Krieger, meine Freunde, als Geleit mitzunehmen – mit ihnen an meiner Seite werde ich mit Sicherheit siegen!"
"Nein."
Natalya ist sichtlich überrascht. "Der General und sein Golem haben Mephisto und Diablo besiegt – es könnte keine ehrenhafteren Krieger als sie geben!"
"Beim Golem Dorelem würde ich dir zustimmen", entgegnet Talic. Der Name versetzt mir einen Stich. "Doch wir wissen genau, was der General getan hat. Beginnend damit, dass er den heiligen Arreat aus Dorelems Wahrnehmung ausgeschlossen hat."
Natalya wirft mir einen schnellen Blick zu. Ihre Lippen formen "Dein Name?". Ich werfe einen noch schnelleren Blick zum Meister, der aber abgelenkt scheint, also nicke ich fast unmerklich. Dann wendet sich Natalya wieder an Talic. "Ich bin mir sicher, dass der General dafür seine Gründe hatte. Aber bitte, die Zeit drängt. Statt ihn jede seiner Handlungen erklären zu lassen..."
"Das wird nicht nötig sein", schneidet sie der Meister ab und tritt näher.
Talic funkelt ihn an. "Das wird auch nicht möglich sein...General. Wir wissen, wer du bist. Niemals werden wir einen wie dich in den Weltsteinturm lassen."
"Ach, ich bin nur also noch unwürdiger als Baal? Interessant. Urahnen, ich bin hier, um euch herauszufordern! Tretet vor mich!"
Talic erstarrt. Dann wirft er einen Blick zu seinen beiden bisher stummen Kollegen. Der Hellebardenträger nickt stoisch. Auf dem Gesicht des Axtwerfers erscheint ein wildes Grinsen.
"Dann soll es so sein!", brüllt Talic. "Wir nehmen deine Herausforderung an – und befreien die Welt persönlich von deinem Übel!"
Plötzlich stürzt er los. Der Krieger mit der Hellebarde geht in die Knie und springt – es muss Korlic sein, der Urahne, der den Barbaren die Lüfte erschloss! Dann bleibt Madawc, der Urahn des Distanzkampfes. Seine Äxte fliegen in einem steten Strom. Sie werden ihm nicht ausgehen.
Korlic zielt auf mich. Ich stürze mich gerade rechtzeitig zur Seite, bevor er mich zweiteilt; der Boden spaltet sich, wo er aufkommt. Aber diese Ablenkung war zu lang. Talics Schwert saust herab...
Und fängt sich an Natalyas Klauen. "Ihr werdet ihm nichts tun!", knurrt sie unter ihrem Helm hervor.
"Assassine, mein Kampf ist nicht mit dir! Ich werde dich nicht bekämpfen, wenn du mich ihn vernichten lässt!"
"Das wird leider nicht passieren."
"Frau, deine Liebe blendet dich! Das ist nicht der Mann, von dem du denkst, der er ist!"
Zwischen hastig neu gezauberten Knochenschilden, die die Äxte daran hindern, seinen Schädel zu spalten, schießt der Blick des Meisters zu dem Urahnen. Oder zu Natalya? Hinter den schwarzen Augenhöhlen beginnt ein rotes Glühen...
Natalya reißt die Klauen hoch und lässt Talic zurückstolpern. "Das kann ich mit ihm persönlich ausmachen. Aber du wirst ihn nicht töten. Kämpfe erneut gegen mich, vielleicht schaffst du es ja diesmal!"
Talic greift sein Schwert fester. "Dann sei es so! Aber sei dir einer Sache bewusst..."
Ich ducke mich unter einer Hellebardenklinge. Der Meister schickt seine Skelette zu Madawc; die Äxte zerreißen sie.
"...es kommen oft Krieger in größeren Gruppen zu uns und denken, der Kampf wäre so einfacher", fährt Talic fort. Sein Schwert saust wieder und wieder herab, jedes Mal pariert Natalya problemlos.
"Aber der heilige Arreat hat uns als seine Wächter erwählt, und wir haben seine Stärke in uns! Jeder Krieger, der uns herausfordert, stärkt uns. Wenn wir vorher schon die Stärke von zehn Männern hatten..."
Natalya tanzt um seine Klinge, und sie spaltet eine Steinsäule glatt in zwei.
"...dann sind es jetzt dreißig, denn ihr seid zu dritt!"
Die Assassine springt auf seine Klinge, mühelos in einem Salto über seinen Kopf und lässt ihre Klauen sprechen. Talic blutet Licht.
"Mit Männern hatte ich noch nie Probleme, egal, wie viele es waren", höhnt sie. Talic fährt wütend herum. Natalya steht Meter von ihm entfernt und macht eine lockende Geste mit ihrem Zeigefinger. "Aber wenige von ihnen haben beim Tanz so viel geredet wie du."
Sie greift hinter ihren Rücken und zieht von irgendwoher kleine Zweiggebilde. Aus dem Handgelenk wirft sie diese links und rechts von Talic auf den Boden. Blitze schießen aus ihnen. Er ballt die Fäuste, bis seine Geistermuskeln hervorquellen. Auf seiner Stirn treten Adern hervor.
"Also tanz!", lacht Natalya.
Ich muss mir also um sie keine Sorgen machen. Korlic hingegen...methodisch schwingt er seine gewaltige Waffe durch die Luft, um mir den Bewegungsspielraum schwer einzuschränken. Ich hüpfe, rolle und ducke mich so gut es geht um die scharfe Klinge am schlanken Stock. Aber mein Körper ist nicht für Agilität gebaut, so gerne ich sie hätte. Dorelem, so schwer es mir fällt, das zuzugeben, hat mir da viel beigebracht...ich hatte mich zu sehr daran gewöhnt, ein unaufhaltsamer Todbringer zu sein. Warum hätte ich verzweifelt nach mir geworfenem Geschirr, krallenden Fingern, die sich an meiner Haut verbrennen oder auch dem einen oder anderen versteckten Messer ausweichen sollen? Das hilft mir hier allerdings wenig. Wieder und wieder schneidet die Waffe mich, fetzt Tonbrocken von mir weg in einem Regen aus verlöschenden Funken...und ich bezweifle, dass der Berg mir neue Substanz zur Verfügung stellen wird.
Also muss ich mir etwas einfallen lassen. Nur geht das nicht, wenn ich damit beschäftigt bin, einfach zu überleben. Fast verliere ich einen Arm, als ich zurückstolpere...
Da springt Korlic hoch in die Luft. Für einen ganz kurzen Moment, in dem ich meine Reflexe das Ausweichen überlasse, kann ich nachdenken. Was soll ich tun?
Da fällt mir etwas ein.
Sein Vorteil ist die Reichweite. Nimm ihm diesen Vorteil!
Was...? Das habe ich doch gerade nicht gedacht! Warum erinnere ich mich dann...
Dorelem! Bist du das? Moment, hat er nicht gerade schon geantwortet?
Um Himmels Willen, endlich. Natürlich bin ich das. Wir müssen reden.
Du bist in meinen Erinnerungen gefangen...und hast herausgefunden, wie du dich in meine Vergangenheit von vor wenigen Momenten einschleichst? Das ist
Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken.
genial!
Ja.
Korlic kommt auf und ich werde von der Schockwelle geradezu weggeschleudert. Hat er auch die Masse von dreißig Männern? Ich werde mich nicht unter ihn begeben, um es herauszufinden. Dorelem, vielen Dank für deine Idee, ich werde sie umsetzen, aber wir können jetzt
Ja, geh in den Nahkampf, vernichte ihn dort.
nicht reden.
Gut.
Korlic steht gerade wieder auf...da stellt er fest, dass ich auf ihn zugestürmt bin. Gerade noch bekommt er seine Waffe hoch, aber das hält nur meinen ersten Schlag auf. Ich habe zwei Klauen. Sie fegt ihm beinahe den Helm vom Gesicht.
Sofort nach dem Schlag schnappt sein Kopf wieder gerade – nur das leuchtend helle Blut, das ihm von der Geisterwange tropft, verrät, dass ich ihn tatsächlich verletzt habe. Er stellt beängstigend schnell fest, dass ich keine Anstalten mache, ihm von der Pelle zu rücken – während ich für den nächsten Schlag aushole, tritt er mir schon vor die Brust, um mich von ihm weg zu bekommen. Er hebt die Hellebarde...
Da fällt mir ein, dass ich eine Feuerpeitsche habe. Dorelem, ich war nie so froh, dich im Hinterkopf zu haben.
Ich schlinge einen Tentakel um sein noch erhobenes Bein, das er gerade für den Schwung des Schlages, der mich vernichten soll, zu Boden donnern lassen will. Ich ziehe mit beiden Händen.
Er stolpert, nur ein bisschen. Ich greife nach dem Stiel der Stangenwaffe...
Deren Ende donnert zwischen meine Beine.
Ich starre ihn an. Wirklich?
Das andere Ende der Holzstange, gleich unter dem Kopf der Waffe – ich bin wieder zu nahe, um vom Metall berührt zu werden – saust im Gegenzug auf meinen Schädel.
Und ja, er ist stark. Es jagt Schmerzwellen durch meinen gesamten Körper, und ich glaube, ich sinke ganz leicht in den Boden ein. Den gefrorenen Boden. Einem Menschen hätte das sicher das Gehirn aus den Ohren fliegen lassen.
Aber ich bin kein Mensch, sondern auch so stark wie mehrere Männer. Und Korlic hat zumindest eine kleine Reaktion von seinem Schlag unter die Gürtellinie erwartet – so ist ein Winkel völlig falsch, um wirklich ernsthaft Schaden anzurichten.
Und jetzt kommt meine Expertise zum Tragen. Blitzschnell analysiere ich seine Rüstung, identifiziere Schwachstellen, sehe, wo sie nicht perfekt sitzt. Er ist der geisterhafte Avatar eines der größten Krieger aller Zeiten. Aber er hat eine menschliche Form unter nachgebildetem Metall. So gut geschmiedet diese Brustplatte auch ist – Fleisch ist formbar und Stahl ist es nicht.
Ich ramme einen Finger mit einem Nagel wie ein Dolch in die Stelle unter seiner Schulter, die immer frei sein muss, um Bewegung zu erlauben. Und er kämpft mit einer gigantischen Stange, und er springt mit ihr in die Luft. Er ist leichter gepanzert als es zum Beispiel Talic ist.
Mein Finger findet Haut, Muskeln, Blutgefäße. Und dann fließt Feuer daran entlang und findet auch Knochen.
Sein anderer Arm schießt plötzlich vor, als seine Waffe zu Boden klappert. Seine Pranke ist tatsächlich groß genug, um meinen unmenschlich geschwollenen Gorillanacken zu umschließen. Er hebt mich hoch.
"Werde nicht übermütig, Golem", spricht er mich zum ersten Mal an. Sein Griff schließt sich...
Er trägt keine Handschuhe. Natürlich, sonst könnte er die Hellebarde nicht annähernd so zum Fliegen bringen. Und hätte er einen Menschen in meiner Position, könnte dieser wenig machen.
Meine Krallen schlitzen seine Finger mühelos auf. Seine Augen werden groß.
"Du scheinst wirklich zu vergessen, dass ich in der Tat ein Golem bin", erkläre ich ihm ohne Anflug von Würgen in der Stimme, natürlich. Mein Feuer flammt hoch, lässt seine Hand von mir wegplatzen, ihn wegtaumeln.
Seine Waffe ist in meiner Hand. Seine Beine sind, natürlich, für die Sprünge, auch nicht gepanzert.
"Bevor du mir in den Schritt schlägst, zieh dir erst einmal selber eine Hose an", verhöhne ich ihn, als ich ihm ein Bein abtrenne.
Er gibt keinen Laut von sich, als ich ihn verkrüpple. Greift stattdessen an seinen Gürtel, zieht einen Dolch hervor, schwingt sich mit absolut unerwarteter Kraft und Grazie hoch und stürzt sich auf seinem einen Bein auf mich.
Der Dolch landet in meiner Brust.
Meine gesamte Hand landet in seiner Kehle. Ich schüttle bedauernd den Kopf.
"Du bist würdig", erklärt er da, ohne Anflug von zerfetzten Stimmbändern in der Stimme. Sein Körper löst sich auf. "Ich werde vor dem Arreat beten, dass er dich befreit..."
Korlic steht nun wieder als Statue auf seinem Sockel, diesmal aber aus makellosem Gold.
Für einen Moment erstarre ich und ein Schauer läuft mir den Rücken hinunter.
Was ist mit genau jetzt?, fällt mir da ein.
Was ist mit dem Kampf?
Natalya und Talic tanzen immer noch. Er wirkt immer noch erregt von ihrem garantiert kalkulierten Hohn, aber vor allem ist er konzentriert und ernst. Sie genießt den Kampf sichtlich, setzt kleine, ineffektive Schläge gegen seine Rüstung, die aber jeweils eine leuchtende Kugel erzeugen, die um sie tanzt; sobald sie drei von diesen gesammelt hat, wartet sie auf eine Gelegenheit, und mit einem mächtigen Tritt setzt sie die Energie der Assassinentechnik frei. Talic blockt diese zweihändig mit seinem Schwert...gerade so.
Und der Meister?
Seine Skelette umringen Madawc. Sie haben es geschafft. Vielleicht hat er mit Flüchen nachgeholfen. Aber auch im Nahkampf ist der Wurfbarbar eine ernste Gefahr – er ist kaum gerüstet, also schnell, und obwohl von Wunden überzogen, zeigt sein Geistkörper keine Anzeichen von Schwäche. Ein Skelett um das andere fällt...
Und da steht er unbehelligt dem Meister gegenüber.
"Willst du dich weiter zurückhalten, um deine dreckige Echsennatur nicht zu verraten, General?", spottet Madawc. "Zeig, was du kannst! Gib mir einen guten Kampf! Und dann vergieße dein vergiftetes Blut auf dem Gipfel des Arreat! Der heilige Berg wird dich schon zu reinigen wissen!"
Eine Axt fliegt, der Meister pariert mit einem geisterhaften Fragment der Knochenrüstung. Noch eine Axt, noch ein Fragment...er hat nur noch eines herumschweben.
Auch dieses fällt. Die nächste Axt...
Ein Feuerball fegt sie aus der Luft. Madawc lacht, wirft weiter. Der Meister zieht genervt eine Knochenwand zwischen sich und dem Werfer hoch – sie hält genau zwei weitere Würfe aus, bevor sie zu Staub zerbirst.
Die nächste Axt prallt einfach ab. Der Meister schwebt, umgeben von seiner stärksten Rüstung, glühende Augen hinter den Höhlen, Trang-Ouls Avatar in voller Macht getränkt.
Wild grinst Madawc, zieht zwei Äxte gleichzeitig aus seinem unendlichen Köcher, und beginnt, auf den Meister zuzustürmen...
Ein Tonklumpen, der sich klebrig um sein Bein schlingt, bringt ihn zum Taumeln. Ein zweiter zum Stehen. Ich schreite näher.
Der Meister schnaubt. "Da hast du deinen 'guten Kampf'."
Er wirft einen Feuerball auf Madawc, der nicht ausweichen kann. In Funken zerplatzt er auf seiner Rüstung. Noch ein Feuerball fliegt, trifft ihn etwas höher – er reißt die Arme hoch. Der Meister gibt nicht auf, wieder und wieder und wieder wirft er auf den Barbaren.
"Na, wie gefällt dir das? Meine Macht, die du sehen wolltest? Bade darin!", brüllt er. Schwebt näher, während er feuert. Bis er ganz nah an Madawc ist. Dieser kann kaum noch stehen, ich vermute, der mittlerweile festgebackene Ton um seine Knöchel hilft ihm mehr, als dass er ihn hindert.
Der Meister hält inne, und Madawc kann für einen Moment hoch sehen, ohne dass ihn ein Feuerball trifft. Seine Haut glüht rot, wo sie nicht geisterhaft weiß scheint. Seine Lippen sind gesprungen, er hat keine Haare mehr.
"Du hast zum zweiten Mal versagt, kleiner Barbar", ätzt der Meister. Tatsächlich hat Madawc nur in etwa meine gedrungene Höhe. Und natürlich schwebt der Meister. Er packt Madawc am Kinn, zieht mit der anderen Hand das Jade-Tan-Do aus dem Gürtel, hält es dem anderen an den Hals.
"Ich werde in den Weltsteinturm eindringen, ich werde ihn besteigen, und ich werde über Baal triumphieren. Dann werde ich mir den Weltstein selbst zu Eigen machen, und es gibt nichts, was du dagegen tun kannst!"
Er hofft, den Barbaren brechen zu sehen...
Madawc reißt eine Axt hoch. "Doch!" Dem Meister entgleitet der Kris, als sein Arm weggeschlagen wird...
Ein Knochenspeer dringt durch Madawcs Kinn und oben wieder heraus. "Nein", erklärt der Meister.
Eine zweite goldene Statue erscheint...
Der Meister und ich drehen und gleichzeitig zu Natalya, um zu sehen, wie es ihr geht. Sie muss aus dem Augenwinkel gesehen haben,was passiert ist, Talic hat es sicher gespürt; aus stummen Respekt trennen sich Barbar und Assassine voneinander.
"Und nun? Willst du es gegen uns drei versuchen?", scherzt sie. Schön, dass sie nach all dem ihren Humor bewahrt hat. Aber so geht sie wohl damit um, dass die Situation todernster ist, als sie denkt.
"Das ist sinnlos", gibt Talic freimütig zu. "Denn zumindest einer von euch ist nicht an Ehre interessiert. Bist du nun bereit, mir zuzuhören? Sie ihn dir an, deinen General! Ist das der Mann, den du liebst? Dieses ghoulische Monster?"
Sie studiert den schwebenden Meister, mit seiner Ganzkörperknochenrüstung, den dämonisch glühenden roten Augen, die nicht im Geringsten die Schwärze um die durchdringen können...
Sie seufzt. "Was willst du mir sagen?"
Der Meister schwebt näher. "Für solchen Unsinn haben wir keine Zeit, meine Liebe. Er hat aufgegeben; also lass ihn in Ehre in sein Schwert stürzen, dann vernichten wir Baal."
Talic rammt besagtes Schwert in den Boden. "Ich habe vor ihr aufgegeben, General. Wenn sie nicht beschließt, mich zu töten, dann kann diese Klinge immer noch in dir landen. Und wenn ich ihr erzähle, wer du wirklich bist, hilft sie mir vielleicht sogar. Wahrscheinlich hilft mir sogar Dorelem."
Der Mund des Meisters bekommt einen gefährlich amüsierten Zug. "Dorelem...natürlich. Ich könnte dem Golem hier und jetzt befehlen, euch beide zu töten, und er würde es ohne zu zögern tun."
"Hat er jetzt einen Namen oder nicht?", fragt Natalya vorsichtig.
"Hast du deine Klauen auch benannt?", gibt der Meister zurück.
"Natürlich hat er einen Namen", erklärt Talic.
"Hast du einen Namen?", fragt die Assassine mich direkt.
Ich spüre den Blick des Meisters schwer auf mir ruhen.
Ich sehe, wie der von Natalya zwischen mir und ihm wandert.
Ich treffe eine Entscheidung.
Und schüttle den Kopf.
Sie legt ihren schief...und tritt vorsichtig einen Schritt vom Meister weg.
"Erzähl mir, was du zu sagen hast, Talic."
Ja!
Oh nein.
Was...?
Deine Angst, dass er sie...? Nein, in ihm ist immer noch die Seele unseres Generals gefangen – er wird das nicht zulassen!

Der Meister schwebt auf der Stelle, völlig starr.
Das Licht hinter seinen Augen wird dimmer.
Nein nein
Nein!
nein...
Und flammt auf.
Ein Knochengefängnis schießt um Natalya und Talic hoch. Sie kommt gerade noch dazu, einen überraschten Laut von sich zu geben...dann füllt sich das Innere des Gefängnisses mit Flammen. Der Meister zaubert noch eine zweite Feuerwand, sodass sich beide in der Mitte kreuzen. Ihr Fauchen schafft es nicht, die Schreie zu übertönen.
Die Flammen vergehen langsam, viel zu langsam.
Eine dritte goldene Statue nimmt ihren Platz auf dem Podest ein.
Ich mache einen schweren Schritt, noch einen, noch einen auf das Knochengefängnis zu.
Ein Meteor schlägt in der Mitte ein, lässt die Knochen zerbersten, die Flammen darin erneut hochschlagen.
Ich stürze auf die Knie. Schlage die Hände um den Kopf zusammen. Ich sollte nicht...der Meister wird mich dafür töten, für diesen Ausbruch von Gefühlen. Aber ich kann nicht...ich kann sie nicht zurückhalten. Es ist vorbei, ich habe verloren, schon lange. Nur nie deutlicher als jetzt.
Ein zweiter Schrei durchstößt meine Taubheit.
Mir gegenüber fällt der Meister aus der Luft, ebenfalls auf die Knie, und auch sein Kopf landet zwischen seinen Händen. Sie packen die Hörner des Helms. Beginnen zu ziehen...und scheitern.
Der General...!
Er wehrt sich? Angesichts dieses Verbrechens...endlich? Ist es dafür nicht viel zu spät?
Es ist für Vieles viel zu spät.
Meine Hände lösen sich von den Seiten meines Kopfes. Ballen sich zu Fäusten.
Ich ramme beide in den Boden.
Da hast du natürlich Recht.
 
YAAAAAAAAAAAAAAAY nachschub!!!!

Ein wunderbares Kapitel an dem ich nichts auszusetzten habe. fast. Ich finde Natalya reagiert ein wenig zu emotionslos, sie hat den General eine Ewigkeit nicht mehr gesehen und dann gibt's nur ein kleines Küsschen?
Sie läuft zum Meister und umarmt ihn.
den Kuss finde ich gerade nicht mehr :-)

Trotzdem ein tolles Kapitel, besonders die Darstellung der Urahnen. Ich hoffe nur dass sich Natalya Irgendwie retten konnte, Verblassen vielleicht?
 
Mit Helm wird man da wohl auch nicht viel finden.
Ich vermute mal, dass ich mit dem Tod nur fast richtig lag. Weitere dafür nützliche Skills wären Drachenflug, Schattenkrieger und Schattenmeister.
 
Zurück
Oben