Kapitel 21 – Henkeräxte
Nachdem ich Emund verlassen habe, damit er einen ausgiebigen Mittagsschlaf halten kann, gehe ich Anya und ihrer Mutter wieder zur Hand mit den anderen Verwundeten. Nach ein paar Stunden tritt ein ziemlich wütend wirkender Krieger ein und grüßt Malah knapp. Auf die Frage, was ihn so anfrisst, regt er sich gehörig über einen Kollegen auf: der sollte ihn bei der Wache auf den Mauern ablösen, aber hat sich stattdessen kolossal auf dem Fest betrunken. Leer lassen kann er seinen Posten natürlich nicht, also muss der Abzulösende eine Doppelschicht einlegen, statt selber feiern zu dürfen.
Weil gerade alles ruhig ist im Spital, biete ich ihm an, die Wache zu übernehmen. Seine kurze Skepsis wird schnell von den beiden Frauen zerstreut, die ich offenbar sehr von mir überzeugt habe durch meine Hilfe. Natürlich helfe ich auch den Kriegern gerne um des Helfens Willen; wobei ich mir den Gedanken nicht verkneifen kann, dass er das sicher weiter erzählen wird, was meiner Beziehung zu den anderen sicher nicht schaden kann. Wie es der Meister eben auch tut...aber ich rede mir ein, dass ich hier wirklich nicht irgendwie manipulativ bin oder so, er tut mir ja ehrlich Leid.
Der Zweite hat dazu, glücklicherweise, nichts zu bemerken. Er ist ohnehin immer sehr zurückgezogen, wenn ich mich wieder gemeinnützig betätige. Auf den Mauern spielt er dann aber etwas Schach mit mir, wirkt aber leicht abwesend – ich gewinne öfter als er. Natürlich bleibt meine Frage, ob ihn gerade etwas beschäftigt, unbeantwortet.
Ich muss während meines Dienstes feststellen, dass nicht alle Barbaren sich so unter den Tisch getrunken haben, dass sie nicht mit patrouillieren können.
Etwas Alkohol haben aber eigentlich alle intus, offenbar ihrer Ansicht nach wenig genug, dass ihre Fähigkeiten, aufzupassen, nicht zu sehr eingeschränkt sind. Eine lustige Runde ist es auf jeden Fall.
Nachts schadet mein Licht natürlich nicht, darum übernehme ich gleich alle Schichten auf einmal, nach einem kurzen Kontrollbesuch im Spital. Ich lerne dabei viele neue Freunde kennen, die immer freundlicher werden, bis auf einen, der versucht, mich auszupinkeln. Da ist der Zweite natürlich voll bei der Sache.
Ob der Unhold sich morgen daran erinnern kann, woher seine leichte Brandwunde kommt?
Da wir das Vorgebirge mit tätlicher Unterstützung der Harrogather ziemlich leergefegt haben, passiert natürlich nichts. Ganz schleifen lassen kann man die Wachsamkeit natürlich nicht; Qua-Kehk selbst kontrolliert einmal die Ränge, seufzt ein wenig, aber er ist selbst schon zu wacklig auf den Beinen, um den Kriegern groß böse zu sein. Stattdessen schickt er ein paar von ihnen nach Hause und holt ein paar weniger schwer verletzte und vor allem nüchterne aus dem Spital, darunter Emund, dem er das Kommando überträgt. Er wirkt wieder komplett genesen und hat den größten Spaß von uns allen, vielleicht, weil er jegliche Angebote, ihm ein Bier zu bringen, ablehnt; genug getrunken, meint er, und dass es morgen viel zu tun gäbe.
Die ganze Zeit bleibt der Meister offenbar zuhause, und schläft hoffentlich ruhig. Wäre da nicht diese ständige Furcht um ihn, aus zu vielen Gründe, könnte ich mich wirklich wohl fühlen. Ich weiß, das Recht mich zu beschweren habe ich eigentlich nicht, wenn ich da den Krieger mit nur noch einem Arm vorbeigehen sehe, so fröhlich wie alle anderen hier. Dennoch...dennoch.
Die Sonne lugt scheu über den Gipfel des Arreat hinweg, ertränkt die kriegsgepeinigten Hügel des Vorgebirges für einen Moment in goldener Schönheit, als würde sie eine Zukunft ohne all dies Leid versprechen. Wenn man bedenkt, wie sehr sie uns gestern durch diese kleine Geste geholfen hat, wage ich es fast, zu hoffen.
Meine Wachkollegen beschweren sich über Kopfschmerzen, als die Strahlen sie stechen. Manche Leute sind auch nie zufrieden...
Sagt der Richtige. Lass uns den Meister abholen.
Ich hätte jetzt ja gewartet, bis er wach ist?
Habe ich auch. Los.
...in Ordnung?
Tatsächlich tritt der Meister gerade vor die Tür, als wir unten ankommen, Emund im Schlepptau. Als er den golden Gerüsteten sieht, entschuldigt er sich: "Nihlathak wollte, dass ich ihm Bescheid gebe, bevor wir aufbrechen. Lauft nicht weg."
"Wir?", fragt der Meister, ohne mich zu grüßen.
"Guten Morgen", gebe ich zurück. "Gut geschlafen?"
"Viel zu lange! Was ist jetzt mit dem Kerl?"
Gut, dass ich eine Nacht lang Zeit hatte, um mir eine Antwort zu überlegen. "Er ist fest entschlossen, uns zu begleiten. Aber pass auf – das ist das geringste Übel, wenn du wenig Einmischung willst. Die Leute hier sind alle ganz heiß darauf, mit uns zusammen in die Schlacht zu ziehen. Weil Emund aber deine Kastanien aus dem Feuer gezogen hat, kann er sagen, dass es sein Recht ist und der Rest bleibt zuhause, dafür hat Nihlathak auch gesorgt. Wenn wir ihn nicht mitnehmen, musst du eine ganze Entourage mitschleppen."
Er setzt zu einer wütenden Antwort an, dann glättet er seine Gesichtszüge. "Das hat du aber schön auswendig gelernt", sagt er tonlos.
"Ich hatte Zeit", ahme ich mit der gleichen Stimme nach.
"Ich nicht", spuckt er, deutlich angefressen. "Darum auch keine zum Streiten. So lange wollte ich
wirklich nicht schlafen – wir müssen schleunigst weiter diesen Mistberg hinauf, sonst holen wir Natalya nie ein!"
Ach, ist sie dir jetzt doch wieder wichtig? Fast spreche ich das aus, aber fange mich gerade noch rechtzeitig – er ist hier der, der sich mir gegenüber meines Erachtens falsch verhält, das muss, das
darf nicht auf Gegenseitigkeit beruhen. Stattdessen hebe ich nur eine Augenbraue – das kann ich mir nicht verkneifen, und fühle mich sofort etwas schuldig dafür – und sage: "Ja, selbstverständlich. Aber du wurdest gestern ziemlich verletzt, und hast dich jetzt nicht einmal behandeln lassen. Etwas mehr Ruhe als gewöhnlich ist das
Mindeste, was du dir leisten musstest."
Sein Ausdruck wirkt immer noch sauer, aber mehr wie ein Zitronenbiss, weniger wie ein von einer Schlange empfangener. "Ist jetzt auch zu spät, sich darüber aufzuregen. Denkst du, wir werden Emund los, wenn wir jetzt ganz schnell machen?"
Ich wackle mahnend mit dem Zeigefinger. "Das lassen wir schön bleiben, auch im Interesse deiner seltsamen Politik. Du hast doch gehört, Emund holt Nihlathak, der will sicher nicht ohne Grund mit uns reden, und du willst ihn nicht verärgern."
"Ja, ja, schon gut", knurrt er.
Seine schlechte Laune beginnt mich zu nerven, aber ich versuche es weiter mit Milde. "Hast du denn nicht gut geschlafen?"
"Das Aufwachen war das Problem", antwortet er unlesbar. Ich gebe mich zufrieden, ebenso mit der Stille, die folgt.
Kurz darauf kommen der letzte Älteste des Dorfes und unser zukünftiger Begleiter an. "Ah, einen wunderschönen guten Morgen", grüßt Ersterer. "Ein letzter Gruß der Sonne, denn es sieht mir sehr nach Schnee aus. Seid Ihr gerüstet für schlechtes Wetter?"
Der Meister schnaubt kurz, ist aber auf einmal ganz besonders höflich. "Guten Morgen auch Euch. Der Gedanke an etwas wärmere Bekleidung ist mir schon gekommen, und ich hoffe, eine entsprechende Anfrage wurde bereits erfüllt. Hättet Ihr etwas dagegen, wenn wir auf dem Weg reden?"
"Ganz und gar nicht, geht voran", bietet Nihlathak an. Emund drängt sich nun vor. "Auch von mir noch einen etwas herzlichen Gruß als den etwas eiligen gestern. Hat Dorelem Euch schon gesagt, dass ich gern mitkommen würde?"
Der Meister sieht von einem Barbar zum anderen, dann nickt er. "Ja, durchaus. Ich denke, es kann auf keinen Fall schaden, solange man dich hier entbehren kann...?"
Ein letzter Schlupfloch, hm?
"Meine Jungs bleiben hier, General. Ich gehe Euch nur allein auf die Nerven."
Ja, Emund ist ein schlauer Kerl. Er weiß genau, mit welchem Argument er den Meister herumkriegen kann – nicht, dass der sich groß beschweren kann, solange Nihlathak dabei steht.
"Na dann", sagt der Meister, bleibt stehen und streckt seine Hand aus, "bist du dabei. Duz mich bitte auch, in der Schlacht brauchen wir keine Formalitäten und es klingt völlig falsch von dir. Ich freue mich auf gute Zusammenarbeit, und vielleicht kann ich mich ja revanchieren für das, was du gestern für mich getan hast."
Emund schüttelt den Handschuh fest. "Jederzeit wieder, General. Ich hol dann mal meine Sachen, wir treffen uns am Wegpunkt, lauft nicht weg!" Er zwinkert mir zu und trabt los.
"Gab es etwas, das Ihr mit mir besprechen wolltet?", fragt der Meister Nihlathak. Der nickt. "In der Tat. Vor allem Euere weitere Route. Vom Wegpunkt im Vorgebirge aus erstreckt sich ein weites, recht flaches Gebiet, das Eishochland. Dieses geht in die Arreat-Hochebene über, welche etwas rauer und stetig ansteigend ist, vor allem aber durch einen engen Pass vom Hochland getrennt. Ich vermute stark, dass beide Gebiete von den Dämonen befestigt wurden, und sich in ihnen die Garnision ihrer Armeen befindet."
"Aber sicher nicht so organisiert, wie man sich das vorstellen würde."
"Nein, garantiert nicht. Mit Pech sind es viele kleine und sehr unterschiedliche Anlagen, wo sich eben gerade Arten von Höllenwesen zusammenfinden, die halbwegs ohne ständigen Streit miteinander auskommen."
"Das ist mir eigentlich ganz Recht", überlegt der Meister. "Dann suche ich mir den Pfad des geringsten Widerstandes und marschiere zügig voran."
"Und wenn sie Euch in den Rücken fallen?"
"Werden sie feststellen, dass ich umzingelt am besten kämpfe."
"Da werde ich Euch sicher nicht dreinreden. Was mir dann auch noch Sorgen macht, ist der Pass zwischen den Hochgebieten. In diesem Nadelöhr wird sicher ein Hinterhalt lauern."
"Nicht, wenn wir davon wissen, was wir hiermit tun – vielen Dank. Den Rest regelt großzügige Anwendung von Explosionen."
"Ich sehe, Ihr habt für jede Herausforderung einen Plan", lächelt Nihlathak. Die Antwort des Meisters ist trotzdem ernst. "Nun ja, ich bin durchaus flexibel.
Meine größte Sorge ist im Moment die Wiedererschaffung meiner Armee, aber ich werde schon ein paar schnelle Leichen finden – oder machen lassen."
"Dafür ist Emund doch ideal geeignet, oder?", werfe ich ein. Der Meister wirft einen Seitenblick zurück. "Wenn du dich davon überfordert fühlst?"
Nihlathak ignoriert das. "Und eine Sache noch – in den ersten Kampftagen, als wir noch nicht hoffnungslos unterlegen in der Stadt ausharren mussten, berichteten manche unserer Späher von rot glühenden Portalen, die einfach so in der Ebene schwebten. Sagt Euch das etwas?"
"Eines wie das, durch das ich angekommen bin?", fragt der Meister. Nihlathak zuckt mit den Schultern. "Ich habe beide Exemplare nicht gesehen."
"Besprechen wir das doch mit Deckard Cain", schlage ich vor – denn der Platz am Wegpunkt ist in Sichtweite, und der Horadrim-Weise wartet dort auf uns. Er wirkt sehr ausgeruht und geradezu fröhlich.
"Tut ihr das mal", nickt der Meister. "Ich muss kurz Larzuk besuchen."
Ich grüße Deckard herzlich, er grüßt herzlicher zurück, dann beginnen die beiden alten Männer sich angeregt über Dämonen und Portale zu unterhalten. Larzuks Schmiede ist nicht weit weg...ich versuche, das Gespräch zwischen ihm und dem Meister zu belauschen.
Mit einer Unterhaltung direkt neben mir ist das nicht allzu erfolgreich, aber eine gute Übung in selektiver Wahrnehmung. Ein paar Fetzen bekomme ich mit: der Meister hat sich neue Hosen und Schuhe bestellt...ein Hemd mit Pelzkragen...und noch etwas?
Er wirkt genervt wegen dieser Sache. Larzuk entschuldigt sich...er konnte wegen des Fests nicht daran arbeiten? Legitim. Oder er ist jetzt noch zu betrunken dafür? Worum geht es jetzt eigentlich genau?
Findest du es in Ordnung, den Meister zu belauschen?
Das sollte jetzt wirklich keine Unterhaltung sein, die besonderer Geheimhaltung bedarf.
Er hat uns nicht eingeladen mitzukommen, oder? Lass das.
Emund ist derweil angekommen, hat mir zugewunken, Deckard und Nihlathak kurz zugehört, beschlossen, dass er sie nicht stören will und sich auf eine Bank in der Nähe gesetzt. Er trägt jetzt eine schwere Lederrüstung, mit besonderem Schutz in der Leistengegend – eine gute Idee, auf Tentakelangriffe von da hätte ich so überhaupt keine Lust – einen kurzen Umhang aus schwerem Stoff, sicher vor allem für den warmen Kragen, und schwere Stiefel. Als er sich niederließ, sah ich eine lange Unterhose, die er hineingeschoben hat, darüber trägt er noch eine wärmere Hose. Ja, es wird kalt. Seine Arme sind allerdings frei, am linken trägt er einen einfachen leichten Schild, Leder mit vermutlich Metallkern, fest angeschnallt; der rechte ist ungehindert, und dorthin ragen auch die Stiele des Bündels schlanker Wurfäxte, das verkehrt herum an seinem Gürtel baumelt. Ein köcherartiger Behälter mit noch mehr von ihnen steht im Moment neben ihm auf dem Boden. Auch dabei sind Stoffhandschuhe, die am Handrücken mit Leder verstärkt sind, die Finger sind nur dünn gepolstert. Zuletzt hat er noch ein Stirnband mit Ohrenschützern. Noch ist es für es und die Handschuhe zu warm.
Da kommt Anya dahergeschlendert, auf dem Weg nach oben ins Spital. Sie sieht ihn und stemmt die Fäuste in die Seiten.
"Da bist du! Hast du dich wenigstens noch ein bisschen ausgeruht nach der langen Nacht? Ich war grad bei dir!"
"Hast mich knapp verpasst! Und nein, geruht hab ich gestern verdammt noch mal genug. Ich bin stark wie ein junger Bulle und genauso bereit, den Dämonen ordentlich den Arsch aufzureißen!"
Sie schüttelt den Kopf. "Aber sicher. Zwei Äxte links und rechts in die Ritze und dann auseinander? Da musst du aber näher ran, als dir normal Recht ist!"
Vulgär!
Hach, Barbaren in ihrer natürlichen Umgebung, das Wunder der Natur. Bin ich froh, dass wir keinen Geruchssinn haben.
Emund lacht schallend. "Me-ta-for-isch, meine Liebe! Was wolltest du denn von mir? Ein Küsschen oder drei?"
"Du kannst mir eins auf die Backen drücken, Dicker. Nein, ich hab was für dich. Schau dir diese Schönheiten an."
Sie wirft ein Stoffbündel auf ihn, das er mit der Magengrube auffängt. Er keucht kurz und packt es dann aus – es sind Wurfäxte.
"Denkst du, meine alten sind zu stumpf?", fragt er.
"Keine Sorge, nachdem du nicht fähig bist, damit jemanden umzubringen", gibt Anya jovial zurück. "Wirf mal eine irgendwohin. Ziel am besten auf mich, dann trifft sie mich garantiert nicht."
Eine der Äxte wirbelt knapp an ihrer Hüfte vorbei und gräbt sich ein paar Zentimeter in einen Holzpflock.
"Liegen gut in der Hand! Aber das tun die alten auch."
"Ich weiß, das ist jetzt viel verlangt, aber zähl mal, wie viel es noch sind."
Emund runzelt die Stirn, überschlägt kurz, und erklärt vorsichtig: "Fünfzehn."
Sie nickt. "Richtig, genau so viele habe ich dir verzaubert."
"Dann wären es jetzt vierzehn, Zuckerpüppchen."
"Wirf noch eine und zähl nochmal."
Er drückt mir eine in die Hand. "Komm, Dorelem, versuchs du mal. Rasier ihr die Haare ein wenig oder so."
Ich wiege den wohlgeformten Griff. Leicht und tödlich. Wie hat er es gemacht? Arm so abwinkeln, dann...
Ich kann nicht hinsehen.
Klappernd fällt sie zu Boden, aber immerhin habe ich den Block getroffen; von meinem Standpunkt aus musste ich nicht allzu knapp an Anya vorbei werfen, zum Glück.
"So, und jetzt?", spottet Emund.
"Zähl!"
"Eins, zwei, viele...vierzehn...und...Moment."
Emund zählt noch einmal, flucht hässlich, und zählt erneut. Dann runzelt er die Stirn und blickt Anya indigniert an.
"Du verarschst mich doch."
"Aber natürlich", antwortet sie zuckersüß. "Außerdem füllt sich dieser Stapel von selbst auf, aber es wär ja langweilig gewesen, wenn ich dir das gleich gesagt hätte, nicht wahr?"
Gleichzeitig schießen Emunds und mein Blick zu den geworfenen Äxten; die liegen respektive stecken nicht mehr da, wo sie gerade noch waren. Vermutlich sind sie wieder in dem Bündel der restlichen, irgendwie.
Anerkennend pfeift der erfahrene Werfer. "Das...ist Scheiße noch eins fantastisch. Ich weiß, du weißt das, aber du bist wirklich die Allerbeste."
Anya grinst breit. "Wenn ich mir ein wenig Zeit lassen kann, kommt auch was Vernünftiges dabei raus! Wobei es natürlich hilft, sich ein wenig mit dem lieben Deckard zu unterhalten. Seit du Sturkopf beschlossen hast, mit den beiden mitzulaufen, arbeite ich an diesen Dingern. Mach uns stolz und lass dich nicht umbringen."
Er steht auf und reißt sie in eine gefährlich aussehende Umarmung. "Mit den Teilen brauch ich nicht mal zum wieder Aufsammeln hinlaufen! Wie soll mir da was passieren?"
"Ja, dich kann dann nur noch deine ureigene Dummheit umbringen, deswegen mache ich mir ja so viele Sorgen. Jetzt lass mich wieder runter, ich muss arbeiten."
Ohne viel weitere Worte lässt Emund sie gehen, gleich in Bewunderung über seine neuen Waffen versunken.
Hm, ob sie wohl auch Zauberstäbe herstellen kann? Der Meister könnte schon länger einen besseren brauchen.
Den benutzt er doch eh kaum mehr.
Aus gutem Grund.
Besagter kehrt gerade von Larzuk zurück, frisch eingekleidet, wo ihn bisher nicht schon die Rüstung bedeckt hat. Er hat die alten Stiefel dabei, die Hose, noch von seiner Novizenkleidung, hat er zurück gelassen. Ja, die einfachen Lederschuhe mit ihrem Hitzeschutzzauber haben ihm gute Dienste geleistet, als es noch darum ging, die Höllenfeuer zu überstehen; jetzt sind sie etwas fehl am Platz, aber wegwerfen sollte er sie nicht. Ungefragt nehme ich sie ihm ab und verstaue sie in unserer Truhe. Seine neuen sind offensichtlich gepolstert, metallbeschlagen und lassen mich geradezu neidisch werden, so bequem sehen sie aus. Obwohl mir natürlich nichts unbequem sein kann. Auch Hose und Hemd sind zweifelsohne von hervorragender Qualität.
"Steht Euch gut", lächelt Deckard. Dann wird er sofort wieder ernst. "Der geschätzte Älteste und ich haben gerade kurz über gewisse rote Portale geredet, die auf der Hochebene aufgetaucht sein sollen. Wir sind in großer Sorge, dass sie dazu dienen könnten, Baals Armee Verstärkung zu liefern."
"Portale direkt in die Hölle also", fügt Nihlathak hinzu.
Der Meister verschränkt die Arme. "Ist das nicht quasi unmöglich? Es hat alle drei Übel an einem Ort gebraucht, den Mephisto längere Zeit mit großzügigen Menschenopfern dafür vorbereiten konnte, um auch nur ein solches zu öffnen."
Emund und Nihlathak werfen einander einen Blick mit erhobenen Augenbrauen zu. Deckard seufzt nur. "Baal war in der Zwischenzeit in der Hölle und hatte dort gute Gelegenheit, sich auf diese Invasion vorzubereiten. Er ist garantiert deutlich stärker in dieser Welt geworden, als Mephisto es je war, geschweige denn Diablo und Baal selbst vor seiner Reise nach unten in ihren Menschenkörpern. Dennoch ist dies ein ganz schlechtes Zeichen. In der Hölle selbst gibt es ganz wortwörtlich unbegrenzt viele Dämonen. Wir könnten nie bestehen, wenn sie einfach so nach Sanktuario gelangen können."
Der Meister trommelt mit den Fingern gegen die Wange. "Ja, wirklich sehr bedenklich..."
"Ihr müsst einen Weg finden, diese Portale zu schließen!", drängt Deckard.
Die Bewegung der Finger hält inne. "Heißt das, du weißt nicht, wie ich das anstellen sollte?"
Der Horadrim-Weise wirkt zerknirscht. "Nein, die Portalmagie von Himmel und Hölle ist von unserer fundamental verschieden. Es
muss einen Weg geben, und ich werde versuchen, Tyrael zu erreichen, um ihn sicher herauszufinden, aber das wird auch nicht sofort vonstatten gehen..."
"Dieses nutzlose Federkissen! Warum ist er eigentlich nicht hier und hilft uns direkt?"
"Ich bin mir sicher, er hat seine Gründe..."
"Pfeifendeckel! Was soll ich denn tun mit den Dingern, den Ausgang verstellen? Das ist etwas, wo nur er uns helfen kann, verdammt – auf gut Glück werde ich da nichts versuchen."
Deckard wirkt entsetzt, aber ich kann dem Meister jetzt wirklich nicht böse sein für diese Einstellung – warum Tyrael nicht hier ist, um uns zu jeder Sekunde aktiv zu helfen, ist völlig unerklärlich. Und wir haben wirklich keinen Anlass zu glauben, dass wir
irgendwas gegen diese neue Bedrohung unternehmen können.
"Ich muss dem General da leider zustimmen", schaltet sich plötzlich Nihlathak ein. "Wir können kaum von ihm verlangen, dass er hindurchschreitet und nachsieht. Selbst wenn er einen Weg finden würde, die Portale zu schließen, die Gefahr, dabei einen fürchterlichen Fehler zu begehen, ist viel zu groß. Was, wenn er in der Hölle gefangen wird?"
"Und was hindert die Dämonen daran, einfach immer neue zu öffnen?", bringt Emund ein.
"Werdet Ihr es nicht einmal versuchen?", fragt Deckard.
"Nein, werde ich nicht. Tut mir Leid, aber ohne Gebrauchsanleitung fasse ich so ein Ding nicht an. Vielleicht kann ich Dorelem durchschicken, falls wir eines finden, aber ansonsten halte ich mich so fern davon wie möglich. Viel wichtiger ist mir, schnell die Quelle zu erreichen und nachhaltig auszuschalten, der Rest ergibt sich dann schon von selbst."
Der Weise blickt zu Boden. "Ich schätze, das muss ich akzeptieren."
Trang-Ouls Handschuh landet auf seiner Schulter. "Bekomm es hin, dass Tyrael mit uns redet, und ich sehe, was sich machen lässt. Sonst kann ich das einfach nicht verantworten, du glaubst mir hoffentlich, dass ich nicht aus mangelndem Mut absage."
"Nein, das sicher nicht", antwortet Deckard mit schwachem Lächeln. Nihlathak nickt ernst.
"Können wir dann aufbrechen?", drängt der Meister.
Es stellt sich heraus, dass niemand mehr etwas zu sagen hat, also stehen wir kurz darauf zu dritt auf dem Wegpunkt im Eishochland.
"Na dann, Zeit ein paar Köpfe einzuschlagen", erklärt der Meister fröhlich.
Schlag ihm mal kurz vor, die Richtung zu wechseln.
Gute Idee. "Denkst du nicht, dass noch einige Leichen vom Kampf gegen Schenk rumliegen sollten? Davon ein paar Skelette zu machen sollte uns nicht wirklich zu viel Zeit kosten."
"Ach, ich dachte, ihr beide wärt jederzeit in der Lage, mir ein paar tote Dämonen zu besorgen?", ätzt er. Ich runzle die Stirn, Zorn am Aufkochen, da winkt er ab. "Aber du hast Recht, sicher ist sicher."
Dem Himmel sei Dank!
Wir wenden uns also rückwärts...da springen plötzlich zwei Sklaven hinter Felsen hervor.
"Oh, da bietet sich jemand an?"
"Ich will nicht unken, aber schau dich mal kurz um, General...", gibt Emund zu bedenken. Mein Blick schießt in die Runde. Wo kommen die alle auf einmal her? Wir sind umzingelt von Dämonen!
Ein etwas größerer, dezent cyanfarben, hüpft auf eine flache Steinformation und schwingt sein schmerzhaft aussehendes Schwert in unsere Richtung. "Richtet sie!", kreischt er, und sofort laufen seine Diener los...verdammt schnell! Da blitzt um die Füße des Helden eine Aura auf, die gelben Linien der kraftsteigernden Macht, und ich weiß, dass wir ein gewaltiges Problem haben.
Eine Wurfaxt trifft den Aurenspender zwischen den Augen. Es fegt ihn vom Felsen, und die jetzt weiter von ihm entfernten Diener auf der einen Seite verlieren ihren Bonus.
Der Meister reagiert blitzschnell, zieht eine Knochenwand vor den noch verstärkten hoch, und weist mir mit einer Geste und einem Schrei die Richtung. Natürlich bin ich schon vorgeflossen, um den Kampf von ihm wegzuziehen, und kümmere ich mich um die fünf Angreifer von dieser Seite. Sie sind schnell, ja, wirklich schnell. Das heißt, dass zwei von ihnen an mir vorbeikommen, ohne dass ich groß etwas tun kann, aber dagegen kann ich einfach nichts tun. Die anderen versuchen, mich auszuschalten, aber ich kann auch ganz schön schnell sein. Ihre Knüppel sind noch dazu aus Holz, und die Luft hier ist furchtbar trocken. Schon brennt der erste, und so, wie die Sklaven um mich herumtanzen, ist es unvermeidlich, dass sie sich gegenseitig ansengen. Ich ducke mich unter einem Hieb weg, springe zur Seite, um dem nächsten zu entgehen, muss den dritten hinnehmen, der erste zuckt derweil zurück vor der flammenden Waffe eines Kollegen. Die Gelegenheit lasse ich mir nicht entgehen, setze nach, und steche einen weißglühenden Finger in sein Auge. Das andere zerplatzt in einer Dampfwolke, die aus der Höhle schießt. Instinktiv weichen die zwei anderen zurück, ein klarer Fehler. Ich stürze mich auf einen von ihnen...
Nicht so voreilig!
Die Warnung des Zweiten kommt zu spät – einer der beiden, die an mir vorbeigerannt sind, hat sich umgedreht. Sein kruder Morgenstern reißt ein großes Stück meines Beins heraus, der Fuß darunter verpufft, und ich fühle mich durch den Verlust sofort schwächer. Bevor ich daran denken kann, meinen Schwerpunkt zu verlagern, falle ich, und mein eigentlich angedachtes Opfer rammt mir eine Faust ins Gesicht.
Das allerdings ist mir relativ egal, ich öffne einfach kurz die Schleuse in mein Inneres und sehe mit Genugtuung zu, wie sein Gesichtsausdruck von triumphierender Wut zu blankem Entsetzen wird, als ihm das Fleisch von den Knochen schmilzt.
Der mit dem Morgenstern...
Ja! Der vor mir zieht, natürlich, seinen Arm zurück, aber ich halte mich fest, nutze ihn, um aus der Gefahrenzone zu kommen. Dabei fließe ich einfach immer weiter zu ihm hin, ignoriere dabei seinen wild fuchtelnden anderen Arm – was soll er denn tun? Kurz darauf springe ich über seine Leiche und ordne meinen Körper dabei so um, dass ich in die andere Richtung blicke. Etwas kleiner und schlanker als vorher, aber mein Schmelzofen läuft noch. Zwei Gegner! Und...zwei Verbündete. Aus dem gerade besorgten Material sind Skelette geworden. Ich sehe, wie der Meister und Emund durch schlaues Abtrennen der Front mit Hilfe von strategisch gesetzten Knochenwänden ganz gut zurecht kommen, zumal auch bei ihnen schon Wächter fleißig dabei sind, die schnellen Sklaven lange genug zu binden, damit die Äxte gut treffen. Den ersten Angriff haben wir also gut überstanden...
Da zerspringt eines der Skelette neben mir. Wie...?
Etwas packt das andere am Bein, benutzt es wie eine Keule und rammt es mir in die Magengrube. Eine Stichflamme schießt mir auf dem Mund.
Der hellblaue Dämonenheld bricht den Knochen am Knie durch und schlägt dem Krieger mit seinem eigenen Fuß den Schädel ein. Er hat eine schwer blutende Kopfwunde, aber die Wurfaxt war offenbar nicht stark genug, um ihn direkt auszuschalten. Jetzt ist er
sauer,und er und seine Diener genießen die volle Unterstützung der Machtaura.
"Meister, Schwächen, bitte!", ruft da der Zweite, ein guter Gedanke. Wie üblich reagiert der Meister rasch, und ich kann zumindest erwarten, durch den Fluch auf meine Gegner nicht von jedem Schlag sofort vernichtet zu werden wie die Skelette gerade.
Nicht, dass der andere es nicht versuchen würde. Er huscht nach vorne, die flache Schwertseite zischt heran – verdammt, blöd ist er nicht! Ein Stich wäre mir egal, aber so kann er Teile von mir abtrennen, bis ich zu wenig Feuermasse habe und implodiere.
Waffe!
Ja, unbedingt! Ich weich aus, such sie! Schlag um Schlag muss ich zurückhüpfen, da trifft mich ein Holzknüppel, denn natürlich sind die Diener auch noch da! Wieder eine Flammenzunge aus meiner Seite, und schon dringt die gefährliche Schwärze an den Rand meines Sichtfeldes.
Halt sie fest, verdammt!
Als ginge es um mein Leben – nun, zumindest um das dieses Körpers – klammere ich mich an die Waffe. Meine Sicht ist immer noch auf den Helden gerichtet, der einen weiten Ausfall auf meinen Hals wagt, was ihn offen lässt, aber ich kann nicht kontern – ich muss meinen ganzen Kopf grotesk weit nach hinten biegen. Der Zweite kann aber nach hinten sehen, und wir sind mittlerweile so gut aufeinander abgestimmt, dass er problemlos eine Hälfte meines Körpers kontrollieren kann. Hinter mir kommt ein Sklave um, der seine Waffe nicht loslassen wollte, und gerade rechtzeitig – ich lasse mir die Keule durch unseren Körper nach vorne reichen, und so kann mein Arm, mit ihr darin, einen Schwerthieb tatsächlich parieren, der sonst mehr oder minder ungehindert hindurch geschossen wäre und mir den Kopf zerfunkt hätte.
Da explodiert die Leiche hinter mir, der Held wird davon zurück geworfen, ich sehe meine Chance und setze nach, aber schon ist er wieder auf den Beinen, viel zu schnell. Dennoch schlage ich mir der jetzt brennenden Keule zu, ein Funkenregen an seiner Klinge, noch ein Schlag, aber nein, sein gezackter Säbel ist viel zu einfach zu führen im Vergleich zu meinem klobigen Instrument, er lenkt meinen Schmetterer ab, kann sofort nachsetzen und nur der ungünstige, weil wohl instinktiv als Stich gedachte Winkel hindert mich daran, zu vergehen. Bevor ich daran denken kann, es festzuhalten, ist das Schwert auch schon wieder aus mir draußen, und ich muss es sofort wieder parieren – glühende Splitter fliegen davon.
Defensive. Vielleicht wird der Meister endlich mit seinem Kampf fertig...
Der ist beschäftigt, weil die Viecher ihm Skelette und Wände sofort zerlegen! Solange wir die Aura nicht loswerden, wird das nichts, es sei denn...
...Emund kann sie ausschalten, bevor ihm das Mana ausgeht. Ja, darauf verlassen wir uns nicht. Was machen wir? Parier, Ausweich, Schritt zurück, Metall auf Holz...der Knüppel sieht nicht mehr gut aus.
Wir brauchen den Morgenstern! Lass mich den Schwertkampf machen und du steuerst uns dahin!
Du hast ihm im Blick und ich gewöhne mich langsam an ihn, als geh du!
Nach noch etwas längerer – im Bereich von Mikrosekunden – wortlosem Zwist lenkt der Zweite ein, mit einem möglichen Zugeständnis, dass ich vielleicht sogar besser sein
könnte im Duell gegen eine Klinge. Verdammt, manchmal wünsche ich mir wirklich den Stahlkörper zurück, diese Feuerform ist flexibel, aber wir können überhaupt nichts gegen ihn tun!
Schlau setzt der Zweite unsere Beinarbeit so, dass wir uns in einem weiten Halbkreis auf die Metallwaffe zubewegen. Ich habe also eine doppelt schwere Aufgabe: mit den Schwertschlägen dieses ekelhaft schnellen Biests umgehen, und das auch noch unter Einrechnung der Bewegungen, die mir der Zweite ansagt, kurz bevor er sie tätigt. Wenn wir nicht instinktiv so gut darin wären, hätte ich keine Chance.
Dennoch versage ich beinahe, als sich ein weiterer Diener in den Kampf einschaltet, wo auch immer der herkam.
"Schaffst du es nicht alleine, oder was?", rufe ich, in der Hoffnung, den anderen zu provozieren. Der Zweite muss seinen Plan großzügig ändern – erst einmal weg von dem Rettung versprechenden Morgenstern – um auch noch den anderen Sklaven zu umtänzeln.
"Erwartest du von mir ernsthaft ein faires Duell, mit mir gefangen in diesem minderwertigem Sklavenkörper?", zischt mein Gegner zurück.
"Da sind wir schon zwei", antworte ich.
Was machst du da?
Reden strengt mich nicht besonders mehr an, ihn vielleicht schon!
Ich wusste ja immer, dass du noch nie eine Gehirnzelle auf den Unfug verschwendet hast, den du so von dir gibst!
Mein Konter hat den anderen zumindest kurz überrascht, so gebe ich meiner zersplitternden, brennenden Keule noch ein paar wertvolle Sekunden länger. Also sei nur still. Nach kurzem Schweigen setze ich nach.
"Denkst du denn, diese Form gibt deine Persönlichkeit nicht perfekt wieder?"
"Ich bin Eldritch, oberster Richter von Kurast!", speit der Sklavenheld. "Ich hatte die Macht über Leben und Tod von hunderten Verurteilten! Ich hatte das Geld und den Einfluss, jeden zum Bürgermeister zu machen, den ich wollte!"
"Tja, und dann bist du gestorben", spucke ich zurück, zur Betonung mit einem echten kleinen Feuerball darin, der ihn zurückzucken lässt, wieder eine kostbare kleine Pause, in der ich aber nicht den Fehler begehen werde, nachzusetzen. "All deine Intrigen verloren durch den unbarmherzigen Fluss der Zeit, und weil du genau wusstest, dass du es verdienst, bist du als hässlicher kleiner Diener Baals geendet. War es das also wirklich wert?"
Eldritchs Stimme überschlägt sich, als er "Runter mit seinem Kopf!" brüllt.
Mist Mist Mist!
Mein Blick schießt zur Perspektive des Zweiten...wo ein Diener mit einer Knochenkeule steht, die bereits auf uns herabsaust. Nein!
Eine Wurfaxt gräbt sich in die Schulter des Exekutors. Mit einem Schrei entgleitet ihm die Waffe, gerade als meine unter einem beidhändig geführtem Hieb von Eldritch zerbricht.
Die Knochenkeule pariert den nächsten. Pure Frustration steckt im Brüllen des korrupten Ex-Juristen. Ich rufe ein schnelles "Danke!" an Emund, der gleich noch einen draufsetzt und mit einer weiteren Axt den verletzten Diener von seinem Leiden erlöst. Ein Fluch tut mir daraufhin kund, dass es vielleicht etwas zu nett von ihm war – er und der Meister sind in akuter Gefahr! Ich sehe, wie Emund eine Axt in jede Hand nimmt und sie im Nahkampf benutzt, damit er nicht von zwei Dienern überrannt wird...die natürlich immer noch übermenschlich stark sind durch die Aura. Nur der Fakt, dass Emund
auch weit kräftiger als der Normalsterbliche ist, hält ihn noch am Leben – noch.
Jetzt aber schnell, auf Subtilität gespuckt.
Die Knochenkeule ist viel besser dazu geeignet, Schwerthiebe abzulenken als eine aus Holz, aber es besteht immer die Gefahr, dass sie schlicht zerspringt, wenn ein zu harter Schlag sie falsch trifft. Schnell erinnere ich mich daran, wie es war, noch mit einem Tonschwert zu kämpfen, und versuche, das anzuwenden. Mit großen Schritten führt der Zweite uns rückwärts.
"Du wirst verlieren!", höhnt Eldritch. "Meine ersten Gegner habe ich in Duellen hingerichtet, bis ich Leute hatte, die die Drecksarbeit für mich machten!"
"Diese Duelle..."
Überkopfhieb, zur Seite abgleiten lassen.
"...waren sicher sehr ehrenhaft..."
Nachsetzen von unten, also Keule auch tiefer und mit der Verdickung versuchen, seine Klinge zu fangen.
"...jeder ein Florett und Sekundanten..."
Was ich sage, kann gut stimmen – der Zweite leiht mir Wissen über alte kuraster Traditionen. Himmel, der alte General hat ihn wirklich mit
allem gefüttert. Riposte? Nein, bloß nicht.
"...also wahrscheinlich das letzte, was tatsächlich rechtens war in deinem Leben..."
Und noch ein Satz rückwärts.
"...ironisch, nicht wahr?"
Mit so einem weitem Sprung hat er nicht gerechnet, und da packt der Zweite mit einem Fuß den Morgenstern, und plötzlich haben wir zwei Waffen.
"Denn dass
ich jetzt einen unfairen Vorteil habe, ist mir gerade mal völlig egal", beende ich meinen Monolog.
Mit Keule und Morgenstern, den ich eher wie einen Schild einsetze, können wir endlich in die Offensive gehen. Der Zweite regelt den Angriff, ich würde sagen, das ist eine recht natürliche Rollenverteilung zwischen uns. Soweit es seinem deformierten, blutüberströmten, lila angelaufenem Gesicht möglich ist, wird Eldritch bleich. Oben, unten, unten, unten, oben, unten, unten, unten,
links – dachtest, du hättest ein Muster, was? Der Dämon versucht verzweifelt, seinen Fehler nach unserer Finte auszubügeln. Natürlich schießt sein Schwert blitzschnell in die richtige Position – aber die Haltung hat er nicht rechtzeitig korrigieren können. Und jetzt hilft ihm die Geschwindigkeit überhaupt nichts mehr. Ich spüre, wie der Zweite brutale Golemgewalt in seinen Angriff legt, und mit einem lauten Klirren fliegt der Säbel aus Eldritchs Hand.
"Hab mich geirrt", erkläre ich mit triefender Verachtung in der Stimme. "Du bist ein fürchterlicher Schwertkämpfer, sicher hast du bei all deinen Duellen auch schon betrogen."
Seine Augen werden groß, als er zurückstolpert und auf den Hintern fällt. "Gnade..."
"Haha, dass du nicht erstickst an dem Wort." Die Knochenkeule fällt, als der Zweite und ich gemeinsam den Griff des Morgensterns packen, und bevor sie den Boden erreicht, ist Eldritchs Schädel Matsch.
Wir drehen uns von ihm weg. Einer von Emunds Gegnern hat es gerade geschafft, seine Verteidigung zu unterlaufen, rammt dem Barbaren eine Faust in den Magen – und stutzt, als dieser keinen Millimeter zurückweicht. Stattdessen fliegt sein Kopf von den Schultern. Aber der andere Sklave, mit dem Emund kämpft, hat einen Dolch – er steht hinter unserem Freund! Zweiter, die Ehre überlasse ich dir.
Wie großzügig.
Eine kurze Pirouette später trifft eine Rakete aus einem Morgenstern, wunderschön zielgenau vom Zweiten geworfen, den letzten Diener Eldritchs und verteilt ihn kunstvoll an einer Felswand ein paar Meter weiter hinten.
"Pf, wer gibt sich schon mit Wurfäxten ab, wenn er etwas viel Besseres haben kann?"
War das gerade ein
Witz? Von
dir?
Du solltest es doch zur Genüge gewohnt sein, das Opfer meines beißenden Sarkasmus zu werden, nicht?