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Trang-Ouls Triumph [Ich denke, also bin ich: Teil 5]

Meine Prüfungen sind alle zu meiner Zufriedenheit bestanden. Noch zufriedener aber stimmt mich, dass das die letzten überhaupt waren :D. Nie wieder büffeln, mein Gott, ist das schön.

Täglich wirds nicht - aber wenn ich nächstes Jahr meine Masterarbeit im schönen Prag mache, kann das durchaus sein, dass ich mehr Zeit auch für euch finde. Erst mal einleben und so, natürlich.

Gerade hab ich aber auf jeden Fall ein Kapitelchen für euch geschrieben ;). Darauf dürft ihr euch an den Feiertagen freuen. Vielleicht nicht gleich am 24., aber ich gebs euch irgendwann den Dreh!
 
:santa: Soderle, Jungs und Mädels! Bin doch noch mal extra für euch fix an den PC gesprungen, eure Treue verdient das natürlich :). Frohestes Fest und viel Spaß hiermit, sobald ihr in der Weihnachtstimmung Zeit dafür findet!



Ich bin mir übrigens bewusst, dass Eldritch kein Jurist ist, sondern ein Richtig-Macher ("the Rectifier" im Original), aber daraus kann man weniger gut eine fixe Charakterisierung ziehen ;).
 
Kapitel 21 – Henkeräxte






Nachdem ich Emund verlassen habe, damit er einen ausgiebigen Mittagsschlaf halten kann, gehe ich Anya und ihrer Mutter wieder zur Hand mit den anderen Verwundeten. Nach ein paar Stunden tritt ein ziemlich wütend wirkender Krieger ein und grüßt Malah knapp. Auf die Frage, was ihn so anfrisst, regt er sich gehörig über einen Kollegen auf: der sollte ihn bei der Wache auf den Mauern ablösen, aber hat sich stattdessen kolossal auf dem Fest betrunken. Leer lassen kann er seinen Posten natürlich nicht, also muss der Abzulösende eine Doppelschicht einlegen, statt selber feiern zu dürfen.
Weil gerade alles ruhig ist im Spital, biete ich ihm an, die Wache zu übernehmen. Seine kurze Skepsis wird schnell von den beiden Frauen zerstreut, die ich offenbar sehr von mir überzeugt habe durch meine Hilfe. Natürlich helfe ich auch den Kriegern gerne um des Helfens Willen; wobei ich mir den Gedanken nicht verkneifen kann, dass er das sicher weiter erzählen wird, was meiner Beziehung zu den anderen sicher nicht schaden kann. Wie es der Meister eben auch tut...aber ich rede mir ein, dass ich hier wirklich nicht irgendwie manipulativ bin oder so, er tut mir ja ehrlich Leid.
Der Zweite hat dazu, glücklicherweise, nichts zu bemerken. Er ist ohnehin immer sehr zurückgezogen, wenn ich mich wieder gemeinnützig betätige. Auf den Mauern spielt er dann aber etwas Schach mit mir, wirkt aber leicht abwesend – ich gewinne öfter als er. Natürlich bleibt meine Frage, ob ihn gerade etwas beschäftigt, unbeantwortet.
Ich muss während meines Dienstes feststellen, dass nicht alle Barbaren sich so unter den Tisch getrunken haben, dass sie nicht mit patrouillieren können. Etwas Alkohol haben aber eigentlich alle intus, offenbar ihrer Ansicht nach wenig genug, dass ihre Fähigkeiten, aufzupassen, nicht zu sehr eingeschränkt sind. Eine lustige Runde ist es auf jeden Fall.
Nachts schadet mein Licht natürlich nicht, darum übernehme ich gleich alle Schichten auf einmal, nach einem kurzen Kontrollbesuch im Spital. Ich lerne dabei viele neue Freunde kennen, die immer freundlicher werden, bis auf einen, der versucht, mich auszupinkeln. Da ist der Zweite natürlich voll bei der Sache.
Ob der Unhold sich morgen daran erinnern kann, woher seine leichte Brandwunde kommt?
Da wir das Vorgebirge mit tätlicher Unterstützung der Harrogather ziemlich leergefegt haben, passiert natürlich nichts. Ganz schleifen lassen kann man die Wachsamkeit natürlich nicht; Qua-Kehk selbst kontrolliert einmal die Ränge, seufzt ein wenig, aber er ist selbst schon zu wacklig auf den Beinen, um den Kriegern groß böse zu sein. Stattdessen schickt er ein paar von ihnen nach Hause und holt ein paar weniger schwer verletzte und vor allem nüchterne aus dem Spital, darunter Emund, dem er das Kommando überträgt. Er wirkt wieder komplett genesen und hat den größten Spaß von uns allen, vielleicht, weil er jegliche Angebote, ihm ein Bier zu bringen, ablehnt; genug getrunken, meint er, und dass es morgen viel zu tun gäbe.
Die ganze Zeit bleibt der Meister offenbar zuhause, und schläft hoffentlich ruhig. Wäre da nicht diese ständige Furcht um ihn, aus zu vielen Gründe, könnte ich mich wirklich wohl fühlen. Ich weiß, das Recht mich zu beschweren habe ich eigentlich nicht, wenn ich da den Krieger mit nur noch einem Arm vorbeigehen sehe, so fröhlich wie alle anderen hier. Dennoch...dennoch.

Die Sonne lugt scheu über den Gipfel des Arreat hinweg, ertränkt die kriegsgepeinigten Hügel des Vorgebirges für einen Moment in goldener Schönheit, als würde sie eine Zukunft ohne all dies Leid versprechen. Wenn man bedenkt, wie sehr sie uns gestern durch diese kleine Geste geholfen hat, wage ich es fast, zu hoffen.
Meine Wachkollegen beschweren sich über Kopfschmerzen, als die Strahlen sie stechen. Manche Leute sind auch nie zufrieden...
Sagt der Richtige. Lass uns den Meister abholen.
Ich hätte jetzt ja gewartet, bis er wach ist?
Habe ich auch. Los.
...in Ordnung?
Tatsächlich tritt der Meister gerade vor die Tür, als wir unten ankommen, Emund im Schlepptau. Als er den golden Gerüsteten sieht, entschuldigt er sich: "Nihlathak wollte, dass ich ihm Bescheid gebe, bevor wir aufbrechen. Lauft nicht weg."
"Wir?", fragt der Meister, ohne mich zu grüßen.
"Guten Morgen", gebe ich zurück. "Gut geschlafen?"
"Viel zu lange! Was ist jetzt mit dem Kerl?"
Gut, dass ich eine Nacht lang Zeit hatte, um mir eine Antwort zu überlegen. "Er ist fest entschlossen, uns zu begleiten. Aber pass auf – das ist das geringste Übel, wenn du wenig Einmischung willst. Die Leute hier sind alle ganz heiß darauf, mit uns zusammen in die Schlacht zu ziehen. Weil Emund aber deine Kastanien aus dem Feuer gezogen hat, kann er sagen, dass es sein Recht ist und der Rest bleibt zuhause, dafür hat Nihlathak auch gesorgt. Wenn wir ihn nicht mitnehmen, musst du eine ganze Entourage mitschleppen."
Er setzt zu einer wütenden Antwort an, dann glättet er seine Gesichtszüge. "Das hat du aber schön auswendig gelernt", sagt er tonlos.
"Ich hatte Zeit", ahme ich mit der gleichen Stimme nach.
"Ich nicht", spuckt er, deutlich angefressen. "Darum auch keine zum Streiten. So lange wollte ich wirklich nicht schlafen – wir müssen schleunigst weiter diesen Mistberg hinauf, sonst holen wir Natalya nie ein!"
Ach, ist sie dir jetzt doch wieder wichtig? Fast spreche ich das aus, aber fange mich gerade noch rechtzeitig – er ist hier der, der sich mir gegenüber meines Erachtens falsch verhält, das muss, das darf nicht auf Gegenseitigkeit beruhen. Stattdessen hebe ich nur eine Augenbraue – das kann ich mir nicht verkneifen, und fühle mich sofort etwas schuldig dafür – und sage: "Ja, selbstverständlich. Aber du wurdest gestern ziemlich verletzt, und hast dich jetzt nicht einmal behandeln lassen. Etwas mehr Ruhe als gewöhnlich ist das Mindeste, was du dir leisten musstest."
Sein Ausdruck wirkt immer noch sauer, aber mehr wie ein Zitronenbiss, weniger wie ein von einer Schlange empfangener. "Ist jetzt auch zu spät, sich darüber aufzuregen. Denkst du, wir werden Emund los, wenn wir jetzt ganz schnell machen?"
Ich wackle mahnend mit dem Zeigefinger. "Das lassen wir schön bleiben, auch im Interesse deiner seltsamen Politik. Du hast doch gehört, Emund holt Nihlathak, der will sicher nicht ohne Grund mit uns reden, und du willst ihn nicht verärgern."
"Ja, ja, schon gut", knurrt er.
Seine schlechte Laune beginnt mich zu nerven, aber ich versuche es weiter mit Milde. "Hast du denn nicht gut geschlafen?"
"Das Aufwachen war das Problem", antwortet er unlesbar. Ich gebe mich zufrieden, ebenso mit der Stille, die folgt.
Kurz darauf kommen der letzte Älteste des Dorfes und unser zukünftiger Begleiter an. "Ah, einen wunderschönen guten Morgen", grüßt Ersterer. "Ein letzter Gruß der Sonne, denn es sieht mir sehr nach Schnee aus. Seid Ihr gerüstet für schlechtes Wetter?"
Der Meister schnaubt kurz, ist aber auf einmal ganz besonders höflich. "Guten Morgen auch Euch. Der Gedanke an etwas wärmere Bekleidung ist mir schon gekommen, und ich hoffe, eine entsprechende Anfrage wurde bereits erfüllt. Hättet Ihr etwas dagegen, wenn wir auf dem Weg reden?"
"Ganz und gar nicht, geht voran", bietet Nihlathak an. Emund drängt sich nun vor. "Auch von mir noch einen etwas herzlichen Gruß als den etwas eiligen gestern. Hat Dorelem Euch schon gesagt, dass ich gern mitkommen würde?"
Der Meister sieht von einem Barbar zum anderen, dann nickt er. "Ja, durchaus. Ich denke, es kann auf keinen Fall schaden, solange man dich hier entbehren kann...?"
Ein letzter Schlupfloch, hm?
"Meine Jungs bleiben hier, General. Ich gehe Euch nur allein auf die Nerven."
Ja, Emund ist ein schlauer Kerl. Er weiß genau, mit welchem Argument er den Meister herumkriegen kann – nicht, dass der sich groß beschweren kann, solange Nihlathak dabei steht.
"Na dann", sagt der Meister, bleibt stehen und streckt seine Hand aus, "bist du dabei. Duz mich bitte auch, in der Schlacht brauchen wir keine Formalitäten und es klingt völlig falsch von dir. Ich freue mich auf gute Zusammenarbeit, und vielleicht kann ich mich ja revanchieren für das, was du gestern für mich getan hast."
Emund schüttelt den Handschuh fest. "Jederzeit wieder, General. Ich hol dann mal meine Sachen, wir treffen uns am Wegpunkt, lauft nicht weg!" Er zwinkert mir zu und trabt los.
"Gab es etwas, das Ihr mit mir besprechen wolltet?", fragt der Meister Nihlathak. Der nickt. "In der Tat. Vor allem Euere weitere Route. Vom Wegpunkt im Vorgebirge aus erstreckt sich ein weites, recht flaches Gebiet, das Eishochland. Dieses geht in die Arreat-Hochebene über, welche etwas rauer und stetig ansteigend ist, vor allem aber durch einen engen Pass vom Hochland getrennt. Ich vermute stark, dass beide Gebiete von den Dämonen befestigt wurden, und sich in ihnen die Garnision ihrer Armeen befindet."
"Aber sicher nicht so organisiert, wie man sich das vorstellen würde."
"Nein, garantiert nicht. Mit Pech sind es viele kleine und sehr unterschiedliche Anlagen, wo sich eben gerade Arten von Höllenwesen zusammenfinden, die halbwegs ohne ständigen Streit miteinander auskommen."
"Das ist mir eigentlich ganz Recht", überlegt der Meister. "Dann suche ich mir den Pfad des geringsten Widerstandes und marschiere zügig voran."
"Und wenn sie Euch in den Rücken fallen?"
"Werden sie feststellen, dass ich umzingelt am besten kämpfe."
"Da werde ich Euch sicher nicht dreinreden. Was mir dann auch noch Sorgen macht, ist der Pass zwischen den Hochgebieten. In diesem Nadelöhr wird sicher ein Hinterhalt lauern."
"Nicht, wenn wir davon wissen, was wir hiermit tun – vielen Dank. Den Rest regelt großzügige Anwendung von Explosionen."
"Ich sehe, Ihr habt für jede Herausforderung einen Plan", lächelt Nihlathak. Die Antwort des Meisters ist trotzdem ernst. "Nun ja, ich bin durchaus flexibel. Meine größte Sorge ist im Moment die Wiedererschaffung meiner Armee, aber ich werde schon ein paar schnelle Leichen finden – oder machen lassen."
"Dafür ist Emund doch ideal geeignet, oder?", werfe ich ein. Der Meister wirft einen Seitenblick zurück. "Wenn du dich davon überfordert fühlst?"
Nihlathak ignoriert das. "Und eine Sache noch – in den ersten Kampftagen, als wir noch nicht hoffnungslos unterlegen in der Stadt ausharren mussten, berichteten manche unserer Späher von rot glühenden Portalen, die einfach so in der Ebene schwebten. Sagt Euch das etwas?"
"Eines wie das, durch das ich angekommen bin?", fragt der Meister. Nihlathak zuckt mit den Schultern. "Ich habe beide Exemplare nicht gesehen."
"Besprechen wir das doch mit Deckard Cain", schlage ich vor – denn der Platz am Wegpunkt ist in Sichtweite, und der Horadrim-Weise wartet dort auf uns. Er wirkt sehr ausgeruht und geradezu fröhlich.
"Tut ihr das mal", nickt der Meister. "Ich muss kurz Larzuk besuchen."
Ich grüße Deckard herzlich, er grüßt herzlicher zurück, dann beginnen die beiden alten Männer sich angeregt über Dämonen und Portale zu unterhalten. Larzuks Schmiede ist nicht weit weg...ich versuche, das Gespräch zwischen ihm und dem Meister zu belauschen.
Mit einer Unterhaltung direkt neben mir ist das nicht allzu erfolgreich, aber eine gute Übung in selektiver Wahrnehmung. Ein paar Fetzen bekomme ich mit: der Meister hat sich neue Hosen und Schuhe bestellt...ein Hemd mit Pelzkragen...und noch etwas?
Er wirkt genervt wegen dieser Sache. Larzuk entschuldigt sich...er konnte wegen des Fests nicht daran arbeiten? Legitim. Oder er ist jetzt noch zu betrunken dafür? Worum geht es jetzt eigentlich genau?
Findest du es in Ordnung, den Meister zu belauschen?
Das sollte jetzt wirklich keine Unterhaltung sein, die besonderer Geheimhaltung bedarf.
Er hat uns nicht eingeladen mitzukommen, oder? Lass das.
Emund ist derweil angekommen, hat mir zugewunken, Deckard und Nihlathak kurz zugehört, beschlossen, dass er sie nicht stören will und sich auf eine Bank in der Nähe gesetzt. Er trägt jetzt eine schwere Lederrüstung, mit besonderem Schutz in der Leistengegend – eine gute Idee, auf Tentakelangriffe von da hätte ich so überhaupt keine Lust – einen kurzen Umhang aus schwerem Stoff, sicher vor allem für den warmen Kragen, und schwere Stiefel. Als er sich niederließ, sah ich eine lange Unterhose, die er hineingeschoben hat, darüber trägt er noch eine wärmere Hose. Ja, es wird kalt. Seine Arme sind allerdings frei, am linken trägt er einen einfachen leichten Schild, Leder mit vermutlich Metallkern, fest angeschnallt; der rechte ist ungehindert, und dorthin ragen auch die Stiele des Bündels schlanker Wurfäxte, das verkehrt herum an seinem Gürtel baumelt. Ein köcherartiger Behälter mit noch mehr von ihnen steht im Moment neben ihm auf dem Boden. Auch dabei sind Stoffhandschuhe, die am Handrücken mit Leder verstärkt sind, die Finger sind nur dünn gepolstert. Zuletzt hat er noch ein Stirnband mit Ohrenschützern. Noch ist es für es und die Handschuhe zu warm.
Da kommt Anya dahergeschlendert, auf dem Weg nach oben ins Spital. Sie sieht ihn und stemmt die Fäuste in die Seiten.
"Da bist du! Hast du dich wenigstens noch ein bisschen ausgeruht nach der langen Nacht? Ich war grad bei dir!"
"Hast mich knapp verpasst! Und nein, geruht hab ich gestern verdammt noch mal genug. Ich bin stark wie ein junger Bulle und genauso bereit, den Dämonen ordentlich den Arsch aufzureißen!"
Sie schüttelt den Kopf. "Aber sicher. Zwei Äxte links und rechts in die Ritze und dann auseinander? Da musst du aber näher ran, als dir normal Recht ist!"
Vulgär!
Hach, Barbaren in ihrer natürlichen Umgebung, das Wunder der Natur. Bin ich froh, dass wir keinen Geruchssinn haben.
Emund lacht schallend. "Me-ta-for-isch, meine Liebe! Was wolltest du denn von mir? Ein Küsschen oder drei?"
"Du kannst mir eins auf die Backen drücken, Dicker. Nein, ich hab was für dich. Schau dir diese Schönheiten an."
Sie wirft ein Stoffbündel auf ihn, das er mit der Magengrube auffängt. Er keucht kurz und packt es dann aus – es sind Wurfäxte.
"Denkst du, meine alten sind zu stumpf?", fragt er.
"Keine Sorge, nachdem du nicht fähig bist, damit jemanden umzubringen", gibt Anya jovial zurück. "Wirf mal eine irgendwohin. Ziel am besten auf mich, dann trifft sie mich garantiert nicht."
Eine der Äxte wirbelt knapp an ihrer Hüfte vorbei und gräbt sich ein paar Zentimeter in einen Holzpflock.
"Liegen gut in der Hand! Aber das tun die alten auch."
"Ich weiß, das ist jetzt viel verlangt, aber zähl mal, wie viel es noch sind."
Emund runzelt die Stirn, überschlägt kurz, und erklärt vorsichtig: "Fünfzehn."
Sie nickt. "Richtig, genau so viele habe ich dir verzaubert."
"Dann wären es jetzt vierzehn, Zuckerpüppchen."
"Wirf noch eine und zähl nochmal."
Er drückt mir eine in die Hand. "Komm, Dorelem, versuchs du mal. Rasier ihr die Haare ein wenig oder so."
Ich wiege den wohlgeformten Griff. Leicht und tödlich. Wie hat er es gemacht? Arm so abwinkeln, dann...
Ich kann nicht hinsehen.
Klappernd fällt sie zu Boden, aber immerhin habe ich den Block getroffen; von meinem Standpunkt aus musste ich nicht allzu knapp an Anya vorbei werfen, zum Glück.
"So, und jetzt?", spottet Emund.
"Zähl!"
"Eins, zwei, viele...vierzehn...und...Moment."
Emund zählt noch einmal, flucht hässlich, und zählt erneut. Dann runzelt er die Stirn und blickt Anya indigniert an.
"Du verarschst mich doch."
"Aber natürlich", antwortet sie zuckersüß. "Außerdem füllt sich dieser Stapel von selbst auf, aber es wär ja langweilig gewesen, wenn ich dir das gleich gesagt hätte, nicht wahr?"
Gleichzeitig schießen Emunds und mein Blick zu den geworfenen Äxten; die liegen respektive stecken nicht mehr da, wo sie gerade noch waren. Vermutlich sind sie wieder in dem Bündel der restlichen, irgendwie.
Anerkennend pfeift der erfahrene Werfer. "Das...ist Scheiße noch eins fantastisch. Ich weiß, du weißt das, aber du bist wirklich die Allerbeste."
Anya grinst breit. "Wenn ich mir ein wenig Zeit lassen kann, kommt auch was Vernünftiges dabei raus! Wobei es natürlich hilft, sich ein wenig mit dem lieben Deckard zu unterhalten. Seit du Sturkopf beschlossen hast, mit den beiden mitzulaufen, arbeite ich an diesen Dingern. Mach uns stolz und lass dich nicht umbringen."
Er steht auf und reißt sie in eine gefährlich aussehende Umarmung. "Mit den Teilen brauch ich nicht mal zum wieder Aufsammeln hinlaufen! Wie soll mir da was passieren?"
"Ja, dich kann dann nur noch deine ureigene Dummheit umbringen, deswegen mache ich mir ja so viele Sorgen. Jetzt lass mich wieder runter, ich muss arbeiten."
Ohne viel weitere Worte lässt Emund sie gehen, gleich in Bewunderung über seine neuen Waffen versunken.
Hm, ob sie wohl auch Zauberstäbe herstellen kann? Der Meister könnte schon länger einen besseren brauchen.
Den benutzt er doch eh kaum mehr.
Aus gutem Grund.
Besagter kehrt gerade von Larzuk zurück, frisch eingekleidet, wo ihn bisher nicht schon die Rüstung bedeckt hat. Er hat die alten Stiefel dabei, die Hose, noch von seiner Novizenkleidung, hat er zurück gelassen. Ja, die einfachen Lederschuhe mit ihrem Hitzeschutzzauber haben ihm gute Dienste geleistet, als es noch darum ging, die Höllenfeuer zu überstehen; jetzt sind sie etwas fehl am Platz, aber wegwerfen sollte er sie nicht. Ungefragt nehme ich sie ihm ab und verstaue sie in unserer Truhe. Seine neuen sind offensichtlich gepolstert, metallbeschlagen und lassen mich geradezu neidisch werden, so bequem sehen sie aus. Obwohl mir natürlich nichts unbequem sein kann. Auch Hose und Hemd sind zweifelsohne von hervorragender Qualität.
"Steht Euch gut", lächelt Deckard. Dann wird er sofort wieder ernst. "Der geschätzte Älteste und ich haben gerade kurz über gewisse rote Portale geredet, die auf der Hochebene aufgetaucht sein sollen. Wir sind in großer Sorge, dass sie dazu dienen könnten, Baals Armee Verstärkung zu liefern."
"Portale direkt in die Hölle also", fügt Nihlathak hinzu.
Der Meister verschränkt die Arme. "Ist das nicht quasi unmöglich? Es hat alle drei Übel an einem Ort gebraucht, den Mephisto längere Zeit mit großzügigen Menschenopfern dafür vorbereiten konnte, um auch nur ein solches zu öffnen."
Emund und Nihlathak werfen einander einen Blick mit erhobenen Augenbrauen zu. Deckard seufzt nur. "Baal war in der Zwischenzeit in der Hölle und hatte dort gute Gelegenheit, sich auf diese Invasion vorzubereiten. Er ist garantiert deutlich stärker in dieser Welt geworden, als Mephisto es je war, geschweige denn Diablo und Baal selbst vor seiner Reise nach unten in ihren Menschenkörpern. Dennoch ist dies ein ganz schlechtes Zeichen. In der Hölle selbst gibt es ganz wortwörtlich unbegrenzt viele Dämonen. Wir könnten nie bestehen, wenn sie einfach so nach Sanktuario gelangen können."
Der Meister trommelt mit den Fingern gegen die Wange. "Ja, wirklich sehr bedenklich..."
"Ihr müsst einen Weg finden, diese Portale zu schließen!", drängt Deckard.
Die Bewegung der Finger hält inne. "Heißt das, du weißt nicht, wie ich das anstellen sollte?"
Der Horadrim-Weise wirkt zerknirscht. "Nein, die Portalmagie von Himmel und Hölle ist von unserer fundamental verschieden. Es muss einen Weg geben, und ich werde versuchen, Tyrael zu erreichen, um ihn sicher herauszufinden, aber das wird auch nicht sofort vonstatten gehen..."
"Dieses nutzlose Federkissen! Warum ist er eigentlich nicht hier und hilft uns direkt?"
"Ich bin mir sicher, er hat seine Gründe..."
"Pfeifendeckel! Was soll ich denn tun mit den Dingern, den Ausgang verstellen? Das ist etwas, wo nur er uns helfen kann, verdammt – auf gut Glück werde ich da nichts versuchen."
Deckard wirkt entsetzt, aber ich kann dem Meister jetzt wirklich nicht böse sein für diese Einstellung – warum Tyrael nicht hier ist, um uns zu jeder Sekunde aktiv zu helfen, ist völlig unerklärlich. Und wir haben wirklich keinen Anlass zu glauben, dass wir irgendwas gegen diese neue Bedrohung unternehmen können.
"Ich muss dem General da leider zustimmen", schaltet sich plötzlich Nihlathak ein. "Wir können kaum von ihm verlangen, dass er hindurchschreitet und nachsieht. Selbst wenn er einen Weg finden würde, die Portale zu schließen, die Gefahr, dabei einen fürchterlichen Fehler zu begehen, ist viel zu groß. Was, wenn er in der Hölle gefangen wird?"
"Und was hindert die Dämonen daran, einfach immer neue zu öffnen?", bringt Emund ein.
"Werdet Ihr es nicht einmal versuchen?", fragt Deckard.
"Nein, werde ich nicht. Tut mir Leid, aber ohne Gebrauchsanleitung fasse ich so ein Ding nicht an. Vielleicht kann ich Dorelem durchschicken, falls wir eines finden, aber ansonsten halte ich mich so fern davon wie möglich. Viel wichtiger ist mir, schnell die Quelle zu erreichen und nachhaltig auszuschalten, der Rest ergibt sich dann schon von selbst."
Der Weise blickt zu Boden. "Ich schätze, das muss ich akzeptieren."
Trang-Ouls Handschuh landet auf seiner Schulter. "Bekomm es hin, dass Tyrael mit uns redet, und ich sehe, was sich machen lässt. Sonst kann ich das einfach nicht verantworten, du glaubst mir hoffentlich, dass ich nicht aus mangelndem Mut absage."
"Nein, das sicher nicht", antwortet Deckard mit schwachem Lächeln. Nihlathak nickt ernst.
"Können wir dann aufbrechen?", drängt der Meister.
Es stellt sich heraus, dass niemand mehr etwas zu sagen hat, also stehen wir kurz darauf zu dritt auf dem Wegpunkt im Eishochland.
"Na dann, Zeit ein paar Köpfe einzuschlagen", erklärt der Meister fröhlich.
Schlag ihm mal kurz vor, die Richtung zu wechseln.
Gute Idee. "Denkst du nicht, dass noch einige Leichen vom Kampf gegen Schenk rumliegen sollten? Davon ein paar Skelette zu machen sollte uns nicht wirklich zu viel Zeit kosten."
"Ach, ich dachte, ihr beide wärt jederzeit in der Lage, mir ein paar tote Dämonen zu besorgen?", ätzt er. Ich runzle die Stirn, Zorn am Aufkochen, da winkt er ab. "Aber du hast Recht, sicher ist sicher."
Dem Himmel sei Dank!
Wir wenden uns also rückwärts...da springen plötzlich zwei Sklaven hinter Felsen hervor.
"Oh, da bietet sich jemand an?"
"Ich will nicht unken, aber schau dich mal kurz um, General...", gibt Emund zu bedenken. Mein Blick schießt in die Runde. Wo kommen die alle auf einmal her? Wir sind umzingelt von Dämonen!
Ein etwas größerer, dezent cyanfarben, hüpft auf eine flache Steinformation und schwingt sein schmerzhaft aussehendes Schwert in unsere Richtung. "Richtet sie!", kreischt er, und sofort laufen seine Diener los...verdammt schnell! Da blitzt um die Füße des Helden eine Aura auf, die gelben Linien der kraftsteigernden Macht, und ich weiß, dass wir ein gewaltiges Problem haben.
Eine Wurfaxt trifft den Aurenspender zwischen den Augen. Es fegt ihn vom Felsen, und die jetzt weiter von ihm entfernten Diener auf der einen Seite verlieren ihren Bonus.
Der Meister reagiert blitzschnell, zieht eine Knochenwand vor den noch verstärkten hoch, und weist mir mit einer Geste und einem Schrei die Richtung. Natürlich bin ich schon vorgeflossen, um den Kampf von ihm wegzuziehen, und kümmere ich mich um die fünf Angreifer von dieser Seite. Sie sind schnell, ja, wirklich schnell. Das heißt, dass zwei von ihnen an mir vorbeikommen, ohne dass ich groß etwas tun kann, aber dagegen kann ich einfach nichts tun. Die anderen versuchen, mich auszuschalten, aber ich kann auch ganz schön schnell sein. Ihre Knüppel sind noch dazu aus Holz, und die Luft hier ist furchtbar trocken. Schon brennt der erste, und so, wie die Sklaven um mich herumtanzen, ist es unvermeidlich, dass sie sich gegenseitig ansengen. Ich ducke mich unter einem Hieb weg, springe zur Seite, um dem nächsten zu entgehen, muss den dritten hinnehmen, der erste zuckt derweil zurück vor der flammenden Waffe eines Kollegen. Die Gelegenheit lasse ich mir nicht entgehen, setze nach, und steche einen weißglühenden Finger in sein Auge. Das andere zerplatzt in einer Dampfwolke, die aus der Höhle schießt. Instinktiv weichen die zwei anderen zurück, ein klarer Fehler. Ich stürze mich auf einen von ihnen...
Nicht so voreilig!
Die Warnung des Zweiten kommt zu spät – einer der beiden, die an mir vorbeigerannt sind, hat sich umgedreht. Sein kruder Morgenstern reißt ein großes Stück meines Beins heraus, der Fuß darunter verpufft, und ich fühle mich durch den Verlust sofort schwächer. Bevor ich daran denken kann, meinen Schwerpunkt zu verlagern, falle ich, und mein eigentlich angedachtes Opfer rammt mir eine Faust ins Gesicht.
Das allerdings ist mir relativ egal, ich öffne einfach kurz die Schleuse in mein Inneres und sehe mit Genugtuung zu, wie sein Gesichtsausdruck von triumphierender Wut zu blankem Entsetzen wird, als ihm das Fleisch von den Knochen schmilzt.
Der mit dem Morgenstern...
Ja! Der vor mir zieht, natürlich, seinen Arm zurück, aber ich halte mich fest, nutze ihn, um aus der Gefahrenzone zu kommen. Dabei fließe ich einfach immer weiter zu ihm hin, ignoriere dabei seinen wild fuchtelnden anderen Arm – was soll er denn tun? Kurz darauf springe ich über seine Leiche und ordne meinen Körper dabei so um, dass ich in die andere Richtung blicke. Etwas kleiner und schlanker als vorher, aber mein Schmelzofen läuft noch. Zwei Gegner! Und...zwei Verbündete. Aus dem gerade besorgten Material sind Skelette geworden. Ich sehe, wie der Meister und Emund durch schlaues Abtrennen der Front mit Hilfe von strategisch gesetzten Knochenwänden ganz gut zurecht kommen, zumal auch bei ihnen schon Wächter fleißig dabei sind, die schnellen Sklaven lange genug zu binden, damit die Äxte gut treffen. Den ersten Angriff haben wir also gut überstanden...
Da zerspringt eines der Skelette neben mir. Wie...?
Etwas packt das andere am Bein, benutzt es wie eine Keule und rammt es mir in die Magengrube. Eine Stichflamme schießt mir auf dem Mund.
Der hellblaue Dämonenheld bricht den Knochen am Knie durch und schlägt dem Krieger mit seinem eigenen Fuß den Schädel ein. Er hat eine schwer blutende Kopfwunde, aber die Wurfaxt war offenbar nicht stark genug, um ihn direkt auszuschalten. Jetzt ist er sauer,und er und seine Diener genießen die volle Unterstützung der Machtaura.
"Meister, Schwächen, bitte!", ruft da der Zweite, ein guter Gedanke. Wie üblich reagiert der Meister rasch, und ich kann zumindest erwarten, durch den Fluch auf meine Gegner nicht von jedem Schlag sofort vernichtet zu werden wie die Skelette gerade.
Nicht, dass der andere es nicht versuchen würde. Er huscht nach vorne, die flache Schwertseite zischt heran – verdammt, blöd ist er nicht! Ein Stich wäre mir egal, aber so kann er Teile von mir abtrennen, bis ich zu wenig Feuermasse habe und implodiere.
Waffe!
Ja, unbedingt! Ich weich aus, such sie! Schlag um Schlag muss ich zurückhüpfen, da trifft mich ein Holzknüppel, denn natürlich sind die Diener auch noch da! Wieder eine Flammenzunge aus meiner Seite, und schon dringt die gefährliche Schwärze an den Rand meines Sichtfeldes.
Halt sie fest, verdammt!
Als ginge es um mein Leben – nun, zumindest um das dieses Körpers – klammere ich mich an die Waffe. Meine Sicht ist immer noch auf den Helden gerichtet, der einen weiten Ausfall auf meinen Hals wagt, was ihn offen lässt, aber ich kann nicht kontern – ich muss meinen ganzen Kopf grotesk weit nach hinten biegen. Der Zweite kann aber nach hinten sehen, und wir sind mittlerweile so gut aufeinander abgestimmt, dass er problemlos eine Hälfte meines Körpers kontrollieren kann. Hinter mir kommt ein Sklave um, der seine Waffe nicht loslassen wollte, und gerade rechtzeitig – ich lasse mir die Keule durch unseren Körper nach vorne reichen, und so kann mein Arm, mit ihr darin, einen Schwerthieb tatsächlich parieren, der sonst mehr oder minder ungehindert hindurch geschossen wäre und mir den Kopf zerfunkt hätte.
Da explodiert die Leiche hinter mir, der Held wird davon zurück geworfen, ich sehe meine Chance und setze nach, aber schon ist er wieder auf den Beinen, viel zu schnell. Dennoch schlage ich mir der jetzt brennenden Keule zu, ein Funkenregen an seiner Klinge, noch ein Schlag, aber nein, sein gezackter Säbel ist viel zu einfach zu führen im Vergleich zu meinem klobigen Instrument, er lenkt meinen Schmetterer ab, kann sofort nachsetzen und nur der ungünstige, weil wohl instinktiv als Stich gedachte Winkel hindert mich daran, zu vergehen. Bevor ich daran denken kann, es festzuhalten, ist das Schwert auch schon wieder aus mir draußen, und ich muss es sofort wieder parieren – glühende Splitter fliegen davon.
Defensive. Vielleicht wird der Meister endlich mit seinem Kampf fertig...
Der ist beschäftigt, weil die Viecher ihm Skelette und Wände sofort zerlegen! Solange wir die Aura nicht loswerden, wird das nichts, es sei denn...
...Emund kann sie ausschalten, bevor ihm das Mana ausgeht. Ja, darauf verlassen wir uns nicht. Was machen wir? Parier, Ausweich, Schritt zurück, Metall auf Holz...der Knüppel sieht nicht mehr gut aus.
Wir brauchen den Morgenstern! Lass mich den Schwertkampf machen und du steuerst uns dahin!
Du hast ihm im Blick und ich gewöhne mich langsam an ihn, als geh du!
Nach noch etwas längerer – im Bereich von Mikrosekunden – wortlosem Zwist lenkt der Zweite ein, mit einem möglichen Zugeständnis, dass ich vielleicht sogar besser sein könnte im Duell gegen eine Klinge. Verdammt, manchmal wünsche ich mir wirklich den Stahlkörper zurück, diese Feuerform ist flexibel, aber wir können überhaupt nichts gegen ihn tun!
Schlau setzt der Zweite unsere Beinarbeit so, dass wir uns in einem weiten Halbkreis auf die Metallwaffe zubewegen. Ich habe also eine doppelt schwere Aufgabe: mit den Schwertschlägen dieses ekelhaft schnellen Biests umgehen, und das auch noch unter Einrechnung der Bewegungen, die mir der Zweite ansagt, kurz bevor er sie tätigt. Wenn wir nicht instinktiv so gut darin wären, hätte ich keine Chance.
Dennoch versage ich beinahe, als sich ein weiterer Diener in den Kampf einschaltet, wo auch immer der herkam.
"Schaffst du es nicht alleine, oder was?", rufe ich, in der Hoffnung, den anderen zu provozieren. Der Zweite muss seinen Plan großzügig ändern – erst einmal weg von dem Rettung versprechenden Morgenstern – um auch noch den anderen Sklaven zu umtänzeln.
"Erwartest du von mir ernsthaft ein faires Duell, mit mir gefangen in diesem minderwertigem Sklavenkörper?", zischt mein Gegner zurück.
"Da sind wir schon zwei", antworte ich.
Was machst du da?
Reden strengt mich nicht besonders mehr an, ihn vielleicht schon!
Ich wusste ja immer, dass du noch nie eine Gehirnzelle auf den Unfug verschwendet hast, den du so von dir gibst!
Mein Konter hat den anderen zumindest kurz überrascht, so gebe ich meiner zersplitternden, brennenden Keule noch ein paar wertvolle Sekunden länger. Also sei nur still. Nach kurzem Schweigen setze ich nach.
"Denkst du denn, diese Form gibt deine Persönlichkeit nicht perfekt wieder?"
"Ich bin Eldritch, oberster Richter von Kurast!", speit der Sklavenheld. "Ich hatte die Macht über Leben und Tod von hunderten Verurteilten! Ich hatte das Geld und den Einfluss, jeden zum Bürgermeister zu machen, den ich wollte!"
"Tja, und dann bist du gestorben", spucke ich zurück, zur Betonung mit einem echten kleinen Feuerball darin, der ihn zurückzucken lässt, wieder eine kostbare kleine Pause, in der ich aber nicht den Fehler begehen werde, nachzusetzen. "All deine Intrigen verloren durch den unbarmherzigen Fluss der Zeit, und weil du genau wusstest, dass du es verdienst, bist du als hässlicher kleiner Diener Baals geendet. War es das also wirklich wert?"
Eldritchs Stimme überschlägt sich, als er "Runter mit seinem Kopf!" brüllt.
Mist Mist Mist!
Mein Blick schießt zur Perspektive des Zweiten...wo ein Diener mit einer Knochenkeule steht, die bereits auf uns herabsaust. Nein!
Eine Wurfaxt gräbt sich in die Schulter des Exekutors. Mit einem Schrei entgleitet ihm die Waffe, gerade als meine unter einem beidhändig geführtem Hieb von Eldritch zerbricht.
Die Knochenkeule pariert den nächsten. Pure Frustration steckt im Brüllen des korrupten Ex-Juristen. Ich rufe ein schnelles "Danke!" an Emund, der gleich noch einen draufsetzt und mit einer weiteren Axt den verletzten Diener von seinem Leiden erlöst. Ein Fluch tut mir daraufhin kund, dass es vielleicht etwas zu nett von ihm war – er und der Meister sind in akuter Gefahr! Ich sehe, wie Emund eine Axt in jede Hand nimmt und sie im Nahkampf benutzt, damit er nicht von zwei Dienern überrannt wird...die natürlich immer noch übermenschlich stark sind durch die Aura. Nur der Fakt, dass Emund auch weit kräftiger als der Normalsterbliche ist, hält ihn noch am Leben – noch.
Jetzt aber schnell, auf Subtilität gespuckt.
Die Knochenkeule ist viel besser dazu geeignet, Schwerthiebe abzulenken als eine aus Holz, aber es besteht immer die Gefahr, dass sie schlicht zerspringt, wenn ein zu harter Schlag sie falsch trifft. Schnell erinnere ich mich daran, wie es war, noch mit einem Tonschwert zu kämpfen, und versuche, das anzuwenden. Mit großen Schritten führt der Zweite uns rückwärts.
"Du wirst verlieren!", höhnt Eldritch. "Meine ersten Gegner habe ich in Duellen hingerichtet, bis ich Leute hatte, die die Drecksarbeit für mich machten!"
"Diese Duelle..."
Überkopfhieb, zur Seite abgleiten lassen.
"...waren sicher sehr ehrenhaft..."
Nachsetzen von unten, also Keule auch tiefer und mit der Verdickung versuchen, seine Klinge zu fangen.
"...jeder ein Florett und Sekundanten..."
Was ich sage, kann gut stimmen – der Zweite leiht mir Wissen über alte kuraster Traditionen. Himmel, der alte General hat ihn wirklich mit allem gefüttert. Riposte? Nein, bloß nicht.
"...also wahrscheinlich das letzte, was tatsächlich rechtens war in deinem Leben..."
Und noch ein Satz rückwärts.
"...ironisch, nicht wahr?"
Mit so einem weitem Sprung hat er nicht gerechnet, und da packt der Zweite mit einem Fuß den Morgenstern, und plötzlich haben wir zwei Waffen.
"Denn dass ich jetzt einen unfairen Vorteil habe, ist mir gerade mal völlig egal", beende ich meinen Monolog.
Mit Keule und Morgenstern, den ich eher wie einen Schild einsetze, können wir endlich in die Offensive gehen. Der Zweite regelt den Angriff, ich würde sagen, das ist eine recht natürliche Rollenverteilung zwischen uns. Soweit es seinem deformierten, blutüberströmten, lila angelaufenem Gesicht möglich ist, wird Eldritch bleich. Oben, unten, unten, unten, oben, unten, unten, unten, links – dachtest, du hättest ein Muster, was? Der Dämon versucht verzweifelt, seinen Fehler nach unserer Finte auszubügeln. Natürlich schießt sein Schwert blitzschnell in die richtige Position – aber die Haltung hat er nicht rechtzeitig korrigieren können. Und jetzt hilft ihm die Geschwindigkeit überhaupt nichts mehr. Ich spüre, wie der Zweite brutale Golemgewalt in seinen Angriff legt, und mit einem lauten Klirren fliegt der Säbel aus Eldritchs Hand.
"Hab mich geirrt", erkläre ich mit triefender Verachtung in der Stimme. "Du bist ein fürchterlicher Schwertkämpfer, sicher hast du bei all deinen Duellen auch schon betrogen."
Seine Augen werden groß, als er zurückstolpert und auf den Hintern fällt. "Gnade..."
"Haha, dass du nicht erstickst an dem Wort." Die Knochenkeule fällt, als der Zweite und ich gemeinsam den Griff des Morgensterns packen, und bevor sie den Boden erreicht, ist Eldritchs Schädel Matsch.
Wir drehen uns von ihm weg. Einer von Emunds Gegnern hat es gerade geschafft, seine Verteidigung zu unterlaufen, rammt dem Barbaren eine Faust in den Magen – und stutzt, als dieser keinen Millimeter zurückweicht. Stattdessen fliegt sein Kopf von den Schultern. Aber der andere Sklave, mit dem Emund kämpft, hat einen Dolch – er steht hinter unserem Freund! Zweiter, die Ehre überlasse ich dir.
Wie großzügig.
Eine kurze Pirouette später trifft eine Rakete aus einem Morgenstern, wunderschön zielgenau vom Zweiten geworfen, den letzten Diener Eldritchs und verteilt ihn kunstvoll an einer Felswand ein paar Meter weiter hinten.
"Pf, wer gibt sich schon mit Wurfäxten ab, wenn er etwas viel Besseres haben kann?"
War das gerade ein Witz? Von dir?
Du solltest es doch zur Genüge gewohnt sein, das Opfer meines beißenden Sarkasmus zu werden, nicht?
 
Klasse Update, klasse Kampf. :top:

heißt das egtl, dass wir wieder mit Updates in regelmäßigen Abständen rechnen können?
 
das war ein wirklich toller kampf. Schönes Kapitel. ohne prüfungen, schafst du dann wieder alle 2 wochen wiee früher?
 
Ich kann und werde euch nichts versprechen. Die nächsten Wochen eh nicht, erst mal ankommen - ich geh nämlich ins Ausland für meine Masterarbeit. Ist "nur" Tschechien und ich war da ja schon mal, aber trotzdem, Sachen organisieren etc.

Danach - nun, theoretisch hab ich mehr Zeit weil weniger Freunde in der Nähe, aber das muss ja nicht so bleiben, und für die Wissenschaft muss ich natürlich auch was tun ;). Bleibt lieber erst mal dabei, dass ich euch dann und wann mit einem kleinen Geschenk überrasche, ich finde eh, das war recht gut und halbwegs stetig in letzter Zeit. Da war ich bei Teil 4 viel, viel schlechter.

Frohe Feiertage und ein gutes neues euch noch :).

Simon
 
fast fünf wochen seit dem letzten update. Wie siehtt es dieses Wochenende aus? Währe was um mich von meinen Klausuren abzulenken;)
 
busy busy

Ich hab hier noch nicht viel geschafft (so drei Seiten?), dieses WE wirds sicher nix. Sorry!

Simon
 
... ab und zu stromert er auf einer deutschen Webseite...
... ab und zu schaut er hier vorbei...
... ab und zu könnte er

SEINE STORY FORTSETZTEN!

Das war eine Aufforderung, keine Ankündigung.
 
Na jaaa, heute ist ja noch Samstag...das wäre ja völlig unregelmäßig, nicht?

Morgen klingt besser, oder :D?
 
Kapitel 22 – Kerzenflamme im Schneesturm






Emund tritt eine Sklavenleiche. "Himmel, bin ich froh, dass ich meine Äxte nicht mehr aus diesen Scheißefressern pulen muss."
"Stell ich mir eklig vor", stimmt der Meister zu. "Einen Schritt zurück, bitte."
Die Leiche platzt auf und ein blitzend weißes Skelett steigt aus einem Haufen undefinierbarer Körperteile hervor.
Emund hält sich den Handrücken vor den Mund. "Ja, wirklich eklig wär das."
"Man gewöhnt sich dran", biete ich an.
Der Meister runzelt die Stirn. "Wird das ein Problem?", fragt er, während er ohne hinzusehen die Armee weiter auffüllt. Emund lacht. "Ich muss die Stückchen nicht haben, aber das krieg ich schon hin." Er geht auf den Meister zu und schlägt ihm so plötzlich auf die Schulter, dass wohl nur Trang-Ouls Avatar verhindert, dass er einfach zusammenklappt.
"Meinst du denn jetzt, dass man mich brauchen kann?", fragt der Barbar mit einem Augenzwinkern.
Irritiert streift der Meister die Pranke von sich. "Gestört hast du auf keinen Fall."
Er lässt die Aussage kurz in der Luft hängen, dann schenkt er uns ein breites Grinsen. "Nein, Unfug, das war Klasse. Willkommen in der Gruppe."
Sein Gesicht bekommt einen fernen Ausdruck, als er die Magier erschafft. Fünf von ihnen auf einmal?
Seine Montur hat auch Vorteile, wie er jetzt langsam und du noch behäbiger feststellst.
Emunds Grinsen nach dem verdienten Lob entgleitet ihn etwas. "Ist was nicht in Ordnung?"
Ich schüttle den Kopf. "Er denkt Taktik. Nichts gegen dich, glaub ich."
Wieder dieses Irritierte im verzogenen Mund des Meisters. "Wir müssen eben die Formation umstellen. Die Magier konnten bisher freizügig feuern, wenn du zwischen ihnen stehst, geht das nicht mehr. Aber ich denke, du bist ohnehin besser in einer eher flexiblen Rolle aufgehoben..."
"Kann ich nicht einfach Äxte auf kleine Scheißer werfen, bis sie aufhören, sich zu bewegen?"
"Nein, weil du versprochen hast, uns nicht in die Quere zu kommen. Wobei das deine...Taktik nicht ausschließt. Pass auf, das machen wir ganz einfach. Die Skelette schaffen es, sich nicht gegenseitig auf die Füße zu treten, frag mich nicht, wie ich das so gut hinbekomme. Du kriegst die zwei Wächter, ich richte sie gerade so ein, dass sie dir gehorchen, aber du wirst mit ihnen reden müssen. Versuchs mal."
Emund hebt die Augenbrauen. "Äh, wink mir zu?", weist er eines der beschildeten Skelette an, und es tut wie geheißen. "Und du, der andere, zeig mir deine besten Tanzschritte!"
Nichts geschieht.
"Vielleicht ein wenig zu komplex für ihn", gluckst der Meister. "Aber merken können sie sich Sachen. Tanz doch was vor?"
"Bloß nicht. Aber merken ist gut." Er deutet nacheinander auf seine beiden Untergebenen. "Du bist Hoku, du bist Brom. Hoku, lauf in diese Richtung. Brom, stell ihm ein Bein."
Die Wächter führen eine meisterhafte komödiantische Einlage vor.
"Gut, ihr könnt wieder aufstehen", lacht Emund.
"Hoku kenne ich ja auch. Freund von dir?", frage ich vorsichtig.
"Im Gegenteil! Ein rechtes Arschloch ist der. Wird Spaß machen, ihn rumzukommandieren. Brom kennst du übrigens auch, er ist der, der dich heute Nacht angepisst hat."
"Haha, was?", schaltet sich der Meister ein. Ich werfe Emund einen Blick zu, der ihn zwar nicht töten könnte, ihm aber durchaus etwas einheizt. Was ihn nur noch mehr zum Lachen bringt.
Ich wusste schon immer, dass du zumindest als Pausenclown taugst. Endlich beweist sich dein Nutzen!
Was lässt man sich nicht gefallen für die Truppenmoral...
Nachdem sich die Menschen etwas beruhigt haben, gibt Emund ernsthafte Anweisungen. Die Wächter sollen bei ihm bleiben, den Kopf unten halten, falls sie vor ihn gehen müssen und grundsätzlich dafür sorgen, dass Gegner nicht zu ihm kommen. "Alles Weitere sehen wir dann schon", schließt er seine Befehle ab. Der Meister nickt, und ich sehe, wie die Armee sich umstellt. Die übrigen Wächter bleiben bei ihm selbst als Eskorte, die Magier stehen jetzt weiter vorne, während unsere Frontlinie jetzt viel offensiver nur noch aus normalen Skeletten besteht. Er hat bei ihnen komplett auf Knüppel verzichtet, dafür das erste Mal Knochenspeere in ihren Händen erschaffen; viel besser geeignet, um die Schwachstellen in Sklavenpanzern zu finden. Meine Rolle ist wie üblich die undefinierteste: Um jeden Preis den Meister schützen, besonders gefährliche Ziele identifizieren und ausschalten, mein Hirn einsetzen eben. Dass der Meister das nicht noch einmal aussprechen muss, ist mir sehr Recht, sonst gibt er noch "aus Versehen" einen Befehl und das wird ganz schnell ganz ekelhaft.

Die Stufen hoch zum Wegpunkt formen einen Flaschenhals, bei Licht betrachtet natürlich ideal für einen Hinterhalt. Hätten wir, besonders nach einem Tag Vorbereitungszeit für die Gegenseite, eigentlich auch kommen sehen können. Dahinter hingegen...die ersten Schritte aus dem Pass durch die aufgetürmten Felsen des Vorgebirges fallen mir schwer. Links von mir, vielleicht zehn Meter vom Ausgang der Felsenge, stürzt eine Klippe hinab, so steil, dass ich keinen Teil der Felswand sehe; nur das verschneite Tal, Baumwipfel und kleinere Hügel und wenig sonst, die unberührte Natur, ganz weit im Norden, wo der Berg am Ende der Welt steht, der gleichzeitig an ihrem Anfang stand. Aber diese Aussicht, so metaphorisch atemberaubend sie auch ist, interessiert mich nicht. Rechts von mir erstreckt sich das Hochland selbst, eine weit ausgedehnte Ebene hartgefrorener, blasser Erde mit nur wenig zäher, geduckter Vegetation, Büsche, die es irgendwie schaffen, auf einem komplett kahlem Feld dennoch so zu wirken, als würden sie sich verschämt verstecken. Darüber thront der Arreat, ein Massiv noch immer in weiter Ferne und doch klar sichtbar trotz des Schleiers der drohend heranrückenden Wolken, und starrt mit strengen Blick auf die Frevler hinab, die es wagen, sein Hochland zu beschmutzen. Und von diesen gibt es einige. Soweit das Auge reicht, und das ist in der Tat weit auf diesem komplett flachen Abschnitt des Gebirges, zeigen sich die Befestigungen der Dämonen wie Geschwüre auf sonst makellos glatter Haut. Es sind Türme, Mauern, Gräben, Treppen, Leitern, Pfähle, Tore, Brücken; hingeworfen ohne Mörtel, Seile, Nägel oder einen Sinn für Ästhetik, Sicherheit und Logik.
Die Menschen treten zu mir. Emund spuckt in Richtung Klippe. "Diese Pissgesichter. Es wird Monate dauern, hier alles zu planieren und aufzuschütten. Idealerweise mit ihren stinkenden Leichen."
"Du bist optimistisch, das gefällt mir", sage ich so trocken wie möglich. Er wirft mir einen Blick zu und erntet ein verschmitztes Lächeln.
"Hört mal mit dem Süßholzraspeln auf", staubt der Meister dazwischen. Emund und ich sehen ihn an.
"Fangen wir stattdessen mit dem Planieren an", setzt er nach und jetzt lächelt er genauso wie ich gerade. Das Klima ist gut! Endlich! Ich bin froh, dass wir Emund und seine unkomplizierte Persönlichkeit für die Gruppe gewonnen haben.
Wie als Antwort auf meinen Klimagedanken beginnt es, zu schneien. Und mit dem Schnee kommen die Dämonen. In schmutzig-grüner Rüstung stürmen sie heran, Lanzen voran. Schlank sind ihre Körper, undurchsichtig ihre Helme, stark die stampfenden Beine. Fast menschlich sehen sie aus. Und kommen mir irgendwie bekannt vor...
"Sind das...Jägerinnen?"
"Sieht fast so aus!", antwortet der Meister. "Hast du ein Problem damit?"
Ich zögere mit der Antwort, da durchbohrt mich der erste Speer. Sie sind schnell. Reflexartig packe ich die Waffe in mir, was den Ansturm stoppt, sehr zur Verwirrung meiner Gegnerin – da landen zwei Eis- und ein Giftgeschoss in ihrem Brustkorb. All ihre Muskeln versteifen sich und ihr Kopf fliegt in den Nacken, dann bricht sie zusammen, die den schlaffen Händen entgleitende Lanze bleibt in mir. Ich nehme sie in beide Hände, halte sie eher abwesend zur Seite mit der Spitze nach unten, was eine Angreiferin in höchstem Bogen zwischen unsere Skelette stolpern lässt, was ihr nicht bekommt, und beuge mich nach unten.
Der Helm sitzt ziemlich fest, aber ich kann meine Finger in beliebig dünne Spalten drücken. Das Gesicht darunter...
Ich schrecke zurück. Eine vielfarbige Masse ohne eindeutige Züge. Augen, ja. Irgendwo da drin und nicht auf gleicher Höhe. Haare? Büschel, an zufälligen Stellen. Adern? Überall, das Blut darin nicht immer rot. Das Fleisch scheint sich dem Inneren des Helms und vermutlich auch der restlichen Rüstung angepasst zu haben, mit nur grober Erfüllung der Anforderungen für was als "Lebensfähigkeit" unter Dämonen durchgeht.
Ich packe das nächste Dämonenkonstrukt in Form unserer alten Verbündeten und zerbreche dessen Nacken. Guter Versuch, Baal.
Eine Lanze fegt heran.
Sie scheinen gemerkt zu haben, dass Zustechen sinnlos ist.
Ich ducke mich weg, aber es war knapp genug, dass ich ein Stück von mir verliere. Zwei weitere möchten nachsetzen...
Da prallt eine Wurfaxt an dem Helm der linken ab. Sie stolpert, fängt sich wieder, da trifft sie schon die nächste. Ich werfe einen Feuerball auf die andere, aber das hilft nicht viel gegen die Rüstung. Noch einmal versucht die erste, mich anzugreifen, aber sie hat den entscheidenden Fehler begangen, in meine Nahkampfzone zu geraten. Ohne große Probleme schlage ich ihre Lanze zur Seite, suche und finde die Lücke zwischen Helm und Rüstung, und steche einen Feuerfinger hinein. Bin ich froh, dass keine Stückchen dieses Dings an mir hängen bleiben, als die Flüssigkeit in den Dämonenadern explosiv verdampft.
Zu lange überlegt! Noch ein Treffer gegen mich. Ich überstehe es, aber eine große Stichflamme wie eine Fontäne Blut aus einer zerschnittenen Arterie geht mir verloren. Gerade die lässt die Missetäterin zurückzucken, die Bewegung nutze ich aus, reiße ihr den Helm ab, und jetzt kann die Wurfaxt sie fällen, für die ich Emund zugewunken habe.
Und schon ist der Angriff vorbei. Es schneit jetzt dicke Flocken, und was liegen bleibt, wird von polychromatischen Körperflüssigkeiten besudelt. Kein Rot von unseren Menschen dabei.
Der Verlust meines Feuers ist mir unangenehm, ein Pseudoschmerz, der sehr nahe an echten herankommt. Ich strenge mich an, die Flamme wieder aufzubauen.
Kein Erfolg. Nichts. Was ist denn jetzt los? Das ist doch sonst kein Problem.
Es hat zweistellige Minusgrade, Schlauberger! Was denkst du, was das Problem ist?
Oh, verdammt. Ich laufe moderat gehetzt zu einem Feuermagier.
"Gib mal Feuer, Kumpel", sage ich ihm und packe die glühenden Kugeln, aus denen er seine Feuerblitze schießt.
Ah, das fühlt sich gut an. Langsam gewinne ich wieder an Form.
Äh, du solltest vielleicht...
Die Quelle versiegt. Der Magier hat nur noch normale Skeletthände, kein Glühen darum.
"Könntest du aufhören, meine Diener kaputt zu machen? Danke!", beschwert sich der Meister. Er legt dem Fernkämpfer eine Hand auf den Schädel, runzelt die Stirn, zieht eine Grimasse, und umarmt dann plötzlich das Skelett, welches sich auflöst und eine Rüstung für ihn formt. "Fast schon verschwendet, aber den krieg ich so schnell nicht wieder entfacht."
Jetzt landet die Hand auf meinem Schädel. Ich spüre, wie sich ein Feuerball direkt in mir bildet und meine Verletzung im Handumdrehen heilt.
"Danke", sage ich artig. Er blickt mich unlesbar an. "Vielleicht müssen wir uns da noch was überlegen."
Er dreht sich weg. "He!", rufe ich ihm hinterher. "Ist dir eigentlich kalt?"
Ohne sich umzudrehen, winkt er ab. "Irrelevant. Nebenbei hat Larzuk gute Arbeit geleistet."

Nach nur wenigen Minuten Fußweg hält der Meister die Armee kurz an, um drei Wächter dazu zu bringen, sich in unbequem wirkenden Positionen zusammenzufalten. Er benutzt ihre Schilde als Treppe und hat so einen kleinen Aussichtsturm. Von dort starrt er in das stärker werdende Schneetreiben; noch ist die Sicht nicht zu schlecht, aber die Wolken beginnen sich an der Flanke des riesigen Arreats aufzutürmen...
"Die haben da vorne ganz ordentlich was aufgebaut", erklärt er. Haben sie; das sehe ich auch von unten. Aber ich weiß ja, dass ich grundsätzlich übermenschlich gute Sinne habe.
Das wusste er aber auch schon immer. Du weinst normalerweise darum, wenn er dir keine unverdiente Aufmerksamkeit schenkt, aber diesmal ist es einfach taktisch unklug. Vielleicht solltest du ihn darauf hinweisen.
Ach, jetzt auf einmal? Mach das ruhig selber, ich finde schon immer, dass du lernen solltest, für dich selbst zu sprechen.
Haha, wie die ganzen Golems in der Sumpfstadt, die du durch deinen Wahn verdammt hast? Danke, nein.
Der Hohn des Zweiten versetzt mir einen Stich, jedoch nicht aus dem Grund, den er beabsichtigt hat. Dass meine Taten richtig und wichtig waren, bezweifle ich zu keiner Sekunde. Dass ich schon länger nicht mehr an die anderen Golems gedacht habe, das tut mir weh. Wobei, vielleicht ist es ja auch besser, wenn ich mich nicht ständig damit beschäftige. Ich muss hier meine hässliche Pflicht tun und kann ihnen schlicht nicht helfen, jede Sorge lenkt mich da nur ab.
Und Valtores wird das schon schaukeln mit der Hilfe von Lixt und den anderen. So wenig ich letztlich nach meinem persönlichem Abschied mit den dreien zu tun hatte, glaube ich doch, dass sie mir wichtiger sind als sie es dem Meister je waren.
Zumindest Lixt, nicht wahr?
Ja...die arme Lixt...ich verstehe immer noch nicht, wie er das tun konnte.
Er musste. Wenn er...
Ich weiß, warum! Das hat er mir breit genug getreten, danke! Aber wie?
Deine teileweise komplette Unfähigkeit, Pragmatismus auch nur nachzuvollziehen, ist bemerkenswert. Ich dachte, du hättest langsam dazugelernt, was das angeht.
Man muss nicht in jeder Situation immer den zynischsten Ausweg suchen.
"Also, reißen wir es ein?", fragt Emund. Der Meister legt den Kopf schief.
"Mir wäre eigentlich lieber, außen rum zu gehen, aber das ist ein rechter Umweg, so wie es aussieht..."
Da schießt ein Feuerblitz durch die Flocken heran. Ich stürze nach vorne, aber schon hat der Meister den Arm gehoben und das kleine Geschoss zerplatzt harmlos an seiner Rüstung.
"Guter Versuch. Danke für die Entscheidungshilfe. Wir gehen mittendurch."
Emund gibt einen Kriegsschrei von sich. Der Wächterturm löst sich auf und die Armee rückt vor. Dabei ignoriert sie den Enthusiasmus des Barbaren, bis auf die Skelette namens Hoku und Brom, welche ihm gehorchen. Zu dritt sind die an der Front, als sich plötzlich mehrere Dämonen-Kobolde neben sie teleportieren. Emund glotzt etwas verdattert, als die Skelette schon zuschlagen, offenbar auch schneller, als die Gegner erwartet haben. Dann fängt er sich, wirft eine Axt, aber schon ist sein Ziel verschwunden.
Und in meiner Reichweite aufgetaucht. Mein Feuerball trifft das hässliche Vieh, fegt es von den Beinen...und da steht er wieder auf. Wie?
Die schießen Feuerblitze, die halb so groß sind wie sie selbst. Natürlich sind sie feuerimmun.
Jetzt pass aber auf hier. Ich habe heiliges Feuer in mir. Da tanzt er hämisch, weil er meint, ich kann ihm nichts tun – was sagst du zu ein wenig mehr Handgelenk im Wurf? Ich überhitze meinen Körper, bis die Luft mir vor den Augen verschwimmt, richte die Handfläche auf den kleinen Dreckskerl und gebe mir so richtig Mühe. Friss Rechtschaffenheit.
Als die Flammensäule verschwunden ist, ist auch von dem Kobold keine Spur mehr zu sehen.
Na also!
Großartig, noch zweimal, dann ist auch von uns nichts mehr zu sehen.
In diesem Moment merke ich, wie schwach ich mich auf einmal fühle. Als hätte ich weiche Knie. Verdammt, das war doch sonst kein Problem!
Ja, in der Hölle, wo absolut überall genug Feuer zum wieder Aufladen war – lass den Unfug hier, sonst verglimmst du mir in kürzerster Zeit, mein kleines Kerzchen!
Und was sollen wir dann gegen die machen?
Brich ihnen das Genick oder so? Du bist hier der Kreative.
"He, ihr kleinen Pisser! Euere Mütter waren Grottenolme!", rufe ich.
Fünf Feuerblitze treffen mich. Na also!
Kreative Dummheit? Nicht übel, du machst wirklich das Beste aus deinen Talenten.
Du bist doch nur neidisch.
Nachdem wir schon einen Hinterhalt dieser Biester samt Held – und ohne Axtwerfer zur Unterstützung – überstanden haben, ist diese Gruppe kein Problem. Da fällt der Letzte...
Nein, da hinten sind noch zwei mehr! Einer verschwindet gleich wieder, landet dem Meister auf dem Rücken. Der flucht, duckt den Kopf zur Seite und vermeidet so gerade noch einen schlampig gezielten Feuerblitz, und verbiegt sich erstaunlich gelenkig, um dem ungewollten Passagier das Jade-Tan-Do in die Flanke zu rammen. Derweil nehmen die Skelette den anderen in die Zange, und nach kurzer Zeit hat er keinen Ausweg mehr. Dann ist wohl endlich...
Ein weiterer Blitz prallt von Trang-Ouls Helm ab. Der Meister schreit auf, als die Funken ihm das Ohr versengen. Wo kommen denn...
Da hinten! Es kommen immer mehr aus dieser komischen Hütte!
Der Zweite deutet unseren Blick auf einen Verhau aus Knochen, unbearbeitetem Leder und Steinen. Flammen schießen plötzlich aus den vielen Löchern im Bau, und zweien von ihnen entspringt jeweils ein Kobold.
Wir sollten das Ding einreißen.
Postwendend.
"Emund! Das Ding da hinten!"
"Bin dabei!"
Er, ich, Brom und Hoku laufen los. Dabei fällt mir auf, wie nahe wir den Befestigungen schon gekommen sind. Palisaden aus unterschiedlich langen und unterschiedlich geraden angespitzten Holzpfählen sind unterbrochen durch Steintürme, die paradoxerweise deutlich weniger wie ein Hindernis wirken als die Holzwände. Ein paar ordentliche Schläge, und das mörtelfreie Mauerwerk sollte einstürzen...
Da teleportiert sich ein frisch geformter Dämon direkt auf die Spitze des Turms. Denkt er, dass er von da oben einen besseren Ausblick hat?
Von der Basis des Turms aus breitet sich plötzlich ein Leuchten aus. Durch die zahlreichen Spalten darin dringt oranges, zuckendes Glühen, das weiter und weiter nach oben wandert. Es erreicht die Spitze...bricht aus ihr hervor, badet den Kobold...er richtet die Hände nach vorne...
Ich packe Emund am Arm, reiße ihn zur Seite und breite mich vor ihm aus. Eine gewaltige Feuerwoge bricht aus den Fingern des Dämonen hervor und badet mich von Kopf bis Fuß, ich muss alle Kraft aufwenden, um nicht vor lauter Energie zu explodieren. Emund ist hinter mir, das ist mir überklar bewusst, also leite ich das Feuer zur Seite, sende ebenfalls Feuersäulen aus meinen Händen, zumindest halbwegs gerichtet, und schmelze die Schneedecke in breiten Schneisen. Die schiere Wucht der sich ausdehnenden Luft wirft Hoku und Brom von den Beinen.
Etwas höher und nach hinten, den rechten Arm!
Ohne nachzudenken gehorche ich dem Zweiten. Kurz darauf endet der Ansturm. Der Turm kommt zur Ruhe. Der Kobold wirkt wütend. Aber sein Blick ist nicht auf mich gerichtet.
Gut getroffen.
Die Hütte, aus der scheinbar unendlich von seinen Brüdern erzeugt wurden, brennt lichterloh.
Wieder wandert das Glühen den Turm hoch als der Blick des Dämons mit Hassglitzern in den Augen zu mir schwenkt...da spaltet ihn eine Axt.
"Heilige Scheiße, vielen Dank, Dorelem!", keucht Emund.
"Danke, dass du ihn zermatscht hast", gebe ich zurück. "Wenn er so feuergeladen ist, kriege ich ihn nie tot."
"Dann passt ja alles", merkt der Meister an. "Das Ding will ich nicht im Rücken haben. Los, Leute!"
Mit scheinbarem Elan stürzen die Skelette sich auf den auch nur scheinbar wackligen Flammenturm. Nach kurzer Zeit ist er demoliert – na gut, er war wirklich wacklig, aber bei weitem nicht nutzlos.
Mit Verachtung steigt der Meister darüber. "Hm, das ist jetzt natürlich ein wenig ungünstig", stellt er trocken fest, nachdem er auf der anderen Seite angekommen ist.
Bei seinem "natürlich" landet eine Axt an seinem hastig erhobenem Schild...und eine zweite fegt von der anderen Seite heran, wird aber plötzlich aufgehalten, von einer Knochenbarriere, die sich blitzschnell zwischen rostigen Stahl und meisterlichen Kopf schiebt.
Dafür hat er keine Hand gebraucht. Die verwendet er, um seinen Kris in die Magengrube des mit der Wand der Augenlosen geblockten Sklaven zu rammen. An ihm vorbei läuft die Armee und stürzt sich auf den anderen.
"Wann werde ich lernen, nicht als Erster durch Türen zu gehen...", murmelt der Meister.
Hoffentlich bald, sonst wächst mir noch spontan ein Herz, nur damit ich einen Infarkt bekommen kann. Schnell bin ich auch durch das Loch in der Barriere, sehe, was dahinter ist: ein Graben, nur zwei Meter von der Mauer in den Boden gehauen, ein besseres Verb fällt mir nicht ein. Doppelt hält besser oder nur fürchterlich schlechte Planung?
Von beiden Seiten laufen Sklaven heran, welche aber völlig uneffektiv an den Skeletten abprallen. Ich schalte zwei persönlich aus, dann sind wir offiziell in der Befestigung angekommen. Da laufen mehrere Tentakeldämonen heran, von der anderen Seite des Grabens; sie rammen sofort ihre Arme in den Boden. Ich verfolge hastig die Verwerfungen, die ihre knapp unter der Erde unmöglich lang gedehnten Pfählwaffen verursachen.
Einer zielt offenbar auf den Meister. Ich springe in den Graben, ignoriere die unten aufgestellten spitzen Holzstämme – wenn ich sie kommen sehe, kann ich einfach darum herum fließen – und ramme meine eigene Faust in den hartgefrorenen Erdboden. Mit etwas erhöhter Hitze nach außen lasse ich ihn weich genug werden, um durchzudringen bis zum Tunnel, den der Dämon gerade gräbt. Meine Feuerfinger packen den Tentakel, ich sehe den Besitzer überrascht innehalten, dann wende ich all meine Kraft auf und reiße seine Waffen nach oben.
Er knallt mit dem Kopf auf den Boden. Schon spüre ich, wie die Muskelstränge unter mir locker lassen, als er zurückzieht, also presche ich los. Der Tentakel eines anderen schießt aus dem Boden, wo ich gerade stand, und erwischt meinen Fuß; wäre ich nicht aus flüssigem Feuer, müsste ich mir in Zukunft nur noch rechte Schuhe machen lassen. Etwas Substanz kostet es mich trotzdem. Und ich kann sie nicht ersetzen!
Als Flammensäule explodiere ich aus dem Graben heraus, zwischen die Tentakelmonster. Der, den ich gefällt habe, ist immer noch nicht aufgestanden – ich sorge dafür, dass er es nie wieder tut. Aus dem Winkel meines gewählten Sichtfeldes sehe ich einen seiner Kollegen den Arm auf mich richten, da reißt ihm eine Axt den Kopf herum.
Während ich versuche, mich um ihre Attacken herumzuwinden und sie so lange zu beschäftigen, dass unsere Fernkämpfer sie auschalten können, treffen mich doch noch zwei weitere Pfahlspitzen. Ich halte zusammen, aber es ist schwierig. Wenn ich so schwach bin, fühle ich jede Schneeflocke, die auf mir landet, als kleine Eisexplosion, die droht, mich auszulöschen. Und es schneit immer stärker.
Wieder fließe ich einem zwischen den Beinen hindurch, richte mich hinter ihm auf, lege die Arme um seinen Hals und drücke zu – um festzustellen, dass ich es nicht schaffe, ihn zu erwürgen. Sein Hals kommt mir vor wie eine Steinsäule. Er wehrt sich natürlich, zappelt, und seine Arme wachsen, um mich auch auf seinem Rücken erwischen zu können.
"General! Feuer!", rufe ich auf die andere Seite des Grabens, und werde zum Glück erhört, er wirft einen Feuerball auf uns, der Dämon weicht aus, ich fange ihn, absorbiere ihn, sehe gleichzeitig den Verstärkten Schaden auf dem Kopf meines Opfers landen, und das reicht dann wirklich, um ihm das Genick zu brechen.
In die Rückwand der primitiven Festung haben die Konstrukteure noch weniger Aufwand gesteckt als in die vordere: die Erde aus dem Graben ist grob aufgeschichtet worden, ein paar Steine herum, Pflöcke hineingerammt, fertig. Dennoch können wir sie nicht einfach so erklimmen. Der Meister wirft einen Blick darauf, schüttelt den Kopf und seufzt. "Das wird ein wenig komplizierter."
"Die müssen irgendwo reingekommen sein", schlägt Emund vor. "Oder wir suchen nach einer Schwachstelle", ergänze ich.
"Lasst mal", winkt der Meister ab und konzentriert sich. Die Skelettkrieger laufen vor, stellen sich gegen den Wall, heben die Arme. Magier packen diese, verschränken die Arme. Wächter steigen hinauf...
Da fällt einer. Der Meister flucht, tritt dazu, reißt den Gestürzten hoch und schubst ihn ungeduldig wieder auf den wachsenden Knochenhaufen. Diesmal bleibt er oben, den Schild vorsichtiger balancierend.
Faszinierend, sicherlich. Aber darf ich deine Aufmerksamkeit ein wenig zu den Seiten lenken?
Verdammt! "Emund, übernimm rechts, ich halte die linke Flanke!", rufe ich, und bereite mich darauf vor, die Sklaven und Tentakelmonster, welche uns in die Zange nehmen wollen, abzuwehren. Und die Skelette sind nicht bereit wegen der seltsamen Konstruktion des Meisters!
"Hoku, hilf Dorelem!", befiehlt Emund einem seiner persönlichen Diener. Ich nicke ihm schnell dankbar zu – da widerspricht der Meister: "Nein, die beiden brauche ich hier."
"General...!", protestiert Emund, erntet dafür einen herablassend verzogenen Mund, und plötzlich schießen links und rechts von uns Knochenwände in die Höhe, gegen die die Sklaven mit lautem Protest prallen.
Hoku und Brom haben sich nun auch in die Skeletttreppe integriert, die der Meister aufstellen hat lassen – sie reicht bis zur Spitze der Mauer, wo fleißige Knochenhände bereits die Pfähle herausgerissen haben.
"Nach dir, Dorelem", feixt der Meister. Ich schüttle den Kopf. Ist ja schön, dass du alles unter Kontrolle hast.
Mit wenigen Schritten erklettere ich die aufgetürmte Armee, lande sicher auf der anderen Seite. "Hier ist es sauber!", rufe ich zurück. Kurz darauf erscheint der Meister über der Kuppe, springt ohne zu zögern und lässt sich von mir auffangen; Emund kommt als nächster, wirft einen Blick nach unten, brüllt mich an zur Seite zu gehen und landet im Rollen. Ich habe beschlossen, ihm ohne Diskussion zu vertrauen, und zu Recht; unversehrt steht er auf.
Ein Knirschen verrät mir, das die Knochenwände bis jetzt gehalten haben. Und schon hieven die Skelette einander über die Mauer, unnatürliche Kräfte in ihnen haben keine Probleme mit den fleischfreien Gestellen, ohne auch nur eines von ihnen zu verlieren sind wir drüben.
Gut so, denn jetzt ist die Luft nicht mehr rein. Ein Trupp der schnellen Jägerinnen-Kopien fällt über uns her; zum Glück tragen sie keine weißen Rüstungen, wie viele der echten Ausgaben, sonst hätten wir sie im dichten Schneetreiben vielleicht zu spät bemerkt. Der Meister erzeugt eine neue Wand, um sie in einen künstlichen Flaschenhals zu lotsen, und wir stellen uns den Speeren. Ein Skelett wird von zweien aufgespießt und seine Rippen aufgebrochen, was ihm zu viel ist, ein weiteres zu Boden gefegt und einfach überrannt, dann bin ich da; mit der Expertise des Zweiten zur Unterstützung leite ich die Energie eines Speerstoßes geschickt ab, bringe den Dämon dazu, die Spitze in den Boden zu rammen und beende sein jämmerliches Leben. Etwas weiter links stirbt ein weiterer an einer Axt, der Meister flucht dort die Gegner verwundbarer und sprengt die frische Leiche, gleich ist sicher auch meine Seite dran.
Zu spät, ich werde durchbohrt. Diese hier haben jedoch noch nicht gelernt, dass mir das relativ wenig ausmacht. Noch ein Speer durchsticht meinen Rücken, während ich auf den Träger des ersten zufließe und seinen Kopf platzen lasse; ich wende mich um, damit auch der zweite zahlt, als ein dritter mir das Bein wegfegt.
Das ist jetzt nicht mehr etwas, das nur ein Schulterzucken wert ist. Ich verteile mein Feuer um, gefährlich nahe am Kollaps, befreie mich schnell vom Stahl, das immer noch in mir steckt, und wende mich dem schlaueren Angreifer zu; da sehe ich, dass er seine Waffe einfach hat fallen lassen, die Distanz zwischen mir und ihm schnell überbrückt hat und jetzt direkt vor mir steht. Überrascht versuche ich die Abwehr, aber er rammt seine gerüsteten Fäuste einfach in meine Körpermitte und reißt sie mit einem gurgelnden Brüllen, als ich ihm die Hände verbrenne, auseinander.
Ich schaffe es noch, ihn ganz besonders wütend anzusehen, bevor die Schwärze mich umfängt. Wenigstens bin ich mir sicher, dass mein kurzzeitiger Tod seinen endgültigen verursacht.

Als ich nach einem Moment und einer Unendlichkeit des Nichtseins den Meister wieder vor mir sehe, wischt er sich Schweiß vom Kinn.
"Das geht mir langsam auf die Nerven, Dorelem", bemerkt er. Ich mache eine Geste der Hilflosigkeit. "Tut mir ja Leid, dass es schneit, soll ich versuchen, die Wolken wegzubrennen? Dafür brauche ich aber doch noch ein wenig mehr Energie."
"Wir machen das ganz anders", erklärt er. "Hilf den Skeletten dabei, die Speere zu sammeln, mit diesen fürchterlichen Rüstungen fangen wir gar nicht an. Es wird wieder Zeit für Eisen."
Skeptisch blicke ich auf die erste Speerspitze herab, die ich aufhebe. Ich würde auch ohne das meines Erachtens sinnlose Arbeiten zu beginnen protestieren, aber das war eben leider ein Befehl.
"General, ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. Wenn der nächste Haufen Kobolde ihre Feuerblitze auspackt, bin ich noch schneller Schrott als ich gegen konventionelle Feinde verlösche."
"Ach Himmel, deine Feuerprobleme immer. Aber gut, du hast Recht, dann machen wir es uns eben noch einfacher."
Er kniet sich hin und legt die Hand auf den Boden. "Das geht schon. Noch besser aber...geh mal ein paar Schritte weiter von mir weg und steck alle deine Energie in die Erde direkt unter dich. Ja, so, dass du dabei kaputt gehst."
Emund runzelt die Stirn. "Was hast du denn vor mit dem armen Dorelem?"
"Das macht ihm nichts aus", antwortet der Meister abwesend. "Danach gehen wir wieder zurück zu den Anfängen."
"Willst du ihn etwa aus Erde machen?"
"Scharfsinnig", komplimentiert der Meister. "Das ist ein wenig primitiv, funktioniert aber hervorragend."
"Aber...ein Golem aus der heiligen Erde des Berges...", protestiert Emund.
Statt alle meine Energie auf einmal zu entladen, erwärme ich erst einmal langsam den Boden unter meinen Füßen. Somit zögere ich die Befehlserfüllung etwas heraus und gebe Emund Gelegenheit, zu protestieren. Nebenbei...einfach so Selbstmord zu begehen macht mir jetzt nicht unbedingt Spaß.
Jetzt hab dich mal nicht so und erledige das, damit der Meister Emunds abergläubischen Unfug mit vollendeten Tatsachen konfrontieren kann.
"Was soll sein?", fragt der Meister gereizt. "Du hast doch kein Problem mit Dorelem?"
"Jetzt nicht unbedingt", druckst Emund, was mir einen leichten Stich versetzt, obwohl er natürlich insgesamt sehr tolerant ist im Vergleich zu dem, wie die meisten Menschen mir gegenüber wohl stünden. "Aber der Berg hat vielleicht eines", fährt er fort.
"Das lass mal meine Sorge sein", schneidet der Meister den Protest ab. "Jetzt mach mal hinne, Dorelem!"
"Und was ist mit meinen Sorgen?", rufe ich, die Arme anklagend erhoben, aber noch bevor ich den Satz ausgesprochen habe, packt mich die Beherrschung bereits, und ich vollende ihn unter Schmerzen. Den Befehl kann ich nicht verweigern, ich schicke ein Stoßgebet an den Berg und taue die Erde unter mir, indem ich dorthin gerichtet den Feuergeist aufgebe.

Als ich wieder bei mir bin, fühle ich mich seltsam. Natürlich ist mir als Golem nie kalt, selbst in Feuerform im Schneegestöber spüre ich die Flocken mehr als löschende Taubheit denn als das, was ich von magischen Frostnovae und anderen Angriffen als wirkliches Kältegefühl kenne. Gleichsam ist auch das Gegenteil nie der Fall – ob ich neben einem Kaminfeuer stehe oder in den Flammenflüssen der Hölle ist prinzipiell egal.
Jetzt hingegen, auf einmal, erfüllt mich eine wohlige Wärme wie ich sie noch nie erlebt habe. Das muss es sein, das Gefühl, das der Meister hat, wenn er von Atma eine Tasse Milch frisch vom Herd bekommt, und mit dem Schuss Honig darin dazu. Es ist so, als ob nicht nur alles irgendwie in Ordnung ist, sondern mehr als das, es ist richtig und gut.
Wenn da nicht die Schmerzen wären. Ein Brennen an manchen Stellen meines Körpers wie einen Tag nach dem unbedachten Griff in eine Fackel. Immer wieder ein schnell verklungener Stich, schnell vorbei, sodass ich gar nicht genau sagen kann woher, aber konstant und unregelmäßig und wahnsinnig störend. Viele kleine Probleme, ein Ziehen wie sich ein verspannter Muskel anfühlen könnte, ein Arm, auf dem man zu lange gelegen hat, ein eingeklemmter Daumen. Alles Dinge, welche ich noch nie erlebt habe, aber irgendwie instinktiv verstehe: so muss es sein, in einem Körper zu hausen. Jedoch in einem, der den Tag zuvor die Treppe hinunter gefallen ist. Und das nach einem schlimmen Alkoholexzess; alles ist untermalt vom Rauschen eines brummenden Kopfschmerzes.
"...ist alles in Ordnung, Dorelem? Was ziehst du denn für ein Gesicht?", fragt der Meister, jetzt doch auf einmal besorgt. Ich hebe meine Hand, die sich anfühlt, als wäre die Haut an ihr vertrocknet und würde bei jeder Bewegung fast aufbrechen.
Sie ist aus Ton, wie ich es von früher gewohnt bin, die braune Oberfläche etwas heller als der fruchtbare Boden Kehjistans, aber ansonsten ganz normal.
"Mir tut alles weh", gestehe ich.
Der Meister scheint unter dem Helm die Augenbrauen zu heben. "Wie das denn? Was genau?"
Ich versuche, es so gut als geht zu beschreiben, aber merke schnell, wie es ins Lächerliche abdriftet, vor allem, weil ich keinen Vergleich habe. Schließlich schüttelt der Meister den Kopf. "Wird es dich im Kampf beeinträchtigen?"
Darauf weiß ich keine Antwort als ein entrüstetes Schulterzucken, was der Meister genauso pampig und wortlos beantwortet.
"Du hättest das nicht tun sollen, General", schaltet sich jetzt Emund ein. Der Ärger des Meisters schwenkt sofort zu ihm um, aber der Barbar lässt sich nicht ins Wort fallen. "Ich bin jetzt wirklich keiner von diesen Totemspinnern, aber es gibt einfach ein paar Sachen, die ignoriert man nicht. Wie die Heiligkeit des Arreat. Der Berg ist wichtiger als alles andere."
Mit so viel Gegenwind hat der Meister offenbar nicht gerechnet und fährt seinen eigenen Zorn etwas zurück – auf Sturheit. "Meine Mission ist es zufällig, den Berg zu retten."
Emund packt ihn an der Schulter, was den Meister zusammenzucken lässt, aber vor allem aus Überraschung. Der stärkere Mann dreht den gerüsteten zu sich und nimmt auch die zweite Schulter, dann verkürzt er die Distanz zwischen ihren Gesichtern auf "unangenehm".
"Und trotzdem wirst du ihm Respekt zollen", knurrt Emund. "Verdammt noch mal!", ruft er plötzlich. "Wenn der Knochenscheißer hier der echte Hoku wär, hätte er schon längst mit dir den Boden aufgewischt!"
"Das hat er schon mal versucht. War mäßig erfolgreich", sagt der Meister tonlos.
"Mir scheißegal, du weißt, was ich meine. Ich werd dir aus dem Unfug jetzt keinen Strick drehen, wenn du den Rest auch verstanden hast."
Der Meister seufzt, dann blickt er mit unlesbarem Ausdruck zu Boden. "Ja, habe ich. Soll ich Dorelem wieder wegschicken?"
"Könntest du diesen Unfug auch mal lassen?", fahre ich dazwischen. "Frag mich gefälligst, wenn du mit meinem Körper rumspielst!"
Für einen Moment könnte ich schwören, dass die Augen des Meisters aufblitzen hinter seiner Schädelmaske. Seine Erwiderung ist jedoch völlig ruhig. "Meinetwegen. Dorelem, hättest du etwas dagegen, wieder den Feuerkörper zu bekommen und deine Schmerzen so loszuwerden?"
Aus seinem sarkastischen Unterton merke ich sofort, dass er meinen Protest überhaupt nicht verstanden hat. Ich würde ihm die Meinung geigen, aber jetzt, nachdem Emund sich schon beschwert hat...verdammt! Wir können hier doch nicht rumstehen und streiten!
Richtig, und darum hältst du schön den Mund. Wenn du das einfach immer machen würdest, wäre alles viel leichter.
Das bezweifle ich jetzt aber stark. Aber zurück zur Frage des Meisters...
"Um ehrlich zu sein, würde ich gerne wissen, woher die Schmerzen kommen. Emund, jetzt, wo das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, können wir kurz darüber nachdenken?"
Emund zuckt mit den Schultern. "Es ist dein Körper. Und ich denke, es ist klar, dass du nicht schuld daran bist, dass er jetzt so aussieht."
Himmel, warum kann ich nicht ihn als Meister haben?
Noch schlimmer, was ist in den letzten Wochen passiert, dass ich sowas überhaupt denke? Ich dachte, der General ist mein Freund. Alles...ist seltsam gerade, und das sind sicher nicht die Kopfschmerzen.
Ich lächle dankbar, worauf Emund zwei Finger an die Backe legt und die andere demonstrativ aufbläst. "Hm...du sagtest ja schon, dass es gar nicht so einfach ist, zu beschreiben, wie es dir gerade geht. Fühlst du dich denn irgendwie...schlapp?"
Ich hüpfe ein wenig auf der Stelle. "Eigentlich nicht. Im Gegenteil, bis auf den Umstand, dass mir alles weh tut, bin ich voll in Form!"
"Komisch, sonst hätte ich gesagt, es sind die Symptome einer Krankheit...oder einer Infektion. Fieber und so. Alles ist irgendwie beschissen und du weißt gar nicht genau, warum und woher."
Plötzlich wird mir heiß. Mir ist, als müsste ich in Schweiß ausbrechen, aber...das ist doch unmöglich, woher soll ich das so genau zuordnen können? Unwillkürlich fasse ich mir an die Stirn, sie glüht geradezu.
"Was ist passiert?", fragt der Meister. Ich sehe wieder auf meine Hand herunter, die sich plötzlich deutlich schwerer anfühlt, aber ganz normal aussieht.
"Ich...glaube, ich habe...tatsächlich Fieber bekommen?"
Die Skelette formen plötzlich einen Ring um uns. "Jemand hört uns zu", flüstert der Meister.
Als meine Augen sich weiten, sehe ich in Emunds Gesicht, dass er es zur gleichen Zeit wie ich verstanden hat.
"Der Arreat! Ich spüre den Berg!", rufe ich – und da fällt plötzlich eine gigantische Last von mir ab, mein Kopfschmerz wird zu einem unterdrückten Pochen, meine Gliederschmerzen zu vagem Ziehen, der Rücken fühlt sich fast wieder normal an. Ich strotze vor Stärke!
Die Wachsamkeit der Skelette lässt nach, als der Meister sieht, wie ich mich entspanne. Ernst erwidere ich seinen Blick.
"Er hat mir sein Leid mitgeteilt. Die Schmerzen...es sind die Dämonen, die seine Flanken überrennen, die sich in seinen Boden graben."
"Scheint dir jetzt aber wieder ganz gut zu gehen", bemerkt der Meister.
"Ich denke, der Arreat will nur, dass ich ihn verstehe, er will mich nicht behindern."
Emund nickt beeindruckt. "Das ist...eine große Ehre. Dann will ich nichts gesagt haben über deine Beschwörung."
Dieses verdammte selbstzufriedene Grinsen auf dem Gesicht des Meisters! Ich hadere mit mir selbst, ob ich Emund korrekterweise sagen soll, dass sein Protest vollkommen gerechtfertigt war, aber meine Bedenken von vorhin stehen immer noch.
"Nun denn, ich verstehe diese Ehrung als Auftrag", erkläre ich in Richtung des gewaltigen Massivs vor uns. "Ich kämpfe mit dir für dich, Arreat. Lass uns zusammen deine Schmerzen tilgen."
Himmel, es fühlt sich gut an, wieder aus Erde zu sein. Besonders aus dieser. Die Macht des Berges verleiht mir Kraft. Aber die nicht zu ignorierende Pein dessen, der sie mir gewährt, ist eine ständige Erinnerung an meine Verantwortung. Die Macht dieser Erde werde ich nicht missbrauchen wie die des Inifuss-Baums damals!
Aber die Dämonen wirst du schon noch umbringen, ja?
Meine beiden Hände werden zu Schwertern.
Was denkst du?
 
AAAAAAAAAAAWWWWWEEESOMMMMMMMMMMMMMMEEEE!!!!!

endlich die "finale" Form, back to the roots wenn man so will^^

ich hätte jetzt ehrlich auf die Originale form des Zweiten getippt aber Dorolem aus der Erde des Areat, einfach genial.

Als professioneller Hobby RPG ler bin ich begeistert von der Idee.

mfg Soveregin
 
Gut eingelebt? Zeit zum schreiben gefunden?
Ein update wäre Klasse :)

mfg
 
Ich schreib fast nur auf langen Busfahrten (um genau zu sein...nur bisher), darum sind bisher nur vier neue Seiten rausgekommen seit dem letzten Kapitel. Immerhin etwas, aber es wird sich voraussichtlich schon noch ne Weile ziehen, bis Nachschub kommt! Kann leider nichts Besseres verkünden, sorry.
 
Hm
kein Update: Check
keine ankündigung: Check
lösung: lange busfahrten

was tun?

warten?

weinen?: Check

Spaß bei seite wie sieht den der Fortschritt bis jetzt aus ich trockne langsam aus *zappelnderfischauflandhiereinfügen*

mfg Soveregin
 
Zuletzt bearbeitet:
Bin mal wieder in Deutschland. War ne übliche Reise im Bus, wobei der kein WLan hatte (nicht, dass das sonst gut funktionieren würde).

So oder so, wenig Ablenkung war willkommen, und das Ende des nächsten Kapitels hat nur so ganz nebenbei einen meiner Lieblingscharaktere, für den ich einfach zu gerne schreibe. Alsooo vier Seiten auf einmal geschafft, und ja, das Ding ist fertig geworden ;).

Ihr könnt dieses Wochenende ein Update erwarten!
 
JUHU

na das hat ja besser als erwarten funktioniert. Und wieder hat die älteste aller deutschen Tugenden den Tag gerettet: Meckern

Um ehrlich zu sein ich hatte jetzt noch gar nichts erwartet :lol: aber jetzt kann ich mich doch drauf freuen.

mfg Soveregin

PS: Ein dickes DANKESCHÖN für das Update schon mal im Vorraus Simon.

BTW wie machst du das eigentlich in Tschechien, sprichst du die Sprache oder wird da in Englisch unterrichtet?
 
BTW wie machst du das eigentlich in Tschechien, sprichst du die Sprache oder wird da in Englisch unterrichtet?
Ich werde nicht mehr unterrichtet, ich forsche ;). Und Wissenschaftssprache ist natürlich überall Englisch.

Codier grad, bis gleich!
 
Kapitel 23 – Im Auftrag der Erde



Fast geräuschlos gleitet die Tonklinge durch harte Schuppen und die Haut darunter. Der Tentakeldämon blickt verdutzt, als die Spitze seiner Waffe zuckend zu Boden fällt, da packt den Stumpf meine rechte Hand, eine grausame Kralle. Er versucht verzweifelt, sich loszureißen, ich reiße mit, er verliert Bodenkontakt, fliegt heran und in mein wartendes Schwert. Ich schleudere ihn zur Seite, als zwei Sklaven heranrennen; ihre Waffen treffen nur Luft, als mein Körper in sich zusammenbricht, da stolpert der rechte, als ihn eine Welle der eigentlich unter ihm gefrorenen Erde umwirft. Aus ihr erwachse ich, hinter ihm, ein Stich in den Nacken und er steht nicht mehr auf. Doch! Als Skelett. Meine rechte Hand bildet kurz die Krallen zurück, ein Schlammball, besonders feucht, formt sich darin und trifft den anderen mit einem feuchten Klatschen im Gesicht.
Er versucht hektiv, den Dreck aus den Augen zu bekommen; eine Wurfaxt erinnert ihn daran, dass er andere Probleme hat.
Ich auch – zwei Lanzen treffen mich, fast symmetrisch unter den Achseln. Der Schmerz ist dumpf, so schwach, wie er schon lange nicht mehr war, wenn mich etwas verletzt hat.
Sie versuchen, mich hochzuheben, zu zerreißen. Schlau. Aber ich bin der Boden – die Jägerinnen-Faksimile könnten genauso versuchen, sich selbst an ihren Helmhörnern in die Lüfte zu ziehen. Somit sitze ich am deutlich längeren Hebel. Meine Arme winden sich um ihre Waffen, und sie lassen nicht schnell genug los, als ich meine quasi-Muskeln spanne; vor mir donnern die Dämonen zusammen, fallen rasselnd zu Boden, und ich stürze mich auf sie, Krallen ausgestreckt. Als er sie vom seltsamen Blut der Kreaturen freischüttelt, lacht der Zweite hässlich.
So macht mir die Sache...Spaß.
Sein Lachen bricht ab und die innere Stimme wird todernst.
Ja. Spaß.
Das macht mir Angst, aber ich gebe zu, es ist eine nette Abwechslung nach der ganze Zeit als bessere Zielscheibe. Ich lasse die Lanzen in meinen Händen herumwirbeln, und mit beiden gleichzeitig steche ich einen etwas größeren Sklaven ab, der schon zwei Skelette zerstört hat. War das ein Held?
Die Sicht könnte besser sein.
Da hat der Zweite allerdings Recht. Der Schneefall ist in der letzten Stunde immer heftiger geworden, und man sieht kaum mehr die Hand vor Augen. Ständig schießen Feuerblitze zischend aus der Wand tanzender Flocken heran, zum Glück deutlich weniger effektiv als sie ohne den Wettereinfluss wären. Dennoch kann man quasi nicht ausweichen, was die Menschen spüren.
"Das wird nicht besser werden!", brüllt Emund durch den Wind. "Was sollen wir deiner Meinung nach machen?", brüllt der Meister zurück und setzt einen Fluch hinterher, baut eine Knochenwand vor einem Feuerturm der nächsten Barrikade auf, sodass wir für einen Moment sicher vor dessen Flammenstrahlen sind. Er schnippt mit den Fingern und winkt mich ungeduldig in diese Richtung. Ist ja gut – ich finde schnell die richtigen Stellen für Hände und Füße auf dem mittlerweile bekannten Knochengebilde, nur beeilen muss ich mich, bevor die Angriffe von hinten die Wand zum Zersplittern bringen. Oben angekommen stoße ich mich sofort ab, schon zerfällt meine beinerne Leiter unter mir; ich aber fliege, lande, töte den Kobold. Problem gelöst.
He, sind wir wirklich schon so nahe an der Felswand?
Ich habe keinen blassen Schimmer. Soll ich Schritte zählen? Anscheinend sind wir aber wirklich etwas nach links abgedriftet, und das unwegsame Gebirge, das das Eishochland eingrenzt, beginnt nur ein paar Meter neben uns. Dabei wollten wir dem fern bleiben, um im Zweifelsfall die Barrikaden umgehen zu können!
"General, wir sind etwas vom Weg abgekommen – da links ist schon die Wand!", rufe ich nach unten. Jemand wirft ein rostiges Schwert auf mich, ich fange es abwesend an der Klinge und werfe zurück.
"Das auch noch? Scheiße!", beschwert sich der Meister. "Dieser Miststurm! Kann denn niemand dem Berg sagen, dass er das lassen soll?"
Himmel, muss ich mich jetzt für sein Benehmen schon bei der Natur entschuldigen? Als ob der Arreat etwas dafür könnte, wie sich die Wolken an ihm brechen.
"Vielleicht erfrieren ja ein paar Dämonen daran...", biete ich mit mühsam neutraler Stimme an. Bevor der Meister dazu etwas sagen kann, meldet sich Emund aber. "Wir sollten die Chance nutzen, sonst erfrieren wir. In der Felswand gibt es Höhlen; suchen wir uns eine. Und zwar fix, mir friert hier schon der Arsch zu, in deiner Büchse kanns dir nicht besser gehen!"
Dagegen muss ich sagen, dass ich es sehr schätze, wie warm du mich hältst, Arreat...dafür teile ich gerne deinen Schmerz, den die Dämonen verursachen.
Eine verständnisvolle Welle der Pein rollt durch meinen Körper, aber nur für einen kurzen Augenblick. Ich zucke voller Mitleid zusammen; wir müssen Baals Armee wie eine Rattenplage auslöschen!
Bin ich froh, dass du endlich deine Motivation gefunden hast...hat ja nur drei völlig zerstörte Nationen, die verdammte Hölle selbst und jetzt noch einen blöden Berg gebraucht!
Ein Gefühl, als hätte ich mir jeden Fingernagel gleichzeitig in einer Tür geprellt, durchzuckt meine rechte Klauenhand. Verdammt! Halt deine Zunge im Zaum, diese Art der Qual kennen zu lernen hätte ich mir gerne den Rest meines Lebens gespart!
Sieh es als wertvolle Erfahrung in deinem sogenannten Leben, dafür hat man es doch, oder?
Ich habe jetzt wirklich keine Lust, mich weiter mit dir zu streiten. Was ist denn jetzt los, ich dachte, du hättest Spaß?
Die Finger der Klauenhand verkrampfen sich.
Natürlich. Gibt doch nichts besseres, als effizient für den Meister zu morden, nicht?
Ich runzle die Stirn über seinen Tonfall. Da beantwortet der Meister Emunds Vorschlag: "Gefällt mir zwar nicht, aber wir laufen noch im Kreis, wenn das so weitergeht, an der Wand gehen wir wenigstens in die richtige Richtung. Wir werden aber nicht aktiv nach einer Höhle suchen."
Emund klatscht in die Hände und hüpft auf der Stelle. "Na dann los. Da lang, Dorelem?"
Ich führe die Menschen zum Fels. Schnell stellen wir die Armee so um, dass wir den Schutz der Steine mit einbeziehen. Bald werden wir wieder angegriffen, natürlich werden wir das; es sollte keine große Sache sein, die Dämonen abzuwehren. Aber da will ich einem Knüppelschlag ausweichen, indem ich meine Seite eindelle, und es geht irgendwie langsamer als ich das wollte, und ich verliere einen guten Teil Substanz. Das tut dann doch mehr weh. Schnell will ich mehr aus dem Boden ziehen...und tu mir schwer, weil der Schnee mittlerweile fingerdick darüber liegt. Was ist jetzt los?
Wir frieren langsam ein, glaube ich – Ton ist eben doch kein Feuer!
Ja, wir brauchen auf jeden Fall Schutz vor dem Schneesturm. Trotz dieser kleinen Schwäche liegen bald alle Angreifer in ihrem Blut, aber ich mag mir gar nicht vorstellen, wie die Menschen frieren müssen.
Noch etwas später ist der Wind so schlimm geworden, dass der Meister sich den Arm konstant vor die Stirn hält und ab und an heimlich den anderen auf die Schulter eines Skeletts legt, das ihn zieht. Emund hat hier überhaupt keinen falschen Stolz und lässt sich ständig von seinen beiden Untergebenen helfen.
"Ist alles in Ordnung?", schreie ich den Meister an, ganz nah, damit er es auch hört. Der Sturm saugt einem die Worte von den Lippen, hinein in einen Strudel aus weißen Wellenwirbeln, die wirken wie die tosende Gischt an einem Felsstrand; nur dass das Meer in diesem Fall vor uns ist statt unter uns, und der Fels nach oben ragt.
Die Lippen des Meisters zittern, aber er bringt keinen Ton heraus.
Ich packe ihn an der Hand, er ist zu schwach, um sich zu wehren, und schleppe ihn mit. "Geht es bei dir, Emund?", rufe ich in die Richtung, wo ich den Barbaren erwartet; etwas, was eine Antwort sein könnte, kommt zurück, zumindest ist es bei ihm also nicht ganz so schlimm. Wenn wir durch die Flammen der Hölle getanzt sind und zwei Große Übel geschlachtet haben, nur um jetzt hier zu erfrieren, bin ich sauer!
"Ein Fuß vor den anderen, Meister!", befiehlt der Zweite. "Nicht aufgeben, wir finden eine Höhle!"
Während er sich so überraschend viel Mühe gibt, versuche ich angestrengt, Emund im Blick zu behalten. Er ist doch hoffentlich schlau genug, an der Wand zu bleiben?
Welche Wand überhaupt? Verdammt, sind wir...
"Eine Höhle!"
Ich weiß nicht, ob der Zweite oder ich das gerufen haben. Egal. Wir zerren den Meister hinein, schärfen ihm ein, hier zu bleiben aber um Himmels Willen nicht aufzuhören, sich zu bewegen, und sind wieder draußen.
"Emund! Emund, hierher!", schreie ich in das Flockenmeer, und ich denke, es vergeht eine Ewigkeit, die zehn Sekunden dauert, da landet eine schwere Hand auf meiner Schulter. "Nur die Ruhe, Dorelem! In so einem Wetter bin ich als Kind spielen gegangen!", brüllt er, aber ich denke nicht, dass ich das komplett ernst nehmen muss.

Ein paar Minuten später haben wir den Meister zumindest so aufgewärmt, dass er seinen schlimmsten Schüttelfrost los ist. Gut, dass er mehr als einen Feuermagier erschaffen hat.
Ich kontrolliere auf Anweisung des Zweiten ein paar seiner Werte – Temperatur, Puls, Atmung.
"Das ist kein Problem", urteilt er. "Am Schlimmsten war der Wind, sonst ist die Rüstung eigentlich ganz gut isolierend. Aber wenn es so weht, dringt die Kälte in die Spalten. Also lassen wir ihn auftauen, das zählt gleich als Mittagspause."
"In seiner Abwesenheit bist du der Boss", erklärt Emund und lässt sich gegen eine Felswand plumpsen. "Nicht, dass ich was gegen den Plan hab."
"Dann ruh dich auch aus. Ich pass am Eingang auf."
Er nickt mir dankbar zu und reibt sich die Hände. Der Weg zum Höhleneingang ist ein paar Meter und Biegungen lang; sie ist überraschend extensiv. Ganz früher hätte er so etwas nach Beute durchsuchen wollen...aber jetzt benutzen wir sie nur, um das Ende des Sturms abzuwarten.
Der wütet noch, aber sicher nicht mehr allzu lange. Sowas legt sich schnell.
Weißt du warum genau?
Du stellst gute Fragen, auf die ich keine Antwort weiß.
Da bemerke ich ein Ziehen in der Seite. Hm? Ich reibe mir den Tonbauch. Woher...
Es prickelt unter meiner Hand. Ein schneller Blick verrät mir, dass ich ganz normal aussehe – was ist da los?
Der Berg?
Vermutlich! Aber was will er von mir? Großer Arreat, ist etwas nicht in Ordnung?
Hast du nicht immer ein Problem mit Unterwürfigkeit?
Du scheinst das mit Respekt zu verwechseln.
Zwei Seiten einer Medallie...
Ein Gefühl, als würde mein Fuß in einem Nest wütender Ameisen stehen. Ah! Ich hüpfe unwillkürlich nach vorne...und bemerke, wie das Stechen in meiner Seite nachlässt.
Noch ein Schritt also? Und wieder wird es schwächer. Oh. Soll ich...?
Bevor du hier mitmachst, lass mich mal ein paar Worte Klartext sprechen.
Habe ich eine Wahl?
Ich rede nicht mit dir. He, du verdammter Berg. Ich habe absolut nicht das Gefühl, dass ich dir irgendetwas schuldig bin, und ich weiß nicht, woher Dumpfbacke hier die Idee bekommt. Aber meinetwegen können wir zusammen arbeiten, weil wir das gleiche wollen, nämlich die Dämonen von deinen Flanken prügeln.
Wenn du allerdings glaubst, dass du uns deswegen mit einer Peitsche vor dir hertreiben kannst, dann hast du dich sauber geschnitten. Wir haben genau einen Meister, und bei deiner Sache sind wir nur freiwillig dabei, also verhalte dich so. Du kannst dafür sorgen, dass wir uns wohl fühlen, das hast du schon gezeigt. Mach
das, und hör mit diesen lächerlichen Stockhieben auf.
Wir sind dem Arreat durchaus was schuldig – wir bestehen aus seiner Erde!
Doch da durchzuckt mich wie als Warnung gleichsam ein Blitzschlag, der mich in die Knie gehen lässt...und dann breitet sich eine himmlische Wärme in mir aus. Nur da, wo ich vorher die Schmerzen gespürt habe, ist sie vielleicht etwas angenehmer...
Vielen Dank, Arreat. Musste das jetzt sein? Wir haben jetzt wirklich schon Schlimmeres durchlitten, und ich wette, es hätte aufgehört, nachdem ich die Nachricht begriffen habe.
Halt einfach deine Dummschwätzerklappe, wenn du keine Ahnung hast, wovon du redest. Du hast vielleicht eins und eins noch nicht zusammen gezählt, aber ich bin tödlich allergisch gegen Schmerzen als Erziehungsmethode, und von einem Steinhaufen muss ich mir das absolut überhaupt nicht bieten lassen.
...nein, darüber habe ich ehrlich gesagt noch nicht nachgedacht. Aber vielleicht wäre es ein weniger aufwändiges Ratespiel für mich, wenn du solche Sachen öfter ansprechen würdest?
Dafür macht es viel zu viel Spaß, dich zappeln zu lassen. Hattest du nicht einen kleinen Nebenauftrag für unseren Körperlieferanten zu erledigen?
Ach ja, richtig. Aber wir sollten auch nicht zu weit von der Höhle weggehen...wobei, das ist natürlich eigentlich kein Problem...
Eine kurze Umsetzung meiner Lösungsidee später folge ich dem Streicheln des Berges. Der Zweite hat schon auch Recht, natürlich ist das angenehmer. Aber denkt der Arreat vielleicht einfach in barbarischen Bahnen, wo man solche Schmerzen selbstverständlich auszuhalten hat und sich somit auch etwas beweist? Oder ist es ihm doch egal, weil er unvorstellbar gewaltiger ist als wir, und Schmerzen sind schlicht schneller zu bemerken als Wohlgefühl? Immerhin kann man tatsächlich mit ihm reden. Ob das unserer besonderen Verbindung geschuldet ist, oder ist der Berg im Horchen geschult, weil die Barbaren so oft zu ihm beten? Erfüllt er ihnen auch regelmäßig ihre Wünsche? Aber was müssen sie dafür im Gegenzug leisten?
Ihre kollektiven Hintern am gleichen Körperteil der Welt abfrieren, um den Weltstein zu bewachen?
Hart, aber wohl wahr.
Der Sturm lässt mich schon wieder langsamer stapfen, weil ich immer tiefer durchfriere, und ich beginne mich zu fragen, ob der Rückweg überhaupt möglich ist, da höre ich auch, mich irgendwie besonders zu fühlen. Ist etwas nicht in Ordnung?
...wir sind da.
Und da sehe ich durch den Sturm das unnatürliche rote Leuchten; leise wabert es, lässt an Feuer denken, aber dennoch jegliche Wärme vermissen, und das liegt nicht am allgegenwärtigen Schnee.
Ein paar Schritte weiter, und es gewinnt an Kontur durch die Flocken, das rote Portal. Das Bild dahinter ist verzerrt wie im Hitzeflimmern, was kein Zufall ist, denn es wirkt auch heiß.
...das Ding ist doch recht nah an der Höhle.
Besonders, wenn der Sturm aufhört. Dann sind von hier kommende Dämonen in Minuten da.
Und der Meister ist noch außer Gefecht...
...die Gelegenheit, für Deckard herauszufinden, ob man die Dinger schließen kann, ja.
Was auch dem Arreat zugute kommt. Ob wir die Verbindung auch noch haben, nachdem wir hindurch gegangen sind?
Wie als Antwort fühle ich eine Welle aus Kraft in mir aufsteigen; meine Masse verdoppelt sich, als ich instinktiv mehr Erde aufsauge, völlig unbeeindruckt, dass sie eigentlich steinhart gefroren ist. Für die tatsächliche Wirkung nutzlose, aber für meine humanoiden Proportionen wichtige Muskeln formen sich, meine sonst eher untersetzte und kompakte Statur wird zu einem gewaltig breitschultrigem Schrank.
Meine Bewegungsfreiheit sollte so nicht eingeschränkt sein; meine eigene Masse ist auch verzweifacht nur ein Bruchteil dessen, was ich stemmen kann, und natürlich bin ich gerade auch beträchtlich stärker geworden.
Wobei die "Muskeln" damit natürlich überhaupt nichts zu tun haben.
Oh, wir sehen ganz fürchterlich lächerlich aus. Aber da drin gibt es, glaube ich, keine Erde. Jeder Vorrat ist da willkommen. Also...
Zerquetschen wir sie.
Sobald ich durch das Portal gehe, wirft mich eine Hitzewelle fast um. Der Kontrast zum Eishochland ist so stark, dass die Hitze wie eine Wand scheint. Schade, dass der Meister gerade außer Gefecht ist, hier wäre perfekt zum Auftauen. Aber ihn hierhin zu schleppen wäre Unfug.
Denn ich bin in die Arme einer kleinen Dämonenarmee gelaufen. Direkt vor mir ist ein verdutzter Balrog, die ledrige Dämonenhaut in einem ungewohnten Rotton; auch er einer von Baals Leuten, die ich noch nicht kenne, es sei denn er und seine etwa zehn Kollegen hinter ihm sind alles Helden. Die Plattform, auf der wir stehen, wohlbekannt in der Architektur vom Flammenfluss, der uns in der Hölle zu Diablos Sanktuarium führte, ist recht eng; über der sie umspülenden Lava schweben Geister, ihre vom Ektoplasma umwabernden Skelette gespreizt, Rippenbögen wie Spinnenbeine. Und überall Kobolde, nach dem zu urteilen, wie oft ich die schon gesehen habe, Baals Spezialität.
Offenbar eine Eigenkreation, ja. Das erklärt, warum er so viel von seinen Brüdern abkupfert...wenn er mehr als die nicht zustande bringt...
Die werden trotzdem das größte Problem, schätze ich. Na ja, wie sagt man – viel Feind, viel Ehr?
"Ganz schön kalt da draußen. Seid ihr sicher, dass ihr da raus wollt?", frage ich den Dämon vor mir, während ich zwei Schwerter in seine Brust ramme – jetzt bin ich groß genug, dass ich nicht immer auf den Bauch gehen muss. Während er bereits zu brennen beginnt, sein Todeszeichen, reißt er noch das gekurvte Schwert mit der Klinge im konvexen Teil nach oben; ich packe es, als seine Hand darum vergeht. Die mochte ich schon immer. Den nächsten packe ich an der Schulter, stoße ihm das Schwert seines Kollegen in den Hals, reiße mich daran hoch und springe mit einer Drehung über ihn hinweg, um in einem Haufen überraschter Kobolde zu landen.
Versuch doch mal das...
Nun, dafür könnten wir jetzt tatsächlich groß genug sein. Ich blähe meinen Körper auf wie einen Fächer, stülpe eine Tonglocke über fünf, sechs der kleinen Dämonen, spüre, wie sie in mir versuchen zu teleportieren, aber da schnappt die Glocke schon wieder zusammen. Kleine Flämmchen, aushaltbar, schießen aus Löchern in meiner Seite, die ich ihnen schnell schaffe. Endlich haben die Gegner begriffen, dass sie sich wehren müssen; ich pariere das Schwert eines heranstürmenden Balrogs mit meinem eigenen, kontere seine brutale Gewalt mit Finesse, hinter der aber meine eigene jetzt sicherlich ebenbürtige Kraft steckt, was ihn völlig aus dem Gleichgewicht bringt. Er stolpert über meinen ausgestreckten Fuß, landet mit dem Gesicht nach vorn im Flammenfluss...was ihm nichts ausmachen sollte...dann lande ich auf seinem Rücken. Von diesem Lavafloß aus bin ich nahe genug an den Geistern, um mich in drei Richtungen gleichzeitig zu strecken, Tontentakel auszufahren, und damit meine Ziele zu packen, zusammenzuhämmern und damit das zu zerbrechen, was ihre ätherische Substanz zusammenhält.
Meine Plattform versucht, mich abzuwerfen; kein Problem, denn ich bin nicht an diese Form gebunden. Es ist für mich quasi unmöglich, die Balance zu verlieren, solange ich mir dessen bewusst bin. Bevor er dennoch auf irgendwelche Ideen kommt, wird mein Fuß zum Schwert, durchtrennt seine Wirbelsäule, und da bin ich auch schon wieder auf sicherem Boden.
Flammen erwarten mich, als drei Balrogs Feuer spucken. Ich gleite darunter hindurch, gleich auch zwischen Dämonenbeinen weiter, und ein Kobold stirbt, der nicht schnell genug aus dem Weg teleportieren konnte. Seine Freunde schießen sich auf mich ein, aber das kitzelt nur. Auf die Dauer könnte es ein Problem werden, besonders wenn weitere Schäden dazu kommen, aber so kann ich es gut ignorieren. Wie schon erwähnt, vermutlich dennoch das größte Problem. Die hier sind Kinderkram. Ich schneide Achillessehnen durch, springe weg von umschwenkenden Flammenwürfen, mit gebeugtem Rücken rückwärts über die Irrlichter hinweg, die die Geister spucken; noch mehr von diesen sterben, dann versuchen es zwei Balrogs im Schwertkampf gegen mich. Jeder von ihnen hat eine der Waffen aus dunklem Metall, aber ich habe mittlerweile zwei, und mit dem Zweiten als Unterstützung bin ich beidhändig. Nebenbei bin ich gleichstark, aber weitaus gerissener. Sie haben keine Chance.
Dennoch halten sie mich lange genug auf, dass einige Geschosse ihr Ziel finden. Ich spüre, wie fest gebackener Ton einfach von mir abbröckelt, und natürlich gibt es hier keine Möglichkeit, mich zu regenerieren. Die Kobolde müssen sterben! Also trenne ich mich von einem der Schwerter, lasse es den Zweiten zielgenau in eine Horde Gegner schleudern, dann verwende ich die freie Hand, um einen Tonklumpen am Ende einer langen Leine auf versprengte Fernkämpfer zu werfen, bei einem Treffer ziehe ich die Leine ein und zerbreche winzige Genickchen.
Bald habe ich die Plattform gesäubert. Von ihr führt ein Weg ab, der bald eine Mauer gewinnt, nach links biegt, etwa dreißig Meter weiter noch einmal, und dann in einer weiteren ummauerten Plattform endet. Ist hinter der dann noch ein Weg?
Ich glaube, wir sind auf einer Insel.
Aber wie schaffen sie dann die Truppen her?
Da hinten fliegen schon neue Geister heran. Für die anderen – keine Ahnung. Vielleicht liegt des Rätsels Lösung gegenüber. Aber das ist etwas zu weit zum Springen.
So weit ist der Weg außen herum auch nicht. Wenn nicht zu viel Widerstand kommt – aber das hier war ja gut machbar.
Hm. Siehst du um das Portal hier irgendwas?
Um es zu schließen? Nein. Wenn, dann liegt das auch da hinten. Wollen wir mal hoffen!
Wir sind zum zweiten Mal freiwillig in der Hölle, wir brauchen keine Hoffnung.
Einen Irrenarzt wohl eher.
Du sollst nicht immer von dir auf andere schließen.

Es gab Widerstand. Sie hatten mich sogar erwartet, weil der Kampf gerade nicht zu überhören war. Aber was soll man von einer Handvoll Dämonen erwarten, die zu feige sind, einzugreifen? Da die Gänge, die die Insel im Flammenfluss formen, auf der wir uns befinden, komplett schmucklos und gerade sind, konnten sie mich nicht einmal überraschen. Ich nahm mir die zwei am schärfsten aussehenden Schwerter für später mit.
Jetzt stehe ich auf der Plattform gegenüber meiner Startposition. Und sieh an, sieh an – wenn das nicht ein ominös glühender Kristall auf einem hässlichem Stand aus Höllenmetall ist? Dieser ist grob aus dem schwarzen Stahl gegossen, mit an knorrige Finger erinnernde Zacken am Ende der schlanken Säule, welche den roten halbdurchsichtigen Stein umklammern.
Na denn...ich hebe das Schwert.
Warte! Das Ding kontrolliert sicher das Portal, aber wenn du es kaputt machst, wie kommen wir dann zurück?
Du hast Recht, wenn wir Zeit haben, sollten wir uns was überlegen. Vielleicht...
Da erscheinen plötzlich Lichter um uns herum.
Höllenteleportation...wie im Chaos-Sanktuarium! Schnell!
Jetzt haben wir keine Wahl! Mein Schwert saust herab...Funken sprühen...
Eine andere Waffe hat es abgefangen. Verdammt! Aber ich hab zwei Hände, Freundchen. Meine rechte schwingt herum – und trifft auch auf Widerstand.
"Das kann ich auch, Golem", schnarrt mein Gegner, ein smaragdgrüner Balrog mit übergroßen Hörnern und seltsam verzerrten Gesichtszügen.
Ich sehe mich schnell um; er ist der einzige geflügelte Dämon. Aber die Plattform ist jetzt plötzlich umringt von den golden gerüsteten Magiern des Abgrunds, die Skelettritter, welche uns im Chaos-Sanktuarium schon so viele Probleme bereitet haben. Verdammt!
Die schaffen es nie, auf uns zu zielen, wenn wir mit dem hier ein schönes Tänzchen hinlegen. Los!
Ich fletsche extra für diesen Gesichtsausdruck geformte Zähne, löse mein linkes Schwert von dem des anderen und greife an. Er kontert mit einer grazil geführten Klinge im genau richtigen Winkel, setzt nach, ist auf einmal innerhalb meiner Verteidigung und rammt mir den Knauf des anderen Schwerts in den Magen. Ich stolpere zurück...und sehe, wie die Magier ihre Elementkugeln um die Hände heben.
Weich nicht zu schnell aus! Dann treffen sie ihn!
Gute Idee...denke ich, doch da fühle ich, wie mich überraschende Schwäche durchzieht. Natürlich, sie haben Flüche – und die können auch die hinter dem Balrog auf mich wirken!
"Nur die Ruhe", erklärt mein Gegner. "Du hast eine ganze Angriffswelle auf einmal erledigt, sicher bist du besser als das, Golem? Flucht ihm etwas Harmloses, los."
Widerstandsschwund tanzt über meinem Kopf, als meine Kräfte zurückkehren.
Der andere streckt sein Schwert in einer Duelleinladung aus. "Na los – zeig mir, was du kannst. Die Ritter werden uns nicht stören."
Ich lasse die Klingen kreisen. "Überschätz dich bloß nicht – jetzt bin ich bereit!"
Ha, man kann doch immer auf ihre Arroganz hoffen.
Wobei er tatsächlich weiß, was er tut.
Und wir nicht?
Unsere Klingen treffen aufeinander. Alle vier wirbeln durcheinander in einem kaum überschaubaren Sturm, und ich bin gezwungen, dem Zweiten volle Kontrolle über die Hälfte des Körpers zu geben. Oder sollte ich lieber dankbar dafür sein, dass dies mittlerweile geradezu beängstigend problemlos funktioniert? Meine Beinarbeit für seine Schwertführung, die linke Hand weiß genau, was die rechte tut. Er beugt den Kopf im richtigen Moment nach hinten, damit der Angriff über uns hinwegsaust, den ich also nicht blocken muss; dafür bin ich frei, anzugreifen, weil ich den Gegner sehen kann, obwohl meine "Augen" nicht auf ihn gerichtet sind. Unsere Körpermasse verschiebt sich so, dass ich das Gleichgewicht nicht verlieren kann. Aber wieder laufe ich mit meinem Hieb wie gegen eine Wand, da packt er beide seiner Schwerter mit beiden Händen und lässt sie wie einen Knüppel auf mich herabfahren.
Gerade noch bringe ich eines von meinen dazwischen, und spüre wie seine volle Kraft nur dadurch gemindert wird, dass ich um gut dreißig Zentimeter zusammenschrumpfe. Ja, Ausweichen ist das Gebot der Stunde.
Federgleich schnelle ich wieder zu meinen humanoiden Proportionen zurück, aber schon muss ich wieder parieren. Er ist weit schneller, stärker und auch schlauer als alle Dämonen, die ich bisher von Baals Armee vernichtet habe.
Ja, verdammt, das macht Spaß!
Immer, wenn ich denke, dass ich dich endlich verstanden habe...
Bei jedem anderen Kampf müssen wir ein Auge darauf haben, dass uns der Meister im Hintergrund nicht krepiert. Oder wir lenken die Gegner nur ab, damit die Skelette ihnen in den Rücken fallen können. Wir sind nur ein weiterer ersetzbarer Soldat in der Armee, aber haben trotzdem mehr Verantwortung als alle anderen zusammen. Findest du das hier nicht...befreiend?
Diese Gedanken mache ich mir vielleicht, wenn er vor mir im Staub liegt, ja?
Riposte! Endlich! Und ein Kratzer an seiner Schulter. Scheint ihn allerdings wenig zu stören. Nicht einmal ein bisschen zurückzucken tut er – dabei hatte ich damit gerechnet. Und so revanchiert er sich sofort, schneidet ein Stück meines Kopfes ab, was einen Menschen entweder etwas Skalp und eine ordentliche Gehirnerschütterung, oder – wenn ich seine Kraft und die Hiebtiefe richtig einschätze – auch gleich das Leben gekostet hätte.
Gut dann, dass wir ein Golem sind.
Er hätte uns gerade auch das andere Schwert in die Seite stechen können – aber das hätte uns keinen bleibenden Schaden hinterlassen. Ich wette, er ist sich unser Golemnatur durchaus bewusst!
Hm. "He, hast du eigentlich auch einen Namen?", fragt der Zweite.
"Aber sicher", ist die Antwort. War das ein amüsierter Unterton?
Bei dem stimmt doch was nicht.
Ich finds schön, dass du Zeit hast, über sowas nachzudenken. Verdammt! Wieder ein Stück verloren, diesmal die Hüfte. Und ich kann mich nicht einmal rächen. Für einen Moment trenne ich mich von ihm, weiche zurück um ihn zu umkreisen. Wir beide haben die Schwerter erhoben und warten auf einen Fehler.
Lass uns den Fehler begehen. Ich will etwas ausprobieren.
Oh Himmel. Na schön, ich bin für Ideen offen. Mach einfach.
Blitzschnell täuscht der Zweite nach rechts an und lässt dann doch beide Schwerter von links kommen. Beide? Ach, das muss der bewusste Fehler sein.
Und der andere ist tatsächlich dafür bereit! Unsere rechte Flanke ist jetzt natürlich exponiert, darauf zielt er während er gleichzeitig durch einen Hechter nach vorne unserem Schlag ausweicht. Seine Klinge reißt wieder ein Stück Ton mit sich, während eines unserer Schwerter verfehlt und das andere abgewehrt wird. Bevor wir aus seinem Sprung Kapital schlagen können, steht er auch schon wieder. Was war jetzt der Plan?
Beginnt jetzt. Ich musste wieder in den Kampf kommen.
Na gut? Ich weiß nicht, ob es das wert war, aber bitte.
Immerhin scheint der Zweite jetzt richtig warm geworden zu sein. Je mehr wir den Stil des anderen lesen lernen, desto flüssiger wird aber auch der Kampf. Die Klingen schwirren jetzt wirklich, und immer wieder sprühen Funken, als der grobe Höllenstahl voneinander abgleitet. Ein tranceartiger Zustand, den ich schon länger nicht mehr verspürt hatte, erfasst mich. Nur noch der Gegner existiert, jedes Zucken seiner Muskeln ist ein wichtiges Signal, deutet den Plan der nächsten drei Millisekunden an, was gerade meinem Reflexfenster entspricht. Als wäre er ein Tanzpartner wirbeln wir umeinander – aber, bedenklich, es ist klar, wer führt. Weil er in etwa gleich schnell und fähig ist, aber trotz meiner neuen Kräfter stärker, muss ich vorsichtiger sein, auf ihn reagieren statt ihn in die Defensive drängen zu können. Es ist frustrierend und scheint das Warten auf einer Fehler seinerseits notwendig zu machen, aber das kann nicht der Weg sein. Er hat echtes Fleisch, das heißt irgendwann wird er ermüden und ich nicht, aber wie lange kann das dauern? Ganz selten kann ich seine smaragdene Haut ritzen, aber auch das kommt mir immer vor, als würde er es zulassen. Kein Blut strömt aus den Wunden. Als würde er mich gelegentlich einladen, ihn zu verletzen – warum tut er das?
Siehst du, jetzt hattest du kurz Zeit zu überlegen. Siehst du ein Muster?
Wir improvisieren wild...aber es könnte sein...mach noch einmal eine Finte mit rechts. Bein als würdest du einen Ausfall wagen wollen.
Ja! Jetzt mit links parieren, Klinge nach oben abgleiten lassen, und rechts kann umschwingen.
Und da hat er wieder einen Kratzer am fast lustlos zurückgezogenen Knie. Definitiv ein Muster.
Eine Möglichkeit?
Er spielt mit uns.
Unzweideutig. Jetzt pass auf, Phase zwei meines Plans.
Gleicher Ansatz wie gerade, doch jetzt schlägt der Zweite zu. Wir akzeptieren einen Schnitt am Oberarm – der natürlich gleich geschlossen ist – um doch einmal in die Offensive zu gehen. Rechts, links, links – da kommt seine Antwort, wir müssen rechts wieder verteidigen, aber auch er hat einen Treffer einstecken müssen. Und endlich fließt Blut.
Gut, noch zwanzig solcher Pläne und vielleicht schreit er dann das erste Mal.
Plan ist noch nicht vorbei.
Der Balrog zeigt sich unwillig, auf die Verletzung zu reagieren. Völlig unbekümmert kämpft er weiter. Auch wir gehen mit unvermindertem Elan in den Kampf, und wieder reißt der Zweite die Initiative an sich. Fast selbstmörderisch stürzt er sich in eine Offensive, die wir eigentlich nicht wagen dürften, aber dieses Mal zumindest ist unser Ausbruch überraschend. Dennoch kann unser Gegner ihn abwehren, aber nicht mühelos, wie es bisher immer den Anschein hatte. Warte, war das gerade wieder rechts, links, links?
Oh, aber sicher.
Ach, du trainierst ihm deine Angriffsmuster an!
Ja, das hat ja auch schon öfter in schwierigen Duellen funktioniert, nicht wahr?
Kann nicht antworten – da ist der andere wieder in der Offensive. Er hat sie zurückgenommen, ohne groß darum kämpfen zu müssen, die Schwerter sausen auf uns herab und wir müssen ausweichen, parieren und Klingen beiseite schlagen mit höchster Konzentration. Die Winkel unserer Waffen müssen perfekt sitzen, damit seine Hiebe richtig abgleiten – der Griff eines Balrogschwertes hat keinen Handschutz. Die konkave Konstruktion ist so gedacht, dass Abpraller immer nach außen fliegen, aber das weiß der andere selbstverständlich. Darum lässt er seine nach innen gebogene Klinge immer wieder am Rücken meiner Waffen nach unten gleiten, um meine Finger zu erwischen, was tödlich wäre obwohl ich sie schnell neu formen kann. Bald schon kenne ich jede Unregelmäßigkeit im grob geschmiedeten Stahl meiner Schwerter, um den Weg der seinen nach unten daran aufzuhalten.
Endlich, nach vielen, vielen solchen spontanen Berechnungen, verliert sein Angriff an Schwung. Das ist der Nachteil seiner Fleischhülle; für immer kann er nicht mit voller Kraft zuschlagen. Dennoch ist er noch sehr gefährlich. Was Zweiter und ich wissen. Aber solange er in dieser kurzen Verschnaufpause ist, können wir wieder etwas versuchen. Rechts, links, links! Hat er es begriffen?
Da...die Gelegenheit für den angetäuschten Ausfall nach rechts!
Und das will er.
Richtig.
Darum greifen wir jetzt tatsächlich an! Wir trainieren, nicht er!
Moment, jetzt kommts mir erst – wenn er auch versucht, uns in ein Muster zu zwingen, dann kennt er die Taktik ja!
Ach, das begreifst du erst jetzt?
...was war denn dann der Sinn deines Trainings? Er wird es durchschauen!
Er soll glauben, dass wir genau das nicht wissen, natürlich!
Das...ist Wahnsinn! Was, wenn du ihn überschätzt und er in Wirklichkeit gar nicht so schlau ist?
Dann stirbt er jetzt so oder so.
Der Zweite täuscht wieder den Ausfall nach rechts an, der uns bisher immer die kleinen Siege gebracht hat. Aber jetzt wird die Täuschung echt – er greift tatsächlich an, was uns weit offen lässt. Da, wie ich vermutete! Der Balrog dachte, er kann uns wieder ins gleiche Muster locken, und sein Konter geht daneben. Jetzt können wir erstmal eine ernstzunehmende Offensive wagen. Rechts! Links! Und...da blitzen die Augen des Balrogs. Noch mal links? Nein, wir haben schon einmal Muster gebrochen...also werden wir das jetzt auch...und er weiß es! Zweiter, er weiß es! Dass wir dieses Mal nicht links angreifen...und das heißt...
Sein Schwert fährt uns in die Seite. Nein! Tief dringt es ein, und wir erstarren für einen Augenblick. Die andere Waffe saust auf unseren Hals zu...
"Nein!", schreit der Zweite...reißt beide Schwerter hoch, um den tödlichen Hieb abzuwehren...aber das wird nicht...
Wir werden zur Seite gerissen, als der Balrog sein rechtes Schwert aus unserer linken Flanke entfernen will. Aber der Zweite hat es fest umklammert. Der Halstreffer prallt ab...
"Vergiss es, Belial!"
Aber....natürlich! Dieses eine Mal, obwohl der Treffer nur verbal ist, stutzt unser Gegner für einen winzigen Augenblick. Ohne den winzigen Moment des Zögerns hätte er sein Schwert schon längst einfach nach hinten aus uns herausgezogen statt weiter zu versuchen, es durch den Ton der Seite zu reißen und uns entscheidend zu schwächen. Aber dieser Moment...ist genug.
Und da hackt der Zweite ihm die gefangene Schwerthand ab.
Das geringere Übel stolpert zurück. Heißes Dämonenblut zischt aus dem Stumpf. Sofort setzt der Zweite nach...
Und eine Schmerzexplosion trifft uns im Rücken. Wir werden zu Boden geschmettert, zwischen Wogen aus Feuer, Eisstarre und Blitzkrämpfen. Nutzlos klappert das Schwert auf den Stein, das Belial ein weiteres Mal seines Körpers berauben hätte sollen.
"Du sagtest...du würdest nicht..."
"Ja, ich schätze, da habe ich wohl gelogen. Wie unerwartet", ätzt Belial zurück. Er begutachtet seine Verletzung mit akademischem Interesse. "Wie bist du darauf gekommen?"
"Jeder braucht seine Geheimnisse", ächze ich. Der Balrog hebt eine Augenbraue, und drei weitere Geschosse schlagen in mich ein. Hätte ich Lungen, müsste ich keuchen; irgendeine Reaktion kann ich mir auf keinen Fall verkneifen.
"Ich könnte dich gleich vernichten, aber du hast ein klares Interesse daran, länger mit mir zu reden, um dir einen Plan auszudenken, wie du den Kristall doch noch zerstören kann, Golem. Also – rede."
Dieser verdammte...
"Ich werde misstrauisch, wenn man meine besten Taktiken nicht nur sofort durchschaut, sondern auch noch versucht gegen mich einzusetzen", antwortet der Zweite.
"Das zu bemerken war ein Meisterstück", erkennt Belial an. "Besonders in der Hitze des Gefechts. Man könnte fast meinen, du hättest einen zweiten Geist in dir, der nur mit Denken beschäftigt ist."
Dazu schweigen wir weise. Der Portalkristall ist nur drei Meter entfernt...aber ich kann kaum aufstehen, geschweige denn die Distanz überbrücken! Vielleicht wenn ich mich zerfließen lasse...
Das Eis erwischt uns und dann sind wir auf jeden Fall zu langsam. Red weiter mit ihm – wir müssen unsere Kräfte sammeln. Ich versuche, die Oberfläche gleich aussehen zu lassen und den Ton darunter zu heilen.
Nach kurzer peinlicher Pause fährt Belial fort. "Egal – wirklich, du bist immer wieder ein beeindruckender Gegner. Wenn dein Meister erst mein Diener ist, werde ich dir jeden Körper geben, den du dir wünschst. Die Engel werden vor dir zittern, Dorelem!"
"Soweit kommts noch. Wenn wir Baal vernichtet haben, können wir dich gleich als nächstes auf die Liste setzen!"
"Ein perfider Plan. Es war ja auch bisher so nachhaltig erfolgreich, wenn du meinen Körper vernichtet hast. Oder habt ihr noch ein, zwei unbenutzte Seelensteine herumliegen? Vielleicht findet ihr sogar welche ohne Sprünge, sonst muss der General noch für mich Tal Rasha spielen. Das wäre ein Spaß."
Der Zweite übernimmt. "Du kannst deinen Schwefelabort behalten. Der Meister kommt einfach überhaupt nicht in die Hölle."
"Das klingt ja schon wieder ganz anders. Bist du dir da selbst etwa nicht ganz einig?
...hoho, könnte man fast meinen. Aber das wird sich ja vielleicht bald ohnehin als unsinnige Aussage bewahrheiten; es muss doch einen guten Grund geben, dass du alleine hier bist. Gibt es etwa Probleme im Kampf gegen meinen werten ehemaligen Vorgesetzten?"
Ich schweige eisern. Belial schüttelt den Kopf, dann werde ich wieder von Geschossen befeuert.
Hab schon getroffene, verbrannte und gefrorene Tonstücke dazwischen geschoben. Wir sind viel weniger verletzt, als er denkt! Red weiter, dann schießen wir einfach eines von denen in sein Gesicht und zerschmettern den Kristall!
"Du hast drei Sekunden, bevor ich deinen Körper vernichte und Baals lächerliche Armeen machen lasse, was sie ursprünglich vorhatten."
Mir kommt etwas. "Du weißt nicht genau, was das ist, oder?"
"Mach dich nicht lächerlich!", höhnt Belial. "Er greift den Arreat mit allem an, was er hier 'heimlich' zusammenkratzen kann. Und ich lasse ihn in dem Glauben, dass ich immer noch nichts davon weiß, mit seinen lächerlichen Inseln, die er hier und da verstreut hat. Dieses Portal führt auf das Gebiet, das die Barbaren Eishochland nennen. Denkst du, ich bin nicht darüber informiert, was in meiner Hölle vor sich geht? Bisher hatte ich dich für schlauer als Baal gehalten!"
Da teleportiert sich plötzlich ein Ritter heran und läuft zu Belial. Dieser runzelt auf eine Weise die Stirn, die mich vermuten lässt, dass die Nachricht im Interesse des Boten besser sehr wichtig sein sollte. Informationen werden übergeben auf eine Weise, die ich nicht abhören kann. Das Stirnrunzeln vertieft sich, aber der Bote darf erst einmal leben.
Ha! Das könnte doch tatsächlich...
...unser zweiter Spieler in diesem Spiel sein! "Sag bloß, das mit der Kontrolle ist doch nicht ganz absolut? Stört dich eine kleine Made namens...Azmodan?"
Belials Fuß fährt auf unseren Kopf herab. Ton spritzt in alle Richtungen.
Ach verdammt!
Schwärze versucht, mich zu packen, aber ich kämpfe.
"Noch da?", holt mich ein Säuseln von Belial zurück in die Realität.
Ich forme den Kopf wieder, jetzt in etwa auf unsere alte Größe reduziert. "Dachte ich mir doch, dass dir die Wahrheit weh tut."
"Und dir ihr Verschweigen, Dorelem. Du wolltest das Portal schließen – allein. Was macht der General derweil? Verrätst du ihn gerade? Weiß er überhaupt, dass du hier bist?"
Komisch, ich habe gar keine moralischen Bedenken, ihn anzulügen. "Der General muss nicht alles wissen, genausowenig wie du. Eine Kopie von mir ist bei ihm – ich decke unseren Rücken, weil er mir nicht glauben wollte, dass es hier unsicher ist."
Für einen Moment blickt mich Belial neutral an, dann bricht er in schallendes Gelächter aus. "Du hattest mich fast nach dem ersten Satz! Aber leider bin ich doch ein wenig besser als du, was Lügen angeht. Denk daran, eine Lüge ist dann am besten, wenn sie quasi vollständig aus Wahrheit besteht. Kopie, dass ich nicht lache..."
Er schnippt mit den Fingern. "Und das heißt, meine erste Theorie stimmt. Der General hat Probleme da draußen. Aber welcher Art...möchtest du noch eine offensichtliche Lüge versuchen?"
Hat er gerade...ja, verdammt, er hat mit der rechten geschnippt.
Ihn hier unten alleine zu lassen hat ihn gewaltig gestärkt. Hoffentlich kann Azmodan ihn genug ablenken. Bist du bereit? Mir gehen die Ideen aus.
Los.
"Wie wärs damit: du hättest nicht vor Wut näher an mich treten sollen", sage ich neutral. Dann packe ich sein Bein, und zwar mit meinem Kopf, aus dem schnell Hände wachsen. Jetzt werfe ich ihn um, und dann...
Ein Schwert hackt mir den frisch geformten Arm ab, der eigentlich nach der Balrogwaffe neben mir greifen wollte. Der Bote!
Belial schüttelt mich ab. "Guter Versuch. Du bist also durchaus etwas verzweifelt, weil du natürlich weißt, dass du ohne das Portal nicht zurück kommst."
Er starrt in die Richtung des selbigen, welches von der Mauer um die Kristallplattform verdeckt wird. "Ich sollte wirklich einfach selbst..."
"Aber Meister...!", unterbricht ihn da der Bote.
Belials Augen blitzen, sein Arm schießt zur Seite, packt den Ritter an der Kehle und reißt ihn in die Luft. Bevor er auch nur einen Laut der Überraschung von sich geben kann, durchzuckt ihn von oben bis unten ein grünes Feuer, das ihn restlos auslöscht.
Er...hat, glaube ich, von Anfang an nur mit uns gespielt.
"Ich habe beim ersten Mal verstanden, was 'eilig' bedeutet", flüstert Belial. Dann wendet er sich mir zu.
"Zu schade, dass wir dieses Gespräch nicht fortsetzen können. Also überlassen wir die Sache doch ein wenig dem Schicksal. Falls du den General noch lebendig wieder siehst, sag ihm, dass er meinen Segen hat, weiter zu versuchen, Baal zu vernichten. Aber wenn er jetzt daran stirbt, dass ich dich nicht zu ihm zurück lasse, ist das auch nicht tragisch, weil ich ihn eigentlich hier brauchen kann. Darum bekommt er diese Chance von mir..."
Er zerschmettert den Portalkristall in seiner Faust.
"...und wir sprechen und auf die eine oder andere Weise später."
Drei Eisschüsee treffen mich. Verstärkter Schaden landet auf mir. Ein Schwert fährt herab und spaltet mich sauber in zwei Hälften. Ich kann die Schwärze nicht einmal lang genug aufhalten, um Belial zu verwünschen.

Aber es ist ja keine wirkliche Schwärze. Ich stehe wieder vor der Höhle, in der der Meister und Emund sich vor dem Sturm zurückgezogen haben, der schon um Einiges nachgelassen hat.
"Natürlich habe ich eine Kopie zurückgelassen", murmle ich, als ich den Homunkulus-Körper wieder auf Normalgröße wachsen lasse. "Herr der Lügen, an meinem Tonarsch."
 
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