"Troja" oder: Die Rache des Vin Diesel
Hollywood Blockbuster eignen sich für gewöhnlich prima für das unbekümmerte Vormittagsprogramm wenn man gerade Ferien hat und unbeschäftigt ist.
So schaute ich mir das Spektakel um den trojanischen Krieg an - auf Empfehlung meines Bruders. Ich hatte mir vorgenommen, alles zu vergessen, was ich bis dato über die Geschichte wusste um mir bloß nichts zu spoilern - Zwiedenken halt.
Fast unmittelbar am Anfang ist der Komponist der Musik des Films auf meiner Hassliste gelandet, die unter strengsten Vorsichtsmaßnahmen unter meinem Kopfkissen liegt.
Die Musik hat das Kunststück vollbracht, mich schon nach etwa zehn Minuten zu nerven. Kein bischen originell oder pompös leiert der Greis mit dem Dirigentenstab ein Band aus alten Dokus über das Thema runter.
Wie es sich für einen Anfänger gehört, wurde die Musik immer an den hollywoodesquen Szenen ohne Vorwarnung aufgedreht.
Das waren folgende:
- Verabschiedungen
- Schlachtszenen (Aber nur am Anfang, später hört man nur das übliche Schwertergeklirre und Gekeuche)
- Wenn Brad Pitt grimmig guckt...errr...versucht, grimmig zu gucken
- Lächerliche pseudo-philosophische Einlagen à la "Der einzig wahre Grund für einen Krieg ist die Liebe". Krieg für die Liebe my ass.
Okay, der zweite Aufreger war die Story. Der erste Logikfehler kam auch schon gleich zu Beginn: Der trojanische Prinz Paris verliebt sich in Helena, das Weib eines spartanischen Bud Spencer-Lookalike-Königs und provoziert damit bewusst einen Krieg zwischen den Griechen und Trojanern. Wegen einer Frau!
Von denen gab es ja schon damals Hunderttausende, und für einen gut aussehenden trojanischen Prinz waren sie alle zu haben - ob freiwillig oder nicht.
Abgesehen davon hätte ein griechischer Patriarch sowieso lieber den stämmigen Schmied aus der Nachbarschaft zur Braut genommen.
Naja, so wollte es nun mal der alte Homer und ich freute mich schon auf die vermeintlich geilste Figur im Film: Achilles. Leider hat Brad Pitt die ölige Stimme von Vin Diesel bekommen, die aber zu einem öligen Muskelscheißer wie Achilles durchaus passt.
Doch leider wurde ich in meinen Erwartungen an einen vorbildlich barbarischen Menschenpflug zutiefst enttäuscht: Brad Pitt spielte den Krieger miserabel und sorgte bei mir für zwei unfreiwillige Lacher.
Zudem lässt ihn der Regisseur im Laufe des Films zunehmends zu einer jammernden Memme mutieren, der über seine Gefühle sinniert und für einen Ritt auch mal gern den Frauenversteher gibt, anstatt endlich wieder ein paar Schädel zu zertrümmern.
Nach Fight Club endlich mal wieder eine vermeintlich geile Rolle und dann so ein Debakel. Ernüchternd.
Ein richtig harter Hund dagegen war Eric Bana als Hector. Das einzig ungeile an ihm war lediglich, dass er seinen kleinen nichtsnutzigen Bruder alias Paris im Film nicht gehörig verdroschen hat - ein paar Narben im Gesicht hätten dem jungen Orlando Bloom auch nicht geschadet und der Memme eine bessere Sicht der Dinge beschert.
Sein großer Bruder dagegen war ein richtiger Mann:
Ein Vollbart, der dem Gegner auf dem Feld und der Frau im Bett zeigt, wer der Herr im Ring ist. Seine Vokuhila-Matte beseitigt dabei alle Zweifel über seinen Willen, notfalls sogar ohne Arme jemanden zu erschlagen.
Zu einem anständigen antiken Epos gehören natürlich auch Schlachten. Diese sind in Troja nach dem Hollywood-Strickmuster inszeniert:
Zwei Parteien laufen auf einander zu. Es kommt zum Zusammenstoß. Szene eskaliert in wildes Gemenge, dessen Inhalt der Zuschauer zu vermuten kann; um eine 12er Version zu erwirken, wurde den Schlachten jeglicher Bodycount genommen und stattdessen dem Kameramann Speed in den Kaffee geschüttet damit er niemals ein richtiges Bild einfängt und lieber hin und her wackelt um einen (reichlich misslungenen) Realismuseffekt zu erzielen.
In einer Schlacht will ich aber Blut und Gliedmaßen sehen, und keine Sandalen.
Der einzige Anreiz, den Film anzusehen, wäre vermutlich aus Interesse an der Saga von Homer - und Eric Bana. Wobei ich glaube, daß die Produzenten die Geschichte etwas abgeändert haben damit der Film besser bei O. Bloom's Groupies ankommt.
Mit weniger Pathos und feucht-fröhlich-philosophischen Dialogen aber dafür authentischeren Schlachten hätte Troja durchaus auftrumpfen können.
~ 5/10